ORIGINALARBEIT
Hinweis: Das Wort Nierenfunktionseinheit hat zwei verschiedene Bedeutungen (Homographie):
1. die physiologische Funktionseinheit der Nieren (Nephron, Nephronum, Elementarapparat; kleinste funktionelle oder morphologische oder mikroskopische Unter-Einheit der Niere) und
2. die physikalische Einheit der Nierenfunktion (ml/min; mathematische Nierenfunktions-Einheit im Unterschied zur physiologischen Nieren-Funktionseinheit).
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: ml/min/1,73 m² oder ml/min?
Kapitel 2: Appendix: "Niere als Filter"
Kapitel 3: Appendix: Normierung
Kapitel 4: Appendix: Stadieneinteilung
Kapitel 5: Drei Empfehlungen von Dr. Hartwig Raeder vom 29. Januar 2012
Kapitel 6: Epilog - Chronologie
KAPITEL 1
ml/min/1,73 m² oder ml/min ?
"Niemand irrt für sich allein.
Er verbreitet seinen Unsinn auch in seiner Umgebung."
Lucius Annaeus Seneca
(4 vor Christus bis 65 nach Christus)
In der Nephrologie "ist es wie in der Mathematik.
Alles, was nicht ganz richtig ist, ist falsch."
Edward Moore Kennedy (22.2.1932 bis 25.8.2009)
"An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die schuld,
die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."
Erich Kästner (23.2.1899 bis 29.7.1974)
"Die Wahrheit hat nichts zu tun mit der Zahl der Leute,
die von ihr überzeugt sind."
Paul Louis Charles Marie Claudel (6.8.1868 bis 23.2.1955)
"Auch wenn alle einer Meinung sind, können alle Unrecht haben."
Bertrand Russel (1872-1970)
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Der Term GFR hat immer die Einheit ml/min.
Methode: Mathematisches und nephrologisches Basiswissen.
Ergebnis: Durch Normierung wird aus dem Term GFR der Term GFR (1,73 m²/KOF).
Schlussfolgerung: Auch der Term GFR (1,73 m²/KOF) hat immer die Einheit ml/min.
A) Beide Einheiten findet man in der internationalen nephrologischen Literatur etwa gleich häufig. Im Folgenden wird gezeigt, dass die Einheit ml/min/1,73 m² immer doppelt falsch ist. Sie ist immer und ausnahmslos ohne weitere Umrechnung durch ml/min zu ersetzen. Ein solcher Doppelfehler ist wohl einmalig in der Wissenschaft. Man macht sogar einen Dreifachfehler mit ungeahnten Konsequenzen, wenn man unterstellt, die falsche Einheit beinhalte bereits eine Normierung auf eine Körperoberfläche von 1,73 m². Mehr dazu unten in den Appendices Normierung und Stadieneinteilung. Siehe auch unten Kapitel 6 Absätze 119 und 247; in einer aktuellen Leitlinie wird die falsche Einheit als Kennzeichnung einer Normierung der GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) ausdrücklich empfohlen.
B) Beim wiederholten Dividieren ist die Reihenfolge der Rechenschritte nicht beliebig. Die Multiplikation ist assoziativ und kommutativ, die Division nicht. Zum Beispiel wäre 2/3/4 nicht eindeutig; denn (2/3)/4 ist nicht dasselbe wie 2/(3/4). [Sogar 2/2/2 hat zwei verschiedene Ergebnisse, nämlich (2/2)/2=0,5 und 2/(2/2)=2,0.] Mathematik muss eindeutig sein. Wenn beispielsweise bei einem Patienten die Nierenfunktion als GFR = 60 ml/min/1,73 m² angegeben wird, handelt es sich um eine Aufforderung zum Rechnen. Denn zwei Zahlen auf einer Seite des Gleichheitszeichens sind zweckmäßigerweise zu einer einzigen Zahl zusammenzufassen. Fehlende Klammern führen zu zwei verschiedenen Ergebnissen. Entweder (60 ml/min)/1,73 m² = 34,7 ml / (min· m²) = 34,7 µm/min (also etwa 18 Meter pro Jahr) oder aber 60 ml / (min/1,73 m²) = 103,8 ml· m² /min (also etwa 55 Meter hoch fünf pro Jahr). Richtig ist jedoch weder das eine noch das andere Rechenergebnis. Richtig ist allein GFR = 60 ml/min (also etwa 32 Kubikmeter pro Jahr). Dieses Problem der fehlenden Klammern ist in der medizinischen Literatur auf mehrere Arten angegangen worden.
1.) Man könnte einfach behaupten oder unterstellen, dass der zweite Bruchstrich größer als der erste sein soll. Das würde bedeuten, dass mit ml/min/1,73 m² immer (ml/min)/1,73 m² gemeint sein soll. Eine solche mathematische Regel existiert jedoch nicht. Es gibt keine medizinische Sonderregel, mehrere Divisionen immer schrittweise von links nach rechts auszuführen.
2.) Man könnte Klammern setzen. Das würde die Eindeutigkeit herstellen. Aber ein solches Vorgehen ist in der Nephrologie unüblich und kommt kaum vor. Man müsste sich ja auf eines der beiden verschiedenen falschen Ergebnisse festlegen.
3.) Man könnte den zweiten Bruchstrich durch das Wort per (bezogen auf, je, für; besser: bei) oder pro ersetzen. Auch das kommt vereinzelt vor. So wird die mathematische Zweideutigkeit beseitigt. Andrew Simon Levey aus Boston veröffentlichte am 5.5.2009 seine neue CKD-EPI-Schätzformel; diese sei richtiger als die MDRD-Formel und solle jene künftig ersetzen. Er verwendet jetzt manchmal die Einheit ml/min per 1,73 m². Siehe unten die Absätze W, X und Y.
4.) Im Klinischen Wörterbuch von Willibald Pschyrembel findet sich (erst ab der 260. Auflage 2004, Seite 1279; 262. Auflage "2011"; Berlin 2010, Seite 1449; siehe dagegen unten Appendix Normierung Absatz 3.i sowie Kapitel 6 Absatz 5) unter dem Stichwort Niereninsuffizienz die Einheit ml/min x 1,73 m². Das Problem der fehlenden Eindeutigkeit wurde erkannt, aber falsch gelöst. Der zweite Bruchstrich wurde einfach durch ein Multiplikationszeichen ersetzt. Klammern wurden vergessen. Die Regel Punktrechnung vor Strichrechnung kommt hier nicht zur Anwendung. Denn durch ein Kreuz wird aus der Punktrechnung Multiplikation keine nachrangige Strichrechnung. - Denselben Fehler macht auch Dieter Palitzsch: "Pädiatrie", Stuttgart 1983, Seite 404.
5.) Selten findet sich auch die Lösung ml· min‾¹ ·1,73 m‾². Man hat einfach aus den beiden Divisionen zwei Multiplikationen mit negativen Exponenten gemacht. Jetzt gelten für die drei Faktoren das Assoziativ- und das Kommutativgesetz. Die Reihenfolge der Rechenschritte ist jetzt egal. Im Ergebnis hat man sich also für die Einheit (ml/min)/1,73 m² und damit gegen die Einheit ml / (min/1,73 m²) entschieden. Bei diesem Lösungsversuch wird jedoch übersehen, dass die Zahl 1,73 zum vierten Faktor wird. Er muss den Exponenten -1 erhalten und verwandelt sich also in seinen Kehrwert. Aus 1,73 wird 0,578.
6.) Für mathematische Eindeutigkeit sorgt die Einheit ml ·min‾¹ · (1,73 m²)‾¹ in der Übersichtsarbeit „Niereninsuffizienz – Bestimmung der glomerulären Funktion“ von Christian und Lothar Thomas im Deutschen Ärzteblatt (8). Der viel wichtigere zweite Teil des Doppelfehlers wird jedoch nicht thematisiert.
7.) Am häufigsten ist jedoch die kritiklose Übernahme aus dem Amerikanischen ohne Klammern. Das Problem der fehlenden Eindeutigkeit scheint nicht zu interessieren. Die Mathematikregeln gelten jedoch auch in der Medizin, und zwar weltweit.
8.) Wenn man sich an das international vorgeschriebene SI-Einheiten-System halten würde, müsste man das Plasmavolumen in Kubikmetern, die Zeit in Sekunden und die Körperoberfläche in Quadratmetern angeben. Je nach Klammersetzung könnte man Kubikmeter und Quadratmeter kürzen (Ergebnis: Meter pro Sekunde) oder multiplizieren (Ergebnis: Meter hoch fünf pro Sekunde). Absurd!
9.) Beim Sprechen oder Vorlesen ist die Reihenfolge der Divisoren manchmal egal. A pro B pro C ist manchmal dasselbe wie A pro C pro B. Sobald aber mathematische Symbole benutzt werden, gelten ausschließlich die Mathematikregeln. Beispiel: 2000 kcal pro Tag pro Person und 2000 kcal pro Person pro Tag bedeuten dasselbe. Mathematisch gemeint ist hier offenbar allein 2000 kcal / (Tag mal Person). Wegen der mathematischen Eindeutigkeit sprechen manche auch von Personentagen. Dieses Nebeneinander von Sprache und Mathematik ist vermutlich eine der medizinhistorischen Ursachen des Doppelfehlers. Die nephrologische Analogie Milliliter pro Personenminute existiert jedoch nicht.
10.) Mathematikexperten könnten einfach den geometrischen Mittelwert aus den beiden falschen Einheiten (ml/min)/1,73 m² = (ml/min):1,73 m² und ml/(min/1,73 m²) = (ml/min) 1,73 m² bilden. Das geometrische Mittel ist die Quadratwurzel aus dem Produkt der beiden Einzelwerte. Man möge rechnen und erhält ml/min.
11.) Man spricht von der linksassoziativen Infixnotation, wenn mehrere Punktrechnungen in einer Programmiersprache von links nach rechts abgearbeitet werden. Nur wenn man sich auf eine solche Operatorrangfolge einigt, dürfen Klammern fehlen. Erstens haben die Nephrologen eine solche Abmachung nie getroffen, zweitens muss die Standardkörperoberfläche in der Einheit ersatzlos gestrichen werden.
12.) Man könnte vermuten, dass der zweite Schrägstrich eine Abkürzung für den Zusatz "mit Geltung nur für Menschen mit einer Körperoberfläche von" sein soll. Das ist jedoch unmöglich. Nach der Duden-Sprachberatung (Newsletter vom vom 6.5.2019) ist die Hauptaufgabe des Schrägstrichs die Kennzeichnung von zusammengehörigen Wörtern. Auch alle vom Duden angegeben Nebenbedeutungen des Schrägstrichs erlauben den hier kritisierten Gebrauch nicht.
13.) Es gibt den Begriff der fortlaufenden Proportionen mit der Schreibweise a:b:c=1:2:3. Man spricht: „a, b, c verhalten sich wie 1 zu 2 zu 3“. Diese fortlaufenden Proportionen, auch Kettenproportionen oder Verhältnisketten genannt, sind nicht als eine einzelne Gleichung zu verstehen. Also gelten die Divisionsregeln nicht uneingeschränkt. Außerdem setzen fortlaufende Proportionen beidseits des Gleichheitszeichens jeweils gleich viele Kettenglieder voraus. Bei GFR=a:b:c steht den drei rechten Gliedern jedoch nur ein linkes Glied gegenüber.
14.) Nachtrag vom 26.7.2024: Jürg Hodler löste das Problem der Nichteindeutigkeit anders. Er setzte ein Komma zwischen die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min und die Standardkörperoberfläche von 1,73 m². Quelle: Jürg Hodler: "Die renale Azidose." In: Karl Julius Ullrich und Klaus Hierholzer (Herausgeber): ''Normale und pathologische Funktionen des Nierentubulus''. Verlag Hans Huber, Bern und Stuttgart 1965, Seiten 211 und 214.
15.) Nachtrag vom 28.7.2024: Dieter P. Mertz setzte das Wort "und" zwischen ml/min und 1,73 m². Quelle: Dieter P. Mertz:
"Harnkonzentrierung beim Menschen während akuter Belastung mit Harnstoff und Kreatinin." In: Karl Julius Ullrich und
Klaus Hierholzer (Herausgeber): ''Normale und pathologische Funktionen des Nierentubulus''. Verlag Hans Huber, Bern und Stuttgart 1965, Seiten 90 bis 92.
C) Der zweite der beiden Fehler ist kein mathematischer, sondern ein nephrologischer. Es gibt mehrere Methoden zur Ermittlung der Nierenfunktion bei Mensch und Tier. Das einfachste Verfahren ist die Messung des Harnvolumens pro Tag. Direkte Messungen von Zeit und Volumen sind leicht möglich. Die physikalische Dimension ist Volumen pro Zeit. Auch in der Intensivmedizin wird dieses Verfahren immer wieder angewendet. Serumkreatinin oder Serumharnstoff sind auch gute Indikatoren für die Nierenfunktion. - Noch einfacher wäre die Angabe des Filterwirkungsgrades (=Filtrationsfraktion); vergleiche unten die Appendix "Niere als Filter", Absatz B.
Anmerkung vom 20.1.2014: Unten im Kapitel 6 Absatz 216 erkläre ich, dass bei der Nierenfunktion die Dimension von Volumen pro Zeit identisch ist mit der Dimension von Druck pro Widerstand.
D) Komplizierter ist die renale Clearance (wörtlich übersetzt: Klärung, wie in Klärwerk); synonym spricht man auch von der Glomerulären Filtrationsrate, abgekürzt GFR. Gemeint ist dasjenige virtuelle (gedachte) Plasmavolumen, das innerhalb einer Zeiteinheit durch Harnbildung vollständig von einer bestimmten (endogenen oder exogenen) harnpflichtigen Substanz befreit wird. Die Dimension ist also auch hier Volumen durch Zeit. Direkte Messungen sind nicht möglich. Denn substanzfreie Plasmavolumina können in der Medizin nicht gemessen werden. Außerdem ist die konzentrationsbestimmende Substratmenge im Serum zu jedem Zeitpunkt der Saldo aus Zufuhr und Ausfuhr oder aus Aufbau und Abbau. Als Substrat verwendet man hauptsächlich Kreatinin. Das Clearance-Konzept wurde in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt.
E) Genauso aussagekräftig wie die GFR ist übrigens ihr Kehrwert 1/GFR. Dieser reziproke Wert hätte dann nicht die Einheit ml/min, sondern min/ml. Er würde die Frage beantworten, wie lange es dauert, bis ein Milliliter Plasmavolumen vollständig von einer bestimmten Substanz befreit ist. Wenn zum Beispiel gilt: GFR = 60 ml/min, dann errechnet sich der Reziprokwert als 1/GFR = 1 sec/ml. Hier gilt: Je besser die Nierenfunktion, desto kleiner der Kehrwert. Das hat sich nicht eingebürgert, weil das Gegenteil einleuchtender ist: Je größer die GFR, desto besser die Nierenfunktion.
F) Bekannt ist folgendes Vorgehen bei der Ermittlung der Kreatininclearance als Surrogat für die wirkliche Clearance: Der Quotient aus den Kreatininkonzentrationen im 24-Stunden-Sammelurin und im Serum wird multipliziert mit dem Quotienten aus Sammelurinvolumen und 24 Stunden. Unterstellt wird dabei, dass der einmal gemessene Serumkreatininwert dem 24-Stunden-Durchschnittswert entspricht. Der erste Quotient ist dimensionslos (also unbenannt = kein Nenner = Nenner 1), weil sich die beiden Konzentrationseinheiten in Zähler und Nenner wegkürzen lassen. Der zweite Quotient (und damit die Clearance) hat die Dimension Volumen pro Zeit. Die renale Clearance und damit die Glomeruläre Filtrationsrate werden also immer und ausschließlich in ml/min gemessen. Die Körperoberfläche darf also nicht in die Einheit der Nierenfunktion. Das soll im Folgenden näher erklärt werden.
G) Die Kreatininclearance ist nur eine ungenaue Annäherung für die tatsächliche renale Clearance oder die Glomeruläre Filtrationsrate. Das andere Problem bei der Kreatininclearance ist das zeitaufwändige Urinsammeln. Ärzte, Patienten, Krankenhäuser und Laboratorien wollen den damit verbundenen Aufwand meist nicht treiben. Trotzdem findet man immer mal wieder einen Appell, die Clearanceformel, also das Urinsammelverfahren als Messverfahren, doch zu benutzen.
H) Um das Urinsammeln zu vermeiden und um die Abweichungen zwischen Clearance und Kreatininclearance zu verkleinern, sind viele Näherungsformeln oder Schätzformeln für die Glomeruläre Filtrationsrate erarbeitet worden. Alle diese Formeln oder Algorithmen haben das alleinige Ziel, den wahren Wert der renalen Clearance zu schätzen statt zu messen. (Ausnahme: Gelegentlich wird die Schätzformel mit einer Normierung kombiniert, ohne dass das kenntlich gemacht wird; dazu mehr unten in der Appendix "Normierung".) Die Schätzwerte sollen sogar besser als die Messwerte sein. Im Amerikanischen wurde so aus der gemessenen GFR eine geschätzte eGFR (e = estimated = geschätzt). (Anmerkung: Die eGFR darf nicht mit dem Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor EGFR = epidermal growth factor receptor verwechselt werden.) Alle diese Schätzformeln sind tendenziell ungenau; Korrekturfaktoren können das Ergebnis verbessern. Irrig wäre auch die verbreitete Ansicht, mit der Abkürzung GFR oder eGFR sei eine Standardisierung (besser: Normierung; siehe unten die Appendix "Normierung") der Clearance auf eine Körperoberfläche von 1,73 m² gemeint.
I) Eine Schätzformel (Algorithmus) ist umso besser, je näher sie dem wahren Wert kommt. Das ist der große Vorteil der Formel von Donald William Cockcroft und Matthew Henry Gault (1925 bis 23.5.2003) ("Prediction of creatinine clearance from serum creatinine", in: Nephron, 1976; 16 (1): pages 31 - 41). In weiten Bereichen sind die Schätzwerte relativ nahe am wahren Wert. Für Einsendelaboratorien ist die Cockcroft-Gault-Formel jedoch nicht praktikabel, weil dem Labor das Patientengewicht in der Regel nicht bekannt ist. Die (komplette, ausführliche) MDRD(modification of diet in renal disease)-Formel arbeitet dagegen nur mit Parametern, die dem Labor bekannt sind: Alter, Geschlecht, Rasse (Ethnizität: kaukasisch oder schwarz), Harnstoff, Albumin und Kreatinin. Noch genauer soll das CKD-EPI(chronic kidney disease epidemiology collaboration)-Schätzverfahren sein; wie bei der vereinfachten (verkürzten, abgekürzten) MDRD-Formel wird dabei jedoch auf Harnstoff und Albumin verzichtet. Andere Schätzformeln (auch in der Veterinärmedizin und in der Pädiatrie) arbeiten mit anderen Parametern. So wird zum Beispiel in der Kinderheilkunde in den beiden bekannten Schätzformeln für die GFR nur nach Serumkreatinin und Körpergröße gefragt.
J) Es darf auch nicht der Fehler gemacht werden, aus den physikalischen Einheiten der einzelnen Parameter in Schätzformeln die Dimension der Grundgröße errechnen zu wollen. Das funktionierte schon bei der Formel von Cockcroft und Gault nicht; man mag nachrechnen und bekommt nicht Volumen pro Zeit, sondern Volumen mal Zeit. - Die physikalisch korrekte Einheit ml/min bekommt man nur bei Anwendung der Clearanceformel. Die Schätzformeln oder Algorithmen wollen als Ergebnis nur korrekte Zahlenwerte liefern. Die Einheit ml/min wird immer als bekannt unterstellt.
K) Jetzt zum eigentlichen Problem: Die üblichen Näherungsformeln oder Algorithmen sind ungenau. Sie gelten nur für durchschnittliche Erwachsene mit üblichem Gewicht und mit üblicher Größe, also mit üblicher Oberfläche. Diese Einschränkungen dürfen nicht unerwähnt bleiben. Um sich jedoch diesen einschränkenden Begleittext zu ersparen, hat man erstmals 1969 in den USA die durchschnittliche Körperoberfläche einfach in die Einheit der Nierenfunktion übernommen. Das war der entscheidende Fehler. Man hat einfach die Maßeinheit der Nierenfunktion um den Zusatz „/1,73 m²“ erweitert. Man hat offenbar geglaubt, jeder würde verstehen, dass damit keine Aufforderung zum weiteren Dividieren gemeint ist. Deswegen musste man auch das oben erwähnte Problem der fehlenden Klammern nicht thematisieren.
L) Gesunde große und kleine Menschen haben ähnliche Kreatininwerte, aber verschiedene Glomeruläre Filtrationsraten. Noch deutlicher: Große und kleine Tiere haben große beziehungsweise kleine Nieren und somit vergleichbare Kreatininwerte, aber ganz verschiedene Glomeruläre Filtrationsraten. Die renale Clearance von Elefanten wird man wohl kaum mit derjenigen von Mäusen vergleichen können. Zur Vergleichbarkeit könnte man die Nierenfunktion auf die Körperoberfläche (KOF) standardisieren oder normieren. Man könnte also fragen, welche GFR hätte ein Lebewesen, wenn es eine Körperoberfläche von 1,73 m² hätte. Nur wenige der bekannten Schätzformeln zur Ermittlung der Nierenfunktion erheben jedoch diesen Anspruch auf eine solche Normierung; das wird dann jedoch nie kenntlich gemacht. Dann müsste man auch zum Beispiel schreiben: GFR/(KOF/1,73 m²) = 60 (ml/min)/(KOF/1,73 m²). Jetzt müsste man rechnen und erhielte eine Normierung auf eine Körperoberfläche von 1,73 m². Eine solche Normierung wird selten vorgenommen; sie ist in vielen Situationen jedoch zwingend erforderlich. Mehr dazu unten in den Appendices Normierung und Stadieneinteilung. - Irrig ist also die Ansicht, in dem Beispiel GFR = 60 ml/min/1,73 m² wolle man zur besseren Vergleichbarkeit eine Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von 1,73 m² erreichen. Nur wenige der bekannten Schätzformeln beantworten also die Frage: Welche GFR hätte ein Patient, wenn er eine Körperoberfläche von 1,73 m² hätte?
M) Medizinhistorischer Exkurs: Der Physiologe Carl Friedrich Wilhelm Ludwig (29.12.1816 bis 23.4.1895) postulierte 1842 in "De viribus physicis secretionem urinae adiuvantibus", "dass Harn primär über die treibende Kraft des Blutdruckes als Filtrat der Glomeruli entstehe" (Quelle: Wikipedia). Der "hervorragende britische Arzt Sir James Mackenzie äußerte 1918, eine Ausbildung im Labor beunfähige einen Mann zur Arbeit als Arzt" (Quelle: Roy Porter: "Über Medizingeschichte", Zürich 2004, Seiten 64f). Thomas Addis (1) hat im Juni 1923 beschrieben, dass bei Kaninchen sowohl das Nierengewicht als auch die Harnstoffexkretion proportional zur Körperoberfläche sind. In einem amerikanischen Handbuch (2) zur periodischen Gesundheitsuntersuchung wurde 1927 erstmalig eine mittlere Körperoberfläche von 1,73 m² für erwachsene Männer und Frauen veröffentlicht. Der berühmte Nephrologe Homer William Smith (2.1.1895 bis 25.3.1962) bestimmte 1937 die Normalwerte der Nierenfunktion in einem größeren Kollektiv (3). Als Einheit verwendete er Kubikzentimeter per 1,73 Quadratmeter per Minute. Also Wörter statt Bruchstriche, Logik statt Algebra. Vielleicht wollte Smith zusätzlich auch durch die unübliche Reihenfolge der drei Größen weitere Rechenvorgänge verhindern. Zumindest aber hat er absichtlich die beiden per-Wörter nicht Platz sparend durch Divisionszeichen ersetzt! Smith hat den Doppelfehler vermieden, aber vorbereitet, indem er fälschlich die Körperoberfläche in die Einheit der Nierenfunktion einbaute.
N) Nur zwölf Jahre hat man sich an Smith’ Konvention gehalten. Schon 1949 ersetzten Dean F. Davies und Nathan Wetherell Shock (1906 bis 12.11.1989) (4) die beiden per-Wörter ohne Erklärung durch Bruchstriche. Vermutlich haben sie nicht verstanden, warum Homer William Smith gerade das vermeiden wollte. Die unsystematische Reihenfolge der drei Größen haben sie jedoch beibehalten. Auch das ohne Erklärung. Davies und Shock müssen trotzdem als Urheber des heutigen mathematischen und nephrologischen Doppelfehlers gelten. Seither gibt es ein Nebeneinander von zwei verschiedenen Einheiten der Nierenfunktion (ml/min versus ml/1,73 m²/min). Es war aber vermutlich Laurence Goddard Wesson (18.10.1917 bis 2.9.2008), der zwanzig Jahre später erstmalig die heute gebräuchliche falsche Einheit ml/min/1,73 m² benutzte (5). Ohne Begründung vertauschte er 1969 in der Einheit von Davies und Shock die beiden Divisoren. Ihn hat nicht interessiert, dass die Division weder assoziativ noch kommutativ ist; die Zahlenwerte hat er nicht angepasst. Seither ist Wessons falsche Einheit immer häufiger geworden; sie hat Eingang gefunden in zahlreiche Laboratorien, Konventionen, Leitlinien, Tabellen, Handbücher und Übersichtsarbeiten. Aber Falsches wird auch durch Wiederholungen nicht richtig.
O) Damit ist auch die häufig anzutreffende Ansicht widerlegt, die alte Cockcroft-Gault-Formel von 1973 (Quelle: Donald William Cockcroft bei Wikipedia; veröffentlicht erst 1976, siehe auch oben Absatz I) verlange die alte Einheit ml/min und die neue MDRD-Formel verlange die neue Einheit ml/min/1,73 m². Denn die MDRD-Arbeit wurde erst 1989 (oder am 16.3.1999, siehe unten Absatz X) veröffentlicht, während Laurence Goddard Wesson die falsche Einheit ml/min/1,73 m² bereits zwanzig Jahre vorher einführte.
P) Die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf verwendet in der ICD-10 Version:2010 im Kapitel N18 Chronic Kidney disease ausschließlich die richtige Einheit, allerdings ohne den Hinweis auf die zwingend erforderliche Normierung vor Einstufung der Patienten in eines der fünf Stadien (stage 1-5; ICD-10 N18.1-5) der Nierenschädigung. Unser hiesiges überregionales Einsendelabor verwendet die abgekürzte MDRD-Formel, aber trotzdem die richtige Einheit ml/min. Andere Laboratorien haben sich für die falsche Einheit ml/min/1,73 m² entschieden. Etwa die Hälfte der deutschen Krankenhäuser verwendet die richtige Einheit. Ein mir bekannter deutscher Nephrologe verwendet in der Klinik die richtige, in internationalen Publikationen aber die falsche Einheit.
Q) Gerd Harald Herold verwendet in seinem Lehrbuch zur Inneren Medizin ohne Erklärung sowohl die richtige wie auch die falsche Einheit; analog auch Christine K. Keller und Steffen K. Geberth in ihrer "Praxis der Nephrologie" (3. Auflage, Springer-Verlag, 2007). Dieser Springer Verlag verwendet in seinen Physiologie-Lehrbüchen die richtige, in den übrigen Publikationen dagegen meistens die falsche Nierenfunktionseinheit. Auch bei den Fortbildungsveranstaltungen der Deutschen Hypertonie Akademie finden sich willkürlich richtige und falsche Einheiten. In den Roten Listen von 2009 bis 2012 finden sich in den Produktinformationen der Firma Novartis Pharma bei Eucreas die richtige und bei Exforge die falsche Einheit. Die Amerikanische Leitlinie Nummer 4 zur GFR-Schätzung aus 2000 der National Kidney Foundation NKF (KDOQI = Kidney Disease Outcome Quality Initiative) verwendet ebenfalls sowohl die richtige wie auch meistens die falsche Einheit; das Problem der Normierung wird nicht erkannt. Ebenso finden sich in Tinsley Randolph Harrisons "Innere Medizin" (Sonderausgabe, 17. Auflage, McGraw-Hill, Berlin 2009) in Band 1 auf Seite 338 die richtige und in Band 2 auf Seite 2168 die falsche Nierenfunktionseinheit; auch hier fehlt jeder Hinweis auf die Normierung. Im Systematischen Verzeichnis der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten ICD-10-GM 2012 in der Bearbeitung von Bernd Graubner (siehe auch unten Kapitel 4 Absatz 1d sowie Kapitel 6 Absatz 154c) findet sich im Kapitel N18 (chronische Nierenkrankheit) ausschließlich die falsche Einheit; auch hier fehlt der Hinweis auf die zwingend erforderliche Normierung. Googlefight liefert eine überwältigende Mehrheit für die richtige Einheit. Walter E. Haefeli vom Heidelberger Universitätsklinikum verwendet auf seiner Webseite www.dosing.de für die Medikamenten-"Dosierung bei Niereninsuffizienz" offenbar ausschließlich die richtige Nierenfunktionseinheit; das Problem der Normierung (siehe unten Kapitel 3 Absatz 51) wird jedoch nicht erwähnt.
R) Weitgehend unbrauchbar ist die Nationale Versorgungsleitlinie "Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter" (1. Auflage, Version 1.3, November 2011) der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, weil sowohl überwiegend die falsche Einheit ml/min/1,73 m² KO verwendet wird als auch jeder Hinweis auf eine zwingend erforderliche Normierung vor einer Stadieneinstufung fehlt. Auch bei Wikipedia war durchgängig die falsche Einheit der Glomerulären Filtrationsrate zu finden; meine Korrekturversuche waren erst zum 12.3.2014 erfolgreich (siehe unten Kapitel 6 Absätze 3 und 234). Andere Fachzeitschriften (zum Beispiel das Arzneitelegramm) verwenden meistens die falsche Einheit. Auch im Deutschen Ärzteblatt wird in den letzten Jahren durchgängig die falsche Einheit verwendet. Ausnahme: Der cme-Artikel in Heft 37/2010 zum chronischen Nierenversagen (6) spricht auf Seite 647 sogar von einer Umkehrung der Logik; im Leserbrief von Helmut Nocke in der dazugehörigen Diskussion (7) auf Seite 114 in Heft 7/2011 wird auf die falsche Maßeinheit nur kurz hingewiesen.
S) Aus der richtigen Erkenntnis, dass die Nierenfunktion bei Mensch und Tier annähernd proportional zur Körperoberfläche ist, darf nicht gefolgert werden, dass die Maßeinheit der Nierenfunktion die Körperoberfläche enthalten muss. Die Nierenfunktion ist, wie oben erwähnt, auch in etwa proportional zum Nierengewicht; trotzdem kam bisher niemand auf die analoge Idee, das Nierengewicht in die Einheit der Nierenfunktion aufzunehmen.
T) Wer also die falsche Einheit ml/min/1,73 m² verwendet, möchte seine Leser bitten, den falschen Zusatz „/1,73 m²“ immer ersatzlos zu streichen. Dieser Zusatz soll aber auch als Aufforderung verstanden werden, dem geschätzten Zahlenwert der Nierenfunktion umso mehr zu misstrauen, je mehr die tatsächliche Körperoberfläche des Patienten von 1,73 m² abweicht. Onkologische Nomogramme zur Ermittlung der Körperoberfläche helfen nicht weiter.
U) Der eigentliche Zweck der Ermittlung der Glomerulären Filtrationsrate ist die Einteilung aller Patienten in eines der sechs Stadien (0 bis 5) der Niereninsuffizienz, um eine stufengerechte Therapie zu ermöglichen. Je unsicherer die Schätzung, desto unsicherer das Stadium. Je unsicherer das Stadium, desto unsicherer die Therapie. (Zur Problematik der Stadieneinteilung habe ich unten eine dritte Appendix angehängt.)
V) Quintessenz: Die Einheit der Nierenfunktion ist ml/min.
W) Das hat auch Professor Andrew Simon Levey vom Tufts Medical Center in Boston eingesehen. Er gilt wahrscheinlich als der bekannteste lebende Nephrologe. An führender Stelle hat er sowohl bei MDRD als auch bei CKD-EPI Verantwortung getragen. Wie schon oben unter Nummer B3 ausgeführt, wurde 2009 ohne Begründung die falsche MDRD-Einheit ml/min/1,73 m² bei CKD-EPI durch ml/min per 1,73 m² ersetzt. Per email fragte ich ihn am 23.11.2011, warum er diese (nur teilweise richtige) Korrektur vornahm. Noch am selben Tag beantwortete er meine Frage wie folgt: "The GFR units are the same for the MDRD Study and CKD-EPI equation. The terms "ml/min/1,73 m²" and "ml/min per 1,73 m²" are synonymous." Die vorliegende Arbeit zeigt, dass das nicht stimmt. Der Bruchstrich ist eine mathematische Aufforderung zum Rechnen; das Wort per zeigt nur eine erklärungsbedürftige Beziehung an. Eine solche Erklärung fehlt immer. Sie müsste lauten: Die Schätzformeln oder Algorithmen gelten nur für (lateinisch: per) durchschnittliche Erwachsene mit üblicher Körperoberfläche. Gegebenenfalls kann vom Arzt eine Normierung auf diese übliche Körperoberfläche vorgenommen werden (vgl. unten die Appendix "Normierung").
X) Die MDRD-Arbeit von Andrew Simon Levey et alii ist völliger Unsinn. Es handelt sich um "A More Accurate Method To Estimate Glomerular Filtration Rate from Serum Creatinine: A New Prediction Equation", Modification of Diet in Renal Disease Study Group, Annals of Internal Medicine, Volume 130 (6), 16 March 1999, Number 6, pages 461 - 470.
In Tabelle 1 auf Seite 463 wird zum Beispiel in der ersten Zeile geschrieben:
0,38 (ml/sec²)/m² = 39,8 ml/min per 1,73 m².
Aus 39,8 wird in der Tat 0,38, wenn man "per" durch ein Divisionszeichen ersetzt, wenn man Klammern setzt und wenn man eine Minute durch 60 Sekunden ersetzt und dann rechnet:
39,8 (ml/60 sec)/1,73 m² = 0,383 (ml/sec)/m² = 0,383 µm/sec = 383 nm/sec.
Diese Rechnung wäre richtig, wenn Levey et alii die Sekunden ohne Sinn nicht durch Quadratsekunden ersetzt hätten. Außerdem ist die Division durch 1,73 m² durch nichts zu begründen. Im dazugehörigen Text wird 0,47 mit 0,81 verwechselt (Anmerkung: 0,81/1,73 = 0,47). Alle Einheiten sind falsch; also sind vermutlich auch viele Zahlen falsch. Im Ergebnis zeigt Tabelle 1 nur, dass in den Untergruppen die Kreatininclearance etwa 15 Prozent größer ist als die Thalamatclearance und dass die mittleren Kreatininspiegel nur zwischen 80 mg/dl und 115 mg/dl schwanken .
Als Nierenfunktionseinheit verwenden die Autoren (ml/sec²)/m² = µm/sec². Bei den Quadratsekunden handelt es sich vermutlich um einen Flüchtigkeitsfehler, der sich durch die ganze Arbeit zieht. Gemeint ist also vermutlich (ml/sec)/m² = µm/sec. Man hat sich also für die falsche Einheit (ml/min)/1,73 m² entschieden und die wahre GFR wirklich durch 1,73 m² dividiert. Alle Experten sind sich einig, dass diese Division eben nicht erfolgen darf. Sie bringt keinen Erkenntnisgewinn, verfälscht im Ergebnis aber sowohl die Einheit wie auch den Zahlenwert. Dass eine Minute durch 60 Sekunden ersetzt wird, ist belanglos.
Die wahre GFR wurde als Clearance von 125-Jod-Thalamat bei 1628 Patienten ermittelt. Die so gefundenen Werte wurden offenbar korrekt nach GFR(1,73 m²/BSA) normiert. Die MDRD-Formel will nun diese normierten Werte vorhersagen. Die Konstanten wurden so berechnet, dass die Abweichungen zur wahren normierten GFR im Mittel minimiert werden. Der Denkfehler von Andrew Simon Levey et alii ist folgender: Ihre Patienten hatten eine mittlere Körperoberfläche (KOF, BSA) von 1,91 m². Die MDRD-Formel bezieht sich also auf erwachsene doppelseitig nierenkranke Amerikaner mit einer durchschnittlichen Körperoberfläche von 1,91 Quadratmeter. Jeder MDRD-GFR-Wert muss also zusätzlich noch nach GFR(1,73 m²/BSA) normiert werden. Nur so wird die Summe der Abweichungen zur 125-Jod-Thalamat-Clearance GFR(1,73 m²/BSA) minimiert.
Das Problem der Normierung wurde nicht verstanden. Wie sonst kommt es auf Seite 469 zu der unsinnigen Empfehlung, die geschätzte GFR mit BSA/1,73 m² zu multiplizieren, um ohne Verlust der Genauigkeit den wahren Wert der GFR zu erhalten? Es fehlt der Hinweis auf die notwendige Normierung nach GFR(1,73 m²/BSA). Der Term GFR(BSA/1,73 m²) ist irrelevant; es handelt sich um eine Rückgängigmachung einer nicht erfolgten Normierung.
Die Idee der Study Group ist begrüßenswert. Die Ausführung ist dilettantisch. Das Ergebnis ist fragwürdig. Hat Andrew Simon Levey deswegen mit CKD-EPI eine neue angeblich noch bessere Formel entwickelt?
Y) In dieser CKD-EPI-Arbeit vom 5.5.2009 (Andrew Simon Levey et alii: "A New Equation to Estimate Glomerular Filtration Rate", Chronic Kidney Disease Epidemiology Collaboration; Ann Intern Med, 2009 May 5; 150 (9): pages 604 - 612) wird zumindest der Flüchtigkeitsfehler mit den Quadratsekunden vermieden. 8254 Patienten wurden jetzt mit 19.928 weiteren Personen verglichen. Immer wieder findet sich im Kleingedruckten der falsche Hinweis, dass man ml/min/1,73 m² durch Multiplikation mit 0,0167 in ml/sec/m² umrechnen könne. Mit dem Faktor 1/60 = 0,0166667 werden Minuten in Sekunden umgerechnet. Die Division durch 1,73 m² wird jetzt nur noch empfohlen, aber nicht mehr durchgeführt. Klammern werden wieder vergessen. Mathematisch richtig (aber nephrologisch falsch) wäre
(ml/min)/1,73 m² = (ml/60 sec)/1,73 m² = 0,0167 (ml/sec)/1,73 m² = 0,00963 (ml/sec)/m² = 0,00963 ml/m²sec = 0,00963 µm/sec = 9,63 nm/sec.
Ingesamt finden sich die folgenden sechs verschiedenen Nierenfunktionseinheiten. Alle sind falsch:
ml/min/1,73 m²
ml/min per 1,73 m²
ml/sec per m²
ml/sec/1,73 m²
ml/sec per 1,73 m²
ml/sec/m²
Die einzig richtige Einheit ml/min findet sich nicht. Soweit erkennbar, wird die verbotene Division durch 1,73 m² (im Gegensatz zur MDRD-Arbeit) jetzt nicht mehr durchgeführt. Warum manchmal eine Minute durch 60 Sekunden ersetzt wird, bleibt nach wie vor unklar. Ebenso unklar bleibt, warum der zweite Bruchstrich jetzt manchmal durch das Wort "per" ersetzt wird. Die erwähnten sechs verschiedenen falschen Einheiten in der CKD-EPI-Arbeit meinen offenbar alle dasselbe, nämlich ml/min beziehungsweise ml/sec. Die mittlere Körperoberfläche der 8254 Patienten beträgt jetzt 1,93 m². Das Problem der zwingend notwendigen Normierung wird auch in der neuen Arbeit mit keiner Silbe erwähnt. Den richtigen Term GFR(1,73 m²/BSA) sucht man vergebens. Wenigstens wird der falsche Term GFR(BSA/1,73 m²) = GFR/(1,73 m²/BSA) jetzt nicht mehr empfohlen.
Der wohl schlimmste von Leveys Denkfehlern ist seine beabsichtigte Vorhersage von normierten Werten. Denn das ist unmöglich. Denkbar sind nur Schätzformeln oder Algorithmen für die mittlere wahre GFR. Auch eine implizite Multiplikation dieser mittleren wahren GFR mit der Konstanten (1,73 m²/1,93 m²) = 0,896 ist vorstellbar. Für jede individuelle normierte GFR wäre anschließend immer noch eine zusätzliche Multiplikation mit (1,93 m²/BSA) erforderlich. So erhält man Schätzungen für GFR(1,73 m²/BSA). Das kann aber kein Laboratorium ohne Kenntnis von Größe und Gewicht (height and weight) des Patienten leisten. Man muss also sagen, was man will. Das haben beide Arbeitsgruppen um Andrew Simon Levey nicht verstanden. Mehr dazu unten in der Appendix Normierung.
Z) Weiße, Alte und Frauen haben weniger Muskelfleisch (griechisch: kreas) und daher auch weniger Kreatin und somit ceteris paribus weniger Kreatinin im Blut als Schwarze, Junge und Männer. Gleiche Kreatininspiegel zeigen also eine schlechtere Nierenfunktion an. Zur Korrektur muss also die Glomerulumfunktion von Alten und Frauen multiplikativ verkleinert und von Schwarzen multiplikativ vergrößert werden. So sind die Algorithmen der üblichen Schätzformeln angelegt worden; sie sollen also die wahre GFR möglichst genau schätzen. Die Kenntnis von Rasse, Alter und Geschlecht verbessert die Schätzergebnisse. - Kein Labor kann jedoch ohne Kenntnis von Größe und Gewicht die Blutwerte und damit die GFR an die Körperoberfläche adaptieren. Nur der Arzt kann entscheiden, ob sein Patient bei gegebener GFR ein kleiner Gesunder oder ein großer Kranker ist. Die Normierung der wahren GFR nach GFR(1,73 m²/BSA) ist dafür eine Entscheidungshilfe. Sie sollte konsequent genutzt werden (siehe unten die Appendix Normierung).
Literatur:
Dr. rer. soc. oec. Hartwig Raeder
praktischer Arzt
Leopoldshöher Straße 2a
32107 Bad Salzuflen
Interessenkonflikt: Dr. Raeder erklärt, dass er von zahlreichen Behörden, Versicherungen und pharmazeutischen Unternehmen finanziell gefördert wurde. Trotzdem besteht kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors.
Bad Salzuflen, am 8.12.2011
zuletzt ergänzt am 11.2.2012, am 23.2.2012, am 30.3.2012, am 1.4.2012, am 4.4.2012, am 12.4.2012, am 15.4.2012, am 22.4.2012, am 6.5.2012, am 12.5.2012, am 20.6.2012, am 23.6.2012, am 27.6.2012, am 11.8.2012, am 6.9.2012, am 21.12.2012, am 2.3.2013, am 27.7.2013, am 18.4.2014, am 19.8.2016 und am 22.5.2020.
zuletzt korrigiert am 25.2.2012, 27.2.2012, am 10.3.2012 und am 9.4.2014.
KAPITEL 2
APPENDIX : „Niere als Filter“
A.) 1. Exkretion (ähnlich auch: Detoxifikation) ist das Ausscheiden von Stoffwechselprodukten in die Umwelt. Filtration ist ein technischer Begriff. Die Nieren befreien den Körper von harnpflichtigen Stoffen. Es gilt: Zuflussvolumen = Abflussvolumen plus Urinvolumen. Beim gesunden Erwachsenen strömen täglich etwa anderthalb Kubikmeter Blut durch die Nieren (siehe unten Kapitel 6 Absatz 117f). Unter Berücksichtigung eines Hämatokrits von 40 Prozent beträgt der Renale Plasmafluss also etwa 600 ml/min. Den Renalen Plasmafluss bezeichnet man auch als Nierenplasmastrom oder als Plasmadurchströmung.
2. Die Etymologie von Filter (lateinisch filtrum = das Seihtuch; Filz, Wolltuch, Decke; Lumpen, Lappen, Flickwerk, Lumpenrock, Lumpenwerk; Untermütze; Filter) ist interessant. Der österreichische Anatom Josef Hyrtl (7.12.1810 bis 17.7.1894) bezeichnete eine Niere als Seihe (seyhe). Es handelt sich um ein anatomisches Kunstwort, weil schon damals die Niere "als Sieb betrachtet wurde, durch das der Harn aus dem Blute abgeseiht wird." (Quelle: Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: "Deutsches Wörterbuch", 1899, Band 16, Spalte 205). Sieb heißt im Englischen sieve. - Schon wesentlich früher hat Leonhart Fuchs (17.1.1501 bis 10.5.1566) die Niere als Sieb oder Filter beschrieben; siehe unten Kapitel 6 Absatz 285.
3. Tobias B. Huber aus Freiburg verwendet in diesem Zusammenhang die Begriffe Nierenfiltereinheit, glomeruläre Filtrationseinheit, glomeruläre Filter, Nierenfilter und Podozyten als Nierenfilterzellen. Quelle: "Diabetes: Nephropathie durch überaktiven Enzymkomplex", in: Ärzte-Zeitung, Jahrgang 31, Ausgabe 182/2012, 12./13. Oktober 2012, Seite 12, "Innovationen in der Medizin", im Interview mit Peter Leiner in der Serie zum Galenus-von-Pergamon-Preis 2012.
4. Aus dieser Einleitung erkennt man die Doppelbedeutung der Niere als Filter.
Einerseits ist die Niere ein Filter zwischen Arteria renalis und Vena renalis.
Andererseits ist das Glomerulum ein Filter zwischen Vas afferens und Vas efferens.
5. Die Filterleistung der Niere wird als Gradient bezeichnet.
Die Filterleistung des Glomerulums wird als GFR bezeichnet.
6. Man spricht im ersten Fall von der renalen Filterleistung.
Man spricht im zweiten Fall von der glomerulären Filterleistung.
7. Im Folgenden muss also immer streng zwischen diesen beiden Filtrationen, also zwischen renaler und glomerulärer Filtration, unterschieden werden.
8. Noch genauer ist Folgendes: Im Glomerulum befinden sich die Podozyten (Fußzellen, weil sie Füßchen haben). Die Podozyten heißen auch Filtrationsschlitze. Sie bilden die Blut-Harn-Schranke. Sie sind die eigentlichen Filter im Glomerulum. Sie reinigen sich selbst und können also nicht verstopfen. Sie arbeiten zusammen mit der Basalmembran und den Endothelzellen. Sie sind durchlässig für Moleküle mit einer molaren Masse von bis zu 70 Kilodalton und mit Durchmessern von bis zu 16 Nanometern. Eine sogenannte Permselektivität des Filters kann zusätzlich die Filtration von kleinen erwünschten (also nicht harnpflichtigen) Molekülen in Abhängigkeit von ihrer elektrischen Ladung verhindern. Siehe unten Kapitel 6 Absatz 123. Das Wort Permselektivität bedeutet etymologisch offenbar selektive Permeabilität, also ausgewählte Durchlässigkeit.
9. In der Tierwelt spricht man von Nephridien statt von Nephronen. Die Podozyten bilden an den Reusengeißelzellen (Cyrtocyten) so genannte Reusenstäbe zur Ultrafiltration der Gewebeflüssigkeit. Reusen sind Filter.
10. Grundsätzlich sind die vier Begriffe Primärharn, Ultrafiltration, Kreatinin-Clearance und glomeruläre Filtration Synonyme. Wenn das jeweilige Volumen (Einheit ml) durch die benötigte Zeitspanne (Einheit min) dividiert wird, erhält man die sogenannten Raten (Einheit ml/min). Siehe auch unten im Kapitel 2 die Absätze Db und N sowie im Kapitel 6 die Absätze 111e, 123h, 140g und 245a.
11. Streng genommen ist die GFR gleich der Summe aus Urinvolumen pro Zeit und dem tubulären Rückresorptionsvolumen pro Zeit. Das Wort Reabsorption ist sprachlich besser als Rückresorption.
B) Ein Filterwirkungsgrad von 100 % würde bedeuten, dass sämtliches Trenngut herausgefiltert wird. Das nennt man auch Wirksamkeit oder Effektivität der Nierenleistung. Der Filterwirkungsgrad gibt den Anteil des herausgefilterten Stoffes an. Es muss immer angegeben werden, um welchen Stoff es sich handelt. Die arteriovenöse Konzentrationsdifferenz wird durch die Konzentration in den Nierenarterien dividiert. Noch einfacher: Die Differenz zwischen Zuflussmenge und Abflussmenge wird auf die Zuflussmenge bezogen.
C) Als Permeat bezeichnet man das abgereicherte Plasma nach der Filtration. Als Retentat bezeichnet man die zurückgehaltenen Stoffe im Plasma. Als Konzentrat bezeichnet man die herausgefilterten Stoffe im Urin.
D.a) Gesunde menschliche Nieren haben einen Filterwirkungsgrad von etwa zehn Prozent. Hier ist die Filterleistung aller Glomerula gemeint. Dieser Filterwirkungsgrad heißt auch noch Filtrationsfraktion und berechnet sich als Quotient aus Glomerulärer Filtrationsrate und Renalem Plasmafluss. - Hier ist die glomeruläre Filtration gemeint.
b) Der Primärharn ist das Produkt aus Nierenplasmastrom und Filterwirkungsgrad und wird auch als Glomeruläre Filtrationsrate bezeichnet, wenn man das Primärharnvolumen und den Nierenplasmastrom auf dieselbe Zeitperiode bezieht.
c) Eine ältere Definition der Filtrationsfraktion findet sich unter dem Stichwort Filtratfraktion (in: "Handlexikonder Medizin", herausgegeben von Günter Thiele, Band F-K, Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore, Seite 769) als "der in den Glomeruli filtrierte Anteil des Nierenplasmadurchflusses; berechnet als Quotient aus Inulin- und p-Aminohippursäure-Clearance."
E) Das Folgende wird auch von vielen Nephrologen nicht richtig verstanden: Der Gradient ist der Quotient der Konzentrationen des Giftstoffes nach und vor der Filtration. Man spricht vom arteriovenösen Quotienten. (Anmerkung: Man kann den Gradienten noch einfacher auch als Differenz der Giftstoffkonzentrationen vor und nach der Filtration definieren. Das nennt man arteriovenöse Differenz oder Konzentrationsgefälle.) Filterwirkungsgrad plus Gradient gleich 1. Gradierwerke erhöhen den Gradienten der Sole; Kläranlagen verkleinern den Gradienten im Abwasser. - Hier ist von der renalen und nicht von der glomerulären Filterleistung die Rede.
F) Jetzt muss entschieden werden, über welchen Giftstoff man spricht. Jeder natürliche oder künstliche Stoff hat seinen eigenen Gradienten. Wenn Kreatinin auch bei Nierenkranken schon bei der ersten glomerulären Passage (glomerulärer first pass effect) immer vollständig eliminiert wird, kann keine harnpflichtige Substanz eine bessere glomeruläre Filterleistung (und damit einen besseren renalen Gradienten) als Kreatinin haben. (Ausnahmen: Sekretion und Synthese; siehe unten im Absatz N.) In der nephrologischen Fachliteratur finden sich ungezählte Beispiele für exogene und endogene Substanzen mit ihren Vor- und Nachteilen. Das kann hier nicht diskutiert werden.
G. a) Als renale Klärung, Klärwert oder Clearance (englisch: Reinigung, Entfernen, Ausscheidung, Beseitigung, Aufräumen; vergleiche die mukoziliare Clearance) wird nun das Produkt aus Durchsatz und Filterwirkungsgrad bezeichnet. - Als Glomeruläre Filtrationsrate wird dagegen das Produkt aus Renalem Plasmafluss und Filtrationsfraktion bezeichnet. Anders ausgedrückt ist die Filtrationsfraktion der Quotient aus Glomerulärer Filtrationsrate und Renalem Plasmafluss.
b) Die Clearance eines Individuums ist die Summe der Clearancewerte aller Nieren dieses Individuums (rechte Niere, linke Niere, Doppelniere, transplantierte Niere).
c) Noch genauer: Die GFR einer Person ist die Summe der glomerulären Filtrationsraten von allen etwa ein bis zwei Millionen renalen Elementarapparaten (Nephronen mit Glomerula und Tubuli). Die GFR eines einzelnen Nephrons wird dabei auch als single nephron GFR (SNGFR) bezeichnet. Analog ist die Qualität der Abwasserreinigung einer Großstadt gleich der Summe der Kapazitäten aller ihrer Klärwerke.
d) In der Nuklearmedizin kann man szintigraphisch die renale Clearance und auch die GFR für beide Nieren getrennt ermitteln. Zum Beispiel vor Nierentransplantationen können Lebendspender so untersucht werden. Man spricht von der nuklearmedizinischen Nierenfunktionsdiagnostik, von der Nierenszintigraphie, von der Isotopennephrographie, von der Renographie, von der Nierenfunktionsszintigraphie, von der renalen Szintigraphie, von der diuretischen Szintirenographie, von der Radioisotopenrenographie oder von der Radioisotopennephrographie. - Während einer Nierendialyse können die renale Rest-GFR und die maschinelle GFR zur Gesamt-GFR des Patienten addiert werden.
e) Hier muss an das Ficksche Prinzip erinnert werden (zitiert nach: Frank Henry Netter: "Farbatlanten der Medizin"; Band 2: "Niere und Harnwege", Stuttgart 1976, Seite 43): Die Menge einer Substanz, die von einem Organ aufgenommen oder ausgeschieden wird, ist gleich der Differenz zwischen den Konzentrationen dieser Substanz im arteriellen und im venösen Blut, multipliziert mit dem Blutdurchfluss durch dieses Organ. (FALSCHER SATZ: Es liegt auf der Hand, dass das Fick-Prinzip und die Clearance-Gleichung identisch sind, wenn die Konzentration im Venenblut fast Null ist.) Das Ficksche Prinzip kann sowohl auf die renale wie auch auf die glomeruläre Filtration angewendet werden.
Siehe unten Kapitel 6 Absätze 131 und 132.
H) Als Zahlenbeispiel: Wenn der glomeruläre Filterwirkungsgrad der gesunden Nieren für eine bestimmte Substanz zehn Prozent und wenn der Renale Plasmafluss 600 ml/min beträgt, errechnet sich leicht eine Glomeruläre Filtrationsrate von 60 ml/min. Es werden also pro Minute 60 Milliliter Plasma vollständig von dieser harnpflichtigen Substanz befreit. Oder 600 Milliliter Plasma werden minütlich zu zehn Prozent gereinigt. Beides ist mathematisch und physikalisch dasselbe. Eine Hausfrau müsste also akzeptieren, dass es dasselbe ist, ob sie zehn Hemden zu neunzig Prozent reinigt oder aber nur neun Hemden vollständig und eines gar nicht. Die entfernte Schmutzmenge wäre dieselbe.
- Physikalisch sind also folgende Aussagen identisch: 100 ml Plasma werden jede Minute vollständig von einer Substanz befreit. 200 ml Plasma werden jede Minute zur Hälfte von dieser Substanz befreit. 500 ml Plasma werden jede Minute zu einem Fünftel von dieser Substanz befreit. 200 ml Plasma werden in zwei Minuten vollständig von dieser Substanz befreit. 500 ml Plasma werden in fünf Minuten vollständig von dieser Substanz befreit. 50 ml werden in einer Minute vollständig und 200 ml werden in vier Minuten zu einem Viertel von dieser Substanz befreit.- Mathematische Begründung: Das x-fache Plasmavolumen wird zu einem x-tel von der Substanz befreit. Denn (x/x) im Zähler verändert den Quotienten aus Volumen und Zeit nicht.
I) Wenn der (renale oder glomeruläre) Filterwirkungsgrad in Prozenten angegeben wird, müssen korrekterweise die Zeit und das Volumen weggelassen werden. Eine kontinuierliche zehnprozentige Reinigungswirkung ist zeit- und volumenunabhängig. Diese Tatsache ist ein wichtiger Unterschied zwischen GFR und Filterwirkungsgrad.
J. a) Als renale Clearance (deutsch: Volumenklärrate, Entharnungsvermögen, Klärwertbestimmung, Klärfähigkeit) wurde schon 1921 in den USA von Donald Dexter van Slyke, 29.3.1883 bis 4.5.1971) et alii (Austin, J. H., Stillman, E., Van Slyke, D. D.: "Factors governing the excretion rate of urea", J Biol Chem, 1921; 46: 91) dasjenige gedachte Blutplasmavolumen bezeichnet, welches pro Zeiteinheit vollständig von einer bestimmten harnfähigen Substanz befreit wird. Die Einheit der Nierenfunktion ist also Volumen pro Zeit (ml/min). Der dimensionslose Filterwirkungsgrad misst nur die Qualität des Filters in Prozent. Die Clearance berücksichtigt zusätzlich die Qualität der Nierendurchblutung.
b) Exakte Definition: Die Nieren entfernen Substanzen aus dem Körper. Die Glomerula filtrieren, die Tubuli sezernieren. Die renale Ausscheidung ist also die Summe aus Filtration und Sekretion; zusätzlich müssen Synthese, Reabsorption und Metabolisierung in der Niere berücksichtigt werden. Die Clearance ist also der Saldo dieser fünf Einzelfunktionen. Die GFR berücksichtigt also streng genommen nur die glomeruläre Filtration. Clearance und GFR sind also nur für solche Stoffe oder nur bei solchen Krankheiten identisch, bei denen der Saldo aus Sekretion, Reabsorption, Synthese und Metabolisierung Null ist.
c) Weil dieser Saldo in der Realität nicht Null ist, wurden die modernen Schätzformeln für die GFR entwickelt; sie sollen die systematischen Fehler der Kreatininclearance korrigieren. Deswegen sollen sie bessere Ergebnisse liefern. Geschätzte Werte sollen also besser als gemessene sein; das ist kein Widerspruch!
d) Nur für ideale Substanzen (wie näherungsweise Kreatinin) sind renale Clearance und glomeruläre Clearance identisch. Bei allen anderen Substanzen muss immer streng zwischen renaler und glomerulärer Clearance unterschieden werden. Die renale Clearance kann bei allen anderen Stoffen kleiner oder größer als die glomeruläre Clearance sein. Dieser Zusammenhang wird in der Fachliteratur viel zu wenig beachtet.
K) Aus Obigem ist klar ersichtlich, dass die Körperoberfläche in der Einheit der Nierenfunktion nichts zu suchen hat. Wer die Einheit ml/min/1,73 m² verwendet, zeigt also mathematische Ignoranz (weil Klammern fehlen) und nephrologische Inkompetenz (wegen der Körperoberfläche). Über die therapeutischen Konsequenzen dieses Doppelfehlers mag man spekulieren. Auch außerhalb der Nephrologie wird oft auf die Nierenfunktion Bezug genommen. Falsche GFR-Werte können Therapiefehler zur Folge haben.
L) Das hier dargestellt Prinzip gilt für alle Filter (Menschen, Säugetiere, Siebe, Klärwerke, Dialyse, Plasmapherese, Filterkaffee und so weiter).
M) Die Nierenfunktion kann man nicht direkt messen. Das beste, also das richtige Ergebnis könnte man wie folgt ermitteln:
N a) Ein vereinfachtes Verfahren zur Bestimmung der GFR ist die (endogene) Kreatinin-Clearance. Dabei wird Folgendes vorausgesetzt: Fast jedes glomerulär filtrierte Kreatinin-Molekül erscheint im Harn. Der Saldo aus Sekretion und Reabsorption ist zu vernachlässigen; ebenso der Saldo aus Synthese und Metabolisation in der Niere. Die Effektivität der glomerulären Filtration beträgt (unabhängig von Krankheiten) 100 Prozent.
b) Diese Aussage der einhundertprozentigen Filtrationseffektivität gilt nur für dasjenige Plasmavolumen, welches den Weg durch die glomerulären Filter findet. Dieses Plasmavolumen heißt Primärharn PH. Die Primärharnbildung pro Zeiteinheit heißt Primärharnfluss PHF oder renaler Plasmafluss RPF.
c) Radioaktiv markiertes Kreatinin müsste von der Arteria renalis also nur zu einem kleinen Anteil in die Harnblase abfließen. In der Vena renalis müsste der Rest zu finden sein.
d) Die Kreatininkonzentration im Vas afferens des Nephrons entspricht der Plasmakreatininkonzentration. Die Kreatininkonzentration im Vas efferens des Nephrons ist 0.
e) Damit ist der Gradient ebenfalls 0. Deswegen ist der Filterwirkungsgrad 1. Es gilt also: Die Glomeruläre Filtrationsrate ist gleich der Primärharnbildung pro Zeiteinheit.
f) Der Quotient Q aus Urinkonzentration und Plasmakonzentration zeigt also an, wie oft das tägliche Urinvolumen U die Nieren passiert.
g) Zahlenbeispiel: Wenn die Kreatinin-Konzentrationen im Urin 1 g/l und im Plasma 1 mg/dl betragen, errechnet sich ein Quotient Q von 100. Das heißt, die tägliche Urinmenge U von vielleicht 1,5 l/d fließt einhundertmal pro Tag durch die Nieren. Damit betragen also der Primärharnfluss PHF und damit die
GFR = PHF = QU = 100 · 1,5 l/d = 150 l/d = 104 ml/min (= etwa 1 m³/Woche).
h) Die glomeruläre Filtrationsfraktion FF ist also das Verhältnis von GFR und renalem Plasmafluss RPF oder mit anderen Worten das Verhältnis vom Primärharnfluss PHF und dem Nierenplasmastrom. FF = GFR / RPF.
i) Im obigen Zahlenbeispiel im Absatz M werden ein Gradient G von 0,1 und damit ein Filterwirkungsgrad (1-G) = 0,9 unterstellt. Die Filtrationsfraktion mit Bezug auf das Plasma beträgt also zehn Prozent. Die Filtrationsfraktion mit Bezug auf das Blut beträgt also sechs Prozent. Dieser Gradient G bezieht sich auf die renale arteriovenöse Differenz. Die Filtrationsfraktion FF bezieht sich dagegen auf die Filterfunktion des Nephrons.
j) Zur Abschätzung der Nierenfunktion ist die glomeruläre Filtrationsfraktion FF viel aussagekräftiger als die GFR. Die GFR ist proportional zur Pumpleistung des Herzens. Die FF ist dagegen proportional zur Filterleistung der Nieren. Eine kleine GFR kann auf eine Herzkrankheit hinweisen, eine kleine FF kann auf eine Nierenkrankheit hinweisen. Im Vergleich mit einem Klärwerk schwankt die GFR mit dem Abwasservolumen, die FF schwankt mit der Anlagenqualität.
k) Die Masse (Einheit g/d) der oben im Absatz J beschriebenen "bestimmten harnfähigen Substanz" in der Clearance-Definition ist das Produkt aus Urinkonzentration (Einheit g/l) und Urinvolumen U (Einheit l/d) oder das Produkt aus Plasmakonzentration (Einheit g/l) und Primärharnfluss PHF (Einheit l/d). Zahlenbeispiel:
1 g/l · 1,5 l/d = 1,5 g/d = 10 mg/l · 150 l/d = 1500 mg/d = 1,5 g/d.
O) Alle anderen Verfahren zur Bestimmung der GFR sind Schätzungen.
Physiker mögen streiten über die Grenze zwischen Messung und Berechnung.
Physiker mögen streiten über die Grenze zwischen Berechnung und Schätzung.
Sicher ist jedoch: alle praktikablen Verfahren zur Bestimmung der GFR sind Schätzungen.
P) Diese Schätzungen mögen gut oder schlecht, billig oder teuer, einfach oder kompliziert, sicher oder unsicher, neu oder alt, sinnvoll oder unsinnig, genau oder ungenau sein, immer aber ersetzen sie die beiden oben beschriebenen Ermittlungen und erfordern die Einheit ml/min und keine andere.
Q) a) Unter der totalen Clearance versteht man in der Pharmakologie das Plasmavolumen, aus dem ein Wirkstoff pro Zeiteinheit über Nieren, Leber, Haut, Lungen und so weiter und durch Metabolisierung vollständig entfernt wird. Sie ist also die Summe aus den einzelnen renalen (rechte und linke Niere; eventuell Doppelnieren) und den verschiedenen extrarenalen Clearancewerten. Sie ist außerdem das Produkt aus Plasmavolumen (Einheit Milliliter) und Eliminationsgeschwindigkeitskonstante (Einheit 1/Minute). Drittens errechnet sie sich als Quotient aus Dosis (Einheit Milligramm) und der Fläche unter der Plasmaspiegelkurve (area under the curve AUC; Einheit mg · min/ml). Also hat auch die totale Clearance immer die Einheit ml/min.
b) Bei dialysierten Patienten muss man bei der totalen Clearance zusätzlich additiv noch die Entfernung durch den Dialysator berücksichtigen. Die Gesamttotalclearance ist also die Summe aus menschlicher und maschineller Clearance.
c) Zur hepatozytären Filtrationsrate HFR oder zur hepatischen Clearance siehe unten Kapitel 6 Absatz 145.
R) a) Auch bei schlechtesten Laborwerten liefern die üblichen Schätzformeln nie den Wert GFR=0. Nur die beiden obigen Verfahren M und N liefern bei vollständigem Nierenversagen GFR=0, weil G=1 beziehungsweise weil U=0 ist. Nuklearmedizinische Verfahren können im schlimmsten Fall keine Nierenfunktion nachweisen.
b) Üblicherweise sind erwachsene Patienten mit einer GFR = 6 ml/min = 60 l/Woche dialysepflichtig; ihre renale Restclearance kann dann auf rGFR = 0,25 ml/min zurückgehen. Bei dialysierten Patienten ist die renale Gesamtclearance die Summe aus renaler Restclearance und Dialysatorclearance.
c) Die hier erwähnte maschinelle Clearance oder Dialysatorclearance wird auch in ml/min gemessen. Sie gibt das menschliche Plasmavolumen an, welches pro Minute von einer bestimmten harnpflichtigen Substanz vollständig künstlich befreit wird. Dabei sind alle intra- und extrakorporalen Blutreinigungsverfahren denkbar.
d) Wenn man sich auf einen bestimmten harnpflichtigen Stoff wie zum Beispiel Kreatinin einigt, kann man auch von der Gesamt-GFR, der totalen GFR, der Rest-GFR, der Dialysator-GFR, der menschlichen GFR, der maschinellen GFR, der intrakorporalen GFR und der extrakorporalen GFR sprechen. Bei Bedarf muss auch hier nach GFR(1,73 m²/BSA) normiert werden.
e) Der Einwand, dass technische Apparate keine Glomerula haben, ist berechtigt; trotzdem ist das Ergebnis jeder künstlichen Blutreinigung mit einer Filtration vergleichbar. Bei kontinuierlichen Dialyseverfahren ist das evident. Bei diskontinuierlichen Dialyseverfahren muss man die GFR eben auf die Dialysedauer beziehen. Fiktives Zahlenbeispiel: Bei der Zentrumsdialyse mit dem Dialysator A beträgt die extrakorporale GFR während der sechsstündigen Dialysedauer dGFR=400 ml/min. Wenn dreimal pro Woche dialysiert wird, ist folgender Dreisatz möglich: 400 ml/min entsprechen dreimal sechs Stunden (= 18 Stunden); x ml/min entsprechen siebenmal 24 (= 168) Stunden. Als Ergebnis erhält man eine fiktive GFR der Maschine A von x = mGFR = 400 (18/168) ml/min = 42,8 ml/min.
Die allgemeine Formel lautet
mGFR = dGFRab/168.
Dabei bedeuten dGFR die maschinelle GFR während der Dialyse, mGFR die maschinelle GFR bezogen auf die Dauer der Dialysepflicht sowie a die Anzahl der Dialysen pro Woche und b die durchschnittliche Dialysedauer in Stunden. ab ist also die Summe der Dialysestunden pro Woche (Einheit: Stunde). Der Gerätehersteller sollte eine dGFR angeben können. Zur Kontrolle kann man diese dGFR auch aus dem Kreatininspiegel vor und nach der Dialyse errechnen. Siehe unten Absatz X.
f) Der Term ab/168 ist der dimensionslose relative Anteil der Dialysedauer an der Dauer der Dialysepflicht, also während der restlichen Lebenszeit (Wochen, Monate, Jahre) oder aber bis zur Nierentransplantation. Üblich ist etwa ab/168 = 0,1 = 10 %. Es werden also etwa zehn Prozent der Lebenszeit mit der Dialyse verbracht. Bei der kontinuierlichen Dialyse ist ab/168=1=100 %. Wenn während des achtstündigen Schlafes jede Nacht dialysiert wird, gilt ab/168=1/3=33,3%.
g) Jetzt kann man sogar folgende Gleichung aufstellen:
zGFR = rGFR + mGFR = rGFR + dGFRab/168.
Dabei sind zGFR die angestrebte Ziel-GFR während der Dialysepflicht, rGFR die renale Rest-GFR des Patienten, dGFR die mittlere technische GFR des Dialyseverfahrens nur während der Dialyse und mGFR die technische GFR durch das Dialyseverfahren während der gesamten Dialysepflicht.
Den Parameter mGFR (und damit seine Einzelfaktoren dGFR, a und b) kann man patientenbezogen optimieren, um das angestrebte Ziel (eben die zGFR) bestmöglich zu erreichen. Diese zGFR wird man so wählen, dass die fernere Lebenserwartung des Patienten maximiert wird unter der Nebenbedingung einer Optimierung der individuellen Lebensqualität.
h) Sogar eine Normierung der Ziel-GFR nach GFR(1,73 m²/BSA) ist möglich:
zGFR(1,73 m²/BSA) = rGFR(1,73 m²/BSA) + dGFRab(1,73 m²/BSA)/168
= rGFR(1,73 m²/BSA) + dGFRab(0,0102 m²/BSA)
Man kann also auch die Reinigungsfunktion des Dialysators normieren, also rechnerisch an die Körperoberfläche des Patienten anpassen!
i) Wenn der Gerätehersteller die dGFR nicht angeben kann, lässt sie sich auch mit Hilfe der Clearanceformel ermitteln. Siehe unten Absatz X.
j) Die GFR unterliegt mehr oder weniger großen Tagesschwankungen. Jeder GFR-Wert ist der Mittelwert aus diesen Schwankungen. Außerdem ist jeder GFR-Wert die Summe aus den GFR-Werten beider Einzelnieren. Bei dialysierten Patienten ist die GFR die Summe aus der renalen Rest-GFR und der extrarenalen (artefiziellen, prozeduralen, technischen, maschinellen, apparativen) GFR.
k) Die Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse) gilt als intrakorporales und als kontinuierliches Nierenersatzverfahren. Die für die Hämodialyse gemachten Aussagen gelten analog.
S) Die üblichen modernen Schätzformeln (Algorithmen) verwenden Exponenten für Alter und Laborwerte. So kann berücksichtigt werden, dass die Körperoberfläche und die Retentionswerte üblicherweise mit zunehmendem Alter ansteigen. Bei Kindern steigt üblicherweise die GFR im Zeitablauf an, bei Erwachsenen sinkt sie. Deswegen gelten die Erwachsenenformeln nicht für Kinder und umgekehrt.
T) Zusammenfassend kann die Qualität der einzelnen Methoden zur Ermittlung der wahren Glomerulären Filtrationsrate vielleicht wie folgt eingeschätzt werden:
1.) die verschiedenen nuklearmedizinischen Verfahren als Goldstandard
2.) die verschiedenen exogenen Clearanceverfahren als Alternative
3.) die Clearance von Cystatin C oder von Beta Trace Protein
4.) die neue CKD-EPI-Schätzformel von Andrew Simon Levey et alii
5.) die komplette MDRD-Schätzformel von 1999 als fünftbestes Verfahren
6.) die modifizierte (vereinfachte, abgekürzte) MDRD-Formel von Levey et alii
7.) die endogene Kreatininclearance als zweitschlechteste Methode
8.) die alte Formel von Cockcroft und Gault als schlechteste Methode
U) "Die Qualität der Entgiftung durch Dialyse und damit die Effizienz der Behandlung wird durch das sogenannte Harnstoffmodell beurteilt." (Zitat: Hans Gruber: "Laborwerte bei Nierenkrankheiten oder Wie lese ich meine Laborwerte richtig?", Selbsthilfegruppe Nierenpatienten, Dialysezentrum Landshut, 1.10.2009). Die Formel für dieses therapeutische Ziel der Dialyse lautet Kt/V (Quelle: F. A. Gotch: "Kt/V is the best dialysis dose parameter", Blood Purification, 2000; 18(4): pages 276 - 285). Dabei ist K die mittlere Harnstoff-Clearance durch das Dialyseverfahren (also während der Dialyse) mit der korrekten Einheit ml/min. Und t ist die Dauer der Dialyse in Minuten bei der intermittierenden Hämodialyse IHD; bei der kontinuierlichen Dialyse (CRRT = continuous renal replacement therapy) wird eine Woche vermutlich mit 10080 Minuten gleichgesetzt. V ist das Verteilungsvolumen von Harnstoff im Körper mit der Einheit ml. Die Einheit von Kt/V ist also dimensionslos. Offenbar werden die Kt/V-Werte für alle Dialysen in einer Kalenderwoche addiert und zum Beispiel als Kt/V=3,9 pro Woche korrekt angegeben (Quelle: "Leitlinie schafft Klarheit bei akutem Nierenversagen", in: Ärzte-Zeitung, Jahrgang 31, Nummer 94/2012, 24.5.2012, Seite 12). Dass K und V schwer zu bestimmen sind, versteht sich von selbst. "Man misst die Konzentration des Harnstoffs am Anfang und am Ende einer Dialyse. Diese beiden Werte sowie die filtrierte Flüssigkeitsmenge, die effektive Dialysezeit und das Körpergewicht werden in einer logarithmischen Funktion eingesetzt, deren Ergebnis der Kt/V-Wert ist. Dieser Kt/V-Wert ist eine dimensionslose Zahl, die mindestens 1,2 erreichen soll, wobei gilt, dass die Entgiftung umso besser ist, je höher der Wert ist." (Zitat: Hans Gruber, am angegebenen Ort). Man bezeichnet Kt/V auch als Dialyseeffektivität oder Dialysedosis. Quintessenz: Die physikalische Formel Kt/V verlangt für die Clearance K die korrekte Nierenfunktionseinheit ml/min; die logarithmischen Schätzformeln arbeiten dagegen mit anderen Parametern und erhalten erst am Ende die richtige Einheit 1. Das Problem der Normierung wird in allen einschlägigen Texten nicht thematisiert. - Anmerkung: Unklar bleibt, warum nicht einfach die Masse M des entfernten Giftstoffes (zum Beispiel Harnstoff) als Maß für die Dialysequalität verwendet wird (siehe oben im Absatz N). Man bräuchte nur die Harnstoffkonzentration k der Dialyseflüssigkeit mit deren Volumen v multiplizieren (M=kv). Auch hier wäre eine Normierung nach der Körperoberfläche möglich: M(1,73 m²/KOF) = kv(1,73 m²/KOF). Hinweis: Die Dissertation "Neue und bewährte Parameter zum Qualitätsmanagement in der Hämodialysetherapie" von Robert Kremers, Düsseldorf 2002, ist hinsichtlich der Kt/V-Diskussion (Seiten 14f) unverständlich, weil Klammern vergessen werden und die Einheiten der physiologischen Größen fehlen. Zweite Anmerkung: Oben wurde im Absatz R die mGFR als Ableitung aus der dGFR als Maß für die Dialysequalität beschrieben. Siehe auch unten im Absatz X. Dritte Anmerkung: Falsch beschreibt Tinsley Randolph Harrison ("Innere Medizin", Sonderausgabe, 17. Auflage, McGraw-Hill, Berlin 2009, Band 2, Seite 2185) die Kt/V als funktionelle Harnstoff-Clearance, wenn übersetzt wird: "Die Harnstoff-Clearance K ist die Summe der Dialysat-Clearance plus der Nieren-Clearance und wird mit der Zeit an Dialyse multipliziert (T)."
V) Die Qualität eines Filters und damit auch die Nierenfunktion lassen sich also am Einfachsten als Masse der renal entfernten Giftstoffe beschreiben. Diese Masse erhält man aus dem Urinvolumen durch Multiplikation mit der Urinkonzentration des jeweiligen harnpflichtigen Stoffes. So findet man zum Beispiel die Tagesausscheidungen von Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin. Die Aussagekraft dieser Werte hängt von der Plasmakonzentration des jeweiligen harnpflichtigen Stoffes ab. Bei körperfremden harnpflichtigen Substanzen kann das Verhältnis von input und output analysiert werden. Wenn zum Beispiel ein exogener Stoff nicht metabolisiert wird und nur renal ausgeschieden wird, muss irgendwann die zugeführte Stoffmenge auch wieder im Urin zu finden sein. Je schneller die Ausscheidung, desto besser ist die Filterwirkung. Man könnte also sagen: Nach x Minuten sind y Prozent der körperfremden Substanz ausgeschieden worden. Dieses Procedere wäre viel einfacher als das Clearance-Konzept.
So könnte analog zum Beispiel ein Klärwerk seine Leistung auf drei verschiedene Arten beschreiben (völlig fiktives Zahlenbeispiel):
a) Wir entfernen jährlich 23 Kilogramm Kadmium aus dem Abwasser.
b) Wir entfernen ständig 19 Prozent des Kadmiums aus dem Abwasser.
c) Wir befreien jährlich 53 Millionen Kubikmeter Abwasser vollständig von Kadmium.
Dabei ist a die Masse pro Zeit. b beschreibt den Filterwirkungsgrad. Und c ist die Clearance. Alle drei Aussagen sind richtig und sinnvoll. Die dazugehörigen physikalischen Dimensionen sind Masse pro Zeit, Prozent und Volumen pro Zeit. Dieses völlig fiktive Zahlenbeispiel würde ein Mathematiker als "drei Gleichungen mit vier Unbekannten" bezeichnen. Völlige Transparenz erhält man erst durch eine vierte Gleichung, welche aber nichts mehr mit der Qualität des Klärwerkes zu tun hat. Zum Beispiel könnte die Gleichung d das Abwasservolumen pro Jahr oder die Kadmiumkonzentration im Abwasser benennen. - Die Analogie zur Dialyse und damit zur Niere ist evident.
W) Frank Henry Netter (28.4.1906 bis 17.9.1991) hat seinen Band 2 ("Niere und Harnwege") als letzten seiner "Farbatlanten der Medizin" erst 1973 herausgegeben, wohl auch weil ihm die Nierenphysiologie schwierig erschien. Der Georg-Thieme-Verlag beklagt (Stuttgart 1976, Seite III) zusätzliche Übersetzungsprobleme. Dabei ist es doch viel einfacher, als es Netter auf den Seiten 39 und 40 darzustellen versucht:
Die aus dem Plasma pro Zeiteinheit herausgeholte Inulinmasse ist gleich der in den Harn pro Zeiteinheit hineingebrachte Inulinmasse. Also output = input. Die Masse ist jeweils das Produkt aus Konzentration und Volumen; denn die Konzentration ist der Quotient aus Masse und Volumen. Als Zeiteinheit wählt man üblicherweise für das Herausholen aus dem Plasma eine Minute und für das Hineinbringen in den Urin einen Tag. Dabei ist es unerheblich, wenn rechts und links vom Gleichheitszeichen verschiedene Zeiträume verwendet werden; denn das Erweitern oder Kürzen eines Bruches verändert den Wert nicht.
Das Produkt aus Plasmainulinkonzentration und Glomerulusfiltrationsvolumen pro Zeiteinheit ist also gleich dem Produkt aus Harninulinkonzentration und Harnvolumen pro Zeiteinheit. Also:
P x GFR = H x V
GFR = (H/P)V
Das ist die Clearance-Formel. Also einfachster Dreisatz. Eine Gleichung mit vier physikalischen Größen, von denen man drei leicht messen und dann die vierte leicht ausrechnen kann. Eine Gleichung mit einer Unbekannten. Dabei sind
GFR das Glomerulusfiltrationsvolumen pro Zeiteinheit (also die Inulinclearance),
H die Harninulinkonzentration,
P die Plasmainulinkonzentration und
V das Urinvolumen pro Zeiteinheit.
Die Konzentrationseinheiten kürzen sich weg. Die GFR hat also dieselbe physikalische Einheit wie das Urinvolumen pro Tag beim 24-Stunden-Urin-Sammeln; Liter pro Tag kann man einfach in Milliliter pro Minute umrechnen.
Es gilt jetzt
1 l/Tag = 1 l/d = (1000 ml/24) : (60 min) = 0,694444444 ml/min
oder ganz korrekt
1 l/Tag = 1 l/d = (1000 ml/24 Std.) : (60 min/Std.) = 0,6944444444 ml/min.
Das dimensionslose Konzentrationsverhältnis Q=H/P muss also mit 0,6944 ml/min und dann mit der dimensionslosen Anzahl der Liter Urin pro Tag multipliziert werden, um die Inulinclearance und damit die gesuchte GFR zu erhalten.
Wenn zum Beispiel die Urinkonzentration von Inulin einhundertmal so groß ist wie die Plasmakonzentration von Inulin, errechnet sich bei einer Urinproduktion von 1 l/d leicht eine GFR = 69,44 ml/min. Bei einer Urinproduktion von 1,5 l/d gilt GFR = 104 ml/min (siehe oben Absatz N). So einfach ist das.
X) Analog lässt sich die GFR eines Dialyseverfahrens berechnen. Die mittlere technische GFR eines Dialysators wurde oben im Absatz Rg) als dGFR bezeichnet. Das Produkt aus der mittleren Plasmakreatininkonzentration und der gesuchten dGFR ist gleich dem Produkt aus der Kreatininkonzentration der Dialyseflüssigkeit am Ende der Dialyse und dem Volumen der Dialyseflüssigkeit geteilt durch die Dialysedauer t in Minuten. In Buchstaben:
P x dGFR = K x V/t = KV/t
dGFR = (K/P)V/t = KV/Pt
Dabei bedeuten P die mittlere Plasmakreatininkonzentration während der Dialyse
dGFR die gesuchte GFR des Dialyseverfahrens (Kreatininclearance)
K die Kreatininkonzentration in der Dialyseflüssigkeit am Dialyseende
V das Volumen der Dialyseflüssigkeit in Milliliter
t die Dialysedauer in Minuten
Vorausgesetzt wird dabei nur, dass auch für Kreatinin der First-pass-Effekt gilt, dass also sämtliches Kreatinin beim ersten Maschinendurchgang vollständig entfernt wird. Falls ein Blutreinigungsverfahren diese Voraussetzung nicht erfüllt, sollte der Gerätehersteller einen Korrekturfaktor oder aber ein geeignetes Substrat angeben können. In der obigen Clearanceformel (Absatz W) wird also hier nur die Nieren-GFR durch die Maschinen-GFR ersetzt. Denn Dialyse ist eine Nierenersatztherapie.
Y) a) Die exakte physikalische Definition der GFR als erste Ableitung des Volumens nach der Zeit findet sich unter dem Stichwort "Renal function" auf der englischen Website www.wikipedia.org als "Pressure Definition": Die GFR (Einheit ml/min) ist die Flussrate ("fluid flow rate") zwischen den glomerulären Kapillaren und den Bowmanschen Kapseln und damit das Produkt aus der Filtrationskonstanten und dem Drucksaldo (Einheit Pascal). Die Filtrationskonstante mit der Einheit ml/(Pa min) <oder ml/min (??)> wiederum ist das Produkt aus der hydraulischen Konduktivität (hydraulische Leitfähigkeit, Durchlässigkeitsbeiwert; Einheit cm/min) und der Oberfläche (Einheit cm²) der glomerulären Kapillaren. Der Drucksaldo (Nettofiltrationsdruck; Einheit Pa) ist die Differenz der Drücke in den glomerulären Kapillaren (also hydrostatischer Druck plus kolloidosmotischer Druck) und in den Bowmanschen Kapseln (also kolloidosmotischer Druck plus hydrostatischer Druck).
b) Anmerkung: Die Einheiten-Rechnung ist hier fehlerhaft. Es muss also ein Fehler in der Definition des Autors Blooming Dedalus vom 24.6.2011 vorliegen. Hätte dieser anonyme Autor korrekt mit physikalischen Einheiten gerechnet, wäre ihm dieser Fehler gewiss auch aufgefallen. Aber vielleicht sind ja auch seine Quellen fehlerhaft.
c) Korrekte Antwort: Es wurde das Gesetz von Henry Darcy ("Les Fontaines Publiques de la ville de Dijon", Dalmont, Paris 1856) benutzt. Q = - (kA)(PB-PA)/µL mit Q = totaler Durchfluss (ml/min), k = Permeabilität des Mediums (cm²), A = Querschnittsfläche (cm²), (PB-PA) = Druckdifferenz (Pa), µ = Viskosität (minPa) und L = Länge des Druckabfalls (Fließstrecke in cm). Jetzt gilt ml/min = (cm² cm² Pa):(Pa min cm). Quod erat demonstrandum. Quelle: www.wikipedia.org (englisch); Stichwort Darcy's Law.
d) Das zitierte Darcy-Gesetz ist nicht identisch mit der Darcy-Weisbach-Gleichung, welche nicht von Henry Philibert Gaspard Darcy (10.6.1803 bis 3.1.1858), sondern von Jean Francois d'Aubuisson de Voisin und Julius Weisbach entwickelt wurde. (Quelle: www.wikipedia.de). Außerdem unterscheiden sich Darcy-Gesetz und Darcy's Law in mehreren Punkten.
e) Es folgt die Berechnung der Einheiten nach dem Darcy-Gesetz. Q = -kA(hB-hC)/L mit Q = Durchflussrate (ml/min), k = Durchlässigkeitsbeiwert (cm/min), A = Gesamtquerschnitt (cm²), L = Fließstrecke (cm) und (hB-hC) = Standrohrspiegelhöhendifferenz (cm). Also ml/min = (cm cm² cm):(min cm); quod erat demonstrandum.
f) Der totale Durchfluss Q entspricht der GFR und wird auch als Durchflussrate oder kurz Flussrate bezeichnet. Es finden sich auch die Kürzel q/t oder dQ/dt. Immer ist die Einheit Volumen pro Zeit, also zum Beispiel ml/min.
Z) a) Bei Klärwerken (vergleiche unten Kapitel 3 Absatz 49) ist die Filtrationsleistung aus mehreren Gründen nach oben begrenzt (Volumen der Klärbecken, Aktivität der Mikroorganismen, Sedimentationsgeschwindigkeiten von Schweb- und Schwimmstoffen, Kinetik der Fällungsreaktionen). Bei den Nieren hängt die Filtrationsrate dagegen hauptsächlich auch von der Herzleistung ab. Bei Tachykardien erhöhen sich das Herzzeitvolumen und damit die Nierendurchblutung und also auch die GFR. Beweis: Polyurie bei Tachykardie (siehe englische Wikipedia, nicht in der deutschen Wikipedia erwähnt). Alle Patienten mit einer paroxysmalen (intermittierenden) Tachyarrhythmia absoluta bei einem Vorhofflimmern haben zu Beginn der Arrhythmiephase eine Pollakisurie mit Polyurie. - Klärwerke können ihre Normalkapazität (Nennleistung) kaum erhöhen. Die Nierenleistung kann dagegen in großen Grenzen schwanken; solche Schwankungen sind unabhängig von der Filtrationsleistung der Nieren. Schwankungen der GFR hängen also sowohl von der Herzleistung wie auch von der Nierenfunktion ab. - Dieser Zusammenhang wird in der nephrologischen Fachliteratur kaum beachtet. Die Konzentration von endogenen und exogenen Markern mit renaler Elimination hängt auch von der Herzleistung ab. Vermehrte Herzarbeit erhöht sowohl die Produktion wie auch die Ausscheidung zum Beispiel von Kreatinin. Eine Herzinsuffizienz kann eine Niereninsuffizienz vortäuschen.- Siehe dazu auch Kapitel 6 Absatz 117.
b) "Die Clearance ist Ausdruck der Ausscheidungssgeschwindigkeit (niedrige Clearance = langsam, hohe = schnelle renale Ausscheidung, wichtig für Medikamente, z. B. der Antibiotica)." Quelle: Willibald Pschyrembel: "Klinisches Wörterbuch", zuerst 85. bis 99. Auflage, Berlin 1951, Seite 150. Diese wichtige Erklärung findet sich unter dem Stichwort "Clearance" nur noch bis zur 253. Auflage 1977. - Hier wird die filtrative Nierenfunktion richtig mit der Geschwindigkeit verglichen, weil beide Größen die Zeit im Nenner haben. Falsch ist jedoch das Wort Ausscheidung, weil eine eventuelle tubuläre Rückresorption eine Ausscheidung beeinträchtigen könnte. Vermutlich wurde deswegen ab der 254. Auflage 1984 dieser Vergleich weggelassen.
Zuletzt ergänzt am 26.2.2012, am 3.3.2012, am 30.3.2012, am 3.4.2012, am 6.4.2012, am 9.4.2012, am 15.4.2012, am 22.4.2012, am 6.5.2012, am 25.5.2012, am 4.6.2012, am 9.7.2012, am 10.7.2012, am 11.7.2012, am 14.7.2012, am 16.7.2012, am 17.7.2012, am 11.8.2012, am 6.9.2012, am 16.9.2012 und am 13.10.2012, am 23.11.2012, am 24.11.2012, am 26.11.2012, am 21.12.2012, am 16.5.2013, am 30.6.2013, am 7.8.2013, am 21.9.2013, am 25.4.2014, am 12.11.2014 und am 22.4.2015
zuletzt korrigiert am 27.2.2012, am 6.9.2012, am 21.5.2013 und am 23.6.2013
KAPITEL 3
APPENDIX: Normierung
Manche Autoren wollen das errechnete oder geschätzte Ergebnis der GFR auf die vor 1927 in den USA bei Erwachsenen übliche Körperoberfläche KOF (englisch: BSA = body surface area) beziehen. Sie wollen also folgende Frage beantworten: Welche Nierenfunktion hätte ein gesundes oder krankes Individuum, wenn es ceteris paribus eine Körperoberfläche von 1,73 m² hätte? Vorausgesetzt wird dabei eine Proportionalität zwischen Nierenfunktion und Körperoberfläche. Ein solches Vorgehen bezeichnen diese Autoren als Standardisierung, Anpassung, Adaptation, Adaptierung, Indexierung, Normalisation, Normalisierung, Transformation, Umrechnung, Transformierung, Adjustierung, Referenzierung, Relativierung, Skalierung, Spezifizierung, Kalibrierung, Korrelation, Korrelierung, Korrektion, Korrigierung oder Korrektur auf die Körperoberfläche (zum Beispiel bei www.laborlexikon.de). Korrekt wäre die Bezeichnung Normierung. Der einzige Sinn einer solchen Normierung ist eine bessere Vergleichbarbeit, wenn man den Patienten einem der fünf Stadien der chronischen Niereninsuffizienz zuordnen will. Vor dieser Stadieneinteilung ist immer zwingend eine Normierung durchzuführen. Außerdem gibt es Tabellen mit den Normalwerten. Diese Normalwerttabellen sind nicht zu verwechseln mit einer Zuordnung des Patienten in eines der fünf Stadien der Niereninsuffizienz. Diese Normalwerttabellen verlangen in der Regel keine Normierungen; es mag jedoch Ausnahmen geben.
Die wahre, exakte, kalkulierte, reale, formale, richtige, echte, rohe, tatsächliche, wirkliche gemessene oder geschätzte GFR wird auch als absolute GFR bezeichnet, im Gegensatz zur normierten GFR(1,73 m²/BSA), welche dann als relative GFR bezeichnet werden könnte.
Sprachlicher Hinweis: Die Adaptierung der Nierenfunktion eines Patienten an einen Standard heißt Normierung. Das Ermitteln und Festlegen dieses Standards heißt Standardisierung. Die GFR wird also auf die Standardkörperoberfläche von 1927 normiert. Durch mathematische Transformierung kommt es zu einer Relativierung der GFR. Das ist keine Korrektur. Denn sowohl die absolute GFR wie auch die relative GFR müssen korrekt ermittelt werden.
Etymologie: Normieren heißt vereinheitlichen. "Normieren ist ein Verbum aus lateinisch normare, transitiv, der Norm gemäß einrichten; intransitiv, als Norm gelten" (Zitat: Jacob Grimm und Wilhelm Grimm: "Deutsches Wörterbuch", Band 13, Spalte 900). "Norm = Vorschrift, Regel, Richtschnur" (Zitat: Johann Georg Krünitz: "Oekonomische Encyklopädie", Band 102, Seite 670).
Hinweis: Lateinisch norma = Winkelmaß, Richtschnur, Maßstab, Regel, Vorschrift. - Das Normieren darf nicht mit dem Normalwertbereich in der Medizin verwechselt werden; dort spricht man besser von Referenzwerten als von Normalwerten.
Erklärung: Bei der Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) werden sowohl die Körperoberfläche des Patienten wie auch seine Nierenfunktion multiplikativ im Verhältnis (1,73 m²/KOF) verändert. Aus dem realen Patienten mit seiner wirklichen KOF und mit seiner tatsächlichen GFR wird also eine fiktive Person mit einer Standardkörperoberfläche von 1,73 m² und mit einer im Verhältnis (1,73 m²/KOF) angepassten relativen Nierenfunktion GFR(1,73 m²/KOF).
Bei der Normierung ist folgendes zu beachten:
1.) Die Einheit der Nierenfunktion ml/min ändert sich nicht. Man muss jedoch streng unterscheiden zwischen Schätzformel, Maßeinheit und Normierung. - Erinnert sei
auch an die physikalische Binsenweisheit: "Jede physikalische Größe ist das Produkt aus einem Zahlenwert und einer Einheit. Abgeleitete Größen haben Einheiten, die aus den Einheiten der
Grundgrößen hergeleitet werden." (Zitat: Heinz Gascha: "Physikformeln leicht gemacht", Köln 1992, Seite 9). - Beim Rechnen muss man in der Physik (und in der Physiologie) also
gewissermaßen immer zweimal rechnen: einmal mit Zahlen und einmal mit Einheiten. Beide Berechnungen müssen korrekt sein. Das Ergebnis beim Einheiten-Rechnen muss bei der
Nierenfunktion immer ml/min sein. Und das Ergebnis beim Zahlen-Rechnen ist entweder die wahre oder aber die normierte Glomeruläre Filtrationsrate. - Ein schönes
Beispiel für den Zwang zum Zweimalrechnen findet sich bei Wikipedia beim Stichwort Maßeinheit, wo Fuß/Minute in Knoten umgerechnet wird.
2.) Wenn man die GFR durch die Körperoberfläche dividiert (GFR/KOF), erhält man eine nicht gewünschte Normierung auf einen Quadratmeter Körperoberfläche. (Nur hier wäre die Einheit (ml/min)/m² = ml/m²min = µm/min sinnvoll.) Diesen Fehler macht zum Beispiel wiederholt auch Olav Hagemann in seinem www.laborlexikon.de. Siehe aber unten im Absatz 38 den Unterschied zwischen Human- und Tiermedizin. - Siehe unten Absatz 54.
3.a) Wenn man die GFR mit 1,73 m²/KOF multipliziert, erhält man eine Normierung auf die vor fast einhundert Jahren in den USA bei Erwachsenen übliche Körperoberfläche. Die Quadratmeter in Zähler und Nenner verschwinden durch Kürzung. Die Einheit ist also ml/min.
3.b) Anmerkung: Statt mit einem Bruch zu multiplizieren, kann man auch durch dessen Kehrwert dividieren:
GFR(1,73 m²/KOF) = GFR/(KOF/1,73 m²). Auch hier ist die Einheit ml/min.
3.c) "Um die Ergebnisse der Clearanceuntersuchungen in allen Altersstufen vergleichbar zu machen, werden sie nicht als Absolutwerte angegeben, sondern jeweils auf 1,73 m² Körperoberfläche, die durchschnittliche Körperoberfläche des Erwachsenen, bezogen." Zitat: "Kinderheilkunde", herausgegeben von Gustav-Adolf von Harnack, 3. Auflage, Berlin, Heidelberg, New York 1974, Seite 346.
3.d) "Üblicherweise wird die GFR auf eine Standardkörperoberfläche von 1,73 m² umgerechnet." Zitat: "Pathophysiologie", Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, Stuttgart, New York 1981, Seite 358.
3.e) "Umrechnung der Clearance-Werte auf die Körperoberfläche 1,73 m² des Standardmenschen." Zitat: Maxim Zetkin und Herbert Schaldach: "Wörterbuch der Medizin", 15. Auflage, Berlin 1992, Seite 1482.
3.f) "Die Ergebnisse der Clearanceuntersuchungen werden auf die Norm der Körperoberfläche (1,73 m²) bezogen." Zitat: "Klinisches Labor", 12. Auflage, E. Merck, Darmstadt 1974, Seite 308.
3.g) "Clearance-Wert berechnen: Normal 90 bis 130 ml/min bezogen auf die Körperoberfläche des Erwachsenen von 1,73 m²." Zitat: Georg-Wilfried Schmidt: "Leitfaden der Säuglings- und Kinderheilkunde", 5. Auflage, Köln-Mülheim 1981, Seite 310.
3.h) "Die errechneten Clearancewerte werden auf 1,73 m² Körperoberfläche umgerechnet." Zitat: "Untersuchungsmethoden und Funktionsprüfungen in der inneren Medizin", herausgegeben von Hans Adolf Kühn und Hanns-Gotthard Lasch, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York 1983, Seite 464.
3.i) "Der gefundene Wert muss, um vergleichbar zu sein, auf eine Körperoberfläche von 1,73 m² bezogen werden, zum Beispiel muss man bei einem neunjährigen Kinde mit der berechneten Körperoberfläche von 0,94 m² den Wert mit 1,73 multiplizieren und durch 0,94 dividieren." Zitat: "Klinisches Wörterbuch" von Willibald Pschyrembel, 123.- 153. Auflage, Berlin 1959, bis 253. Auflage, Berlin und New York 1977, jeweils beim Stichwort Clearance. Erste Anmerkung: Dieser wichtige Hinweis fehlt seit der 254. Auflage, Berlin und New York 1982. - Zweite Anmerkung: Siehe jedoch unten Kapitel 6 Absatz 5.
3.j) Schon am 21.8.1928 findet sich von Eggert Möller (Eggert Hugo Heiberg Møller (*1893) aus Hellerup in Dänemark), J. F. McIntosh und Donald Dexter van Slyke der Hinweis: "For subjects differing markedly from usual adult size, a correction is introduced by multiplying the observed volume by the factor 1,73/sq.m. surface area." (Quelle: "Studies of Urea Excretion II - Relationship Between Urine Volume and the Rate of Urea Excretion by Normal Adults", Seite 430). Schon damals wurde übersehen, dass aus mathematischen Gründen und besonders aber auch zur Kenntlichmachung immer beide Seiten der Gleichung mit dem Normierungsbruch multipliziert werden müssen. Außerdem bleibt unklar, ob mit "square meter surface area" eine Körperoberfläche von einem Quadratmeter oder aber die tatsächliche Körperoberfläche des Individuums gemeint ist. - In dieser Arbeit wurde vermutlich erstmalig der Begriff Clearance in der Nierenphysiologie verwendet. Dass zu jeder physikalischen Größe auch eine korrekte Einheit gehört, wurde schon damals durchgängig nicht beachtet. - Ausführliche Quellenangabe unten in Kapitel 6 Absatz 87b.
3.k) Diese alten Zitate scheinen mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten. Wenn jedoch schon damals normierend umgerechnet wurde, fehlte wie heute fast immer der Hinweis auf die erfolgte Umrechnung zur Normierung.
4.) Bei Frühgeborenen mit einer Körperoberfläche von zum Beispiel nur 0,1 m² müsste man zur Normierung die ermittelte GFR mit 17,3 multiplizieren. Schon kleinste Abweichungen bei der Ermittlung der GFR können zu einer Einordnung in mehrere Stadien der Niereninsuffizienz führen.
5.) Man könnte auch anders normieren und fragen: Welche Körperoberfläche müsste ein Patient haben, damit seine ermittelte GFR in den Normbereich fällt?
6.) Die Einheit ml/(min/1,73 m²) = (ml/min) · (1,73 m²/1) könnte als Aufforderung zur Normierung verstanden werden. Man müsste nur 1 durch die tatsächliche KOF ersetzen. Ein solches Vorgehen wurde aber noch nie vorgeschlagen.
7.) Wichtig ist also die Frage, wer die Normierung durchführt: das Labor oder der Arzt? Das Labor kennt in der Regel weder Gewicht noch Größe des Patienten, kann das onkologische Nomogramm zur Ermittlung der Körperoberfläche also nicht einsetzen. Außerdem gelten auch für solche Nomogramme Ausnahmen und Einschränkungen (zum Beispiel Skoliosen, Fettschürzen, Dysmelie, Amputationen, Endoprothesen).
8.) Das Labor muss den Arzt also zur Normierung auffordern. Man hat jetzt also zwei Ergebnisse für die Nierenfunktion: ein errechnetes und ein normiertes. Beide müssen streng voneinander getrennt werden. Die Art der Normierung muss angegeben und extra gekennzeichnet werden.
9.) Eine (wie oben unter Nummer 3) durchgeführte Normierung muss immer wie folgt gekennzeichnet werden:
GFR (1,73 m²/KOF). Zahlenbeispiel: Aus der gemessenen oder geschätzten
GFR = 7 ml/min zum Beispiel eines Frühgeborenen mit einer Körperoberfläche KOF = 0,1 m² wird eine normierte GFR (1,73 m²/KOF) = GFR (1,73 m²/0,1 m²) = 7 (ml/min) · 17,3 = 121,1 ml/min. Aus dem Stadium 5 wird durch Normierung Stadium 1 der Niereninsuffizienz.
10.) Es muss verhindert werden, dass andere Ärzte weitere Normierungen vornehmen. Denn mehrfache Multiplikationen mit 1,73 m²/KOF verfälschen das Ergebnis weiter.
11.) Falsch wäre die Vermutung, dass das Labor automatisch eine Normierung auf eine übliche Körperoberfläche vornimmt. Das kann und darf das Labor gar nicht.
12.) Das Labor kann nur sagen, nach welcher Formel es die GFR ermittelt. Alle Voraussetzungen und Einschränkungen der verwendeten Formel müssen bekannt sein.
13.) Falsch wäre die Vermutung, dass die richtige Einheit ml/min nach einer erfolgten Normierung durch die falsche Einheit ml/min/1,73 m² ersetzt wird. Der Term zieht die Einheit nach sich, nicht umgekehrt.
14.) Normierungen sind grundsätzlich abzulehnen. Der Arzt soll seine Entscheidungen von der tatsächlichen Nierenfunktion seiner Patienten abhängig machen. (Ausnahmen siehe unten Nummer 30.)
15.) Deswegen verlangt keine der üblichen Schätz- und Messformeln eine zusätzliche Normierung. Im Gegenteil verfälschen alle Normierungen ein korrekt ermitteltes Ergebnis.
16.) Vor Verwendung einer Normalwert- oder Referenzwerttabelle muss der Arzt die Frage beantworten, ob nach der GFR oder aber nach der normierten GFR (1,73 m²/KOF) gefragt wird.
17.) Vor Verwendung einer Stadieneinteilungstabelle für Niereninsuffizienz muss der Arzt die Frage beantworten, ob nach der GFR oder nach der normierten GFR (1,73 m²/KOF) gefragt wird.
18.) Die Körperoberfläche ist von Alter, Gewicht, Größe, Rasse und Geschlecht abhängig. Diese biometrischen Parameter werden in einigen Schätzformeln oder Algorithmen ja schon berücksichtigt. So wird in der Kindernephrologie (zum Beispiel in den beiden Schätzformeln von Counahan-Barratt und von Schwartz) nicht nach dem Gewicht, sondern nach der Körpergröße gefragt. Eine Normierung würde zu einer doppelten Berücksichtigung dieser Parameter führen. - Siehe unten Absatz 43.
19.) Wenn man bessere Schätzergebnisse haben will, muss man bessere Schätzformeln entwickeln. Die üblichen Formeln berücksichtigen nur durchschnittliche gesunde oder kranke Individuen. Wünschenswert wären Schätzformeln vielleicht für bestimmte bereits bekannte Nierenkrankheiten oder aber für näher definierte Personengruppen. Ziel aller Formeln muss es aber immer sein, die Nierenfunktion korrekt zu beschreiben. So sollen zum Beispiel die Clearance von Cystatin C oder die Inulin-Clearance bei einigen Nierenkrankheiten die besten Resultate bringen. Auch wird gelegentlich die Clearance von Thiosulfat oder von Polyfructosan besonders empfohlen.
20.) Außerdem könnten in den bekannten Schätzformeln die Konstanten von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Wann wurde die Formel von Cockcroft und Gault zuletzt überarbeitet? Könnten kleine Änderungen der Zahlen 140, 72 und 15 bessere Ergebnisse liefern?
21.) Das Nomogramm zur Ermittlung der Körperoberfläche nach der Formel von Delafield Du Bois und Eugene F. Du Bois (Arch Intern Med XVII (6 2) : 863-871, 1916) wird bald einhundert Jahre alt. Es ist unabhängig vom Geschlecht. Eine 180 cm große Person hat danach dann eine Körperoberfläche von 1,73 m², wenn sie nur 56 kg wiegt. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Denn diese Standard-Person hat einen BMI = 17 kg/m². Wenn man eine Proportionalität zwischen BMI und KOF unterstellt, dann entspricht eine Normierung nach (1,73 m²/KOF) einer Normierung nach (17/BMI).
22.) Völlig systemwidrig ist der Vorschlag von Dimitrios Tsinalis und Isabelle Binet ("Beurteilung der Nierenfunktion", in: Schweizer Med Forum 2006;6, 414-419), bei Patienten mit wesentlich größerer oder kleinerer Körperoberfläche den von der MDRD-Formel geschätzten Wert auf die nicht korrigierte GFR zurückzurechnen. Beide fordern also eine zusätzliche rechnerische Nichtnormierung eines nicht normierten GFR-Wertes. Mehr Verwirrung geht kaum noch. - Siehe unten die Absätze 26 und 31.
23.) Zum Schluss aus didaktischen Gründen noch ein Gedankenexperiment: Einem nierengesunden Erwachsenen werden (in Blutleere) beide Beine amputiert.
a) Der Gradient G und damit der Filterwirkungsgrad ändern sich nicht. Die eigentliche Nierenfunktion bleibt also konstant.
b) Das Herzzeitvolumen und damit die Nierendurchblutung N erhöhen sich um vielleicht 15 Prozent.
c) Der Hämatokrit erhöht sich ebenfalls um vielleicht 15 Prozent. Die Differenz (1-HK) verringert sich um vielleicht 12 Prozent.
d) Dadurch (b und c) vergrößert sich die GFR geringfügig.
e) Durch eine Gewichtsreduktion von vielleicht 20 kg und eine Größenabnahme von vielleicht 90 cm vermindert sich nach dem Nomogramm die Körperoberfläche KOF um vielleicht 40 Prozent auf 60 Prozent.
f) Eine Normierung würde die GFR (1,73 m²/KOF) also weiter um 66,7 Prozent verbessern.
24.) Beim Normieren muss der Arzt also die vom Labor ermittelte GFR mit 1,73 m² multiplizieren und anschließend durch die nomographisch ermittelte KOF des Patienten dividieren. Die Hälfte dieser Rechenarbeit könnte das Labor dem Arzt theoretisch abnehmen. Das Labor würde dann dem Arzt den Term 1,73 m² · GFR zur weiteren Bearbeitung liefern.
Zahlenbeispiel:
Das Labor berechnet nach einer der bekannten Formeln eine GFR = 80 ml/min.
Es teilt dem Arzt jetzt mit:
1,73 m² · GFR = 80 (ml/min) · 1,73 m² = 138,4 m²ml/min.
Jetzt muss der Arzt diesen Ausdruck nur noch durch die KOF dividieren, um den Term GFR (1,73 m²/KOF) zu erhalten.
Ein solcher Vorschlag wurde aber noch nie gemacht.
25.) Große und schwere Menschen haben hohe GFR-Werte, kleine und leichte Menschen haben kleine GFR-Werte, nierengesunde Menschen haben hohe GFR-Werte, nierenkranke Menschen haben kleine GFR-Werte. Durch eine Normierung auf eine Durchschnittskörperoberfläche werden die Effekte von Größe und Gewicht beseitigt. Die so normierte GFR ist also mehr oder weniger umgekehrt proportional zur Schwere der Nierenkrankheiten.
26.) Der falsche Zusatz "/1,73 m²" kann Unwissende zu der irrigen Annahme verleiten, eine Normierung auf eine Durchschnittskörperoberfläche sei bereits durchgeführt worden. Dieser Irrtum kann nur vermieden werden, wenn beim Normieren der Term GFR rechnerisch durch den Term GFR (1,73 m²/KOF) ersetzt wird. - Diesen Fehler macht zum Beispiel Anders Grubb vom University Hospital in Lund (Schweden): "Tools for Calculating Robust Cystatin C and Creatinine Based Estimates of Relative GFR and for Calculating Absolute GFR from Relative GFR". Im Internet veröffentlichte er am 30.10.2011 eine Umrechnungsmaschine, die die relative GFR in die absolute GFR umrechnen soll. Offenbar will er eine nicht erfolgte Normierung durch Multiplikation der geschätzten GFR mit (BSA/1,73 m²) rückgängig machen. So wird die richtige GFR systematisch durch die falsche GFR(BSA/1,73 m²) ersetzt. Die falsche Einheit ml/min/1,73 m² ersetzt er dabei durch die richtige Einheit ml/min. Das Problem der Normierung hat er nicht verstanden. - Siehe oben Absatz 22 und unten Absatz 31.
27.) Unwissenschaftlich und deshalb abzulehnen ist ein Vermischen von Schätzformel und Normierung ohne Kenntlichmachung. Eine Multiplikation des Schätzalgorithmus mit (1,73 m²/KOF) muss immer erkennbar bleiben. Als negatives Beispiel sei genannt die Formel für die endogene Kreatininclearance in "Praxis der Nephrologie" von Christine K. Keller und Steffen K. Geberth (3. Auflage, Springer-Verlag, 2007, Seite 30). Die falsche Einheit ml/min/1,73 m² ist kein Ersatz für den fehlenden Faktor (1,73 m²/KOF) auf der linken Seite der Gleichung. Eine erfolgte Normierung muss immer sofort erkennbar sein. Aus der Kreatininclearance K wird die normierte Kreatininclearance K(1,73 m²/KOF). Eine erfolgte Normierung kann man aus der Nierenfunktionseinheit nie ablesen. Bei der multiplikativen Äquivalenzumformung einer Definitionsgleichung müssen immer beide Seiten der Gleichung mit demselben Faktor (hier mit dem Ausdruck 1,73 m²/KOF zur Normierung) multipliziert werden (mathematisches Basiswissen).
28.) Völlig unklar bleibt der wissenschaftliche Hintergrund der GFR-Schätzformel für Kinder nach Ghazali-Barratt aus dem Jahre 1974. Hier werden Alter, Gewicht, Körperoberfläche und Serumkreatinin in eine Schätzformel eingegeben. Das Körpergewicht wird also zweimal berücksichtigt. Nicht erkennbar ist, ob diese Formel gleichzeitig eine Normierung auf die Körperoberfläche von Erwachsenen beabsichtigt. Vermutlich gibt aber auch diese Formel nicht die GFR an, sondern (wie auch in dem Lehrbuch "Praxis der Nephrologie"; vgl. oben Nummer 27) die normierte GFR (1,73 m²/KOF). Auch hier findet sich die falsche Einheit ml/min/1,73 m². - Mehr zu diesem Problem findet sich in der folgenden Appendix Stadieneinteilung.
29.) Ein Großteil der aktuellen nephrologischen Diskussion befasst sich mit der Frage, in wie weit die einzelnen GFR-Schätzformeln zum Screening und zur Verlaufskontrolle von Nierenkrankheiten verwendet werden können. Die viel wichtigere Frage der Normierung wird noch nicht einmal am Rande diskutiert. Wenn in den Schätzformeln nach Größe und Gewicht (oder nach der Körperoberfläche) gefragt wird, ist vielleicht davon auszugehen, dass die Formel nicht die GFR, sondern die normierte GFR (1,73 m²/KOF) errechnen soll; vermutlich gibt es aber auch Schätzformeln für die GFR, die nach Größe und Gewicht oder nach der Körperoberfläche als Parameter fragen, ohne eine Normierung auf eine Standardkörperoberfläche anzustreben. Wenn Schätzformeln oder Algorithmen mit Exponenten und Konstanten arbeiten, ist nicht zu erkennen, ob sie die GFR oder die normierte GFR (1,73 m²/KOF) liefern. Sogar die USA-Leitlinien zur GFR-Schätzung gehen auf dieses Problem nicht ein; deutsche Leitlinien zur Nierenfunktionsmessung existieren noch nicht. Wenn man die Ergebnisse einer Schätzung diskutiert, muss man sich doch zuvor fragen, was überhaupt geschätzt werden soll. Der Unterschied zwischen GFR und GFR (1,73 m²/KOF) kann sehr groß sein.
30.) Eine Umrechnung der tatsächlich gemessenen oder geschätzten GFR auf die normierte GFR(1,73 m²/KOF) ist zwingend erforderlich, wenn
a) die internationalen Leitlinien beachtet werden sollen,
b) eine korrekte Stadieneinteilung vorgenommen werden soll,
c) die ICD-10-Klassifikation vorgenommen werden soll,
d) über die Indikation für eine Nierenersatztherapie entschieden wird,
e) eine interindividuelle Vergleichbarkeit von GFR-Werten angestrebt wird,
f) in den USA die Erstattung der Therapiekosten von der GFR abhängt.
Eine Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) ist dagegen meistens verboten (siehe unten Absatz 51), wenn
a) die Dosierung von renal eliminierten Chemotherapeutika errechnet wird,
b) die Kontraindikation eines Medikamentes von der Nierenfunktion abhängt,
c) renal eliminierte Medikamente oder Giftstoffe akkumulieren können,
d) potenziell nephrotoxische Substanzen beurteilt werden sollen,
e) die Qualität eines Dialyseverfahrens bewertet werden soll.
31.) Unverständlich ist die Schätzformel von Roger Woodham Jelliffe (Letter: Creatinine Clearance: bedside estimate. Ann Intern Med 79 (1973) : 604-605). Hier (zitiert nach: J Am Soc Nephrol 13 : 2140-2144, 2002, Tabelle 1) finden sich die Körperoberfläche des Patienten im Zähler und die Standardkörperoberfläche von 1,73 m² im Nenner. Vermutlich hat Roger Woodham Jelliffe Zähler und Nenner verwechselt. Oder will er eine nicht erfolgte Normierung rückgängig machen? - Siehe oben die Absätze 22 und 26.
32.) Ein anderer unverständlicher Fehler findet sich in dem Aufsatz "Renal Function Equations before and after Living Kidney Donation" von Hilde Tent et al. (in: Clin J Am Soc Nephrol; November 2010; 5(11) : Seiten 1960 - 1968). Die gemessene GFR wird zur Normierung korrekt mit (1,73 m²/BSA) multipliziert. Die linke Seite der Gleichung wird jedoch als GFR/BSA bezeichnet. Das Prinzip der multiplikativen Äquivalenzumformung wird nicht beachtet.
33.) Wenn man eine Normierung nach dem Term GFR(1,73 m²/KOF) rückgängig machen will, muss man beide Seiten der Gleichung mit dem Kehrwert (KOF/1,73 m²) multiplizieren. So wird aus GFR(1,73 m²/KOF) wieder der Term GFR. Die Einheit ist in beiden Fällen ml/min.
34.) Wenn man die GFR auf eine Körperoberfläche von einem Quadratmeter beziehen will, muss man beide Seiten der Gleichung durch die tatsächliche Körperoberfläche des Patienten dividieren. So wird aus der GFR die GFR/KOF. Jetzt lautet die korrekte Einheit (ml/min)/m² = ml/(m²min) = µm/min. Siehe oben Nummer 2, aber auch Nummer 24. - Man kann den Term GFR/KOF als Zwischenergebnis auf dem Weg zur Normierung betrachten. Der nächste Schritt ist eine Multiplikation beider Seiten der Gleichung mit der veralteten Standardkörperoberfläche von 1,73 m². - Siehe unten Absatz 54.
35.) Wertlos ist die Arbeit von Renate Jolanda Bosma et alii "Predictive Performance of Renal Function Equations in Renal Transplant Recipients: An Analysis of Patient Factors in Bias", American Journal of Transplantation (Volume 5, Issue 9, pages 2193 - 2203, September 2005), weil das Problem der Normierung nicht thematisiert wird. Es werden 18 verschiedene GFR-Schätzformeln mit der wahren Isotopen-GFR verglichen. Die richtige Einheit ml/min verwenden die Formeln nach Baracskay, Bjornsson, Cockcroft-Gault, Edwards-Whyte, Mawer, Nankivell und Salazar-Corcoran. Die falsche Einheit ml/min/1,73 m² verwenden die Formeln nach Agarwal-Nicar, Gates, Jelliffe, MDRD, Nguyen, Rule und Toto. Völlig unverständliche abweichende Einheiten haben die Formeln nach Hull (ml/min/70 kg) und Walser (ml/min/3 m²). So fällt auch das Ergebnis der Arbeit aus: Alle Schätzformeln haben nur eine geringe Aussagekraft. Hätte man jeweils die korrekte Körperoberfläche von allen 798 Patienten im Sinne einer Normierung nach dem Term GFR(1,73 m²/KOF) berücksichtigt, wäre das Ergebnis vermutlich wesentlich besser gewesen. Ausnahme: Die Formel von Salazar-Corcoran sowie die beiden Formeln von Nankivell fragen ausdrücklich nach Größe und Gewicht; es ist also vielleicht davon auszugehen, dass eine Normierung auf die alte Standardkörperoberfläche im Algorithmus enthalten ist. Das wird jedoch nicht durch den korrekten Term GFR(1,73 m²/KOF) zum Ausdruck gebracht.
36.) Die Dosis von Chemotherapeutika in der Onkologie wird üblicherweise auf die Körperoberfläche oder aber nach der Pharmakokinetik als Integral auf die Area under the curve (AUC) bezogen. Carboplatin zum Beispiel wird hauptsächlich renal eliminiert; man spricht von der Carboplatin-Clearance. Deswegen sind Algorithmen zur Dosisfindung in Abhängigkeit von der Nierenfunktion entwickelt worden. Dafür wird die GFR ermittelt nach den Schätzformeln von Cockcroft-Gault, Chatelut, Sanaka, Schwartz, Cole, Léger, Marina, Newell, Jelliffe oder Wright. Komplizierte Computerprogramme kombinieren die GFR-Formeln mit den Dosierungsformeln. Soweit ersichtlich wird eine sinnvolle Normierung nach dem Term GFR(1,73 m²/KOF) nie vorgenommen. Im Gegenteil wird gelegentlich fälschlich nach GFR(KOF/1,73 m²) normiert (zum Beispiel im "Carboplatin Dose Calculator" von Lawrence Brian Afrin et alii, Medical University of South Carolina, Januar 1998). Vor der ungeprüften Verwendung von solchen fehlerhaften Algorithmen warnen sogar die Autoren selbst!
37.) Fehler beim Normieren fallen auf den ersten Blick nicht immer sofort auf. Denn die Brüche 1,73 m²/KOF und KOF/1,73 m² liegen im Ergebnis bei Erwachsenen meistens nahe bei 1. Ob man nicht oder richtig oder falsch normiert, ändert bei Erwachsenen am Ergebnis oft relativ wenig. Ebenso ist eine Falschnormierung nach dem Term GFR/KOF nicht sofort am unplausiblen Ergebnis erkennbar, wenn die KOF zum Beispiel bei größeren Kindern nahe bei 1 m² liegt. Anders dagegen in der Pädiatrie bei Säuglingen und Kleinkindern. Hier kann schon der erste Anschein einen Hinweis auf eine falsche oder eine nicht erfolgte Normierung ergeben, sofern keine schwere Niereninsuffizienz vorliegt. Siehe dazu oben die Absätze 4 und 9 sowie unten in der Appendix Stadieneinteilung die Absätze 14 bis 16. Trotzdem muss, falls erforderlich, immer korrekt nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden.
Anmerkung: Der Term GFR/1,73 m² ist überhaupt keine Normierung, sondern eine unsinnige Division durch eine Konstante ohne jede Aussagekraft. Nur wenn die Person eine Körperoberfläche von BSA = 1,73 m² hätte, wäre GFR/1,73 m² = GFR/BSA eine Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von genau einem Quadratmeter. Diesen doppelten Denkfehler hat offenbar Andrew Simon Levey gemacht (siehe oben die Absätze W und X im Hauptaufsatz). Insofern ist sogar die Relevanz der beiden MDRD-Formeln fraglich. - Siehe unten Absatz 54.
38.) In der Tierheilkunde wird zum Beispiel die Clearance von Iohexol, Iothalamat und Sinistrin bestimmt. Als Einheit findet man µl/min/g = ml/min/kg. Das Problem der fehlenden Klammern existiert also auch in der Veterinärmedizin. Normiert wird offenbar auf ein Körpergewicht KG von einem Kilogramm, indem man die GFR (Einheit ml/min) durch das Tiergewicht KG (Einheit kg) teilt. Deswegen müssen µl/min/g durch (µl/min)/g = µl/gmin und ml/min/kg durch (ml/min)/kg = ml/kgmin ersetzt werden. Alle diese Einheiten entsprechen
(l/t)/min = (ml/kg)/min = (µl/g)/min = (l/min)/t = l/tmin (also Liter pro Tonnenminute).
(Anmerkung: Wenn man eine Dichte des Plasmas von 1 l = 1 kg unterstellt, entspricht ein Liter pro Tonnenminute dem Kehrwert einer Milliminute.)
Durch Normierung wird aus dem Term GFR also der Term GFR/KG mit der Einheit l/tmin. Dringend empfohlen wird jedoch wie oben in Absatz 2 bei Tieren anders als bei Menschen eine Normierung der GFR auf eine Standardkörperoberfläche von einem Quadratmeter nach dem Term GFR/KOF mit der Einheit (ml/min)/m² = ml/m²min = µm/min, indem man die gemessene oder geschätzte GFR (Einheit ml/min) des Tieres durch dessen Körperoberfläche (Einheit m²) dividiert.
Eine grundlegende Diskussion der Frage nach der richtigen Normierung der Nierenfunktion bei Hunden findet sich bei J. M. Tanner: "Fallacy of Per-Weight and Per-Surface Area Standards, and Their Relation to Spurious Correlation", Journal of Applied Physiology, Volume 2, July 1949, Number 1, pages 1 - 15. Allgemein, also auch mit Geltung für Menschen, wird gefragt, ob die Nierenfunktion besser auf das Körpergewicht oder auf die Körperoberfläche bezogen wird. Zahlenbeispiele, Formeln und Einheiten fehlen jedoch. - Siehe unten Absatz 54.
39.) Eine weitere völlig unsinnige Studie ist: "Predictive performance of 12 equations for estimating glomerular filtration rates in severly obese patients" von Ary Serpa Neto et alii vom 15.2.2011, in: Einstein 2011; 9 (3 Pt 1): 294-301. Hier werden zwölf GFR-Schätzformeln bei brasilianischen Adipösen verglichen. Eine sinnvolle Normierung nach GFR(1,73 m²/BSA) erfolgt nicht. Unklar bleibt, ob nach der Körpergröße H oder aber nach dem Quadrat H² der Körpergröße normiert wird.
GFR/H hätte die Einheit (ml/min)/m, GFR/H² hätte die Einheit (ml/min)/m² = µm/min.
Neben der Einheit (ml/min)/m² = µm/min findet sich noch die unverständliche Einheit ml/min/m. Außerdem findet sich in den 12 Schätzformeln fünfmal der Faktor (BSA/1,73). Unklar bleibt, ob es sich dabei um eine Falschnormierung oder um eine Rückgängigmachung einer nicht erfolgten Normierung handeln soll. So ist die Arbeit völlig unbrauchbar. Sie vergleicht die Schätzformeln von Jackson-Pollock, Sobh, Jelliffe, Mawer, Gates, Bjornsson, Davies-Chandler, Hull, MDRD (modification of diet in renal disease), Cockcroft-Gault, Salazar-Corcoran und Cockcroft-Gault-FFM (fat free mass) miteinander und kommt zu dem nicht überraschenden Ergebnis, dass alle Schätzformeln unzuverlässig sind. Hätte man richtig normiert, wären die Ergebnisse besser!
40.) Giancarlo Ruggieri "The difficulty to have a really correct measure and estimate of the actual Body Surface Area (BSA) can induce misconstruction of actual renal function and of the best dialysis prescription when indexed on BSA" (trabajos.cin2011.uninet.edu) thematisiert das Problem der Körperoberflächenermittlung beim Normieren der GFR. Den Term GFR(1,73 m²/BSA) verwendet er jedoch nicht.
41.) Manche normieren anders, zum Beispiel durch Division durch den Body Mass Index nach der Formel GFR/BMI mit der Einheit (ml/min)/(kg/m²). Folkert W. Visser et alii dividieren durch die Extrazellularflüssigkeit EZF (extracellular fluid volume ECFV) nach der Formel GFR/ECFV mit der Einheit (ml/min)/ml = 1/min ("Feasibility and Impact of the Measurement of Extracellular Fluid Volume Simultaneous with GFR by 125-I-Iothalamate" in: Clin J Am Soc Nephrol. 2008 September 3 (5): 1308-1315).
42. a) Beim Normieren steht die Körperoberfläche des Patienten im Nenner. Diese Körperoberfläche wird in Abhängigkeit von Größe und Gewicht rechnerisch, nomographisch oder tabellarisch ermittelt. Manche Ärzte wollen nun aber statt des tatsächlichen Körpergewichtes ein individuelles Zielgewicht (Idealgewicht, Normalgewicht, Durchschnittsgewicht; Trockengewicht, Sollgewicht, Dialysesollgewicht) berücksichtigen. Eine so ermittelte fiktive normierte Glomeruläre Filtrationsrate hat aber mit Nephrologie nichts mehr zu tun. Sie würde die Frage beantworten: Welche GFR hätte ein Nierenkranker im Verhältnis zum US-Durchschnittserwachsenen von 1927, wenn er ein anderes Gewicht und eine andere Größe hätte? Erinnert sei an die allgemeine Definition des Idealgewichtes als das Gewicht, mit dem Menschen, Tiere und Pflanzen am ältesten werden, also die kleinste Mortalität haben. - Quelle: "Idealgewicht: Gewicht mit der höchsten Lebenserwartung" (also mit der kleinsten Sterblichkeit); Zitat: "Geigy: Wissenschaftliche Tabellen", 7. Auflage, Documenta Geigy, Wehr (Baden) 1968, Seite 701.
b) Definition des Trockengewichts: "Unter dem Trockengewicht versteht man im Bereich der Dialyse das Gewicht, welches der behandelte Patient nach der Entfernung überschüssiger Flüssigkeit am Ende der Hämodialyse erreichen sollte." Zitat: Stefan Nunnenkamp: "Das Trockengewicht - der unterschätzte (?) Risikoparameter!", in: Diatra Journal - Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation, Heft 3/2013, Seiten 22 bis 24, Seite 22.
43.) In der Originalarbeit von Counahan-Barratt vom 20.2.1976 (Counahan, R. et alii: "Estimation of glomerular filtration rate from plasma creatinine concentration in children", Archives of Disease in Childhood, 1976, 51, pages 875 - 878) wird korrekt auf eine notwendige Normierung hingewiesen. Der verwendete Term GFR/SA (SA = surface area = body surface area = BSA = KOF = Körperoberfläche nach Du Bois und Du Bois) bezeichnet jedoch eine Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von genau einem Quadratmeter, was bei Kindern nicht unüblich wäre. Völlig unklar bleibt aber, ob diese GFR/BSA nach R. Counahan und T. M. Barratt et alii noch mit 1,73 m² multipliziert werden soll, um die übliche normierte GFR(1,73 m²/BSA) zu erhalten. Die falsche Einheit ml/min per 1,73 m² hilft nicht weiter. - Auch in der Originalarbeit von G. J. Schwartz et alii ("A Simple Estimate of Glomerular Filtration Rate in Children Derived From Body Length and Plasma Creatinine", Pediatrics, Volume 58, No. 2, August 1, 1976, pp. 259 - 263) wird die falsche Einheit ml/min/1,73 m² verwendet. Das Problem der Normierung wird nicht erwähnt. - Zur Einheit der Konstanten k in beiden Formeln siehe Absatz 11 im Epilog.
44.) Kritik am bisherigen Konzept der Körperoberfläche:
a) "Durchschnittlich beträgt die Körperoberfläche 1,7 m²." (Zitat: Wikipedia: Körperoberfläche, 15.11.2010, meine Kritik vom 10.2.2012). Eine Quellenangabe für diese unübliche Angabe fehlt noch immer. Der Mittelwert für alle sieben Milliarden Menschen könnte heute vielleicht wirklich 1,70 m² betragen. In Industrieländern dürfte heute aber bei erwachsenen Männern und Frauen die durchschnittliche Körperoberfläche wesentlich größer als 1,73 m² sein. Denn bereits 1927 lag in den USA vor der Weltwirtschaftskrise bei Erwachsenen der Mittelwert bei 1,73 m². Seither haben Größe und Gewicht in den Industrieländern erheblich zugenommen. Der Mittelwert für alle Menschen hängt in erster Linie von der Altersverteilung der Bevölkerung ab. Je mehr Kinder, desto kleiner die mittlere Körperoberfläche. Je weniger Kinder, desto größer die mittlere Körperoberfläche.
b) Außerdem muss noch geklärt werden, wie die Körperoberfläche ermittelt wird. Bei Wikipedia finden sich dazu zehn Formeln; alle fragen nur nach Größe und Gewicht. Fraglich bleibt, wie folgender Sachverhalt berücksichtigt wird: Ein quadratisches Hautstück mit einer Kantenlänge von zehn Millimetern hat eine wesentlich größere Oberfläche als ein Quadratzentimeter, weil sowohl Ein- wie auch Ausbuchtungen die Oberfläche vergrößern. Ein Saldo zwischen negativen Ein- und positiven Ausbuchtungen darf eben nicht gebildet werden. Ich schätze die dadurch bedingten Abweichungen bei Lupenvergrößerungen auf mindestens zehn Prozent. Licht- und elektronenmikroskopische Vergrößerungen zeigen noch viel mehr Unregelmäßigkeiten, die insgesamt die Oberfläche noch viel mehr vergrößern. Wie weit soll mikroskopiert werden? Verkleinerungen gibt es dagegen nur selten, zum Beispiel bei Kontrakturen oder Verbrennungen. Und hat man sich auf das Weglassen der verschiedensten Hautanhangsgebilde (wie Haare) geeinigt? Außerdem besteht ein Unterschied zwischen In- und Exspiration. Exsikkosen verkleinern Gewicht und Oberfläche. Ödeme vergrößern Gewicht und Oberfläche.
c) Alle bekannten Formeln verlangen die Angabe von Größe und Gewicht. Das Nacktgewicht ohne Exoprothesen ist schwer zu ermitteln. Endoprothesen verändern das Gewicht, aber nicht immer auch die Oberfläche. Auch die Körpergröße unterliegt deutlichen Tagesschwankungen.
d) Die angegebenen Schätzformeln für die Körperoberfläche gelten wohl nicht für Menschen mit Fettschürzen oder mit Dysmelien sowie nach beiderseitigen Beinamputationen. Gibt es noch andere Ausnahmen? Nach erheblichen Gewichtsreduktionen verkleinert sich bei Erwachsenen das Körpergewicht erheblich, nicht aber die Hautoberfläche. Kosmetische Operationen können kompensieren. Gravide (lateinisch: gravis = schwer) sind schwerer als Nichtschwangere.
e) Die Körperoberfläche ist wichtig bei der Dosierung von Krebsmedikamenten. Häufiger wird die Körperoberfläche aber zur Normierung der Nierenfunktion benötigt. Siehe dazu die Absätze 21 oben im Kapitel Normierung und 5 unten im Kapitel Stadieneinteilung. Vergleiche außerdem Kapitel 6 Absatz 115.
f) Die Körperoberfläche wird dagegen nicht für den Quetelet-Index (body mass index, BMI) verlangt. Dort wird nach dem Quadrat der Körpergröße und nicht nach der Körperoberfläche gefragt. Diese Verwechslung ist häufig. Irrtümlich liest man in vielen BMI-Formeln die verwirrende Angabe "Körpergröße in Quadratmetern" statt richtig "(Körpergröße in Metern) zum Quadrat". Klammern sind also auch hier wichtig.
45.a) Irrtümlich glauben viele Nephrologen, bei Verwendung der Cockcroft-Gault-Formel nicht mehr nach GFR(1,73 m²/KOF) normieren zu müssen, weil diese Formel das Körpergewicht des Patienten bereits berücksichtigt.
Irrtümlich glauben viele Kindernephrologen, bei Verwendung der Formeln nach Schwartz oder nach Counahan-Barratt nicht mehr nach GFR(1,73 m²/KOF) normieren zu müssen, weil diese Formeln die Körpergröße der Patienten bereits berücksichtigen.
Im Folgenden wird gezeigt, dass diese Auffassungen falsch sind. Eine einfache Erklärung ist, dass für die Ermittlung der Körperoberfläche immer Gewicht und Größe erforderlich sind. Wenn nur eines dieser beiden Daten bekannt ist, ist die Körperoberfläche nicht eindeutig bestimmt, weil die fehlende zweite Größe eine sehr große Schwankungsbreite hat. Also unterliegt auch die Körperoberfläche sehr großen Schwankungen. Zur Veranschaulichung braucht man sich nur die Zeilen oder aber die Spalten der Nomogramme anschauen. Es folgen eingehendere Begründungen, zuerst für Erwachsene, dann für Kinder.
b) Die Cockcroft-Gault-Formel besteht aus drei Faktoren nach dem Schema GFR = abc. Dabei sind
a der Altersfaktor (140 minus Alter)/72. Er schwankt ansteigend zwischen 0,5 bei 104-jährigen und fast 2,0 bei Neugeborenen. Im durchschnittlichen Patientenalter von 68 Jahren beträgt er 1,0. Die Begründung dafür findet sich oben im Absatz Z.
b der Nierenfaktor als Quotient aus Körpergewicht und Serumkreatininspiegel. Bei einem Kreatininwert von 1,0 mg/dl ist die Glomeruläre Filtrationsrate bei Männern mit dem Körpergewicht zahlenmäßig identisch.
c der Geschlechtsfaktor. Er ist bei Männern 1,00 und bei Frauen 0,85. Die Begründung dafür findet sich oben im Absatz Z. Mehr dazu auch oben in den Absätzen 18 und 43. Bei Kindern ist der Geschlechtsfaktor im Korrekturfaktor k enthalten.
Cockcroft und Gault haben also für nierengesunde Männer im üblichen Alter eine Gleichheit (Parität) zwischen Körpergewicht und Nierenfunktion festgestellt. Kleine Menschen haben kleine Nieren, große Menschen haben große Nieren. Im MKS-System ist diese zahlenmäßige Parität Zufall; sie folgt aus den Definitionen von Clearance, Jahr und Konzentration. Dass in Schätzformeln die physikalischen Einheiten bedeutungslos sind, wurde oben schon wiederholt erklärt.
Normierung heißt Anpassung an einen Standard. Ohne Größenangabe kann nicht nach der Körperoberfläche normiert werden. Denn bei gegebenem Körpergewicht schwankt die Körperoberfläche in nichtlinearer Abhängigkeit von der Körpergröße. Deswegen sind ja Schätzformeln für die Körperoberfläche entwickelt worden; alle arbeiten mit Größe und Gewicht. Richtig ist, dass durchschnittliche Gewichte meistens mit durchschnittlichen Größen und somit mit durchschnittlichen Oberflächen verbunden sind. Aber nach den onkologischen Tabellen zur Ermittlung der Körperoberfläche nach Du Bois und Du Bois von 1916 können die nephrologischen Standardpersonen mit einer Körperoberfläche von 1,73 Quadratmetern verschiedene Kombinationen von Größe und Gewicht haben (zum Beispiel 148 cm und 80 kg, 152 cm und 76 kg, 168 cm und 64 kg, 180 cm und 56 kg, 196 cm und 49 kg). Nur bei diesem Personenkreis gilt GFR = GFR(1,73 m²/KOF). Bei allen anderen Personen sind wahre GFR und normierte GFR verschieden. Es ist das Wesen der Normierung, hier einen Ausgleich zu schaffen.
c) Bei Kindern wird dagegen in den Formeln nach Schwartz und nach Counahan-Barratt der Quotient aus Körpergröße und Serumkreatinin (Nierenfaktor) mit einem altersabhängigen Korrekturfaktor k multipliziert. Bei einem unterstellten Kreatininspiegel von 1 mg/dl und bei einem unterstellten Korrekturfaktor von k=1,00 besteht hier eine Parität zwischen Körpergröße in Zentimetern und der Nierenfunktion in ml/min. Auch hier ist das Rationale wie bei Cockcroft-Gault: Kleine Kinder haben kleine Nieren, große Kinder haben große Nieren. Normierung heißt Anpassung an einen Standard. Ohne Gewichtsangabe kann nicht nach der Körperoberfläche normiert werden. Denn bei gegebener Körpergröße schwankt die Körperoberfläche in Abhängigkeit vom Körpergewicht. Deswegen sind ja Schätzformeln für die Körperoberfläche von Kindern entwickelt worden; alle arbeiten nichtlinear mit Größe und Gewicht. Auch diese Nichtlinearität macht eine formelimmanente Normierung unmöglich; Ausnahmen müssen immer extra als GFR(1,73 m²/KOF) gekennzeichnet werden.
Bei Kindern wird jedoch nicht auf die Körperoberfläche eines Durchschnittskindes (Standardkind) normiert. Vielmehr wird sogar auch bei Frühgeborenen auf eine Durchschnittskörperoberfläche von 1,73 m² wie bei erwachsenen Amerikanern 1927 normiert. Deswegen ist die Normierung der GFR bei Kindern nach GFR(1,73 m²/KOF) noch viel wichtiger als bei Erwachsenen.
d) Wegen vieler Parallelen zwischen Menschen und Tieren können auch die Tierärzte die Nierenfunktion von Säugetieren nach GFR(1,73 m²/KOF) normieren. So können Unterschiede zwischen Menschen und Tieren veranschaulicht werden. Human- und Veterinärmediziner könnten aber auch beide nach GFR/KOF normieren. Dann würde man die Nierenfunktion auf eine Körperoberfläche von genau einem Quadratmeter beziehen. Auch hier wird der Unterschied zwischen Normierung und Nichtnormierung deutlich. - Siehe unten Absatz 54.
46.) Eine gute Zusammenstellung von zahlreichen GFR-Schätzformeln (offenbar alle ohne erkennbare konsequente Berücksichtigung des Normierungsproblems) findet sich in der vierten Richtlinie der amerikanischen National Kidney Foundation NKF ("Kidney Disease Outcomes Quality Initiative KDOQI: Clinical Practice Guidelines for Chronic Kidney Disease: Evaluation, Classification, and Stratification: Part 5: Evaluation of Laboratory Measurements for Clinical Assessment of Kidney Disease: Guideline 4: Estimation of GFR: Executive Summaries of 2000 Updates: Estimates of GFR are the best overall indices of kidney function."). Untersucht werden die Schätzformeln Cockcroft-Gault, MDRD, Jelliffe, Mawer, Hull, Reciprocal Serum Creatinine Equation, Gates, Bjornsson, Agarwal, Davis-Chandler, Edwards, Andrew Simon Levey, Mogensen, Nankivell, Robinson, Rowe, Salazar-Corcoran, Sanaka, Siersbaek-Nielsen, Toto, Tourgaard, Walser und Yukawa für Erwachsene sowie diejenigen von Shull, Traub, Ghazali-Barratt, Cockcroft, Evans, Hernandez de Acevedo, Paap, Parkin, Rudd, Schwartz und van den Anker für Kinder. Eine übersichtliche Bewertung fehlt. Offenbar überzeugt keine dieser Schätzformeln, weil weder beim ursprünglichen Erstellen noch beim vergleichenden Testen konsequent nach GFR(1,73 m²/BSA) normiert wurde. Erwartungsgemäß finden sich unsystematisch sowohl die richtige Einheit ml/min als auch immer wieder die falsche Einheit ml/min/1,73 m². Siehe oben Absatz Q.
47.) Alle Dialyseverfahren können in ihrer Qualität erst nach Normierung in Bezug auf die Körperoberfläche des Patienten beurteilt werden. Wenn zum Beispiel ein Verfahren eine dGFR = 400 ml/min verspricht (siehe oben den Absatz R in der Appendix "Niere als Filter"), dann wird man zum Beispiel bei Frühgeborenen mit einer BSA=0,1 m² auch für kurze Zeit nicht mit einer
dGFR(1,73 m²/BSA) = 400 (1,73 m²/0,1 m²) ml/min = 6920 ml/min arbeiten können.
48. a) Kann eine korrekte Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) zu vermehrten Kunstfehlern führen? Menschen mit einer kleineren Körperoberfläche als 1,73 m² werden durch die Normierung tendenziell gesünder. Sie werden im Zweifel nicht dialysiert und bekommen keine Therapie für Nierenkranke im Endstadium. Für Menschen mit einer größeren Körperoberfläche als 1,73 m² ist es genau umgekehrt. Sie werden im Zweifel dialysiert und bekommen keine Medikamente für Nierengesunde.
b) Kann eine unterlassene Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) zu vermehrten Kunstfehlern führen? Menschen mit einer größeren Körperoberfläche als 1,73 m² sind ohne Normierung tendenziell gesünder. Sie werden im Zweifel nicht dialysiert und bekommen keine Therapie für Nierenkranke im Endstadium. Für Menschen mit einer kleineren Körperoberfläche als 1,73 m² ist es genau umgekehrt. Sie werden im Zweifel dialysiert und bekommen keine Medikamente für Nierengesunde.
c) Vermutlich wird nur selten korrekt normiert; vermutlich sind übergewichtige Erwachsene häufiger. Im Ergebnis bedeutet das, dass Nierenkranke ohne Normierung schlechter behandelt werden.
d) Der Schaden durch Nichttherapie ist vermutlich größer als der Schaden durch Übertherapie. Korrektes Normieren vermeidet also Kunstfehler. Umgekehrt ist es mit den Gesundheitskosten. Durch korrektes Normieren werden mehr teure Nierenkrankheiten aufgedeckt. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung wird für Normieren und für Nichtnormieren ähnliche Quotienten ergeben.
49. a) Vergleich zwischen Nieren und Klärwerken
Menschen haben 0, 1, 2, 3, 4 oder 5 Nieren.
Städte haben 0, 1, 2, 3, 4 oder 5 Klärwerke.
Nieren filtern das Blutplasma.
Klärwerke filtern das Abwasser.
Manche Menschen lassen ihr Blut außerhalb der Blutgefäße reinigen (Dialyse).
Manche Städte lassen ihr Abwasser außerhalb der Stadtgrenzen reinigen (Export).
Ein bestimmtes Plasmavolumen wird pro Zeiteinheit vollständig von einer bestimmten Substanz befreit.
Ein bestimmtes Abwasservolumen wird pro Zeiteinheit vollständig von einer bestimmten Substanz befreit.
Synonym: Das x-fache Plasmavolumen wird pro Zeiteinheit zu 1/x befreit.
Synonym: Das y-fache Abwasservolumen wird pro Zeiteinheit zu 1/y befreit.
Beispiele für eine vollständige Befreiung beim first pass: Kreatinin, Cystatin C, beta trace protein.
Beispiele für eine vollständige Befreiung beim first pass: Äste, Flaschen, Windeln.
Zahlenbeispiel: Clearance GFR = 60 Milliliter pro Minute
Zahlenbeispiel: Klärung CLE = 6 000 000 Kubikmeter pro Jahr
Die Gesamt-GFR eines Patienten ist die Summe aller Einzel-GFR.
Die Gesamt-CLE einer Stadt ist die Summe aller Einzel-CLE.
Sinnvoll erscheint der Vergleich mit einem Standardmenschen.
Sinnvoll erscheint der Vergleich mit einer Standardstadt.
Der Standardmensch soll eine Oberfläche von 1,73 m² haben.
Die Standardstadt soll eine Oberfläche von 300 km² haben.
Jetzt kann man normieren nach GFR(1,73 m²/KOF).
Jetzt kann man normieren nach CLE(300 km²/F).
Zahlenbeispiel: Der Patient hat eine Körperoberfläche KOF = 2,22 m².
Zahlenbeispiel: Die Stadt hat eine Oberfläche F = 100 km².
Normierung: GFR(1,73 m²/KOF) = 60 (1,73 m²/2,22 m²) ml/min = 46,75 ml/min
Normierung: CLE(300 km²/F) = 6 000 000 (300 km²/100 km²) m³/J = 18 000 000 m³/J
Wenn der Patient eine Oberfläche von 1,73 m² hätte, betrüge seine GFR 46,75 ml/min.
Wenn die Stadt eine Größe von 300 km² hätte, betrüge ihre CLE 18 000 000 m³/J.
Der tatsächliche Patient wird also mit einem fiktiven Standard verglichen.
Die tatsächliche Stadt wird also mit einem fiktiven Standard verglichen.
b) Dieser didaktische Vergleich veranschaulicht das Problem der Normierung. Die tatsächliche Stadt wird mit einer dreimal so großen fiktiven Stadt verglichen. Die tatsächliche Kapazität der städtischen Klärwerke wird zu Vergleichszwecken also ebenfalls verdreifacht, ohne dass sich in der Realität etwas verändert hätte. Wenn also die tatsächliche Stadt dreimal so groß wäre und wenn ihre Klärwerke dreimal soviel leisten würden, dann wäre die Clearance der städtischen Klärwerke 18 Millionen Kubikmeter pro Jahr.
c) Genauso ist es in der Nephrologie. Wenn der tatsäche Patient deutlich kleiner wäre, dann hätte er vermutlich auch kleinere Nieren. Die Nierenleistung wäre also im selben Verhältnis geschrumpft. Die normierte GFR(1,73 m²/KOF) ist also eine völlig fiktive Größe.
d) Zu Recht schreibt die "Patienten-Leitlinie zur Nationalen Versorgungsleitlinie Nierenerkrankungen bei Diabetes im Erwachsenenalter", 1. Auflage, Version 1.0 vom 14. November 2012, auf Seite 122: "In jeder Niere gibt es etwa ein bis zwei Millionen dieser lebensnotwendigen 'Minikläranlagen'." - Die Kreatinin-Clearance wird jedoch falsch definiert: "Dabei wird überprüft, wie viel Kreatinin die Nieren innerhalb einer bestimmten Zeit filtern können" (Seite 14). Erwartungsgemäß ist die Nierenfunktionseinheit auch falsch: "ml/min/1,73 m² KO" (Seite 15). - Siehe auch unten im Kapitel 6 den Absatz 29.
50.) Medizinhistorischer Exkurs:
a) Die Arbeit von John F. McIntosh, Eggert Möller (Eggert Hugo Heiberg Møller (*1893) aus Hellerup in Dänemark) und Donald Dexter van Slyke: "Studies of Urea Excretion, III. The Influence of Body Size on Urea Output" (21.8.1928, Seiten 467 bis 483) ist die Fortsetzung der oben im Kapitel 3 Absatz 3j zitierten Arbeit mit der Nummer II von denselben Autoren. In dieser Nummer II wurde weltweit wohl erstmalig der Begriff der Clearance in der Nephrologie verwendet. Nummer III gilt als weltweit wohl erste Publikation mit der Empfehlung einer Normierung der Nierenfunktion durch Multiplikation der Clearance mit (1,73 m²/BSA). Erstmals wird auf Seite 476 zwischen einer beobachteten ("observed uncorrected") und einer normierten ("observed corrected") Clearance unterschieden. Es sind jedoch zahlreiche kritische Anmerkungen zu machen.
b) Die Multiplikation mit (1.73/A) wird fälschlich als "correction for body size (Seite 468)" bezeichnet. Richtig wäre der Begriff der Normierung. Denn es handelt sich nicht um eine Korrektur eines falschen Wertes, sondern um die Berechnung eines zweiten Wertes zu Vergleichszwecken. Nach 1.73 fehlt durchgängig m². A ist die Abkürzung für Area ("surface area", "the body area in square meters", Seite 468, also Body Surface Area BSA).
c) Die Autoren definieren A jedoch unterschiedlich: "A being the body area in square meters that is normal for the subject's height and age (Seite 468)." Auf Seite 480 steht dagegen: "A = surface area of subject", also die tatsächliche Körperoberfläche. Die normale und die tatsächliche Körperoberfläche werden also ständig mit einander verwechselt.
d) Abbildung 1 auf Seite 469 hat die Legende: "Chart for Estimating Values of the Correction Factors, 1.73/A from Height and Age, and for Comparing Observed Weights with Weights Normal for the Subjects Examined". Dieses Zitat ist der Beweis dafür, dass die Autoren das Problem der Normierung nicht verstanden haben. Bei gegebenem Alter wird aus der gegebenen Körpergröße direkt auf die normale Körperoberfläche A und nicht auf die tatsächliche Körperoberfläche BSA geschlossen. Nur zur Illustration kann man zusätzlich das dazu gehörige Normalgewicht in der Abbildung ablesen.
e) Diese Abbildung 1 steht im Widerspruch zu der von den drei Autoren zitierten Empfehlung von F. B. Taylor, D. R. Drury and Thomas Addis ("The Regulation of Renal Activity. VIII. The Relation Between the Rate of Urea Excretion and the Size of the Kidneys", in: Am Journal Physiol, 1923, LXV, 55; zitiert im Literaturverzeichnis Nummer 8): "average normal surface area / area of subject (Seite 467; analog auch aúf Seite 480). Dieser Widerspruch wird nicht thematisiert.
f) Damit widersprechen sich die drei Autoren selbst, denn auf Seite 467 schreiben sie zu Recht: "The kidney weights, furthermore, were shown by Taylor, Drury, and Addis (8), to vary in rabbits in proportion to the body surface." Die Nierenfunktion hängt also von der tatsächlichen Körperoberfläche und nicht von der normalen Körperoberfläche ab. Die Altersabhängigkeit der Nierenfunktion wurde jedoch richtig erkannt.
g) Es ist ja gerade das Wesen der Normierung, von der tatsächlichen Körperoberfläche auf die fiktive Nierenfunktion zu schließen. Die für Größe und Alter normale Körperoberfläche kann hier nicht weiterhelfen. Die Normierung ist ein Vergleich mit der Körperoberfläche einer Standardperson. Der Schluss von einer fiktiven Körperoberfläche auf eine fiktive Nierenfunktion kann nur in die Irre führen.
h) Beispiel: Wenn bei gegebenem Alter und bei gegebener Körpergröße ein Patient extrem über- oder extrem untergewichtig ist, hat er vermutlich auch extrem große oder extrem kleine Nieren mit einer entsprechenden tatsächlichen Nierenfunktion. Diese tatsächliche Nierenfunktion soll jetzt nach GFR(1,73 m²/BSA) normiert werden. Wenn man in diese Formel nicht die tatsächliche Körperoberfläche, sondern eine fiktve Körperoberfläche einsetzt, wird die GFR nicht im Verhältnis der Körperoberflächen normiert, sondern quasi doppelt verfälscht. Eine dieser Verfälschungen ist die gewünschte Normierung; die zweite Verfälschung ist der Vergleich mit Normalgewichtigen. Die gute oder schlechte Nierenfunktion bei Über- oder Untergewicht entsteht ja gerade durch die Abweichung vom Normalgewicht. Diese Abweichung soll in Relation zum Standardmenschen gesetzt werden. Fiktionen in Zähler und Nenner helfen nicht weiter.
i) Es soll also nicht die Frage beantwortet werden: Welche Nierenfunktion hätte der Patient, wenn er eine Standardkörperoberfläche und außerdem das Gewicht einer gleichalten und gleichgroßen Normalperson hätte. Diese Doppelnormierung ist unwissenschaftlich und wird von den drei Autoren vorgenommen, aber nicht thematisiert.
j) Die Begriffe GFR und Kreatininclearance gab es damals noch nicht. Verwendet wird dagegen der Begriff der Harnstoffclearance ("blood urea clearance", Seite 467; "nitrogen", Seite 476).
k) Die Clearance wird hier definiert als "the cubic centimeters of blood per unit surface area cleared of urea per minute (Seite 468)". Die Körperoberfläche gehört nicht in die
Definition; außerdem ist die "unit surface area" genau ein Quadratmeter. Es bleibt also die Harnstoffclearance als dasjenige Blutvolumen, welches pro Minute vollständig von Harnstoff befreit wird. Offen bleibt dabei, ob Blut synonym mit Plasma gebraucht wird.
l) Die Verwendung der Quadratwurzel auf Seite 468 und auf den Seiten 470 bis 474 beruht vermutlich auf mathematischem Unvermögen. Anders ist die Unterscheidung zwischen einer Standardclearance und einer Maximalclearance auf Seite 468 nicht zu erklären. Ebenso kann das maximale Urinvolumen nicht das Quadrat des "korrigierten" Urinvolumens sein.
m) Trotz der mathematischen und physiologischen Unzulänglichkeiten kommen die drei Autoren auf den Seiten 470 bis 473 bei Kindern zu realen GFR-Werten zwischen 20 und 40 ml/min und zu normierten GFR(1,73 m²/A)-Werten von etwa 100 ml/min, obwohl A nicht die tatsächliche sondern eine idealisierte Körperoberfläche und obwohl die Harnstoffclearance nicht mit der GRR gleichzusetzen ist.
n) Auch verwenden die drei Autoren durchgängig die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min ("cc. by 1 minute"; cc = Kubikzentimeter = Milliliter). Die falsche Nierenfunktionseinheit mit Bezug auf eine Körperoberfläche findet sich noch nicht (siehe oben den medizinhistorischen Exkurs im Kapitel 1 Absätze M und N).
o) Obwohl die Schätzformel von Du Bois und Du Bois für die tatsächliche Körperoberfläche auf Seite 475 ("height-weight formula") und im Literaturverzeichnis unter Nummer 4 erwähnt wird, wird die richtige Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) nicht erwähnt.
p) Völlig unklar bleibt, warum auf Seite 475 die Quadratwurzel aus 1,73 gezogen und dann durch die Normalkörperoberfläche A dividiert wird. Die Wurzel aus 1,73 m² beträgt 1,315 m. Wenn man 1,315 m durch A dividiert, erhält man die Einheit 1/m. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier um mathematisches Unvermögen.
q) Ebenfalls auf Seite 475 soll die Quadratwurzel aus dem Urinvolumen gezogen werden. Das ist sogar physiologisch undenkbar; die zweite Wurzel aus Meter hoch drei wäre Meter hoch anderthalb.
r) Räselhaft bleibt also das Ergebnis dieser trotzdem bahnbrechenden Arbeit. Offenbar konnte man schon damals die renale Clearance in ml/min ziemlich genau angeben. Durch die Arbeit von E. L. Fisk und J. R. Crawford (siehe Nummer 5 im Literaturverzeichnis) war den Autoren die Standardkörperoberfläche von 1,73 m² bekannt. Durch die Arbeit von D. Du Bois und E. F. Du Bois (siehe Nummer 4 im Literaturverzeichnis) konnten die Autoren die wahre Körperoberfläche ihrer Patienten schätzen. Sie brauchten also nur die Harnstoffclearance mit der Standardkörperoberfläche multiplizieren und durch die Patientenkörperoberfläche dividieren. Die Normierungsformel hätte also spätestens schon am 21.8.1928 aufgestellt und an Beispielen demonstriert werden können. Alle anderen damaligen Erklärungen und Berechnungen führen in die Irre und sind meistens falsch oder unsinnig.
s) Wenn die damaligen Autoren durchgängig richtige Einheiten verwendet hätten, wären viele Fehler (zum Beispiel Quadratwurzel aus einem Volumen) unterblieben.
t) Besonders das Folgende haben die drei Nephrologen 1928 nicht verstanden: Wenn man eine physiologische Größe durch die Körperoberfläche des Individuums dividiert, handelt es sich um eine Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von einem Quadratmeter. Wenn man jedoch die physiologische Größe durch einen Quadratmeter oder aber durch eine Standardkörperoberfläche dividiert, handelt es sich um mathematischen Unfug. In allen drei Fällen hätte die Nierenfunktion die Einheit (ml/min)/m² = µm/min. Die richtige Einheit ml/min erhält man nur durch anschließende Multiplikation mit der gewählten Standardkörperoberfläche von zum Beispiel 1,73 m². - Siehe unten Absatz 54.
51. a) Wenn Medikamente oder Giftstoffe ganz oder teilweise renal filtriert werden, können sie bei verminderter glomerulärer Filtration im Körper akkumulieren und Schaden anrichten. Die Masse der pro Zeiteinheit renal eliminierten Substanzen ist das Produkt aus Urinkonzentration und Urinvolumen. Die enteral oder parenteral dem Körper zugeführte Substanzmenge muss anteilig der renal ausgeschiedenen Substanzmenge entsprechen. Wenn also zum Beispiel ein Medikament ausschließlich durch renale Filtration eliminiert wird, muss die täglich administrierte Dosis im Urin nachweisbar sein.
b) Die Filtrationsleistung der Nieren wird durch die absolute GFR bestimmt. Die relative normierte GFR(1,73 m²/KOF) hilft hier nicht weiter. Wenn beispielsweise die Nierenfunktion eines Kindes hypothetisch mit derjenigen eines Erwachsenen verglichen wird, darf dieser Vergleich nicht zur Verabreichung der Erwachsenendosis an das Kind führen!
c) Auch müssen entsprechende Kontraindikationen nach der absoluten und nicht nach der relativen GFR beurteilt werden.
d) Eine nicht erfolgte Normierung der GFR darf also auch nicht durch Multiplikation mit (KOF/1,73 m²) rückgängig gemacht werden!
e) Das Verbot der Normierung der GFR zur Beurteilung der Dosierung von renal ausgeschiedenen Medikamenten gilt nicht bei renaler Metabolisierung oder tubulärer Sezernierung. Ebenso gilt dieses Verbot nicht für die Beurteilung der Medikation bei Nierenkrankheiten ohne Beeinträchtigung der Filterleistung. Allerdings gibt es hier auch keinen Grund zur Normierung. Ausnahmen siehe oben im Kapitel 3 Absatz 30.
52.) The following statements by Andrew Simon Levey et alii are correct with the exception of the last sentence, which is completely wrong: "Drug dosing should be based on GFR estimates without surface area adjustment. The difference between adjusted and unadjusted GFR is largest for individuals with body size substantially different from 1.73 m² (children, obese, and very large or small adults). Cockcroft-Gault equation provides unadjusted creatinine clearance; and MDRD Study equation provides adjusted GFR." (Andrew Simon Levey et alii: "Definition and classification of chronic kidney disease: A position statement from Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO)", in: Kidney International, Volume 67 (2005), pages 2089-2100, by the International Society of Nephrology, page 2097). - The MDRD and all other similar equations cannot predict GFR(1.73 m²/BSA), because it is impossible to estimate BSA without knowing weight and height. All people with the same GFR have a different BSA. This is why normalization is done. See above chapter 1 paragraphs X and Y.
53. a) Als Normierung bezeichne ich die Multiplikation von GFR und (1,73 m²/KOF).
b) Als Antinormierung bezeichne ich die Multiplikation von GFR(1,73 m²/KOF) und (KOF/1,73 m²).
c) Als Rückgängigmachung einer nicht gemachten Normierung bezeichne ich die verbotene Multiplikation von GFR und (KOF/1,73 m²).
d) Als formelimmanente Normierung bezeichne ich Formeln für die GFR(1,73 m²/KOF).
e) Als Verwechslung bezeichne ich die verbotene Gleichsetzung von GFR und GFR(1,73 m²/KOF).
54.) Vergleich zwischen Nephrologie und Onkologie:
a) Die optimale GFR wird alters- und krankheitsabhängig in Studien ermittelt.
Die optimale Chemotherapiedosis wird alters- und krankheitsabhängig in Studien ermittelt.
b) Die korrekte Einheit der GFR ist ml/min.
Die korrekte Einheit der (täglichen) Dosis ist mg.
c) Das Studienergebnis beschreibt die durchschnittliche GFR der Studienkohorte.
Das Studienergebnis beschreibt die durchschnittliche Dosis der Studienkohorte.
d) Die Division durch die mittlere KOF der Kohorte ergibt den Bezug auf eine KOF = 1 m² mit der Einheit ml/(min m²).
Die Division durch die mittlere KOF der Kohorte ergibt den Bezug auf eine KOF = 1 m² mit der Einheit mg/m².
e) Die anschließende Multiplikation mit der Standard-KOF von 1,73 m² ergibt die normierte Kohorten-GFR mit der Einheit ml/min.
Die anschließende Multiplikation mit der Standard-KOF von 1,00 m² ergibt die Kohorten-Normdosis mit der Einheit mg.
f) Zur Antinormierung kann man mit (KOF/1,73 m²) multiplizieren, um die mittlere GFR der Kohorte zu erhalten.
Zur Antinormierung kann man mit (KOF/1,00 m²) multiplizieren, um die Individualdosis des Patienten zu erhalten.
g) Die individuelle GFR eines bestimmten Patienten hängt von seiner Nierenaktivität ab.
Die individuelle Dosis eines bestimmten Patienten hängt NICHT von seiner Tumoraktivität ab.
54. a) Richtigstellung vom 6.4.2015: Mehrfach schrieb ich das Folgende: Eine Division von der Glomerulären Filtrationsrate GFR oder von dem Herzzeitvolumen HZV durch die Körperoberfläche KOF des Patienten entspricht einer Normierung auf eine Körperoberfläche von genau einem Quadratmeter. Das ist in dieser Formulierung falsch. Siehe oben im Kapitel 3 die Absätze 2, 34, 37, 38, 45 und 50t, wo schon eine Richtigstellung zu finden ist, sowie unten im Kapitel 6 die Absätze 40k, 43c (auch hier richtig) und 107a.
b) Richtig ist das Folgende: Wenn man GFR oder HZV durch KOF dividiert, dann erhält man nur den korrekten Zahlenwert einer Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von genau einem Quadratmeter mit der Maßeinheit µm/min.
c) Wenn man dagegen zusätzlich die korrekte Maßeinheit ml/min erhalten will, dann muss man nach den Formeln GFR(1,00 m²/KOF) beziehungsweise HZV(1,00 m²/KOF) normieren. Nur dann kürzen sich die Quadratmeter in Zähler und Nenner weg.
d) Die Bedeutung dieser Klarstellung erkennt man am Herzindex HI. Dieser ist definiert als HZV/KOF und hat deswegen die Maßeinheit µm/min. Sinnvoller wäre eine Normierung des HZV nach der Formel HZV(1,00 m²/KOF) mit der Maßeinheit ml/min. Die Zahlenwerte von HZV/KOF und HZV(1,00 m²/KOF) sind identisch.
e) Ebenso sind die Zahlenwerte von GFR/KOF und GFR(1,00 m²/KOF) identisch. Die Maßeinheiten sind wiederum µm/min beziehungsweise ml/min.
55. Ergänzung vom 30.10.2015. Warum werden in der Medizin zeitabhängige Größen, nicht aber Konzentrationen normiert. Die Antwort ist ganz einfach.
a) Bis auf die GFR sind alle Laborwerte Konzentrationen. Diese Konzentrationen entsprechen Prozentzahlen. Und unbenannte Prozentzahlen kann man nicht normieren. Eine Glukosekonzentration von 100 mg/dl oder ein Kreatininspiegel von 1 mg/dl sind nahezu unbenannte Relativzahlen. Denn ein Deziliter Blut oder Plasma wiegt ungefähr 100 g. Es entsprechen also 100 mg/dl etwa 100 mg/100 g oder 1 mg/g oder 1 mg/1000 mg oder 0,001 oder 0,00001 Prozent. Analog entspricht ein Kreatininspiegel von 1 mg/dl etwa 0,0000001 Prozent. Der Mensch besteht also etwa zu 0,00001 Prozent aus Glukose und zu 0,0000001 Prozent aus Kreatinin. Diese Prozentzahlen kann man mathematisch nicht normieren. Abweichungen von den üblichen Referenzwerten zeigen Krankheiten kann, und zwar unabhängig von der Größe des Individuums.
b) Anders verhält es sich dagegen bei den zeitabhängigen biometrischen Parametern wie Leistung, Geschwindigkeit und Flussrate. Die Leistung ist Arbeit pro Zeit, die Geschwindigkeit ist Weg pro Zeit und die Flussrate ist Volumen pro Zeit. Die Aussagen, dass ein Individuum in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Arbeit verrichtet hat oder einen bestimmten Weg zurückgelegt hat oder ein bestimmtes Volumen hat fließen lassen, sind wichtig. Für Vergleiche sind diese Aussagen jedoch bedeutungslos, wenn man nicht weiß, wie groß das betreffende Individuum ist. Jetzt kann man Leistung, Geschwindigkeit oder Flussrate auf einen Standardmenschen beziehen. Diese Umrechnung heißt Normierung.
c) Es gibt zahlreiche Standardmenschen. Die Kardiologen vergleichen das Herzzeitvolumen ihrer Patienten mit dem Herzzeitvolumen eines Standardmenschen mit einer Körperoberfläche von einem Quadratmeter. Das ist der Herzindex HZV/KOF. Die Nephrologen vergleichen die Glomeruläre Filtrationsrate ihrer Patienten mit der Glomerulären Filtrationsrate eines Standardmenschen mit einer Körperoberfläche von 1,73 Quadratmetern. Das ist die von mir entwickelte Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF). Es gelten beim Herzindex jedoch die oben in Absatz 54 gemachten Einschränkungen.
d) Leistung und Geschwindigkeit werden (besonders in der Medizin) nicht normiert, weil Vergleiche nur in bestimmten Kollektiven mit ähnlichen Eigenschaften stattfinden.
56.) Ergänzung vom 18.1.2016: Beim Normieren ist es nicht so, dass einer gesunden Standardperson eine normale GFR zugeordnet wird. Vielmehr wird die tatsächliche GFR einer jeden Person mathematisch zur besseren Vergleichbarkeit abgeändert. Diese mathematische Veränderung der tatsächlichen GFR nennt man Normierung. Diese Normierung gelingt nur mit der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF). Die internationalen Leitlinien und die ICD-Klassifizierung der Niereninsuffizienz verlangen diese Normierung.
57. a) Am 27.2.2016 fragt mich eine Pharmazeutin, welche Körperoberfläche KOF in die von mir entwickelte Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) eingesetzt werden muss. Ich antwortete, dass die tatsächliche Körperoberfläche des Patienten verwendet werden muss. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Frühgeburt mit einem Körpergewicht von 400 g oder um einen 500 kg schweren Mann handelt. Maßgebend ist allein die tatsächliche Körperoberfläche des Patienten.
b) Trotzdem ist die Frage sehr berechtigt. Selbstverständlich ist die unterstellte Proportionalität zwischen der GFR und der KOF eine unwissenschaftliche Fiktion. Kleine Menschen haben kleine Nieren, große Menschen haben große Nieren.
c) Vermutlich ist die GFR proportional zur Summe aller Podozytenöffnungsflächen. Und diese Podozytenöffnungsflächensumme ist vielleicht proportional zum Nierenvolumen oder zur Nierenmasse oder zur Nierenoberflächensumme, nicht aber zur Körperoberfläche. Sonographisch oder tomographisch ließen sich diese drei Parameter heutzutage gewiss relativ leicht bestimmen.
d) Also könnte man eine neue Normierungsformel entwickeln: Zum Beispiel GFR(NOFSS/NOFSP) mit der Nierenoberflächensumme NOFSS des Standardmenschen und der Nierenoberflächensumme NOFSP des Patienten.
e) Solche Normierungen würden der Tatsache Rechnung tragen, dass bei progredienter Adipositas die Körperoberfläche, nicht aber die Podozytenöffnungsflächensumme zunimmt. Die Nieren wachsen nicht mit ihren Aufgaben.
f) Die Pharmazeutin fragt weiter, ob man bei stark übergewichtigen Patienten in die Schätzformeln für die KOF oder in die Schätzformeln für die GFR statt des tatsächlichen Gewichts besser ein ideal body weight IBW, ein adjusted body weight ABW oder ein lean body weight LBW einsetzen sollte. Ein solches Vorgehen würde vielleicht bessere Ergebnisse liefern.
g) Solche Empfehlungen wären jedoch nicht praktikabel. Ärzte haben schon Probleme bei der Bestimmung der Körperoberfläche ihrer Patienten. Die Beachtung von Cut-off-Werten beim Wiegen würde sie definitiv weit überfordern. So könnte man von den Ärzten beispielsweise verlangen, beim Wiegen eines Kindes, welches 40 kg schwerer als sein Idealgewicht ist, davon nur 12 kg zu berücksichtigen. Das wäre zu viel der Fiktion.
h) Ich verstehe die Probleme der Pharmazeuten. Sie müssen Therapieempfehlungen geben. Dabei dürfen sie nicht auf die Hilfe der Nephrologen hoffen.
58.) Nachtrag vom 5.6.2016:
a) Wenn man für einen Patienten die GFR oder das HZV ermittelt, dann beziehen sich diese Werte auf den Patienten mit seiner wie auch immer gegebenen Körperoberfläche KOF. Die Dimension ist Volumen/Zeit; die Einheit ist ml/min. Der Bezug auf die jeweilige Körperoberfläche des Patienten ist in der Messgröße automatisch enthalten. Eine Division ist also nicht erforderlich.
b) Wenn man dagegen die ermittelte Messgröße durch die Körperoberfläche dividiert, dann normiert man das Messergebnis auf eine Standardkörperoberfläche von genau einem Quadratmeter. Die Einheit ist jetzt (ml/min)/m² = ml/(m²min) = µm/min. Dieses Dividieren ist in der Nephrologie unüblich; der Quotient GFR/KOF wird selten errechnet. In der Kardiologie wird durch diese Division aus dem Herzzeitvolumen HZV der Herzindex HZV/KOF.
c) Jetzt kann man zusätzlich GFR/KOF oder HZV/KOF zum Beispiel mit einer Standardkörperoberfläche von 1,73 m² multiplizieren. So erhält man eine Normierung
auf die vor bald 100 Jahren definierte Standardperson. Jetzt ist die Einheit wieder ml/min. Diese Multiplikation ist in der Kardiologie nicht, in der Nephrologie dagegen sehr wohl üblich. Die
Formel GFR(1,73 m²/KOF) wurde zuerst von mir beschrieben. Sie ist für die Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz und für die ICD-Klassifizierung immer anzuwenden.
d) Diese drei völlig verschiedenen Sachverhalte werden fahrlässig oft nicht auseinander gehalten.
59. Nachtrag vom 19.6.2016:
a) Im Deutschen gibt es die drei Verben
normen mit den Substantiven Norm und Normung,
normieren mit den Substantiven Normierung und Normation,
normalisieren mit den Substantiven Normalisierung und Normalisation.
b) Im Englischen gibt es nur das Verb to normalize mit dem Substantiv normalization. Zwischen normen und normieren wird nicht unterschieden, beides heißt to standardize mit dem Substantiv standardization. Analoge Verben to norm oder to normize existieren nicht.
c) Man muss im Deutschen also streng zwischen Normung, Normierung und Normalisierung unterscheiden. Diese Unterschiede sind besonders beim Übersetzen wichtig.
d) Dass es neben der Wortreihe Norm im Deutschen zusätzlich die Wortreihe Standard gibt, sei nur am Rande erwähnt. Normierung ist der Vergleich mit einem Standard. Standardisierung ist das Festlegen dieses Standards.
e) Man muss also immer streng zwischen den einzelnen Bedeutungen unterscheiden. Gerade in der Medizin wird regelmäßig gegen diesen Grundsatz verstoßen. Im Ergebnis findet man ein völliges Durcheinander der Begriffe.
60. Nachtrag vom 21.9.2017:
a) Man muss die GFR zuerst korrigieren und darf sie erst danach normieren. Ein Grund für eine zwingend erforderliche Korrektur der mittels kreatininbasierter Schätzformeln ermittelten GFR sind extrem große oder extrem kleine Plasmakreatininspiegel bei Patienten mit einem großen oder mit einem kleinen Muskelstoffwechsel bei großen oder kleinen körperlichen Aktivitäten.
b) Wie bereits im letzten Absatz des ersten Kapitel ausführlich erläutert wurde, entsteht Kreatinin beim Muskelstoffwechsel. Je mehr Muskelaktivitäten, desto größere Plasmakreatininspiegel und umgekehrt. Unmittelbar zum Beispiel nach einem Marathonlauf findet man große Kreatininspiegel; die üblichen Schätzformeln gaukeln auch bei Nierengesunden fälschlich eine schlechte Nierenfunktion vor. Bei Bettlägrigkeit zum Beispiel wegen einer zervikalen Querschnittslähmung oder bei einer angeborenen Muskeldystrophie gaukeln die üblichen Schätzformeln besonders bei Nierengesunden fälschlich eine gute Nierenfunktion vor.
c) Diese beiden Extremsituationen spielen im täglichen Leben wohl keine große Rolle. Kein Arzt wird bei einem gesunden Marathonläufer eine schwere doppelseitige Nierenkrankheit vermuten. Ebenso wird sich kein Arzt wegen einer außergewöhnlich guten GFR große Sorgen machen.
d) Trotzdem sind Korrekturen oder spezielle GFR-Schätzformeln für Patienten mit kleinen oder großen Muskelaktivitäten zwingend erforderlich. Zum Beispiel darf bei Fragen der Dosierung von renal eliminierten Medikamenten nicht eine falsche GFR zu Grunde gelegt werden. Ebenso dürfen die Stadieneinteilung oder die ICD-Klassifizierung nicht auf falschen GFR-Werten basieren.
e) Besonders fatal sind falsch hohe GFR-Werte bei bettlägrigen Nierenkranken. Die kreatininbasierten Schätzformeln gaukeln eine normale Nierenfunktion vor, obwohl ein urämisches Koma und der Tod durch Nierenversagen drohen.
f) Wie könnten diese erforderlichen Korrekturen erfolgen? Erstens könnte man weitere GFR-Schätzformeln zum Beispiel für Sportler oder Tetraplegiker entwickeln. Zweitens könnte man die bisherigen kreatininbasierten GFR-Schätzformeln um einen Korrekturfaktor ergänzen.
g) Solche Korrekturfaktoren müssten den Gesamtumsatz als Summe von Grundumsatz und Leistungsumsatz berücksichtigen. Wenn der Gesamtumsatz des Patienten zum Beispiel um 50 % kleiner als bei der Bezugsgruppe der entsprechenden Schätzformel ist, dann muss die errechnete GFR mit 0,5 multipliziert werden. Wenn der Gesamtumsatz doppelt so groß wie bei den Vergleichspersonen ist, dann muss die errechnete GFR verdoppelt werden. Der Korrekturfaktor f ist also gleich dem Vielfachen des tatsächlichen Gesamtumsatzes. Dabei wird eine Proportionalität zwischen dem Gesamtumsatz und dem Muskelstoffwechsel vorausgesetzt.
h) Ähnliche Faktoren gibt es bereits. In der Ernährungswissenschaft kennt man die PAL-Faktoren. Dabei steht die Abkürzung für den Physical Activity Level, also für den 'Pegel der körperlichen Aktivität'. Diese Faktoren schwanken zwischen 0,95 bei Schlafenden und 2,4 beim Hochleistungssport. Dabei gelten folgende Zusammenhänge:
Leistungsumsatz = (PAL - 1) x Grundumsatz
Gesamtumsatz = PAL x Grundumsatz
i) Diese PAL-Faktoren können hier keine Verwendung finden. Sie verändern den Grundumsatz in Abhängigkeit von körperlicher Aktivität. Entsprechende Zahlen für Querschnittsgelähmte mit Muskelatrophie existieren vermutlich nicht. Außerdem führen Werte PAL < 1 zu negativen Leistungsumsätzen. Das kann nicht sein.
j) Kennt man den Grundumsatz bei Querschnittsgelähmten? Der gesuchte Korrekturfaktor f stellt einen Zusammenhang zwischen dem Leistungsumsatz und dem Kreatininspiegel beziehungsweisen der daraus errechneten GFR her.
61. Nachtrag vom 10.12.2019:
a) Man muss die GFR zweimal normieren. Erstens bei der GFR-Schätzung, weil das Labor die Körperoberfläche nicht kennt. Zweitens bei der GFR-Befundung, weil der Arzt die Körperoberfläche kennt. Erklärung:
b) Alle GFR-Schätzformeln wollen die tatsächliche GFR schätzen. Bei der Formelerstellung müssen für die Patienten der Grundgesamtheit die nach einem Goldstandard ermittelte tatsächliche GFR und zusätzlich die Körperoberfläche bekannt sein. Die Schätzformel muss diesen wahren GFR-Wert nachbilden. Dabei muss die tatsächliche GFR fiktiv an die Körperoberfläche des Patienten angepasst werden. So werden alle Personen der Grundgesamtheit fiktiv zu Standardmenschen.
c) Bei der Formelerstellung muss also die tatsächliche GFR durch die KOF des Patienten dividiert und anschließend mit der Standard-KOF (meistens 1,73 m² oder mehr bei neueren Formeln) multipliziert werden. Diese Anpassung heißt Adjustierung; diese Adjustierung entspricht aber der Normierung.
d) Jetzt muss mit statistischen Verfahren die gesuchte neue GFR-Schätzformel so berechnet werden, dass die adjustierte GFR möglichst richtig bestimmt werden kann. Die Abweichungen zwischen adjustierter und geschätzter GFR müssen minimiert werden.
e) Dieses Vorgehen ist erforderlich, weil der Formelanwender im Labor die KOF nicht kennt. Es wird also die Standardkörperoberfläche unterstellt. Der Laborarzt glaubt also, dass die tatsächliche KOF des Patienten von der KOF des Standardmenschen möglichst wenig abweicht.
f) Für Vergleichszwecke, für die ICD-Klassifizierung und für die Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz muss jetzt in einem zweiten Schritt erneut normiert werden. Die Labor-GFR muss mit der Standardkörperoberfläche aus 1926 multipliziert und durch die Körperoberfläche des Patienten dividiert werden. Aus der geschätzten tatsächlichen GFR wird also die fiktive normierte GFR(1,73 m²/KOF).
g) Die Formelersteller dürfen nur gesunde Menschen mit optimaler Hydrierung in die Grundgesamtheit einbeziehen. Denn zu große oder zu kleine Hydrierungen vergrößern oder verkleinern das Herzzeitvolumen. Kompensatorisch verkleinern oder vergrößern die Tubuli die Rückresorption des Primärharns mit allen harnpflichtigen Substanzen. Die Plasmaspiegel des Substrats werden also durch die kompensatorische Tubulusfunktion verfälscht; für Analysen dürfen sie nicht verwendet werden. Hohe Kreatininspiegel sind ein Hinweis für eine gute Tubulusfunktion und nicht für eine schlechte Glomerulusfunktion. Eine tubuläre Sekretion des Substrats verkleinert den Fehler.
h) Mit keinem Verfahren kann man die GFR bei zu kleinem HZV bestimmen. Bei einer Anurie steht kein Urin für eine Clearance-Bestimmung zur Verfügung. Bei einer Oligurie wird der Plasmaspiegel durch die Tubuli verfälscht und darf in die Schätzformeln nicht eingesetzt werden. Radiologische oder nuklearmedizinische Verfahren liefern die seitengetrennte renale Eliminierung des Substrats und nicht die GFR.
i) Bei Nierengesunden beträgt die GFR etwa zwei Prozent vom Herzzeitvolumen. Bei schweren doppelseitigen schmerzhaften Nierenkrankheiten gilt GFR<0,02 HZV. Niemals ist das Stadium der Niereninsuffizienz kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz.
62.) Nachtrag vom 12.5.2023
a.) In einem aktuellen französischen Nephrologie-Lehrbuch wird irrtümlich behauptet, die GFR-Schätz-Formeln MRDR und CKD-EPI beinhalten bereits automatisch eine so genannte Indexierung auf die Körperoberfläche. Zitat: "Estiment directement le DFG indexé sur la surface corporell."
b) Quelle: Zitat Seite 263 und 427 in: Collège Universitaire des Enseignants de Néphrologie: ''Néphrologie.'' 10. Auflage, Verlag Ellipses Édition Marketing, Paris 2022, ISBN 978-2-340-07531-3.
Dr. Hartwig Raeder
Bad Salzuflen
15. Dezember 2011 (zuletzt aktualisiert am 10.1.2012)
zuletzt korrigiert am 6.12.2012 und am 6.4.2015
zuletzt ergänzt am 18.1.2012, am 27.1.2012, am 28.1.2012, am 5.2.2012, am 11.2.2012, am 19.2.2012, am 21.2.2012, am 22.2.2012, am 23.2.2012, am 26.2.2012, am 4.3.2012, am 9.3.2012, am 14.3.2012, am 24.3.2012, am 29.3.2012, am 30.3.2012, am 1.4.2012, am 3.4.2012, am 7.4.2012, am 9.4.2012, am 6.5.2012, am 12.5.2012, am 28.5.2012, am 7.6.2012, am 1.7.2012, am 8.7.2012, am 14.7.2012, am 17.8.2012, am 18.8.2012, am 22.9.2012, am 12.11.2012 am 15.11.2012, am 19.11.2012, am 23.11.2012, am 4.12.2012, am 8.12.2012, am 12.12.2012, am 6.1.2013, am 17.3.2013, am 4.4.2013, am 13.4.2013, am 21.5.2013, am 4.10.2013, am 6.10.2013, am 4.12.2014, am 6.4.2015, am 30.10.2015, am 18.1.2016, am 1.3.2016, am 5.6.2016, am 19.6.2016 und am 21.9.2017
KAPITEL 4
Appendix Stadieneinteilung
1.a.) Die Nierenfunktion von Nierenkranken wird in fünf Stadien eingeteilt. Üblich sind dabei die vier Grenzwerte 90, 60, 30 und 15 ml/min für die GFR. Diese Einteilung wird von der National Kidney Foundation empfohlen. Sie gilt für alle nierenkranken Menschen mit einer Körperoberfläche von 1,73 m² unabhängig von Alter und Geschlecht. Dabei müssen auch minimale einseitige Nierenschädigungen ohne Auswirkung auf die Nierenfunktion berücksichtigt werden. Ein Stadium 0 ist nicht vorgesehen. Wenn man also bei allen Menschen eine zumindest minimale (auch einseitige) Nierenschädigung (auch in der Vergangenheit) unterstellt, gibt es keine Nierengesunden. Eine Beschränkung der Stadieneinteilung auf beiderseitige chronische Nierenkrankheiten ist nicht vorgesehen. Beispiele: Wenn sich bei der seitengetrennten Isotopenclearance rechts eine GFR = 60 ml/min und links wegen einer kleinen Zyste eine GFR = 59 ml/min zeigen, beträgt die gesamte GFR = 119 ml/min mit dem ersten Stadium der Niereninsuffizienz. Wenn sich bei der Oberbauchsonographie eines Nierengesunden unterschiedliche Nierenvolumina finden, wurde zumindest die kleinere Niere vermutlich irgendwann irgendwie geschädigt; also liegt eine erstgradige Niereninsuffizienz vor. Ebenso kann eine minimale Proteinurie unklarer Genese bei unauffälliger GFR zur Diagnose einer Niereninsuffizienz im Stadium 1 führen.
1.b) Anmerkung: Es findet sich sich gelegentlich in den USA auch eine Stadieneinteilung mit den Zahlen 90, 60, 30 und 15, wobei die Einheit ml/min durch Prozent ersetzt wird.
1.c) Zweite Anmerkung: Manchmal findet man statt 90 auch die Zahl 85. Auch findet man manchmal unverständlicherweise die Zahlen 29, 59 und 89 statt 30, 60 und 90.
1.d) Diesen Stadien 1 bis 5 der Niereninsuffizienz sind auch die fünf Stadien der chronischen Nierenkrankheit mit den Schlüsselnummern N18.1 bis 5 nach dem systematischen Verzeichnis der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation ICD-10-GM 2012 in der Bearbeitung von Bernd Graubner zugeordnet, übrigens alle mit der falschen Nierenfunktionseinheit "ml/min/1,73 m² Körperoberfläche" sowie ohne Hinweis auf die zwingend notwendige Normierung. Siehe auch oben Kapitel 1 Absatz Q und unten Kapitel 6 Absatz 154c.
1.e) Früher war eine andere Stadieneinteilung in Abhängigkeit von den Kreatininwerten üblich. Bekannt waren die vier (oder fünf; 2a und 2b) Stadien der chronischen Niereninsuffizienz nach Hans-Joachim Sarre (1. kompensiertes Dauerstadium, 2. Stadium der kompensierten Retention, 3. Stadium der dekompensierten Retention, 4. terminale Niereninsuffizienz). Ebenso gibt es vier Stadien des akuten Nierenversagens. - Solange nur mit Serumkonzentrationen oder mit klinischen Symptomen gearbeitet wird, macht eine Normierung hier keinen Sinn. - Eine gute Zusammenstellung dieser fünf Stadien der Niereninsuffizienz nach Hans-Joachim Sarre (25.3.1906 bis 31.5.1996) findet sich zum Beispiel im "Klinischen Wörterbuch" von Willibald Pschyrembel (erst ab der 255. Auflage, 1986, Seite 1174; 256. Auflage, Berlin und New York 1990, Seite 1173; 257. Auflage, 1993, Seite 1074; zuletzt in der 259. Auflage 2002 auf Seite 1175): I = Latenzstadium, IIa = Stadium der vollen Kompensation, IIb = Stadium der kompensierten Retention, III = Stadium der dekompensierten Retention, IV = Urämie (terminale Niereninsuffizienz mit Zusammenbruch der exkretorischen und endokrinen Funktion der Nieren; dialysepflichtig; sonst Tod im Coma uraemicum).
1.f) Anmerkung: Gelegentlich findet man auch eine Unterteilung der Stadien 2 und 3 in die leichte Form a und in die schwere Form b, wenn man bei 75 ml/min und bei 45 ml/min Grenzen für Zwischenstadien einführt.
1.g) Es gibt auch Nierenkrankheiten, bei denen die GFR größer als ohne diese Krankheit ist. Denkbar sind also krankhafte Verbesserungen der Nierenfunktion. Im Frühstadium des Diabetes mellitus (nur beim Typ 2b?) kommen erhöhte GFR-Werte vor; außerdem haben Schwangere höhere GFR-Werte als Nichtschwangere. Diese beiden Fälle gehen auch mit einer Gewichtszunahme einher. Die damit verbundene Körperoberflächenvergrößerung kann durch eine Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) relativiert werden. Ebenfalls verbessert eine verbesserte Nierendurchblutung zum Beispiel bei arterieller Hypertonie tendenziell die Nierenfunktion.
1.h) Eine Obergrenze für die noch normale Nierenfunktion existiert jedoch für die Stadieneinteilung nicht. Weder für die absolute GFR noch für die relative GFR; weder für Säuglinge noch für Greise. - Die Stadieneinteilung ist "nach oben offen"; Normalwerttabellen geben dagegen für Männer meistens 140 ml/min oder 155 ml/min und für Frauen 160 ml/min als Obergrenze an.
1.i) Wenn sich nach einer Nephrektomie die GFR von 100 ml/min auf 80 ml/min verschlechtert, verbessert sich die GFR der Restniere von 50 ml/min um 30 ml/min oder 60 % auf 80 ml/min. Wenn in diesem Zahlenbeispiel die präoperative GFR der entfernten Niere nicht 50 ml/min, sondern nur 20 ml/min betrug, verändert sich die GFR der Restniere nicht; sie bleibt unverändert bei 80 ml/min. Dieses Zahlenbeispiel gilt auch für die normierte GFR(1,73 m²/KOF), vorausgesetzt, die Körperoberfläche ändert sich durch die Operation nicht. Anmerkung: Siehe unten Kapitel 6 Absatz 148: "Nach einer Nephrektomie halbiert sich der renale Plasmafluss, der Kreatininspiegel verdoppelt sich und die GFR halbiert sich." Mittelfristig kommt es jedoch nach Nierenverlust zu einer kompensatorischen Vergrößerung der Restniere. Dann verbessert sich der renale Plasmafluss, der Kreatininspiegel sinkt und die GFR steigt wieder an.
1.j) Mit dem Wort Nierenwerterhöhung ist jedoch in Zusammenhang mit unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen eine Verschlechterung der Retentionswerte und nicht eine verbesserte GFR gemeint.
1.k) Gelegentlich findet man den Buchstaben D nach der Stadienangabe. Damit ist die Dialyse gemeint. Unklar bleibt, ob es auch die Stadien 3bD oder 4D gibt. Unklar bleibt, ob sich ein Stadium 5D durch die Dialyse in ein Stadium 4D verbessern kann. Gibt es auch den Zusatz T für Transplantierte?
1.m) Es stellt sich die Frage, ob die für die Klassifizierung und für die Stadieneinteilung erforderliche Nierenerkrankung ursächlich für die Niereninsuffizienz sein muss. Unten wird in Kapitel 6 gezeigt, dass nierengesunde Herzpatienten eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Die GFR ist dann ein Maß für die Herzleistung und nicht für die Nierenleistung. Wenn nun Herzpatienten eine unbedeutende Nierenkrankheit haben, dürfen sie formal auch dann klassifiziert werden, wenn die Niereninsuffizienz völlig unabhängig von der Nierenkrankheit ist. Haben die Autoren der Klassifizierung und der Stadieneinteilung der chronischen Nierenkrankheit an diesen Widersinn gedacht? Nach einer Nephrektomie ist die Restniere im Zweifel völlig gesund; trotzdem halbiert sich vorerst die GFR, bis es mittelfristig zu einer kompensatorischen Vergrößerung der Restniere kommt.
2.) Vor Verwendung der Tabelle zur Stadieneinteilung muss deswegen die GFR des Patienten auf eine Körperoberfläche von 1,73 m² normiert werden. Der Term GFR muss also mittels Multiplikation und Division durch den Term GFR (1,73 m²/KOF) ersetzt werden. Mathematiker sprechen von einer multiplikativen Äquivalenzumformung, wenn beide Seiten einer Gleichung mit derselben Größe multipliziert werden. Anmerkung: Statt mit einem Bruch zu multiplizieren, kann man auch durch den Kehrwert dividieren:
GFR(1,73 m²/KOF) = GFR/(KOF/1,73 m²).
3.) Es gibt viele verschiedene Formeln und Tabellen zur Ermittlung der KOF sowohl für Kinder wie auch für Erwachsene. Nach Wikipedia beträgt durchschnittlich die Körperoberfläche 1,70 m². Die Quelle und die Art der Ermittlung bleiben unklar.
4.) Der Widerspruch zwischen 1,73 m² und 1,70 m² lässt sich vielleicht wie folgt erklären: 1,73 m² war 1927 in den USA die durchschnittliche Körperoberfläche bei Erwachsenen. Heute ist 1,70 m² die durchschnittliche Körperoberfläche der Bevölkerung einschließlich der Kinder in Industriestaaten. Der Unterschied liegt also in der Berücksichtigung der Kinder. Bei der Mittelwertbildung muss auch die Altersverteilung in der jeweiligen Bevölkerung berücksichtigt werden. Je mehr Kinder, desto kleiner die durchschnittliche Körperoberfläche. Je weniger Kinder, desto größer ist die durchschnittliche Körperoberfläche der Bevölkerung.
5.) Die durchschnittliche Körperoberfläche von Erwachsenen in Deutschland liegt heute vermutlich eher bei 1,85 m² (meine eigene Schätzung). - Die MDRD-Patienten hatten eine mittlere Körperoberfläche von 1,91 m². Die CKD-EPI-Patienten hatten eine mittlere Körperoberfläche von 1,93 m².
Eine Normierung für Erwachsene nach dem Term GFR (1,85 m²/KOF) oder nach dem Term GFR(1,91 m²/BSA) oder nach dem Term GFR(1,93 m²/BSA) wäre heute also wahrscheinlich realistischer. Auch eine Normierung für die Gesamtbevölkerung (also einschließlich aller Kinder) nach dem Term GFR (1,70 m²/KOF) wäre denkbar.
6.) Die Nephrologen sollten sich auf eine einheitliche Formel zur Ermittlung der Körperoberfläche ihrer Patienten und vielleicht auch auf eine aktuelle Standardkörperoberfläche einigen. Vielleicht könnten außerdem die Grenzwerte 90, 60, 30 und 15 durch aktuelle Zahlen mit klinischem Bezug ersetzt werden.
7.) Jetzt kommt der entscheidende Punkt:
Die Art der Normierung muss immer angegeben werden. Damit ist gleichzeitig auch erkennbar, dass eine Normierung bereits erfolgte. So werden weitere Normierungen verhindert. Erinnert sei hier noch einmal an das mathematische Basiswissen, dass bei einer multiplikativen Äquivalenzumformung immer beide Seiten der Gleichung mit demselben Faktor multipliziert werden müssen.
8.) Zahlenbeispiel:
Das Labor liefert eine Glomeruläre Filtrationsrate GFR von 60 ml/min.
Der Arzt ermittelt eine Körperoberfläche KOF von 1,9 m².
Die GFR wird durch 1,9 m² dividiert und anschließend mit 1,73 m² multipliziert.
Man erhält so eine normierte GFR von
GFR (1,73 m²/KOF) = GFR (1,73 m²/1,9 m²) = 60 (1,73 / 1,9) ml/min = 54,6 ml/min.
Durch diese Normierung fällt der Patient also vom zweiten in das dritte Stadium der Niereninsuffizienz. Genauer: aus dem Stadium 2b wird das Stadium 3a.
9.) Der Term GFR (1,73 m²/1,9 m²) muss immer angegeben werden. Jeder kann jetzt also kontrollieren, ob die Körperoberfläche korrekt ist und ob er wirklich eine Normierung auf den Durchschnittswert für Erwachsene von 1927 will.
10.) Wenn sich zum Beispiel durch eine diuretische Therapie das Körpergewicht stündlich reduziert, muss auch stündlich die Körperoberfläche angepasst werden. Das Labor kann in der Intensivmedizin auch stündlich neue Werte für die GFR liefern.
Arzt und Labor müssen also zusammenarbeiten, um eine korrekte aktuelle Stadieneinteilung zu gewährleisten: Das Labor muss messen, der Arzt muss wiegen. Die Zeitpunkte der Blutabnahme und des Wiegens müssen synchronisiert werden.
11.) Besonders zum Beispiel in der Intensivmedizin und in der Kindernephrologie sowie während einer Dialyse wird man die Bedeutung des hier beschriebenen Vorgehens erkennen. Schon kleinste Veränderungen des Körpergewichts können zu Änderungen in der Stadieneinteilung führen. Auch deswegen sind in moderne Dialysebetten elektronische Patientenwaagen integriert.
12.) Vermutlich bin ich der erste, der auf die Bedeutung des Terms GFR (1,73 m²/KOF) hinweist.
13.) Der zweite Bruchstrich bei Verwendung des falschen Zusatzes "/1,73 m²" in der Nierenfunktionseinheit ist eine Aufforderung zum Rechnen; diese Aufforderung mag man ignorieren. Zwei Zahlen auf einer Seite des Gleichheitszeichens bei Verwendung des falschen Zusatzes "/1,73 m²" sind ebenfalls eine Aufforderung zum Rechnen; auch diese zweite Aufforderung mag man ignorieren. Nicht ignorieren darf man jedoch den hier von mir empfohlenen multiplikativen Zusatz (1,73 m²/KOF) beim Normieren und beim Stadieneinteilen. Dieser Faktor verändert nicht die Einheit des Terms GFR, sondern den Term selbst. Die Einheit ist immer ml/min.
14.) Vermutlich normieren etwa 90 Prozent aller Ärzte vor der Stadieneinteilung die GFR nicht, weil sie entweder irrtümlich glauben, durch Verwendung einer Schätzformel habe das Labor bereits normiert, oder weil sie bei ihren Patienten fahrlässig weder die Körpergröße noch das Nacktgewicht (ohne Exoprothesen etc.) messen wollen. Zusätzlich kann es durch den falschen Zusatz "/1,73 m²" zu Falschnormierungen kommen, weil er zum Verwechseln von Zähler und Nenner verführt. Unterlassene oder fehlerhafte Normierungen führen vielleicht bei etwa einem Drittel der Patienten zu einem falschen Stadium der Niereninsuffizienz.
15.) Beim Messen (von Konzentrationen, Größe, Gewicht) sind Fehler unvermeidlich.
Beim Schätzen mit den bekannten Formeln sind Fehler unvermeidlich.
Beim Normieren sind Fehler häufig (wie oben unter Nummer 14 erklärt).
Diese drei Fehlergruppen überlagern sich additiv.
Der Fehlersaldo kann sehr groß werden.
16.) Wenn dieser Fehlersaldo im Stadium 2 größer als 20 % ist, liegen durchschnittlich immer entweder Stadium 1 oder aber mindestens Stadium 3 vor.
Wenn dieser Fehlersaldo im Stadium 3 größer als 33,3 % ist, liegen durchschnittlich immer mindestens entweder Stadium 4 oder aber Stadium 2 vor.
Wenn dieser Fehlersaldo im Stadium 4 größer als 33,3 % ist, liegen durchschnittlich immer entweder mindestens Stadium 3 oder aber Stadium 5 vor.
17.) Es muss auch geprüft werden, ob durch Nichtnormieren eine deliktförderliche Tatgelegenheitsstruktur im Sinne eines Abrechnungsbetruges entstehen könnte. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn bei Patienten mit einer Körperoberfläche von mehr als 1,73 m² nicht nach GFR (1,73 m²/KOF) normiert wird, werden die Krankheitsstadien tendenziell in Richtung Gesundheit und nicht in Richtung Krankheit verfälscht. Nur bei Kindern und Untergewichtigen könnte eine Nichtnormierung zu Falschabrechnungen führen. Eine systematische Falschnormierung nach dem Term GFR (KOF/1,73 m²) = GFR/(1,73 m²/KOF) würde ebenfalls nur bei Kindern und Untergewichtigen als Anfangsverdacht im Sinne einer Abrechnungsmanipulation gewertet werden können.
18.) Leitlinien oder Richtlinien sind Handlungsanweisungen fast mit Gesetzescharakter. Ebenso wie zum Beispiel die Kontraindikationen von Medikamenten sollen sie ärztliches Handeln beeinflussen. Oft wird in solchen Leitlinien oder Kontraindikationen Bezug auf die Nierenfunktion genommen. So soll zum Beispiel eine Handlung y nur dann erfolgen, wenn die GFR kleiner als 30 ml/min ist. Bei GFR = 29,9 ml/min muss y erfolgen, bei GFR = 30 ml/min darf y nicht erfolgen. Schon kleinste Veränderungen der GFR können also wichtige Folgen haben. Extrem wichtig ist also die Frage, ob in diesen Leitlinien oder Kontraindikationen nach der GFR oder aber nach der normierten GFR (1,73 m²/KOF) gefragt wird. Es muss unterstellt werden, dass in Leitlinien und Kontraindikationen wegen ihrer allgemeinen Bedeutung meistens nach der normierten GFR(1,73 m²/KOF) gefragt wird. Das muss jedoch immer kenntlich gemacht werden. Der Zwang zur Normierung gilt jedoch nicht hinsichtlich renal eliminierter Substanzen; hier kommt es oft auf die tatsächliche und nicht auf eine fiktive Filtrationsleistung an. Mehr dazu oben in Kapitel 3 Absatz 51.
19.) Eine kleine Geschichte. Ein Arzt schickt Blut ins Labor. Das Laboratorium hat jetzt Blut. Es kennt den Namen und das Geburtsdatum des Patienten. Aus dem Vornamen kann oft das Geschlecht, aus dem Familiennamen kann oft die Rasse und aus dem Geburtsdatum kann oft das Alter des Patienten ermittelt werden. Das Blut wird analysiert. Das Labor hat jetzt Geschlecht, Alter, Rasse und mehrere Konzentrationsangaben. Außerdem hat das Labor mehrere Formeln. Jetzt kann das Labor die Nierenfunktion nach einer geeigneten Schätzformel errechnen. Es liefert dem Arzt das Ergebnis seines Patienten. Zum Beispiel GFR = 87 ml/min. Jetzt denkt der Arzt nach: "Mein Patient ist aber doch viel größer und sehr viel schwerer als der Durchschnitt. Das muss doch berücksichtigt werden! Das Labor konnte das gar nicht berücksichtigen, weil es die Körperoberfläche meines Patienten gar nicht kennen kann. Denn Größe und Gewicht habe ich dem Labor nie mitgeteilt." Er wiegt jetzt den nackten Patienten auf einer Waage mit dem Ergebnis 180 kg. Außerdem misst er die Körpergröße von 192 cm. In einem onkologischen Nomogramm zur Ermittlung der Körperoberfläche findet er die Körperoberfläche von KOF = 2,95 m². Jetzt erinnert er sich an meinen Term GFR (1,73 m²/KOF) und setzt die Zahlen des Patienten in die Formel ein. Dann rechnet er; die Quadratmeter in Zähler und Nenner kann er kürzen.
GFR(1,73 m²/KOF) = 87 ml/min · (1,73 m²/2,95 m²) = 87 ml/min · (1,73/2,95) = 51 ml/min.
Jetzt hat der Arzt zwei verschiedene GFR-Werte: einen wahren (87 ml/min) und einen normierten (51 ml/min). Beide sind richtig ermittelt worden. Der Arzt erinnert sich an die Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz. Er weiß, dass man zur Stadieneinteilung nur die normierte GFR heranziehen darf. Er erkennt, dass 51 ml/min zwischen 30 ml/min und 60 ml/min liegen. Sein Patient hat also das dritte Stadium der Niereninsuffizienz. Das schreibt er in den Arztbrief. Der Krankenkasse teilt er die ICD-Verschlüsselung N18.3 G mit. Außerdem schreibt er in den Arztbrief, dass er aus der wahren GFR = 87 ml/min für seinen Patienten eine normierte GFR(1,73 m²/KOF) = 51 ml/min errechnet hat. Im Laufe der Zeit kann der Arzt für seinen Patienten zwei Tabellen anfertigen: Die GFR-Werte verändern sich im Zeitablauf mit der Nierenfunktion; die GFR(1,73 m²/KOF)-Werte verändern sich im Zeitablauf zusätzlich noch durch Änderungen von Größe und Gewicht. Der Arzt wird seinem Patienten keine Medikamente verordnen mit der Kontraindikation einer Niereninsuffizienz mit GFR(1,73 m²/KOF)-Werten, die kleiner als 60 ml/min sind. Außerdem beachtet er die Leitlinien mit bestimmten Empfehlungen für Patienten mit GFR(1,73 m²/KOF)-Werten unter 60 ml/min. - Die beiden letzten Sätze gelten jedoch nicht für renal filtrierte Substanzen. Hier ist die absolute GFR = 87 ml/min maßgeblich; die fiktive GFR(1,73 m²/KOF) führt zu Fehlentscheidungen. Deswegen ist eine strenge Unterscheidung zwischen der absoluten und der relativen GFR essentiell. Mehr dazu oben in Kapitel 3 Absatz 51.
20.) Noch eine kleine Geschichte: Ein Mann hat einen Quader und vier Kinder. Die drei Kantenlängen des Quaders sind a=2m, b=3m, c=4m. Die Lebensalter der vier Kinder sind A=4 Jahre, B=5 Jahre, C=7 Jahre, D=8 Jahre. Der Mann will nun das Volumen des Quaders berechnen. Er kennt die Formel V = abc. Er muss jetzt dreimal rechnen. Erstens abc = 2 mal 3 mal 4 = 24. Zweitens 1m mal 1m mal 1m gleich 1 m³. Drittens V = 24 mal 1 m³ = 24 m³. Dieses dreifache Rechnen ist ihm zu kompliziert. Er sucht nach einer einfacheren Schätzformel. Er findet den Algorithmus: V = A + B + C + D = 4 Jahre + 5 Jahre + 7 Jahre + 8 Jahre = 24 Jahre. Jetzt muss er nur noch die Einheiten anpassen. Er muss also Jahre durch Kubikmeter ersetzen. Er findet V = 24 m³ als richtiges Ergebnis. Er lernt: Schätzformeln liefern nicht immer automatisch die richtige Einheit; Physikformeln liefern dagegen immer die richtige Einheit. Diese Erkenntnis fehlt vielen Nephrologen.
Dr. Hartwig Raeder
Bad Salzuflen
17. Januar 2012
zuletzt ergänzt am 25.1.2012, am 28.1.2012, am 7.2.2012, 12.2.2012, am 25.2.2012, am 27.2.2012, am 29.2.2012, am 6.4.2012, am 24.4.2012, am 6.5.2012, am 7.6.2012, am 7.7.2012, am 9.7.2012, am 22.9.2012, am 15.3.2013 und am 14.8.2013
zuletzt korrigiert am 11.2.2012, am 6.7.2012, am 9.7.2012 und am 6.12.2012
Dr. Hartwig Raeder
Bad Salzuflen, am 8.3.2012
ergänzt am 10.3.2012, am 24.3.2012, am 29.3.2012, am 3.4.2012, am 16.4.2012, am 12.5.2012, am 25.5.2012, am 7.6.2012, am 28.6.2012, am 29.6.2012, am 5.7.2012, am
20.7.2012, am 21.7.2012, am 23.7.2012, am 27.7.2012, am 28.7.2012, am 29.7.2012, am 30.7.2012, am 9.8.2012, am 11.8.2012, am 14.8.2012, am 16.8.2012, am 24.8.2012, am 1.9.2012, am 2.9.2012, am
6.9.2012, am 7.9.2012, am 8.9.2012, am 11.9.2012, am 12.9.2012, am 14.9.2012, am 16.9.2012, am 19.9.2012, am 20.9.2012, am 21.9.2012, am 22.9.2012, am 30.9.2012, am 3.10.2012, am 4.10.2012, am
13.10.2012, am 20.10.2012, am 21.10.2012, am 27.10.2012, am 28.10.2012, am 29.10.2012, am 30.10.2012, am 1.11.2012, am 5.11.2012, am 6.11.2012, am 8.11.2012, am 9.11.2012, am 12.11.2012, am
13.11.2012, am 23.11.2012, am 30.11.2012, am 6.12.2012, am 8.12.2012, am 11.12.2012, am 12.12.2012, am 13.12.2012, am 15.12.2012, am 19.12.2012, am 21.12.2012, am 25.12.2012, am 6.1.2013, am
7.1.2013, am 12.1.2013, am 20.1.2013, am 27.1.2013, am 2.2.2013, am 5.2.2013, am 7.2.2013, am 11.2.2013, am 17.2.2013, am 18.2.2013, am 20.2.2013, am 21.2.2013, am 24.2.2013, am 28.2.2013, am
1.3.2013, am 7.3.2013, am 8.3.2013, am 9.3.2013, am 10.3.2013, am 11.3.2013, am 12.3.2013, am 14.3.2013, am 15.3.2013, am 23.3.2013, am 26.3.2013, am 29.3.2013, am 6.4.2013, am 22.4.2013, am
30.4.2013, am 11.5.2013, am 18.5.2013, am 20.5.2013, am 21.5.2013, am 26.5.2013, am 27.5.2013, am 3.6.2013, am 7.6.2013, am 21.6.2013, am 24.6.2013, am 27.6.2013, am 29.6.20, am 30.6.2013, am
2.7.2013, am 3.7.2013, am 6.7.2013, am 7.7.2013, am 8.7.2013, am 9.7.2013, am 10.7.2013, am 16.7.2013, am 17.7.2013, am 24.7.2013, am 25.7.2013, am 26.7.2013, am 29.7.2013, am 30.7.2013, am
31.7.2013, am 6.8.2013, am 7.8.2013, am 8.8.2013, am 9.8.2013, am 14.8.2013, am 15.8.2013, am 19.8.2013, am 20.8.2013, am 21.8.2013, am 22.8.2013, am 26.8.2013, am 27.8.2013, am 28.8.2013, am
1.9.2013, am 3.9.2013, am 7.9.2013, am 8.9.2013, am 10.9.2013, am 12.9.2013, am 13.9.2013, am 14.9.2013, am 17.9.2013, am 19.9.2013, am 20.9.2013, am 21.9.2013, am 24.9.2013, am 29.9.2013, am
1.10.2013, am 4.10.2013, am 6.10.2013, am 7.10.2013, am 8.10.2013, am 10.10.2013, am 11.10.2013, am 13.10.2013, am 14.10.2013, am 15.10.2013, am 16.10.2013, am 20.10.2013, am 22.10.2013, am
26.10.2013, am 29.10.2013, am 30.10.2013, am 31.10.2013, am 5.11.2013, am 6.11.2013, am 7.11.2013, am 9.11.2013, am 10.11.2013, am 11.11.2013, am 20.11.2013, am 22.11.2013, am 26.11.2013, am
30.11.2013, am 3.12.2013, am 7.12.2013, am 8.12.2013, am 9.12.2013, am 13.12.2013, am 15.12.2013, am 16.12.2013, am 17.12.2013, am 18.12.2013, am 19.12.2013, am 20.12.2013, am 27.12.2013, am
28.12.2013, am 29.12.2013, am 30.12.2013, am 10.1.2014, am 14.1.2014, am 19.1.2014, am 30.1.2014, am 2.2.2014, am 3.2.2014, am 7.2.2014, am 17.2.2014, am 21.2.2014, am 26.2.2014, am 27.2.2014, am
1.3.2014, am 4.3.2014, am 5.3.2014, am 9.3.2014, am 11.3.2014, am 12.3.2014, am 13.3.2014, am 15.3.2014, am 26.3.2014, am 1.4.2014, am 2.4.2014, am 6.4.2014, am 7.4.2014, am 9.4.2014, am
10.4.2014, am 17.4.2014, am 25.4.2014, am 26.4.2014, am 28.4.2014, am 29.4.2014, am 3.5.2014, am 6.5.2014, am 8.5.2914, am 12.5.2014, am 15.5.2014, am 16.5.2014, am 20.5.2014, am 21.5.2014, am
22.5.2014, am 31.5.2014, am 2.6.2014, am 3.6.2014, am 6.6.2014, am 13.6.2014, am 21.6.2014, am 28.6.2014, am 29.6.2014, am 30.6.2014, am 1.7.2014, am 4.7.2014, am 9.7.2014, am 10.7.2014, am
11.7.2014, am 12.7.2014, am 14.7.2014, am 15.7.2014, am 16.7.2014, am 17.7.2014, am 19.7.2014, am 20.7.2014, am 21.7.2014, am 23.7.2014, am 24.7.2014, am 29.7.2014, am 31.7.2014, am 1.8.2014, am
2.8.2014, am 4.8.2014, am 11.8.2014, am 13.8.2014, am 19.8.2014, am 21.8.2014, am 24.8.2014, am 27.8.2014, am 1.9.2014, am 2.9.2014, am 3.9.2014, am 4.9.2014, am 5.9.2014, am 6.9.2014, am
9.9.2014, am 11.9.2014, am 16.9.2014, am 18.9.2014, am 19.9.2014, am 21.9.2014, am 22.9.2014, am 23.9.2014, am 3.10.2014, am 6.10.2014, am 7.10.2014, am 10.10.2014, am 13.10.2014, am 12.11.2014,
am 13.11.2014, am 11.12.2014, am 12.12.2014, am 13.12.2014, am 15.12.2014, am 16.12.2014, am 17.12.2014, am 18.12.2014, am 22.12.2014, am 15.1.2015, am 20.1.2015, am 22.1.2015, am 28.1.2015, am
5.2.2015, am 6.2.2015, am 17.2.2015, am 18.2.2015, am 19.2.2015, am 21.2.2015, am 26.2.2015, am 27.2.2015, am 4.3.2015, am 6.3.2015, am 7.3.2015, am 9.3.2015, am 10.3.2015, am 14.3.2015, am
15.3.2015, am 23.3.2015, am 24.3.2015, am 27.3.2015, am 28.3.2015, am 30.3.2015, am 2.4.2015, am 3.4.2015, am 6.4.2015, am 8.4.2015, am 9.4.2015, am 10.4.2015, am 12.4.2015, am 14.4.2015, am
15.4.2015, am 17.4.2015, am 23.4.2015, am 27.4.2015, am 29.4.2015, am 4.5.2015, am 5.5.2015, am 8.5.2015, am 9.5.2015, am 12.5.2015, am 13.5.2015, am 18.5.2015, am 19.5.2015, am 22.5.2015, am
28.5.2015, am 29.5.2015, am 30.5.2015, am 1.6.2015, am 2.6.2015, am 5.6.2015, am 6.6.2015, am 7.6.2015, am 8.6.2015, am 9.6.2015, am 11.6.2015, 12.6.2015, am 13.6.2015, am 15.6.2015, am
18.6.2015, am 19.6.2015, am 20.6.2015, am 21.6.2015, am 22.6.2015, am 25.6.2015, am 27.6.2015, am 29.6.2015, am 30.6.2015, am 1.7.2015, am 2.7.2015, am 3.7.2015, am 7.7.2015, am 8.7.2015, am
9.7.2015, am 13.7.2015, am 15.7.2015, am 29.7.2015, am 9.8.2015, am 14.8.2015, am 19.8.2015, am 29.8.2015, am 31.8.2015, am 2.9.2015, am 17.9.2015, am 16.10.2015, am 17.10.2015, am 19.10.2015, am
21.10.2015, am 22.10.2015, am 31.10.2015, am 3.11.2015, am 4.11.2015, am 8.11.2015, am 13.11.2015, am 21.11.2015, am 23.11.2915, am 24.11.2015, am 26.11.2015, am 27.11.2015, am 30.11.2015, am
1.12.2015, am 2.12.2015, am 5.12.2015, am 7.12.2015, am 8.12.2015, am 17.12.2015, am 18.12.2015, am 21.12.2015, am 24.12.2015, am 1.1.2016, am 4.1.2016, am 6.1.2016, am 7.1.2016, am 8.1.2016, am
10.1.2016, am 11.1.2016, am 15.1.2016, am 17.1.2016, am 19.1.2016, am 21.1.2016, am 22.1.2016, am 25.1.2016, am 26.1.2016, am 29.1.2016, am 2.2.2016, am 6.2.2016, am 13.2.2016, am 14.2.2016, am
15.2.2016, am 19.2.2016, am 23.2.2016, am 24.2.2016, am 29.2.2016, am 9.3.2016, am 16.3.2016, am 17.3.2016, am 9.4.2016, am 10.4.2016, am 23.4.2016, am 26.4.2016, am 6.5.2016 und am 9.5.2016, am
17.5.2016, am 20.5.2016, am 30.5.2016, am 31.5.2016, am 1.6.2016, am 9.6.2016, am 10.6.2016, am 12.6.2016, am 5.7.2016, am 6.7.2016, am 14.7.2016, am 15.7.2016, am 18.7.2016, am 21.7.2016, am
22.7.2016, am 25.7.2016, am 26.7.2016, am 9.8.2016, am 10.8.2016, am 11.8.2016, am 12.8.2016, am 15.8.2016, am 16.8.2016, am 17.8.2016, am 18.8.2016, am 20.8.2016, am 21.8.2016, am 22.8.2016, am
24.8.2016, am 25.8.2016, am 31.8.2016, am 6.9.2016, am 7.9.2016, am 16.9.2016, am 17.9.2016, am 19.9.2016, am 20.9.2016, am 27.9.2016, am 29.9.2016, am 30.9.2016, am 5.10.2016, am 7.10.2016, am
10.10.2016, am 13.10.2016, am 21.10.2016, am 22.10.2016, am 24.10.2016, am 25.10.2016, am 30.10.2016, am 1.11.2016, am 2.11.2016, am 13.11.2016, am 21.11.2016, am 22.11.2016, am 9.12.2016, am
12.12.2016, am 13.12.2016, am 22.12.2016, am 29.12.2016, am 2.1.2017, am 22.1.2017, am 23.1.2017, am 24.1.2017, am 26.1.2017, am 30.1.2017, am 1.2.2017, am 4.2.2017, am 10.2.2017, am 5.3.2017, am
18.3.2017, am 21.3.2017, am 22.3.2017, am 3.5.2017, am 14.5.2017, am 31.5.2017, am 11.6.2017, am 16.6.2017, am 19.6.2017, am 3.7.2017, am 6.7.2017, am 8.7.2017, am 10.7.2017, am 17.7.17, am
20.7.2017, am 23.7.2017, am 24.7.2017, am 30.7.2017, am 2.8.2017, am 3.8.2017, am 9.8.2017, am 27.8.2017, am 28.8.2017, am 2.9.2017, am 3.9.2017, am 6.9.2017, am 7.9.2017, am 10.9.2017 und am
8.10.2017, am 28.10.2017, am 30.10.2017, am 9.11.2017, am 16.11.2017, am 25.12.2017, am 12.1.2018, am 25.4.2018, am 30.4.2018, am 8.5.2018, am 19.5.2018, am 24.5.2018, am 26.7.2018, am 27.7.2018,
am 30.7.2018, am 10.8.2018, am 5.9.2018, am 12.10.2018, am 19.12.2018, am 27.12.2018, am 9.1.2019, am 10.1.2019, am 13.1.2019, am 17.1.2019, am 18.1.2019, am 24.1.2019, am 11.2.2019, am
4.3.2019, am 18.3.2019, am 27.3.2019, am 7.4.2019, am 2.5.2019, am 6.5.2019, am 16.5.2019, am 17.5.2019, am 18.5.2019, am 19.5.2019, am 20.5.2019, am 28.5.2019, am 31.5.2019, am 14.6.2019, am
17.6.2019, am 3.7.2019, am 5.8.2019, am 8.8.2019, am 24.8.2019, am 7.10.2019, am 8.10.2019, am 10.10.2019, am 3.11.2019, am 17.11.2019, am 10.12.2019, am 7.2.2020, am 12.2.2020, am 16.3.2020, am
5.5.2020, am 12.5.2020, am 25.5.2020, am 20.7.2020, am 24.10.2020, am 6.12.2020, am 7.2.2021, am 21.3.2021 und am 7.4.2021
KAPITEL 5
Drei Empfehlungen von Dr. Hartwig Raeder vom 29. Januar 2012
1. In allen medizinischen Texten ist die eventuell vorhandene falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² immer durch die Einheit ml/min zu ersetzen.
2. Alle Laboratorien geben die Laborwerte zur Nierenfunktion immer unter Angabe der verwendeten Formel als GFR = x ml/min an.
3. Zur Stadieneinteilung nach dem 90-60-30-15-Schema können Ärzte durch multiplikative Äquivalenzumformung normieren: GFR (1,73 m²/KOF) = x (1,73 m²/KOF) ml/min.
Jetzt sind rechts die drei Zahlen x, KOF und 1,73 zu einer einzigen Zahl zusammenzufassen.
4. Die wahre GFR erhält man aus der normierten GFR durch Multiplikation mit (KOF/1,73 m²). Diese Multiplikation der normierten GFR mit (KOF/1,73 m²) nenne ich Antinormierung oder Rückgängigmachung (Rückrechnung) einer gemachten Normierung.
Also GFR = GFR(1,73 m²/KOF)(KOF/1,73 m²) = GFR
= x(1,73 m²/KOF)(KOF/1,73 m²) ml/min = x ml/min.
(Zusätze vom 6. Mai 2012 und vom 16. Mai 2013)
5. Der Labor-Befundbogen einer achtzigjährigen Schwarzen (196 cm, 180 kg, KOF = 3 m²) könnte beispielsweise folgendermaßen aussehen:
Kreatinin 2,1 mg/dl
Harnstoff 43,8 mg/dl
Albumin 7,1 g/dl
Kreat.-Cl. (Cockc.-G.) 60,7 ml/min
Kreat.-Cl.(1,73 m²/3 m²) 35,0 ml/min Stadium 3 ICD-10 N 18.3 G
GFR (MDRD) 37,5 ml/min
GFR(1,73 m²/3 m²) 21,6 ml/min Stadium 4 ICD-10 N 18.4 G
GFR (CKD-EPI) 25,1 ml/min
GFR(1,73 m²/3 m²) 14,5 ml/min Stadium 5 ICD-10 N 18.5 G
(Zusatz vom 27.7.2012)
6.) Zusatz vom 12.3.2015: Alle üblichen Laborwerte sind Konzentrationen mit der Dimension Masse pro Volumen. Die GFR ist die einzige Ausnahme. Die GFR hat die Dimension Volumen pro Zeit. Diese Ausnahme bedingt eine besondere Sorgfaltspflicht aller Ärzte.
7. Ergänzung vom 7.2.2021:
a) Die üblichen GFR-Schätzformeln können nur bei ausreichend hydrierten Gesunden Verwendung finden.
b) Denn bei jeder Reduktion des Herzzeitvolumens vergrößern die Tubuli zur Kompensation ihre Rückresorptionsquote und erhöhen so die Plasmaspiegel und damit auch die Urinspiegel aller harnpflichtigen Stoffe.
c) Einzig Cystatin C wird bei Oligurie oder Anurie zwar ebenfalls vermehrt tubulär rückresorbiert, dann aber in den Tubuli vollständig abgebaut. Deswegen erhöht sich der Plasmaspiegel nicht.
d) Im klinischen Alltag bringen also nur die zahlreichen ausschließlich Cystatin-C-basierten GFR-Schätzformeln einen relevanten Erkenntnisgewinn hinsichtlich einer Niereninsuffizienz.
KAPITEL 6
Epilog - Chronologie
"Die Klugheit des Fuchses wird oft überschätzt,
weil man ihm die Dummheit der Hühner als Verdienst anrechnet."
Hans Kasper alias Dietrich Huber (24.5.1916 bis
3.9.1990)
"Wer sich über Kritik ärgert, gibt zu, dass sie verdient war."
Publius Cornelius Tacitus (von 58 bis 120)
"Der beste Weg, um andere zu bewegen, ist
es, sich selbst zu bewegen."
Francois Hollande, Juni 2012
"Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf,
aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher."
Eugen Berthold Friedrich Brecht (10.2.1896 bis 14.8.1956)
1.) Schon seit 2004 fragte ich Ober- und Chefärzte, was ich mit der Einheit ml/min/1,73 m² anfangen solle. Muss ich normieren? Wenn ja, wie? Keiner konnte meine Fragen beantworten. Seither wende ich mich mit zunehmender Intensität gegen die falsche Einheit. Das viel wichtigere Problem der Normierung beschäftigt mich intensiver jedoch erst seit etwa einem Jahr. Am 8.12.2011 ging ich mit dieser Website an die Öffentlichkeit; häufig habe ich sie seither aktualisiert und ergänzt.
2.) Zuerst am 7.12.2007 fragte ich beim Deutschen Ärzteblatt nach, was denn die falsche Einheit ml/min/1,73 m² bedeuten solle. Man schickte mir Kopien der oben zitierten "Praxis der Nephrologie" (zweite Auflage von Christine K. Keller und Steffen K. Geberth; siehe oben die Absätze 27 und 28 der Appendix Normierung; siehe auch den Kommentar Nummer 3) mit der falschen Einheit zur Begründung. Eine Publikation meiner damals noch fünfseitigen Zusammenfassung im Deutschen Ärzteblatt wurde am 4.3.2011 abgelehnt. Diese Zusammenfassung habe ich seither ständig ergänzt und überarbeitet; sie war die Grundlage dieser Website. Eine nephrologische Fachzeitschrift interessierte das Thema auch nicht.
3. a) Seit dem 9.5.2010 versuche ich vergeblich, eine Korrektur beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate bei Wikipedia zu erreichen. Mein dortiger Diskussionsbeitrag (Nummer 7: "Einheit") ist allerdings sehr lang geworden.
b) Erfolgsmeldung: Seit dem 12.3.2014 fehlen die falschen Einheiten vollständig. Siehe unten Absatz 234.
4.) Von den umliegenden Laboratorien und Kliniken hier in Ostwestfalen-Lippe verwendet jetzt nur noch ein Haus die falsche Einheit. - Am 2.4.2012 teilt mir diese Klinik mit: "Ich danke Ihnen für den Hinweis hinsichtlich der GFR. Die Einheit und Schreibweise ml/min/1,73 qm wurden hier aus historischen Gründen bisher immer beibehalten. Wir werden dies jetzt auf ml/min ändern."
5. a) Das "Klinische Wörterbuch" von Willibald Pschyrembel verwendet (wohl als Folge meiner wiederholten Kritik) ab der 263. Auflage ("Klinisches Wörterbuch 2012", erschienen 2011, Seite 1461) die richtige Einheit. Es fehlt aber seit 1982 der Hinweis auf die Normierung.
b) Ab der 263. Auflage (Willibald Pschyrembel: "Klinisches Wörterbuch 2012", Berlin 2011; Seiten 673 beziehungsweise 1461) findet sich unter den Stichwörtern Filtrationsrate und Niereninsuffizienz jeweils die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min mit dem ebenfalls richtigen Hinweis "bei 1,73 m² Körperoberfläche". - Dieser Hinweis soll wohl eine Aufforderung zum Normieren nach der von mir vorgeschlagenen Formel GFR(1,73 m²/KOF) sein. Eine ausführliche Erklärung wie früher fehlt leider noch immer (siehe oben Kapitel 3, Absatz 3.i). Von 1959 bis 1977 wurde die jetzt von mir vorgeschlagene Formel unter dem Stichwort Clearance beispielhaft in Worte gefasst. Unklar bleibt, warum dieser extrem wichtige Hinweis seither fehlt.
c) Besonders gut ist in den neueren Auflagen (ab Auflage 263) des Klinischen Wörterbuches von Willibald Pschyrembel das Wort "bei" vor der Standardkörperoberfläche von 1,73 m². Im Gegensatz zu "per" oder "pro" verleitet es nicht zum verbotenen Dividieren, wohl aber zum erwünschten Normieren.
d) Dieses wichtige Wort "bei" fehlt in den Auflagen 260 (2004) bis 262 (2010). Statt dessen findet sich ein x als Multiplikationszeichen. Ohne Klammern ist es zweideutig; außerdem ist es überflüssig und somit doppelt falsch.
6.) Eine Korrektur der deutschen Leitlinien habe ich erbeten. Man will sich dort mit meinem Standpunkt auseinandersetzen.
7.) Eine Korrektur der German Modification (GM) der ICD-10-GM 2010 und 2012 habe ich am 6.2.2012 angeregt. Die englischsprachige Originalausgabe ICD-10 hat übrigens die richtige Einheit der Nierenfunktion. Das Problem der Normierung wird auch hier nicht erkannt. - Zuständig ist das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in Köln; es handelt sich um "ein Institut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)". Das DIMDI teilte mir am 10.5.2012 mit: "Wir haben diese Frage an die zuständige medizinische Fachgesellschaft (DGfN) weitergeleitet. Uns wurde seitens der Fachgesellschaft geraten, die Darstellung der GFR zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu ändern, da es sich um einen internationalen Standard handelt." Wann denn, wenn nicht heute? Siehe unten Absatz 13.
8.) Wenn man in den Suchmaschinen Yahoo, Bing oder Google nach dem Term GFR (1,73 m² / BSA) sucht, findet man bis heute (8.3.2012) nur meine vorliegende Arbeit. - Der Kampf bei Google Fight am 6.4.2012 zwischen GFR(1,73 m²/BSA) und GFR(BSA/1,73 m²) ergibt 3240 Resultate gegen 303 Resultate.
9.) Einige Treffer bei der Internet-Suche nach GFR(1,73 m²/BSA) thematisieren das Problem der Normierung am Rande, ohne jedoch den Term GFR(1,73 m²/BSA) zu erwähnen. Im Gegenteil wird gelegentlich der falsche Term GFR(BSA/1,73 m²) empfohlen.
10.) Den bislang einzigen (siehe aber unten Absatz 44) halbwegs korrekten Hinweis auf den Term GFR(1,73 m²/BSA) fand ich im Internet in einer email-Antwort von Mohamed Samer Mouksassi vom 31.3.2009 an Makesh Samtani:
"GFR corrected = (GFR * 1,73)/BSA".
Die Klammersetzung ist ungewöhnlich, die Quadratmeterangabe fehlt, das Wort Korrektur ist falsch. Gelegentlich findet sich im Internet "CCr x 1.73 /BSA" als normierte Kreatininclearance. Auch hier fehlt die Quadratmeterangabe im Zähler; die Einheit ml/min per 1.73 m² ist falsch.
11.a) Ein habilitierter Kindernephrologe (Dirk Erhard Müller-Wiefel, Vorsitzender der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie, GPN) schreibt mir, alle seine Fachkollegen würden nach GFR(1,73 m²/KOF) richtig normieren. Entsprechende Literaturstellen suche ich bislang allerdings vergeblich. Als Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung empfahl er mir die Lektüre von "Pediatric Dialysis" von Bradley Alan Warady, Franz Schäfer und Steven Roy Alexander (Second Edition, Springer Verlag, New York, Dordrecht, Heidelberg, London 2012). In diesem Standardwerk wird nicht einmal auf die tatsächliche GFR der Kinder Bezug genommen. Vielmehr wird auf den Seiten 86f die normierte Clearance mit der tatsächlichen Clearance verwechselt. Links vom Gleichheitszeichen findet sich die Clearance C, rechts vom Gleichheitszeichen findet sich dagegen die normierte Clearance C(1,73 m²/BSA). Die Quadratmeterangabe im Zähler wird vergessen. Häufig wird unsystematisch die falsche Einheit ml/min/1,73 m² verwendet. Unverständlich bleibt, wie eine Verwechslung von GFR und GFR(1,73 m²/BSA) beziehungsweise von C und C(1,73 m²/BSA) vermieden werden soll. In der Schätzformel nach Schwartz auf Seite 87 wird vergessen, dass die Konstante k eine solche Einheit haben muss, dass sich multiplikativ das Ergebnis ml/min ergibt. k = 0,55 (ml/min) (mg/cm)/dl = 0,55 (mg/m)/min. Außerdem gibt diese Schätzformel systemwidrig die tatsächliche GFR und nicht die normierte GFR an. Das besonders in der Kindernephrologie sehr wichtige Problem der Normierung wird nicht erwähnt. Hinsichtlich der Nierenfunktion ist dieses Buch also unbrauchbar.
b) In seiner eigenen Arbeit schreibt Dirk Erhard Müller-Wiefel zum Beispiel auf Seite 314 von "einer wesentlichen Restfunktion (GFR kleiner als 3 ml/min/1,73 m²)" (Zitat: "Dialyse im Kindesalter", von Karl Schärer und Dirk Erhard Müller-Wiefel, in: "Blutreinigungsverfahren", 3. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1985, herausgegeben von Hans Eduard Franz, Seiten 298 bis 318) und auf Seite 298: "Die Glomerulusfiltration pro 1,73 m² Körperoberfläche steigt von etwa 20 ml/min beim Neugeborenen innerhalb von zwei Jahren auf die Erwachsenenwerte an." (Quelle auch: in: "Blutreinigungsverfahren", 5. Auflage, Seite 390, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1997, herausgegeben von Hans Eduard Franz und Walter Hermann Hörl, Seiten 390 bis 406) - Die erste Nierenfunktionseinheit ist falsch, die zweite ist richtig. Vermutlich ist die erste GFR nicht, die zweite dagegen doch normiert. Das wird jedoch nicht klar durch die Angabe von GFR(1,73 m²/KOF) zum Ausdruck gebracht. Insofern ist auch diese Arbeit zweifelhaft.
c) Nachtrag vom 18.7.2016:
Schon im Februar 1977 gab Dirk Erhard Müller-Wiefel keinerlei Hinweise auf die Tatsache, dass auch gesunde Kinder eine im Vergleich zu Erwachsenen geringere Nierenfunktion haben. Auf Seite 279 beschreibt er zwar eine Körperoberfläche, "die im Mittel bei 0,98 m² lag." Die Möglichkeit einer Normierung der Nierenfunktion auf eine Standardkörperoberfläche erwähnt er jedoch nicht. - Quelle: Dirk Erhard Müller-Wiefel, H. Sinn, G. Gilli und Karl Schärer: "Der Einfluß der intermittierenden Hämodialyse auf die Anämie bei Kindern mit chronischer Niereninsuffizienz", in: "Aktuelle Probleme der Dialyseverfahren und der Niereninsuffizienz - VI. Symposium in Innsbruck vom 27. Februar bis 28. Februar 1977", herausgegeben von P. von Dittrich und K. F. Kopp, Verlag Carl Bindernagel, Friedberg/Hessen 1977, gefördert von der Firma Dr. E. Fresenius KG, Seiten 278 bis 284.
12.) Mein Hinweis an die WHO in Genf vom 11.2.2012 zur Frage der Normierung wurde bislang nicht beantwortet.
13.) Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) will meine "Überlegungen einem größeren nephrologischen Publikum zur Verfügung stellen." Siehe auch oben Absatz 7. - Der Präsident der DGfN ist Reinhard Richard Brunkhorst (siehe unten die Absätze 61 und 71).
14.) Weitere Kommentare würde ich sehr begrüßen.
15.) In der vorliegenden Arbeit habe ich mehr als fünfzig verschiedene nephrologische Schätzformeln und Messverfahren namentlich erwähnt (nicht erwähnt wurden die Mayo-Klinik-Formel, die Formel von Jens Bröchner-Mortensen sowie die Formel nach Filler für Kinder). Das allein lässt eine gewisse Redundanz und somit einen dringenden Handlungsbedarf der Verantwortlichen vermuten.
16.) In der vorliegenden Arbeit habe ich mehrere Normierungsverfahren erwähnt:
GFR(1,73 m²/BSA) = GFR/(BSA/1,73 m²) Einheit ml/min
GFR/BSA (BSA = Körperoberfläche) Einheit (ml/min)/m² = µm/min
GFR/KG (KG = Körpergewicht) Einheit (ml/min)/kg
GFR/H (H = Körpergröße) Einheit (ml/min)/m
GFR/H² (H² = Quadrat der Körpergröße) Einheit (ml/min)/m² = µm/min
GFR/BMI (BMI = body mass index) Einheit (ml/min)/(kg/m²)
GFR/EZF (EZF = Extrazellularflüssigkeit) Einheit (ml/min)/ml = 1/min
Vieles spricht für die erste Formel.
Sogar die Veterinäre könnten sie verwenden.
Die Verantwortlichen sollen dazu Stellung nehmen.
Bislang bin ich wohl der Einzige, der die Formel GFR(1,73 m²/BSA) propagiert.
17.) Am 13.4.2012 schreibt mir eine große deutsche Sozialversicherung: "Danke für Ihren Hinweis zur Einheit der Nierenfunktion, wir haben die Änderung vorgenommen."
18.) Schlimm ist auch folgendes Ergebnis bei Google fight am 17.4.2012:
Cockcroft : Cockroft = 162 000 Resultate : 52 900 Resultate = richtig : falsch.
19.) Am 11.5.2012 fragte ich in Berlin einen Nephrologen, was er mit der GFR-Angabe eines Kleinkindes oder eines 400-kg-Menschen mache. Er wolle sich den Patienten genauer ansehen. Das ist sicher nicht falsch. Besser wäre, er würde seinen Patienten zusätzlich noch wiegen und messen und anschließend die Körperoberfläche zum Normieren verwenden. Nur so wird der Nierenfunktionswert aussagekräftig und vergleichbar.
20. a) Am 10.5.2012 schreibt die Ärzte-Zeitung: "Um Überdiagnosen bei chronischen Nierenerkrankungen zu minimieren, haben US-Nephrologen eine neue Formel für die Glomeruläre Filtrationsrate erarbeitet. Diese CKD-EPI-Formel berücksichtigt dieselben Störgrößen wie die bisherige MDRD-Formel (Muskelmasse, Aktivität, Alter, Geschlecht, Diät) für den Kreatininwert, gewichtet sie aber anders. In einer Metaanalyse mit Daten zu 1,1 Millionen Erwachsenen über 7,4 Jahre betrug die Prävalenz der Niereninsuffizienz 6,3 statt 8,7 Prozent wie mit MDRD, und die Prognose der 'Wechsler' war tatsächlich günstiger". Diese Zeitungsnotiz ist in mehrfacher Weise unzutreffend. Die CKD-EPI-Formel ist nicht neu, sondern vom 5.5.2009 (siehe oben Absatz Y im Hauptartikel). Muskelmasse, Aktivität und Diät können von der Schätzformel gar nicht berücksichtigt werden, weil das Labor diese Störgrößen (?) gar nicht kennt. Die Ärzte-Zeitung bezieht sich auf folgenden JAMA-Artikel: Kunihiro Matsushito (von der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland, USA) et alii: "Comparison of Risk Prediction Using the CKD-EPI Equation and the MDRD Study Equation for Estimated Glomerular Filtration Rate", The Journal of the American Medical Association, 2012; 307 (18): pages 1941-1951. Einer der Koautoren ist wiederum Andrew Simon Levey. Die Einheit der Nierenfunktion ist wieder durchgängig falsch; das Problem der Normierung wird nicht thematisiert. Der Wert dieser Publikation bleibt zweifelhaft.
b) Eine ähnliche Meldung zu diesem JÀMA-Artikel findet sich auch am 29.6.2012 im Deutschen Ärzteblatt von Rüdiger Meyer: "Nierenfunktion: MDRD-Parameter wurden neu gewichtet und evaluiert" (Dtsch Arztebl Int 2012; 109(26): Seite A 1378). Erwartungsgemäß findet sich hier wieder die falsche Nierenfunktionseinheit; das Problem der Normierung wird nicht erkannt.
c) Ein analoger Artikel findet sich ebenfalls am 29.6.2012 in Medical Tribune (47. Jahrgang, Nummer 26, Seite 15) unter der Überschrift "Stadien präziser eingeordnet, Risiken genauer erfasst: Neue Formel erleichtert die Nierendiagnostik". Auch hier durchgehend die falsche Nierenfunktionseinheit ohne Hinweis auf die Normierung.
d) Analog auch Martin O. Weickert: "CKD-EPI-Gleichung: Akkurater zur Kategorisierung nach Mortalitätsrisiken und terminaler Nierenerkrankung als MDRD-Gleichung", in: Diabetes Congress-Report, Ausgabe 3/2012, 12. Jahrgang, Seite 44. Zitat: "Dennoch besteht auch bei dieser Methode das Risiko, gesunde Personen fälschlich mit CKD-Stadium 3 zu klassifizieren, sodass die Methode ein Screening-Tool bleibt, dessen Ergebnisse sorgsamer Interpretation bedürfen." Ein Risiko, gesunde Personen als nierenkrank zu klassifizieren, besteht nicht, denn ohne Nierenkrankheit darf man nicht klassifizieren, auch nicht bei schlechtesten Laborwerten. Für die "sorgsame Interpretation" ist jedoch immer zwingend eine Normierung erforderlich. Außerdem fehlt "bei" nach "und" im Titel.
21.) Einem Nephrologen wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen die Genehmigung zur Dialyse entzogen, weil "er auch Patienten mit der Dialyse behandelt, bei denen der Kreatinin-Clearance-Wert die als ausreichend angesehene Schwelle nicht unterschreitet." Denn "offenkundig sei der Internist bei den Voraussetzungen für eine Dialyse nicht auf dem Stand der Dinge und daher 'grundsätzlich ungeeignet', betonte nun das" Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle in einem Beschluss. Zitate: Ärzte Zeitung, 19.7.2012: "Gute Dialyse wichtiger als Ruin des Arztes". - Hätte der Arzt richtig normiert, wäre das vielleicht nicht passiert. Denn Übergewichtige sind mit Normierung kränker als ohne Normierung. - Siehe unten Absatz 71.
22.) Zunehmend gewinne ich den Eindruck, dass manche Ärzte (als Folge meiner Kritik?) die GFR nicht mehr verwenden, um die Probleme sowohl der notwendigen Normierung als auch der richtigen Einheit zu umgehen. Jeder kann sich ja mit Hilfe der bekannten Formeln aus den Laborkonzentrationen selbst die wahre GFR und anschließend bei Bedarf aus Größe und Gewicht die normierte GFR ausrechnen. Wenn dann wirklich die GFR(1,73 m²/BSA) berechnet würde, wäre das ein Fortschritt. Wenn aber aus Harnstoff, Albumin und Kreatinin die GFR nicht berechnet wird, wäre das ein nicht beabsichtigter Rückschritt.
23.a) Durch Fälschung von Laborwerten kommt es zu einem "Medizinskandal an der Uniklinik Göttingen". "In der Klinik soll ein Oberarzt mindestens zwei Dutzend Patienten auf dem Papier viel kränker gemacht haben als sie waren." (Zitate: Zeitungsmeldungen vom 21.7.2012: Ulrike von Leszczynski, Westfalen-Blatt Nummer 168/2012, 168. Jahrgang, Herforder Kreisblatt, Seite 4: "Zweifel am System: Neue Leber nur gegen Bares?") - Juristen streiten sich über die Strafbarkeit solcher Fälschungen. Laborwerte kann man auch durch Normierungen oder Nichtnormierungen manipulieren. Forensisch wird zu klären sein, ob dabei Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit (dolus eventualis) vorliegen. Auch Falschnormierungen durch Unwissenheit sind justiziabel. Siehe dazu oben auch Absatz 17 in der Appendix "Stadieneinteilung".
b) In der Universitätsklinik Göttingen seien in den vergangenen Jahren dabei "auch krankhafte Nierenwerte in Krankenakten geschrieben worden. Als 'dilettantisch' seien die Fälschungen deshalb zu bewerten, weil zum Beispiel hohen Kreatininwerten keine dann ebenfalls notwendigerweise hohe(n) Harnstoffwerte im Urin (sic!) entsprochen hätten, ... denn wer nicht nur eine kaputte Leber, sondern darüber hinaus auch unzureichend arbeitende Nieren hat, steigt auf der Liste nach oben." (Zitate: Peter Stuckhard: "Skandal um Organspenden: Reiche Patienten bevorzugt", in: Lippische Landes-Zeitung vom 21./22. Juli 2012, 246. Jahrgang, Nummer 168/29, Seite 1) - Ein gewünschtes Upgrading (Priorisierung) hätte der Transplantationschirurg in einigen Fällen gewiss auch durch ein korrektes Normieren erreichen können. Das wäre dann weder verboten noch verwerflich gewesen. Vorwerfbar wäre ein pflichtwidriges Unterlassen einer erforderlichen Normierung. Verbotene Fälschungen können zum selben Ergebnis wie gebotene Normierungen führen. Das sollten die Staatsanwaltschaft Braunschweig und die Landesärztekammer Niedersachsen berücksichtigen. Die eklatante Uneinheitlichkeit in der nephrologischen Fachliteratur müsste gegebenenfalls als mildernder Umstand (Milderungsgrund nach §§ 49f StGB) gewertet werden.
c) Matthias Kamann und Johannes Wiedemann ergänzen in "Die Welt" vom 21.7.2012 auf Seite 6 ("Sündenfall der Organspende"): "Laut der 'Süddeutschen Zeitung' sollen in Göttingen einigen Leberkranken auch noch Nierenprobleme angedichtet worden sein, was eine Transplantation als dringlicher habe erscheinen lassen." Auch die Prüfkommission der Bundesärztekammer, die Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer und die Deutsche Transplantationsgesellschaft in Regensburg befassen sich zur Zeit mit gut zwanzig weiteren Verdachtsfällen aus den Jahren 2010 und 2011 um diesen Oberarzt von der "Universitätsmedizin Göttingen". Die Rede ist vom Verdacht der Urkundenfälschung, von der Prüfung auf einen Anfangsverdacht auf Körperverletzung oder auf Tötungsdelikte, von Betrug und vom Vorwurf der Bestechlichkeit. "Der Oberarzt, von dem sich die Klinik getrennt hat, bestritt gegenüber der Leitung des Krankenhauses alle Vorwürfe." - Das "Andichten von Nierenproblemen" wird wegen falscher Einheiten und fehlender Normierungen kriminalistisch und kriminologisch schwer zu fassen sein.
d) Gegen diesen ehemaligen Leiter der Göttinger Transplantationschirurgie, den Leitenden Oberarzt Prof. Dr. med. Aiman Obed, wird auch wegen des Verdachtes auf Organhandel ermittelt. Christina Berndt schreibt dazu am 20.7.2012 in "Süddeutsche.de Gesundheit": "Auch Eurotransplant hat Konsequenzen aus dem Fall gezogen. Künftig muss jeder Internist, der einem Patienten Dialysepflicht bescheinigt, bei der Meldung für die Warteliste namentlich genannt werden." Denn: "Schlechte Blut- und Nierenwerte setzen den Score ebenso herauf wie das Notwendigwerden einer Dialyse." - Vermutlich wurde das Problem der Normierung der Nierenfunktion auch auf dem streng geheimen Mitgliedertreffen der Deutschen Transplantationsgesellschaft am 16.7.2012 in Berlin nicht thematisiert.
e) Am 23.7.2012 zitiert die Ärzte-Zeitung (Ausgabe 134, Jahrgang 31, Seite 4) Wolf Bechstein vom Universitätsklinikum in Frankfurt am Main, den Präsidenten dieser Deutschen Transplantationsgesellschaft: "Inzwischen müsse ein Dialysearzt bestätigen, dass ein Patient tatsächlich die Blutwäsche benötige." - Siehe oben Absatz 21.
f) Am 27.7.2012 schreibt Christina Berndt in "Süddeutsche.de Gesundheit": "Weil die Leber- und Nierenwerte der Patienten so wichtig sind, arbeiten Chirurgen in der Transplantationsmedizin eng mit Internisten zusammen. Insider hatten schon lange den Verdacht: 'Bei der Entscheidung zur Transplantation spielt der Internist die entscheidende Rolle. Er erhebt die Befunde und trifft die Entscheidung', teilte ein Kenner der Szene der" Süddeutschen Zeitung mit. - Bei etwa einhundert verschiedenen Formeln für die Nierenfunktion lässt sich leicht nahezu jedes gewünschte Niereninsuffizienzstadium auch ohne Fälschung errechnen, besonders wenn man normiert oder eben nicht normiert. Nicht jede Manipulation ist eine Fälschung. Auch ist die Frage der Priorität nicht geklärt: Soll der Schwerkranke das Transplantat erhalten, weil er schwer krank ist? Oder soll es der Minderkranke bekommen, weil er es voraussichtlich viel länger nutzen kann? Von einer Leberspende hätte vielleicht ein Empfänger mit schwerer Leberkrankheit und leichter Nierenkrankheit den größten Nutzen. Bei der Nierentransplantation wäre es umgekehrt. - Erinnert sei hier jedoch auch an das hepatorenale Syndrom.
g) Die Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland schreibt am 28.7.2012 (Nummer 174) auf Seite 1 "Die Staatsanwaltschaft Göttingen geht nun auch dem Verdacht der fahrlässigen Tötung in 23 Fällen nach." und auf Seite 2 "Das Meld-Score-System wurde Ende 2006 nach amerikanischem Vorbild eingerichtet; der Begriff steht für 'Model for End-stage Liver Disease'. Der Meld-Score spielt nur bei Lebertransplantationen eine Rolle; er wird aus drei Laborwerten errechnet, die man durch Blutanalysen ermittelt. Gemessen wird (gemeint: werden) die Konzentration an den Stoffen Bilirubin und Kreatinin und die Blutgerinnungszeit."
h) "Im Göttinger Organspendeskandal hat es die erste Festnahme gegeben. Der ehemals leitende Transplantationschirurg der Universitätsmedizin Göttingen sitzt wegen des dringenden Tatverdachts des versuchten Totschlags in neun Fällen sowie in jeweils einem Fall der schweren Körperverletzung und der Körperverletzung mit Todesfolge in Untersuchungshaft, wie die Staatsanwaltschaft Braunschweig mitteilte" (Zitat: Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 110, Heft 3/2013, 18.1.2013, Seite A 52).
i) "Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat Anklage gegen einen Arzt wegen elffachen versuchten Totschlags erhoben. Sie wirft dem Göttinger Transplantationschirurgen vor, er habe durch Falschangaben seine Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane begünstigt. Nach dem Organspendeskandal vor einem Jahr und Hinweisen auf Manipulationen auch an Kliniken in Regensburg, Leipzig und München brach die Spenderbereitschaft stark ein" (Zitat: "Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland", 21.6.2013, Seite 9).
24.) Viele große Laboratorien bieten in ihren Internetauftritten auch Laien die Möglichkeit einer Berechnung der GFR an. Durchgängig findet sich dort die falsche Nierenfunktionseinheit. Oft wird dadurch der falsche Eindruck einer bereits erfolgten Normierung auf die Standardkörperoberfläche erweckt. Wenn in seltenen Fällen das Problem der Normierung erwähnt wird, dann sind alle Beschreibungen falsch.
25.) Als Gesundheitsökonom frage ich mich, ob finanzielle Interessen eine korrekte Normierung verhindern. Genau das Gegenteil ist der Fall. Durch korrektes Normieren könnten die Nephrologen mehr verdienen. Denn tendenziell wird die Bevölkerung durch das Normieren kränker, weil die durchschnittliche Körperoberfläche in den letzten neunzig Jahren deutlich zunahm. Wenn der Nenner größer wird, wird die normierte GFR kleiner. - Vermutlich unzutreffend wäre auch die Vermutung, dass die Interessenverbände der Kostenträger eine korrekte Normierung verhindern.
26.) Seit Juli 2012 finden sich auf der Homepage des DIMDI alle alten und neuen deutschsprachigen Versionen des ICD-10-GM. Seit der Version 2004 findet sich im Kapitel Niereninsuffizienz bis hin zur Vorabversion 2013 immer die falsche Nierenfunktionseinheit "ml/min/1,73 m² Körperoberfläche". Es handelt sich um die alten Nummern N18.81 bis N18.84 (N18.85 wurde offenbar vergessen) beziehungsweise um die neuen Nummern N18.1 bis N18.5. Nur in der offiziellen deutschen Übersetzung der ICD-10-WHO Version 2011 findet sich die richtige Einheit ml/min ohne den falschen zusätzlichen Hinweis auf die Körperoberfläche. - Damit ist bewiesen, dass der Fehler nicht bei der WHO, sondern beim DIMDI liegt. Siehe oben die Absätze 7 und 12. Wenn sich das DIMDI auf die DGfN beruft, muss der Fehler dort korrigiert werden. Juristisch verantwortlich ist jedoch das DIMDI als Behörde und nicht die DGfN als Verein. Für den fehlenden Hinweis auf die zwingend erforderliche Normierung nach GFR(1,73 m²/BSA) sind jedoch WHO, DIMDI und DGfN gleichermaßen verantwortlich. Es besteht dringender Handlungsbedarf. - "Das Kuratorium für Fragen der Klassifikation im Gesundheitswesen (KKG)" sollte sich mit beiden Problemen (Nierenfunktionseinheit und Normierung) befassen. "Das KKG berät das Bundesministerium für Gesundheit bei der Erarbeitung, Pflege und Weiterentwicklung von amtlichen Klassifikationen im Gesundheitsbereich. Die Geschäftsstelle des KKG ist das DIMDI" (zitiert nach DIMDI). - Bei grober Fahrlässigkeit oder bei vorsätzlicher Schädigung von Patienten haftet das DIMDI (und damit die Bundesrepublik Deutschland) für Kunstfehler zusammen mit den beteiligten Ärzten. Die Dienstaufsicht obliegt dem Herrn Bundesminister.
27.) Irrtümlich wird in Band 2 auf Seite 2164 in Tinsley Randolph Harrisons "Innere Medizin" (Sonderausgabe, 17. Auflage, McGraw-Hill, Berlin 2009) behauptet, dass die MDRD-Formel das Patientengewicht berücksichtigt. Und auf Seite 2168 wird fälschlich unterstellt, bei Dialyse liege immer ein Stadium 5 der chronischen Niereninsuffizienz vor. Das Gegenteil ist richtig: Nur im Stadium 5 kann gegebenenfalls eine Dialyse indiziert sein.
28.) "Drug dosing is based on kidney function measurements or estimates that are not adjusted for body surface area. In these patients unadjusted estimated GFR can be computed by the following formulas:
GFR estimate (ml/min) = GFR estimate (ml/min/1.73 m²) x BSA/1.73."
Dieser Unsinn (Rückgängigmachung einer nicht gemachten Normierung) wird von der National Kidney Foundation in New York seit 2011 unter der Nummer 12-10-4004-ABB als Antwort auf Frage 43 der "Frequently Asked Questions About GFR Estimates" auf Seite 15 im Internet für Laien (und Ärzte?) verbreitet. Offenbar soll die wahre GFR mit der richtigen und die normierte GFR mit der falschen Nierenfunktionseinheit versehen werden. Noch viel schlimmer ist jedoch die allgemeine Empfehlung, die Medikamentendosierung immer auf die nicht normierte GFR zu beziehen. So sind Kunstfehler unvermeidlich. Denn nicht renal eliminierte Medikamente werden zum Beispiel oft in Abhängigkeit vom Körpergewicht dosiert. Bei schlechter Nierenfunktion kommt es nach der NKF-Empfehlung bei Kindern zu Unterdosierungen und bei Adipösen zu Überdosierungen. Es muss von Fall zu Fall entschieden werden. Ganz wichtig ist jedoch der Bezug auf die tatsächliche GFR bei renal filtrierten Substanzen. Hier ist die Normierung verboten. Siehe oben Kapitel 3 Absatz 51.
29.a) Im "Wörterbuch" der Konsultationsfassung "Zur Kommentierung freigegeben: Patientenleitlinie zu Nierenerkrankungen bei Diabetes" im Erwachsenenalter nach der letzten Aktualisierung am 15.8.2012 vom "Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin" findet sich auf Seite 113 die entlarvende Begriffsdefinition der Glomerulären Filtrationsrate mit dem Hinweis: "Als Maßeinheit wird häufig ml/min (Milliliter pro Minute) angegeben. Manchmal finden Sie auch die Einheit ml/min/1,73 m². Damit ist gemeint, dass die Körperoberfläche zur Bestimmung einbezogen wurde." - Am 16.8.2012 habe ich schriftlich bei der Redaktion in Berlin eine Richtigstellung angeregt. Auf die Notwendigkeit der Normierung wies ich hin. - Siehe oben im Kapitel 1 den Absatz R und im Kapitel 3 den Absatz 49 d.
b) Per Email erhalte ich am 14.9.2012 die folgende Antwort: "Daher habe ich Ihre Anmerkungen zur Ermittlung der GFR an die zuständigen ÄZQ-Referenten der ärztlichen Leitlinie weitergeleitet, damit die beteiligten Experten Ihre Hinweise bei der nächsten Aktualisierung diskutieren können." - Offenbar war diese Diskussion nicht erfolgreich (siehe oben Kapitel 3 Absatz 49 d).
30. a) Das Klinikum Herford beschreibt am 20.8.2012 im Laborblatt die Nierenfunktion des Patienten D.B. mit einer drittgradigen Niereninsuffizienz wie folgt:
"GFR (MDRD-Formel) 48,23 ml/min (Stadium 1 GFR > 90 normale GFR)". - Das Wort Formel hätte man sich sparen können. Dass eine nicht normierte GFR > 90 ml/min dem Stadium I entspricht, ist der falsche Hinweis für einen Patienten, der nach Normieren ein Stadium III hat. - Dass sich die (abgekürzte, verkürzte) GFR in der Rubrik Urinanalytik statt in der Rubrik Blutanalyse findet, dürfte auf einem Flüchtigkeitsfehler beruhen. - Eine identische Fehlerkombination findet sich auch bei der Patientin M. mit einer GFR = 80,67 im zweiten Stadium der Niereninsuffizienz ohne Normierung.
b) Bei meinem Patienten W. S. hat das Klinikum Herford im September 2012 viermal innerhalb von zehn Tagen die GFR nach der abgekürzten MDRD-Formel berechnet. Die zweite Hälfte des deswegen zweiseitigen Kumulativbefundes wird für vier identische Erklärungen der Schätzformel benötigt; aus Platzgründen wird der Text rechts jedoch abgeschnitten, so dass er unbrauchbar ist. Der Text für den Referenzbereich und für die übrigens richtige Einheit mit dem dreimal falschen Stadium I (ohne Normierung) benötigt fast die ganze Zeile. Deswegen finden sich die vier GFR-Werte unsystematisch über das Blatt verteilt. Zwei dieser Werte finden sich in den falschen Datum-Spalten; die beiden anderen finden sich am Beginn der nächsten Zeile ohne Bezug zum Analysedatum. Noch immer findet sich die GFR in der falschen Rubrik Urinanalytik. Was bedeuten die Abkürzungen K nach den vier Zahlenwerten mit übrigens zwei Nachkommastellen (Katastrophe?, Kaputt?, Kaos?)? Was bedeutet die Abkürzung "/.br/St" vor der Einheit ml/min?
Dabei sind meine Labor-Empfehlungen in Kapitel 5 doch so einfach!
c) Ein nahezu identischer Sachverhalt findet sich bei meiner Patientin S. S. mit folgendem Hinweis:
Die GFR-Berechnung mittels der verkürzten MDRD-Formel wurde für die Alte
Bei jüngeren Patienten ergibt sich eine ungenaue Schätzung (zumeist Über
bei älteren Patienten liegen die Werte wahrscheinlich ähnlich, sind aber
Obwohl die GFR auch hier viermal in acht Tagen bestimmt wurde, findet sich der verstümmelte Hinweis jetzt nur noch einmal.
d) Nach meiner wiederholten Kritik wurde offenbar im Januar 2013 das Laborblatt des Klinikums Herford hinsichtlich der GFR überarbeitet. Alle meine Kritikpunkte wurden berücksichtigt (siehe oben Kapitel 5). Ein Schnittstellenproblem sei eine der Ursachen des Durcheinanders gewesen. - Das Labor normiert nicht, weil es weder Gewicht noch Größe der Patienten kennt.
e) Leider war der Erfolg nur von kurzer Dauer. Bei meiner Patientin L.B. wurde im Mai 2013 innerhalb kurzer Zeit sechsundzwanzigmal die GFR bestimmt, alle Werte sind über acht Laborblätter ohne Zuordnung zum Analysedatum verstreut. Der überflüssige verstümmelte Text findet sich vierundzwanzigmal; allein dafür werden vier Seiten gebraucht.
f) Fortsetzung unten in den Absätzen 190 und 330.
31.) Ein hessischer Nephrologe hat sich für folgendes Vorgehen entschieden:
Die absolute GFR gibt er an als GFR = 68,4 ml/'/2,68 m²
und die relative GFR(1,73 m²/KOF) gibt er an als GFR = 44,1 ml/'/1,73 m².
Damit zwingt er seine Leser zu folgenden Gedankengängen:
"Eine Minute ersetze ich durch ein Apostroph. Die Äquivalenzumformung wende ich verbotener Weise nur auf den rechten Seiten des Gleichheitszeichens an. Deswegen hat die GFR bei mir zwei verschiedene Bedeutungen. Wenn ich die absolute GFR meine, ergänze ich die Einheit ml/min um den falschen Zusatz /KOF. Ich meine damit einen Bezug auf die Patientenkörperoberfläche. Wenn ich aber die relative GFR(1,73 m²/KOF) meine, ergänze ich die Einheit ml/min um den falschen Zusatz /1,73 m². Ich meine damit einen Bezug auf die Standardkörperoberfläche. Klammern lasse ich weg, weil ich nicht will, dass weiter dividiert wird."
Außerdem steht sein Vorschlag im Widerspruch zur falschen nephrologischen Weltliteratur. Dort wird die falsche Einheit ml/min/1,73 m² hauptsächlich bei der absoluten GFR angewendet.
Mathematisch und nephrologisch korrekt müsste er folgendermaßen schreiben:
GFR = GFR(KOF/KOF) = GFR(2,68 m²/2,68 m²) = 68,4 ml/min,
GFR(1,73 m²/KOF) = GFR(1,73 m²/2,68 m²) = 44,1 ml/min.
Das ist aber genau mein Vorschlag, zwischen der absoluten GFR und der normierten GFR(1,73 m²/KOF) zu unterscheiden. Dann sind weitere Erklärungen überflüssig.
32.) Das neue Immunsuppressivum Belatacept führt nach Nierentransplantationen zu deutlich besseren GFR-Werten als Cyclosporin. Jörg Beimler beschreibt Verbesserungen um 11 ml/min und um 21 ml/min (Quelle: "Belatacept (Nulojix) - eine neue Option in der Nierentransplantation?", in: Forum Transplantation, in: Diatra Journal, Zeitschrift für Nephrologie und Transplantation, Heft 2/2012, Seiten 39f). Nicola Siegmund-Schultze beschreibt dagegen Verbesserungen um 10,7 ml/min/1,73 m² beziehungsweise um 21 ml/min/1,73 m² (Quelle: "Ziel ist eine längere Transplantatfunktion", in: Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 109, Ausgabe A, Heft 35-36 vom 3.9.2012, Seiten A 1762f). - "Die Zeitschrift der Ärzteschaft" hat sich also wider besseres Wissen wieder für die falsche Nierenfunktionseinheit entschieden. Siehe oben Kapitel 1 Absätze Q und R sowie Kapitel 6 Absatz 2. Der Transplantationsmediziner vom Universitätsklinikum Heidelberg vermeidet diesen Doppelfehler. - Beide Autoren übersehen jedoch, dass zum Vergleich auch GFR-Differenzen immer zwingend nach GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden müssen. Relevant ist die mittlere relative GFR und nicht die mittlere absolute GFR. - In der Originalarbeit findet sich übrigens die richtige Nierenfunktionseinheit ebenfalls ohne Hinweis auf eine Normierung (Quelle: José O. Medina Pestana et alii: "Three-Year Outcomes From BENEFIT-EXT: A Phase III Study of Belatacept Versus Cyclosporine in Recipients of Extended Criteria Donor Kidneys", in: American Journal of Transplantation, Volume 12, Issue 3, pages 630-639, March 2012). - Anmerkung: In einer Patientengruppe ist die mittlere normierte GFR ungleich der normierten mittleren GFR. Zweite Anmerkung: Siehe auch unten Absatz 37.
33.) Unterhalb einer GFR von 60 ml/min/1,73 m² KOF sollte ein Nephrologe konsultiert werden, um die GFR um mehr als 5 ml/min zu verbessern. Das empfehlen Gerhard Lonnemann und Helmut Reichel. Es bleibt ihr Geheimnis, warum sie bei der GFR-Differenz die richtige und bei der GFR die falsche Einheit verwenden. Das Problem der Normierung wird nicht erwähnt. Quelle: "Sekundärprävention chronischer Nierenerkrankungen", in: "30 Jahre Verband Deutsche Nierenzentren (DN) e. V., Nephrologie, Prävention, Dialyse, Transplantation", Redaktion Charlotte Schrooten und Helmut Blume, Düsseldorf, November 2010, Seite 36.
34. a) Die Clearance oder die GFR ist dasjenige Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit vollständig von einer bestimmten Substanz befreit wird. Aus didaktischen Gründen könnte man beispielsweise eine Halb-Clearance (oder Halb-GFR) definieren als dasjenige Plasmavoluen, welches pro Zeiteinheit zur Hälfte von (oder von der Hälfte) der fraglichen Substanz befreit wird. Bei einer GFR von 100 ml/min beträgt die Halb-GFR dann 200 ml/min. Mathematisch und physiologisch wäre beides identisch. - Die dazugehörige Formel (1/x)-GFR = xGFR wäre keine Äquivalenzumformung, sondern eine neue Definition aus didaktischen Erwägungen. Siehe auch oben Kapitel 2 Absatz H und Kapitel 3 Absatz 49a.
b) Eine vollständige Elimination aus einem Volumen entspricht einer Elimination zu 1/x aus dem x-fachen Volumen. Die herausgefilterte Masse beträgt z. Eine Elimination zu 1/x aus demselben Volumen entspricht einer vollständigen Elimination aus dem 1/x-Volumen. Die herausgefilterte Masse beträgt z/x.
c) Wenn pro Zeiteinheit ein bestimmtes Volumen nur zu x % geklärt wird, ist das mathematisch identisch mit einer vollständigen Klärung von x % des Volumens. Beweis: Volumen mal x Prozent = x Prozent mal Volumen.
d) Wenn pro Zeiteinheit ein bestimmtes Volumen nur zu 1/x geklärt wird, ist das mathematisch identisch mit einer vollständigen Klärung von 1/x des Volumens. Beweis: Volumen mal 1/x = 1/x mal Volumen. Die Filtratmasse bleibt unverändert.
e) Wenn dagegen pro Zeiteinheit ein bestimmtes Volumen zu 100 % (also vollständig) geklärt wird, ist das mathematisch identisch mit einer (1/x)-Klärung des x-fachen Volumens. Beweis: (1/x) mal x = 1. Der mathematische Quotient aus Volumen und Zeit ändert sich nicht; bei gegebener Zeit ändert sich das Volumen nicht. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um das x-fache Volumen, aber auch nur um eine (1/x)-Klärung. Die Filtratmasse bleibt unverändert.
f) Wenn pro Zeiteinheit ein bestimmtes Volumen nur zu 1/x geklärt wird, ist das mathematisch identisch mit einer vollständigen Klärung dieses Volumens in x Zeiteinheiten. Beweis: (Volumen/x)/Zeit = Volumen / (x mal Zeit).
35.a) Das Klinikum Bielefeld schreibt am 8.8.2012 für den Patienten P. L. GFR > 60 ganz ohne Einheit. - Auf meine Kritik vom 13.8.2012 erhalte ich am 8.9.2012 folgende Antwort vom Zentralen Beschwerdemanagement: "Werte > 60 ml/min schließen eine stärkere Nierenfunktionsstörung aus. Darum wird der Befund in Absprache mit den Klinikern bei Werten über 60 ml/min als > 60 ml/min angegeben. Auf numerische Angaben, die auch labortechnisch nicht sinnvoll, weil nicht zuverlässig, wären, wird somit verzichtet." - Auf das Problem der Normierung wird nicht eingegangen. Sonst hätte man gemerkt, dass bei Adipositas permagna mit einer Körperoberfläche von vielleicht 4 m² eine Normierung einer GFR = 60 ml/min nach GFR(1,73 m²/KOF) zu einer Niereninsuffizienz im vierten Stadium führt: (60 ml/min) (1,73 m²/4 m²) = 25,95 ml/min. Ohne Kenntnis der Körperoberfläche kann die GFR also nicht beurteilt werden. Für das Normieren sind jedoch korrekt vom Laboratorium ermittelte Zahlenwerte zwingend erforderlich. Niemandem ist mit der Information gedient, dass die GFR größer oder kleiner als 60 ml/min ist. Mit 60 ml/min beginnt bekanntlich das zweite Stadium der Niereninsuffizienz.
b) Ähnlich auch das Karolinen-Hospital Hüsten im Kumulativbefund des Patienten E. K. am 2.9.2012:
GFR (MDRD) > 60 ml/min/1,73 qm
mit dem Referenzbereich GFR (MDRD) > = 60,0 ml/min/1,73 qm.
Hier wird der oben in Kapitel 1 Absatz A beschriebene Dreifachfehler gemacht.
Zusätzliche Anmerkungen: Die Symbolkombination >= ist verboten; qm ist veraltet.
Also fünf Fehler in einem Laborwert. Wenn man die oben unter a beschriebene labortechnische Unzuverlässigkeit und meine Kritik an der MDRD-Formel in Kapitel 1 Absatz X mitzählt, sind es sogar sieben Fehler.
c) Die Unsitte, die GFR als größer oder kleiner x ml/min anzugeben, hat mehrere Konsequenzen. Der Grenzwert x muss für Vergleichszwecke immer nach y = x(1,73 m²/KOF) normiert werden. Erst jetzt kann man Leitlinien oder Kontraindikationen beachten. Wenn beispielsweise gilt y > 62 ml/min, dann muss zum Beispiel die Kontraindikation für z < 50 ml/min nicht beachtet werden. Unklar bleibt, ob eine Empfehlung für a > 90 ml/min beachtet werden muss. Die Selbstbeschränkung auf Grenzwerte löst also keinerlei Probleme. Sie wirft dagegen neue Fragen auf.
36. a) Jan Thomas Kielstein und Frieder Keller benutzen am 15.6.2012 (in: "Pharmakotherapie bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit", in: Der Internist, Band 53, Heft 7, Juli 2012, Seiten 802 bis 809) ausschließlich die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min. Der fehlende Hinweis auf die zwingend erforderliche Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) entwertet ihre Arbeit jedoch. Sie ist unbrauchbar, weil alle ihre Zahlenwerte nur für Menschen mit einer Körperoberfläche von 1,73 m² gelten.
b) Seher Kücükköylü und Lars Christian Rump verwenden ("Niereninsuffizienz und kardiovaskuläre Erkrankungen", am angegebenen Ort, Seiten 791 bis 801) dagegen die falsche Einheit ml/min/1,73 m² ebenfalls ohne Hinweis auf eine Normierung. Erste Anmerkung: Einmal findet sich auf Seite 799 unvermittelt die richtige Einheit ml/min. Zweite Anmerkung: Orthographie: HAS-BLED auf Seite 799 ist ein Akronym (englisch: hat geblutet; unregelmäßiges Verb). - Dritte Anmerkung vom 29.9.2013: Im persönlichen Gespräch am Vortag in Düsseldorf erklärte mir die Erstautorin, dass sie die Einheiten vom Labor ohne zusätzliche Normierungen übernahm.
c) Bernhard M. W. Schmidt ("Therapeutische Strategien gegen die Progression der Niereninsuffizienz", a.a.O., Seiten 810 bis 816) verwendet auf den Seiten 814f sowohl die richtige wie auch ohne Begründung die falsche Nierenfunktionseinheit ohne Normierung.
d) Vedat Schwenger und A. B. Remppis ("Nierenersatzverfahren bei therapierefraktärer Herzinsuffizienz", a.a.O., Seiten 823 bis 832) verwenden die richtige Einheit ohne Normierung. (Frage: Handelt es sich bei Remppis um Björn Andrew Remppis alias Bjoern Andrew Remppis alias Swen Roppter?)
e) Matthias Girndt ("Klinische Probleme der Urämie", a.a.O, Seiten 817-822) verwendet auf Seite 821 die richtige Einheit ohne Normierungshinweis.
f) Für alle diese Artikel (a bis e) sind übrigens Hermann Haller und Bodo Eckehard Strauer Schwerpunktherausgeber. Können sie nicht wenigstens für Einheitlichkeit sorgen? Beide Fachleute könnten die Falschschreibung mit internationaler Üblichkeit begründen. Die vorliegende Originalarbeit zeigt jedoch, dass weltweit vielleicht die Hälfte der Nephrologen die richtige Einheit verwendet. Offenbar wollen sich diese Ärzte von der falschen Üblichkeit distanzieren.
g) Den Herausgeber dieses Organs Hermann Haller aus Hannover bat ich übrigens seit dem 27.2.2008 wiederholt schriftlich und mündlich bislang vergeblich um Verwendung der richtigen Nierenfunktionseinheit; offenbar hält sich jedoch die Mehrzahl seiner Mitarbeiter an meine Bitte. - Am 17.6.2008 schrieb mir das "Deutsche Ärzteblatt": "Den bisherigen Schriftverkehr haben wir an Herrn Professor Hermann Haller, Direktor der Abteilung Klinische Nephrologie, Medizinische Hochschule Hannover, weitergeleitet, mit der Bitte, uns bei der 'Auflösung' des Problems behilflich zu sein. Da wir die Erledigung der Anfrage leider nicht beschleunigen können, schlagen wir Ihnen vor, sich direkt in dieser Angelegenheit mit Professor Haller in Verbindung zu setzten." Meine wiederholten Anfragen brachten bislang keine "Auflösung". Siehe jedoch unten Absatz 37.
h) Christos Chatzikyrkou, Hermann Haller und Jan Jakob Menne ("Behandlungsziele bei Bluthochdruck und Diabetes mellitus", a.a.O., Seiten 882 bis 892) verwenden unsystematisch manchmal die richtige und manchmal die falsche Nierenfunktionseinheit immer ohne Normierung. In der Legende zu Tabelle 3 auf Seite 889 findet sich sogar zweimal die Einheit ml/min/1,73 m²/Jahr für den jährlichen Abfall der GFR. - Anmerkung: Außerdem ist die letzte Zeile dieser Tabelle völliger Unsinn. Die Veränderung der Nierenfunktion wird zum Beispiel in der letzten Spalte als 34/168 ml/min/1,73 m² angegeben und in der Legende als terminale Niereninsuffizienz erklärt. Darunter kann sich nun auch der Gutwilligste wirklich nichts vorstellen. Auch der dazu gehörige Text gibt keine Erklärung. Der Mathematiker erkennt jedoch, dass 34 Patienten etwas mehr als zwanzig Prozent von 168 Patienten sind. 34/168 ml/min = 0,2023 ml/min als jährliche Verbesserung der GFR bei drohender Dialysepflicht?
i) "Der Internist" sieht "konkrete Handlungsempfehlungen für die tägliche Arbeit" als "Zielsetzung der Zeitschrift" (a.a.O., Seite 786) an. Die wohl wichtigste Empfehlung in der Nierenheilkunde ist die Aufforderung zur korrekten Normierung der Nierenfunktion nach GFR(1,73 m²/KOF). Sie wird mit keiner Silbe erwähnt. Offenbar wird ihre Brisanz auch von Experten nicht verstanden. Das Problem der falschen Einheit würden dagegen schon Sechstklässler verstehen.
37. a) Das Deutsche Ärzteblatt verwendet am 14.9.2012 in Heft 37/2012 das erste Mal seit zwei Jahren (Heft 37/2010) wieder die richtige Einheit (Susanne Heinzl: "Risiko für eine koronare Herzkrankheit ist stark erhöht", in: Dtsch Arztebl Int 2012; 109 (37): Seite A 1824). Die Standardkörperoberfläche wird von der Einheit ml/min durch das Wort pro abgegrenzt. Siehe oben Kapitel 1 Absätze B und R sowie Kapitel 6 Absatz 32. In der dazugehörigen Graphik findet sich jedoch wieder die dreifach falsche Einheit ml/min/1,73 m². Jeder Hinweis auf eine Normierung fehlt. - In der Originalarbeit findet sich ausschließlich ml/min per 1,73 m² (Quelle: Marcello Tonelli et alii: "Risk of coronary events in people with chronic kidney disease compared with those with diabetes: a population-level cohort study", in: The Lancet, Volume 380, Issue 9844, Pages 807-814, 1. September 2012). Die "Zeitschrift der Ärzteschaft" grenzt sich damit wieder von der internationalen Literatur ab. - Denselben Dreifachfehler macht auch der Rezensent Jochen Aumiller (Quelle: "CKD-Patienten haben höheres koronares Risiko als Diabetiker", in: Cardiovasc, Volume 12, Ausgabe 4, September 2012, Seite 26).
b) Das "Deutsche Ärzteblatt" antwortet mir dazu am 18.9.2012: "Gleichwohl werde ich dazu unter anderem bei unserem wissenschaftlichen Beirat Rücksprache nehmen." Einer der Mitglieder dieses Beirates ist vermutlich noch Hermann Haller aus Hannover (siehe oben Absatz 36); wahrscheinlich habe ich oben auch andere Mitglieder schon zitiert.
c) In Heft 38/2012 des Deutschen Ärzteblattes findet sich am 21.9.2012 auf Seite 618 wieder die richtige Einheit, allerdings auch wieder ohne den Hinweis auf eine zwingend erforderliche Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF). Quelle: Stein, R, Hohenfellner M, Pahernik S, Roth S, Thüroff JW, Rübben H: Urinary diversion - approaches and consequences. Dtsch Arztebl Int 2012; 109 (38): 617-22.
38.a) Mathematiklehrer lehnen Schrägstriche als Divisionszeichen ab; sie fordern waagerechte Bruchstriche oder aber den Doppelpunkt. Die falsche Angabe GFR = 30,2 ml/min/1,73 m² müsste also wie folgt geschrieben werden:
30,2 ml
________
GFR = 1 min oder GFR = 30,2 ml : 1 min : 1,73 m²
________
1,73 m²
So ist der mathematische Unsinn leichter zu erkennen. Man stelle sich vor, wie die falsche Angabe GFR = 2,45 ml/min/1,73 m²/Jahr aussehen müsste!
b) Die Schreibweise
GFR = (2,45 ml) : (1 min) : (1,73 m²) : (1 Jahr) ist immer verboten.
Sie darf nicht mit der sogenannten fortlaufenden Proportion
a : b : c : d = e : f : g : h verwechselt werden.
Nur hier dürfen keine Klammern stehen; es gibt dafür jedoch ein neues Symbol als Kombination von Minuszeichen und Doppelpunkt.
39.) "Unregelmäßige Transplantationen in München. Diese Woche wurde nun bekannt, dass es zwischen 2010 und 2011 (sic) auch im Münchner Klinikum rechts der Isar Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Die Prüfungs- und Überwachungskommissionen (sic) der Bundesärztekammer (BÄK) teilte (gemeint: teilten ??) am Mittwochabend mit, sie sei (gemeint: seien ??) bei einer 'Routinekontrolle' auf neun auffällige Lebertransplantationen an dem Klinikum gestoßen. Falsche Angaben bei der Dialysepflichtigkeit von Patienten, Unregelmäßigkeiten bei den Blutwerten: Wie bei den Fällen um den Chirurgen Aiman" Obed (siehe oben Absatz 23) wurden Laborwerte verändert. "Auch die Staatsanwaltschaft geht bislang nicht von krimineller Fälschung der Werte aus." (Zitate: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Nummer 39/2012, 30.9.2012, Seite 8) - In der Fachliteratur wird oft nicht streng zwischen terminaler Niereninsuffizienz (Stadium 5) und Dialysepflicht unterschieden. Insofern wären entsprechende Fälschungen gar nicht justitiabel. Außerdem stehen mehr als fünfzig verschiedene Formeln für die Nierenfunktion zur Verfügung. Zusätzlich können die GFR-Werte durch Normieren oder Nichtnormieren erheblich von einander abweichen (siehe zum Beispiel oben Kapitel 5). - "Eine Sonderkommission der BÄK soll nun prüfen, ob dahinter Zufall oder Absicht steckte." - Ignoranz und Inkompetenz sind wahrscheinlicher als Zufall oder Absicht. In der gesamten nephrologischen Weltliteratur fehlt der Wille zur korrekten Ermittlung der Nierenfunktion. Zusätzlich wird die Bedeutung der Normierung regelmäßig nicht erkannt. - Auch sollte sich die "Ständige Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer" mit dem Problem der Normierung befassen. - "Herausragend sind drei Fälle, bei denen Blutproben mit erheblichem Fälschungsvorsatz manipuliert wurden. Offenbar wurde Urin in Blut gemischt, um die Patienten kränker erscheinen zu lassen, als sie waren und so ihre Chancen auf eine Transplantation zu erhöhen." (Zitat: Christina Berndt: "Organspendeskandal in München weitet sich aus", in Süddeutsche Zeitung, Nummer 15/2013, 18.1.2013, Seite 24; nach "waren" muss ein Komma stehen.)
40. a) Der pharmazeutische Großkonzern Novartis betreibt die Website www.iris-kidney.com. IRIS ist die International Renal Interest Society. Sie wurde 1998 gegründet, um für Hunde und Katzen eine Stadieneinteilung der chronischen Niereninsuffizienz zu entwickeln. Fortschritte sind bislang noch nicht zu erkennen. Die GFR wird zwar mehrfach erwähnt, allerdings mehr oder weniger synonym zum Plasmakreatininspiegel oder zur Azotämie. - Erste Anmerkung: Eine Azotämie ist die abnorme Vermehrung von stickstoffhaltigen Endprodukten (Harnstoff, Kreatinin, Harnsäure und so weiter) im Blut. - Zweite Anmerkung: Das deutsche Mitglied Alexander Hüttig aus Reutlingen definiert IRIS als International Renal Insufficiency Symptomatic Group. Das Wort symptomatic heißt jedoch nicht Symptomatik, sondern symptomatisch. - Dritte Anmerkung: Die Firma Novartis vertreibt das Antihypertensivum Fortekor (Benazepril) zur Therapie der chronischen Niereninsuffizienz bei Katzen unabhängig von der Ursache der Niereninsuffizienz.
b) Die vier Stadien der Niereninsuffizienz werden für Hunde und Katzen vereinfacht wie folgt definiert: Die Plasmakreatininspiegel liegen im Stadium 1 unter etwa 1,5 mg/dl, im Stadium 2 zwischen 1,5 und 2,5 mg/dl, im Stadium 3 zwischen 2,5 und 5 mg/dl und im Stadium 4 oberhalb von 5 mg/dl. Gesprochen wird von der fehlenden, der milden, der moderaten und der schweren Azotämie.
c) Der Erkenntnisgewinn einer solchen Einteilung ist gering. Dabei wäre ein korrektes Vorgehen doch ganz einfach:
d) Für alle Tierarten oder Artengruppen wird nuklearmedizinisch die exogene Clearance ermittelt.
e) Biostatistiker entwickeln aus Alter, Gewicht, Geschlecht und Serumkreatinin analog zur Cockcroft-Gault-Formel eine geeignete Formel für die renale Kreatinin-Clearance.
f) Zusätzlich können Schätzformeln entwickelt werden, die analog zur MDRD-Formel auf die Angabe von Größe und Gewicht verzichten. Zusätzliche Laborwerte können die Genauigkeit verbessern.
g) Biometriker sollen Formeln zur Ermittlung der Körperoberfläche aus Größe und Gewicht für alle Tierarten oder Rassen entwickeln.
h) Jetzt muss der Tierarzt seine Patienten wiegen und abmessen, um mit Hilfe dieser Formeln die Körperoberfläche KOF zu ermitteln.
i) Jetzt kann der Tierarzt die Labor-GFR nach GFR(1,73 m²/KOF) normieren.
j) Jetzt kann eine Einteilung in eines der fünf humanmedizinischen Stadien erfolgen.
k) Wenn der Bezug zur Humanmedizin vermieden werden soll oder unzweckmäßig ist, werden die Schritte i und j durch eine Normierung auf eine Körperoberfläche von einem Quadratmeter ersetzt, indem die Labor-GFR durch die KOF dividiert wird. - Siehe oben Kapitel 3 Absatz 54.
l) Normalwerttabellen können nach Erfordernis für bestimmte Krankheiten und für bestimmte Arten oder Rassen erarbeitet werden.
m) Die Kreatinin-Clearance mit oder ohne Normierung, die GFR, die GFR(1,73 m²/KOF) oder die GFR/KOF sind gewiss aussagekräftiger als die Stärke der Azotämie.
n) Wenn Kreatinin bei manchen Tierarten kein gutes Maß für die Nierenfunktion sein sollte, müssen die Forscher eben geeignetere Substrate finden.
41.a) Am 2.10.2012 wurden in Berlin zwei weitere Schätzformeln für die GFR veröffentlicht (Quelle: Elke S. Schäffner et alii: "Two Novel Equations to Estimate Kidney Function in Persons Aged 70 Years or Older", in: Ann Intern Med 2012; 157(7): 471 - 481). Es handelt sich um die Formeln BIS 1 und BIS 2 (Berlin Initiative Study). Die Studiengruppe hat mit dem exogenen Kontrastmittel Iohexol die wahre GFR bestimmt. Die neuen Formeln sollen diese wahre GFR schätzen. Sie arbeiten mit Serumkreatinin, Alter und Geschlecht sowie mit (BIS 2) beziehungsweise ohne (BIS 1) Cystatin C. Verwendet wird die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min per 1,73 m². Das Problem der Normierung wird nicht erwähnt. In der deutschen Rezension von Elke Oberender findet sich sogar die dreifach falsche Einheit ml/min/1,73 m² (Quelle: springermedizin.de, publiziert am 6.10.2012, zu lesen schon am 4.10.2012). Die Studiengruppe an der Charité wird finanziell unterstützt vom Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation (Kuratorium für Heimdialyse, KfH) in Neu-Isenburg.
b) Die Berliner Autoren bezeichnen die Differenz zwischen eGFR und mGFR als Bias und sprechen diesbezüglich von einer Über- beziehungsweise einer Unterschätzung der Nierenfunktion. Dabei sind die mGFR die gemessene Iohexol-Clearance als angeblicher Goldstandard und die eGFR die mit Hilfe mehrerer Formeln geschätzte GFR. Je kleiner der Bias, desto besser die Schätzung. Vor der Differenzbildung müssen jedoch sowohl die eGFR wie auch die mGRF normiert werden; ausreichend ist dabei aber auch eine Normierung nur der Differenz nach (eGFR - mGFR)(1,73 m²/BSA). Der Bias (eGFR - mGFR) wird durch diese Normierung immer dann kleiner, wenn die Körperoberfläche der Probanden größer als 1,73 m² ist. Wenn man nun unterstellt, dass die BSA mit dem Alter ansteigt, wird der Bias mit zunehmendem Alter durch das Normieren kleiner. Dieser Zusammenhang wird von den Autoren nicht erkannt.
c) Auf Seite 473 schreiben die Berliner Forscher, dass sie nur bei der Schätzformel von Cockcroft-Gault eine Adjustierung an die Körperoberfläche vornehmen. Vermutlich meinen sie damit die korrekte Normierung nach GFR(1,73 m²/BSA). Es bleibt jedoch ihr Geheimnis, warum sie nicht alle GFR-Werte korrekt normieren. Die Nierenfunktion eines Patienten kann nur nach erfolgter Normierung beurteilt werden (Quelle: siehe oben Kapitel 3 Absatz 3i). Insofern ist die vorgelegte Arbeit wertlos. Das beschriebene auffallend gute Abschneiden der Formel von Cockcroft und Gault liegt nicht an der Normierung, sondern an der Berücksichtigung des Körpergewichtes.
d) Die unter c behauptete Wertlosigkeit der Arbeit begründe ich wie folgt: Entweder wird die GFR nie oder aber immer normiert. Das einseitige Normieren nur der Cockcroft-Gault-Formel ist unzulässig. Wenn die wahre berechnete GFR des Goldstandards mit der geschätzten wahren GFR verglichen wird, könnte auf eine Normierung verzichtet werden. Da die vorgelegte Arbeit durchgängig jedoch auch Klassifizierungen vornimmt, ist die Normierung immer zwingend erforderlich. Ein Vergleich von normierten mit nichtnormierten Werten ist verboten. Deswegen sind alle Schlussfolgerungen aus den ermittelten Laborwerten falsch.
e) Außerdem ist der Terminus messen falsch. Gemessen werden allenfalls Stoffmengenkonzentrationen; das nennt man Analyse. Die Clearance wird berechnet oder mit Schätzformeln geschätzt. Berechnungen basieren auf Naturgesetzen. Schätzungen basieren auf zweckmäßigen Algorithmen. Konzentrationen sind Masse- oder Volumenquotienten.
f) Seit Januar 2013 wird die Formel GFR (BIS1) auch vom Labor Krone (siehe oben Kapitel 1 Absatz P und unten Kapitel 6 Absatz 52) in Bad Salzuflen verwendet. Ich kann nur dringend davon abraten.
42.a) Man darf physikalische Einheiten nicht mit physikalischen Größen verwechseln.
b) Ein Beispiel:
Die Beschleunigung ist die zweite Ableitung des zurückgelegten Weges nach der Zeit mit der physikalischen Einheit m/sec². Analog wäre die jährliche Veränderung der GFR die zweite Ableitung des vollständig gereinigten Plasmavolumens nach der Zeit mit der physikalischen Einheit (ml/sec² oder üblicher) ml/min².
c) Zahlenbeispiele:
Wenn sich die gefahrene Geschwindigkeit in einer Sekunde um 5 m/sec erhöht, beträgt die Beschleunigung 5 m/sec².
Wenn sich das geklärte Plasmavolumen in einem Jahr um 5 ml/min verringert, beträgt die Verschlechterung 5 ml/(60 x 24 x 365 min²) = 0,000 0095 ml/min² = 9,5 nl/min². In einem Schaltjahr wären es 5 ml/(60 x 24 x 366 min²) = 0,000 0094 ml/min² = 9,4 nl/min².
d) Eine solche Berechnung ist absolut unüblich und in der Nephrologie unzweckmäßig. Deshalb sollte die Veränderung der GFR in ml/min pro Jahr oder aber besser als jährliche Verbesserung beziehungsweise als jährliche Verschlechterung in ml/min angegeben werden.
e) Immer falsch wäre dagegen die Angabe einer Veränderung der GFR in ml/Jahr. Denn
1 ml/Jahr = 1 ml / (60 x 24 x 365 min) = 0,000 0019 ml/min = 0,0019 µl/min = 1,9 nl/min. Hier wird nicht erkennbar, dass es sich um die zweite Ableitung des Volumens nach der Zeit handelt.
43.a) In der Arbeit von Franz Schäfer et alii: "Strict Blood-Pressure Control and Progression of Renal Failure in Children" (in: N Engl J Med 2009, 361;17, pages 1639-1650, 22.10.2009) findet sich keine mathematisch richtige Einheit. Manchmal findet man die GFR ohne Einheit oder aber mit der falschen Einheit ml/min/1,73 m² (in Worten: ml per min per 1,73 m²). Die einzig richtige Nierenfunktionseinheit ml/min findet sich in der gesamten Arbeit nicht wenigstens einmal.
b) Übersehen wird außerdem, dass auch die Schwartzsche GFR-Schätzformel für Kinder für Vergleichszwecke immer zwingend die Normierung nach GFR(1.73 m²/BSA) erfordert.
c) Korrekt wird dagegen die tägliche Medikamentendosierung auf eine Körperoberfläche von genau einem Quadratmeter bezogen (zum Beispiel 6 mg per square meter of body surface area per day oder mathematisch falsch 6 mg/m²/day). Warum nicht analog auch die GFR auf eine Körperoberfläche von genau einem Quadratmeter bezogen wird, bleibt das Geheimnis der zahlreichen Autoren. Wenn man die GFR nicht auf BSA=1.73 m² normieren will, muss man sie besonders bei Kindern (und Tieren) wenigstens auf BSA=1.00 m² normieren! - Siehe oben Kapitel 3 Absatz 54.
d) Auch die jährliche Veränderung der GFR (siehe oben Absatz 42) wird immer falsch angegeben:
ml/min/1.73 m²/yr,
ml per minute per 1.73 m² per year,
ml/yr,
ml/min/yr.
44. a) Eine der wenigen aktuellen Arbeiten mit einer Empfehlung zur korrekten Normierung der Nierenfunktion schreibt im Kapitel IV. G. 1.:
"Cl1 ist eine vorläufige Abschätzung der GFR und muss zuerst mit der Körperoberfläche korrigiert werden:
Cl2 = Cl1 x 1,73 / Körperoberfläche."
Dabei bedeuten Cl1 die absolute Clearance GFR und Cl2 die relative Clearance GFR(1,73 m²/KOF).
Clearance und GFR werden als Synonyme betrachtet.
Also gilt: GFR(1,73 m²/KOF) = GFR x 1,73 m² / KOF.
Das ist aber genau die von mir vorgeschlagene Schreibweise. Siehe auch oben Absatz 10.
Kommentar: Das falsche Wort korrigieren muss durch das richtige Wort normieren ersetzt werden. Nach 1,73 muss die Einheit m² gesetzt werden, damit sie sich gegen die m² der KOF kürzen lässt. Der Begriff "vorläufige Abschätzung" ist auch falsch; es handelt sich um die vorerst richtige Ermittlung der wahren GFR des Patienten; anschließend wird jedoch eine technische Korrektur zur weiteren Verbesserung vorgenommen. Obwohl es sich bei dieser weiteren Korrektur um eine multiplikative Verbesserung handelt, muss sie aus logischen Gründen zwingend immer vor der Normierung vorgenommen werden, damit man immer korrekt zwischen der richtigen absoluten und der richtigen relativen GFR unterscheiden kann.
Bei dieser Arbeit von Amy Piepsz et alii in der Übersetzung von Klaus Hahn handelt es sich um die "Leitlinie des Pediatric Committee der European Association of Nuclear Medicine EANM". Diese Leitlinie wurde unter dem Titel "Empfehlungen zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate bei Kindern" von der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. in "Der Nuklearmediziner", 2002; 25: Seiten 112-117, veröffentlicht. Aber auch in dieser Leitlinie findet sich nur die falsche Einheit ml/min/1,73 m².
b) Eine völlig andere Unterscheidung zwischen Cl1 und Cl2 findet sich dagegen in der Arbeit von Carlos de Sadeleer, Amy Piepsz und Hamphrey R. Ham: "Correction factors after having neglected the first exponential in the estimation of chromium-51 EDTA clearance: a reappraisal", in: Annals of Nuclear Medicine, Volume 20, No. 2, 2006, Seiten 95-98. Hier sind Cl2 die absolute GFR und Cl1 die technisch korrigierte (also mathematisch verbesserte) absolute GFR. Die quadratische Korrektur nach Jens Bröchner-Mortensen sei besser als die lineare Korrektur nach C. Chantler (andere Schreibweise: Chandler). Die drei Autoren verwenden ausschließlich die richtige Nierenfunktionseinheit, allerdings ohne auf die Normierung hinzuweisen.
45.) In der Arbeit von Lars Jödal et alii: "Prediction of renal function (GFR) from cystatin C and creatinine in children: Body cell mass increases accuracy of the estimate" (Vortrag, Aarhus Universitet, Dänemark 2011) werden sieben Schätzformeln für Kinder miteinander verglichen: Schwartz 1976 und 2008, Bökenkamp, Filler, Bouvet, Zappitelli und Jödal. - Völlig unklar bleibt, ob mit der richtigen Einheit ml/min die absolute GFR und mit der falschen Einheit ml/min/1,73 m² die relative GFR gekennzeichnet werden sollen.
46.) In der Arbeit von Marc Froissart: "Maladie Rénale Chronique: Epidémiologie, Classification, Dépistage" (Grenoble, 7.3.2008) werden 31 Formeln erwähnt: Edwards, Jeliffe (gemeint: Roger Woodham Jelliffe) 1971 und 1973, Mawer, Cockcroft-Gault, Bjornsson, Hull, Gates, Schwartz, Salazar, Davis, Lubowitz, Lavender, Walser, Nankivell, Toto, Levey 1999 und 2000 und 2006 (= MDRD IDMS), Bouvet, Le Bricon, Hoek, Filler, Larsson, Grubb 1 und 2, MacIsaac, Rule, Stevens 2007 und 2008 sowie White. - Eine klare Unterscheidung zwischen der richtigen und der falschen Einheit ist nicht zu erkennen. - Anmerkung: IDMS = Isotopenverdünnungs-Massenspektrometrie.
47. a) Entlarvend ist der falsche Satz: "The MDRD study equation does not require a body weight variable because it normalizes GFR for a standard body surface area of 1.73 m²." von Gary L. Myers et alii: "Recommendations for Improving Serum Creatinine Measurement: A Report from the Laboratory Working Group of the National Kidney Disease Education Program" (in: Clinical Chemistry, January 2006, Volume 52, No. 1, pages 5-18, 6.12.2005).
b) In der Tat kommt die MDRD-Formel ohne die Berücksichtigung von Größe und Gewicht aus. Sie versucht eine Schätzung der wahren GFR aus anderen Parametern. Der Schätzalgorithmus unterstellt eben nicht eine Person mit einer Standardkörperoberfläche. Vielmehr weiß der Algorithmus zum Beispiel, dass das Patientengewicht in etwa proportional zum Patientenalter ist. In abweichenden Fällen ist die Schätzung eben falsch. Deswegen sind Formeln mit Gewicht besser als Formeln ohne Gewicht. Außerdem ist die formelimmanente Körperoberfläche die mittlere Körperoberfläche der untersuchten Probandengruppe und eben nicht 1,73 m².
c) Die so ermittelte absolute GFR muss aber anschließend für Vergleichszwecke immer auf diese Standardkörperoberfläche normiert werden, wenn die Patientenkörperoberfläche von der Standardkörperoberfläche abweicht.
d) Das gilt sogar dann, wenn die Schätzformel nach Größe und Gewicht fragt, um eine bessere Schätzung zu gewährleisten.
e) Wenn die Schätzformel jedoch nach Größe und Gewicht fragt, um daraus die Körperoberfläche zu ermitteln, wird es kompliziert. Wenn die Körperoberfläche zur Ergebnisverbesserung verwendet wird, liefert die Formel die absolute GFR. Wenn dagegen die Körperoberfläche zur Normierung verwendet wird, liefert die Formel die relative GFR.
f) Interessant wäre die Idee einer Schätzformel für die relative GFR, die die Körperoberfläche (sowohl zur Ergebnisverbesserung wie auch zur Normierung) aus Alter, Geschlecht und Rasse ermittelt. Ein solcher Versuch wurde noch nicht unternommen. Er würde wohl an einer zu großen Fehlerquote scheitern. Sehr viele Nephrologen glauben jedoch irrtümlich, dass die MDRD-Formeln oder die Schwartzsche Formel für Kinder die relative GFR schätzen sollen. Begründung unten in Absatz 48.
g) Mein Vorschlag, zwischen der absoluten GFR und der relativen GFR(1,73 m²/KOF) zu unterscheiden, ist alternativlos.
48. a) Bei der Entwicklung der Schätzformel kennen die Biostatistiker für jede untersuchte Kohorte die mittlere Körperoberfläche. Zum Beispiel könnten neunzigjährige schwarze Frauen eine mittlere Körperoberfläche von 1,97 m² haben. Diese Kenntnis könnte die Schätzgenauigkeit vergrößern. Theoretisch könnten die Biostatistiker diese Information zusätzlich auch noch zum Normieren der so ermittelten GFR verwenden. Im Schätzalgorithmus wäre dann die Normierung nach GFR(1,73 m²/1,97 m²) enthalten.
b) Ein solches Procedere wäre jedoch nicht praktikabel und wurde auch noch nie versucht. Denn wenn zum Beispiel der Anwender einer solchen Schätzformel für die relative GFR einen Patienten mit einer völlig anderen Körperoberfläche untersucht, geht diese andere wahre Körperoberfläche zweimal nicht in das Schätzergebnis ein: einmal bei der Ermittlung der absoluten und einmal bei der Ermittlung der relativen GFR. Der Fehler potenziert sich also.
c) Der Formelanwender könnte den (zweiten) Fehler bei der Ermittlung der relativen GFR wie folgt korrigieren: Er muss seinen Patienten wiegen und abmessen, um seine individuelle Körperoberfläche zu ermitteln (zum Beispiel nur 1,3 m²). Jetzt muss er die falsche Normierung rückgängig machen, um die geschätzte absolute GFR zu erhalten:
GFR = GFR(1,73 m²/1,97 m²)(1,97 m²/1,73 m²).
Dann muss er korrekt normieren:
GFR(1,73 m²/KOF) =
GFR(1,73 m²/1,3 m²) =
GFR(1,73 m²/1,97 m²)(1,97 m²/1,73 m²)(1,73 m²/1,30 m²) =
GFR(1,73 m²/1,97 m²)(1,97 m²/1,30 m²) = 1,515 x GFR(1,73m²/1,97 m²).
Dieses Rückgängigmachen nenne ich Antinormieren; manche nennen es Rückrechnen.
d) Voraussetzung für ein solches Vorgehen wären vier Tabellen für die mittlere Körperoberfläche der Testpopulation getrennt nach Ethnizität, Geschlecht und Alter. Dort könnte man dann im Beispiel in der Tabelle für schwarze Frauen in der Zeile für ein Alter von 90 Jahren die oben unterstellte KOF=1,97 m² ablesen. Ein solches Tabellenwerk existiert jedoch für keine der bald einhundert verschiedenen Schätzformeln.
e) Das war die ausführliche Beweisführung für die Richtigkeit meiner Behauptung, dass keine der bislang entwickelten Formeln die relative GFR(1,73 m²/KOF) schätzt. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit meiner Behauptung ist die Tatsache, dass alle 13 Formeln (zum Beispiel bei Wikipedia) für die Körperoberfläche immer nur nach Größe und Gewicht fragen; Schätzformeln für die Körperoberfläche mit den Parametern Alter, Rasse und Geschlecht existieren nicht.
f) Die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² ist der Grund für die fehlerhafte Kommunikation zwischen Nephrologen und Biostatistikern. Die Ärzte untersuchen ihre Patienten und können den Statistikern keinen korrekten Auftrag erteilen. Der Mathematiker kann nur Schätzformeln für die wahre GFR entwickeln. Um die Relativierung der wahren GFR muss sich der Arzt bemühen.
49.) Christine A. White et alii: "Estimating Glomerular Filtration Rate in Kidney Transplantation: A Comparison between Serum Creatinine and Cystatin C-Based Methods" (in: Journal American Society of Nephrology, December 1, 2005, Volume 16, no. 12, pages 3763-3770): page 3764:
Correct statement: "The GFR was corrected for standard body surface area by multiplying the measured value by 1.73 and dividing by the patient's body surface area."
Note: the term "corrected" is wrong; the proper term is "normalized." m² is missing after 1.73.
Incorrect statement: "The prediction equations that were not expressed as ml/min per 1.73 m² were adjusted by multiplying the value by 1.73 and dividing by the patient's body surface area as estimated by the DuBois formula."
Note: the term "adjusted" is the incorrect term; the correct term is "normalized." m² is missing after 1.73.
Explanation:
The unit "ml/min per 1.73 m²" is always wrong. This wrong unit does not indicate that normalization, GFR(1.73 m²/BSA), has already been done. The correct unit ml/min does not indicate that normalization GFR(1.73 m²/BSA) has not been done.
This is why this paper is without any scientific value.
50.) Shokoufeh Savaj et alii: "Estimation of Glomerular Filtration Rate With Creatinine-Based Versus Cystatin C-Based Equations in Kidney Transplant Recipients" (in: Iranian Journal of Kidney Diseases, Volume 3, Number 4, October 2009, pages 234-238): page 235:
"All models were standardized for body surface area (1.73 m²) as shown in Table 1."
- That is not true. Actually, none of these eight different formulae results were normalized according to GFR(1.73 m²/BSA). This normalization is essential for classification of a patient into one of the five stages of chronic kidney diseases. The Iranian authors did not mention these stages. That is why they were justified to not normalize the GFR of their 70 patients. - The eight estimates are: Filler, Le Bricon, Hoek, Larsson, Rule, MDRD, abbreviated MDRD and Cockcroft-Gault.
51.) Am 29.10.2012 teilt mir einer der weltgrößten Wissenschaftverlage telephonisch mit, dass an meinen Arbeiten kein Interesse bestehe. Man könne sich dort nicht vorstellen, dass die Nephrologen so viele fundamentale Fehler machen.
52. a) Cystatin C ist ein endogener Marker für die Nierenfunktion (alter Name: gamma trace protein). Es hat ein Molekulargewicht von etwa 13,4 Kilodalton (andere Angabe 13250 Dalton) und wird im Serum oder im Plasma nephelometrisch untersucht. Cystatin C wird in konstanten Raten von allen kernhaltigen Zellen produziert. Es ist weitgehend unabhängig von Alter, Geschlecht und Muskelmasse. Es wird glomerulär filtriert und nicht tubulär sezerniert. Die Serumkonzentration von Cystatin C "zeigt gegenüber der Bestimmung von Creatinin eine bessere Korrelation zur glomerulären Filtrationsrate (GFR)" (Quelle: Bertin Dufaux, Michael Zimmer, Angelika Vogel und Dieter Münstermann: "Laboratoriumsuntersuchungen - eine Zusammenstellung", 7. Auflage, Labor Krone, Bad Salzuflen 2010, Seite 302). Der Referenzbereich von Cystatin C im Serum liegt zwischen 0,5 und 1,0 mg/l (andere Angaben 0,53 mg/l bis 0,95 mg/l oder 0,56 bis 0,95 mg/l bei Menschen).
b) Der so ermittelte Serumspiegel von Cystatin C muss anschließend in eine geeignete Schätzformel eingesetzt werden. Eine einfache Formel lautet GFR = 80/Cystatin C mit der Angabe der GFR in ml/min und mit der Angabe von Cystatin in mg/l (Quelle: Willibald Pschyrembel: "Klinisches Wörterbuch" ab der 260. Auflage 2004. In der 266. Auflage, Berlin und Boston 2014, auf Seite 435). In diesen "Klinischen Wörterbüchern" wird ohne Quelle noch eine zweite Schätzformel [GFR = 74,8/(CyC hoch 1,33); siehe übernächste Zeile] beschrieben. Erstmals wird von Willibald Pschyrembel Cystatin C auf den Seiten 329 und 330 in der 259. Auflage 2002 erwähnt. - Außerdem sind zum Beispiel geeignet die schon oben erwähnten Schätzformeln von Filler, Grubb, Le Bricon, Mac Isaak, Hoek, Larsson, Rule oder Stevens. - Das Labor Krone in Bad Salzuflen verwendet bei Erwachsenen die Schätzformel GFR = 74,8/(CyC hoch 1,333) mit der Einheit ml/min. Korrekt lautet diese Formel GFR = 74,84/(CyC hoch 1,333) und wird von Maximilian Pelzer (siehe unten Absatz 65, Seite 3) fälschlich als Formel von Dade-Behring bezeichnet. Dade Behring (ehemalige US-Aktiengesellschaft) ist vielmehr ein Laborverfahren zur Ermittlung von Cystatin C im Serum (Quelle: Thierry Le Bricon et alii: "Plasma Cystatin C Is Superior to 24-h Creatinine Clearance and Plasma Creatinine for Estimation of Glomerular Filtration Rate 3 Months after Kidney Transplantation", in: Clinical Chemistry, August 2000, Volume 46, no. 8, pages 1206 - 1207, Letter to the Editor). Noch korrekter lautet diese Formel GFR = 74,835/(CyC hoch 1,333); Quelle: www.laborlexikon.de (Stichwort Cystatin C). Auch hier wird keine Quelle angegeben. Wer ist der Erstbeschreiber dieser Formel?
[Anmerkung vom 22.10.2015: Heute gibt das Labor Krone in Bad Salzuflen die Formel GFR=74,8(Cys/1,174) hoch 1,333 an. Für Kinder unter 18 Jahren gilt eine leicht modifizierte Formel.]
c) Die so ermittelte GFR muss dann noch für Vergleichszwecke anschließend immer zwingend nach GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden.
d) Zu beachten ist allerdings das Folgende: "Lediglich bei Neugeborenen und Kleinkindern liegen die Werte" von Cystatin C höher (Quelle: Labor Krone, am angebenen Ort). Die GFR wird hier also fälschlich zu klein geschätzt. Denn fast alle Schätzformeln verwenden die Konzentration von Cystatin C im Nenner. Für Frühgeborene, Neugeborene und Kleinkinder müssten also geeignete Korrekturen gefunden werden.
e) Gewiss ist Cystatin C auch in der Tiermedizin ein geeigneter Marker für die Filterfunktion der Nieren.
f) Cystatin C hat bei "geringer Abhängigkeit von extrarenalen Faktoren" (Quelle: Willibald Pschyrembel, a.a.O.) für die Bestimmung der GFR den großen Vorteil gegenüber anderen endogenen und exogenen Markern, dass in den Schätzformeln nur nach dem Blutspiegel von Cystatin C gefragt wird. Die Angabe zum Beispiel von Alter, Ethnizität, Geschlecht, Gewicht, Körpergröße, Kreatinin, Serumalbumin, Harnstoff und Körperoberfläche ist also für die Bestimmung der absoluten GFR hier nicht erforderlich.
g) Alle Menschen mit einem Cystatin-C-Spiegel von 0,8 mg/l haben nach der obigen Formel GFR=80/CyC eine absolute GFR = 80/0,8 ml/min = 100 ml/min. Die zusätzliche Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) ergibt beispielsweise für Kinder mit einer KOF = 0,865 m² eine Verdoppelung auf 200 ml/min und für Adipöse mit einer KOF = 3,46 m² eine Halbierung auf 50 ml/min. Diese Rechenbeispiele zeigen einerseits die Bedeutung der Normierung und beweisen andererseits ein weiteres Mal meine Behauptung, dass die Schätzformeln keinen Bezug auf die Standardkörperoberfläche nehmen. Außerdem zeigen diese beiden Rechenbeispiele die engen Grenzen dieser einfachen Schätzformel. Noch deutlicher: Durch Normierung wird aus der GFR = 100 ml/min bei einem Säugling mit KOF = 0,1 m² eine GFR(1,73 m²/0,1 m²) = 1730 ml/min. Das ist kein Extrembeispiel gegen den Zwang zur Normierung sondern gegen die Qualität der Schätzformel.
h) Die oben unter b erwähnte Formel GFR = 80/Cys ist vermutlich die Kurzform von Hoeks Formel GFR = - 4,32 + 80,35/Cys. Eine Aufstellung von acht Formeln für die GFR mit Verwendung von Cystatin C (Hoek, Tidman, Flodin, Larsson, Rule, Grubb, Stevens) findet sich bei Björn O. Eriksen et alii: "Cystatin C is not a better estimator of GFR than plasma creatinine in the general population" (in: Kidney International, Volume 78, 2.12.2010, pages 1305-1311, Table 2).
53. a) Christine A. White et alii: "A Novel Equation to Estimate Glomerular Filtration Rate Using Beta-Trace Protein", in: Clinical Chemistry, November 2007, volume 53, no. 11, pages 1965-1968, 30.8.2007):
Incorrect statement (page 1965): "Stepwise multiple regression models were created to predict GFR corrected for body surface area."
Correct statement (page 1966): "Stepwise multiple regression models were used to predict GFR."
Correct statement (page 1966): "Plasma clearance of radiolabeled 99m technetium diethylenetriaminepentaacetic acid (99m Tc-DTPA) was used to measure GFR, which was then corrected for standard body surface area."
Incorrect statement (page 1966): "Because measured GFR was adjusted for body surface area, height and weight were not included as predictor variables."
b) Explanation of correct research:
First step: The 99m Tc-DTPA plasma clearance was used to measure GFR, which was not normalized according to GFR(1.73 m²/BSA).
Second step: Stepwise multiple regression models were used to predict (id est: to estimate) the measured GFR.
Third step: Now you can compare measured GFR and estimated GFR. Then you may normalize the estimated GFR according to GFR(1.73 m²/BSA). For research use it is not necessary to normalize the measured GFR.
c) It is absolutely impossible to predict the normalized GFR(1.73 m²/BSA) without knowing weight and height (by only knowing: beta trace protein BTP, urea, sex, creatinine, albumin, age, race). Prediction of normalized GFR(1.73 m²/BSA) cannot be the result of estimating normalized measured GFR.
d) Numeric example:
Measured GFR = 100 ml/min. Normalized measured GFR(1.73 m²/3.46 m²) = 50 ml/min.
Estimated GFR = 106 ml/min. Normalized estimated GFR(1.73 m²/3.46 m²) = 53 ml/min.
By no means you can predict the result of 53 ml/min without knowing the BSA.
e) Note: "to normalize" is a better expression than "to correct" or "to adjust".
f) Note: Actually, "to measure" also is not appropriate. "to calculate" is better. You cannot measure renal function. You even cannot measure concentrations, but only mass, time and volume.
g) Beta trace protein is an endogenous marker of kidney function.
h) Das Beta-Trace-Protein wird auch zur Diagnostik von Rhinoliquorrhö im Nasensekret und von Otoliquorrhö im Ohrensekret untersucht.
54.) Christine A. White et alii: "Estimating GFR using serum beta trace protein: accuracy and validation in kidney transplant and pediatric populations", in: "Kidney International", Volume 76, 1.10.2009, pages 784-791):
"4 novel BTP derived equations (our 2 equations and two proposed by Poge)."
Comment: Inaccurate unit ml per min per 1.73 m² and no normalization of GFR in spite of classification of GFR into the five stages of chronic kidney disease.
55.) Uwe Pöge, Thomas Gerhardt, Rainer P. Woitas: "Estimation of Glomerular Filtration Rate by Use of Beta-Trace Protein" (in: "Clinical Chemistry", Letter to the Editor, 54:8 (2008), pages 1403-1405):
Comment: Inaccurate unit ml/min/1.73 m². No normalization is needed because the authors did not use the five stage classification for chronic kidney disease.
56. a) Pierre Delanaye et alii: "Errors induced by indexing glomerular filtration rate for body surface area: reductio ad absurdum", in: Nephrol Dial Transplant (2009) 24: 3593-3596, 3rd September 2009): Actually this paper is a Reductio in absurdo.
b) The authors did not define what they call indexation. The correct definition of normalization is GFR(1.73 m²/BSA).
c) They mix the correct unit ml/min and the incorrect unit ml/min/1.73 m² without any reasoning.
d) They did not realize that the opposite of absolute GFR is relative GFR(1.73 m²/BSA).
e) They did not understand that you cannot measure GFR.
f) "Indeed, indexing glomerular filtration rate (GFR) for body surface area (BSA) is often done by habit, because everyone does it and without raising any questions." (locus citatus, page 3593) is inaccurate. Only a very few nephrologists actually normalize the true GFR according to GFR(1.73 m²/BSA).
g) The second half of figure 1 on page 3594 is correct. "GFR/BSA" is a normalization of GFR for a standard body surface area of extactly one square meter. The correct unit of GFR/BSA is (ml/min)/m² = µm/min. If one divides the accurate GFR of a group of patients by their BSA one will always get a graph similar to the lower half of figure 1.
h) The paper's conclusion "we recommend to use absolute, non-indexed GFR, especially in 'abnormal' body size populations" is misleading (reductio in absurdo). One should always aim for every patient's correct GFR. For several reasons one should in addition normalize this absolute GFR according to GFR(1.73 m²/BSA).
57.) Pauline R. Slort et alii: "Comparing cystatin C and creatinine in the diagnosis of pediatric acute renal allograft dysfunction" (in: Pediatr Nephrol (2012) 27: 843-849). In dieser Arbeit wird die GFR erstens nach der Formel von Anders Grubb mittels Cystatin C und zweitens zum Vergleich nach der Formel von Schwartz mittels Kreatinin geschätzt. In beiden Fällen wird die falsche Einheit ml/min/1.73 m² verwendet, obwohl nicht nach GFR(1.73 m²/BSA) normiert wird. Deswegen ist die Stadieneinteilung falsch. Deswegen sind vermutlich alle Schlussfolgerungen falsch.
58.) Vicente E. Torres et alii: "Tolvaptan in Patients with Autosomal Dominant Polycystic Kidney Disease" (in: "The New England Journal of Medicine", November 3, 2012, NEJM.org). - Note: The unit "ml per minute per 1.73 m² of body-surface area per year" is incorrect. The only precise unit for GFR is ml/min. It is the same precise unit that is used by the authors for the "estimated creatine clearance level". For the accurate unit of "the decline in the estimated glomerular filtration rate" please refer to paragraph 42 in this chapter.
59. a) Colin C. Geddes, Yook Mun Woo and Stefan Brady: "Glomerular filtration rate - what is the rationale and justification of normalizing GFR for body surface area?" (in: Nephrol Dial Transplant (2008) 23: pages 4-6). Several mistakes in this interesting paper:
b) The only precise unit for GFR is ml/min.
c) The inprecise unit ml/min/1.73 m² does not indicate normalization according to GFR(1.73 m²/BSA).
d) The word "to normalize" is much better than "to correct" or "to index".
e) GFR/BSA is equivalent to normalization for BSA = 1 m². The accurate unit for GFR/BSA is (ml/min)/m² = µm/min. It should be used for animals.
f) GFR/ECFV is equivalent to normalization for ECFV = 1 ml. The accurate unit for GFR/ECFV is (ml/min)/ml = 1/min. See above paragraph 16 in this chapter 6.
g) GFR/1.73 m² is nonsense. You divide the true GFR by a constant. You may not call this a normalization. The correct unit for GFR/1.73 m² = 0.578 GFR/m² is (ml/min)/m² = µm/min as above.
h) GFR/12.9 l ECFV also is nonsense. One divide thse true GFR by a constant. One cannot call this a normalization. The accurate unit for GFR/12900 ml ECFV = 0.0000775 GFR/ml ECFV is 1/min as above.
i) Until today, the only accurate and plausible normalization in nephrology is GFR(1.73 m²/BSA). The accurate unit for GFR(1.73 m²/BSA) is ml/min.
j) "The four-variable MDRD formula ... was derived ... to predict GFR/1.73 m² BSA" (locus citatus, page 5). That is not accurate. All of these formulae were made to predict the absolute GFR and not to predict the relative GFR(1.73 m²/BSA). It is virtually impossible to predict GFR(1.73 m²/BSA) without knowing BSA, because all people with the same GFR have a different BSA. And you cannot predict BSA without knowing their weight and height.
60. a) Pierre Delanaye and Jean-Marie Krzesinski: "Indexing of Renal Function Parameters by Body Surface Area: Intelligence or Folly?" (in: Nephron Clin Pract 2011; 119: pages c289 - c292). Several mistakes in this very interesting paper:
b) First patient on page 290: GFR = 150 ml/min and BSA = 2.8 m²
GFR(1.73 m²/BSA) = GFR(1.73 m²/2.8 m²) = 92.7 ml/min
The GFR is not "underestimated by 92 ml/min/1.73 m²". The difference between the absolute GFR and the relative GFR is 57.3 ml/min. One may not call this underestimation. And the accurate unit is ml/min.
Second patient on page 290: GFR = 25 ml/min and BSA = 1.4 m²
GFR(1.73 m²/BSA) = GFR(1.73 m²/1.4 m²) = 30.9 ml/min
One cannot "overestimate the GFR to 31 ml/min/1.73 m²". The difference between the absolute GFR and the relative GFR is 5.9 ml/min. One may not call this overestimation. And the accurate unit is ml/min.
c) "Since the MDRD study equation gives a GFR estimation indexed for BSA" (page 291) is incorrect. All GFR formulae estimate the absolute GFR and not the relative GFR(1.73 m²/BSA), unless it is obvious that the normalization process is integrated into the formula. For such an integration one needs height and weight. The MDRD formula does not ask for height and weight; so it cannot predict the relative GFR(1.73 m²/BSA). The Cockcroft-Gault formula does ask for the patient's weight, but not to estimate BSA but to improve the quality of estimation. Normalization of the estimated GFR is not a "double correction" (page 290), not even a single correction.
d) For several reasons, it is essential to normalize GFR, because different patients with the same GFR have different kidneys. The kidney volume is proportional to the BSA. That is why "adjusting the GFR by BSA" (page 289) is necessary, logical, usefull, and required.
e) "Weight is not significant as a predictor variable when the reference method is indexed for BSA" (page 291). The body weight is one of the best predictor variables for GFR. It is impossible to normalize the GFR according to GFR(1.73 m²/BSA) without knowing BSA.
f) "Re-Indexing the MDRD Results?" (page 291). If you multiply GFR(1.73 m²/BSA) by (BSA/1.73 m²) the result will be the absolute GFR. This is no reindexing or deindexing but normal procedure, if you would like to change relative GFR into absolute GFR. - The correct word for for the procedure could be antinormalization.
g) The "Japanese Ethnic Factors" (page 291) may improve the quality of estimation. This is why it is accurate to call this a correction. This procedure is similar to the "correction" factor 0.85 for women in the Cockcroft-Gault formula and also similar to the factor k in the Schwartz formula for children.
h) A bias (or overestimation and underestimation) is the difference between the gold standard GFR and the estimated GFR. There is no name for the difference between the absolute GFR and the relative GFR(1.73 m²/BSA).
61.) Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) schreibt am 5.11.2012 in einer Pressemitteilung (PM): "Bei der Mehrzahl der Patienten wird mit der Dialysebehandlung allerdings erst begonnen, wenn die GFR bereits deutlich niedriger liegt (das heißt zwischen 5 und 7 ml/min/1,73 m²)". Dazu schreibt der Präsident dieser DGfN (Professor Dr. med. Reinhard Richard Brunkhorst aus Hannover): "Wir unterstützen die Behörden nachdrücklich bei der Aufklärung des Falles in Aurich. Medizinisch kann man an den Laborparametern und dem klinischen Bild gut beurteilen, ob eine Dialyse erforderlich ist oder nicht" (Zitat: "Dateien PDF 20121105 PM Dialysebeginn.pdf67 K", am angegebenen Ort, Seite 2). - In dieser Pressemitteilung wird fahrlässig verschwiegen, dass die GFR vor jeder Beurteilung immer zwingend nach GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden muss. Die falsche Einheit ml/min/1,73 m² ersetzt diese Normierung nicht. Begründung: Menschen mit identischer absoluter Nierenfunktion haben verschiedene Körperoberflächen (KOF) und damit verschiedene relative Nierenfunktionen. So ist zum Beispiel bei einer Frühgeburt mit einer GFR = 6 ml/min eine Dialyse wohl nicht angezeigt.
62.) "It is surprising that so few people have questioned the value of eGFR." In der Tat ist es verwunderlich, warum nur wenige Nephrologen korrekt zwischen der absoluten GFR und der relativen GFR(1.73 m²/BSA) unterscheiden. Dieses kritische Zitat stammt aus der kurzen Arbeit von Hans Pottel, Liesbeth Hoste und Frank Martens: "Chronic Kidney Disease Classification - A Simple Proposal" (in: International Society of Nephrology - Advancing Nephrology Around the World, touch NEPHROLOGY.com - Independent insight for medical specialists). Die drei Autoren vergessen jedoch den Vorschlag (simple proposal) einer korrekten Normierung der Nierenfunktion.
63. a) www.wikipedia.org: Renal function: Talk: Number 5: "Corrected C-Cr equation wrong? Surely 1.73 should be on the bottom of the equation, and the patient's actual BSA at the top. That way for larger patients, the observed value will be adjusted upwards not downwards (11 September 2012)." That is a common misunderstanding.
b) The unsigned commentator does not understand normalization of GFR at all. One has to divide the patient's true absolute GFR by the patient's body surface area to get a normalization for BSA = 1 m². GFR/BSA has the accurate and precise unit (ml/min)/m² = µm/min. Then one has to multiply this intermediate result with the standard body surface area of 1.73 m² to get the accurate normalization. The correct formula is GFR(1.73 m²/BSA) with the correct unit ml/min. It is that easy.
c) The GFR is defined as the plasma volume that is cleared completely by a certain substance within a certain period of time. The accurate and precise unit of GFR is ml/min and nothing else.
d) That is why the common unit ml/min/1.73 m² or ml/min per 1.73 m² always is wrong.
e) This inaccurate unit does not indicate normalization of GFR according to GFR(1.73 m²/BSA).
f) This normalization of GFR is essential for comparison reasons and also for classification in one of the six stages of chronic kidney disease.
g) Both the absolute GFR and the relative GFR(1.73 m²/BSA) have the correct unit ml/min. Both are correct physiological terms. That is why the noun correction is wrong.
GFR(1.73 m²/BSA) is not a correction but a normalization of GFR.
h) One is the true GFR and the other is the fictitious relative GFR(1.73 m²/BSA). If the real patient would have the standard BSA of 1.73 m² and also would have a change of his renal function in relation to this standard BSA then his GFR would by described accurate and precisely by GFR(1.73 m²/BSA).
i) Yesterday (id est 12 November 2012) I added these recommendations to Talk (Number 6): "Renal function" on the English language Wikipedia website. On this website the authors use the correct unit ml/min for the Cockcroft-Gault formula and for the MDRD formula. For the CKD-EPI formula they use the wrong unit ml/min/1.73 m².
64.) Als Bias (vergleiche oben Absatz 60.h) bezeichnet man einen systematischen Fehler, welcher gegebenenfalls durch Korrekturfaktoren verkleinert werden kann. Durch geeignete Messverfahren sollen systematische Fehler beim Ermitteln der wahren GFR vermieden werden. Als Bias wird in der Nephrologie die Abweichung der geschätzten GFR von der wahren GFR (= Goldstandard) bezeichnet (Über- oder Unterschätzung); die Algorithmen der Schätzformeln werden zweckmäßigerweise so optimiert, dass Abweichungen minimiert werden (Methode der kleinsten Quadrate). Durch eine geeignete Kalibrierung der Schätzformel können sogar systematische Messfehler korrigiert werden. - Für die Differenzen zwischen der wahren und der normierten GFR oder aber zwischen der geschätzten und der normierten GFR gibt es keine Bezeichnungen. Für das Verhältnis der normierten GFR(1,73 m²/KOF) zur absoluten GFR wäre dagegen die Bezeichnung Normierungsrelation oder Normierungsbruch sinnvoll, denn GFR(1,73 m²/KOF):GFR = 1,73 m²/KOF.
65.) Am 15.2.2012 wurden in Düsseldorf zwei weitere Schätzformeln für die GFR veröffentlicht; es handelt sich um die vom Autor so genannten Pelzer-Formeln (Seite 13) von Maximilian Pelzer in seiner Dissertation "Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) mittels Cystatin C- (sic) und Kreatinin basierter Formeln im Vergleich zur 51Cr-EDTA-Plasma Clearance (Referenzmethode) bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren" (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf). In dieser Arbeit verwendet der Autor die Einheiten ml/min und ml/min/1,73 m² ohne erkennbares Konzept; gelegentlich wird die Einheit der Nierenfunktion auch ganz weggelassen. Der Autor vergleicht die Formeln von Wright, Hoek, Larrson (sic; korrekt Larsson) und Dade-Behring mit seinen eigenen. Dade-Behring (vergleiche oben Absatz 52 b) ist jedoch keine GFR-Formel, sondern ein Laborverfahren zur Bestimmung von Cystatin C. Falsch ist auch die Behauptung auf Seite 4, dass die absolute GFR die Einheit ml/min und dass die standardisierte (gemeint: normierte) GFR die falsche Einheit ml/min/1,73 m² erfordere. Nach GFR(1,73 m²/KOF) hat er jedoch nicht einmal normiert. Das Problem der Normierung hat er nicht verstanden. Also sind alle seine Aussagen zur Klassifizierung der Nierenkrankheiten vermutlich falsch. Wegen der fehlenden Normierung kommen auch seine statistischen Verfahren zu keinen klaren Ergebnissen.
66.) Eine interessante Kasuistik beschreiben Natig Gassanov, M. Pollok und F. Er: "Akutes Nierenversagen bei maligner Hypertonie" (in: Deutsche Medizinische Wochenschrift, Jahrgang 134, Heft 44/2009, 30.10.2009, Seiten 2224-2227). Eine 37-jährige Frau (72 kg, 162 cm) hat einen Serumkreatininspiegel von 19,26 mg/dl und einen Harnstoffspiegel von 365 mg/dl. - Die drei Kölner Autoren berechnen die GFR nicht. Die Formeln MDRD und CKD-EPI liefern beide das Ergebnis GFR = 2 ml/min. Da die Körperoberfläche etwa 1,75 m² beträgt, verändert sich diese GFR durch eine Normierung kaum.
67.) Auf dem 29. Nephrologischen Seminar in Heidelberg vom 10. bis zum 12. März 2005 (Autor: Roland M. Schaefer, Münster) beschrieb Danilo Fliser ("Slow extended dialysis (SLED): Eine moderne Nierenersatztherapie auf der Intensivstation" (in: Spektrum der Nephrologie, Jahrgang 18, Heft 2/2005, Seiten 24-25) ein häufiges kontinuierliches Nierenersatzverfahren. "Allerdings ist je nach Körpergewicht für ein optimales Outcome eine Clearance von 60 bis 80 l/24 h nötig." Eine weitere Rechnung zeigt:
80 l/24 h = 80.000 ml/(24 x 60 min) = 55,52 ml/min.
Anmerkung: Die gesamte Dialysierflüssigkeit beträgt 90 l.
68.) Thomas Lehn ("Besser länger dialysieren: Dialysezeit = Lebenszeit", in: Der Nierenpatient, Jahrgang 37, Heft 7/2012, November 2012, Seiten 42-46) schreibt auf Seite 44: "In den letzten Jahren wurden die Dialysezeiten in den USA auf 3 x 3 Stunden in der Woche heruntergeschraubt und dafür die Blutpumpengeschwindigkeit auf 450 bis 500 ml/min hochgefahren."
69.) Einen interessanten Vorschlag macht Marcel Roos ("Kontrastmittelverursachte Nierenschädigung", in: Diatra Journal, Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation, Heft 1/2012, Seiten 19-20). Er spricht im "Forum Medizin" von einer "altersadaptierten GFR von unter 60 ml/min" (Seite 19). - Meint er damit eine Normierung der GFR nicht nach der Körperoberfläche sondern nach dem Alter gemäß der Formel GFR(Durchschnittsalter/Patientenalter)? Meint er das Durchschnittsalter der Nierenpatienten oder aller Patienten oder aller Menschen in Deutschland oder Europa?
70.) Was meint Bernd Hoppe ("Non-Adherence mit schlimmen Folgen", Forum Medizin, am angegeben Ort, Seiten 22-24, siehe oben Absatz 69) mit der Angabe
1 mmol/1,73 m²/24 h? Meint er A oder B oder C?
A = (1 mmol/1,73 m²)/24 h = 0,578/24 mmol/m²h = 0,02408 mmol/m²h = 24 µmol/m²h
B = 1 mmol/(1,73 m²/24 h) = 24 hmmol/1,73 m² = 13,8 hmmol/m²
C = 1 mmol/24 h = 0,416 mmol/h = 416 µmol/h
Oder meint er einfach eine tägliche Ausscheidung von einem Millimol Oxalat im Urin seiner zweiundzwanzigjährigen Patientin? Oder hat er die Oxalatausscheidung durch Multiplikation mit (1,73 m²/KOF) normiert?
71. a) Dem Dialysearzt Amir Bijan Ansari Pirsarai aus Aurich (siehe oben Absatz 21) wird die Dialyse von nicht dialysepflichtigen Patienten vorgeworfen. Seine Dialysepraxis wurde deswegen zweimal geschlossen, die Genehmigung zur Durchführung und zur Abrechnung von Dialyseleistungen wurde ihm entzogen. Er gilt als Antragsteller und Beschuldigter. Die Vorwürfe finden sich in einem Gutachten (oder Begehungsprotokoll oder Besichtigungsprotokoll einer Qualitätssicherungskommission) vom 21.4.2012 von Reinhard Richard Brunkhorst (siehe oben die Absätze 13 und 61) und Johann Borwin Lüth sowie in Beschlüssen des Sozialgerichtes Hannover und des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen. Der Rechtsvertreter von Amir Bijan Ansari ist Claus Pfisterer aus Bremen von der Sozietät Castringius. Dieser Rechtsanwalt hat Robert-Matthias Goerig mit einem Gegengutachten beauftragt. Dieses Gegengutachten vom 19.8.2012 findet sich im Internet.
b) Ein chronisch Kranker hat mit erfolgreicher Therapie weniger Symptome als ohne Therapie. Man kann die Notwendigkeit einer Therapie nicht an den Befunden während der Therapie erkennen. Man kann nur unterstellen, dass die Befunde ohne Therapie stärker ausgeprägt sind als unter der Therapie. Zur Überprüfung dieser Unterstellung macht man Auslassversuche.
c) Im vorliegenden Casus Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen versus Amir Bijan Ansari hätte man bei Zweifeln an der Dialyseindikation also auf die Laborwerte vor Beginn der Dialyse zurückgreifen müssen. Auslassversuche waren in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle offenbar erfolglos.
d) Das Problem der Normierung der GFR nach GFR(1,73 m²/KOF) hat Robert-Matthias Goerig nicht verstanden, obwohl er auf Seite 15 von 24 schreibt: "Zudem ist die Korrektur der Kreatinin-Clearance auf die tatsächliche aus Größe und Gewicht berechnete Körperoberfläche zwingend." Falsch ist seine Aussage "in Bezug auf eine Person mit einer Körperoberfläche von 1,73 m². Dieser Wert stammt aus dem vorletzten Jahrhundert und muss heute in der Regel auf die tatsächliche Körperoberfläche normiert werden, was jedoch fälschlicherweise häufig nicht durchgeführt wird." Seine Beispielrechnung für eine glomeruläre Filtrationsrate von 30 ml/min nach GFR(1,73 m²/1,98 m²) = 24 ml/min ist jedoch korrekt. Wie oben im dritten Kapitel Normierung beschrieben wurde, stammt die Standard-Körperoberfläche 1,73 m² aus 1927 und müsste in der Tat heutigen Verhältnissen angepasst werden.
e) Der Gegengutachter Robert-Matthias Goerig sowie die Gutachter Reinhard Richard Brunkhorst und Johann Borwin Lüth verwenden die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle verwendet in seinem Beschluss dagegen ausschließlich die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 qm. Offenbar wird allein durch diesen Dreifachfehler schon fälschlich eine nicht gemachte, aber zwingend erforderliche Normierung unterstellt. Dass jede GFR bei übergewichtigen Erwachsenen durch die korrekte Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) kleiner wird, haben die beiden Gutachter und danach auch die beiden Gerichte offenbar übersehen.
f) Alle anderen Themen des Gegengutachtens (Restfunktion der Nieren, Erholung der Nieren durch Dialyse, Entstehung der Dialysepflicht durch eine nicht indizierte Dialyse, verschiedene Schätzformeln für die GFR, GFR-Schätzung unter der Dialyse, Reduzierung der Dialysedosis, Zusammenwirken von Restnierenfunktion und Dialysewirkung et cetera) haben nichts mit dem Vorwurf einer falschen Indikationsstellung oder einer fehlenden Heilanzeige zu tun.
g) Meine oben gemachten Aussagen, "die der Gutachter nahe nephrologischer Propädeutik ansiedeln würde" (Zitat, Seite 7 von 24), haben mit "langjährig erprobtem nephrologischem Wissen" (Zitat, Seite 7 von 24) nichts zu tun. Sie sind so banal, dass sie auch einem Grundschüler ohne Medizinkenntnisse zu vermitteln sind: Beschwerden und Befunde während einer erfolgreichen Behandlung sind vermutlich weniger stark ausgeprägt als vor Beginn der Behandlung.
h) Oder anders ausgedrückt: Normale Laborwerte sind der Beweis für die Richtigkeit einer Behandlung. Die Richtigkeit einer Behandlung ist der Beweis für ihre Notwendigkeit. Die Notwendigkeit einer Therapie wird von den Ärzten Indikation genannt. Also: Noch normale GFR-Werte unter einer Dialyse sind der Beweis für die Notwendigkeit der Dialyse. Sie sind sogar alleiniges Behandlungsziel.
i) Im Übrigen sind sowohl das Gutachten wie auch das Gegengutachten voller Grammatik-, Orthographie- und Interpunktionsfehler; darunter leiden ihre Aussagen sehr. Außerdem verbietet der Datenschutz die (veröffentlichte) namentliche Nennung von fünf betroffenen Patienten auf Seite 15 von 24 des Gegengutachtens.
j) Zur Frage der Dialyseindikation (= medizinische Notwendigkeit einer Dialyse) müssen also die normierten GFR-Werte vor der Andialyse oder aber während eines Dialyseauslassversuches herangezogen werden. Üblicherweise besteht eine Dialysepflicht nur dann, wenn gilt GFR(1,73 m²/KOF) < 15 ml/min. Diese so genannte terminale Niereninsuffizienz ist die notwendige Bedingung für eine Nierenersatztherapie; zusätzlich müssen aber noch mehrere hinreichende Bedingungen erfüllt sein.
k) Im Übrigen ist die nephrologische Weltliteratur hinsichtlich der GFR so fehlerhaft, dass sich allein schon deswegen eine Verurteilung eines unterstellten ärztlichen Fehlverhaltens verbietet.
l) Die Langfristfolgen einer Dialyse von Nierengesunden müssten im Gedankenexperiment oder in Tierversuchen erforscht werden. Humanmedizinische Untersuchungsergebnisse oder Einzelfallbeschreibungen liegen dazu nicht vor. Siehe unten Absatz 73.
m) "Während der Dialyse" meint den Zeitraum ("intradialytisches Intervall") von der ersten bis zur letzten Minute einer laufenden Blutwäsche während des Anschlusses an die Apparatur; meistens handelt es sich um wenige Stunden mit etwa zweitägigen Abständen oder um die Nachtstunden bei der nächtlichen Dialyse oder aber bei der kontinuierlichen Dialyse um Wochen, Monate oder Jahre. - "Unter der Dialyse" meint dagegen den Zeitraum ("interdialytisches Intervall") von der ersten Minute der ersten Dialyse (=Andialyse) bis zur Beendigung des Dialyseprogramms meistens durch Tod oder Nierentransplantation und manchmal auch durch Heilung oder Verweigerung. - "Auslassversuche" können zur Beendigung der Dialyse oder zu ihrer Wiederaufnahme führen. Dialyseunterbrechungen sind Therapiepausen von unterschiedlicher Dauer und aus unterschiedlichen Gründen. Das Intervall zwischen endgültigem Dialyseende und Todeseintritt ist auch abhängig vom Schweregrad der Niereninsuffizienz: Je besser die Nierenfunktion, desto unwahrscheinlicher ist ein Coma uraemicum. Je größer die GFR, desto später der Tod.
72. a) Die Firma Siemens Healthcare Diagnostics Incorporated empfiehlt für ihre Chemie-Systeme ADVIA die Formel
eGFR (ml/min/1,73 m²) = - 4,32 + 80,35/Cystatin C
mit der Quelle: Frans J. van Hoek, Frits A. W. Kemperman und Raymond Theodorus Krediet: "A comparison between cystatin C, plasma creatinine and the Cockcroft and Gault formula for the estimation of glomerular filtration rate", in: "Nephrology Dialysis Transplantation" 2003; Volume 18, Issue 10, 1. Oktober 2003, Seiten 2024-2031. - Die Einheit ist falsch, der Buchstabe e ist überflüssig und der Hinweis auf eine Normierung fehlt. Außerdem fehlt auf der rechten Seite des Gleichheitszeichens die Nierenfunktionseinheit.
b) In der Originalarbeit von Frans J. Hoek et alii findet sich sogar die noch falschere Formel
GFR/1.73 m² = - 4.32 + 80.35/cysC.
Denn links vom Gleichheitszeichen findet sich hier eine sinnlose Division durch eine Konstante. - Zitat: "All clearances were expressed as ml/min/1.73 m² after correction for body surface area (BSA) according to the DuBois-DuBois formula." Es finden sich in der gesamten Arbeit jedoch keinerlei Hinweise dafür, dass wirklich eine korrekte Normierung nach GFR(1,73 m²/BSA) vorgenommen wurde. Insofern bleibt der Wert dieser Arbeit äußerst zweifelhaft.
73. a) Welche Wirkungen hat die Dialyse von Nierengesunden? Siehe oben Absatz 71.l. Hat die Absenkung von harnpflichtigen Substanzen auf unternormale Konzentrationen Vorteile oder Nachteile?
b) "Schützt Harnsäure vor Parkinson?" Diese Frage stellt Nicola von Lutterotti am 19.12.2012 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Deutschland (Nummer 296/51D1, Seite N2). "Wie die Neurologen in den 'Proceedings' der amerikanischen Akademie der Wissenschaften (doi: 10-1073/pnas. 1217296110) berichten, richteten die Toxine umso weniger Schaden an, je mehr Harnsäure sich im Gehirn der Nager befand." - Eine Hyperurikämie führt zur Azotämie.
c) Paracelsus (1493 bis 1541) schrieb: "Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei."
d) Dialyse ist Körperverletzung. Dialyse ist Entgiftung. Nützt oder schadet eine vermehrte oder eine unnötige Entgiftung? Siehe oben Absatz 71.
74.) Teut Risler und Karlwilhelm Kühn ("Facharzt Nephrologie", Urban & Fischer, 1. Auflage, München und Jena 2008, Seite 13) haben das Problem der Normierung nicht verstanden, wenn sie schreiben: "Kreatinin-Clearance = (Urinkreatinin x Urinsammelvolumen):(72 Serumkreatinin x Urinsammelzeit) x 1,73/KOF, 24 h = 1440 Min, KOF = Korrekturfaktor (Bezug auf Körperoberfläche 1,73 m²)." - Erster Fehler: Das ist nicht die Formel für die tatsächliche Kreatinin-Clearance, sondern für die normierte Kreatinin-Clearance. Zweiter Fehler: Die Zahl 72 muss weg; sie kommt aus der Cockcroft-Gault-Schätzformel für die tatsächliche Kreatinin-Clearance. Dritter Fehler: Nach 1,73 fehlt m²; sonst kann man nicht kürzen. Vierter Fehler: KOF ist kein Korrekturfaktor, sondern die tatsächliche Körperoberfläche des Patienten. Fünfter Fehler: Der "Bezug auf die Körperoberfläche 1,73 m²" wird nicht durch die KOF, sondern durch die veraltete Standard-Körperoberfläche von 1,73 m² gewährleistet. Sechster Fehler: Außerdem wird die richtige GFR-Formel nach Cystatin C auf Seite 10 auf Seite 16 fälschlich mit 1000 multipliziert; Quellenangaben fehlen. Siebenter Fehler: Wahllos finden sich sowohl die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min wie auch die falsche Einheit ml/min/1,73 m².
75.) "Die Kreatinin-Clearance ist ein (ungenaues) Maß für die Nierenfunktion. Zur Berechnung sind notwendig: Urinmenge, Kreatinin-Wert in Blut und Urin, weiterhin Körpergröße (KÖF) und -gewicht. Die Kreatinin-Clearance sinkt mit dem Alter ab. Normalwerte (ml/min/1,73 m2 KÖF)" (Quelle: "KfH-Nierenratgeber", Neuauflage, 23.1.2007, Seite 4 in Kapitel 10). - KfH ist der Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. in Neu-Isenburg (siehe oben Absatz 41). Auch hier wird das Problem der Normierung nicht verstanden. KÖF heißt in der Medizin Klappenöffnungsfläche und nicht Körpergröße. Gemeint ist, dass die Körperoberfläche KOF aus Größe und Gewicht ermittelt werden kann. Außerdem ist zusätzlich der Urinsammelzeitraum erforderlich. Außerdem m² statt m2 und Kreatinin-Werte statt Kreatinin-Wert. - Ein solcher Ratgeber ist nicht hilfreich.
76. a) Die Clearance von Edarbi (Azilsartan) beträgt nach Peter Baumgart 2,3 ml/min. Azilsartanmedoxomil ist ein Antihypertensivum. 2,3 ml Plasma werden pro Minute vollständig von Edarbi befreit. Die Bedeutung dieser Aussage bleibt unklar.
b) Antwort: Die Angabe einer Medikamentenclearance macht nur Sinn mit gleichzeitiger Angabe der Kreatininclearance. Jetzt kann die Filtrationsfraktion als Quotient aus Medikamentenclearance und Kreatininclearance berechnet werden.
c) Zahlenbeispiel: Wenn die Edarbiclearance 2,3 ml/min und die Kratininclearance zum Beispiel GFR = 46 ml/min betragen, dann betragen der Filterwirkungsgrad und damit die Filtrationsfraktion FF = 2,3 : 46 = 1/20 = 0,05.
d) Das bedeutet, dass nur jedes zwanzigste Edarbimolekül glomerulär filtriert wird. Die Medikamentenclearance ist also unabhängig von der Plasmakonzentration des Medikaments. Das gilt nur, wenn jedes x-te Molekül herausgefiltert wird. Dabei ist x = FF das Verhältnis von Medikamenten- zu Kreatininclearance.
e) Diese Behauptung der konzentrationsunabhängigen Filtrationsfraktion ist analog zum Klärwerk und gilt aber nicht, wenn zeitabhängig zum Beispiel nur y Moleküle pro Zeiteinheit herausgefiltert werden.
77.) Viele Ärzte können nicht richtig zwischen Insulinabhängigkeit und Insulinpflicht unterscheiden.
Viele Ärzte können nicht richtig zwischen Dialyseabhängigkeit und Dialysepflicht unterscheiden.
Ohne Insulin stirbt ein Insulinabhängiger in wenigen Tagen.
Ohne Dialyse stirbt ein Dialyseabhängiger in wenigen Tagen.
Bei einem insulinpflichtigen Zuckerkranken vom Typ 2b hat man hinsichtlich der Therapie mit Insulin oft einen sehr großen zeitlichen Spielraum.
Bei einem dialysepflichtigen Nierenkranken im Stadium 5 hat man hinsichtlich der Therapie mit Dialyse oft einen sehr großen zeitlichen Spielraum.
78.) Das Laborblatt einer Herforder Nephrologenpraxis für meinen Patienten D. K. bleibt verbesserungswürdig. Wenn der Serumspiegel von Cystatin C ermittelt wird, kann man damit auch die dazu gehörige GFR berechnen. Unklar bleibt die geschätzte (= estimated = e) GFR nach der abgekürzten oder verkürzten (= abbreviated = a) MDRD-Formel am 13.11.2012 mit 73 ml/min bis 74,8 ml/min. Kann man sich nicht für einen Wert entscheiden? Warum wird nicht normiert? Warum wird der Kreatininspiegel im Urin (1,13 g/l) nicht zusammen mit dem Volumen des 24-Stunden-Sammelurins in die Clearanceformel eingesetzt?
79. a) Wolfgang Hepp, Michael Koch und Klaus Konner haben zusammen mit S. Langer 2009 die zweite Auflage der "Dialyseshunts" herausgegeben (Steinkopff Verlag). Das Problem der Normierung wird nicht erwähnt. Ebenso wird nicht erwähnt, dass jeder Shunt per definitionem das Herzzeitvolumen und damit die Nierendurchblutung und damit die Rest-GFR vergrößert; andererseits verkleinert jeder Shunt mittelfristig die Herzleistung und damit die Nierendurchblutung und damit die Rest-GFR. Die Rest-GFR ist also der Saldo zwischen Vergrößerung und der Verkleinerung. Siehe unten Absatz 81.
b) Interessant ist auf Seite 80 der Hinweis, dass 2004 "Der durchschnittliche BMI von Dialysepatienten in Deutschland 24 kg/m²" betrug. Wenn man den Gedankengang oben in Kapitel 3 Absatz 21 fortführt, gilt
GFR(1,73 m²/KOF) = GFR(17/BMI) = GFR(17/24) = 0,708 GFR
für den durchschnittlichen Dialysepatienten. Vermutlich ist der BMI in den letzten zehn Jahren weiter angestiegen. Die Rest-GFR eines durchschnittlichen Dialysepatienten verkleinert sich also durch korrektes Normieren um etwa ein Drittel auf zwei Drittel.
c) Falsch ist auf Seite 27 die Formel für die Clearance einer Substanz während der Dialyse. Es darf nicht die venöse von der arteriellen Konzentration subtrahiert werden. Vielmehr muss die kleinere arterielle von der größeren venösen Konzentration subtrahiert werden. Denn die Giftstoffe kommen bei der Organdurchblutung in das venöse und nicht in das arterielle Blut. Die Konzentration vor dem Dialysator ist die venöse und nicht die arterielle Konzentration; die Konzentration hinter dem Dialysator ist die arterielle und nicht die venöse Konzentration. Auf dem Weg vom rechten Atrium über den linken Ventrikel bis zum Shunt verändert sich die Konzentration besonders in den Lungen nicht mehr. Im Nenner muss analog die venöse statt der arteriellen Konzentration stehen. Die Formel auf Seite 27 berechnet die maschinelle Clearance (siehe oben Kapitel 2 Absätze G, Q, R, X) und nicht die Clearance während der Dialyse; denn die Restfunktion der Nieren wird nicht berücksichtigt. - Die Nierenfunktionseinheit ist übrigens durchgängig richtig.
80. a) In der Leipziger Universitätsklinik wurden 2010 und 2011 "38 Patienten der Klinik in ihren Krankenakten fälschlicherweise als Dialyse-Fälle ausgewiesen und damit kränker gemacht, als sie tatsächlich waren" (Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland, Nummer 2/2013, 3.1.2013, Seite 7). Es ist die Rede von Fälschungen des Status als Dialysefall, im Dialyseverfahren und als Dialysepatient. Die Begriffe Dialysepflicht und Dialyseabhängigkeit werden in den Meldungen zu den "gefälschten Krankenakten in Leipzig" nicht erwähnt. Siehe oben Absatz 77.
b) Auch ohne Fälschungen hätte man (im Rahmen der Präanalytik) schlechte Nierenwerte erhalten können. Wenn ein Patient ein oder zwei Tage nichts trinkt, steigen die Retentionswerte reversibel an. Wenn man fast einhundert verschiedene Schätzformeln für die Nierenfunktion zur Verfügung hat, könnte man sich für diejenige mit der kleinsten GFR entscheiden. Wenn man dann noch korrekt nach GFR(1,73 m²/KOF) normiert, sinkt die GFR drittens durchschnittlich weiter um etwa ein Drittel. So könnte auch fast jeder Gesunde vermutlich das Stadium der terminalen Niereninsuffizienz mit GFR(1,73 m²/KOF) < 15 ml/min erreichen.
c) Ein solches Vorgehen wäre vermutlich teilweise verwerflich und vorwerfbar. Trotzdem ist der Tatbestand einer Fälschung nicht erfüllt. Um so größer ist die ärztliche Verantwortung bei der Empfehlung einer Nierenersatztherapie.
d) Wolfgang Fleig weist als medizinischer Vorstand auf die Möglichkeit hin, "dass bei manchen Patienten doch eine Dialyse stattgefunden habe" (Zitat: Thomas Trappe: "Transplantation: Klinikvorstand fürchtet Vertrauensverlust", in: Ärzte-Zeitung, Jahrgang 32, Nummer 1/2013, 7.1.2013, Seite 4). Eine durchgeführte Dialyse ist noch kein Beweis für ihre Erforderlichkeit. Siehe oben Absatz 71.
e) "Nach dem Organspendeskandal an der Universitätsklinik Leipzig ist gegen drei Ärzte ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden. Es bestehe der Verdacht des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung, teilte die Leipziger Staatsanwaltschaft gestern mit." (Zitat: "Westfalen-Blatt, Herforder Kreisblatt", Nr. 146, vom 27.6.2013, Seite 6)
81.) Es "wird der Beitrag des Shunts für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz häufig zu wenig beachtet." Dieser wichtige Hinweis stammt von Marianne Haag-Weber ("Der Shunt bei funktionierendem Transplant - Sicherheitsgarantie oder Risikofaktor?", in: Diatra Journal, Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation, Heft 4/2012, Dezember 2012, Forum Medizin, Seiten 13 und 14). Die Kurzform Transplant im Titel steht wohl für Transplantat. Die Kürzel dia und tra in der Quelle stehen wohl für Dialyse und Transplantation (deutsch: Verpflanzung) als Therapieoptionen bei der Niereninsuffizienz. Im Englischen heißt transplant sowohl Transplantat wie auch Transplantation. - Siehe oben Absatz 79a. Marianne Haag-Weber hat nicht erkannt, dass ein Shunt die Nierenfunktion sowohl verbessert als auch verschlechtert und dass sich der Saldo aus Verbesserung und Verschlechterung zeitabhängig verändert.
82.) Zu kritisieren ist auch der Artikel "Effektivitätssteigerung in der Peritonealdialyse durch adaptierte APD" von Jürgen Graf, Sabine Raubuch-Höchst und Tanja Pietschmann auf den Seiten 18 und 19 im Forum Medizin (siehe oben Absatz 81). Für die apparative Peritonealdialyse (APD) wird der Quotient Kt/V durchgängig korrekt auf eine Woche bezogen. Falsch ist auf Seite 18 die Definition von Kt/V als Harnstoff- und Kreatininclearance. Siehe oben Kapitel 2 Absatz U. Völlig falsch ist auf Seite 18 außerdem die Einheit der Kreatininclearance L/1,73 m²/Woche. Unklar bleibt, ob sich die Phosphatentfernung auf eine Nacht oder auf eine Woche bezieht. - Die Einheit ml/min kann man auf Liter pro Woche umrechnen (1 ml = 0,001 l und eine Woche = 60 x 24 x 7 Minuten = 10080 Minuten). Also gilt ungefähr 1 l/w = 0,1 ml/min. 30,7 l/w sind also etwa 3 ml/min. Eine Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) führt beim Durchschnittspatienten also zu einer normierten GFR von etwa 2 ml/min (siehe oben Absatz 79b). Ist das gemeint?
83.) Ein hiesiger niedergelassener Internist führt im alphabetisch geordneten Laborblatt der Patientin C. W. eine CREGFR = 46 ml/min an. Gemeint ist offenbar die nach der vereinfachten (verkürzten oder abgekürzten) MDRD-Formel geschätzte GFR. Wenn man das Serumkreatinin von 1,21 mg/dl und das Alter von 77 Jahren in die Schätzformel einsetzt, erhält man eine nicht normierte GFR = 45,9 ml/min. Blut- und Urinwerte werden unsystematisch vermischt. Biliru ist offenbar seine Abkürzung für Bilirubin im Urin.
84.) Einige Bielefelder Ärzte teilen ihrem Labor regelmäßig Größe und Gewicht ihrer Patienten mit, um die normierte GFR(1,73 m²/KOF) zu erhalten. Offenbar beachtet dieses Labor diese Hinweise nicht. Geliefert wird wie allgemein üblich GFR (aMDRD) nach der abgekürzten oder verkürzten Formel ohne Berücksichtigung der Körperoberfläche.
85.) Wenn man im Internet nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) sucht, findet man außer der vorliegenden Website auch noch Ähnliches. So fragte am 16.7.2003 ein Anonymus nach der Körperoberfläche von 1,73 m² und erhielt von Dennis die Empfehlung zur Transformierung nach "GFR stand = GFR-Patient x (KOF/1,73 m²)". Leider verwechselt Dennis Zähler und Nenner. - Am 25.5.2011 fragte ein anderer Anonymus: "Why is 1.73 m² and not just m² and not any other number? Where does this all come from?" Er erhält die unbefriedigende Antwort, "all measurements of GFR including MDRD correct for BSA and use 1.73 m²" seien schwierig. "Is it a time to change or is 1.73 m² going to live longer than all of us"? (Zitat: Topic Discussion: Nephron Power - the academic Renal blog). - Es gibt vorerst keine Alternative zu GFR(1,73 m²/BSA). Es besteht dringender Handlungsbedarf.
86. a) Am 20.1.2013 habe ich nach telephonischer Aufforderung von Ulrich Vogel beim DIMDI einen offiziellen "Änderungsvorschlag für die ICD-10-GM 2014" eingereicht. Die "prägnante Kurzbeschreibung" meines Vorschlags lautet:
"N18: GFR(1,73 m²/KOF) = 60 ml/min etc. statt GFR = 60 ml/min/1,73 m² etc.".
Begründung: "Das bisherige Vorgehen ist mathematischer und nephrologischer Unsinn." - Um 11:50 Uhr erhielt ich den Zwischenbescheid: "Wir bestätigen hiermit den fristgerechten Eingang Ihrer Vorschläge für das Revisionsverfahren der Klassifikationen. Bei inhaltlichen Fragen werden wir mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Mit freundlichen Grüßen Ihre Arbeitsgruppe Medizinische Klassifikationen beim DIMDI". - Der Telephonanruf von Ulrich Vogel am 17.1.2013 bezog sich auf meine Kritik vom Juli 2012 (siehe oben Absatz 26), nachdem mein erster (offenbar inoffizieller) Änderungsvorschlag vom 6.2.2012 nicht erfolgreich war (siehe oben Absatz 7).
b) Dieser Änderungsvorschlag findet sich noch immer auf der Homepage von DIMDI:
Ich habe bis heute am 26.4.2016
nie irgendein Ergebnis meines Antrages erhalten. Niemand hat ja gesagt, niemand hat nein gesagt
87.) Im Kapitel "Nierenfunktionswerte" in den "Wissenschaftlichen Tabellen" (Documenta Geigy, 7. Auflage, Wehr 1968, Seiten 527 bis 532) finden sich wichtige Hinweise von den Nephrologen Dieter P. Mertz und Hans-Joachim Sarre:
a) "ml/min bei 1,73 m² Körperoberfläche" (Seite 528),
"ml/min bezogen auf 1,73 m² Körperoberfläche" (Seite 527),
"ml/min für eine Körperoberfläche von 1,73 m²" (Seite 529). -
"bei", "bezogen auf" und "für" heißen auf Lateinisch "pro". Der falsche Bruchstrich wird absichtlich vermieden. Der Hinweis auf eine korrekte Normierung der GFR nach GFR(1,73 m²/KOF) fehlt.
b) Trotzdem empfehlen die Autoren: "Als Bezugsstandard für Clearancemessungen hat sich die 'Norm' der Körperoberfläche (1,73 m²) eingeführt"; Seite 527 mit den beiden Quellen: McIntosh et alii, J. clin. Invest., 6, 467 (1928) und Möller (Eggert Hugo Heiberg Møller (*1893) aus Hellerup in Dänemark) et alii, J. clin. Invest., 6, 427 (1928). - Siehe oben Kapitel 3 Absatz 3j.
c) "Die glomerulär filtrierte Menge (GFR) eines vollständig filtrierbaren Elektrolyts (E) errechnet sich wie folgt: GFR (in mval/min) = k x P x C. Hierbei stellt (gemeint: stellen) P die Plasmakonzentration des Elektrolyts (in mval/l) und k einen Korrekturfaktor für geringe Konzentrationsdifferenzen dar, die zwischen Plasma und Glomerulumfiltrat durch Gibbs-Donnan-Gleichgewichte und den um die Eiweißkonzentration verminderten Wassergehalt des Plasmas bedingt sind" (Seite 532). - C ist die Inulin-Clearance in ml/min. k betrage etwa 1,00; korrekt wäre etwa 1000, damit rechts und links vom Gleichheitszeichen dieselbe Einheit (nämlich mval/min) steht.
88.) Auch die vom Bundesverband Niere in Mainz herausgegebene Patientenzeitschrift "Der Nierenpatient" verfolgt keine einheitliche Linie. Auf Seite 45 in Heft 7/12 von November 2012 (Jahrgang 37) schreibt Thomas Lehn: "Bei der terminalen Niereninsuffizienz (Stadium V: GFR < 15 bedeutet Nierenversagen) ist die Dialyse unumgänglich." In Heft 8/12 von Dezember 2012 steht dagegen auf Seite 7 diesbezüglich korrekt: Bei der Mehrzahl der Patienten wird mit der Dialysebehandlung allerdings erst begonnen, wenn die GFR bereits deutlich niedriger liegt (das heißt zwischen 5 und 7 ml/min/1,73 m²). ... Nur bei einer kleinen Gruppe von Patienten ... ist ein Dialysebeginn oberhalb einer GFR von 15 ml/min/1,73 m² vorgesehen." - Dass die Nierenfunktionseinheit im ersten Bericht fehlt und im zweiten falsch ist, verwundert nicht mehr. Dass der Hinweis auf die Normierung fehlt, grenzt an Anstiftung zur Körperverletzung.
89.) John T. Daugirdas ("Handbook of Chronic Kidney Disease Management", Philadelphia 2011, Seite 4) empfiehlt mathematisch falsch, im Ergebnis aber korrekt:
"Normalizing Glomerular Filtration Rate to Body Surface Area. Example: How to normalize GFR to 1.73 m² BSA: Assume raw GFR is 100 mL/min
If BSA = 1.5 m²; multiply 100 by 1.73/1.50
GFR/1.73 m² = 115 mL/min
If BSA = 2.0 m²; multiply 100 by 1.73/2.0
GFR/1.73 m² = 86 mL/min
The example shows two subjects with a GFR of 100 mL/min. One has a BSA of 1.5 m² and the other of 2.0 m². The BSA-normalized GFR is 115 mL/min/1.73 m² in the smaller person and 86 mL/min/1.73 m² in the larger person."
Korrekt und einfacher wäre:
Zwei Personen mit einer identischen GFR = 100 ml/min haben nach Normierung
GFR(1,73 m²/KOF) = GFR(1,73 m²/1,5 m²) = 115,3 ml/min bei KOF = 1,5 m²,
GFR(1,73 m²/KOF) = GFR(1,73 m²/2,0 m²) = 86,5 ml/min bei KOF = 2,0 m².
90. a) Julie Lin, Eric L. Knight und Ajay Singh schreiben ein "Erratum Correction" (in: Journal of the American Society of Nephrology, September 1, 2005, volume 16, number 9, page 2814), weil sie beim Normieren der GFR durchgängig Zähler und Nenner verwechselten: "A reader has correctly pointed out that we made an error in standardizing".
b) Der Zähler zählt die im Nenner benannten Dinge. Im Englischen findet man folgende Synonyme (woerterbuch.info):
Zähler (Dividend): numerator, denominator, enumerator.
Nenner (Divisor): denominator, numerator.
Die jeweils zweiten englischen Wörter sind wohl Fehler des Wörterbuchautors. Vielleicht trägt auch das zur allgemeinen Verwirrung bei! - Nach meinem Hinweis wurden die Fehler im Wörterbuch sofort korrigiert.
91.) Am 8.2.2013 fragte ich eine niedergelassene Nephrologin, warum sie im Laborblatt eines gemeinsamen Patienten bei GFR (MDRD) die richtige und bei GFR (Cystatin C) die falsche Nierenfunktionseinheit verwendet und warum sie beide nicht korrekt nach GFR(1,73 m²/KOF) normiert. Sie antwortet mir mit Datum vom 8.2.2013, dass die falsche Einheit vom Labor käme. Zum Problem der Normierung schreibt sie: "Ich habe weder die Zeit noch die Lust, irgendwelche akademischen Umrechnungen vorzunehmen, da es für den klinischen Alltag ohne jede Relevanz ist. Nur bei klinischen Studien ist die Korrektur sinnvoll!" - Wie die vorliegende Arbeit zeigt, ist die Normierung im klinischen Alltag von sehr großer Relevanz; im Extremfall können gleichzeitig alle fünf Stadien der Niereninsuffizienz vorliegen. Gerade bei Studien ist die Normierung dagegen oft dann nicht erforderlich, wenn zum Beispiel mit Mittelwerten der GFR ohne Stadieneinteilung gearbeitet wird.
92.a) Der Zähler zählt das im Nenner Benannte. Streng genommen gilt diese Aussage nur in der Mathematik und nur für unbenannte Zahlen (zum Beispiel 3/4 oder 7b/4c). Streng genommen müssen Quotient und Verhältnis gedanklich getrennt werden. Im englischen Wikipedia wird gut zwischen fraction und ratio unterschieden. Das deutsche Wikipedia setzt im Artikel "Quotient" dagegen Quotient mit Verhältnis gleich; in der Mathematik und in den Naturwissenschaften werde das Ergebnis einer Division als Quotient oder Verhältnis bezeichnet. Grundsätzlich gelten die Mathematikregeln jedoch nicht für Verhältnisse wie zum Beispiel
a : b : c = d : e : f
Bayern München : Schalke = 4 : 0
Dollarmittelkurs = 1,33 $/€
Preis = 1,99 €/kg
INR = 1,8
GFR = 60 ml/min
3 Äpfel : 4 Birnen
2000 kcal pro Person pro Tag
10 % = zehn vom Hundert
Bei Fußballspielergebnissen darf nicht gerechnet werden. 2:4 ist nicht dasselbe wie 1:2. Außerdem darf durch Null nicht dividiert werden. Oder A + 10 % - 10 % = 0,99 A. Man kann sagen, 3/4 ist dreimal ein Viertel; analog kann man nicht sagen, ml/min ist millilitermal ein Minutstel. Besonders in den Naturwissenschaften hat man sich jedoch darauf geeinigt, dass die Mathematikregeln auch bei Verhältnissen (mit unterschiedlichen Dimensionen) gelten sollen. So ist zum Beispiel der Ausdruck ml/min eine Konvention: es darf gerechnet werden. Analog ist Leistung = Arbeit pro Zeit; hier darf auch gerechnet werden. Man darf also sagen, 1 ml/min ist sechzigmal in 60 ml/min enthalten. Denn analog ist 1/4 dreimal in 3/4 enthalten. Falsch wäre aber die Aussage, ein Minutstel ist sechzigmillilitermal in 60 ml/min enthalten.
b) Kurz gesagt: Quotient und Verhältnis können beide als Bruch dargestellt werden, mit folgendem Unterschied: Beim Quotienten kann man dividieren, beim Verhältnis kann man nicht dividieren. Beispiele: 3/4 = 0,75 geht. ml/min geht nicht. $/€ geht auch nicht.
c) Der falsche Term GFR = 60 ml/min/1,73 m² ist dagegen so falsch, dass ähnliche Beispiele nicht zu finden sind. Die englische Ausgabe von Wikipedia schreibt dazu: "If, in a complex fraction, there is no clear way to tell which fraction line takes precedence, then the expression is improperly formed, and meaningless" (Zitat: wikipedia: Fraction mathematics).
93.) Auch im Lehrbuch "Nierenkrankheiten", herausgegeben von Hans Sarre, Ulrich Gessler und Detlef Seybold (5. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1988, Kapitel "Nierenfunktionsproben" von Edda Lux, Seiten 82 bis 88) wird nicht zwischen ml/min und ml/min/1,73 m² unterschieden. Das Problem der Normierung wird nicht verstanden, obwohl einige Schätzformeln die Normierung integriert haben. Auf Seite 85 findet sich der Schreibfehler Cockgroft statt Cockcroft.
94.) Joachim Girndt hat den zweiten falschen Bruchstrich erkannt; deswegen verwendet er die GFR-Einheit "ml/min und 1,73 m²" (Zitat: "Nieren- und Hochdruckkrankheiten", Schattauer Verlag, Stuttgart und New York 1990, Seite 92). Eine Normierung empfiehlt er nicht.
95.) Vorgestern sah ich einen Laborzettel mit den Begriffen MDRD und CDK-EPI und jeweils mit der falschen Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m². Der wichtige Begriff GFR fehlte, eine Normierung wurde nicht vorgenommen. Ein anderes Labor schreibt GFR (gesch) = 98 ml/min. Alle GFR-Formeln sind Schätzformeln; man sollte jedoch immer angeben, um welche Formel es sich handelt. Fast alle dieser Schätzformeln enthalten nicht den Algorithmus (1,73 m²/KOF) für die Normierung. Ich erinnere an Kapitel 5.
96.) Die häufigsten Lehrbücher der Physiologie für Medizinstudenten verwenden für die GFR immer die richtige Einheit ml/min (oder Liter pro Tag). Die falsche Einheit ml/min/1,73 m² kommt nicht vor. Der Begriff der Clearance wird dagegen entweder nicht oder aber didaktisch unzureichend erklärt. Der oben in Kapitel 2 Absatz H erklärte Zusammenhang wird nicht verstanden; vielmehr wird die Clearance als fiktiv bezeichnet. Das Problem der Normierung wird nicht ansatzweise berücksichtigt. Es handelt sich zum Beispiel um folgende Standardwerke:
a) "Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie", herausgegeben von Robert Franz Schmidt, Florian Lang und Gerhard Thews, 29. Auflage, Springer Verlag, Heidelberg 2005 (Kapitel: "Niere" von Florian Lang und Armin Kurtz).
b) "Lehrbuch der Medizinischen Physiologie" von William Francis Ganong et alii, 4. Auflage, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1979.
c) "Medizinische Physiologie" von Michael Steinhausen, 3. Auflage, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena, New York 1993.
d) "Physiologie heute" von Klaus Golenhofen, 2. Auflage, Urban & Fischer Verlag, Müchen und Jena 2000.
e) "Lehrbuch der Physiologie" von Rainer Klinke und Stefan Silbernagel, 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1996; hier finden sich im Kapitel "Die Funktion der Nieren" von Stefan Silbernagel (Seiten 283 bis 358) die Nierenfunktionseinheiten "Liter pro Tag" (Seite 285), "ml/min pro 1,73 m² Körperoberfläche" (Seite 288), 50 "nl/min" für die Einzelnephron-GFR (Seite 293) und ml/min (Seite 289).
f) "Medizinische Physiologie" von Charles L. Schauf, David F. Moffett und Stacia B. Moffett, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1993; auf Seite 437 wird sogar die berechtigte "Wiederholungsfrage: Welche Dimension hat die renale Clearance?" gestellt.
97.) Peter Stiefelhagen zitiert Elke S. Schäffner (siehe oben Absatz 41) in seinem Aufsatz "Bestimmung der Nierenfunktion in der Hausarztpraxis - Wichtig - aber schwierig!" (in: Münchener Medizinische Wochenschrift, Heft 3/2012 vom 21.2.2013, Seiten 14-15) immer mit der richtigen Nierenfunktionseinheit. Fahrlässig wird jedoch das Problem der Normierung nicht erwähnt. Die oben als unbrauchbar bezeichneten neuen Berliner Formeln werden nicht erwähnt. - Auch auf der Folgeseite ("Wann ist der Zeitpunkt für die Dialyse gekommen? Nicht nur eine Frage der Laborwerte") weist Peter Stiefelhagen als Schriftleiter und Herausgeber fahrlässig nicht auf die zwingend erforderliche Normierung hin.
98.) Ovidiu Alin Stirban ("Im Fokus: mikrovaskuläre Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus", in: "Ärztliches Journal Reise & Medizin", Heft 2/2013, 37. Jahrgang, Seiten 52-55) verwendet unsystematisch manchmal die richtige und manchmal die falsche Nierenfunktionseinheit, schreibt Cockcroft falsch und unterschlägt die zwingend erforderliche Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF).
99.) Wenn man meine Formel GFR(1,73 m²/KOF) in die bekannten Suchmaschinen eingibt, erscheint die vorliegende Website bei Google an Platz 8 und bei Yahoo sowie Bing jeweils an Platz 3. Die Suche bei Google nach GFR KOF BSA oder GFR 1,73 BSA zeigt meine Arbeit jeweils an der ersten Stelle. Die Suche am 1.3.2013 bei Google nach GFR 1,73 zeigt meine Arbeit an Platz 8 von 1,86 Millionen und die Suche nach GFR BSA an Platz 21. - Am 15.3.2013 findet man bei Google meine Formel GFR(17/BMI) an Position 13 von 2,86 Millionen (siehe oben Kapitel 3 Absatz 21 und Kapitel 6 Absatz 79).
100.a) Martin Bald hat die Probleme des Dreifachfehlers nicht ansatzweise verstanden, wenn er schreibt: "Bei einem achtjährigen Kind liegt die GFR physiologischerweise bei etwa 70 l/min, bei einem erwachsenen Mann etwa bei 200 l/min. Um das auszugleichen, wird die GFR meist auf 1,73 m² Körperoberfläche bezogen. Eine normale GFR liegt nach dem ersten Lebensjahr über 90 ml/min x 1,73 m²." (Zitat: Martin Bald: "Nephrologie und urologische Erkrankungen", in: Martin Bald et alii: "Kurzlehrbuch Pädiatrie", Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012, Seite 361).
b) Lutz T. Weber gibt dagegen die richtige Formel für die normierte GFR an, ohne das jedoch klar durch die Formel GFR(1,73 m²/KOF) zum Ausdruck zu bringen. Seine Formel für die Kreatininclearance (synonym für die GFR) lautet:
GFR = (Kreatinin im Urin)/(Kreatinin im Serum) (Urinvolumen/Sammelzeit) (1,73/KO).
Statt GFR muss es korrekt GFR(1,73 m²/KOF), statt KO KOF und statt 1,73 muss es korrekt 1,73 m² lauten. Außerdem verwendet er durchgängig die falsche "Maßeinheit der GFR: ml/min x 1,73 m²". Quelle: Lutz T. Weber: "Basisdiagnostik in der Pädiatrischen Nephrologie", 45. Internationaler Oster-Seminar-Kongress, Brixen 2012.
c) Isabel Havermanns Dissertation "Zur Eignung der Schwartz-Formel in der pädiatrischen Onkologie" (Kiel 2011) vom 6.12.2011 ist ein vollkommenes Durcheinander von normierter und nicht normierter GFR. Manchmal fehlt die Einheit der GFR, manchmal ist sie richtig und manchmal ist sie falsch. Eines der untersuchten Kinder hat sogar einmal eine GFR (MDRD) = 1651,1 (ml/min ?). Der klinische Nutzen ist zweifelhaft.
101.) Am 7.3.2013 verwendet das Deutsche Ärzteblatt in einer Übersichtsarbeit wieder die richtige Nierenfunktionseinheit (siehe oben die Absätze 2, 20, 32, 36 und 37). In den ersten fünf Jahren nach einer Nierentransplantation komme es bei 24 Prozent der Patienten zu einer chronischen Niereninsuffizienz im Stadium 4 oder 5. Auf die zwingend erforderliche Normierung nach GFR(1,73 m²/KOF) wird nicht verwiesen; deswegen ist die Prozentzahl vermutlich falsch. Und bei etwa 30 bis 60 Prozent der Transplantierten komme es in den ersten sechs Monaten zu einer akuten Nierenfunktionsstörung. Diese wird fälschlich definiert als Anstieg des Serumkreatinins um (richtig: auf) das Zweifache. Quelle: Andreas Pascher, Maxim Nebrig und Peter Neuhaus: "Irreversibles Leberversagen: Transplantation als Behandlungsoption", in: Deutsches Ärzteblatt, Heft 10/2013, 110. Jahrgang, Ausgabe A, 8.3.2013, Seiten 167-173; Tabelle 4 auf Seite 171. (Zum akuten Nierenversagen siehe auch unten Absatz 112.)
102.) Die anonyme Empfehlung im Kommentar Nummer 4 von "Matthias" vom 20.2.2013, eine zitierfähige Publikation zum Thema zu schreiben, kommt offenbar von einem Verantwortlichen von Wikipedia (siehe dort beim Stichwort "Glomeruläre Filtrationsrate" die Diskussionen Nummer 7 "Einheit" und Nummer 9 "Herr Raeder, Sie haben völlig Recht" im fünften Absatz vom Artikelsichter Matthias M. ebenfalls vom 20.2.2013). - Ich suche einen Verlag für ein entsprechendes Sachbuch.
103.) Kontraindikationen von Medikamenten bei Nierenkranken können verschiedene Gründe haben. Es muss sich nicht notwendigerweise um eine Nephrotoxizität handeln. Medikamente oder ihre Metaboliten können allein oder in Kombination mit anderen Substanzen die unterschiedlichsten erwünschten oder unerwünschten Wirkungen entfalten.
a) Bestimmte Nierenkrankheiten könnten sich durch ein Medikament verschlimmern.
b) Bestimmte Nierenkrankheiten könnten zu schädlichen Wirkstoffspiegelanstiegen führen.
c) Bei regelmäßigen Nierenschädigungen sollte zum Therapiebeginn die Nierenfunktion gut sein.
d) Veränderungen der Nierenfunktion könnten zum Verlust lebenswichtiger Stoffe führen.
e) Ein Medikament könnte bestimmte Nierenfunktionen beeinträchtigen.
f) Bei schlechter Nierenfunktion könnte ein Medikament unwirksam werden.
104. a) Meine oben in Kapitel 3 Absatz 50 im medizinhistorischen Exkurs geäußerte Kritik an der amerikanischen Originalarbeit aus 1928 wird auch geteilt in einer Arbeit von gschadow (Gunther Schadow) im Internet (Ticket # 98 (new question) <FAQ> How to write "mL/min/1.73 m2"?) mit einer major priority. Diese frequently asked question sei bereits mindestens dreimal gestellt worden. In der dreiseitigen anonymen und undatierten Antwort auf einem Formular der offenbar halbamtlichen Stelle UCUM (Unified Code for Units of Measure) in den USA als ein "regelbasiertes Kodierungssystem für Maßeinheiten" (Zitat: Wikipedia) wird auch Bezug genommen auf die LOINC (Logical Observation Identifiers Names and Codes). Es wird richtig zwischen der tatsächlichen GFR und der normierten ("korrigierten", "adjustierten", "indexierten") GFR unterschieden, ohne meine Formel GFR(1.73 m²/BSA) auch nur ansatzweise zu erwähnen. Kritisch erwähnt wird dagegen beispielsweise (wie oben in Kapitel 3 Absatz 50q) der mathematische Unsinn einer Quadratwurzel aus einem Urinvolumen. - Als Lösung des Problems werden zwei neue ebenfalls völlig unsinnige Einheiten vorgeschlagen: "mL/min/m2(1.73)" oder "mL/min(1.73m2)".
b) Zur Normierung werden anschließend korrekt eine Multiplikation der "rohen GFR" mit "BSAstandard/BSApatient" beziehungsweise eine Division der GFR durch "BSApatient/BSAstandard" durchgeführt. Die anschließend vorgenommene Umformung im Sinne einer Division der GFR zur Normierung durch "1.73 m²/BSApatient" ist falsch, weil mal wieder Zähler und Nenner verwechselt werden.
c) Gunther Schadow kann nicht zwischen Einheit und Formel unterscheiden. Im Ergebnis könne man mL/min oder mL/min/1.73 m² synonym verwenden. Das Problem der Zweideutigkeit bei fehlenden Klammern hat er nicht verstanden. Die berechtigt gestellte Frage findet also keine zufrieden stellende Antwort. Der Dreifachfehler wird nicht ausreichend thematisiert.
d) Meine Normierungsformel GFR(1.73 m²/BSA) ist alternativlos. Die rohe und die normierte GFR haben beide die richtige Einheit ml/min.
e) Zusätzlich kritisiert der Gunther Schadow zu Recht, dass die GFR besonders bei Adipösen nicht proportional zur Körperoberfläche ist.
f) Offenbar stammt diese dreiseitige Arbeit von dem UCUM-Mitarbeiter Gunther Schadow. Denn folgende Arbeit wird von Wikipedia unter dem Stichwort UCUM als Quelle zitiert: Gunther Schadow, Clement J. McDonald, Jeffrey G. Suico, Ulrich Föhring and Thomas Tolxdorff: "Units of Measure in Clinical Information Systems", Journal of the American Medical Informatics Association 1999, volume 6, pages 151-162."
105. a) Das Großlabor Schottdorf in Augsburg gibt auf seiner Website "Abschätzung der GFR, Parameter, Formeln, Grenzen der Verfahren" in der Laborinformation Nummer 50 mit Stand von Oktober 2010 für die neun erwähnten Verfahren den Hinweis: "Die Angabe der GFR erfolgt in ml/min und bezieht sich auf eine Standardkörperoberfläche von 1,73 m² (Ausnahmen: Schwartz-Formel und Cystatin C)."
b) Das Wort "bezieht" erweckt einen falschen Eindruck. Die von Labor ermittelten Werte beziehen sich natürlich auf den untersuchten Patienten und nicht auf Standardpatienten.
c) Die angegebene Nierenfunktionseinheit ist durchgängig richtig. Im Verzeichnis der Laborleistungen mit Stand von Januar 2013 findet sich dagegen für die GFR nach MDRD die falsche Einheit ml/min x 1,73 m².
d) Die Schwartzsche Formel bezieht sich auf alle Kinder mit der angegebenen Körpergröße unabhängig von ihrer Körperoberfläche.
e) Die angegebene Cystatin-Formel fragt wie alle anderen Näherungsformeln weder nach der Größe (Ausnahme: Schwartz) noch nach dem Gewicht (Ausnahme: Cockcroft-Gault). Sie bezieht sich also auf die von Larsson untersuchten Durchschnittsmenschen.
f) Fahrlässig wird verschwiegen, dass der Arzt für Vergleichszwecke die Labor-GFR in allen Fällen nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) normieren muss.
g) Die abgekürzte (verkürzte) MDRD-Formel wird als MDRD-Formel, die normale (komplette, ausführliche) MDRD-Formel wird als erweiterte MDRD-Formel bezeichnet.
h) Interessant ist die angegebene GFR-Formel für den Parameter Kreatinin. Für diese einfache Schätzformel GFR = 100/Krea wird keine Quelle angegeben.
106.) Im Internet findet sich die Frage eines besorgten Vaters namens Guido nach der unbenannten GFR = 332 bei seinem siebenjährigen Sohn mit Normalwerten zwischen 90 und 160. In der Antwort nennt L. Weipert die richtige Einheit ml/min. Dann denkt er bei der erhöhten GFR an einen Diabetes mellitus vom Typ 1. Die Frage der Normierung wird nicht thematisiert.
107.) In Wien erscheinen die Nephro-News als Forum für Nephrologie und Hypertensiologie. Im neunten Jahrgang findet sich im Heft für Dezember 2007 und Januar 2008 ein großes Durcheinander der Nierenfunktionseinheiten.
a) Neda Khalifeh, Barbara Jelen und Walter Hermann Hörl von der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse der Medizinischen Universität Wien schreiben über "Geschlechtsspezifische Besonderheiten im Rahmen der Nierentransplantation" (Seiten 1-9) und vergleichen in Abbildung 2 auf Seite 3 die initiale GFR mit der GFR zwei Jahre nach der Transplantation. Offenbar wird am Anfang nach GFR(1,73 m²/GFR) normiert und dann nach zwei Jahren nicht mehr normiert. Das ist unwisenschaftlich. Die Einheit ist in beiden Fällen falsch. Auf Seite 7 findet sich bei der errechneten Creatininclearance die richtige Einheit. - Das Volumen der transplantierten Nieren soll offenbar auf Seite 7 auf eine Körperoberfläche von einem Quadratmeter normiert werden (120 ml/1,73 m²). Denn 120 ml/1,73 m² = 69 ml/m² = 69 µm. Absurderweise entpuppt sich das Nierenvolumen jetzt als Länge im Mikrometerbereich. Gemeint ist dagegen ein Volumen von 120 (KOF / 1,73 m²) ml. So einfach ist das. Denn das Normvolumen soll 120 ml betragen. Die Rechnung dazu lautet 120 (KOF / 1,73 m²)(1,73 m²/KOF) ml = 120 ml. - Siehe auch oben Kapitel 3 Absatz 54.
b) Walter Hermann Hörl (25.6.1945 bis 25.6.2013) verwendet in seinem Artikel über die "Hypertonie bei Peritonealdialyse" (Seiten 10-12) auf Seite 11 in Abbildung 2 dagegen für die Creatininclearance die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m².
c) Auf Seite 23 wird eine Arbeit von C. Briguori et alii zitiert mit der Nierenfunktionseinheit mL x min (-1) x 1.73 m (-2). Wer kann das noch verstehen?
108.) Reinhard Richard Brunkhorst ist Hauptschriftleiter der Zeitschrift "Nieren- und Hochdruckkrankheiten". In Heft 7/2012 (Jahrgang 41, Juli 2012) findet sich durchgängig in mehreren Artikeln die falsche Nierenfunktionseinheit. Nur Kerstin Amann, Maike Büttner und Kerstin Benz ("Physiologie und Pathologie der alternden Niere", Seiten 304-309) verwenden die richtige Einheit. - Wie schon oben in Absatz 96 dargestellt, verwenden die Physiologen die richtige und die Kliniker die falsche Einheit. Die Kliniker machen den Dreifachfehler, die Physiologen vermeiden ihn. Das Problem der Normierung verstehen beide nicht. Die Hauptschriftleitung könnte für Einheitlichkeit sorgen. Kerstin Amann ist im Wissenschaftlichen Beirat dieser Fachzeitschrift; vielleicht kann sie ihren Einfluss geltend machen.
109.) Pierre Delanaye (siehe oben die Absätze 56 und 60), Régis P. Radermecker, Marcelle Rorive, Gisèle Depas und Jean Marie Krzesinski ("Indexing glomerular filtration rate for body surface area in obese patients is misleading: concept and example", in: "Nephrology Dialysis Transplantation", October 2005, 20 (10); pages 2024-2028; first published online: July 19, 2005) thematisieren indirekt den Dreifachfehler. Sie vermeiden den Doppelfehler. Sie kommen jedoch zu keinem klaren Ergebnis, weil sie die Normierungsformel GFR(1,73 m²/BSA) nicht kennen. Denn dann würde ihre Schlussfolgerung lauten: Für gewisse Aufgaben ist die Normierung nach GFR(1,73 m²/BSA) besser als keine Normierung. Die Standardkörperoberfläche ist jedoch völlig veraltet. Außerdem ist bei Adipösen die Nierenfunktion nicht proportional zum Gewicht und auch nicht proportional zur Körperoberfläche. Man muss also immer streng zwischen absoluter und relativer GFR unterscheiden.
110.) Eine Hyperfiltration ist definiert als Erhöhung der tatsächlichen GFR auf übernormale Werte. Siehe oben zum Beispiel die Absätze 100c und 106 sowie Kapitel 4 Absatz 1h. Zu hohe Werte der normierten GFR(1,73 m²/KOF) beruhen auf der Normierung. Man muss jedoch auch an Laborfehler oder an Rechenfehler sowie an Schreibfehler denken.
111. a) Laut Marianne Haag-Weber (vergleiche Absatz 81) werden bei der Dialysedosis die peritoneale und die renale Clearance addiert. Als Zielparameter werde für die Harnstoff-Clearance ein wöchentliches Kt/V von mehr als 1,7 verlangt. Zusätzlich fordern die European Best Practice Guidelines bei der adäquaten Peritonealdialyse noch eine Kreatinin-Clearance von über 45 l/Woche/1,73 m² (Quelle: "Peritonealdialyse", in: "Der Nephrologe", Band 7, Heft 6/2012, 12.11.2012, Seiten 515-526, Seite 521).
b) Wenn man 45 Liter pro Woche umrechnet, erhält man eine GFR = 4,46 ml/min als Untergrenze für die renale Restfunktion. Wie bei dieser Rechnung die Standardkörperoberfläche von 1,73 m² berücksichtigt werden soll (Multiplikation oder Division oder garnicht), erklärt die Autorin nicht. Außerdem fehlt häufig der Hinweis, dass es sich beim Kt/V üblicherweise um Wochenwerte handelt.
c) Die Berechnung der osmotischen Glukosekonduktion (OCG, osmotic glucose conductance, OGC) wurde von Marianne Haag-Weber offenbar nicht ansatzweise verstanden. Mit Konduktanz ist offenbar der Leitwert gemeint (französisch: conductance). Als Einheit gibt sie fälschlich µl/min/mmHg ohne Klammern an. Der Quotient aus einer Volumendifferenz und einer Konzentrationsdifferenz muss aber im Zähler die Einheit Quadratvolumen haben. Im Nenner muss entweder Mol oder Gramm stehen. Außerdem kann man die drei Faktoren 60 sowie 1,7 und 19,3 zum Faktor 0,001468 zusammenfassen.
d) Das Wort antifugal ist offenbar ein Orthographiefehler. Gemeint ist fungizid oder antifungal.
e) "Die Ultrafiltration bei der Peritonealdialyse wird berechnet aus der Differenz zwischen Dialysateinlaufmenge und Dialysatauslaufmenge." Das bedeutet: Die Ultrafiltration ist die Differenz aus Einlaufvolumen und Auslaufvolumen.
112.) Günter Stein und Eberhard Ritz ("Diagnostik und Differentialdiagnostik der Nierenerkrankungen", 2. Auflage, Gustav Fischer Verlag, Jena und Stuttgart 1995) normieren die GFR im Ergebnis richtig. Auf Seite 70 kommen sie bei einem 185 Zentimeter großen und 90 Kilogramm schweren Mann mit einer absoluten GFR = 76 ml/min zu einer relativen GFR = 62 ml/min. Der Weg zu diesem richtigen Ergebnis wird nicht erklärt. - In der onkologischen Tabelle für die Körperoberfläche findet man KOF = 2,14 m². Jetzt kann man rechnen. GFR(1,73 m²/2,14 m²) = (76 ml/min) x 0,808 = 61,44 ml/min. - Die beiden Autoren machen folgende Fehler: Der Quotient (1,73 m²/KOF) = 0,82 ist kein Korrekturfaktor, sondern der Normierungsbruch. Die absolute und die relative GFR dürfen nicht durch den Zusatz "pro 1,73 m²" nach der richtigen Einheit bei der normierten GFR unterschieden werden. Zu meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) für die normierte GFR gibt es keine Alternative. - Auf Seite 307 wird für das akute Nierenversagen ein Anstieg des Serumkreatininspiegels um "1,5 mg/dl/24h" angegeben. Gemeint ist ein Anstieg um mehr als 1,5 mg/dl innerhalb von 24 Stunden (siehe dazu auch oben Absatz 101).
113.) Toralf Melsom et alii normieren die GFR (Iohexol) offenbar korrekt ("adjusted for BSA") gemäß GFR(1,73 m²/BSA). Die drei übrigen Messreihen in Tabelle 1 auf Seite 1548 für GFR (MDRD), GFR (Rule) und GFR (CKD-EPI) werden jedoch nicht normiert. Unzulässigerweise werden also absolute und relative GFR-Werte mit einander verglichen. Die Nierenfunktionseinheit ist immer falsch. Quelle: "Impaired Fasting Glucose Is Associated With Renal Hyperfiltration in the General Population", in: "Diabetes Care", Volume 34, July 2011, pages 1546-1551.
114.) Das Rückgängigmachen einer Normierung könnte man als Rückrechnung oder besser als Antinormieren bezeichnen. Siehe oben Kapitel 5 Absatz 4. Als Individualisierung könnte man die Anpassung einer Norm an einen bestimmten Patienten bezeichnen. Siehe oben Absatz 107a. In beiden Fällen würde man in der Nephrologie mit (KOF/1,73 m²) multiplizieren. Beispielsweise soll ein Standardpatient ein tägliches Urinvolumen von U = 1,5 l haben. Eine Antinormierung oder Individualisierung würde bei einem bestimmten Patienten zu U(KOF/1,73 m²) = 1,5 x (KOF/1,73 m²) l führen. Der Faktor (KOF/1,73 m²) ist der Kehrwert des Faktors (1,73 m²/KOF) in meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF). Statt mit (KOF/1,73 m²) zu multiplizieren, kann man auch durch (1,73 m²/KOF) dividieren. Siehe zur Antinormierung auch oben Kapitel 3 Absätze 51d und 54f sowie Kapitel 6 Absatz 48c. Eine nicht gemachte Normierung darf nicht antinormiert werden.
Ich bin vermutlich der Erstverwender der Begriffe antinormieren, Antinormierung und Antinormieren mit der Bedeutung einer Individualisierung im Sinne einer rückgängig gemachten Normierung (März 2013). Die normierte GFR ist die relative GFR, die antinormierte GFR ist die absolute GFR (6.4.2013). Die relative GFR ist identisch mit GFR(1,73 m²/KOF) = GFR(1.73 m²/BSA).
115. a) Ab einem BMI von 40 kg/m² soll nach Joachim Preiß et alii die Dosis der Chemotherapie um ein Drittel auf zwei Drittel reduziert werden. Quelle: "Ermittlung der Körperoberfläche", Nomogramm auf der vierten Umschlagseite, "Taschenbuch Onkologie 2012/13", 16. Auflage; Saarbrücken, Karlsruhe und Trier im Januar 2012. (Diese Sollvorschrift in einer Fußnote beruht offenbar auf der Tatsache, dass das Körperfett weitgehend am Stoffwechsel nicht teilnimmt.) In der 9. Auflage von "Onkologie 1998/99" fand sich diese Anmerkung noch nicht. - Per Email vom 26.3.2013 korrigiert Joachim Preiß mich: Ab einer Adipositas vom Grad 3 sei bei voller Dosierung der Chemotherapie eine sehr hohe (letale) Toxizität zu erwarten. Denn das Verhältnis "zwischen extra- und intrazellulärem Volumen ist bei Fettgewebe anders als bei Muskelgewebe. Mit der Stoffwechselaktivität hat es nichts zu tun".
b) "Das Rote Buch" von Dietmar Paul Berger, Rupert Engelhardt und Roland Heinrich Mertelsmann (4. Auflage, Verlag Ecomed Medizin 2010) ist noch verwirrender. Nach A. Göbel, J. Rawluk und B. Lubrich "hat sich die Dosisberechnung entsprechend der Körperoberfläche für viele Verbindungen etabliert. Die alleinige und unkritische Verwendung der Körperoberfläche als Grundlage zur Dosisfindung kann nicht uneingeschränkt empfohlen werden" (Zitate Seite 260). Für die "Dosierung bei Übergewicht" werden auf Seite 262 Formeln für das "idealisierte Körpergewicht (IBW)" angegeben, die die Körpergröße berücksichtigen. Für Adipöse wird zusätzlich ein "angepasstes idealisiertes Körpergewicht (AIBW)" empfohlen. Für die "Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen" ist auf Seite 263 die angeführte Clearance-Formel von Cockcroft und Gault doppelt falsch. Irrtümlich wird der Serumkreatininspiegel in µmol/l statt richtig in mg/dl angegeben und zusätzlich fehlt im Nenner der Faktor 72. Außerdem wurde der Name Cockcroft falsch geschrieben. In der Schätzformel nach Jeliffe (auch falsch geschrieben, gemeint ist Roger Woodham Jelliffe) fehlt im Nenner die Quadratmeterangabe. Die (abgekürzte, verkürzte) MDRD-Formel hat die falsche Einheit ml/min/1,73 m²; alle anderen angegebenen Schätzformeln haben die richtige Einheit ml/min.
c) Das Problem der Normierung wird in beiden Standardwerken nicht thematisiert. Bei so vielen Fehlern und Ungenauigkeiten bleibt die Dosierung von chemotherapeutischen Medikamenten wohl meistens dem Zufall überlassen. Manche Autoren empfehlen für die Chemotherapie irrtümlich sogar eine Multiplikation mit (KOF/1,73 m²) zur Antinormierung der wie auch immer ermittelten absoluten GFR. Siehe auch oben Kapitel 3 Absatz 44e.
d) Chemotherapeutika werden oft nach der Körperoberfläche dosiert und bei eingeschränkter Nierenfunktion reduziert (siehe oben Kapitel 3 Absatz 36 und Kapitel 6 Absatz 100c). Alle Formeln für die Körperoberfläche fragen nach dem Körpergewicht. Wollen die Autoren des "Roten Buches" hier mit dem idealisierten oder sogar mit dem angepassten idealisierten Gewicht arbeiten? Mehr Verwirrung geht kaum noch. Denn das Gewicht muss oft dreimal berücksichtigt werden. Erstens bei der gewichtsabhängigen Dosisfindung, zweitens in der Clearanceformel und drittens für die Körperoberflächenschätzung.
116.) Die Universitätsklinik Marienhospital Herne hat sich bei dem Patienten R. H. am 8.2.2013 für die falsche Nierenfunktionseinheit GFR = 62,02 ml/ml/min entschieden.
117. a) Mark Dominik Alscher und Udo Sechtem ("Das kardiorenale Syndrom verstehen und behandeln - Wenn Herz und Nieren versagen", in: "CME Premium-Fortbildung für die medizinische Praxis", Springer Medizin, Jahrgang 10, Heft 4/2013, Seiten 65 - 71) verwenden unsystematisch auf Seite 67 die falsche und auf den Seiten 69 und 71 die richtige Nierenfunktionseinheit. Fahrlässig wird die GFR nicht normiert. Auf Seite 66 findet sich zudem die falsche Einheit ml/kg/h ohne Klammern.
b) Auf den direkten Zusammenhang zwischen Herzzeitvolumen (kardiale Auswurfleistung, Herzauswurfleistung) und Clearance wird nicht eingegangen. Warum wird der folgende Gedankengang nicht thematisiert? Bei einer Wasserpreisverdoppelung mit konsekutiver Verbrauchshalbierung halbiert sich auch die Clearance eines Klärwerks bei konstanter Schadstoffbelastung des Abwassers, wenn das Klärwerk die Konzentrationsverdoppelung bewältigt. Analog müsste sich die Kreatininclearance bei einer Halbierung der kardialen Auswurfleistung ebenfalls halbieren, wenn gesunde Nieren eine Konzentrationsverdoppelung bewältigen. Bei Nierengesunden verschlechtert sich die GFR proportional zum Rückgang der kardialen Auswurfleistung. Die GFR ist dann also ein Maß für die Herzinsuffizienz und nicht für die Niereninsuffizienz. "Wenn Herz und Nieren versagen", misst die GFR also eine Kombination aus Herzversagen und Nierenversagen.
c) Analog müssten eine unbehandelte arterielle Hypertonie oder eine Erhöhung der täglichen Flüssigkeitsaufnahme die GFR verbessern.
d) Gudrun Späth ("Herzinsuffizienz", Weinheim 1997) weist auf einen Rückgang des Herzzeitvolumens bei Herzinsuffizienz hin. Bei Herzinsuffizienten sei "das Risiko einer Verschlechterung der Nierenfunktion bei vorbestehend eingeschränkter Nierenfunktion nicht größer als bei Patienten mit normaler Nierenfunktion" (Zitat Seite 132). - Sie erkannte nicht, dass diese richtige Aussage ein Beweis für meine obige Behauptung ist: Bei Nierengesunden ist die Niereninsuffizienz ein Maß für die Herzinsuffizienz.
e) Auch Dietrich Strödter ("Therapie der Herzinsuffizienz", 1. Auflage, Bremen 2000) erkennt diesen Zusammenhang zwischen Herz- und Niereninsuffizienz nicht. In Abbildung 9.1 auf Seite 33 schreibt er, eine Verringerung des Herzzeitvolumens führe zu einer Erhöhung der Filtrationsfraktion als Quotient aus GFR und RPF, obwohl sich GFR und RPF beide verkleinern. Das ist mathematisch nur möglich, wenn der RPF stärker als die GFR abnimmt. RPF ist der renale Plasmafluss.
f) Das Herzminutenvolumen erhöht sich bei Erwachsenen von 5600 ml/min in Ruhe auf 17500 ml/min bei anstrengender Belastung. Der renale Blutfluss verringert sich bei Erwachsenen von 1200 ml/min in Ruhe auf 600 ml/min unter Belastung. Quelle: Internet: "The Human Circulatory System: How it Works". - 1200 ml/min sind 1,728 m³/Tag in Ruhe oder etwa anderthalb Kubikmeter am Tag bei üblicher Belastung (siehe oben Kapitel 2 Absatz A).
g) Dieser kardiorenale Zusammenhang wurde auch nicht erkannt von Pranav Sinha: "Laborbefunde und ihre klinischen Interpretationen" (August 2004, Spitta Verlag), wenn er im Kapitel 4/2.2.1 auf Seite 2 vier Gründe für erhöhte Kreatininwerte nennt ("akutes Nierenversagen, chronische Niereninsuffizient, exogene Zufuhr (Fleischnahrung), Medikamente"). Den wichtigen Grund einer akuten oder chronischen Herzinsuffizienz vergisst er.
h) Claudio Ronco hat den Begriff des kardiorenalen Syndroms (CRS) präzisiert (J Am Coll Cardiol 52: 1527-1539, 2008). Er unterscheidet fünf Typen. Nach Gerd Harald Herold ("Innere Medizin", Köln 2013, Seite 649) lösen beim Typ 1 ein akutes Herzversagen ein akutes Nierenversagen und beim Typ 2 eine chronisch eingeschränkte Herzfunktion eine chronische Nierenerkrankung aus. - Dass eine Halbierung des Herzzeitvolumens zu einer Verdopplung des Kreatininspiegels und damit zu einer Halbierung der Clearance führt, wurde so deutlich nicht dargestellt.
i) Das haben auch Marcus Brand und Hermann-Joseph Pavenstädt ("Update kardiorenales Syndrom im herzinsuffizienten Patienten", Nephro-News, Ausgabe 6/2011) nicht erkannt, wenn sie spekulieren: "Die folgenden pathophysiologischen Zusammenhänge scheinen für das CRS relevant zu sein: 1. eine reduzierte kardiale Ejektionsfraktion, 2. ein erhöhter zentralvenöser Druck, 3. die Aktivierung neurohumoraler Hormonsysteme und 4. eine erhöhte systemische Entzündungsaktivität." - Alle diese vier Möglichkeiten können die GFR modulieren. Trotzdem behaupte ich: Jede Veränderung des Herzzeitvolumens führt tendenziell zu einer proportionalen Veränderung der GFR. Ich erinnere an die Äste, die jedes Klärwerk immer zuverlässig entfernt; die Äste-Clearance ist also identisch (nicht nur proportional) mit dem Abwasservolumen pro Zeiteinheit. Auf die kurzzeitige Ausnahme einer Minderperfusion der Nieren während starker körperlicher Belastung trotz Erhöhung des Herzzeitvolumens habe ich (oben im Unterabsatz f; siehe aber dagegen oben Kapitel 2 Absatz Z) hingewiesen.
j) Teut Risler und Karlwilhelm Kühn ("Facharzt Nephrologie", 1. Auflage, Verlag Elsevier Urban & Fischer, München und Jena 2008) nennen dagegen in Tabelle 9.1 auf Seite 546 als Herausgeber richtig die drei Beispiele "Herzinsuffizienz/kardiogener Schock, Perikardtamponade, Lungenembolie" als "Ursachen eines prärenalen Nierenversagens" durch eine "verminderte kardiale Auswurfleistung". - Auf die naheliegende tendenzielle Proportionalität gehen sie jedoch nicht ein.
k) Ebenso nennen Christine K. Keller und Steffen K. Geberth ("Praxis der Nephrologie", 2. Auflage, Springer Verlag Medizin, Heidelberg 2007, Seite 184, Tabelle 10.1b "Ursachen des akuten Nierenversagens") richtig die "reduzierte kardiale Pumpleistung" mit den vier Beispielen Globale Herzinsuffizienz, Kardiogener Schock, Perikardtamponade, Foudroyante Lungenembolie", ohne auf die tendenzielle Proportionaliät mit der GFR hinzuweisen. Unklar bleibt, wer wen plagiierte. Außerdem bleibt unklar, warum dieser wichtige Hinweis bei der chronischen Niereninsuffizienz fehlt.
l) Die Hauptursache des kardiorenalen Syndroms ist die Herzinsuffizienz. Diese sollte also behandelt werden. Wenn eine Niereninsuffizienz nicht vorliegt, kann sie auch nicht behandelt werden. Eine Verbesserung der GFR zeigt den Erfolg der kardiologischen Therapie an. Eine Blutwäsche (Dialyse) zum Beispiel beim metabolischen Syndrom ist also primär eine Behandlung der Herzinsuffizienz und nicht der Niereninsuffizienz. Eine Herztransplantation ist beim schweren kardiorenalen Syndrom vielleicht erfolgreicher als eine Nierentransplantation.
m) Denkbar ist außerdem eine medikamentöse Verbesserung der Nierenfunktion auch dann, wenn gar keine Nierenkrankheit vorliegt. Nur dann ist eine Verbesserung der GFR ein Hinweis für den Erfolg dieser Nierentherapie ohne Vorliegen einer Nierenkrankheit.
n) Erinnert wird auch an das hepatorenale Syndrom (siehe dazu unten Absatz 144).
o) Viele klinische Studien zeigen eine Proportionalität zwischen Nierenfunktion und Mortalität oder zwischen Nierenfunktion und kardiovaskulärer Morbidität oder zwischen Nierenfunktion und kardiovaskulärer Letalität. Offenbar ist die GFR dabei nur ein Surrogatparameter. Bei Herzkranken ist die GFR ein Maß für die Herzinsuffizienz und nicht für die Nierenfunktion. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Studienergebnisse tautologisch.
p) Teut Risler, Gerhard (alias C.) Anton Müller und Werner Rosendahl ("Therapieschemata Nephrologie", Verlag Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore 1993, Kapitel "Notfälle", Seiten 1 bis 9) beschreiben auf Seite 2 korrekt die wichtigste Ursache für ein "Prärenales Nierenversagen: Reversible Abnahme der GFR durch renale Hypoperfusion. Vorkommen 40 - 50 % aller Fälle von akutem Nierenversagen. Ursachen: Die häufigsten Ursachen sind kardiale Insuffizienz".
118.) In Heft 1/2013 von "Nephrologie im Dialog" der Firma TEVA GmbH findet sich durchgängig die falsche Nierenfunktionseinheit. Nur Ludwig Merker ("Pharmakotherapie des Diabetes mellitus: Was gibt es Neues in der Behandlung von CKD-Patienten?", Seiten 4 - 8) verwendet unsystematisch meistens die richtige Einheit. Das Problem der Normierung wird nicht erwähnt.
119.) Im Januar 2013 erschien eine neue KDIGO-Leitlinie. Quelle: "Kidney Disease: Improving Global Outcome (KDIGO) CKD Work Group": "KDIGO 2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease", in: "Kidney International", Supplement 2013; 3: pages 1-150. Mein Kommentar dazu auf www.wikipedia.de unter dem Stichwort "Chronisches Nierenversagen" (Diskussion: Nummer 11 "Stadieneinteilung") vom 19.5.2013 lautet: "Meine Kritik findet sich bestätigt. Die richtige Einheit ml/min (zum Beispiel in Abbildung 20 auf Seite 88) will man nach Rundung und Relativierung der GFR durch die falsche Einheit ml/min/1.73 m² ersetzen (siehe Empfehlungen 1.4.3.4 bis 1.4.3.7). Mit Relativierung oder Normalisation (rechts oben auf Seite 40) meint man offenbar meine Normierungsformel GFR(1.73 m²/BSA), ohne sie auch nur einmal zu erwähnen. Ich kann den Verantwortlichen nur dringend meine Website www.nierenfunktionseinheit.de zur Lektüre empfehlen. Manchmal muss man antinormieren. Auch dazu fehlt jeder Hinweis. Zu meinen Vorschlägen gibt es keine Alternative. Nur so kann das herrschende Durcheinander im Interesse unserer Patienten beendet werden." - Siehe unten Absatz 247.
120. a) Oben in Kapitel 4 Absatz 1c kritisiere ich die Grenzen 89 statt 90 ml/min, 59 statt 60 ml/min, 29 statt 30 ml/min und 14 statt 15 ml/min bei der Stadieneinteilung. Grund für diese ungeraden Grenzwerte ist offenbar der Wille zum Runden (siehe oben Absatz 119) der normierten GFR vor der Stadieneinteilung. Die aktuelle Leitlinie empfiehlt jedoch unverständlicherweise die Rundung vor der Normierung. Das kann aber nicht gemeint sein. Denn dann müsste sinnvollerweise nach der Normierung noch einmal gerundet werden. Das wird aber nicht empfohlen, weil zwei Rundungen die Ergebnisse weiter verfälschen. Und eine Rundung nach der Normierung ist überflüssig. Denn ein Grenzwert von zum Beispiel 60 ml/min ohne Rundungsempfehlung entspricht mathematisch einem Grenzwert von 59,5 ml/min mit Rundungsempfehlung auf ganze Zahlen. Das Problem des Rundens haben die Experten also auch nicht verstanden.
b) Auch ist eine Kombination des Größerzeichens oder des Kleinerzeichens mit dem Gleichheitszeichen für eine Tabelle zur Stadieneinteilung immer überflüssig und verwirrend. Denn ein Grenzwert von zum Beispiel genau 60,00000000 ml/min wird als nicht gerundetes Ergebnis von Schätzung und Normierung in der Praxis wohl nie exakt erreicht werden. Alle Werte für die normierte GFR(1,73 m²/KOF) sind in der Praxis entweder größer oder aber kleiner als 60 ml/min. Auch das verstehen viele Experten offenbar nicht.
121.) Ich empfehle die Lektüre des Stichwortes "Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz" bei Wikipedia. Dort schrieb ich zur Diskussion: "Die Dettliformel ist ein weiterer Beweis für die Richtigkeit meiner Forderung nach der korrekten Nierenfunktionseinheit ml/min. Bei Verwendung der falschen Einheit ml/min/1,73 m² für die eGFR könnte man im Dettli-Bruch die Einheiten nicht kürzen. Ein Mathematiker erkennt sofort, dass die Dettliformel eine normale GFR von 100 ml/min als Standard unterstellt. Normal wäre also das erste Stadium der Niereninsuffizienz. Das kann man (auch bei Frühgeburten oder bei Adipositas permagna) so machen, sollte aber nicht unerwähnt bleiben. Wichtig ist auch noch der Hinweis, dass die Dettliformel die tatsächliche GFR und nicht etwa eine normierte GFR verlangt. Eine Antinormierung einer nicht gemachten Normierung wäre immer (also auch hier) verboten. Besonders auch Veterinäre sollten sich bei Beachtung der Dettli-Regeln fragen, ob der Medikamentenhersteller bei den Dosierungsempfehlungen wirklich vom Standard GFR = 100 ml/min ausgegangen ist. Auch diesbezüglich empfehle ich die Lektüre meiner Website."
122.) In meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) wäre der Hinweis, die Körperoberfläche in Quadratmetern anzugeben, überflüssig. Jedes andere Flächenmaß wäre erlaubt. Bei von m² abweichenden Flächenmaßen muss man eben erst (im Zähler oder im Nenner) umrechnen, um anschließend kürzen zu können.
123. a) Üblicherweise werden die Nierenkrankheiten in prärenale, intrarenale und postrenale Störungen eingeteilt. Quelle: Gerd Harald Herold ("Innere Medizin", Köln 2013, Seite 632). Warum dieser Autor (wie viele andere auch) nur das akute Nierenversagen und nicht auch die chronische Niereninsuffizienz so einteilt, bleibt unverständlich. Ich schlage dagegen aus didaktischen Gründen zusätzlich eine Einteilung aller Nierenkrankheiten in präglomeruläre, intraglomeruläre und postglomeruläre vor. Denkbar wäre auch eine Einteilung in pränephronische, intranephronische und postnephronische Nierenfunktionsstörungen. Noch genauer wäre die Einteilung in präpodozytäre, intrapodozytäre und postpodozytäre Störungen.
b) Man erkennt sofort: Die prärenalen Störungen sind in den präglomerulären, die intraglomerulären sind in den intrarenalen und die postrenalen sind in den postglomerulären Störungen immer enthalten.
c) Es stellt sich nun also die Frage, wie sich die intraglomerulären von den intrarenalen und den intranephronischen Störungen unterscheiden. Ein großer Anteil des Plasmas in der Arteria renalis passiert kein Nephron. Gibt es auch Plasmaanteile, welche ein Nephron, nicht aber ein Glomerulum passieren? Unterscheidet sich also die glomeruläre Filtration von der nephronischen Filtration?
d) Oben in Kapitel 2 (Absätze A4 und Nd) wurde auf die Bedeutung des glomerulären Filters zwischen Vas afferens und Vas efferens hingewiesen. Jedes Kreatininmolekül im Vas afferens erscheint nicht im Vas efferens. Falsch wäre die analoge Behauptung, jedes Kreatininmolekül in der Arteria renalis erscheint nicht in der Vena renalis. Sowohl der Tubulus proximalis wie auch der Tubulus diastalis liegen außerhalb der Bowmanschen Kapsel. Sowohl die Arteriola afferens wie auch die Arteriola efferens münden in die Bowmansche Kapsel. (Quelle: Christine K. Keller und Steffen K. Geberth, "Praxis der Nephrologie", 2. Auflage, Heidelberg 2007, Seiten 4 und 5.) Vas afferens und Arteriola afferens sind Synonyme. Unklar bleibt dagegen, warum die Vasa efferentes als Arteriolae efferentes und nicht als Venulae efferentes bezeichnet werden.
e) Die Antwort auf die Frage nach einem Unterschied zwischen glomerulärer und nephronischer Clearance hängt also von der Frage nach einem Unterschied zwischen Nephron und Glomerulum ab. Definitionsgemäß besteht ein Nephron aus Glomerulum und Tubulus. Die Tubuli tauschen Stoffe mit den Vasa afferentes und efferentes aus. Also sind die nephronische Clearance und die glomeruläre Filtration nicht identisch.
f) Also müssen zur exakten Clearancebestimmung für alle endogenen und exogenen Stoffe die Stoffkonzentrationen in der Arteriola afferens nach dem Kontakt mit dem distalen Tubulus und in der Arteriola efferens vor dem Kontakt mit dem Tubulus gemessen werden.
g) Ein idealer Stoff für die glomeruläre Filtration wird ausschließlich glomerulär filtriert ohne jede weitere Beeinflussung. Kreatinin soll annähernd diese Bedingung erfüllen. Dann ist die Kreatininkonzentration in der Arteria renalis gleich derjenigen im Vas afferens. Und nur dann ist die Kreatininkonzentration im Vas efferens gleich null.
h) Die GFR ist dann gleich der Summe aller Plasmavolumina, welche pro Zeiteinheit die vorhandenen Glomerula passieren. Ist diese Plasmavolumensumme wirklich gleich dem Primärharnvolumen, wie immer behauptet wird? Diese Frage muss verneint werden, denn zwischen den Arteriolae und den Tubuli findet immer ein Plasmaaustausch statt. Nur wenn der Saldo dieser Flüssigkeitsübertritte null ist, ist die GFR gleich dem Primärharnvolumen pro Zeiteinheit.
i) Für alle anderen nichtidealen Stoffe muss immer zur Bestimmung der glomerulären Filtration die Stoffkonzentration in der Arteriola efferens vor dem Tubuluskontakt mit der Stoffkonzentration in der Arteriola afferens nach dem Tubuluskontakt verglichen werden. Der Quotient dieser beiden Konzentrationen ist dann die gesuchte glomeruläre Filtrationfraktion. Das Produkt aus dem Primärharnvolumen pro Zeiteinheit und diesem Quotienten ergibt die gesuchte glomeruläre Clearance. Diese glomeruläre Clearance kann von der renalen Clearance und von der nephronischen Clearance deutlich abweichen.
j) Nur so kann die glomeruläre Clearance von allen nichtidealen Stoffen bestimmt werden. Alle anderen Verfahren wären hypothetische Näherungen. Nuklearmedizinische Verfahren könnten ebenfalls zur Bestimmung der glomerulären Clearance herangezogen werden. Aber hier sind die Messprobleme wohl noch größer als bei den beschriebenen Konzentrationsbestimmungen.
k) Von wissenschaftlichem Interesse wäre vielleicht die Frage der intrapodozytären Clearance. Jedes Glomerulum enthält viele Podozyten. Ist der Mittelwert aller podozytären Filtrationsfraktionen in einem Glomerulum gleich der glomerulären Filtrationsfraktion dieses einen Glomerulums? Sollte man besser von der podozytären Filtrationsrate (PFR) statt von der glomerulären Filtrationsrate (GFR) sprechen? Ist die Summe aller PFR in einem Glomerulum gleich der GFR dieses Glomerulums? Ist die Summe aller PFR eines Menschen mit seiner GFR identisch? Kann die podozytäre Clearance für bestimmte Stoffe gezielt beeinflusst werden?
l) Sollte man also bei Nierenkrankheiten die Niere, das Nephron, das Glomerulum oder aber vielleicht den Podozyten behandeln? Lässt sich die Anzahl der Podozyten vergrößern, wenn die Anzahl der Nieren, die Anzahl der Nephrone oder die Anzahl der Glomerula sich verkleinert? Lässt sich die Funktion der Podozyten auch dann verbessern, wenn sie gar nicht krank sind? Oder liegt der limitierende Faktor nicht im Podozyten, sondern in der Basalmembran oder in den Endothelzellen? Wie viele Podozyten hat ein Mensch, wenn er zwei Millionen Nephrone mit jeweils einem Malpighischen Körperchen hat?
124. a) Die podozytäre Filtrationsfraktion PFF für einen bestimmten Stoff erhält man durch Subtraktion des podozytären Gradienten PG von 1. Der podozytäre Gradient PG ist der Quotient aus Endplasmakonzentration Kep und Anfangsplasmakonzentration Kap dieses Stoffes im Podozyten. Das Produkt aus dieser podozytären Filtrationsfraktion und dem Durchflussvolumen sPV pro Zeiteinheit ist die podozytäre Clearance PC für diesen Stoff. Für ideale Stoffe mit PG=0 und PFF=1 ist die podozytäre Clearance gleich der einzelnen podozytären Filtrationsrate sPFR. Die Summe aller sPFR ist gleich der PFR des Patienten. - Anmerkung: Der Kleinbuchstabe s bedeutet einzeln (englisch: single).
b) Die glomeruläre Filtrationsfraktion GFF für einen bestimmten Stoff erhält man durch Subtraktion des glomerulären Gradienten GG von 1. Der glomeruläre Gradient GG ist der Quotient aus Endplasmakonzentration Keg und Anfangsplasmakonzentration Kag dieses Stoffes im Glomerulum. Das Produkt aus dieser glomerulären Filtrationsfraktion und dem Durchflussvolumen sGV pro Zeiteinheit ist die glomeruläre Clearance GC für diesen Stoff. Für ideale Stoffe mit GG=0 und GFF=1 ist die glomeruläre Clearance gleich der einzelnen glomerulären Filtrationsrate sGFR. Die Summe aller sGFR ist gleich der GFR des Patienten.
c) Die nephronische Filtrationsfraktion NFF für einen bestimmten Stoff erhält man durch Subtraktion des nephronischen Gradienten NG von 1. Der nephronische Gradient NG ist der Quotient aus Endplasmakonzentration Ken und Anfangsplasmakonzentration Kan dieses Stoffes im Nephron. Das Produkt aus dieser nephronischen Filtrationsfraktion und dem Durchflussvolumen sNV pro Zeiteinheit ist die nephronische Clearance NC für diesen Stoff. Für ideale Stoffe mit NG=0 und NFF=1 ist die nephronische Clearance gleich der einzelnen nephronischen Filtrationsrate sNFR. Die Summe aller sNFR ist gleich der NFR des Patienten. - Anmerkung: Oben in Kapitel 2 Absatz Gc wurde sNFR systemwidrig als SNGFR bezeichnet. Besonders wegen des Tubulus darf man Nephronum und Glomerulum nicht als Synonyme ansehen.
d) Die renale Filtrationsfraktion RFF für einen bestimmten Stoff erhält man durch Subtraktion des renalen Gradienten RG von 1. Der renale Gradient RG ist der Quotient aus Endplasmakonzentration Ker und Anfangsplasmakonzentration Kar dieses Stoffes in einer Niere. Das Produkt aus dieser renalen Filtrationsfraktion und dem Durchflussvolumen sRV pro Zeiteinheit ist die renale Clearance RC für diesen Stoff. Für ideale Stoffe mit RG=0 und RFF=1 ist die renale Clearance gleich der einzelnen renalen Filtrationsrate sRFR. Die Summe aller sRFR ist gleich der RFR des Patienten. - Anmerkung: Der hier verwendete Begriff der "renalen Clearance RC" für nichtideale Stoffe darf nicht mit der üblichen Definition der renalen Clearance für den quasiidealen Stoff Kreatinin verwechselt werden.
125. a) Die vier verschiedenen Durchflussvolumina sPV, sGV, sNV und sRV schwanken jeweils situations- und krankheitsabhängig jeweils in weiten Grenzen.
b) Die vier verschiedenen Filtrationsfraktionen PFF, GFF, NFF und RFF schwanken jeweils situations- und krankheitsabhängig zwischen 0 und 1.
c) Die vier verschiedenen Clearances PC, GC, NC und RC schwanken jeweils situations- und krankheitsabhängig in weiten Grenzen.
d) Die vier verschiedenen einzelnen Filtrationsraten sPFR, sGFR, sNFR und sRFR schwanken jeweils situations- und krankheitsabhängig in weiten Grenzen.
e) Die acht verschiedenen Plasmakonzentrationen Kap, Kep, Kag, Keg, Kan, Ken, Kar und Ker schwanken jeweils situations- und krankheitsabhängig in weiten Grenzen. - Anmerkung: Der Kleinbuchstabe a soll Anfang, Afferens oder Arterie bedeuten, der Kleinbuchstabe e soll Ende, Efferens oder Vene bedeuten.
126. a) Auch die vier verschiedenen summierten Filtrationsraten PFR, GFR, NFR und RFR schwanken jeweils situations- und krankheitsabhängig in weiten Grenzen.
b) Einen idealidealen Stoff mit der Eigenschaft PG = GG = NG = RG = 0 beziehungsweise PFF = GFF = NFF = RFF = 1 kann es allein schon wegen der jeweils verschiedenen Durchflussvolumina nicht geben.
c) Also kann es auch keinen Stoff mit der Eigenschaft PFR = GFR = NFR = RFR geben.
d) Es stellt sich also die Frage, warum die Nephrologen so viel Wert auf die GFR legen und die übrigen drei Parameter PFR, NFR und RFR vollkommen ignorieren.
127. a) Das einzelne podozytäre Durchflussvolumen sPV pro Zeiteinheit kann als Prozentsatz des Herzzeitvolumens HZV angegeben werden. Die Summe aller sPV kann ebenfalls als Prozentsatz des HZV angegeben werden.
b) Das einzelne glomeruläre Durchflussvolumen sGV pro Zeiteinheit kann als Prozentsatz des Herzzeitvolumens HZV angegeben werden. Die Summe aller sGV kann ebenfalls als Prozentsatz des HZV angegeben werden.
c) Das einzelne nephronische Durchflussvolumen sNV pro Zeiteinheit kann als Prozentsatz des Herzzeitvolumens HZV angegeben werden. Die Summe aller sNV kann ebenfalls als Prozentsatz des HZV angegeben werden.
d) Das einzelne renale Durchflussvolumen sRV pro Zeiteinheit kann als Prozentsatz des Herzzeitvolumens HZV angegeben werden. Die Summe aller sRV kann ebenfalls als Prozentsatz des HZV angegeben werden.
e) Unverständlich bleibt, warum die Kardiologen das überaus wichtige HZV nicht regelmäßig bestimmen. Allein bei Wikipedia finden sich beim Stichwort Herzminutenvolumen sieben verschiedene Messverfahren. Die echokardiographische Methode ist so einfach, dass sie bei jeder Herzsonographie angewendet werden sollte. Der dazu gehörige Text bei Wikipedia ist jedoch voller Fehler; in meinen drei dortigen Diskussionsbeiträgen korrigierte ich sie. Beim Ultraschall wäre das Herzzeitvolumen HZV für Diagnose und Therapie gewiss wichtiger als die fast immer bestimmte Ejektionsfraktion EF. Zu denken ist aber auch an die Herzinsuffizienz mit Vergrößerung des Herzzeitvolumens ("high output failure"); dann müsste die GFR ansteigen. - Siehe auch unten Absatz 152.
f) Die Ejektionsfraktion und vermutlich alle einschlägigen Biomarker sind zur Beurteilung der Schwere einer extrakardial verursachten Herzinsuffizienz im Gegensatz zum Herzzeitvolumen denkbar ungeeignet. Nur bei Vitien, Shunts, Hypertonie und Kardiomyopathien ist die Ejektionsfraktion (zusätzlich zum Herzzeitvolumen) ein sinnvoller Parameter zur Beurteilung der kardialen Pumpleistung. Nur bei einer Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz hilft auch das Herzzeitvolumen nicht weiter. - Die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens ist die Grundvoraussetzung zum Verständnis der extrarenalen Nonnenbruch-Syndrome.
128.) Streng genommen muss bei den vier verschiedenen einzelnen Durchflussvolumina sPV, sGV, sNV und sRV jeweils zwischen Anfangs- und Endvolumen unterschieden werden. Es ist ja gerade die Aufgabe eines jeden Filters, das Anfangsvolumen in zwei Phasen aufzuteilen. Das Anfangsvolumen ist die Summe aus Endvolumen und Filtrat. So wurde oben in Kapitel 2 Absatz A1 das renale Zuflussvolumen als Summe aus Abflussvolumen und Urinvolumen bezeichnet.
129.) Die Nephrologen wollen hilfsweise die GFR ihrer niereninsuffizienten Patienten maximieren, statt besser die renale Clearance der harnpflichtigen Stoffe zu optimieren.
130.) Für die Maximierung der GFR gibt es viele Möglichkeiten:
a) Maximierung des Herzzeitvolumens HZV.
b) Maximierung der Anzahl der Podozyten.
c) Optimierung der Podozytenfunktion.
d) Optimierung der Glomerulumsfunktionen.
e) Optimierung der Nephronfunktion.
f) Optimierung der renalen Filterfunktion.
g) Optimierung der einzelnen Filtrationsfraktionen sPFF, sGFF, sNFF und sRFF.
131.) Der oben in Kapitel 2 Absatz Ge beschriebene Zusammenhang zwischen dem Fickschen Prinzip und der Clearance besteht nicht. Es ist viel einfacher. Für alle harnpflichtigen Substanzen gilt folgender Grundsatz. Der Massetransport in der Arteria renalis teilt sich in der Niere auf in den Massetransport in der Vena renalis und in den Massetransport im Urin. Und die Masse ist jeweils das Produkt aus Volumen und Konzentration, denn die Konzentration ist als Quotient aus Masse und Volumen definiert.
Im Folgenden Absatz 132 wird die oben in den Absätzen 124 bis 127 begonnene schrittweise Aufteilung der Nierenfunktion in Podozyt, Glomerulum, Nephron und Ren weitergeführt. Dabei sollen der Großbuchstaben S Summe und V Anfangsplasmavolumen pro Zeiteinheit bedeuten.
132. a)
SPV mal Kap = (SPV - SGV)Kep + SGV mal Kag
SGV mal Kag = (SGV - SNV)Keg + SNV mal Kan
SNV mal Kan = (SNV - SRV)Ken + SRV mal Kar
SRV mal Kar = (SRV - SHV)Ker + SHV mal UK
b) Die letzte Zeile lautet sprachlich:
Das Produkt aus der Summe der Plasmavolumina pro Zeiteinheit vor den Nieren und der Stoffkonzentration in der Arteria renalis ist gleich der Summe von zwei Produkten. Das erste Produkt ist das Produkt aus der (Differenz aus der Summe der Plasmavolumina pro Zeiteinheit vor den Nieren und der Summe der Harnvolumina beider Nieren pro Zeiteinheit) und der Stoffkonzentration in der Vena renalis. Das zweite Produkt entsteht durch Multiplikation der (Summe der Harnvolumina beider Nieren pro Zeiteinheit) und der Stoffkonzentration im Urin.
c) Man erkennt sofort:
SRV = RPF = renaler Plasmafluss
SHV = Harnvolumen pro Zeiteinheit
d) Außerdem erkennt man, dass man die Harnvolumensumme SHV in Relation zum viel größeren renalen Plasmafluss RPF in der Klammer vernachlässigen kann. Es gilt also näherungsweise (SRV - SHV) = (RPF - SHV) = RPF.
e) Jetzt kann man rechnen:
SRV mal Kar = (SRV - SHV) Ker + SHV mal UK
RPF mal Kar = (SRV - 0)Ker + SHV mal UK
RPF mal Kar = RPF Ker + SHV mal UK
RPF mal Kar - RPF Ker = SHV mal UK
RPF(Kar - Ker) = SHV mal UK
RPF = (SHV mal UK)/(Kar - Ker)
Oben in Kapitel 2 Absatz E wurde der Gradient G als Quotient aus Ker und Kar definiert.
Die Filtrationsfraktion FF ist 1-G. Also gilt FF = 1-(Ker/Kar). Oben in Kapitel 2 Absatz Nh wurde die GFR als Produkt aus FF und RPF definiert. Also gilt:
RPF = (SHV mal UK)/(Kar - Ker)
GFR = FF mal RPF
GFR = 1-(Ker/Kar) mal (SHV mal UK)/(Kar - Ker)
GFR = (Kar - Ker)/Kar mal (SHV mal UK)/(Kar - Ker)
GFR = (SHV mal UK)/Kar = SHV mal UK/Kar
Jetzt erhält man die renale Clearance GFR als Produkt aus Harnvolumen pro Zeiteinheit und dem Quotienten aus Urinkonzentration und Plasmakonzentration. Das steht in jedem Nephrologiebuch.
f) Jetzt erkennt man jedoch, dass der Ausdruck GFR falsch ist. An sich müsste man von der RFR, also der renalen Filtrationsrate, sprechen. Vermutlich entspricht die nephronische Filtrationsrate NFR weitgehend der RFR. Die nephronische Filtrationsrate entspricht jedoch bei weitem nicht der glomerulären Filtrationsrate. Denn das Nephron besteht aus Glomerulum und Tubulus. Siehe auch oben Absatz 123.
133.) Zum selben Ergebnis kommt man auch etwas einfacher. Die Stoffmasse in der Arteria renalis ist gleich der Summe aus den Stoffmassen in der Vena renalis und im Urin.
VarKar = VerKer + HVHK
Dabei bedeuten Var das Plasmavolumen pro Zeiteinheit in der Arteria renalis, Kar die Stoffkonzentration in der Arteria renalis, Ver das Plasmavolumen pro Zeiteinheit in der Vena renalis, Ker die Stoffkonzentration in der Vena renalis, HV das Harnvolumen pro Zeiteinheit und HK die Stoffkonzentration im Urin.
Die renale Clearance für einen Stoff ist dasjenige Plasmavolumen, welches in der Niere vollständig von diesem Stoff befreit wird. Also:
C = VarFF
Dabei sind C die Clearance dieses Stoffes und FF seine Filtrationsfraktion in der Niere.
FF erhält man durch Subtraktion des Gradienten G = Ker/Kar von 1. Also:
FF = 1 - G
FF = 1 - Ker/Kar = (Kar - Ker)/Kar
C = Var (Kar - Ker)/Kar = (Kar - Ker) Var/Kar
Man hat jetzt also zwei Gleichungen mit sieben Unbekannten.
Die beiden Gleichungen sind
VarKar = VerKer + HVHK und C = (Kar - Ker) Var/Kar
Die sieben Unbekannten sind Var, Ver, Kar, Ker, HV, HK und C.
Messen kann man die drei Größen Kar, HV und HK.
Var und Ver kann man annähernd gleichsetzen. Var = Ver ist die dritte Gleichung.
Die vierte Gleichung ist Var = HV + Ver. Also vier Gleichungen mit sieben Unbekannten, von denen drei gemessen werden können. Oder noch genauer sogar vier Gleichungen mit acht Unbekannten, wenn man man das Harnvolumen pro Zeiteinheit doppelt zählt. Messen kann man dann die vier Größen Kar, Harnvolumen, Zeit und KH.
Es bleiben also drei Gleichungen mit den drei Unbekannten Var, Ker und C. Dieses lineare Gleichungssystem kann man eindeutig lösen. Man kann die erste der beiden Gleichungen umformen. Man erhält:
VarKar - VerKer = HVHK = VarKar - VarKer = Var (Kar - Ker)
Var = HVHK/(Kar - Ker)
Jetzt kann man Var in die Gleichung für C einsetzen:
C = (Kar - Ker) Var/Kar
= (Kar - Ker) HVHK/(Kar - Ker) : Kar
= HVHK : Kar
Die Clearance für einen jeden harnpflichtigen Stoff ist also gleich dem Produkt aus Harnvolumen pro Zeiteinheit und dem Verhältnis von Harn- und Plasmakonzentration.
134.) In diesen Rechenbeispielen erkennt man deutlich die Doppelbedeutung der Begriffe Filtrationsfraktion, Clearance und GFR. Siehe oben Absatz 76. Die Filtrationsfraktion ist einmal der Plasmaanteil, welcher das Filtersystem passiert. Die zweite Bedeutung der Filtrationsfraktion bezieht sich auf den Anteil der während dieser Passage herausgefilterten Stoffe. Analog hat die (Clearance und damit die) GFR zwei Bedeutungen, je nachdem ob der Stoff ideal oder nichtideal ist. Bei einem idealen Stoff wird die GFR ohne Nennung des Stoffnamens angegeben. Bei einem nichtidealen Stoff muss der Stoffname hinzugefügt werden. Der Anteil, der bei der Filterpassage herausgefiltert wird, wurde oben als (1 - Ker/Kar) = (Kar - Ker)/Kar bezeichnet. Man kann also zum Beispiel sagen, ein Stoff X hat bei einer gegebenen GFR die GFR(1 - Ker/Kar) = GFR(Kar - Ker)/Kar = x ml/min. Umgekehrt erhält man aus der Stoffclearance x wieder die GFR, wenn man die Stoffclearance x mit dem Kehrwert Kar/(Kar-Ker) multipliziert. Alle diese Aussagen gelten analog nicht nur für die GFR, sondern auch für die PFR, die NFR und die RFR. Außerdem auch für die Clearances PC, GC, NC und RC.
135.) Aus der renalen Clearance eines idealen Stoffes kann man auf die Glomeruläre Filtrationsrate schließen. Ein Stoff ist dann ideal, wenn der Saldo aus Metabolisierung, Sezernierung, Rückresorption und Synthese null ist. Siehe oben. Kreatinin und Inulin sind annähernd ideal. Wenn man weiß, dass die Filtration in den Podozyten stattfindet, sollte man besser von der podozytären Filtrationsrate sprechen. Oder von der renalen Filtrationsrate; denn nur diese kann man relativ problemlos bestimmen. Denn die Clearance für einen jeden Stoff im Plasma lässt sich nach obiger Formel bestimmen. Wenn einer der beiden Parameter HV oder HK gleich 0 ist, ist eben auch die renale Clearance gleich 0. - Das Wort Reabsorption ist sprachlich besser als Rückresorption.
136.) Eine Kasuistik meines Patienten M. J. (49 Jahre, 170 cm, 74,1 kg, KOF=1,83 m²):
30.1.2012 GFR (MDRD) = 76 ml/min
20.4.2012 GFR (MDRD) = 58 ml/min
22.5.2012 GFR (MDRD) = 64 ml/min
25.X.2012 GFR (MDRD) = 49,3 ml/min
5.7.2013 GFR (MDRD) = 69 ml/min
5.7.2013 GFR (Cys C) = 125 ml/min
Die beiden letzten Werte wurden am 5.7.2013 berechnet, nachdem ich den Patienten bat, am Vorabend der Untersuchung zusätzlich noch zwei Liter Wasser zu trinken. Kein Hinweis für eine beiderseitige Nierenkrankheit bei leichtem Diabetes mellitus (Glukose 108 mg/dl, HbA1c = 5,8 %) ohne Medikation. Auf eine Normierung nach meiner Formel GFR(1,73 m²/1,83 m²) wurde verzichtet, weil der Normierungsquotient nur unwesentlich unter 1 liegt. Auf eine Stadieneinteilung und auf eine ICD-10-Klassifizierung wurde verzichtet, weil vermutlich keine Nierenkrankheit vorliegt. Siehe auch unten Absatz 221.
137.) Zur Veranschaulichung erfolgen vier Gedankenexperimente mit der Clearance-Formel C = HKHV/tKar. Dabei bedeuten wie oben C die Clearance für einen Stoff, HK dessen Harnkonzentration, HV das Harnvolumen pro Zeiteinheit t (lateinisch: tempus) und Kar die Kontentration des Stoffes am Anfang (in der afferenten Arterie) vor der Niere (lateinisch: ren). Wenn im Folgenden der Einfachheit halber von einer Halbierung geschrieben wird, gelten die Aussagen auch für jeden anderen Faktor. Der Flüssigkeitsverlust durch Ausatmung und Transpiration wird zur Vereinfachung vernachlässigt.
a) Die Konzentration Kar verdoppelt sich, wenn sich das Herzzeitvolumen halbiert. Denn eine halbierte Fließgeschwindigkeit führt zu einer Halbierung der Muskeldurchblutung und damit bei konstanter Kreatininabgabe zu einer Verdoppelung der Stoffkonzentration im Plasma. Wenn sich Kar im Nenner verdoppelt, halbiert sich die Clearance C.
b) Wenn sich das Herzzeitvolumen halbiert, dann verdoppelt sich die Zeit t, weil die Ausscheidung eines exogenen Stoffes (zum Beispiel injiziertes Inulin) die doppelte Zeit benötigt. Wenn sich t im Nenner verdoppelt, dann halbiert sich die Clearance C.
c) Bei halbierter Trinkmenge halbiert sich auch das Harnvolumen pro Zeiteinheit. Wenn sich HV im Zähler halbiert, dann halbiert sich auch die Clearance C.
d) Bei verdoppelter Trinkmenge bleibt C unverändert, weil sich auch das Harnvolumen verdoppelt und weil sich die Plasmakonzentration halbiert. Wenn sich das Produkt HKHV nicht ändert, dann ändert sich auch die Clearance C nicht. Die Clearance C halbiert sich jedoch, wenn sich die Harnkonzentration HK wegen einer Nierenkrankheit halbiert. Dann aber verdoppelt sich die Konzentration Kar. Wenn sich im Nenner die Kar verdoppelt und wenn sich gleichzeitig im Zähler die Harnkonzentration HK halbiert, dann reduziert sich die Clearance C um drei Viertel auf ein Viertel. Dann liegt eine tatsächliche Nephropathie vor.
138.) Dieses Gedankenexperiment gilt ceteris paribus auch für mehrere GFR-Schätzformeln, bei denen das Serumkreatinin im Nenner steht (zum Beispiel Cockcroft-Gault, Schwartz, Counahan-Barratt). Die komplette und die verkürzte MDRD-Formel haben im Nenner das Serumkreatinin mit den Exponenten 0,999 beziehungsweise 1,154. Diese Exponenten liegen also nahe bei 1,0 und verändern den Schätzwert nur unwesentlich. Anders dagegen zum Beispiel bei einigen GFR-Schätzformeln, die nach Cystatin C fragen. Hier haben die Formeln nach Dade Behring, Dako Cytomation oder für Kinder unter 14 Jahren im Nenner Exponenten für Cystatin C von 1,2623 oder 1,5837 beziehungsweise 1,68. Nur die einfache Formel GFR = 80/Cys zeigt wieder die inverse Proportionalität zwischen Clearance und Plasmakonzentration.
139.) Aus den obigen Absätzen 123 bis 130 ergibt sich die korrekte Definition der GFR als diejenige glomeruläre Clearance eines idealen Stoffes, welcher im Glomerulum ohne sonstige Beeinflussung vollständig herausgefiltert wird. Die GFR ist also theoretisch unabhängig von allen sonstigen Vorgängen vor dem Glomerulum, in den Podozyten, im Tubulus, in den übrigen Anteilen der Niere sowie im übrigen menschlichen Körper. Erinnert sei auch daran, dass der Saldo aus Metabolisierung, Reabsorption, Sekretion und Synthese null sein muss. Noch strenger müssen sogar die Metabolisierung, die Reabsorption, die Sekretion und die Synthese des Stoffes jeweils null sein. - Nach dieser Definition ist die GFR unabhängig von der Plasmakonzentration des idealen Stoffes sowie von den messtechnischen Möglichkeiten. Die GFR ist also identisch mit der Summe der Durchflussvolumina in den Vasa afferentes pro Zeiteinheit. Sie hängt also unmittelbar von der filtrativen Leistungsfähigkeit der Podozyten ab. Trotzdem darf die podozytäre Filtrationsrate nicht mit der glomerulären Filtrationsrate verwechselt werden.
140.) Kreatinin oder Inulin können nur dann als ideale Stoffe im Sinne von Absatz 139 gelten, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Die Stoffkonzentration im großen Kreislauf ist mit derjenigen im Vas afferens identisch.
b) Die Podozyten filtern jedes Stoffmolekül immer und bei allen denkbaren Nierenkrankheiten zuverlässig heraus. Jedes Stoffmolekül erscheint also im Podozytenfiltrat.
c) Die Stoffkonzentration im Vas efferens vor dem Kontakt mit dem Tubulus ist gleich null.
d) Der Saldo aus Metabolisierung, Reabsorption, Sekretion und Synthese ist null. Noch exakter müssen diese vier einzelnen Parameter jeweils genau null sein.
e) Die Beeinflussung des Podozytenfiltrats in der restlichen Niere, in den ableitenden Harnwegen und im übrigen menschlichen Körper ist gleich null.
f) Da die Bedingungen a bis e nicht erfüllt sind, kann die Stoffkonzentration im Urin nicht mit der mittleren Stoffkonzentration im Podozytenfiltrat gleichgesetzt werden.
g) Außerdem kann das Primärharnvolumen nicht mit der Summe der Podozytenfiltrate gleichgesetzt werden.
h) Alle Clearanceformeln sind also ungenaue Schätzungen
i) Alle anderen GFR-Schätzformeln sollten diese Ungenauigkeiten rechnerisch ausgleichen. Wenn diese Schätzformeln mit anderen laborchemischen Parametern wie zum Beispiel Cystatin C oder Harnstoff arbeiten, muss das Ziel dieser Formeln ebenfalls die exakte Schätzung der glomerulären Clearance eines idealen Stoffes sein.
141.) Für moderne Klärwerke ist der Clearance-Begriff als Qualitätsmaßstab offenbar aus drei Gründen unbrauchbar. Erstens schwanken die behandelten Abwasservolumina zeitabhängig in großen Bereichen. Auch wegen unterschiedlicher Niederschlagsmengen sind Zeitreihenanalysen nicht sinnvoll. Zweitens ist ein Vergleich mit einem Standardklärwerk im Sinne einer Normierung wenig zielführend, weil es keinen sinnvollen Standard gibt. Denn die Größe kommunaler Kläranlagen erstreckt sich in Deutschland über mehrere Größenordnungen von einigen Hundert bis zu wenigen Millionen Einwohnerwerten. Außerdem soll drittens die Jahresschmutzwassermenge nicht vollständig oder maximal von Schadstoffen befreit werden. Vielmehr reicht es aus, im laufenden Betrieb gesetzlich normierte Konzentrationsgrenzwerte einzuhalten. - Diese Angaben verdanke ich der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. in Hennef. - Trotzdem hat sich vermutlich der nephrologische Clearance-Begriff aus der Theorie der Abwasserklärung entwickelt.
142. a) Soeben habe ich folgenden Diskussionsbeitrag bei Wikipedia unter dem Stichwort Herzminutenvolumen veröffentlicht:
"Anmerkung zum verringerten Herzminutenvolumen
Merkt denn keiner, dass grundsätzlich alle Herzkrankheiten das Herzminutenvolumen verringern, dass ein verringertes Herzminutenvolumen grundsätzlich immer eine proportionale Minderperfusion aller Organe zur Folge hat und dass eine solche Organminderdurchblutung eine proportionale Blutkonzentrationserhöhung von allen Abbauprodukten (Glukose, Hormone, Kreatinin, Kohlendioxid) zur Folge hat? Wenn sich die Fließgeschwindigkeit des Blutes vom Entstehungsort dieser Produkte bis zum Abbauort halbiert, verdoppelt sich die Konzentration von allen kontinuierlich ins Blut abgegebenen Substanzen. - Als Analogie eine kleine Geschichte. Jede Minute wird eine Gummiente in einen Bach geworfen. Am Bachende werden die Gummienten wieder herausgefischt. Eine Verdoppelung der Fließgeschwindigkeit des Baches halbiert die Anzahl der gleichzeitig schwimmenden Gummienten."
b) Eine halbierte Fließgeschwindigkeit des Gewässers verdoppelt die Anzahl der gleichzeitig schwimmenden Enten.
c) Bei konstanter Fließgeschwindigkeit des Gewässers verdoppelt sich die Entendichte bei Halbierung der Wassermenge.
d) Bei halbierter Fließgeschwindigkeit des Gewässers vervierfacht sich die Entendichte bei Halbierung der Wassermenge.
e) Wenn sich gleichzeitig das Herzzeitvolumen und die Fließgeschwindigkeit des Blutes halbieren, dann vervierfacht sich die Stoffkonzentration im Blut. Diese Aussage gilt nur, wenn die Kapazität der Ausscheidung des Stoffes zum Beispiel in den Nieren die vierfache Konzentration bewältigen kann. Das wird aber für ideale Stoffe wie Kreatinin unterstellt. Für nicht ideale Stoffe stellt sich ein neues Fließgleichgewicht ein.
f) Im Beispiel der gleichzeitigen Halbierung von Herzzeitvolumen und Fließgeschwindigkeit vervierfacht sich die Plasmakonzentration, das Urinvolumen halbiert sich, die Urinkonzentration verdoppelt sich. Die Clearance reduziert sich auf ein Viertel. Die renale Ausscheidung von Kreatinin verändert sich nicht.
143. a) "Anonyme Vorwürfe gegen Uniklinikum Münster: Offenbar dreht sich die Prüfung um die Frage der Dialyse-Indikation. Mutmaßlich könnten Patienten eine Nierenersatztherapie erhalten haben, obwohl dies aus heutiger Sicht medizinisch nicht in allen Fällen zwingend notwendig gewesen wäre." Zitat: Ärzte Zeitung online, 24.7.2013.
b) Ralf Heimann zitiert dazu am 1.7.2013 in der Online-Ausgabe der Münsterschen Zeitung den Ärztekammer-Präsidenten Theodor Windhorst: "Das Formular unterscheidet nicht zwischen Patienten, bei denen die Dialyse nach einem akuten Notfall zum Einsatz kam (sic!) und Patienten, bei denen sie nur angewendet wurde, um die Lebensqualität (sic; gemeint: Lebensquantität?) zu verbessern." Unklar bleibt bei diesem Zitat, ob der Kammerpräsident das auf der Pressekonferenz wirklich gesagt hat oder ob der Journalist ihn nur falsch interpretiert hat. Eine Dialyse zur Verbesserung der Lebensqualität ist verboten; vielmehr wird sie regelmäßig zur Verhinderung eines tödlichen Coma uraemicum eingesetzt.
Ergänzung: Soeben teilt mir Herr Präsident Chefarzt Dr. med. Theodor Windhorst am 29.7.2013 telephonisch mit, dass er wirklich eine Verbesserung der Lebensqualität durch eine Leberdialyse (zum Beispiel "MARS") für leberkranke Patienten auf der Warteliste für eine Lebertransplantation gemeint habe. MARS = molecular adsorbent(s) recirculation (recirculating) system; die Abkürzung MARS ist ein geschütztes Warenzeichen der insolventen Firma Teraklin Aktiengesellschaft in Rostock oder der Firma Gambro Dialysatoren GmbH. - Das Wort Dialyse kann bei Leberkranken sowohl eine Leberdialyse wie auch eine Nierendialyse bedeuten. Oben wurde in Absatz 23g der MELD Score beschrieben; dabei geht es offenbar um die Nierendialyse bei Leberkranken. Die Indikation zur Leberdialyse bei Leberkranken stellt sich wohl in Abhängigkeit von der Schwere der Leberkrankheit; eine Verbesserung der Lebensqualität wäre dann eine erwünschte Nebenwirkung. Der MARS-Hersteller spricht von einer Leberunterstützungstherapie zur Regeneration der Leberzellen und zur Reduktion der Plasmatoxine. - Mehr zum hepatorenalen Syndrom unten in Absatz 144.
c) Falsch ist auch folgender Text von U. Thomae und Johannes Mann ("Indikationen und Kontraindikationen zur Langzeitdialyse", in: "Blutreinigungsverfahren", 5. Auflage, Stuttgart und New York 1997, Seiten 56 bis 60), wenn sie auf Seite 56 schreiben: "Eine chronische Niereninsuffizienz stellt unabhängig von ihrer Genese immer dann eine Dialyseindikation dar, wenn keine zusätzliche Erkrankung vorliegt, die vorhersehbar in kurzer Zeit zu einer Verschlechterung der Lebensqualität oder zum Tod führt." Beide Autoren vergessen, dass es ein Stadium 0 der chronischen Niereninsuffizienz nicht gibt. Außerdem dürfte eine Langzeitdialyse in den ersten vier Stadien der chronischen Niereninsuffizienz regelmäßig ein ärztlicher Kunstfehler sein. Offen bleibt die Frage nach der Indikation innerhalb des fünften Stadiums.
d) Dieter Häussinger ("Leber, Gallenwege und Pankreas", in: Hans Peter Wolff und Thomas R. Weihrauch: "Internistische Therapie 2008, 2009", 17. Auflage, Urban & Fischer, München und Jena 2008, Seiten 569 bis 624) schreibt zum so genannten hepatorenalen Syndrom auf Seite 603: "Dialysen sind bei fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankungen allerdings nur indiziert, wenn durch voraussichtlich korrigierbare Umstände ein akutes Nierenversagen eingetreten oder (bei chronischer Niereninsuffizienz) eine Lebertransplantation vorgesehen ist." - Dieter Häussinger schreibt offenbar von der Nierendialyse bei Leberkranken und nicht von der Leberdialyse bei Nierenkranken.
e) Zumindest ungewöhnlich oder erklärungsbedürftig ist also der Gedanke, ein drohendes Coma hepaticum mit einer Dialyse zu behandeln. Dialyseapparate würden dabei die Entgiftungsfunktion der Leber teilweise übernehmen. Wenn die Nieren die Aufgaben der Leber nicht übernehmen können, könnte man das Ziel der Blutreinigung zumindest theoretisch mit einer Dialyse sehr wohl erreichen. Beim Coma hepaticum werden eine Plasmapherese oder eine Albumin-Dialyse empfohlen. Könnte man nicht auch Bilirubin, Harnstoff oder Ammoniak dialysieren? Man spricht dann von der Leberdialyse statt von der Nierendialyse.
144. a) Wikipedia definiert das hepatorenale Syndrom als Abnahme der Nierenfunktion bei Patienten mit Lebererkrankungen bei fehlenden Hinweisen auf andere Ursachen einer Niereninsuffizienz. Durch die Ausschüttung von vasoaktiven Substanzen komme es dabei zu einer Verschlechterung der Nierendurchblutung.
b) Das Wort "andere" in dieser Definition ist wegzulassen.
c) Ein hepatorenales Syndrom liegt also vor, wenn nierengesunde Leberpatienten eine Niereninsuffizienz entwickeln. Man erkennt die Analogie zum kardiorenalen Syndrom, bei dem nierengesunde Herzpatienten eine Niereninsuffizienz entwickeln können. In beiden Fällen können vasoaktive Substanzen die prärenalen Arterien erweitern und die intrarenalen Arterien zusammenziehen. Beides führt zu einem Rückgang des renalen Plasmaflusses mit der Folge eines Rückganges der GFR. Siehe oben Absatz 117.
d) Beim hepatorenalen Syndrom können sowohl eine Nierendialyse wegen einer Nierenkrankheit als auch eine Leberdialyse wegen einer Leberkrankheit erforderlich werden. Wenn ein Dialyseapparat beide Funktionen gleichzeitig bewältigt, spricht man von der kombinierten Leber-Nieren-Dialyse.
e) Dass auch die Leberdialyse zu den Blutreinigungsverfahren zählt, haben die Autoren des Standardwerks "Blutreinigungsverfahren" (Hans Eduard Franz und Walter Hermann Hörl, 5. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1997) mit keiner Silbe erwähnt.
f) Auch Tammo von Schrenck und Gunter Wolf ("Das hepatorenale Syndrom", in: "Deutsches Ärzteblatt", Jahrgang 97, Heft 43 vom 27.10.2000, Ausgabe A, Seiten A 2858 bis A 2862) haben das hepatorenale Syndrom nicht richtig verstanden. Sie erwähnen zwar wiederholt die "renale Minderperfusion" (Seite A 2859) oder "die Verminderung der renalen Perfusion" (Seiten A 2858 und A 2861). Sie erkennen jedoch nicht, dass schwere Leberkrankheiten auch bei Herz- und Nierengesunden offenbar das Herzzeitvolumen reduzieren. Das allein erklärt den Rückgang der GFR bei Leberkranken und auch die Verbesserung der GFR nach einer Lebertransplantation. So wird aus dem hepatorenalen Syndrom indirekt ein kardiorenales Syndrom.
g) Auch Teut Risler, Gerhard (alias C.) Anton Müller und Werner Rosendahl ("Therapieschemata Nephrologie", Urban & Schwarzenberg, München, Wien und Baltimore 1993, Seite 9) haben das hepatorenale Syndrom nicht verstanden, wenn sie es wie folgt definieren: "Akutes Nierenversagen unbekannter Ätiologie bei Patienten mit schweren Lebererkrankungen". Die Ätiologie ist die Leberkrankheit, die Pathogenese ist einfach das dadurch reduzierte Herzzeitvolumen mit proportionaler Reduktion des renalen Plasmaflusses und der glomerulären Filtration.
145. a) Die hepatische Clearance ist dasjenige Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit von der Leber vollständig von einer bestimmten Substanz befreit wird. Statt von der hepatischen Clearance könnte man auch von der hepatozytären Filtrationsrate HFR sprechen. Die Einheit ist in beiden Fällen ml/min. Für Stoffe, die renal und hepatisch eliminiert werden, kann man HFR und GFR addieren.
b) Oben wurde in Kapitel 2 Absatz Q die totale Clearance beschrieben.
c) Bei der kombinierten Leber-Nieren-Dialyse kann man für renal und hepatisch ausgeschiedene Stoffe die mGFR zur mHFR addieren; der Kleinbuchstabe m bedeutet maschinell oder apparativ.
d) Wenn bei der kombinierten Leber-Nieren-Dialyse die Leber und die Nieren noch eine Restfunktion haben, kann man für jeden dialysierten Stoff folgende Summe bilden: GFR+mGFR+HFR+mHFR.
146.) Die dynamische seitengetrennte Nierenszintigraphie mit MAG3 ist eine moderne nuklearmedizinische Methode zur Bestimmung der filtrativen Nierenfunktion. MAG3 ist Mercaptoacetyltriglycin und enthält radioaktives Technetium. Damit wird die tubuläre Extrationsrate TER und nicht die glomeruläre Filtrationsrate GFR bestimmt. Der Begriff der TER wurde von Bernd Bubeck (siehe unten Absatz 149) geprägt. Ich prägte den Begriff der nephronischen Filtrationsrate (siehe die Absätze 123, 124, 126 und 132). Auch wenn Kreatinin nur glomerulär filtriert wird und auch wenn MAG3 nur tubulär extrahiert wird, dann sind das trotzdem zwei völlig unterschiedliche Größen, die nicht verwechselt werden dürfen. Auch sind die beiden analogen Begriffe der Kreatinin-Clearance und der MAG3-Clearance völlig verschieden. Denn die Podozytenfunktion hat nichts mit der Tubulusfunktion zu tun. Außerdem ist die Clearance in erster Linie vom Herzzeitvolumen und erst in zweiter Linie von der Nierenfunktion abhängig. Die nephronische Filtrationsrate NFR für Kreatinin ist völlig verschieden von der nephronischen Filtrationsrate NFR für MAG3. Denn Glomerulum und Tubulus arbeiten unabhängig voneinander. Das zeigt sich auch an den verschiedenen Normalwerten GFR = 100 ml/min und TER = 200 ml/min für Erwachsene.
147. a) Es gibt wieder eine neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN; vergleiche oben Absatz 44a): "DGN-Handlungsempfehlung (S1-Leitlinie) Nierenfunktionsszintigraphie mit und ohne Furosemidbelastung bei Kindern und Erwachsenen (Stand: 4/2013 - AWMF-Registernummer: 031-042) von den Autoren Klaus Hahn, Thomas Pfluger und Christine (alias Christiane) Franzius. 4/2013 heißt offenbar April 2013. Es fallen zahlreiche Kommafehler auf.
b) Drei Radiopharmazeutika diagnostizieren die tubuläre Extraktion (TER; vergleiche oben Absatz 146). Mit DTPA kann die GFR bestimmt werden.
c) Es wird auf Seite 2 ohne Erklärung zwischen der relativen und der absoluten Clearance unterschieden. Unklar bleibt, ob mit der relativen Clearance die Normierung durch Multiplikation mit (1,73 m²/KOF) gemeint ist.
d) Die Einheit ml/min wird für die vier verschiedenen Clearances nicht einmal erwähnt.
e) Normalwerte für alle vier Radiopharmaka fehlen.
f) Die korrekten Ergebnisse für die renale Clearance dieser vier Stoffe müssten als
TER (Hippuran) = a ml/min mit der Normierung TER(1,73 m²/KOF) = a(1,73 m²/KOF) ml/min
TER (MAG3) = b ml/min mit der Normierung TER(1,73 m²/KOF) = b(1,73 m²/KOF) ml/min
TER (EC) = c ml/min mit der Normierung TER(1,73 m²/KOF) = c(1,73 m²/KOF) ml/min
GFR (DTPA) = d ml/min mit der Normierung GFR(1,73 m²/KOF) = d(1,73 m²/KOF) ml/min
angegeben werden.
g) Es fehlt der Hinweis, dass diese vier Größen grundsätzlich alle verschieden sind und nichts mit der Kreatinin-Clearance zu tun haben. Mehr zur TER unten in Absatz 149.
148.) Auch Heike Bruck, Sebastian Dolff, Ina Wiegard-Szramek und Andreas Kribben haben das Grundproblem des kardiorenalen Syndroms nicht verstanden ("Kardiorenales vs. renokardiales Syndrom: Fallbeispiele der Therapie des kardiorenalen Syndroms", in: Nephro News, Heft 3/2013, Seiten 22 bis 25). - Nur im letzten der fünf Fallbeispiele lag überhaupt eine Nierenkrankheit vor (Zustand nach linksseitiger Tumornephrektomie); die Funktion der verbliebenen Niere war aber offenbar nicht eingeschränkt. Nach einer Nephrektomie halbiert sich der renale Plasmafluss, der Kreatininspiegel verdoppelt sich und die GFR halbiert sich. Siehe auch oben Kapitel 4 Absätze 1i und 1m. Die Restniere war also vermutlich gesund. Also darf zumindest in den ersten vier Beispielen (wie in Fall 1 auf Seite 23) gar keine Stadieneinteilung vorgenommen werden, denn ohne eine nephrologische Diagnose gibt es keine chronic kidney disease (CKD). Unklar bleibt, ob nach Nephrektomie bei gesunder Restniere überhaupt von einer Nierenkrankheit gesprochen werden darf. - In allen fünf Fällen liegt eine schwere Herzkrankheit vor. Hier ist die GFR (wie oben in Absatz 117 ausgeführt wurde) ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz und nicht für eine Einschränkung der Nierenfunktion. Die Nieren könnten mehr Plasma klären, wenn das Herz den Plasmatransport zu den Podozyten bewältigen würde. Die GFR schwankt proportional zur Herzleistung. - Alle fünf Patienten erhielten eine Peritonealdialyse. Damit wurde aber nicht eine Nierenkrankheit (auch nicht im fünften Fall), sondern die schwere Herzkrankheit behandelt. Also kann die Dialyse nach Rückgang der Herzinsuffizienz beendet werden. Das darf man aber nicht als "Auslassversuch" (Seite 25) bezeichnen. - Die vier Autoren fordern (auf Seite 25) eine "ausführliche nephrologische Diagnostik". Erstens erfolgte diese in Essen offenbar nicht und zweitens kann sie bei eindeutig kardialer Genese einer Verschlechterung der GFR unterbleiben. - Richtig ist jedoch die Schlussbemerkung: Eine Dialyse beim kardiorenalen Syndrom "dient der kardialen Rekompensation". Als Wirkprinzip vermute ich die vermehrte Wasserausscheidung; eine Überwässerung gilt als Dialyseindikation. So kommt es konsekutiv zu "einer Verbesserung der Lebensqualität und (zu einer) Reduktion der Hospitalisierungen" (Zitate Seite 25). - Urämische Symptome lagen offenbar nicht vor. Normierungen der GFR sind unterblieben. Die Verschlechterung der GFR bei gesunden Nieren ist also reversibel. Mittelfristig kommt es bei einem Nierenverlust außerdem kompensatorisch zu einer Vergrößerung der Restniere. Dann verbessert sich der renale Plasmafluss, der Plasmakreatininspiegel sinkt, die GFR vergrößert sich wieder.
149. a) Bernd Bubeck (siehe oben die Absätze 146 und 147) hat den Begriff der Tubulären Extraktionsrate TER geprägt ("Technetium-99m-MAG3 für die nuklearmedizinische Nierenfunktionsdiagnostik", 2. Auflage, Sankt Gallen, Dezember 2003). Der Autor hat das Problem der Normierung nicht richtig verstanden. Das hat ein mathematisches Durcheinander zur Folge.
b) "Die TER entspricht also ganz allgemein dem virtuellen Plasmavolumen, aus dem ein Pharmakon (bezogen auf die Plasmakonzentration in der Nierenarterie) pro Zeit durch tubuläre Extraktion vollständig entfernt wird (Zitat Seite 60)." Siehe dazu oben Kapitel 2 Absatz H und Kapitel 6 Absatz 34.
c) Bernd Bubeck verwendet manchmal die richtige Einheit ml/min und manchmal die falsche Einheit ml/min/1,73 m². Manchmal soll die falsche Einheit eine erfolgte Normierung anzeigen.
d) Meine Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) kann leicht an die TER angepasst werden. Man erhält also die Normierungsformel TER(1,73 m²/KOF).
e) Bernd Bubeck verwendet diese Formel nicht. Den Vorgang der Normierung benennt und beschreibt er jedoch zutreffend: "Um diese Größe jedoch auf den 'Standardmenschen' zu normieren, müsste sie, analog zum Vorgehen bei der Clearanceberechnung, mit 1,73 m² multipliziert und durch die tatsächliche Körperoberfläche des Patienten dividiert werden." (Zitat Seite 96)
f) Weil der Autor den mathematischen Algorithmus der Normierung nicht verstanden hat, fordert er, es "muss vor der Clearanceberechnung eine Normierung der Plasmakonzentration auf eine Körperoberfläche von 1,73 m² durchgeführt werden" (Zitat Seite 100). Eine Normierung des Plasmaspiegels widerspricht jeder Logik.
g) Diese Unlogik führt zu dem Satz: Es "wird in einem weiteren Schritt die gemessene Plasmakonzentration der Kinder normiert, indem sie mit der tatsächlichen, individuellen Körperoberfläche multipliziert und anschließend durch 0,83 m² dividiert wird und analog bei den Erwachsenen diese Normierung auf 1,85 m² erfolgt" (Zitat Seite 105). - Offenbar hat Bernd Bubeck hier Zähler und Nenner verwechselt.
h) Ziel eines jeden Verfahrens in "der nuklearmedizinischen Nierendiagnostik" (Zitat Seite 3) muss eine möglichst genaue Bestimmung (hier der TER) sein. Für Vergleichszwecke kann man die ermittelte tatsächliche TER nach meiner Formel TER(1,73 m²/KOF) normieren.
i) Unterschiedliche Normierungen der Plasmakonzentrationen bei Kindern und Erwachsenen sind der falsche Weg.
j) Die mathematische Herleitung der TER auf Seite 60 ist wegen drucktechnischer Probleme nicht nachvollziehbar. Offenbar wurden Klammern falsch gesetzt und Zeilen verwechselt. Außerdem wurde der Grundsatz, durchgängig die physiologischen Größen mit den richtigen Einheiten anzugeben, nicht konsequent eingehalten.
k) Richtig werden dagegen auf Seite 17 die idealen Stoffe beschrieben: "Dementsprechend sind die Clearances solcher Verbindungen unabhängig von der jeweiligen Konzentration im Plasma".
l) Es fehlt jedoch der wichtige Hinweis, dass die Clearances von Kreatinin und MAG3 zwei völlig verschiedene Dinge sind. Für Erwachsene sind die Normalwerte vermutlich GFR = 100 ml/min und TER = 200 ml/min. Im Nephron arbeiten Glomerulum und Tubulus unabhängig voneinander. Wenn man das Nephron als Filter ansieht, ist die nephronische Filtrationsrate NFR für Kreatinin verschieden von der nephronischen Filtrationsrate NFR für MAG3.
m) Es fehlt der wichtige Hinweis, dass es auch eine TER für Kreatinin gibt. Denn bei hohen Kreatinin-Konzentrationen wird Kreatinin auch tubulär sezerniert. Das ist der Grund für die Ungleichheit von Kreatinin-Clearance und Glomerulärer Filtrationsrate. Für Kreatinin ist die nephronische Filtrationsrate NFR gleich der Summe aus GFR und TER. - Siehe unten Absatz 499.
150.) Wie ist der so genannte "kreatininblinde Bereich" zu erklären? Gemeint ist damit die oft zu lesende Behauptung (wie zum Beispiel bei Wikipedia unter dem Stichwort Kreatinin), "der Kreatininwert steigt erst bei einer Einschränkung der GFR (gemeint: um) über 50 % an. Damit schließt ein normaler Kreatininwert eine beginnende Niereninsuffizienz nicht aus." - Die Antwort ist ganz einfach. Wenn die Plasmakreatininkonzentration im Nenner der Formel steht, handelt es sich um eine umgekehrte Proportionalität. Der Graph der Funktion von Kreatinin und GFR ist also eine Hyperbel mit der Gleichung y=1/x. Abszisse und Ordinate sind frei wählbar. Wie bei jeder Hyperbel führen kleine Veränderungen der einen Größe zu großen Veränderungen der anderen Größe. Das nennt man einen asymptotischen Kurvenverlauf. - Große Rückgänge der GFR sind also identisch mit kleinen Anstiegen des Plasmakreatininspiegels. Umgekehrt sind große Rückgänge des Plasmakreatininspiegels identisch mit kleinen Anstiegen der GFR. - Dieser Sachverhalt hat etwas mit Mathematik und nichts mit Nephrologie zu tun. Wenn die Nephrologen jedoch sagen würden, in den beiden Extrembereichen (ganz krank beziehungsweise ganz gesund) besteht keine Antiproportionalität zwischen GFR und Plasmakreatininspiegel, dann wären eben die Schätzformeln falsch. Dem ist aber nicht so. Denn für die (podozytäre) Kreatininclearance gibt es per definitionem keinerlei Schwellen. Jedes Kreatininmolekül, welches an den Podozyten ankommt, wird auch zuverlässig filtriert. Das gilt für jede Plasmakreatininkonzentration und für jede Nierenkrankheit. Dass es zusätzlich bei hohen Plasmakreatininkonzentrationen noch eine tubuläre Extraktion TER gibt, hat nichts mit der glomerulären Filtration GFR zu tun. GFR und TER verringern beide den Plasmakreatininspiegel. Deswegen sind alle üblichen Schätzformeln für die GFR falsch. Denn es gilt für die nephronische Fitrationsrate NFR = GFR + TER.
151. a) Heute am 14.8.2013 schrieb ich bei Wikipedia unter dem Stichwort Urämie folgenden Diskussionsbeitrag Nummer 3: "Anmerkung: Eine Niereninsuffizienz mit Urämie kann auch bei nierengesunden Herzpatienten auftreten. Der Kreatininspiegel ist dann ein Maß für die Herzschwäche und nicht für die Nierenschwäche. Wenn ein krankes Herz nicht genügend Plasma zu den Podozyten transportiert, dann können auch die gesündesten Nieren eine Urämie nicht verhindern. Mit der Dialyse wird dann die Herzkrankheit und nicht eine Nierenkrankheit behandelt."
b) Wann ist also bei nierengesunden Herzpatienten die Dialyseindikation zu stellen? Diese Frage müssen nicht die Nephrologen, sondern andere Fachärzte beantworten. Der Kreatininspiegel oder die GFR sind gewiss keine geeigneten Parameter bei der Indikationsstellung einer Nierendialyse bei Nierengesunden.
c) Der Kardiologe kann den Dialysearzt bei einer Überwässerung seines Patienten um Elimination des überschüssigen Wassers bitten. Auf dem Wege zum Trockengewicht wird sich die Herzinsuffizienz zurückbilden. Vor Beginn der Andialyse sollten jedoch die medikamentösen Optionen ausgeschöpft sein.
d) Der Neurologe kann den Dialysearzt um Reduktion der neurotoxischen Stoffe auf ein optimales Niveau bitten. Der Neurologe soll eine noch zu tolerierende Obergrenze als Zielwert für die harnpflichtigen Neurotoxine angeben können. Vor Beginn der Andialyse sollten jedoch die medikamentösen Optionen ausgeschöpft sein.
e) Der Hepatologe kann den Dialysearzt um Reduktion der hepatisch eliminierten Toxine bitten. Der Hepatologe sollte als Dialyseziel die Optimalwerte der entsprechenden Giftstoffe benennen können. Vor Beginn der Andialyse sollten jedoch die medikamentösen Optionen ausgeschöpft sein. Außerdem ist an die Möglichkeiten einer Leberdialyse zu denken.
f) Der Urologe wird bei einer drohenden Anurie seines nierengesunden Patienten zur Nierenprotektion möglicherweise andere Begründungen für eine Nierendialyse finden.
g) Der Pulmonologe wird bei einem urämischen Pleuraerguss seines nierengesunden Patienten ebenfalls an die Möglichkeiten einer Nierendialyse denken. Vor Beginn der Andialyse sollten jedoch die medikamentösen Optionen ausgeschöpft sein. Auch ist eine Punktion denkbar.
h) Dagegen wird der Hämatologe bei einer renalen Anämie von nierengesunden Herzpatienten nicht an eine Nierendialyse denken. Denn die Nierenersatztherapie verbessert nur die filtrative Nierenfunktion. Die nichtfiltrativen Nierenfunktionen werden durch eine Nierendialyse nicht verbessert.
152. a) Die GFR ist wegen ihrer Proportionalität zur Herzleistung als Maß für die filtrative Nierenleistung völlig ungeeignet. Ein geeignetes Maß für die Nierenfiltration ist die statistische Wahrscheinlichkeit eines Kreatininmoleküls für die glomeruläre Passage. Diese Wahrscheinlichkeit WG ist der Quotient aus der Glomerulären Filtrationsrate GFR und dem Herzzeitvolumen HZV. Sinnvoll ist also die Definition der Glomerulären Filtrationswahrscheinlichkeit WG = GFR/HZV. (Siehe auch unten Absatz 218 g-i.)
b) Statt der Glomerulären Filtrationsrate GFR wären im Zähler auch die Podozytäre Filtrationsrate PFR, die Nephronische Filtrationsrate NFR oder die Renale Filtrationsrate RFR geeignet.
c) Dann könnte man unterscheiden:
1. Die Podozytäre Filtrationswahrscheinlichkeit WP = PFR/HZV als Maß für die Podozytenfunktion. Englisch: PPP = PFR/CO. The Probability of the Podocytic Passage is the podocytic filtration rate divided by cardiac output.
2. Die Glomeruläre Filtrationswahrscheinlichkeit WG = GFR/HZV als Maß für die Glomerulumfunktion. Englisch: PGP = GFR/CO. The Probability of the Glomerular Passage is the glomerular filtration rate divided by cardiac output.
3. Die Nephronische Filtrationswahrscheinlichkeit WN = NFR/HZV als Maß für die Nephronenfunktion. Englisch: PNP = NFR/CO. The Probability of the Nephronic Passage is the nephronic filtration rate divided by cardiac output.
4. Die Renale Filtrationswahrscheinlichkeit WR = RFR/HZV als Maß für die Nierenfunktion. Englisch: PRP = RFR/CO. The Probability of the Renal Passage is the renal filtration rate divided by cardiac output.
d) Je größer die Wahrscheinlichkeit WG, desto besser ist die Nierenfiltration. Je kleiner die Wahrscheinlichkeit WG, desto schlechter ist die Nierenfiltration.
e) Die hier von mir vorgeschlagene Formel WG = GFR/HZV für die Glomeruläre Filtrationswahrscheinlichkeit hat mehrere Vorteile:
1. Sie hat keine Einheit.
2. Eine Normierung ist weder notwendig noch möglich.
3. Sie gilt für alle Lebewesen mit Herz und Nieren.
4. Sie fördert die nephrologisch-kardiologische Zusammenarbeit.
5. Sie hilft bei der Beurteilung es kardiorenalen Syndroms.
6. Die bisherigen GFR-Schätzformeln können beibehalten werden.
7. Sie ist geeignet als nephrologischer Zielparameter.
f) Normalwerte von WG = GFR/HZV für Erwachsene in Ruhe liegen bei etwa zwei Prozent (also bei 0,02), wenn das Herzzeitvolumen 5 l/min und wenn die GFR 100 ml/min beträgt. Bei Kindern führen ein HZV = 1000 ml/min und eine GFR = 20 ml/min zum selben Ergebnis von WG = 0,02.
g) Werte unter 2 % sprechen für ein Überwiegen einer Nierenkrankheit, Werte über 2 % sprechen für ein Überwiegen einer Herzkrankheit.
h) Wenn beim kardiorenalen Syndrom eine Proportionalität zwischen HZV und GFR besteht, dann zeigt der Quotient WG = GFR/HZV Normalwerte an.
i) Deswegen sollten immer alle Rechenschritte angegeben werden. Zum Beispiel:
WG = GFR/HZV = (10 ml/min):(500 ml/min) = 0,02 = 2 %
153.) Eine Niereninsuffizienz kann also drei Ursachen haben: eine Nierenkrankheit, eine Herzkrankheit oder eine Leberkrankheit.
a) Beim nephrorenalen Syndrom muss eine geeignete Nierenkrankheit die Einschränkung der filtrativen Nierenfunktion erklären können.
b) Beim kardiorenalen Syndrom muss eine geeignete Herzkrankheit die Einschränkung der filtrativen Nierenfunktion erklären können.
c) Beim hepatorenalen Syndrom muss eine geeignete Leberkrankheit die Einschränkung der filtrativen Nierenfunktion erklären können.
d) Man darf also nicht unbedacht von einer Niereninsuffizienz auf eine Nierenkrankheit schließen. Regelmäßig wird gegen dieses Verbot verstoßen. Oft liest man zum Beispiel in Arztbriefen oder in wissenschaftlichen Arbeiten von einer Niereninsuffizienz ohne Angabe einer dazu passenden Nierenkrankheit. Eine Niereninsuffizienz beim metabolischen Syndrom hat oft eher kardiale als renale Ursachen; die Vermutung einer diabetischen oder einer hypertensiven Nephropathie könnte falsch sein.
e) Auch eine Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit fällt in das Fachgebiet der Nephrologen. Diese müssen jedoch wissen, dass sie dann keine Nierenkrankheit, sondern eine Herz- oder Leberkrankheit behandeln. Oft besteht diese Behandlung im Absetzen nephrotoxischer Substanzen. Außerdem kann versucht werden, die Filtrationsleistung der gesunden Nieren zu verbessern. In schweren Fällen kann sogar eine Nierendialyse oder eine Leberdialyse erforderlich werden.
154. a) Eine Niereninsuffizienz ist keine Krankheit, sondern ein Symptom zahlreicher Krankheiten der verschiedensten Organe. Das ist besonders verwirrend, weil das englische Wort disease sowohl Krankheit als auch Schwäche (also Insuffizienz) bedeutet. Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit sind also zwei völlig verschiedene Begriffe. Das Wort Nierenversagen sollte nur im Sinne einer Nierenkrankheit mit Einschränkung der filtrativen Nierenfunktion verwendet werden. Neben Nierenkrankheiten können auch Herzkrankheiten und Leberkrankheiten zu einer schweren Niereninsuffizienz führen. Auch wenn Herz- und Leberkrankheiten den renalen Plasmafluss reduzieren, kommt es automatisch zu einer proportionalen Reduktion der Glomerulären Filtrationsrate. Denn auch die gesündesten Nieren können nur dasjenige Plasma klären, welches an den Podozyten ankommt. Jede Kreislaufschwäche führt automatisch zu einer Nierenschwäche. Bei einem größeren Blutverlust reduziert sich die GFR immer automatisch, proportional und sofort. Bei Nierengesunden ist die Niereninsuffizienz sogar ein Maß für die Herzinsuffizienz. Diese Niereninsuffizienz kann im Extremfall auch bei Nierengesunden eine Nierendialyse erfordern. Eine Nierentransplantation ist bei Nierengesunden dagegen immer kontraindiziert. Eine Herztransplantation kann jedoch bei einer schweren Niereninsuffizienz indiziert sein und zu einer schnellen Normalisierung der Nierenfunktion führen. Die Ärzte müssen also mit den Begriffen Nierenkrankheit, Niereninsuffizienz, Nierenfunktionsstörung, Nierenschädigung, Nierenfunktionseinschränkung, Nierenschwäche und Nierenversagen sehr vorsichtig sein. Es gibt Nierenkrankheiten ohne Niereninsuffizienz und es gibt Niereninsuffizienzen ohne Nierenkrankheit.
b) Die korrekte Übersetzung der "chronic kidney disease" als "chronische Niereninsuffizienz" findet sich zum Beispiel auf der Titelseite von Heft 4/2012 (Nummer 34) von "NEFROcme - Ein Fortbildungsservice von MEDICE - Fortbildungsperiodikum für Klinik und Praxis". Hier wird korrekt zwischen der "Nierenschädigung mit oder ohne Einschränkung der GFR" und der "verminderten GFR mit oder ohne Nierenschädigung" unterschieden. Eine dieser beiden Bedingungen sei ausreichend für die Diagnosestellung einer CKD (chronic kidney disease). Hier irren die National Kidney Foundation / Kidney Disease Outcomes Quality Initiative (NKF/KDOQI) und die Kidney Disease: Improving Global Outcome (KDIGO) Guideline Gruppe jedoch. Oder es liegt ein Übersetzungsfehler vor. Eine Nierenschädigung ohne Einschränkung der GFR ist keine Niereninsuffizienz, sondern eine Nierenkrankheit. Die beiden Bedeutungen von disease dürfen also nicht verwechselt oder gleichgesetzt werden. Die Übersetzer müssen aufpassen.
c) Das DIMDI sieht Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz als Synonyme. Offenbar haben dessen Übersetzer den fundamentalen Unterschied fahrlässig nicht erkannt. Quelle: "ICD-10-GM 2013 Alphabetisches Verzeichnis - Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme", 10. Revision - German Modification, Version 2013, herausgegeben vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit in Kooperation mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bearbeitet von Dr. med. Bernd Graubner, Deutscher Ärzte-Verlag, Stand 28. September 2012, Köln 2012. - Angegeben sind auf Seite 834 jeweils die fünf Stadien der chronischen Niereninsuffizienz und der chronischen Nierenkrankheit mit den identischen Schlüsselnummern N18.1 bis N18.5. - Zahlenwerte und somit die Nierenfunktionseinheiten fehlen jedoch (wie auch schon in der Version 2006; Stand 1.10.2005 mit den Ergänzungen vom 24.10.2005, auf Seite 760) im Gegensatz zu "ICD-10-GM 2010 Systematisches Verzeichnis". - Siehe auch oben Kapitel 1 Absatz Q und Kapitel 4 Absatz 1d.
155.) Mehrfach kritisere ich in der voliegenden Arbeit nationale und internationale Leitlinien. Diese sollten dringend korrigiert und überarbeitet werden. Dazu empfehle ich die Lektüre von "Evidence Based Medicine: Why we can't trust clinical guidelines", in: "British Medical Journal", Jahrgang 346, 14.6.2013, Seiten f 3830.
156. a) Wie kann man die filtrative Qualität der Nieren ermitteln? Für den Ist-Zustand gibt es etwa einhundert Schätzformeln. Wie kann die maximale Leistungsfähigkeit einer Niere bestimmt werden? Denkbar wäre ein experimentelles Einbringen einer Kadaverniere in die extrakorporale Zirkulation einer Herz-Lungen-Maschine. So könnte die maximale maschinelle GFR (abgekürzt MMGFR) einer Einzelniere gemessen oder berechnet werden. Eine gesunde Erwachsenenniere hat vielleicht eine MMGFR = 150 ml/min. Bei zwei Nieren müsste dieser Wert für Vergleichszwecke verdoppelt werden. Außerdem kann man für Vergleichszwecke nach der Formel MMGFR(1,73 m²/KOF) normieren.
b) Werte von MMGFR(1,73 m²/KOF) unter dem Normalwert für eine Einzelniere von geschätzten 150 ml/min würden für eine Nierenschädigung sprechen. Eine wirkliche Nierenkrankheit liegt jedoch erst bei Werten von MMGFR(1,73 m²/KOF) unterhalb von 45 ml/min vor. Denn eine GFR(1,73 m²/KOF) = 90 ml/min ist die definitorische Grenze zwischen den beiden ersten Stadien einer beiderseitigen chronischen Nierenkrankheit.
c) Nur bei einer Gleichheit der doppelten MMGFR mit der GFR zu Lebzeiten ist der Nachweis erbracht, dass eine beiderseitige Nierenkrankheit die alleinige Ursache für die Niereninsuffizienz war.
d) Es ist nicht zu erwarten, dass die doppelte MMGFR kleiner als die GFR zu Lebzeiten ist. Das kann bei einer Nierenschädigung nach der Explantation vorkommen. Man muss jedoch auch an den Sonderfall einer einseitigen Nierenkrankheit denken. Dann sollten beide Kadavernieren getrennt untersucht werden.
e) In allen anderen Fällen muss eine Kombination von renalen und extrarenalen Ursachen vorliegen. Bei diesen Patienten ist die doppelte MMGFR größer als die GFR zu Lebzeiten.
f) Bei einer normalen MMGFR(1,73 m²/KOF) in Verbindung mit einer eingeschränkten GFR(1,73 m²/KOF) zu Lebzeiten war die Niereninsuffizienz das Symptom einer extrarenalen Krankheit mit eingeschränktem Herzzeitvolumen. Dann kann eine filtrative Nierenkrankheit nicht vorliegen. Der Patient war nierengesund. Vermutlich war er herz-, lungen- oder leberkrank.
g) Alle Krankheiten, die mit einem Rückgang des Herzzeitvolumens einhergehen, führen direkt zu einer sofortigen Verschlechterung der GFR. Die verschiedensten neurohumoralen Regelkreise können diesen Sachverhalt nur noch modulieren.
h) Vorgeschlagen wird der Quotient MMGFR/HZV als weitere Kennzahl. Je größer sie ist, desto gesünder ist die Niere oder desto kränker ist das Herz. Je kleiner sie ist, desto kränker ist die Niere oder desto gesünder ist das Herz.
157.) Die Niereninsuffizienz ist also ein Symptom zahlreicher intrarenaler und extrarenaler Krankheiten. Die klinische Vermutung einer Nierenkrankheit kann falsch sein. Beim metabolischen Syndrom können einerseits eine diabetische oder eine hypertensive Nephropathie oder aber andererseits auch eine koronare Herzkrankheit die GFR einschränken. "Die Nierenbiopsie stellt den Goldstandard für die Diagnostik der meisten Nierenkrankheiten dar" (Zitat: Bernd Grabensee: "Checkliste Nephrologie", Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1998, Seite 71). Regelmäßig wird gegen diesen Grundsatz verstoßen.
158.) Bernd Grabensee (a.a.O., Seite 33) bezeichnet die Paraaminohippursäure-Clearance als effektiven renalen Plasmafluss (ERPF) mit Normalwerten um 600 ml/min für den Standardmenschen. Dieser ERPF ist gleich dem effektiven renalen Blutfluss (ERBF) multipliziert mit (1 - Hämatokrit). "Durch Bestimmung der glomerulären Filtration und des renalen Plasmaflusses kann die Filtrationsfraktion errechnet werden." - Der Autor unterstellt, dass die Filtrationsfraktion FF der Quotient aus GFR und ERPF ist. Diese Behauptung wäre falsch, weil sich die PAH-Clearance additiv aus glomerulärer Filtration und tubulärer Sekretion zusammensetzt. Bernd Grabensee erkennt nicht, dass nur ein Teil des renalen Plasmaflusses die Podozyten (und damit auch die Glomerula) passiert. Es muss zwischen dem podozytären, dem glomerulären, dem nephronischen und dem renalen Plasmafluss unterschieden werden (siehe oben die Absätze 123, 124, 127, 132f, 146, 149, 150 und 152).
159.) "Renal Disease darf im vorliegenden Zusammenhang nicht mit Nierenkrankheit, sondern muss zwingend mit Niereninsuffizienz übersetzt werden. Es gibt etwa einhundert verschiedene Schätzformeln für die GFR. Davon fragen etwa zehn nach Cystatin C. Eine davon lautet einfach GFR = 80/Cys. Oft ist eine Herzkrankheit bei einer schweren Niereninsuffizienz nicht die Folge, sondern die Ursache des Nierenversagens. Bei nierengesunden Herzpatienten ist die GFR ein Maß für die Herzinsuffizienz und nicht für eine Nierenkrankheit. Das nennt man kardiorenales Syndrom. Bei nierengesunden Leberpatienten ist die GFR ein Maß für die Leberinsuffizienz und nicht für eine Nierenkrankheit. Das nennt man hepatorenales Syndrom. Das haben die Autoren nicht verstanden. Auch das gesündeste Herz kann nur das zur Verfügung stehende Blut pumpen. Auch die gesündeste Niere kann nur das zur Verfügung stehende Plasma klären. Nieren-, Herz-, Lungen- und Leberkrankheiten reduzieren das Herzzeitvolumen und damit den renalen Plasmafluss und damit die renale Clearance. So einfach ist das. Auch ein Klärwerk kann nur das zur Verfügung stehende Abwasser klären. Die Clearance ist definiert als das pro Zeiteinheit von einer Substanz befreite Flüssigkeitsvolumen. Je weniger Volumen, desto weniger Clearance. Und zwar unabhängig von der Qualität des Filters." Diesen Text veröffentlichte ich um 6:25 Uhr am 10.9.2013 in einem medizinischen Newsletter.
160.) Kommentar zum Heft 2/2013 von "NEFROcme - Fortbildungsperiodikum für Klinik und Praxis - Ein Fortbildungsservice von MEDICE" zum hepatorenalen Syndrom mit Beiträgen von Wilhelm Kroukis, Thomas Eisenhauer, Christoph C. Haufe und Jens-Gerd Scharf: Die Autoren haben das hepatorenale Syndrom nur teilweise verstanden. Bei schweren Leberkrankheiten sinkt das Herzzeitvolumen. Das bezeichnet man als Herzinsuffizienz auch dann, wenn das Herz gesund ist. Denn auch das gesündeste Herz kann nur das verfügbare Blut pumpen. Als Folge dieser Herzinsuffizienz sinken der renale Plasmafluss und als Folge davon die renale Clearance sowie die GFR. Denn die Clearance ist definiert als dasjenige Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit von einer Substanz befreit wird. Auch die gesündesten Nieren können nur das an den Podozyten ankommende Plasma klären. Auch das schwerste hepatorenale Syndrom kann also bei vollkommener Herz- und Nierengesundheit vorkommen. Die GFR ist dann also ein Maß für die Leberinsuffizienz und nicht für eine Herzkrankheit oder für eine Nierenkrankheit. - Wenn das Herzzeitvolumen sinkt, dann werden pro Zeiteinheit mehr Stoffwechselprodukte in jede Volumeneinheit des Blutplasmas abgegeben. Die Plasmakonzentration der harnpflichtigen Stoffe kann also bis zur dialysepflichtigen Urämie ansteigen, wohlgemerkt bei völlig gesunden Nieren und bei gesundem Herz. Eine Lebertranspantation sollte diese Niereninsuffizienz vollständig beseitigen können. Eine Nierentransplantation dagegen oder auch eine kombinierte Leber-Nieren-Transplantation sollten ebenso wenig wie eine Herztransplantation erwogen werden. Beim Herz- und Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Leberinsuffizienz. - Wenn die Autoren auf Seite 1 vom "Underfilling-Mechanismus", vom "zentralen Volumenmangel", von einer "zentralen Hypovolämie" (Seite 2), von einer "reversiblen Nierenfunktionsstörung" oder auf Seite 8 von einer "renalen Minderperfusion" und von einem "intravasalen Volumenmangel" sprechen, sind sie auf dem richtigen Weg. Jens-Gerd Scharf beschreibt auf Seite 10 im Expertenforum Nefrostar sogar richtig "eine Verschlechterung der kardialen Dysfunktion mit Reduktion des Cardiac Output mit Verminderung der renalen Perfusion". Eine "renale Vasokonstriktion" (Seite 1) oder als Gegenteil "die Summe der vasodilatatorisch wirkenden Substanzen" (Seite 8) können auf neurohumoralem Wege ("renale tubuläre Azidose") die von mir "beschriebenen pathophysiologischen Mechanismen, die einem hepatorenalen Syndrom zugrunde liegen," (Seite 10) nur modulieren, mitigieren oder moderieren, nicht aber erklären.
161. a) Wann hat ein Nierengesunder eine Niereninsuffizienz? Für eine verschlechterte Filterleistung gibt es drei Ursachen: verstopfter Zufluss, verstopfter Filter, verstopfter Abfluss. Für eine verschlechterte Nierenfunktion gibt es drei Ursachen: Zuflussverminderungen, Nierenkrankheiten, Abflusshindernisse. Die endogene Kreatinin-Clearance und damit die Glomeruläre Filtrationsrate können zwischen diesen drei Ursachen nicht unterscheiden.
Jede Zuflussverminderung verkleinert die GFR.
Viele Nierenkrankheiten verkleinern die GFR.
Mehrere Abflusshindernisse verkleinern die GFR.
b) Beim kardiorenalen Syndrom kommt es zur Niereninsuffizienz. Unabhängig vom Vorliegen einer Nierenkrankheit kann eine Herzkrankheit das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion verkleinern. Der renale Plasmafluss und damit die renale Clearance sinken.
c) Beim pulmorenalen Syndrom kommt es zur Niereninsuffizienz. Unabhängig vom Vorliegen einer Nierenkrankheit kann eine Lungenkrankheit das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion verkleinern. Der renale Plasmafluss und damit die renale Clearance sinken. Die Wortschöpfungen pulmorenal, pneumorenal oder besser pulmonorenal stammen von mir.
d) Beim hepatorenalen Syndrom kommt es zur Niereninsuffizienz. Unabhängig vom Vorliegen einer Nierenkrankheit kann eine Leberkrankheit das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion verkleinern. Der renale Plasmafluss und damit die renale Clearance sinken.
e) Beim urorenalen Syndrom kommt es zur Niereninsuffizienz. Unabhängig vom Vorliegen einer Nierenkrankheit kann eine Harnwegserkrankung die renale Perfusion verkleinern. Der renale Plasmafluss und damit die renale Clearance sinken. Die Wortschöpfungen urorenal oder besser urogenitorenal stammen von mir. Hier handelt es sich um Abflusshindernisse; sowohl die Harnwege wie auch die Nierenvene können betroffen sein.
f) Beim renorenalen Syndrom kommt es zur Niereninsuffizienz. Bei Vorliegen einer Nierenkrankheit sinken die renale Perfusion und damit der renale Plasmafluss und die renale Clearance. Die Wortschöpfungen renorenal oder nephrorenal stammen von mir.
162. a) Wenn man von den neurohumoralen Regelkreisen abstrahiert, gelten die folgenden Zusammenhänge: Die renale Perfusion ist proportional zum Herzzeitvolumen. Der renale Plasmafluss ist proportional zur renalen Perfusion. Die renale Clearance ist proportional zum renalen Plasmafluss. Im Ergebnis ist die Glomeruläre Filtrationsrate GFR also proportional zum Herzzeitvoluemn HZV. Der Quotient GFR/HZV ist also eine Konstante. Diese individuelle Konstante ändert sich langfristig im Alterungsprozess, mittelfristig bei zahlreichen Krankheiten und kurzfristig bei körperlicher Belastung.
b) Bei körperlicher Belastung kommt es zu einer inversen Proportionalität. Je größer die Belastung, desto kleiner die renale Clearance. Die körperliche Belastung wird im internationalen Schrifttum als physical working capacity PWC bezeichnet. Das Produkt aus GFR und PWC ist also annähernd konstant. Also könnte man auch den Term K = GFR x PWC/HZV als eine individuelle belastungsunabhängige Konstante ansehen. Hier spielen auch neurohumorale Regelkreise eine Rolle.
c) Aus nephrologischer Sicht muss jetzt K = GFR x PWC/HZV optimiert werden. Dabei müssen sowohl physikalische (hydraulische) als auch physiologische (neurohumorale) Gesetzmäßigkeiten (Regelkreise) berücksichtigt werden. Das Optimum ist hier keinesfalls das Maximum. Nur wenn HZV und PWC als gegeben angesehen werden, fällt das Optimum von K meistens mit dem Maximum von GFR zusammen.
d) Die Nebenbedingung einer Konstanz von HZV und PWC ist im täglichen Leben jedoch nicht realistisch. Der Nephrologe muss also immer das Zusammenspiel von PWC, HZV und GFR berücksichtigen. Bei der Optimierung von K muss jeder der drei Faktoren optimiert werden. Dabei sind die zahlreichen Interdependenzen zu berücksichtigen. Hier muss weiter geforscht werden.
163.) Leonie Großekettler und Vedat Schwenger ("Peritonealdialyse - Behandlung bei Herzinsuffizienz", in: "Dialyse aktuell", Jahrgang 17, Georg Thieme Verlag, Heft 6/2013, Seiten 304 bis 309) haben vermutlich nicht verstanden,
a) dass beim kardiorenalen Syndrom "eine konsekutive renale Schädigung" (Seite 305) in der Regel nicht vorliegt,
b) dass beim kardiorenalen Syndrom die renale Dekompensation (Seite 305) meistens die Folge der kardialen Dekompensation ist,
c) dass beim kardiorenalen Syndrom "eine umfassende nephrologische Abklärung" (Seite 305) in der Regel nicht erforderlich ist,
d) dass "die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren" (Seite 304) primär das Herz und nicht die Nieren betreffen,
e) dass eine kardiale Dekompensation mit einem "verminderten Herzzeitvolumen" (Seite 304) regelhaft zur "renalen Dekompensation" (Seite 305) führt,
f) dass das englische Wort disease im Deutschen sowohl Krankheit wie auch Insuffizienz bedeuten kann,
g) dass es sich im Gegensatz zu einer "komplexen Pathophysiologie" (Seite 304) um eine ganz einfache Pathophysiologie handelt,
h) dass auch die gesündesten Nieren nur das an den Podozyten ankommende Plasma klären oder filtrieren können,
i) dass also auch Nierengesunde eine terminale Niereninsuffizienz mit Urämie und Dialysepflicht entwickeln können,
j) dass bei nierengesunden Herzpatienten verschiedene "Nierenersatzverfahren" (Seite 307) indiziert sein können,
k) "dass eine additive Nierenersatztherapie beim kardiorenalen Syndrom" (Seite 307) vom Kardiologen zu verantworten ist,
l) dass auch eine terminale Niereninsuffizienz im Rahmen eines kardiorenalen Syndroms in der Regel reversibel ist,
m) dass also auch Nierengesunde von "einem akuten Nierenversagen" (Seite 305) betroffen sein können und
n) dass die GFR bei nierengesunden Herzpatienten ein Maß für die Herzinsuffizienz und nicht für eine Nierenkrankheit ist.
164. a) Auch der beste Filter filtert nicht, wenn Zu- oder Abfluss verstopft sind. Auch das beste Klärwerk klärt nur das zur Verfügung stehende Abwasser. Vor Inbetriebnahme haben alle Filter und alle Klärwerke eine Clearance von null. Im regenarmen Sommer ist die Clearance bei Sonnenschein kleiner als bei Regenwetter im Herbst mit einem großen Abwasservolumen.
b) Auch die gesündeste Spenderniere hat zwischen Ex- und Implantation eine GFR = 0 ml/min und bekommt beim Empfänger (unabhängig von der Spender-GFR) eine neue GFR. Die Spenderniere kann beim Empfänger eine größere GFR als vorher beim Spender haben, wenn der Empfänger ein größeres Herzzeitvolumen als der Spender hat. Außerdem muss die Spenderniere beim Empfänger die Funktion von zwei kranken Nieren übernehmen; auch dadurch vergrößert sich die GFR der Spenderniere. Ein Transportschaden der Spenderniere kann durch mehrere Maßnahmen minimiert werden.
165.) The perception that renal insufficiency is only a kidney illness is a misconception that affects the understanding of nephrology and the diagnosis of glomerulopathy.
166. a) Wichtig sind korrekte Begriffe.
Es gibt Nierenkrankheiten ohne eine Niereninsuffizienz.
Es gibt Nierenkrankheiten mit einer Niereninsuffizienz.
Es gibt eine Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheiten.
Es gibt eine Niereninsuffizienz mit einer Nierenkrankheit.
Analog gibt es Herzkrankheiten ohne Herzinsuffizienz und Herzinsuffizienz ohne Herzkrankheiten, Lungenkrankheiten ohne Lungeninsuffizienz und Lungeninsuffizienz ohne Lungenkrankheiten sowie Leberkrankheiten ohne Leberinsuffizienz und Leberinsuffizienz ohne Leberkrankheiten.
b) Man muss also streng zwischen Krankheit und Insuffizienz unterscheiden. Beide Begriffe sind gleichberechtigt; es gibt keine Über- oder Unterordnung. Wichtig ist der Hinweis, ob eine Nierenkrankheit ursächlich für eine vorliegende Niereninsuffizienz ist. Außerdem ist der Hinweis wichtig, ob eine beiderseitige Nierenkrankheit vorliegt. Einseitige Nierenkrankheiten können einseitige Niereninsuffizienzen verursachen. Die andere gesunde Niere kann diese Insuffizienz kompensieren, aber nicht beheben.
c) Statt Niereninsuffizienz könnte man auch sagen: Nierenfunktionseinschränkung, Nierenfunktionsstörung, renale Beeinträchtigung, renale Funktionseinbuße, renal insufficiency, kidney insufficiency, renal impairment, kidney impairment, renal disorder, kidney disorder.
d) Statt Nierenkrankheit könnte man auch sagen: Nierenleiden, Nephrose, Nierenerkrankung, Nephropathie, Glomerulopathie, Nierenschaden, Nierenfilterschaden, Nierenbeschädigung, Nierenschädigung, Nierenverletzung, Podozytopathie, renal damage, kidney damage, renal illness, kidney illness, kidney injury, glomerulopathy.
e) Zweideutig wären zum Beispiel: Nierenversagen, Nierenausfall, Nierenfunktionsverlust, Nierenproblem, Nierenveränderung, Nephrotisches Syndrom, Filtrationsschwäche, Urämie, Harnvergiftung, renal disease, kidney disease.
f) Wikipedia definiert "Krankheit ist die Störung der Funktion eines Organs". Dann gibt es also auch im Deutschen (wie im Englischen bei disease) zwei verschiedene Krankheitsbegriffe. Die eigentliche Organkrankheit muss von der Funktionsstörung unterschieden werden. Auch die gesündeste Niere funktioniert bei einem Plasmamangel nur eingeschränkt, also gestört. In der Nephrologie darf eine solche Funktionsstörung nicht als Nierenkrankheit bezeichnet werden. In der Nephrologie muss immer streng zwischen Nephropathie und Niereninsuffizienz unterschieden werden. Zweideutige Begriffe sind zu vermeiden.
g) Diesbezüglich kann man die Niere mit einer Hand vergleichen. Eine Hand arbeitet entweder viel oder wenig. Auch mit mehreren Handkrankheiten kann eine Hand oft noch gut arbeiten. Wenn die Hand aber schlecht arbeitet, kann das an einer Handkrankheit liegen. Es kann aber auch andere Ursachen haben. Wenn die Ursache der Funktionseinschränkung eindeutig zum Beispiel nach einem Schlaganfall außerhalb der Hand liegt, dann ist jede diagnostische Untersuchung einer beeinträchtigten Hand überflüssig. Wenn die gesunde Hand eines faulen Spenders einen aktiven Empfänger bekommt, leistet sie nach der Transplantation mehr als vorher. Im wirklichen Leben wird die obere Leistungsgrenze einer Hand nie erreicht. Die Einzelleistungen beider Hände werden zu einer Gesamtleistung addiert. Eine Kunsthand könnte man als Handersatztherapie bezeichnen.
167. a) Am 27. und 28. September 2013 besuchte ich die "6. Düsseldorfer Nieren- und Hochdrucktage". Am 28.9.2013 fragte ich das Auditorium: "Herzinsuffizienz macht Niereninsuffizienz. Das Herzzeitvolumen verkleinert sich, die renale Perfusion verkleinert sich, der renale Plasmafluss verkleinert sich, die renale Clearance verkleinert sich, die glomeruläre Filtrationsrate verkleinert sich, die Urämie steigt an. Warum wird nicht bei jeder Echokardiographie automatisch das Herzzeitminutenvolumen mitbestimmt? Man kann beim Quotienten GFR/HZV die Einheiten ml/min in Zähler und Nenner bequem kürzen." - Es antwortete der Referent Felix Mahfoud, dass die Bestimmung zu ungenau sei, weil auch die Vorlast das Herzzeitvolumen beeinflusse. - Man könnte es doch wenigstens einmal versuchen. Alle biologischen Messungen oder Berechnungen sind ungenau. - Auch Felix Mahfoud verwendete in seinem Vortrag die falsche Nierenfunktionseinheit.
b) Einem Nephrologen gegenüber stellte ich die folgende Behauptung auf: Es ist ganz einfach herauszufinden, ob ein Herzkranker nierenkrank oder nierengesund ist. Man dividiert seine GFR durch sein HZV und vergleicht diesen Quotienten mit dem Quotienten einer gleich alten, gleich großen und gleich schweren gesunden Kontrollperson gleichen Geschlechts. Je weniger sich diese beiden Quotienten unterscheiden, desto nierengesünder ist der Patient. Die Abweichung des Patientenquotienten vom Normalquotienten ist ein Maß für die Schwere der Nierenkrankheit. - Der Nephrologe empfahl mir, mich an den Veranstalter Lars Christian Rump zu wenden.
168.) Beim Kauf eines industriellen Filters wird man nach der gewünschten maximal erforderlichen Filterleistung gefragt. Im täglichen Betrieb wird dieses Maximum vielleicht nie erreicht werden. Analog zeigt eine aktuell bestimmte GFR den Ist-Zustand und nicht ein mögliches Maximum an. Eine niedrige Filtrationsrate liegt in erster Linie an einer geringen Inanspruchnahme und nicht an einer Fehlfunktion.
169. a) Die Firma Fresenius Medical Care Deutschland GmbH verteilt ein "Schulungsprogramm für Patienten" und offenbar auch für Ärzte mit dem Titel "Kidney Options - Therapiemöglichkeiten bei chronischem Nierenversagen". Abgesehen von zahlreichen Fehlern bei Orthographie und Interpunktion fällt der folgende entlarvende Satz auf: "Leider kann in manchen Fällen die genaue Ursache für die vorliegende Nierenkrankheit nicht festgestellt werden." Glücklicherweise liegt dann in manchen Fällen vielleicht gar keine Nierenkrankheit vor! Auch kranke Herzen, Lungen und Lebern können ein Nierenversagen hervorrufen. "Bei bestimmten Krankheiten ist die Transplantation keine Option." Eine Transplantation von Herz, Lungen oder Leber wäre bei nierengesunden Nierendialysepatienten vielleicht doch eine Option. Warum werden die Patienten und Ärzte durch dieses Schulungsprogramm verwirrt? Warum wird nicht an das kardiorenale, an das hepatorenale und an das pulmorenale Syndrom gedacht?
b) Fahrlässig werden auch in der FMC-Broschüre "Kidney Options: Informationen für Patienten: Wenn Nieren versagen: Therapiemöglichkeiten bei chronischem Nierenversagen" die Begriffe Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit regelmäßig synonym verwendet. Im persönlichen Gespräch erklärte mir ein Firmenmitarbeiter auf der Industrieausstellung in Düsseldorf (siehe oben Absatz 167) am 28.9.2013 diesen Fehler mit neuen Erkenntnissen zum kardiorenalen Syndrom, die dem Autor noch nicht zur Verfügung standen. Der Clearance-Begriff wird bald einhundert Jahre alt. Fresenius ist zweimal im DAX enthalten.
c) In der FMC-Broschüre "Akutes Nierenversagen: Die Behandlung des akuten Nierenversagens mit kontinuierlichen Nierenersatzverfahren" wird auf Seite 4 dagegen richtig erwähnt, dass das akute Nierenversagen "bei Patienten auf der Intensivstation in der Mehrzahl der Fälle eine vom Organ Niere selbst unabhängige Ursache hat." Auf Seite 8 fehlen in der Tabelle 1b bei den extrarenalen Indikationen zur kontinuierlichen Hämofiltration allerdings die Herzinsuffizienz, die Leberinsuffizienz und die Lungeninsuffizienz; einzig das Adult (korrekt: Acute) Respiratory Distress (deutsch: Dysstress, Disstress) Syndrome (abgekürzt: ARDS) wird erwähnt. Das Indikationenspektrum für eine Nierenersatztherapie ist also deutlich größer als der Marktführer glaubt.
d) In der FMC-Broschüre "Die Therapie des kardiorenalen Syndroms" wird definiert: "Ein kardiorenales Syndrom ist eine gleichzeitige Funktionseinschränkung (Sic! Gemeint ist: Einschränkung) von kardialer und renaler Funktion, bei der Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz eng miteinander verknüpft sind und die Schädigung des einen Organs zur Beeinträchtigung des anderen Organs führen kann." Eine Herzschädigung führt direkt zur Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Eine Nierenschädigung führt nur indirekt zur Beeinträchtigung der Herzfunktion.
170.) Reinhard Richard Brunkhorst (siehe oben die Absätze 13, 61 und 71) verwendet auf Seite 12 die falsche und dann auf Seite 46 unsystematisch die richtige Nierenfunktionseinheit (Quelle: Reinhard Richard Brunkhorst und Markus Ketteler: "Hyperphosphatämie bei chronischen Nierenerkrankungen", Uni-Med Verlag AG, Bremen, London, Boston, 1. Auflage, Bremen 2010). Außerdem verwechselt er offenbar durchgängig die Nierenerkrankungen mit der Niereninsuffizienz.
171.) Ulrike Kriegel und Nathalie Blanck ("Leben mit chronischem Nierenversagen", 1. Auflage, Grünwald März 2011, Börm Bruckmeier Verlag GmbH) verwirren ihre Leser. Auf Seite 4 wird chronisches Nierenversagen fälschlich als eine Erkrankung und nicht als ein Symptom einer Erkrankung bezeichnet. Richtig wird auf Seite 8 die Niere als die Kläranlage des Körpers bezeichnet. Besonders gut (wenn auch sprachlich missraten) ist der gewählte Singular; denn beide Nieren bilden zwei verschiedene Klärwerke. Auf Seite 12 wird das Nierenversagen ebenfalls richtig als Verlust der Nierenfunktion bezeichnet. Richtig ist auch auf Seite 14 der Satz "Das prärenale Nierenversagen gehört zu den häufigsten Formen des akuten Nierenversagens." Falsch ist dagegen auf Seite 16 die Behauptung, dass "das chronische Nierenversagen nicht rückgängig gemacht werden" könne. Falsch sind auch die Definitionen der GFR auf den Seiten 19 und 68 ("wie viel Harn von allen Nierenkörperchen beider Nieren in einer bestimmten Zeit filtriert wird") und der Kreatinin-Clearance auf Seite 26 ("wie viel die Nieren vom Abfallstoff Kreatinin ausscheiden können").
172.) Denkbar ist sogar die folgende Situation beim kardiorenalen Syndrom. Herz und Nieren sind völlig gesund. Wenn eine Lungenkrankheit die Lungenperfusion reduziert, dann kann das Herz nur das ankommende Blut pumpen und die Nieren können nur das ankommende Blut filtrieren. Die Lungenkrankheit reduziert also das Herzzeitvolumen. Diese Reduktion des Herzzeitvolumens führt unmittelbar zu einer Verkleinerung der renalen Perfusion und damit der GFR. Das nenne ich das pulmorenale Syndrom. Also ist eine Nierendialyse denkbar, wenn Herz und Nieren völlig gesund sind. Dann wären sowohl eine Nierentransplantation wie auch eine Herztransplantation kontraindiziert. Bei diesem Spezialfall des kardiorenalen Syndroms muss man in schweren Fällen an eine Lungentransplantation denken. Die Therapie der Niereninsuffizienz beim pulmorenalen Syndrom fällt also in die Hände des Lungenfacharztes.
173.) Analog ist die Situation beim hepatorenalen Syndrom. Herz, Nieren und Lungen können völlig gesund sein. Wenn eine Leberkrankheit die Leberperfusion reduziert, dann kann das Herz nur das ankommende Blut pumpen und die Nieren können nur das ankommende Plasma klären. Die Leberkrankheit reduziert also das Herzzeitvolumen. Diese Reduktion des Herzzeitvolumens führt unmittelbar zu einer Verkleinerung der renalen Perfusion und damit der GFR. Das wird als hepatorenales Syndrom bezeichnet. Also ist eine Nierendialyse denkbar, wenn Herz und Nieren völlig gesund sind. Dann wären eine Nierentransplantation, eine Herztransplantation und eine Lungentransplantation kontraindiziert. Bei schweren Fällen des hepatorenalen Syndroms muss man an eine Lebertransplantation denken. Die Therapie der Niereninsuffizienz beim hepatorenalen Syndrom fällt also in die Hände des Hepatologen.
174. a) Fresenius Medical Care definiert Kt/V wie folgt: "Das Kt/V entspricht der Dialysedosis der aktuellen Behandlung.
K = Clearance - Blutfluss, der pro Zeiteinheit vollständig von Harnstoff befreit wird.
t = die effektive Dialysezeit
V = das Verteilungsvolumen von Harnstoff
Die Aussagequalität von Kt/V hängt von der Genauigkeit der Einzelparameter ab, d. h. vor allem von der Genauigkeit des eingegebenen Harnstoff-Verteilungsvolumens V. Die Genauigkeit von V liegt in der Verantwortung des behandelnden Arztes. Ist kein gültiger Wert für V vorhanden (weder direkt eingegeben noch aus den Patientendaten berechnet), wird Kt anstelle von Kt/V berechnet und angezeigt.
Die Clearance (K) (in ml/min) entspricht der mittleren effektiven Clearance für Harnstoff. Dies beschreibt den Anteil des Blutflusses, der vollständig von Harnstoff befreit wird." Quelle: Fresenius Medical Care (5008 OP-DE 10/06.12, Seite 4-1, Beschreibung 4.4.17.2, Begriffserklärungen).
b) Diese Definitionen müssen erklärt werden.
c) Die Begriffe "Zeiteinheit" und "Dialysezeit" sind Synonyme.
d) Mit "Blutfluss" ist offenbar das Blutplasmavolumen gemeint.
e) Kt/V hat keine Einheit, wenn K in ml/min, t in min und V in ml angegeben werden.
f) Bei drei Dialysetagen pro Kalenderwoche werden die drei Einzelwerte addiert.
g) Der Ersatzparameter Kt hat die Einheit ml.
h) Kt ist das wöchentlich von Harnstoff befreite Plasmavolumen.
i) Außerdem wird am angegebenen Ort auch der Hämatokrit definiert: "Hkt - Prozentualer Anteil des Volumens der roten Blutkörperchen am Gesamtblut." Diese Definition ist unvollständig. Gemeint sind die festen Blutbestandteile.
j) Das Produkt aus Blutfluss und (1 minus Hkt) ist der Plasmafluss.
k) Das Produkt aus Gesamtblut und (1 - Hkt) ist das Plasmavolumen.
175.) Offenbar bin ich auch der Erstbeschreiber des Konzepts der extrarenalen Syndrome. Unter einem extrarenalen Syndrom verstehe ich die Verschlechterung der GFR durch extrarenale Ursachen. Seit Jahrzehnten suchen die Nephrologen die Ursache der Niereninsuffizienz in pathologischen Nierenveränderungen. Oft finden sie keine Ursache oder aber eine unwichtige Ursache, die das oft erhebliche Ausmaß der Niereninsuffizienz nicht erklären kann. Diese Forscher haben das Konzept der Clearance nicht verstanden. Sie haben nicht verstanden, dass Krankheiten von Herz, Lungen und Leber die Nierendurchblutung und damit die Clearance verkleinern können. Auch die gesündeste Niere kann nur das an den Podozyten ankommende Plasma klären. Und diese Klärung ist die Glomeruläre Filtrationsrate. Im folgenden Absatz beschreibe ich den unvollständigen Gedankengang, den die beiden Autoren Michael Böhm und Erland Erdmann richtig begonnen, aber nicht beendet haben.
176. a) Michael Böhm und Erland Erdmann ("Pathophysiologie der chronischen Herzinsuffizienz", in: Erland Erdmann: "Klinische Kardiologie", 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2000, Seiten 545 bis 595) schreiben auf Seite 590 richtig: "Von der peripheren Durchblutungsreduktion werden in erster Linie die Nieren ... betroffen. ... Die Abnahme der Nierendurchblutung führt zu einer Abnahme des Glomerulumfiltrates, weniger stark zur Verminderung des renalen Plasmaflusses. Dementsprechend nimmt die Filtrationsfraktion ab."
b) Die periphere Durchblutung entspricht in ihrer Summe dem Herzzeitvolumen HZV. Das Glomerulumfiltrat entspricht der glomerulären Filtrationsrate GFR. Der renale Plasmafluss wird mit RPF abgekürzt. Die Filtrationsfraktion FF ist der Quotient GFR/RPF (siehe oben Absatz 117e).
c) Die beiden Autoren erkennen richtig, dass jede Reduktion des HZV automatisch die GFR verkleinert. Dieser Zusammenhang ist das kardiorenale Syndrom. Von diesem Effekt sind auch die gesündesten Nieren betroffen. Die Verschlechterung der GFR ist also ein Maß für die Herzinsuffizienz und nicht für eine Nierenkrankheit. Im Zweifel ist der Patient nierengesund. Trotzdem kann eine Nierenersatztherapie erforderlich werden.
d) Die beiden Autoren erkennen richtig, dass sich die FF verkleinert, wenn sich die GFR stärker als der RPF verkleinert.
e) Auf Seite 638 ("Therapie der chronischen Herzinsuffizienz", Seiten 611 bis 690) beschreiben Michael Böhm und Erland Erdmann den Zusammenhang des kardiorenalen Syndroms in der Abbildung 31-14 nur unvollständig: Herzinsuffizienz > Abnahme des Herzzeitvolumens > Abnahme des Effektiven arteriellen Blutvolumens > Abnahme der Nierendurchblutung.
f) Die Abnahme der Nierendurchblutung führt zu einer Abnahme des renalen Plasmaflusses, zu einer Reduktion der renalen Clearance und damit zu einer Verschlechterung der GFR. Die Abnahme des effektiven arteriellen Blutvolumens führt zusätzlich zu einem Konzentrationsanstieg der harnpflichtigen Substanzen, weil sich deren Masse auf weniger Volumen verteilt. Des weiteren hat eine Abnahme der Fließgeschwindigkeit des Blutes den selben Effekt. So kommt es zur Urämie.
177. a) Zur Beurteilung der extrarenalen Syndrome ist die Kenntnis des Herzzeitvolumens zwingend erforderlich. Bei jeder Echokardiographie sollte also das HZV immer mit bestimmt werden. Die in der Fachliteratur angegebenen Formeln für das HZV sind meistens falsch. Richtig lautet die Formel
HZV = VTI x A x HF
HZV ist das Herzzeitvolumen mit der Einheit ml/min.
VTI ist das Geschwindigkeits-Zeit-Integral (velocity time integral) mit der Einheit cm. Es ist das Integral der Flussgeschwindigkeit über die Austreibungszeit. Die Geschwindigkeit wird in cm/sec und die Zeit wird in Sekunden gemessen. Das Integral hat also die Einheit cm. Denn das Integral ist definiert als Fläche unter der Kurve und berechnet sich als Produkt von Ordinate und Abszisse.
A ist die durchströmte Querschnittsfläche mit der Einheit cm². A berechnet sich nach der Kreisformel A = pi r².
r ist der Radius des linksventrikulären Ausflusstraktes LVOT (left ventricular outflow tract). Es gilt 2r = LVOT
LVOT kann im 2D-Bild ausgemessen werden.
HF ist die Herzfrequenz mit der Einheit 1/min.
Also lautet die Formel für das Herzzeitvolumen
HZV = VTI x pi x LVOT² x HF x 1/4 = 0,7854 x VTI x LVOT² x HF mit der Einheit ml/min.
b) Ekkehart Köhler ("Klinische Echokardiographie", 2. Auflage, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1989, Seite 128) verwendet für das Durchflussvolumen Q = VTI x A die falsche Einheit cm³/sec. Richtig wäre cm³=ml. Sein Rechenbeispiel auf Seite 129 ist jedoch korrekt.
c) Bei Wikipedia findet sich unter dem Stichwort Herzminutenvolumen die richtige Formel. Die Erklärung ist jedoch fehlerhaft. So wird die Kreisformel zum Beispiel mit der Kreisfläche verwechselt. Das Herzzeitvolumen mit der Einheit ml/min (wie bei der GFR) ist das Produkt aus Fläche, Integral und Puls. Das Produkt aus Fläche und Integral ist das Durchflussvolumen. Das HZV ist also das Produkt aus Durchflussvolumen und Herzfrequenz.
d) Als Alternative zur echokardiographischen Bestimmung des Herzzeitvolumens HZV steht die lungenperfusionsszintigraphische Bestimmung des identischen Lungenzeitvolumens LZV zur Verfügung. Siehe unten Abatz 179.
e) Eine zweite Formel für das Herzzeitvolumen HZV lautet:
HZV = EDV x EF x HF
mit
EDV = enddiastolisches Füllungs-Volumen des linken Ventrikels,
EF = Ejektionsfraktion (wird bei jeder Echokardiographie routinemäßig bestimmt),
HF = Herzfrequenz oder Puls.
Bei Links-rechts-Shunts, bei Mitral- oder Aortenklappenfehlern, bei arterieller Hypertonie und bei den diversen Kardiomyopathien ist die Ejektionsfraktion reduziert. Eine kleine Ejektionsfraktion kann jedoch durch ein großes Füllungsvolumen oder durch eine hohe Herzfrequenz kompensiert werden. Bei Vitien oder Shunts kommt es zu einem Rückflussvolumen RF in die linke Herzkammer. Jetzt lautet die Formel für das Herzzeitvolumen:
HZV = (EDV x EF x HF) - (RF x HF) = HF (EDV x EF - RF).
Auch mit diesen Formeln hat das Herzzeitvolumen die Einheit ml/min.
f) Wenn die Kardiologen vom Schlagvolumen als Differenz zwischen dem enddiastolischen und dem endsystolischen Füllungsvolumen sprechen, sollten sie jeweils definieren, ob der Saldo der Rückflussvolumina berücksichtigt wird oder nicht.
178. a) Bedingt durch die Anatomie ist das Lungenzeitvolumen gleich dem Herzzeitvolumen; denn der große Kreislauf und der kleine Kreislauf sind in Reihe geschaltet. Und das Aortenzeitvolumen (am Anfang der Aorta) ist ebenfalls gleich dem Herzzeitvolumen. Das Leberzeitvolumen ist ein Bruchteil des Lungenzeitvolumens. Das Nierenzeitvolumen ist ein Bruchteil (rechts und links jeweils etwa ein Zehntel) des Aortenzeitvolumens.
b) Perfusionsstörungen von Herz und Lungen wirken sich also deutlich stärker auf die renale Perfusion aus als Leberfunktionsstörungen.
c) Ödeme, Aszites und Anasarka verringern das Blutvolumen und behindern mechanisch die Perfusion aller Organe. Die Fließgeschwindigkeit des Blutes sinkt. Dadurch stehen mehr Zeit und weniger Volumen für die Abgabe der harnpflichtigen Stoffe in das Blut zur Verfügung; die Plasmakonzentrationen steigen also an. Außerdem ist eine renale Minderperfusion identisch mit einer Annahme der endogenen Kreatinin-Clearance. Denn jedes Kreatinin-Molekül, welches an den Podozyten ankommt, wird von ihnen auch zuverlässig filtriert.
d) Diese beiden Prinzipien werden von den unterschiedlichen Schätzformeln für die GFR berücksichtigt. Die Clearance-Formeln verkleinern die GFR, weil die ansteigenden Schadstoffkonzentrationen im Nenner stehen. Das Clearance-Konzept verkleinert die GFR, wenn sich im Zähler das Plasmavolumen reduziert.
e) Diese beiden Prinzipien wirken grundsätzlich additiv. Ein reduziertes Herzzeitvolumen erhöht die Plasmakonzentrationen und verkleinert die Podozytenfiltrationen. Man kann das als Circulus vitiosus ansehen. Veränderungen des HZV erklären also bei den extrarenalen Syndromen die gleichsinnigen Veränderungen der GFR. Neben dem kardiorenalen Syndrom, dem pulmorenalen Syndrom und dem hepatorenalen Syndrom dürfte es noch weitere extrarenale Syndrome geben.
f) Neurohumorale Regelkreise können diesen Sachverhalt nur modulieren. Ebenso können extrarenale Syndrome die Nieren schädigen. Dann könnte man vom renorenalen Syndrom sprechen. Auch dieses renorenale Syndrom kann den von mir beschriebenen Sachverhalt nur noch modulieren.
g) Die pathophysiologische Forschung in der Nephrologie sollte interdisziplinärer werden. Wo keine Nierenkrankheiten sind, wird man auch keine finden. Dann ist die GFR ein Maß für die Schwere der extrarenalen Insuffizienzen.
h) Jeder Nierenpatient hat das Recht, die tatsächliche Ursache seiner Niereninsuffizienz zu erfahren. Die fünf Stadien der Niereninsuffizienz müssen also immer mit der pathophysiologischen Ursache kombiniert werden. Wenn keine Nierenkrankheit den Abfall der GFR erklären kann, muss man an extrarenale Ursachen denken.
i) Gegen mein Konzept der extrarenalen Syndrome könnte man einwenden, der Volumenverlust durch Ödeme, Aszites und Anasarka bei Herz-, Lungen- und Leberkrankheiten sei viel zu klein im Vergleich zum täglichen Herzzeitvolumen, um sich nennenswert auswirken zu können. Dieser Einwand wäre nicht stichhaltig. Jede Volumenverschiebung in den Extravasalraum verkleinert das HZV und damit die GFR. Außerdem behindert sie die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Alle Reduktionen des Blutvolumens und der Blutgeschwindigkeit erhöhen automatisch die Plasmakonzentrationen der harnpflichtigen Substanzen.
179. a) Offenbar bin ich der Erstbeschreiber des pulmorenalen Syndroms im Sinne einer Niereninsuffizienz bei nierengesunden Lungenpatienten. Siehe oben die Absätze 161c, 169a, 172 und 178e. Perfusionsstörungen der Lungen verkleinern das Lungenzeitvolumen und damit das identische Herzzeitvolumen und damit automatisch die GFR auch dann, wenn Herz und Nieren völlig gesund sind. Das Herzzeitvolumen HZV ist also identisch mit dem Lungenzeitvolumen LZV; Ausnahmen kommen bei Löchern in der Herzscheidewand und bei Lungenblutungen vor. Bei nieren-, leber- und herzgesunden Lungenpatienten ist die GFR ein Maß für die Schwere der Lungenperfusionsstörungen.
b) Die Nuklearmediziner können das Ventilations-Perfusions-Verhältnis V/Q berechnen. Dieses Verhältnis wird von fast allen Lungenkrankheiten beeinflusst. Korrekt müssen über den beiden Großbuchstaben Punkte angebracht werden, um anzuzeigen, dass es sich jeweils um die erste Ableitung des Flusses nach der Zeit handelt. Noch korrekter wäre die Schreibweise V(t)/Q(t) auch jeweils mit Punkten über den beiden Großbuchstaben. In der Differentialrechnung bildet man den dimensionslosen Quotienten aus dV/dt und dQ/dt.
c) Annähernd ist das der Quotient V/Q, wobei V die Lungenventilation und Q die Lungenperfusion sind. V heißt auch Atemzeitvolumen AZV und ist das Produkt aus dem Atemzugvolumen AV und der Atmungsfrequenz AF. Das Ruheatemzugvolumen heißt auch Tidalvolumen VT und wird spirometrisch ermittelt. Das Lungenzeitvolumen LZV oder Q ist identisch mit dem Herzzeitvolumen HZV; es berechnet sich als Produkt von Herzschlagvolumen HV (kurz: Schlagvolumen) und Herzfrequenz HF. Szintigraphisch kann man V mit einer Inhalations-Lungenszintigraphie und Q mit einer Perfusions-Lungenszintigraphie (besser: Lungenperfusionsszintigraphie im Gegensatz zur Lungenventilationsszintigraphie) unabhängig voneinander bestimmen. Die Einheit von V und Q ist jeweils ml/min.
V/Q = AZV/HZV = (AV x AF)/HZV = (AV x AF)/(HV x HF) = AVAF : HVHF.
d) Die Suchmaschine DuckDuckGo findet am 7.10.2013 zum Suchbegriff "pulmorenal" insgesamt 27 Belege (darunter auch meine vorliegende Website). Offenbar handelt sich dabei ausschließlich um Patienten mit Lungen- und Nierenkrankheiten. Zum Beispiel kann die Autoimmunkrankheit "Mikroskopische Polyangiitis" (MPA) Vaskulitiden sowohl in den Lungen als auch in den Nieren verursachen. Lungenblutungen können eine Glomerulonephritis verursachen. Wenn Lungen und Nieren erkrankt sind, stellt sich die Frage, ob ein pulmorenales oder aber ein renopulmonales Syndrom vorliegt. In der englischen Wikipedia gibt es das Stichwort "Pulmonary-renal syndrome"; dort werden die Wegenersche Granulomatose, der systemische Lupus erythematodes, das Goodpasture-Syndrom und die Mikroskopische Polyangiitis als Autoimmunkrankheiten mit Lungen- und Nierenbeteiligung genannt.
e) Offenbar sind alle Lungenkrankheiten mehr oder weniger vom pulmorenalen Syndrom betroffen. Zumindest bei den Lungenkrankheiten mit Perfusionsstörungen verringern sich das Herzzeitvolumen und damit die GFR. Wenn alle anderen Organe mit Ausnahme der Lungen gesund sind, dann ist die GFR ein Maß für die Schwere der Lungenkrankheit.
f) Die Suchmaschine Bing liefert am 8.10.2013 fünfzig Ergebnisse bei der Suche nach "pulmorenal". Meine vorliegende Arbeit hat die Nummer 22. In einer türkischen Arbeit ist sogar von einem hepatopulmonalen Syndrom die Rede.
g) Erinnert sei an den Euler-Liljestrand-Mechanismus mit der korrekten Bezeichnung der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion. Dieser Mechanismus drosselt bei verminderter Ventilation die Perfusion der Lungen. Dadurch bleibt das Ventilations-Perfusions-Verhältnis (V/Q-Quotient) bei vielen Lungenkrankheiten nahezu konstant. Mit der Lungenperfusionsszintigraphie kann man das Lungenzeitvolumen in ml/min angeben. Es ist mit dem Herzzeitvolumen identisch. Bei seitengetrennter Bestimmung der Lungenperfusion ist die Summe der Perfusionswerte beider Lungen gleich dem Herzzeitvolumen.
h) Freunde der Alliteration unter den Pneumonologen mögen nicht nur an das LUngenLUftvoLUmen, sondern auch an das BLUtfLUssvoLUmen denken.
180.) Günter Stein und Eberhard Ritz ("Diagnostik und Differentialdiagnostik der Nierenerkrankungen", 2. Auflage, Gustav Fischer Verlag, Jena und Stuttgart 1995) sprechen auf Seite 6 vom nephrotischen Syndrom und führen beim "prärenalen Nierenversagen" (Seite 301) die "renale Minderperfusion" richtig auf ein "vermindertes Herzzeitvolumen" (Seite 300) zurück. Dass auch Nierengesunde eine Niereninsuffizienz entwickeln können, erkennen sie jedoch nicht. Auch erkennen sie nicht, dass eine prärenale Niereninsuffizienz im Rahmen der extrarenalen Syndrome meistens Nierengesunde betrifft. Richtig schreiben sie auf Seite 300: "Der Abfall der GFR ist begleitet von einem Anstieg der Konzentration harnpflichtiger Substanzen, das heißt Kreatinin und Harnstoff im Serum." Auf Seite 305 wird das hepatorenale Syndrom erwähnt; die übrigen extrarenalen Syndrome werden nicht benannt. Fälschlich ist auf Seite 321 bei "einer chronischen Niereninsuffizienz" vom "irreversiblen Ausfall funktionstüchtiger Nephrone" die Rede. - Grundsätzlich sind die extrarenalen Syndrome reversibel, wenn die Grundkrankheit ausheilt.
181. a) Ich verstehe unter einem extrarenalen Nierensyndrom eine Niereninsuffizienz bei Nierengesunden. Das ist nicht zu verwechseln mit extrarenalen Ursachen einer Nierenkrankheit mit nachfolgender Niereninsuffizienz. Drittens gibt es Krankheiten mit simultanem Befall der Nieren und anderer Organe. Siehe oben die Absätze 175, 177a, 178 und 180. Viertens gibt es genuine Nierenkrankheiten mit Niereninsuffizienz.
b) Schon 1942 bezeichnete Wilhelm Nonnenbruch (6.11.1887 bis 3.2.1955) als extrarenales Nierensyndrom "eine nicht renal bedingte sekundäre Nierenfunktionsstörung bei intaktem Parenchym; mit Azotämie". Quelle: Roche Lexikon Medizin, 3. Auflage, Verlag Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore 1993, Seite1197 (identisch auch in der 5. Auflage, München und Jena, September 2003) unter dem Stichwort Nierensyndrom. Dort wird jedoch (vermutlich von der Wörterbuchredaktion) falsch weiter definiert: "Azotämie, die ... über tubuläre Schädigung zustande kommt". Eine tubuläre Schädigung widerspricht einem intakten Parenchym. Wilhelm Nonnenbruch dachte also (wie ich) an eine Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Offenbar ist dieses Wissen mittlerweile bei vielen Ärzten verloren gegangen. Bei fehlender Nierenkrankheit werden die Forscher auch keine Zeichen einer Nierenkrankheit finden. Auf Seite 1202 bezeichnet das Roche Lexikon (in der 3. Auflage; identisch auch auf Seite 1340 in der 5. Auflage, München und Jena, September 2003) das extrarenale Nierensyndrom sogar als Nonnenbruch-Syndrom.
c) Analog definieren V. Heinze und Hans-Joachim Sarre ("Die Belastung der Nieren durch extrarenale Faktoren", in "Anaesthesie und Nierenfunktion", Springer Verlag, Berlin und Heidelberg, Volume 36, 1969, Seiten 23 bis 38) auf Seite 23: "Extrarenale Faktoren können die Nieren und ihre Funktion in sehr unterschiedlichem Ausmaß beeinflussen. Wir unterscheiden in Anlehnung an Heintz die extrarenale Azotämie mit Erhöhung der harnpflichtigen Substanzen im Blut ohne faßbare funktionelle oder morphologische Nierenläsion, das sogenannte extrarenale Nierensyndrom, gekennzeichnet durch extrarenal hervorgerufene Störungen der Nierenfunktion bis zur Urämie bei unveränderter Nierenmorphologie, und schließlich das extrarenale akute Nierenversagen, eine tubulo-glomeruläre Niereninsuffizienz durch eine extrarenal ausgelöste organische Nierenschädigung." In Abbildung 1 werden die drei Krankheitsbilder mit einer Azotämie gut beschrieben: 1. Nierengesundheit ohne Niereninsuffizienz, 2. Nierengesundheit mit Niereninsuffizienz, 3. Nierenkrankheit mit Niereninsuffizienz. - Die Nummer 2 würde ich als extrarenales Syndrom bezeichnen. Die Nummer 1 wird von den Autoren V. Heinze und Hans-Joachim Sarre auf den Folgeseiten am Beispiel einer hohen Eiweißzufuhr erläutert.
d) Die Suchmaschine Google findet am 9.10.2013 zum extrarenalen Syndrom 591 000 Ergebnisse. Beispiele für eine Niereninsuffizienz bei Nierengesunden sind selten, obwohl sie wohl die häufigste Form der Niereninsuffizienz darstellt.
e) Willibald Pschyrembel erwähnt in seinen Klinischen Wörterbüchern die Stichworte extrarenal, Nierensyndrom und Nonnenbruch nicht. Auch die Begriffe kardiorenal und pulmorenal fehlen. - Erstmals 1927 wurde in den Auflagen 13 und 14 von Otto Dornblüth die Niereninsuffizienz als "Erhöhung des Salzgehaltes und darum Erhöhung des Gefrierpunktes" (von Serum oder Harn?) richtig definiert. 1944 wurde in den Auflagen 61 bis 84 die Niereninsuffizienz als "mangelhafte Tätigkeit der Nieren infolge Zerstörung der spezifischen Elemente" falsch definiert. - Das hepatorenale Syndrom wird in den Auflagen 85-99 (1951) ("Verminderung des Blutchlors, Ansteigen der Harnsäure") bis 255 (1986) als Stichwort erwähnt. In den Auflagen 100 bis 255 (1952 bis 1986) wird es mit Bezug auf Wilhelm Nonnenbruch zuerst kurz und richtig definiert als "Funktionsstörungen der Nieren bei Lebererkrankungen". In den Auflagen 185 bis 254 (1969 bis 1982) erweitert sich unter Bezug jetzt auf Heyd und Wilhelm Nonnenbruch die Definition in "umstrittene sekundäre Nierenfunktionsstörung bei schweren Lebererkrankungen". Letztmalig findet man in der 255. Auflage 1986 für das hepatorenale Syndrom die Definition jetzt als "umstrittene Bezeichnung für verschiedene sekundäre Störungen der Nierenfunktion im Rahmen von primären Lebererkrankungen, denen eine enge funktionelle Beziehung zwischen Leber und Niere ursächlich zugrundegelegt wird." - Ab der 256. Auflage 1990 fehlt jeder Hinweis auf die extrarenalen Syndrome. - Die extrarenalen Nierensyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch sind nicht umstritten. Sogar der Erstbeschreiber hat sie jedoch offenbar nie richtig verstanden, weil das Konzept der Clearance von den Ärzten nie richtig verstanden wurde. Die Forscher können keine Nierenveränderungen finden, weil es per definitionem keine gibt. - Offenbar gab es in der Medizinredaktion des Walter de Gruyter Verlages seit dem Zweiten Weltkrieg Befürworter und Gegner der extrarenalen Syndrome. Beide Fraktionen konnten ihre Sichtweise nicht begründen. Die Befürworter hatten zwar Recht, konnten es aber nicht beweisen, weil sie den Vergleich mit einem Klärwerk scheuten. 1990 haben sich die Gegner durchgesetzt. Andere Wörterbuchredaktionen waren klüger.
f) Maxim Zetkin und Herbert Schaldach ("Wörterbuch der Medizin", 15. Auflage, Ullstein Mosby Verlag, Berlin 1992) verweisen auf die Niereninsuffizienz und schreiben auf Seite 1484: "Renale Krankheiten als Ursachen des akuten Nierenversagens (entzündliche und vaskuläre Nephropathien) findet man in höchstens 3 %." Das Nonnenbruch-Syndrom findet sich auf Seite 1494.
g) Wörtlich identisch wie im Roche Lexikon Medizin beschreibt Günter Thiele in seinem "Handlexikon der Medizin" (Verlag Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore; dritter Band L-R, ohne Jahr) auf Seite 1734 das extrarenale Nierensyndrom. Das Nonnenbruch-Syndrom findet sich auf Seite 1744.
h) Auch "Das MSD Manual" (Verlag Urban & Fischer, 6. Auflage, München und Jena 2000) verzichtet auf eine Beschreibung des Nonnenbruch-Syndroms beziehungsweise der extrarenalen Nierensyndrome.
i) Ebenso wird dieser wichtige Zusammenhang im "Lehrbuch der inneren Medizin" von Walter Siegenthaler (14.12.1923 bis 24.10.2010) et alii (Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, Stuttgart und New York 1992) nur rudimentär beschrieben. Das Stichwort kardiorenal findet sich nicht. Beim pulmorenalen Syndrom wird auf das Goodpasture-Syndrom verwiesen. Das "Hepatorenale Syndrom im engeren Sinn" wird in der Abbildung 5.42 auf Seite 530 dagegen richtig als "funktionelle Niereninsuffizienz ... ohne morphologische Nierenveränderungen" beschrieben. F. Scheler, M. H. Weber und N. Braun ("Hepatorenales Syndrom", Seiten 529 bis 531) definieren auf Seite 529 richtig: "Als hepatorenales Syndrom wird ein funktionelles und potentiell reversibles Nierenversagen bei fortgeschrittener Leberinsuffizienz bezeichnet." - Den von mir beschriebenen einfachen Pathomechanismus der extrarenalen Nierensyndrome als Rückgang des Herzzeitvolumens mit Rückgang der renalen Perfusion ohne Nierenveränderungen haben die Autoren nicht verstanden. Sie widersprechen sich selbst, wenn sie auf Seite 529 schreiben: "Elektronenmikroskopisch wurden geschwollene Mitochondrien mit kleinen elektronendichten Partikeln sowie zerstörte Mikrovilli beschrieben. ... sind die Basalmembranen und das Plasmalemm häufig rupturiert (vergleiche akute tubuläre Nekrose)." Entweder gibt es Veränderungen oder es gibt keine Veränderungen. Die Autoren um Walter Siegenthaler verstehen die Begriffe der renalen Clearance und der glomerulären Filtration nicht einmal ansatzweise. Eine kleine Klärung beruht nur selten auf Strukturveränderungen des Filters.
j) Ebenso verwechseln B. Truniger und Ulrich Kuhlmann ("Hämaturie, Leukozyturie, Proteinurie und Störungen der Diurese", in: Walter Siegenthaler: "Differentialdiagnose innerer Krankheiten", 15. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1984, Seiten 25.1 bis 25.43) Ursache und Wirkung, wenn sie auf Seite 25.30 schreiben: "Die wesentlichen Symptome der Urämie sind ... kardiopulmonale Manifestationen". Auf Seite 25.33 findet sich dagegen richtig die Herzinsuffizienz als mögliche Ursache einer prärenalen Azotämie. "Die pathogenetischen Zusammenhänge sind nicht geklärt" (Seite 25.33). - Das hepatorenale Syndrom wird richtig beschrieben ("primäre Leberinsuffizienz mit sekundärer Niereninsuffizienz"). "Das eigentliche hepatorenale Syndrom ist abzugrenzen gegenüber Erkrankungen, die gleichzeitig hepatische und renale Schäden setzen." Diese richtigen Aussagen auf Seite 25.33 werden nicht weiter verfolgt, weil sie nicht verstanden werden.
k) Dabei ist die Pathogenese so einfach: Die Nieren können nur das ankommende Plasma klären. Herzkrankheiten, Lungenkrankheiten und Leberkrankheiten verkleinern die renale Perfusion und damit die GFR. Das sind die drei extrarenalen Nierensyndrome oder Nonnenbruch-Syndrome (kardiorenales Syndrom, pulmorenales Syndrom und hepatorenales Syndrom). Herzkranke, Lungenkranke und Leberkranke haben eine Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Zusätzliche Nierenerkrankungen können die entstehende Urämie verschlimmern. Manchmal können Nierenkrankheiten das Herz, die Lungen oder die Leber schädigen. Das sind dann das renokardiale Syndrom, das renopulmonale Syndrom und das renohepatische Syndrom. Das sollten zukünftige Forschungen berücksichtigen. Mehrere weitere Kombinationen sind denkbar; zum Beispiel könnte es ein hepatopulmonales oder ein pulmokardiales Nierensyndrom bei Nierengesunden geben.
l) "Schon im vorigen Jahrhundert wurden - vor allem von französischen Klinikern - Krankheitszustände beschrieben, bei denen es sekundär zu schweren Nierenstörungen kommt. Daran anknüpfend hat Nonnenbruch später den Begriff des 'extrarenalen Nierensyndroms" aufgestellt. Man sollte vielleicht klarer sagen: 'extrarenal ausgelöstes Nierensyndrom'. Er verstand darunter Zustände, bei denen in Abhängigkeit von einer primär extrarenalen Erkrankung sekundär funktionelle Nierenstörungen auftreten, die leicht oder schwer verlaufen können und dabei zwar manchmal einen deutlichen, zuweilen aber keinen oder einen auffallend geringen anatomischen Befund bieten. ... Neben diesen extrarenal ausgelösten Nierensyndromen wurde von anderen Autoren, wie Reinwein, Zonder, Heintz, eine extrarenal ausgelöste Azotämie ohne jede Nierenfunktionsstörung beschrieben" (Seite 269). "Richardiére beschrieb schon 1890 die 'Hépatonephrite', das heißt Zustände von Niereninsuffizienz bei verschiedenen Lebererkrankungen" (Seite 270). Quelle: Hans-Joachim Sarre: "Endotoxisch bedingte Nierenfunktionsstörungen", in: "Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin", 65. Kongress, 6. bis 9.4.1959, Seiten 269 bis 298.
m) Wilhelm Nonnenbruch beschreibt auf Seite 806 "Ein ähnliches Mißverhältnis zwischen Nierenfunktionsstörung und anatomischem Befund ... bei manchen anderen Formen von sog. "extrarenalem Nierensyndrom". Quelle: Wilhelm Nonnenbruch: "Das nephrotische Syndrom", in: "Klinische Wochenschrift", Springer Verlag, 21. Jahrgang, Nummer 37 vom 12.9.1942, Seiten 805 bis 815. - Den einfachen Pathomechanismus der reduzierten Clearance hat er nicht verstanden.
n) "Diese schweren Nierenfunktionsstörungen gehen in diesen Fällen gewöhnlich ohne wesentliche anatomische Veränderungen einher, sodaß hier ein krasses Mißverhältnis zwischen klinischem und anatomischem Befund besteht." Quelle: Wilhelm Nonnenbruch: "Über das entzündliche Ödem der Niere und das hepatorenale Syndrom", in: "Deutsche medizinische Wochenschrift", Georg Thieme Verlag, 63. Jahrgang 1937, 1. Band, Seiten 7 bis 10, Zusammenfassung. - Den Begriff der renalen Clearance hat Wilhelm Nonnenbruch offenbar nicht verstanden.
o) In ihrer Dissertation über den "Stellenwert der Messung des renalen Widerstandsindex bei Patienten mit Leberzirrhose" (Aachen 2001) schreibt Kathrin Drewes auf Seite 17 unrichtig: "Das Krankheitsbild gehört zu den rein funktionellen Nierenerkrankungen ohne gravierende pathologisch-anatomischen Veränderungen." Außer der Grammatik ist auch das Wort Nierenerkrankung falsch. Es ist ja gerade das Wesen der extrarenalen Nierensyndrome, dass es keine anatomischen Veränderungen gibt. Es verwundert also nicht, dass die Autorin in ihrer Doktorarbeit keine fassbaren Ergebnisse findet. "Trotz der offensichtlich engen Interorganbeziehung fehlen gesicherte Erkenntnisse über die hepatorenalen Mechanismen (Seite 7)." - Dieser Mechanismus ist ganz einfach: Wenn die Nieren weniger Plasma bekommen, können sie auch nur weniger Plasma klären. - "Ein Anstieg des Serumkreatinins um (sic!, gemeint "auf" ?) mehr als das Doppelte des Ausgangswertes, eine Reduktion der GFR um mehr als 50 % ... kennzeichnen das Krankheitsbild (Seite 18)."
p) Bei Wikipedia gibt es in der englischen Version seit 2005 und in der deutschen Version seit 2006 das Hepatorenale Syndrom als Stichwort. Die Begriffe cardiorenal und pulmorenal fehlen als eigene Stichworte ebenso wie die synonymen Oberbegriffe Extrarenale Syndrome oder Nonnenbruch-Syndrome, obwohl Wilhelm Nonnenbruch seit 2009 ein eigenes Stichwort ist.
q) Nach ICD-10 gibt es die Extrarenale Urämie R39.2, das Extrarenale Nierenversagen N19, das Hepatorenale Syndrom K76.6, die Kardiorenale Dekompensation I13.20 und das Pulmorenale Syndrom M31.0 jeweils ohne erkennbaren wissenschaftlichen Hintergrund. Quelle: Bernd Graubner: "ICD-10-GM 2013 Alphabetisches Verzeichnis", 10. Revision, German Modification, Version 2013, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2013.
r) In der elektronischen "ICD-10-GM Version 2014" finden sich am 16.10.2013 die Extrarenale Urämie R39.2, das Hepatorenale Syndrom K76.7 sowie die hypertensive Herz- und Nierenkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz I13.2. Die Schlüsselnummer M31.0 wurde geändert in Hypersensitivitätsangiitis ohne Bezug auf das pulmorenale Syndrom. Die extrarenalen Syndrome werden immer weniger verstanden.
s) Auch Gerd Harald Herold ("Innere Medizin", Ausgaben 2012 und 2013) hat die Nonnenbruch-Syndrome nicht einmal ansatzweise verstanden, obwohl seine Definition des Hepatorenalen Syndroms auf Seite 543 (Ausgabe 2012; Seite 552 in der Ausgabe 2013) richtig ist: "Potentiell reversible Abnahme der glomerulären Filtrationsrate bei Patienten mit Leberzirrhose und Aszites oder alkoholischer Steatohepatitis". Auch seine Beschreibung des Kardiorenalen Syndroms nach Claudio Ronco auf Seite 633 in der Ausgabe 2012 beziehungsweise auf Seite 649 in der Ausgabe 2013 ("Akutes Herzversagen löst akutes Nierenversagen aus") ist richtig. Die ICD-Schlüsselnummer I13.20 fehlt jedoch. Den überaus einfachen Pathomechanismus hat er nicht verstanden. Die Begriffe pulmorenal und extrarenal fehlen. Siehe auch die Absätze 117h, 185d und 233b.
182. a) In einem Klärwerk sinkt bei einem Rückgang der Inanspruchnahme in einigen Gruben, Becken oder Kanälen vermutlich der Wasserspiegel. Dadurch wird eine größere Oberfläche der Umgebungsluft ausgesetzt. Vermutlich steigt dadurch die Geruchsbelästigung an. Vielleicht beschleunigt sich in einigen Abschnitten sogar die alterungsbedingte Korrosion umgekehrt proportional zur Inanspruchnahme. Kurzfristig wären diese Veränderungen reversibel, mittel- oder langfristig vermutlich irreversibel.
b) Analog wird es vermutlich in den Nieren zu ähnlichen Vorgängen kommen. Vielleicht führt ein Rückgang der Inanspruchnahme kurzfristig zu den von Wilhelm Nonnenbruch schon 1937 beschriebenen Ödemen, mittelfristig zu Entzündungszeichen einer Glomerulonephritis und langfristig zu vermehrten atherosklerotischen Ablagerungen.
c) Diese beschriebenen Veränderungen von Klärwerk und Niere sind die Folge und nicht die Ursache einer Reduktion der Clearance. Im Rahmen der drei extrarenalen Syndrome führen Herz-, Lungen- oder Leberkrankheiten zu einem Rückgang des Herzzeitvolumens. Das geklärte Plasmavolumen und damit die Glomeruläre Filtrationsrate sinken sofort.
d) Verschlechterungen der GFR im Zeitablauf bei Gesunden sind physiologisch und kurzfristig grundsätzlich reversibel. Verschlechterungen der GFR beim kardiorenalen Syndrom, beim hepatorenalen Syndrom und beim pulmorenalen Syndrom sind pathologisch und grundsätzlich kurzfristig ebenfalls reversibel, wenn sich die extrarenale Grundkrankheit bessert.
e) Die langfristig im Rahmen der extrarenalen Syndrome entstehenden histologischen Veränderungen sind dagegen tendenziell irreversibel. Sie können zu einer weiteren Verschlechterung der ohnehin ursächlich schon vorbestehenden Niereninsuffizienz führen.
f) Erst wenn diese oder andere Nierenkrankheiten im Rahmen einer Urämie Herz, Leber oder Lungen schädigen, spricht man vom renokardialen Syndrom, vom renohepatischen Syndrom beziehungsweise vom renopulmonalen Syndrom. So kann es zum Circulus vitiosus kommen.
g) Die im Rahmen der extrarenalen Syndrome entstehende Niereninsuffizienz muss also immer interdisziplinär beurteilt werden. Sie muss anteilig durch die jeweilige Schwere der Herzkrankheiten, der Leberkrankheiten, der Lungenkrankheiten und der Nierenkrankheiten erklärt werden.
h) Es muss sogar möglich sein, jede Niereninsuffizienz additiv durch die einzelnen renalen und extrarenalen Ursachen zu erklären. So könnte in einem fiktiven Beispiel der Rückgang der GFR von 150 ml/min um 100 ml/min auf 50 ml/min beim metabolischen Syndrom in Höhe von 35 ml/min auf eine diabetischen Nephropathie, in Höhe von 30 ml/min auf eine Kardiomyopathie, in Höhe von 10 ml/min auf eine Lungenkrankheit und in Höhe von 25 ml/min auf eine Fettleber zurück geführt werden. Diesen Rückgang der GFR von 150 ml/min um zwei Drittel auf 50 ml/min kann man auch in Prozentzahlen angeben. Es bewirken die diabetische Nephropathie einen Rückgang der GFR um 23,33 %, die Kardiomyopathie einen Rückgang der GFR um 20 %, die Lungenkrankheit einen Rückgang der GFR um 6,66 % und die Fettleber einen Rückgang der GFR um 16,67 %. Oder noch kürzer: Die GFR-Reduktion von 100 ml/min wird verursacht durch eine diabetische Nephropathie zu 35 %, durch eine Kardiomyopathie zu 30 %, durch eine Lungenkrankheit zu 10 % und durch eine Fettleber zu 25 %. - Siehe auch unten Absatz 193.
i) Grundsätzlich besteht eine Proportionalität zwischen HZV und GFR. Schwankungen des HZV führen zu identischen Schwankungen der GFR. Die Summe der einzelnen GFR-Reduktionen bei den drei Nonnenbruch-Syndromen ist bei Nierengesunden gleich der HZV-Reduktion. Bei Nierenkranken ist viertens zusätzlich zu den drei extrarenalen Syndromen auch noch das renorenale Syndrom additiv zu berücksichtigen. Außerdem ist die Lungenperfusion Q (identisch mit dem Lungenzeitvolumen LZV) gleich dem HZV.
Es gilt also:
delta GFR = delta HZV = delta Q = delta KRS + delta PRS + delta HRS + delta RRS.
Dabei stehen
delta für die relativen Reduktionen,
KRS für die Abnahme der GFR durch das kardiorenale Syndrom,
PRS für die Abnahme der GFR durch das pulmorenale Syndrom,
HRS für die Abnahme der GFR durch das hepatorenale Syndrom und
RRS für die Abnahme der GFR durch das renorenale Syndrom.
Siehe auch unten Absatz 340h.
j) Ausgangspunkt dieser Berechnungen ist die GFR des gesunden Patienten, die GFR einer gesunden Vergleichsperson, die beste jemals bestimmte GFR des Patienten, ein wie auch immer bestimmter Sollwert oder vielleicht sogar die oben beschriebene doppelte maximale maschinelle GFR (MMGFR, siehe oben Absatz 156).
183.) Ein optimaler nephrologischer Befund eines adipösen Nierengesunden mit drei Nonnenbruch-Syndromen könnte also vielleicht so aussehen:
Chronische Niereninsuffizienz mit einer mittleren GFR = 20 ml/min
mit einer normierten GFR(1,73 m²/KOF) = GFR(1,73 m²/2,88 m²) = 12 ml/min
im Stadium 5 mit der ICD-10-Schlüsselnummer N18.5 noch ohne Dialysepflicht
wahrscheinlich jeweils zu etwa einem Drittel verursacht durch
ein kardiorenales Syndrom (I13.20) bei einer dilatativen Kardiomyopathie (I42.6),
ein pulmorenales Syndrom (M31.0) bei einem schweren Asthma bronchiale (J45.1) und
ein hepatorenales Syndrom (K76.7) bei einer alkoholtoxischen Leberzirrhose (K70.3).
Bei Nierenkranken mit einem renorenalen Syndrom müssten zusätzlich noch die Nierenkrankheit und ihr relativer oder absoluter Anteil angegeben werden. Nicht jede Nierenkrankheit verschlechtert die GFR. - Siehe auch unten Absatz 193.
184.) Zur Abwechslung einmal ein positives Beispiel. Das Sankt-Josef-Stift in Sendenhorst hat bei einer meiner Patientinnen die normierte Kreatinin-Clearance nach der Clearance-Formel und nach meiner Normierungsformel KrCl(1,73 m²/KOF) = 101,3 ml/min völlig richtig berechnet. - Kritik: Erstens wurde die erfolgte Normierung nicht durch die korrekte Formel gekennzeichnet. Zweitens wurde das Patientengewicht irrtümlich als "Sammelurin (Gewicht)" bezeichnet. Drittens wurde die Patientengröße irrtümlich als "Sammelurin (Körpergröße)" bezeichnet. Viertens wurde die ermittelte Körperoberfläche nicht angegeben.
185. a) Es gibt die extrarenalen Nierensyndrome im Sinne einer Niereninsuffizienz bei Nierengesunden. Sie heißen kardiorenales, pulmorenales und hepatorenales Syndrom. Nach ihren Erstbeschreiber Wilhelm Nonnenbruch heißen sie auch Nonnenbruch-Syndrome. Im Umkehrschluss gibt es auch die renokardialen, die renopulmonalen und die renohepatischen Syndrome, wenn Nierenkrankheiten zu krankhaften Veränderungen anderer Organe führen. Diese anderen Organkrankheiten können, müssen aber nicht die Nierenfunktion weiter verschlechtern. Bei Nierenkranken verschlechtern die Nonnenbruch-Syndrome eine vorbestehende Niereninsuffizienz zusätzlich. Als renorenale Syndrome bezeichne ich Nierenkrankheiten mit nachfolgender Niereninsuffizienz im Gegensatz zu Nierenkrankheiten ohne Niereninsuffizienz.
b) Analog gibt es eine Herzinsuffizienz bei Herzgesunden. Viele extrakardiale Krankheiten können das Herzzeitvolumen verkleinern. Bei Herzkranken verschlechtern sie eine schon bestehende Herzinsuffizienz. Zum Beispiel sind pulmokardiale, hepatokardiale, renokardiale und andere extrakardiale Syndrome denkbar. Im Umkehrschluss gibt es auch die kardiopulmonalen, die kardiohepatischen, die kardiorenalen und ähnliche Syndrome, wenn Herzkrankheiten zu krankhaften Veränderungen anderer Organe führen. Diese anderen Organkrankheiten können, müssen aber nicht die Herzfunktion weiter veschlechtern. Als kardiokardiale Syndrome bezeichne ich Herzkrankheiten mit nachfolgender Herzinsuffizienz im Gegenatz zu Herzkrankheiten ohne Herzinsuffizienz.
c) Man könnte jetzt sogar ein Konzept der Extraorgansyndrome postulieren. Ein gesundes Organ kann in seiner Funktion durch eine andere Organkrankheit oder durch eine andere Organinsuffizienz beeinträchtigt werden. Und diese Organinsuffizienz kann im Umkehrschluss wieder andere Organkrankheiten oder Organinsuffizienzen hervorrufen. Diese anderen Organkrankheiten oder Organinsuffizienzen können, müssen aber nicht die Funktion des Ursprungsorgans weiter verschlechtern. - Gewiss lassen sich zahlreiche Beispiele für solche Extraorgansyndrome finden.
d) Zur Nomenklatur der Extraorgansyndrome mache ich folgenden Vorschlag: Das Adjektiv vor dem Substantiv Syndrom besteht aus zwei altgriechischen (kardio und hepato) oder lateinischen (reno und pulmo) Organbezeichnungen. Das erste Wort bezeichnet das kranke Organ, das zweite Wort bezeichnet das insuffiziente Organ. Diese Nomenklatur stimmt überein mit den Systemen der extrarenalen Syndrome von Wilhelm Nonnenbruch (vergleiche oben den Absatz 181) und der kardiorenalen Syndrome von Claudio Ronco (vergleiche die Absätze 117h, 181s, 233b).
e) Das Wesen der Extraorgansyndrome ist die Kausalität zwischen dem kranken Organ und der Insuffizienz des gesunden Organs. Ohne diese Kausalität muss nach einer anderen Erklärung für die Insuffizienz des gesunden Organs gesucht werden.
f) Ich bezweifele, dass der Schweregrad zum Beispiel einer diabetischen oder einer hypertensiven Nephropathie in vielen Fällen das Ausmaß einer bestehenden Niereninsuffizienz erklären kann. In solchen Fällen muss an die Nonnenbruch-Syndrome gedacht werden. - Vielleicht erklärt die hypertensive Kardiomyopathie in einigen Fällen die Schwere einer Herzinsuffizienz nicht immer vollständig. Dann muss an andere Herzkrankheiten, aber auch an die Extrakardialsyndrome gedacht werden.
g) Man muss streng zwischen Herzkrankheit (= Herzschwäche) und Herzinsuffizienz (= Herzleistungsschwäche) unterscheiden. Bei einer Herzkrankheit finden sich Strukturveränderungen mit oder ohne Auswirkung auf die Herzleistung. Bei der Herzinsuffizienz ist die Funktion gemindert. Das Herz pumpt nicht genug sauerstoffreiches Blut, unabhängig vom Vorliegen einer Herzkrankheit. Herzschwäche und Herzleistungsschwäche sind also zwei völlig verschiedene Begriffe.
186.) Eine fiktive Kasuistik eines Patienten mit massivster Luftnot.
Der Facharzt für Allgemeinmedizin diagnostiziert eine schwerste
Herzinsuffizienz (ICD-10 I50.9) mit Immobilität im Endstadium.
Der Facharzt für Laboratoriumsmedizin diagnostiziert eine schwerste
Anämie (ICD-10 D64.9) mit Transfusionspflicht.
Alle anderen Fachärzte finden keine weiteren pathologischen Befunde. Erklärung:
Blutspender (ICD-10 Z52.00) im Ausland bei mehreren kriminellen Blutspendediensten.
187. a) In ihrem Buch "Praxis der Dialyse" (Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 2011, Seite 306) fordern Steffen K. Geberth und Rainer Nowack offenbar die richtige Normierung der GFR, wenn sie in ihrer Tabelle "Dosierung wichtiger Pharmaka" die Abkürzung "ADJ_GFR" verwenden. Mit Adjustierung meinen sie vermutlich meine Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF). Das Prozentzeichen verwirrt jedoch.
b) Auf Seite 6 steht richtig "50 bis 80 % aller akuten Nierenversagen sind durch eine prärenale Ursache ausgelöst!" - Der Zusammenhang mit den extrarenalen Syndromen nach Nonnenbruch wird jedoch nicht hergestellt.
c) Aufschlussreich ist ihre Zusammenstellung der "Diagnoseverteilung bei Dialysebeginn" auf Seite 9 in Tabelle 14. Die Grunderkrankungen Diabetes mellitus, Systemerkrankungen, Verschiedene und "Genese unbekannt" mit zusammen 51 Prozent überwiegen die Grunderkrankungen Vaskuläre Nephropathie, Glomerulonephritis, Interstitielle Nephritis, Zystennieren und "Hereditär/Kongenital" mit zusammen 49 Prozent. Dass diese Nierenerkrankungen die Dialysepflicht meistens nur zusammen mit den extrarenalen Syndromen bedingen, wird nicht erkannt.
d) Richtig wird auf Seite 120 zwischen der addierten "Wochen-Kt/V" und der "Dialysedosis pro Einzeldialyse" unterschieden. - Auf Seite 118 steht richtig: "Kt/V ist dimensionslos"; dagegen findet sich auf Seite 119 die falsche Einheit "E". - Richtig ist auf Seite 119 der Hinweis auf "viele Fehlermöglichkeiten".
e) Auf Seite 194 wird die Clearance richtig durch Multiplikation mit (1,73/ Körperoberfläche) normiert; im Zähler fehlen jedoch die Quadratmeter. Sonst fehlt jeder Hinweis auf meine Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF).
188. a) Der Zusatz "GFR bezogen auf 1,73 m²" ist immer falsch. Mehr dazu oben in Kapitel 1 (Absätze B3, M, N, W, X, Y) und Kapitel 6 (Absätze 5c, 11b, 37a, 87a, 96e, 112). Ebenso sind die Zusätze durch, auf, bei, per, pro 1,73 m² immer falsch. Begründung:
b) Es gibt etwa einhundert verschiedene Schätzformeln für die GFR. Ihre Autoren haben immer die Nierenfunktion einer bestimmten Gruppe von Menschen untersucht. Oft wurden willkürlich Gesunde, Kranke, Kinder, Erwachsene, Alte, Adipöse oder Weiße ausgewählt. Die entwickelten Formeln hatten also Geltung nur für den Mittelwert der jeweils untersuchten Personen. Nie wurden jedoch gezielt Personen mit einer Körperoberfläche von genau 1,73 m² ausgewählt.
c) Es ist also verboten, den richtigen, aber überflüssigen Zusatz "Geltung nur für den untersuchten Personenkreis" durch den falschen Zusatz "bezogen auf eine Körperoberfläche von 1,73 Quadratmetern" zu ersetzen.
d) Die tatsächen Krankengeschichten der jeweils untersuchten Personen wird man wohl bei allen Schätzformeln nicht mehr nachuntersuchen oder kontrollieren können. Vermutlich wurde nie zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz unterschieden.
e) Noch viel schlimmer sind die häufigen statistischen und mathematischen Fehler bei der Entwicklung der Schätzformeln. Den beiden Autoren Elke S. Schäffner (Kapitel 6 Absatz 41) und Andrew Simon Levey (Kapitel 1 Absätze W bis Y) konnte ich oben solche Fehler nachweisen. Unter diesen Fehlern leidet die Brauchbarkeit vermutlich aller Schätzformeln massiv.
f) In keinem Fall ersetzen der falsche Hinweis oder die falsche Einheit die oft zwingend erforderliche Normierung der geschätzten GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF). Man muss immer streng zwischen Formel und Einheit unterscheiden.
g) In keinem Fall ist es erlaubt, die tatsächliche GFR mit der richtigen Einheit ml/min nach erfolgter Normierung nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) mit der Einheit ml/min anschließend zur Vereinfachung als GFR mit der falschen Einheit ml/min/1,73 m² darzustellen. Begründung: Erstens ist GFR mathematisch nicht mit GFR(1,73 m²/KOF) und zweitens ist ml/min mathematisch nicht mit ml/min/1,73 m² identisch. Außerdem ist ml/min/1,73 m² drittens mathematisch zweideutig und deshalb zusätzlich verboten.
189.) Auch Anja Bienholz, Andreas Kribben, Stefan Herget-Rosenthal und Thorsten Feldkamp ("Akutes Nierenversagen", in: "Nephrologie", Kompendium 2013, 5. Jahrgang, Oktober 2013, Heft 1/2013, Georg Thieme Verlag Stuttgart, Seiten 14 bis 30) haben die Nonnenbruch-Syndrome nicht verstanden. Richtig weisen sie auf die prärenalen Ursachen des Nierenversagens hin. Richtig beschreiben sie auf Seite 16 den "für die Aufrechterhaltung der GFR" unzureichenden renalen Blutfluss. Die Pathophysiologie wurde jedoch nicht verstanden. "Der entscheidende Faktor für die Aufrechterhaltung einer adäquaten GFR ist der intraglomeruläre Druckgradient zwischen Glomerulumkonvolut und Tubulus." (Zitat Seite 16) - Der Druckgradient spielt nur eine Nebenrolle. Die Hauptrolle liegt im Herzzeitvolumen. Wie oben gezeigt wurde, sind GFR und HZV proportional. - Außerdem übersetzen die vier Autoren auf Seite 16 die Acute Kidney Disease falsch mit akuter Nierenkrankheit statt richtig mit akuter Niereninsuffizienz. Außerdem verwenden sie die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min pro 1,73 m². - Auf Seite 18 wird in der Abbildung 2 eine konstante GFR bei einer "Reduktion des Blutvolumens" als "präprärenales akutes Nierenversagen" bezeichnet. Hier kann in der Tat eine "angemessene Autoregulation" die Herzinsuffizienz kompensieren und so die Niereninsuffizienz verhindern. Die neurohumoralen Regelkreise können eine Herzinsuffizienz nur modulieren, in der Regel aber nicht kompensieren. - Das hepatorenale Syndrom wird erwähnt, das pulmorenale und das kardiorenale Syndrom fehlen.
190. a) Meine häufige Kritik (siehe oben Absatz 30) an der Laborpraxis im Klinikum Herford zeigt nach über einem Jahr deutliche Erfolge. Im Rahmen der klinischen Chemie wird jetzt am 6.11.2013 bei meinem Patienten S.M. die GFR nach der abgekürzten MDRD-Formel berechnet und mit der richtigen Nierenfunktionseinheit ohne störende Zusätze in der richtigen Spalte abgedruckt. In einer Fußnote findet sich der richtige Hinweis auf die Altersbeschränkung 18 bis 68 Jahre. Zusätzlich werden in der Fußnote auch die fünf Stadien der chronischen Niereninsuffizienz aufgeführt. Es fehlt jedoch der Hinweis auf die immer zwingend erforderliche Normierung nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) vor Anwendung der abgedruckten Tabelle. Außerdem sind die Erklärungen für die fünf Stadien zumindest ungewöhnlich: Stadium 1 normale GFR, Stadium 2 Progressionsabschätzung und Verzögerung, Stadium 3 erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, Stadium 4 Progredienz der Niereninsuffizienz, Stadium 5 Einleitung Nierenersatztherapie. - Kritik: Außer dem ersten zeigt jedes Stadium eine Progression oder eine Progredienz gegenüber dem Vorstadium an. Wenn man ein Stadium 0 bei Nierengesunden postuliert, dann fällt sogar diese Ausnahme weg. Eine Niereninsuffizienz (nur im dritten Stadium?) zeigt nicht per se ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko an. Was ist mit Verzögerung gemeint? Nicht in allen Fällen muss im fünften Stadium eine Nierenersatztherapie eingeleitet werden! Dass die Tabelle Lücken zwischen 29 und 30 ml/min, zwischen 59 und 60 ml/min sowie zwischen 89 und 90 ml/min aufweist, sei nur am Rande vermerkt. Das Wort Formel in der Ergebniszeile ist entbehrlich, validieren wird klein geschrieben. Außerdem heißt das Krankenhaus nicht Krankenhaus sondern Klinikum.
b) Die beschriebene Verbesserung war offenbar nur vorübergehend und nur teilweise. Für meine Patientin I.B. erhalte ich jetzt ein Laborblatt vom Klinikum Herford vom 7.3.2014 mit drei GFR-Werten. Diese finden sich wieder unter der falschen Überschrift Urinanalytik und auch wieder ohne Bezug zum Analysedatum quer über das Blatt verteilt. Die zugehörige Fußnote findet man dreifach, obwohl eine ausreichend wäre. Der Text ist nicht am rechten Rand abgeschnitten. Erwähnt wird die fehlende Validierung der abgekürzten MDRD-Formel für Patienten außerhalb des Alterskorridors von 18 bis 68 Jahren. Meine (übrigens nierengesunde) Patientin wird jedoch übermorgen 79 Jahre alt und hat eine Niereninsuffizienz vermutlich im dritten Stadium. Der Normalwert wird nur für das erste Stadium angegeben. Unklar bleibt auch, warum die GFR innerhalb von 41 Stunden dreimal berechnet wurde. Die unklare Abkürzung "/.br/St" ist auch wieder aufgetaucht. Das Symbol "K" für Katastrophe oder Chaos (?) findet sich jetzt dreimal. Die Nierenfunktionseinheit ist richtig.
c) Nahezu die selbe Kritik gilt auch für meine 77-jährige Patienin A. H. im Laborblatt vom 10.3.2014 sowie für Frau C. R. vom 2.5.2014. In der Zeit vom 5. bis zum 8. Mai 2014 wurde bei meinem Patienten M. R. viermal eine unauffällige GFR bestimmt. Auch hier finden sich die oben beschriebenen Fehler. Eine Verbesserung ist nicht abzusehen.
191. a) Die Niereninsuffizienz (von der Nierenschwäche bis zum Nierenversagen, von der Nierenfunktionseinschränkung bis zum Nierenfunktionsverlust, von der Leistungsminderung bis zum Totalausfall, von der Symptomlosigkeit bis zum Coma uraemicum) ist ein Rückgang der filtrativen Nierenfunktion mit einem Konzentrationsanstieg der harnpflichtigen Stoffe im Blut. In dieser Definition fehlt absichtlich jeder Hinweis auf eine Nierenkrankheit. Sowohl renorenale wie auch extrarenale Syndrome sind denkbar. Es gibt also Niereninsuffizienzen mit oder ohne Nierenkrankheiten. Dieser Unterschied wird von vielen Nephrologen nicht verstanden. Dazu einige Beispiele:
b) "Akute Verschlechterung der Nierenfunktion mit raschem Anstieg der harnpflichtigen Substanzen" (Quelle: Teut Risler, Gerhard (alias C.) Anton Müller und Werner Rosendahl: "Therapieschemata Nephrologie", Urban & Schwarzenberg, München, Wien und Baltimore 1993, Seite 1). Diese Definition des akuten Nierenversagens ist richtig.
c) "Endstadium zahlreicher Nierenerkrankungen als Folge einer dauernden Verminderung der glomerulären, tubulären und endokrinen Funktionen beider Nieren" (Quelle: Teut Risler et alii, am angegebenen Ort, Seite 167). - Diese Definition ist siebenfach falsch. Erstens fehlt jeder Bezug auf die extrarenalen Syndrome, zweitens muss es sich nicht um ein Endstadium handeln, drittens werden Ursache und Wirkung verwechselt, viertens ist die glomeruläre Filtration unabhängig von der tubulären und der endokrinen Funktion, fünftens ist auch eine einseitige Niereninsuffizienz möglich, sechstens wird die Reversibilität unzulässig ausgeschlossen und siebentens handelt es sich um eine Tautologie, weil die Niereninsuffizienz mit einer glomerulären Funktionseinschränkung erklärt wird. Außerdem vermute ich ein Plagiat (siehe unten unter e).
d) "Unter einer chronischen Niereninsuffizienz verstehen wir die permanente Einschränkung der exokrinen und endokrinen Nierenfunktionen durch irreversiblen Ausfall funktionstüchtiger Nephrone" (Quelle: Günter Stein und Eberhard Ritz: "Diagnostik und Differentialdiagnostik der Nierenerkrankungen", 2. Auflage, Gustav Fischer Verlag, Jena und Stuttgart 1995, Seite 321). - Diese Definition ist vierfach falsch. Erstens fehlt jeder Bezug auf die extrarenalen Syndrome, zweitens hat ein Nephron keine exokrine sondern eine filtrative Funktion, drittens wird die Reversibilität unzulässig ausgeschlossen und viertens handelt es sich nicht einen Ausfall sondern um eine Einschränkung. Der direkt anschließende Satz ("Die Art der Funktionsstörung ist in erster Linie bestimmt durch das Ausmaß der Nierenfunktionseinschränkung und unabhängig von der Art der zugrundeliegenden Krankheit.") ist weitgehend inhaltsleer oder tautologisch.
e) "Die chronische Niereninsuffizienz ist Folge einer dauernden Verminderung der glomerulären und tubulären Funktionen des Nephrons sowie der endokrinen Funktionen beider Nieren" (Quelle: Bernd Grabensee: "Checkliste Nephrologie", Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1998, Seite 20). Diese Definition ist dreifach falsch. Erstens fehlt jeder Bezug auf die extrarenalen Syndrome, zweitens wird die Reversibilität unzulässig ausgeschlossen und drittens handelt es sich um eine Tautologie, weil die Niereninsuffizienz als Verminderung der glomerulären Funktion erklärt wird. Außerdem vermute ich ein Plagiat (siehe oben unter c).
192. a) Die Venia legendi oder auch die Venia docendi werden immer nur für ein bestimmtes Fach verliehen; Voraussetzung ist die Facultas docendi. Die Fachgrenzen dürfen bei der Berufsausübung also nicht überschritten werden.
b) Analog muss ein Facharzt oder Gebietsarzt bei der Ausübung seiner fachärztlichen Tätigkeit die Grenzen der Gebietsdefinition seiner Fachrichtung beachten.
c) Die Professoren für Nephrologie sind also doppelt eingeschränkt. Für mich als praktischer Arzt gelten beide Beschränkungen nicht.
d) Diese beschriebenen Limitationen dürfen auch an den Universitätskliniken die Sicht auf die Nonnenbruch-Syndrome nicht verstellen. Vielmehr ist eine kollegiale interdisziplinäre Kooperation gerade im Bereich der Extrarenalsyndrome zwingend erforderlich. Das gilt besonders für die Nephrologen, Kardiologen, Pulmonologen und Hepatologen. Die Kardiologen sollten für den Nephrologen unbedingt das Herzzeitvolumen HZV bestimmen. Alternativ sollten die Pulmonologen die identische Lungenperfusion Q angeben können. Die renale Perfusion liegt pro Niere in Ruhe bei etwa neun Prozent von HZV=Q.
e) Auch bei der Niereninsuffizienz muss immer die Grundkrankheit behandelt werden. Die extrarenalen Syndrome zählen zu den prärenalen Ursachen der Niereninsuffizienz. Die postrenalen Ursachen fallen meistens in das Fachgebiet der Urologie.
193.) Ein weiteres, wenn auch extremes Beispiel für die Bedeutung der Nonnenbruch-Syndrome: Wenn ein Nierengesunder am Nierenversagen stirbt, dann müssen die extrarenalen Syndrome vorliegen. Denkbar wären eine schwere Herzkrankheit, eine schwere Lungenkrankheit und eine schwere Leberkrankheit, die einzeln nicht fatal sind, in der Summe aber das letale Nierenversagen hervorrufen können. Eine Nierendialyse, nicht aber eine Nierentransplantation hätte ihn retten können. - Siehe oben auch die Absätze 182 h und 183.
194.) Im Internetauftritt von Medscape unterhält sich Nikolaus Sarafoff anlässlich der Jahrestagung der Kardiologen in San Francisco mit Anselm Kai Gitt über den "Einfluss von Niereninsuffizienz und Diabetes auf Krankenhausmortalität bei Nicht-ST-Hebungs- und ST-Hebungsinfarkt: Ergebnisse des EuroHeart-Registers". Auf einem der Bilder findet sich die mehrfach unsinnige Nierenfunktionseinheit ml/kg/min. Außerdem sind mit ST die ST-Strecken gemeint. Anselm Kai Gitt sagt: "Die Niereninsuffizienz ist der Treiber der Sterblichkeit." - Beide Ärzte haben das Problem überhaupt nicht verstanden. Die Niereninsuffizienz ist ein Symptom der Herzinsuffizienz. Je kleiner die GFR, desto schlimmer ist die Herzinsuffizienz. Denn das Herzzeitvolumen ist proportional zur renalen Perfusion. Eine schwere Herzkrankheit ist mit einem kleinen HZV und mit einer kleinen GFR und außerdem mit einer großen Mortalität verbunden. Oder noch einfacher: Je kränker das Herz, desto größer die Sterblichkeit.
195. a) Herzinsuffizienz ist das kardiale Unvermögen zur ausreichenden Blutbedarfsdeckung unabhängig vom Vorliegen einer Herzkrankheit. Niereninsuffizienz ist das renale Unvermögen zur ausreichenden Plasmafiltration unabhängig vom Vorliegen einer Nierenkrankheit. Lungeninsuffizienz ist das pulmonale Unvermögen zur ausreichenden Blutoxygenisierung unabhängig vom Vorliegen einer Lungenkrankheit. Leberinsuffizienz ist das hepatische Unvermögen zur ausreichenden Stoffwechselaktivität unabhängig vom Vorliegen einer Leberkrankheit.
b) Eine Leberinsuffizienz bei Lebergesunden ist vermutlich eine Rarität.
Eine Lungeninsuffizienz bei Lungengesunden ist wohl ziemlich selten.
Eine Herzinsuffizienz bei Herzgesunden ist gewiss relativ häufig.
Eine Niereninsuffizienz bei Nierengesunden ist jedoch der Normalfall.
c) Leber-, Lungen- und Herzkrankheiten verkleinern das Herzzeitvolumen. Wegen der Fließrichtung des Blutes zuerst durch die Leber, dann durch beide Lungen und anschließend durch die linke Herzhälfte addieren sich die anteiligen Reduktionen der Flussvolumina vor den Nieren. Dadurch verkleinert sich die GFR. Diese Verkleinerung ist die Summe der anteiligen relativen Organminderperfusionen. Das sind die drei Nonnenbruch-Syndrome hepatorenales, pulmorenales und kardiorenales Syndrom.
d) Diese Darstellung ist ein Paradigmenwechsel in der inneren Medizin. Wenn die drei extrarenalen Syndrome den Rückgang der GFR erklären, dann liegt auch bei schwerster Niereninsuffizienz keine Nierenkrankheit vor. Zur pathophysiologischen Beurteilung einer jeden Niereninsuffizienz ist die Kenntnis des Herzzeitvolumens immer zwingend erforderlich. Im Zweifel wird die Ursache der Niereninsuffizienz von den Hepatologen, den Pulmonologen und den Kardiologen behandelt. Die Nephrologen sind bei Nierengesunden dann im Wesentlichen für die Dialyse sowie für die Nierenprotektion zuständig. Eine schwere Niereninsuffizienz ausschließlich auf dem Boden von Nierenkrankheiten ist selten.
196. a) Wenn ein Volumen von x Millilitern in einer Minute (vollständig) von einer bestimmten Substanz befreit wird, dann beträgt die Clearance x ml/min.
b) Wenn ein Volumen von x Millilitern in y Minuten zu 1/z von einer bestimmten Substanz befreit wird, dann wird ein Volumen von x/yz Millilitern in einer Minute vollständig von diesem Stoff befreit. Die Clearance beträgt also x/yz ml/min.
197.) Auch Marlies Antlanger und Marcus D. Säemann alias saemann ("Kardiorenales Kontinuum: Chronische Niereninsuffizienz und diastolische Herzinsuffizienz", in: Nephro-News, Forum für Nephrologie und Hypertensiologie, Wien, Jahrgang 15, Ausgabe 4/2013, Seiten 17 bis 20) haben die Nonnenbruch-Syndrome nicht verstanden. Sie verwechseln die Ejektionsfraktion mit der Auswurfleistung. Sie kennen nicht die Definition der Herzinsuffizienz als reduziertes Herzzeitvolumen. Sie kennen nicht die Definition des Herzzeitvolumens als Produkt von Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz. Bei einer reduzierten Ejektionsfraktion verhindern eine Ventrikelhypertrophie und eine Tachykardie die kardiale Dekompensation. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Bei Herzgesunden ist das HZV ein Maß für die Schwere einer Leber- oder Lungeninsuffizienz. Bei einer Niereninsuffizienz bei Nierengesunden wird man strukturelle Nierenveränderungen vergeblich suchen. Richtig erkennen bei beiden Autoren an ihrer eigenen Arbeit, "dass vieles an diesem vorgeschlagenen Modell noch hypothetisch ist und unser Wissensstand über die Pathophysiologie vor allem auf molekularer Ebene erst in den Kinderschuhen steckt" (Seite 18). Weitere Studien sind unnötig. Denn die Pathophysiologie der drei extrarenalen Syndrome ist ganz einfach. Man muss die Nieren nur mit Klärwerken vergleichen und sich an die Definition der Clearance erinnern. Die "mögliche Reversibilität nach Nierentransplantation war vermutlich die falsche Kenngröße" (Seite 19) einfach deswegen, weil Nierentransplantationen bei Nierengesunden kontraindiziert sind. Wenn die Niereninsuffizienz die Folge einer Herzkrankheit ist, könnte dagegen eine Herztransplantation zu einer Normalisierung der Nierenfunktion führen. Falsch ist der Satz "Jedoch sollten diese Erkrankungen nicht als einander bedingend begriffen werden ..., sondern vielmehr als Einheit" (Seite 19). Richtig ist das Gegenteil. Eine Reduktion des Herzzeitvolumens führt zu einer proportionalen Reduktion der Nierenfunktion. Falsch ist auch der Schlusssatz "Die Nephrologie sollte sich mit dieser Entität intensiv auseinandersetzen." Richtig wäre vielmehr auf dem Gebiet der drei Nonnenbruch-Syndrome ein engere Zusammenarbeit der Nephrologen mit den Hepatologen, den Pulmonologen und den Kardiologen. Es handelt sich bei den Extrarenalsyndromen um eine Trias und nicht um eine Entität. Bei Nierengesunden mit einer Niereninsuffizienz wird man weder auf molekularer noch auf histologischer Ebene eine Nierenkrankheit finden.
198. a) Manfred Hecking und Marcus D. Säemann ("Interaktionsanalysen im nephrologischen Setting", in: Nephro News, Forum für Nephrologie und Hypertensiologie, Wien, Jahrgang 15, Ausgabe 2/2013, Seiten 23 bis 26) machen sich Gedanken zur Mortalität von Nephrektomierten.
b) "Eine mögliche Hypothese könnte daher lauten: "Es ist nicht die Nierenerkrankung per se, die der Assoziation zwischen GFR und Mortalität zugrunde liegt, sondern die vorbestehenden Störungen, welche zur Nierenerkrankung geführt haben, könnten dieses Verhältnis maßgeblich beeinflussen." (Seite 26)". - Diese Aussage ist richtig, wenn man "Nierenerkrankung" durch "Niereninsuffizienz" ersetzt. Es handelt sich jedoch nicht um eine Hypothese, sondern um eine Binsenwahrheit. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Denn jede Reduktion des Herzzeitvolumens führt immer zu einer proportionalen (österreichisch: aliquoten) Reduktion der GFR. Leberkrankheiten, Lungenkrankheiten und Herzkrankheiten reduzieren das Herzzeitvolumen. Das sind die drei extrarenalen oder Nonnenbruch-Syndrome (hepatorenales, pulmorenales und kardiorenales Syndrom). Dass Leber-, Lungen- und Herzkrankheiten unabhängig von eventuellen Nierenkrankheiten zu einer erhöhten Mortalität führen, verwundert nicht. Nierengesunde können niereninsuffizient bis zur Dialysepflicht sein. Man muss also streng zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz unterscheiden.
c) Dann beantwortet sich auch die von den beiden Autoren auf Seite 23 gestellte Frage von selbst: "Wenn eine schlechtere Nierenfunktionsleistung alleine keine erhöhte Mortalität bedingt, woher kommt dann der so eindeutige Nachteil einer chronischen Niereninsuffizienz, bei der keine mechanische Ursache vorliegt?" - Der Nachteil einer erhöhten Mortalität kommt von den Leber-, Lungen- und Herzkrankheiten, welche auch bei Nierengesunden additiv das Herzzeitvolumen und damit proportional die Glomeruläre Filtrationsrate reduzieren. Diesen Zusammenhang erkannte schon Wilhelm Nonnenbruch, als er bei der Autopsie von an Nierenversagen Verstorbenen keine Nierenkrankheiten fand. Die einfache Pathophysiologie (Definition der Clearance wie beim Klärwerk) verstand er jedoch nicht.
d) Dass die beiden Autoren die falschen Nierenfunktionseinheiten ml/min/1.73 m² beziehungsweise mL/min/1.73 m2 und einmal sogar ml/min/1.74 m² verwenden, sei nur noch am Rande vermerkt.
199.) Eine der Grundaussagen der Hämodynamik (nachgeburtlich bei Menschen und Säugetieren) lautet:
Herzzeitvolumen
= Lungenzeitvolumen
= rechtsatriales enddiastolisches Füllungsvolumen mal rechtsatrialer Ejektionsfraktion mal Herzfrequenz
= rechtsventrikuläres enddiastolisches Füllungsvolumen mal rechtsventrikulärer Ejektionsfraktion mal Herzfrequenz
= rechtspulmonales Lungenzeitvolumen plus linkspulmonales Lungenzeitvolumen
= linksatriales enddiastolisches Füllungsvolumen mal linksatrialer Ejektionsfraktion mal Herzfrequenz
= linksventrikuläres enddiastolisches Füllungsvolumen mal linksventrikulärer Ejektionsfraktion mal Herzfrequenz.
200. a) Wohl fast allen Autoren von wissenschaftlichen Arbeiten zur Herzinsuffizienz muss man vorhalten, dass sie die Definition der Herzinsuffizienz als Reduktion des Herzzeitvolumens nicht verstehen. Die einzige Ausnahme ist die Herzinsuffizienz auf dem Boden einer Anämie. Das Herzzeitvolumen HZV mit der Einheit ml/min ist das Produkt aus dem Ventrikelvolumen VV, der Ejektionsfraktion EF und der Herzfrequenz HF. Die Einheit des Kammervolumens ist ml, die Ejektionsfraktion hat keine Einheit, die Herzfrequenz hat die Einheit 1/min. Alle drei Faktoren können bei einer Verkleinerung zur Herzinsuffizienz führen. Eine Vergrößerung von mindestens einem dieser drei Faktoren kann die Dekompensation multiplikativ verhindern. Eine kleine Ejektionsfraktion kann durch eine dilatative Kardiomyopathie oder durch eine Tachykardie kompensiert werden. Die erfolgreiche Therapie der Dilatation oder der Tachykardie kann zur Dekompensation der Herzinsuffizienz führen. In der Formel HZV = VV x EF x HF sind alle drei Faktoren zur Beurteilung der Herzleistung gleich wichtig. Die Bedeutung der EF wird allgemein überschätzt. Die Ejektionsfraktion allein ist kein Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Bei jeder Echokardiographie muss zusätzlich immer auch das enddiastolische Kammervolumen bestimmt werden.
b) Die Nierenleistung ist proportional zur Herzleistung. Wenn die relative Reduktion der GFR gleich der relativen Reduktion des HZV ist, dann liegt keine Nierenkrankheit vor. Dann besteht die Therapie der Niereninsuffizienz in einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Eine Nierendialyse, nicht aber eine Nierentransplantation kann zusätzlich indiziert sein. Wenn die relative Reduktion der GFR größer ist als die relative Reduktion des HZV, dann liegt zusätzlich eine Nierenkrankheit vor. Nur dann kann zusätzlich auch eine Nierentransplantation indiziert sein. Wenn die relative Reduktion der GFR kleiner ist als die relative Reduktion des HZV, dann liegt eine renale Hyperperfusion mit glomerulärer Hyperfiltration vor. - Siehe auch oben Absatz 152 zum Quotienten GFR/HZV.
201. a) Jede wie auch immer ermittelte GFR muss stets im Zusammenhang mit dem HZV beurteilt werden. Wenn die Ist-GFR um x % unter der Soll-GFR und wenn gleichzeitig das Ist-HZV um y % unter dem Soll-HZV liegen, dann kann man die folgenden Behauptungen aufstellen: Bei x=y liegt keine Nierenkrankheit vor. Bei x>y liegt eine Nierenkrankheit vor. Bei x<y liegt eine Hyperfiltration vor. Bei x=y sind eine Nierenbiopsie und auch eine Nierentransplantation verboten. Bei x<y ist eine Nierendialyse nur selten indiziert. Bei Nierengesunden mit x=y ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz; eine Herztransplantation kann zur Normalisierung der Nierenfunktion mit x=0 und auch zur Normalisierung der Herzfunktion mit y=0 führen.
b) Berechtigt wäre der Einwand, x und y seien streng genommen die Salden von positiven und negativen Einflüssen auf die Funktion von Herz und Nieren. Es mag Krankheiten mit einer zumindest vorübergehenden Verbesserung der Organfunktion geben. Ebenso können neurohumorale Regelkreise x und y verändern.
c) Auch hier der Vergleich mit einem Klärwerk. Wenn sich bei Trockenheit in einem Klärwerk gegenüber dem Jahresdurchschnitt gleichzeitig das Abwasservolumen um x % und die Clearance um y % reduzieren, dann liegen bei x=y ein Normalbetrieb, bei x>y eine Hyperfiltration und bei x<y eine Hypofiltration vor. Bei Regenwetter gelten diese Beziehungen auch für negative Werte von x und y. Im Jahresmittel sind x=0 und y=0.
202. a) In einem Gutachten nach Aktenlage für eine Frau im Alter von 58 Jahren bescheinigte ich unlängst eine Niereninsuffizienz bei Nierengesundheit.
b) Mir standen insgesamt acht Arztbriefe und Krankenhausberichte zur Verfügung. Danach leidet diese Frau an einer zweitgradigen COPD, an einer drittgradigen Adipositas, an einer drittgradigen Mitralklappeninsuffizienz, an einer viertgradigen Herzinsuffizienz und an einer ebenfalls viertgradigen Niereninsuffizienz.
c) Interessant ist an den Arztbriefen ein kardiologischer Befund. Ich fordere bei jeder Echokardiographie die Angabe des Ventrikelvolumens. Der betreffende habilitierte Kardiologe hat das enddiastolische linksventrikuläre Volumen mit 120 ml angegeben. Das ist bislang das erste Mal, dass ich in einem Befundbericht eine Angabe zum Ventrikelvolumen finde.
d) Die Ejektionsfraktion gibt dieser Kardiologe mit 35 % an. Die Herzfrequenz hat er jedoch nicht bestimmt.
e) Nur in einem der acht kardiologischen Briefe finde ich eine Angabe zur Herzfrequenz. Ein Krankenhaus findet während einer kardialen Dekompensation eine Sinustachykardie von 100/min.
f) Jetzt kann ich nach der Formel HZV = VV x EF x HF das Herzzeitvolumen berechnen. HZV = 120 ml x 0,35 x 100/min = 4200 ml/min.
g) Eine Korrektur wegen des schweren Vitiums und wegen der vorübergehenden Tachykardie ergibt ein HZV von vielleicht 2000 ml/min. Das wären nur 40 Prozent vom geschätzten Sollwert von 5000 ml/min.
h) Angegeben werden nicht normierte Glomeruläre Filtrationsraten zwischen 19,2 ml/min und 27,2 ml/min. Auch das wären nur etwa 40 Prozent des geschätzten Sollwertes von vielleicht 65 ml/min.
i) Die gleichzeitige und gleich große Reduktion des HZV und der GFR jeweils um 60 % im Vergleich mit den Sollwerten spricht gegen das Vorliegen einer Nierenkrankheit.
203.) Christina Taylan ("Kinder und Jugendliche bedürfen besonderer Beobachtung", in: Diatra, Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation, 23. Jahrgang, Heft 4/2013, Seiten 19 und 20) schreibt über "die Einschränkung der Nierenfunktion nach Organtransplantation (nicht Niere) bei pädiatrischen Organempfängern". Richtigerweise vermeidet sie konsequent den Ausdruck Nierenkrankheit. Statt dessen schreibt sie korrekt über eine "verschlechterte Nierenfunktion", von "einer terminalen Niereninsuffizienz", über eine "langsam nachlassende Nierenfunktionsleistung", über "ein terminales Nierenversagen" und von "einem chronischen Nierenfunktionsverlust". Bei der "Ursachenanalyse" (Seite 19) "ist bei schwer systemerkrankten Patienten" jedoch auch in der Kindernephrologie immer an die Nonnenbruch-Syndrome zu denken. - "Wichtig ist die exakte Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) unter Verwendung adäquater Parameter" (Seite 20). Christina Taylan verwendet die falsche Nierenfunktionseinheit "ml/min/1,73 m²". Unklar bleibt, ob sie nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert. Sie erwähnt eine "mittlere Überschätzung der GFR nach Schwartz", ohne ihre Vergleichsmethode zu nennen.
204.) Beim hepatorenalen Syndrom sind Herz und Nieren gesund. Jede Reduktion des Herzzeitvolumens führt zu einer identischen relativen Reduktion der GFR. Ursachen der Reduktion des Herzzeitvolumens sind Leberkrankheiten wie zum Beispiel eine Leberzirrhose (deutsch: Schrumpfleber). Eine Leberschrumpfung mit irreversiblem Verlust der physiologischen Leberarchitektur führt zu Aszites (Hydrops, Hydropie, Bauchwassersucht), portaler Hypertension, arterieller Hypotonie, Ösophagusvarizen, portokavalen Anastomosen, Hämorrhagien, Peritonitis, Exsikkose, Dehydratation, Ödemen und zum Cruveilhier-Baumgarten-Syndrom. Im Einflussgebiet der Pfortader staut sich das Blut vor der Leber. Während dieser Stauung kann es sich überproportional mit harnpflichtigen Stoffen anreichern. Dass im schlimmsten Fall der Dekompensation ein hepatisch bedingtes Multiorganversagen auch das Herzzeitvolumen reduziert, dürfte nicht verwundern. Diesen Pathomechanismus hat schon Wilhelm Nonnenbruch als hepatorenales Syndrom beschrieben. - Unstrittig ist aber auch der umgekehrte Weg. Erkrankungen von Lunge, Herz und Nieren können auch die Leber schädigen. Bei einer Rechtsherzinsuffizienz nennt man das dann Cirrhose cardiaque. Dieser Effekt ist im Vergleich zum Hepatorenalsyndrom jedoch unbedeutend. Man darf also Ursache und Wirkung nicht verwechseln.
205. a) Die Formel HZV = VV x EF x HF gilt nur für statische Prozesse. Wenn sich einer der drei Faktoren Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz ändert, kann man das veränderte Herzzeitvolumen errechnen. Voraussetzung für solche Berechnungen ist die Konstanz der beiden übrigen Faktoren. Das nennt man ceteris paribus. Ausgang der folgenden Betrachtungen ist also das Herzzeitvolumen HZV des Patienten vor Beginn einer Therapie:
HZV = VV x EF x HF = dHZV = aVV x bEF x cHF mit a=b=c=d=1.
b) In der medizinischen Wirklichkeit darf man eine solche Ceteris-paribus-Situation nicht unterstellen. Für dynamische Prozesse muss die Formel verändert werden:
dHZV = aVV x bEF x cHF.
a, b, c und d sind dabei die Faktoren, mit denen die relativen Veränderungen der vier Parameter VV, EF, HF und HZV durch die Therapie beschrieben werden. Dabei gilt abc=d.
c) Ein Zahlenbeispiel zur Verdeutlichung: Wenn sich die Herzfrequenz HF um zehn Prozent auf cHF = 0,9 HF reduziert, dann ist c=0,9. Als Folge dieser iatrogenen Reduktion mögen sich das Ventrikelvolumen VV um 10 % auf aVV = 1,1 VV und gleichzeitig die Ejektionsfraktion EF um 20 % (nicht: Prozentpunkte) auf bEF = 1,2 EF erhöhen. Dann sind a=1,1 und b=1,2. Jetzt kann man d berechnen:
d = abc = 1,1 x 1,2 x 0,9 = 1,188.
Das HZV erhöht sich also von HZV um 18,8 Prozent auf dHZV = 1,188 x HZV.
d) Vor jeder therapeutischen Beeinflussung von Kammervolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz muss man sich also immer überlegen, wie sich dann die beiden übrigen Faktoren verändern werden. Man wird dabei von kurz-, mittel- und langfristigen Folgen ausgehen müssen.
e) Ziel einer jeden Therapie der Herzinsuffizienz ist die Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Das gelingt nur, wenn d größer wird als 1. Also: d>1 oder abc>1
oder ab>1/c. Wenn man beispielsweise c therapeutisch verkleinert, dann muss kompensatorisch das Produkt ab größer werden als 1/c. Siehe auch unten Absatz
209.
206. a) Offenbar fordert auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DKG) in ihren Leitlinien für jede Echokardiographie neben der Bestimmung der Ejektionsfraktion zusätzlich zweitens auch die Bestimmung des Ventrikelvolumens. Drittens fordere ich noch die gleichzeitige Bestimmung der Herzfrequenz. Nur bei Kenntnis dieser drei Parameter kann man sie multiplizieren, um als Produkt das Herzzeitvolumen zu erhalten. - Siehe auch unten die Absätze 291i und 324.
b) Die Angaben zum Ventrikelvolumen VV sind verwirrend. Thomas Buck et alii ("Manual zur Indikation und Durchführung der Echokardiographie", in: Clin Res Cardiol Suppl 4 (andere Angabe: 1): 3-51 (2009), Seiten 3 bis 51) zählen in Tabelle 4 auf Seite 8 die Bestimmung von Schlagvolumen (zum Beispiel als Differenz von enddiastolischem und endsystolischem Volumen) und Herzminutenvolumen zu den Standarduntersuchungen. Im dazugehörigen Text finden sich dazu jedoch keine konkreten Hinweise. Man gewinnt immerhin den Eindruck einer beliebigen Sollvorschrift. Die Bedeutung der Formel HZV = VV x EF x HF wird nicht erkannt. Ebenso wird offenbar nicht erkannt, dass das Schlagvolumen SV gleich dem Produkt aus Ventrikelvolumen VV und Ejektionsfraktion EF ist. Dadurch wird die Formel für das Herzzeitvolumen noch kürzer: HZV = SV x HF.
207. a) Jeder Einwand gegen die Bedeutung der mathematischen und physikalischen Gleichung HZV = VV x EF x HF für die Therapie von allen nichtanämiebedingten Herzinsuffizienzen ist unbegründet. Um ein Produkt zu vergrößern, muss man mindestens einen der Faktoren vergrößern. Wenn man einen der Faktoren verkleinert, dann muss kompensatorisch mindestens einer der übrigen Faktoren überproportional ansteigen.
b) Mechanisch gesehen ist es völlig egal, wie und wodurch diese Veränderungen hervorgerufen werden. Man kann an medikamentöse, operative, psychologische oder neurohumorale Einflüsse denken. Auch durch Zeitablauf kann zum Beispiel eine Verkleinerung der Ejektionsfraktion durch eine Ventrikeldilatation oder durch eine Frequenzzunahme kompensiert werden.
c) Es könnte als Folge der Beeinflussung eines Faktors zu einem Rückgang des Sauerstoffbedarfes in der Peripherie kommen. Das kann jedoch kaum mit einer erwünschten Leistungssteigerung verbunden sein. Spätestens bei Anwendung der Klassifizierung nach der New York Heart Association (NYHA) wird man eine Verbesserung der kardialen Leistungsfähigkeit vergeblich suchen.
d) Alle Parameter der Rheologie (Hämorheologie) und der Hydraulik (Hämohydraulik) beeinflussen das Herzzeitvolumen. Man denke nur an die verschiedenen Drücke und Spannungen, an Dehnungen und Kompressionen, an Viskosität, Elastizität, Plastizität, Dilatanz, Thixotropie, Rheopexie, Konsistenz und so weiter. Aber alle diese Phänomene beeinflussen die drei Hauptparameter Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz und damit auch deren Produkt, das Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen ist also gewissermaßen die Summe aller Einflüsse auf Herz und Kreislauf. Wenn man das Herzzeitvolumen bestimmt, bestimmt man gleichzeitig indirekt auch die Auswirkungen von allen anderen relevanten Parameter mit.
e) Es gibt viele verschiedene Methoden zur Bestimmung des Herzzeitvolumens. Auch wenn man auf die Messung von VV, EF und HF verzichtet, ist jedes ermittelte HZV doch immer gleich dem Produkt von VV, EF und HF. Wenn man zum Beispiel das HZV nuklearmedizinisch misst, kann man bei Kenntnis von EF und HF das Ventrikelvolumen VV errechnen nach der Formel VV = HZV/EFHF.
208.) Ein Produkt aus drei Faktoren wird kleiner, wenn man einen dieser Faktoren verkleinert, ohne das Produkt der beiden übrigen Faktoren entsprechend zu vergrößern. Dieser mathematische Lehrsatz gilt auch für das Herzzeitvolumen als Produkt aus Kammervolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz. Eine passende Analogie aus der Betriebswirtschaftslehre wäre der Jahresumsatz als Produkt aus Jahresproduktionsmenge, Verkaufsquote und Einzelverkaufspreis. Dabei ist die Verkaufsquote sehr wichtig. Sie ist aber kein alleiniges Maß für den Umsatz. Analog darf die Ejektionsfraktion nicht als Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz angesehen werden.
209. a) In der Formel HZV = VV x EF x HF können die drei Faktoren in weiten Bereichen schwanken. Es gibt 3! = 1 x 2 x 3 = 6 Kombinationsmöglichkeiten, um die funktionelle Abhängigkeit der drei Faktoren graphisch in zweidimensionalen kartesischen Koordinatensystemen darzustellen. Für jede Herzkrankheit könnte man Graphen für die kurz-, mittel- und langfristigen Interdependenzen ermitteln. Das soll im Folgenden kurz skizziert werden.
b) Wenn man VV auf der Abszisse und EF auf der Ordinate abträgt, ist der Graph annähernd eine nach unten offene Parabel. EF = f(VV).
c) Eine Spiegelung an der Winkelhalbierenden x=y ergibt annähernd eine nach links offene Parabel, wenn man EF auf der Abszisse und VV auf der Ordinate abträgt. VV = f(EF).
d) Wenn man HF auf der Abszisse und EF auf der Ordinate abträgt, ist der Graph annähernd eine nach unten offene Parabel. EF = f(HF).
e) Eine Spiegelung an der Winkelhalbierenden x=y ergibt annähernd eine nach links offene Parabel, wenn man EF auf der Abszisse und HF auf der Ordinate abträgt. HF = f(EF).
f) Wenn man HF auf der Abszisse und VV auf der Ordinate abträgt, ist der Graph annähernd eine nach oben offene Parabel. VV = f(HF).
g) Eine Spiegelung an der Winkelhalbierenden x=y ergibt annähernd eine nach rechts offene Parabel, wenn man VV auf der Abszisse und HF auf der Ordinate abträgt. HF = f(VV).
h) Ein Beispiel: Zur Beurteilung der Auswirkungen einer Senkung der Herzfrequenz HF auf die Ejektionsfraktion EF und auf das Ventrikelvolumen VV muss man sich die Graphen d und f ansehen. Nur Bewegungen rechts des Maximums in Bild d beziehungsweise links des Minimums in Bild f können zu einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens führen.
i) Man erkennt: Frequenzsenkungen bei Tachykarden vergrößern die Ejektionsfraktion und verkleinern das Ventrikelvolumen. Frequenzsenkungen bei Normofrequenten verkleinern die Ejektionsfraktion und vergrößern das Ventrikelvolumen.
j) Eine Frequenzsenkung bei Normofrequenten führt also nur dann zu einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens, wenn die relative Vergrößerung von VV größer ist als die relative Verkleinerung des Produktes HFxEF. Wenn sich HFxEF um 30 % verkleinert, dann muss sich VV um mehr als 43 % vergrößern, um eine Herzinsuffizienz positiv zu beeinflussen.
k) Bei einer Lungenresektion halbiert sich das Ventrikelvolumen. Nach Graph b wird sich die Ejektionsfraktion vermutlich reduzieren. Zum Ausgleich wird sich nach Graph g die Herzfrequenz vielleicht erhöhen. Das Herzzeitvolumen wird sich verkleinern, solange der Rückgang des Produktes VVxEF nicht durch eine überproportionale Erhöhung der Herzfrequenz kompensiert wird.
l) Nach einer Herztransplantation verkleinern sich das Ventrikelvolumen und die Herzfrequenz. Nach den Graphen b und d wird sich die Ejektionsfraktion vergrößern. Die Herzinsuffizienz nimmt ab, solange der Anstieg der Ejektionsfraktion den Rückgang des Produktes VVxHF multiplikativ kompensiert.
m) Nach einer Aortenklappenerneuerung erhöht sich die Ejektionsfraktion. Das Ventrikelvolumen und die Herzfrequenz werden nach den Graphen c beziehungsweise e sinken. Das Herzzeitvolumen vergrößert sich, wenn der Rückgang des Produktes VVxHF durch eine überproportionale Verbesserung der Ejektionsfraktion kompensiert wird.
n) Nach einer Lebertransplantation erhöht sich das Ventrikelvolumen. Nach den Graphen b und g werden die Ejektionsfraktion steigen und die Herzfrequenz sinken. Das Herzzeitvolumen vergrößert sich, wenn der Rückgang der Herzfrequenz durch eine Vergrößerung des Produktes VVxEF überkompensiert wird.
o) Der Vorwurf des Mechanizismus ist unberechtigt. Das Herz als Pumporgan muss mechanisch betrachtet werden, also nach den Regeln der Physik und der Mathematik. Eine solche mechanische Betrachtung der Herzfunktion ist auch nicht obsolet. Vielmehr ist sie erst jetzt mit den modernen Methoden der Echokardiographie möglich. Der Kardiologe muss also VV, EF und HF bestimmen, damit der Nephrologe das Produkt HZV=VVxEFxHF bilden kann. Nur so ist eine kompetente Beurteilung der GFR möglich. Ich verweise oben auf den Absatz 205.
210. a) Der Inhaber einer kardiologischen Praxis antwortet mir in einem ärztlichen Diskussionsforum als sein Fazit auf meine Kritik das Folgende: "Das Herzzeitvolumen spielt in der Therapie der Herzinsuffizienz keine Rolle und muss deshalb nicht regelmäßig bestimmt werden. Die echokardiographische Bestimmung ist außerdem ungenau. In den Leitlinien gibt es keine Therapieansätze, die alleine vom Herzzeitvolumen abhängen."
b) Genau das Gegenteil ist richtig. Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen, wenn man von der Anämie als
Ursache absieht. Deshalb spielt das Herzzeitvolumen in der Therapie der Herzinsuffizienz die alleinige Rolle. Die aktuellen Leitlinien fordern deshalb die regelmäßige Bestimmung des
Kammervolumens als Standard. Es gibt mehr als zehn verschiedene Bestimmungsverfahren für das Herzzeitvolumen. Gewiss sind sie ungenau. Deshalb muss man sich um Genauigkeit und Plausibilität
bemühen. Jede Therapie einer Herzkrankheit beeinflusst die drei Einzelfaktoren Kammervolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz. Deshalb muss man sie regelmäßig bestimmen und bei Bedarf
multiplizieren. Auch bei Herzgesunden mit einer Niereninsuffizienz muss das Herzzeitvolumen bestimmt werden.
211. a) Ein niedergelassener Kardiologe nennt in einem Befundbericht des Patienten A. O. die folgenden Parameter:
HF = Herzfrequenz = 120/min
EF = Ejektionsfraktiobn = 56 %
SV = Schlagvolumen = 60 ml
RV = Regurgitationsvolumen = 32 ml
b) Jetzt kann ich das Herzzeitvolumen berechnen:
HZV = SVxHF = 60 ml x 120/min = 7,2 l/min. Das erscheint unplausibel.
c) Ich kann das enddiastolische Volumen VV berechnen, denn das Schlagvolumen ist definiert als Produkt aus Kammervolumen und
Ejektionsfraktion:
SV = VVxEF, also VV = SV/EF = 60 ml/0,56 = 107 ml.
d) Nach einer zweiten Definition ist das Schlagvolumen die Differenz zwischen enddiastolischem und endsystolischem Kammervolumen. Es
ergibt sich ein endsystolisches Kammervolumen von VV - SV = 107 ml - 60 ml = 47 ml.
e) Unter einer Aortenregurgitation versteht man den Rückfluss von Blut aus der Aorta in den linken Ventrikel. Wenn man das
regurgitierte Volumen vom Schlagvolumen subtrahiert, erhält man ein neues Herzzeitvolumen:
HZV = (SV - RV) x HF = (60 ml - 32 ml) x 120/min = 28 ml x 120/min = 3360 ml/min.
Das erscheint plausibel bei den vorliegenden Erkrankungen.
212. a) Dieses Durcheinander lässt sich durch die Definition eines Ejektionsvolumens beseitigen. Das Ejektionsvolumen
EV
= Schlagvolumen minus Regurgitationsvolumen
= Schlagvolumen minus Rückflussvolumen
= enddiastolisches Volumen minus endsystolisches Volumen minus Regurgitationsvolumen
= enddiastolisches Volumen mal Ejektionsfraktion minus Regurgitationsvolumen
= VV x EF - RV
= SV - RV
b) Das vereinfacht die Berechnung des Herzzeitvolumens nach der Formel HZV=EVxHF.
c) Wenn man bei Google nach dem Ejektionsvolumen sucht, findet man am 30.12.2013 nur 195 weitgehend
nichtssagende Ergebnisse. Wikipedia definiert es unter dem Stichwort Ventrikulographie als Auswurfvolumen. Rolf Heister ("Lexikon medizinisch-wissenschaftlicher Abkürzungen", 4. Auflage, Verlag
Schattauer, Seite 385) erklärt TEV als totales Ejektionsvolumen. Das "Radiologiescript" der "Klinik für Strahlendiagnostik" im Klinikum der Philipps-Universität Marburg aus den Jahren 2001 bis
2007 verwechselt es im Kapitel 5.4.3 mit der Ejektionsfraktion, welche als (SV/EDV x 100) definiert wird.
213.) Im medizinischen Internet-Lexikon Doc Check Flexikon wird unter dem Stichwort Kreatinin-Clearance der Korrekturfaktor F = (1,73
m²/KOF) empfohlen. Es handelt sich nicht um eine Korrektur, sondern um eine Normierung. Es wird nicht zwischen der tatsächlichen und der normierten Clearance unterschieden. Es wird nicht zwischen
der Formel für die tatsächliche Clearance und der Formel für die normierte Clearance unterschieden. Es fehlt auch beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate jeder Hinweis auf die zwingend
erforderliche Normierung, wenn man nach ICD-10 klassifizieren will oder wenn man eine Stadieneinteilung vornehmen will.
214. a) "Unterschiedliche Erkrankungen wie arterielle Hypertonie, Myokardinfarkt, Herzklappenvitien und Kardiomyopathien können eine
Myokardschädigung initiieren, die weiter fortschreitet und zu einer progredienten Verschlechterung der Pumpfunktion sowie zum klinischen Bild der chronischen Herzinsuffizienz führt." (Quelle:
"Herzinsuffizienz - Die Rolle der neurohormonalen Aktivierung", in: "scriptum cardiologicum", Sonderausgabe Inspra, 30. Jahrgang, August 2012, Seite 3).
b) Das bedeutet: Jede Myokardschädigung führt zur Herzinsuffizienz. Aber nicht jede Herzinsuffizienz beruht auf einer
Myokardschädigung. Es gibt also eine Herzinsuffizienz ohne Myokardschädigung.
c) Bei der Therapie der Herzinsuffizienz sollte man also zuerst nach der Grundkrankheit fragen.
d) Vermutlich ist eine Herzinsuffizienz ohne Myokardschädigung anders zu behandeln als eine Herzinsuffizienz mit einer
Myokardschädigung.
e) Vermutlich ist eine Herzinsuffizienz ohne Herzkrankheit anders zu behandeln als eine Herzinsuffizienz mit einer
Herzkrankheit.
f) Vorrangig ist bei der Therapie der Herzinsuffizienz also vermutlich die Therapie der Grundkrankheit.
g) Wenn man von der Anämie als Ursache absieht, beruht jede Herzinsuffizienz jedoch auf einer "Verschlechterung der Pumpfunktion". Auch
bei Herzgesunden kann sich die Pumpfunktion verschlechtern.
h) Das Maß für die Pumpfunktion und damit für die Schwere der Herzinsuffizienz ist das Herzzeitvolumen. Dieses Herzzeitvolumen kann auch ohne Vorliegen einer Herzkrankheit reduziert sein.
i) Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus Kammervolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz.
j) Vor jeder Therapie der Herzinsuffizienz muss man nach den beabsichtigten Auswirkungen auf diese drei Faktoren
fragen.
k) Wenn man sowohl die Herzfrequenz als auch die Ventrikeldilatation verkleinern will, muss gleichzeitig die Ejektionsfraktion
überproportional ansteigen.
l) Diese Grundforderung gilt unabhängig von allen neurohormonellen Regelkreisen.
215.) Am 13. Januar 2014 stellte ich bei Wikipedia unter dem Stichwort Lungenfunktion den folgenden Absatz mit der Überschrift "Falsche
Begrifflichkeiten" zur Diskussion: "Die Lungenfunktion wird richtig definiert als Oberbegriff der Lungenvolumina. Das Lungenvolumen wird falsch definiert als Lungenluftvolumen. Das
Lungenblutvolumen wird vergessen. Die Lunge ist das Organ für den Gasaustausch, also der Ort, an dem sich Luft und Blut treffen. Blutbestandteile werden an die Luft abgegeben, Luftbestandteile
werden an das Blut abgegeben. Damit ist bewiesen, dass Perfusion und Ventilation gleich wichtig sind. Zur Bestimmung der Lungenfunktion gehört also immer zwingend gleichberechtigt auch die
Bestimmung des Lungenzeitvolumens, welches grundsätzlich immer gleich dem Herzzeitvolumen ist. Ich erinnere diesbezüglich an den Euler-Liljestrand-Mechanismus. Er beschreibt die Proportionalität
von Perfusion und Ventilation. Also muss man bei jeder Lungenfunktionsuntersuchung auch Aussagen zur Durchblutung beider Lungenflügel machen. Das wird regelmäßig vergessen."
216. a) Nach dem Ohmschen Gesetz gilt für den Blutkreislauf dasselbe wie für den Stromkreislauf. Bekannt ist die Ohmsche Formel U=RI
oder R=U/I mit der Stromspannung U, dem Widerstand R und der Stromstärke I.
b) Für den Blutkreislauf gilt die Analogie TPR x HZV = delta P. Dabei sind
TPR = totaler peripherer Widerstand
= totale periphere Resistenz
= total peripheral resistance
= systemic vascular resistance
= TVR
= total vascular resistance
HZV = Herzzeitvolumen
= Herzminutenvolumen
= erste Ableitung des Blutvolumens nach der Zeit
delta P = Druckdifferenz zwischen Vene und Arterie
= Differenz zwischen dem zentralvenösen und dem mittleren arteriellen Druck
= Differenz zwischen ZVD und MAP
= Differenz zwischen mittlerem Aortendruck und zentralem Venendruck
= Aortenmitteldruck MAP, weil der ZVD meistens nahe bei null liegt
= mittlerer arterieller Druck MAD
= Integral der Blutdruckkurve im Zeitablauf.
c) Das HZV ist also der Quotient aus delta P und TPR. Also gleich dem Quotienten aus Druck und Widerstand. Näherungsweise ist das
Herzzeitvolumen also gleich dem Quotienten aus MAP und TPR, wenn man den zentralvenösen Druck vernachlässigt.
d) Der Druck hat die Einheit Pascal. Der Widerstand hat die Einheit Pascal mal Zeit pro Volumen. Das Herzzeitvolumen hat also die
Dimension Druck pro Widerstand oder Volumen pro Zeit jeweils mit der physikalischen Einheit ml/min. - Der Widerstand wird auch als vaskuläre Resistenz oder vascular resistance bezeichnet.
Folgende Einheiten und Umrechnungen sind für den vaskulären Widerstand üblich. 1 RU = 1 resistance unit = 1 HRU = 1 hybrid reference unit = 1 Wood-Einheit = 1 Wood Unit = 1 WU = 1 mmHgmin/l = 8
MPas/m³ = 80 dyns/cm hoch 5. Der Namensgeber war Paul Hamilton Wood (16.8.1907 bis 13.7.1962). - In der Pädiatrie werden die Woodschen Einheiten häufig auf die Körperoberfläche des Kindes
bezogen. Diese Division des vaskulären Widerstandes durch die kindliche Körperoberfläche führt zu einer Normierung des Widerstandes auf eine Standardkörperoberfläche von einem Quadratmeter. Aus
der Einheit mmHgmin/l wird durch diese Normierung die Einheit mmHgmin/lm². - In der inneren Medizin wird meistens die nicht normierte SI-Einheit MPas/m³ verwendet. M bedeutet hier Mega oder
Million.
e) Der Druck hat die Dimension M/LT². Der Widerstand hat die Dimension M/L²TL². Der Quotient aus beiden hat die Dimension ML²TL² / LT²M
= L³/T. Dabei bedeuten M die Masse, T die Zeit und L die Länge. Also lautet die Einheit des Herzzeitvolumens ml/min.
f) Der periphere Widerstand in der Medizin oder in der Physiologie ist der Widerstand im Herzkreislaufsystem. Er wird auch als
Nachlast, Afterload oder TVR (total vascular resistance) bezeichnet. Er ist identisch mit dem oben unter b erwähnten totalen peripheren Widerstand. Er ist der
Herzkreislaufwiderstand.
g) Die SI-Einheit des Widerstandes ist Pas/m³. Die Einheit des Druckes ist Pa. Jetzt kann die Einheit des Quotienten aus Druck und
Widerstand berechnet werden. Das Herzzeitvolumen hat also die Einheit m³/s oder üblicher ml/min. - Siehe auch unten Absatz 409.
h) Somit errechnet sich die GFR nach dem Ohmschen Gesetz auch als Quotient aus dem renalen Organdruck und dem renalen Organwiderstand. Auch deswegen gilt die
Nierenfunktionseinheit ml/min.
i) Der totale periphere Widerstand ist bei Serienschaltung gleich der Summe der einzelnen Organwiderstände. Nach den Kirchhoffschen
Regeln ist bei Parallelschaltung der Kehrwert des totalen peripheren Widerstandes gleich der Summe der Kehrwerte der einzelnen Organwiderstände. Gustav Robert Kirchhoff lebte vom 12.3.1824 bis
zum 17.10.1887.
j) Der Organwiderstand der Nieren ist wegen der Serienschaltung (oder Reihenschaltung) gleich der Summe der Widerstände der Arterien,
der Arteriolen, der Kapillaren, der Venolen und der Venen in den Nieren.
217.) Das Herz gilt als Verdrängerpumpe Es ist weder eine Membranpumpe noch eine Hubkolbenpumpe. Insofern gelten die Gesetze der
Hydraulik auch für das Herz.
218. a) Wenn man das Blutvolumen BV eines Patienten durch die durchschnittliche Zeit t dividiert, die das Blut für einen Kreislauf
benötigt, erhält man als Ergebnis das Herzzeitvolumen. Es gilt also HZV = BV/t. Siehe oben Absatz 216 b.
b) Insofern ist das Herzzeitvolumen gleich der Umlaufgeschwindigkeit des Blutes.
c) Wenn man umgekehrt das Blutvolumen des Patienten durch sein HZV dividiert, erhält man als Ergebnis die durchschnittliche Zeit, die
eine Blutvolumeneinheit (zum Beispiel ein Erythrozyt oder ein Kreatininmolekül) für einen Durchgang durch den großen und durch den kleinen Kreislauf benötigt.
d) Ein Zahlenbeispiel: Wenn das Blutvolumen 5000 ml und das HZV 5000 ml/min betragen, dann wird jeder Erythrozyt das Herz jede Minute
einmal passieren.
e) Wenn man nun aber das Blutvolumen des Patienten durch seine GFR dividiert, erhält man als Ergebnis die durchschnittliche Zeit, die
ein Kreatininmolekül auf eine Passage durch den glomerulären Filter warten muss.
f) Ein Zahlenbeispiel: Wenn das Blutvolumen 5000 ml und wenn die GFR 50 ml/min betragen, dann wird jedes Kreatininmolekül nach durchschnittlich 100 Minuten renal ausgeschieden. Denn 5000 ml : (50 ml/min) = 100 min.
g) In diesem Zahlenbeispiel erkennt man das Folgende: Die Wahrscheinlichkeit für eine glomeruläre Filtration innerhalb einer Minute
beträgt für Kreatinin etwa ein Prozent. Siehe auch oben Absatz 152.
h) Eine Vergrößerung dieser Wahrscheinlichkeit GFR/BV ist also die Hauptaufgabe der Nephrologie. BV ist
das gesamte Blutvolumen des Patienten.
i) Zahlenbeispiel: Wenn die GFR 90 ml/min und das Blutvolumen BV 4500 ml
betragen, dann errechnet sich die Wahrscheinlichkeit GFR/BV = (90 ml/min) : 4500 ml = 0,02/min.
219. a) Roman Reindl-Schwaighofer und Rainer Oberbauer ("Das Ende der
dualen RAAS-Blockade bei diabetischer Nephropathie: Ein harter Endpunkt für Surrogatparameter?", in: Nephro-News, Forum für Nephrologie und Hypertensiologie, Heft 6/2013, Seiten 19 bis 25)
definieren auf Seite 23 die diabetische Nephropathie fälschlich "als eine Verdoppelung des Serumkreatinins".
b) Eine Vergrößerung des Serumkreatininspiegels oder eine Verkleinerung der
GFR sprechen erst einmal für eine Niereninsuffizienz und nicht für eine Nephropathie.
c) Eine diabetische Nephropathie wird in der wissenschaftlichen Literatur
völlig anders definiert. Sie muss außerdem durch eine Biopsie gesichert sein.
d) Es stellt sich also die Frage, ob der oft geringgradige histologische
Befund einer diabetischen Nephropathie das oft große Ausmaß einer Niereninsuffizienz erklären kann. Meistens ist das nicht der Fall.
e) Wenn eine leichte gesicherte diabetische Nephropathie die Schwere einer
Niereninsuffizienz nicht erklärt, dann muss man an die extrarenalen Syndrome nach Wilhelm Nonnenbruch denken.
f) Insofern ist die Arbeit der beiden Autoren schon vom Ansatz her falsch.
Vermutlich liegen gar keine "renalen Erkrankungen" (Seite 25) vor. Es werden also Symptome von Herzkrankheiten, Leberkrankheiten und Lungenkrankheiten bei nierengesunden multimorbiden Diabetikern
beschrieben und medikamentös behandelt. Alle Schlussfolgerungen beruhen auf falschen Grundlagen. Die vorgelegte Arbeit von Roman Reindl-Schwaighofer und Rainer Oberbauer ist
wertlos.
g) Nur am Rande sei auch auf die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73
m² (Seiten 21 und 22) hingewiesen.
220. a) In einem ärztlichen Diskussionsforum schreibt mir am 29.1.2014 ein
Kardiologe zu meinem Vergleich der Niere mit einem Klärwerk: "Ein gelungener Vergleich. Bravo! Aus meiner Sicht könnte man aus der Herzechokardiographie viel mehr Informationen erhalten. Leider
ist die Zeit für die Volumenmessung knapp und die Kalkulation des HZV ist eine zeitaufwändige Geschichte in der täglichen Praxis. Hilfreich ist das 3-D-Echo, aber nur wenige Ärzte außerhalb der
Unikliniken verfügen über diese Technik. Uns bleibt nur das mühsame Drehen, Messen und Kalkulieren über mehr als 30 Minuten. Dafür reicht die derzeitige Leistungsbewertung nicht aus. Trotzdem
haben Sie Recht!"
b) In derselben Diskussion antwortet mir ein habilitierter Kardiologe
ebenfalls am 29.1.2014: "Völlig zu Recht weisen Sie auf die Bedeutung der kardiorenalen (und auch hepatorenalen beziehungsweise pulmorenalen) Syndrome hin. Deshalb gibt es in Heidelberg auch eine
aktiv gelebte Kooperation zwischen den Abteilungen Nephrologie und Kardiologie."
221. a) Am 3.2.2014 bekomme ich einen neuen kardiologischen Bericht meines
Patienten M. J. (siehe oben Absatz 136). Es handelt sich um eine Gated SPECT, also um eine spezielle Einzelphotonen-Emissionscomputertomographie des Herzenz (gated single photon emission computed
tomography). Gate heißt Schleusentor; gemeint ist damit eine Steuerung durch eine gleichzeitige Elektrokardiographie. Die folgenden Werte wurden angegeben beziehungsweise von mir
errechnet.
Enddiastolisches Volumen EDV = 98 ml
Endsystolisches Volumen ESV = 40 ml
Schlagvolumen = EDV - ESV = SV = 98 ml - 40 ml = 58
ml
Ejektionsfraktion = EF = SV/EDV = 58 ml / 98 ml = 0,5918 = 59
%
Herzfrequenz = HF = 50/min
b) Daraus kann ich jetzt das Herzzeitvolumen = HZV = SV x HF = 58 ml x
50/min = 2900 ml/min berechnen. Dieses Ergebnis passt zur koronaren Zweigefäßerkrankung eines fünfzigjährigen Mannes nach einem Herzvorderwandinfarkt.
c) Dazu passt auch seine zweit- oder drittgradige Niereninsuffizienz mit
einer GFR zwischen 50 und 80 ml/min. Bei einer Körperoberfläche von 1,83 m² ändert eine Normierung der GFR nach GFR(1,73 m²/1,83 m²) am Ergebnis wenig. Eine Nierenkrankheit ist nicht
bekannt.
d) Eine Herzinsuffizienz wird von den Nuklearmedizinern und von den
Kardiologen nicht beschreiben. Es ist also wie üblich von einer zweit- bis drittgradigen Herzinsuffizienz auszugehen.
e) Am 27.2.2013 wurde in einer identischen Untersuchung noch ein deutlich
besserer Befund erhoben. Damals errechnete sich das Herzzeitvolumen als HZV = SV x HF = 70 ml x 57/min = 3990 ml/min.
f) Ähnliche Beispiele aus meiner Praxis finden sich oben in den Absätzen
202 und 211.
222. a) Susanne Heinzl ("Nierentransplantation - Hoher intrarenaler
Resistenzindex mit kürzerem Überleben assoziiert", in: "Deutsches Ärzteblatt", Jahrgang 111, Heft 6/2014, 7.2.2014, Seite A 221) referiert eine Arbeit von Jörg Radermacher und Helmut Haller am
7.11.2013 in "The New England Journal of Medicine" ("The role of the intrarenal resistive index in kidney transplantation", NEJM 2013; 369: pages 1853 - 1855) mit Bezug auf eine Arbeit von
Maarten Naesens et alii ("Intrarenal resistive index after renal transplantation", NEJM 2013; 369: pages 1797 - 1806).
b) Bei diesem Resistenzindex RI handelt es sich um den
Quotienten
RI = (Vmax - Vmin) / Vmax = 1 - (Vmin/Vmax)
mit
Vmax = systolische Spitzengeschwindigkeit in einer Arteria
renalis,
Vmin = minimale enddiastolische Blutgeschwindigkeit in dieser Arteria
renalis.
c) In der Originalliteratur findet man den Begriff renal (interlobar)
arterial resistive index.
d) Die Aussagekraft eines solchen Index ist klein und verwirrend. Ein
kleiner Index ist kurzfristig mit einer kleinen und langfristig mit einer großen Sterblichkeit verbunden. Ein großer Index ist kurzfristig mit einer großen und langfristig mit einer kleinen
Sterblichkeit verbunden.
223. a) Oben in Absatz 152 habe ich die Glomeruläre Filtrationswahrscheinlichkeit WG als Quotient aus GFR und HZV definiert. Wenn diese Wahrscheinlichkeit WG in einem bestimmten Zeitraum konstant ist, dann sind GFR und HZV proportional zueinander. Jede relative Veränderung des HZV führt zu einer identischen relativen Veränderung der GFR und umgekehrt. Siehe auch oben die Absätze 117i, 156g, 162, 181, 189, 197, 198 und 204.
b) Bei konstanter Glomerulärer Filtrationswahrscheinlichkeit WG = GFR/HZV
liegt keine Nierenkrankheit vor. Denn identische relative Veränderungen von Zähler und Nenner verändern den Wert eines Bruches nicht.
c) Nierenkrankheiten können die WG verändern. Dann verändert sich bei
konstantem HZV immer die GFR.
d) Man kann jetzt sogar die folgende Regel aufstellen. Wenn das Stadium der
Herzinsuffizienz und das Stadium der Niereninsuffizienz identisch sind, dann kann keine filtrative Nierenkrankheit vorliegen.
e) Die Genauigkeit dieser Regel scheitert an der Tatsache, dass die
Kardiologen vier und die Nephrologen fünf Insuffizienzstadien kennen. Dem kann man abhelfen, indem man das erste Stadium der chronischen Niereninsuffizienz von den übrigen subtrahiert. So wird
aus dem Stadium X das Stadium X-1. Gleichzeitig beseitigt man mit diesem Trick auch das erste Stadium einer Nierenkrankheit ohne Niereninsuffizienz; aus Stadium 1 wird Stadium
0.
f) Jetzt sind identische Stadien von Herz- und Niereninsuffizienz der Beweis für eine Nierengesundheit.
g) Im Doppelstadium 4 kann jetzt eine Nierendialyse indiziert sein. Eine
Nierentransplantation ist dagegen in jedem Doppelstadium grundsätzlich immer kontraindiziert. Eine Herz-, Lungen- oder Lebertransplantation kann jedoch indiziert
sein.
h) So erklärt sich die Normalisierung der Nierenfunktion bei erfolgreicher Therapie einer extrarenalen Grundkrankheit.
224.) Wenn man bei Google nach dem von mir geprägten Begriff der Extraorgansyndrome sucht, findet man am 20.2.2014 ausschließlich sieben Hinweise auf meine Website.
Außerdem betreffen sechs von acht Ergebnissen bei der Suche nach den Extrarenalsyndromen meine Website. Bei der Suche nach dem Pulmorenalsyndrom findet man einen Hinweis auf meine Website an
Position 61 von 1770. Ebenso weisen drei von fünf Treffern bei der Suche nach dem Begriff Antinormieren auf meine Website hin. Die neun ersten von insgesamt etwa 67.600 Ergebnissen bei der Suche
nach meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) sind Hinweise auf meine Website. Wenn man bei Google nach den Nonnenbruch-Syndromen sucht, findet man unter 1880 Ergebnissen Hinweise auf meine
Website an den Positionen 10 und 33.
225. a) Am 26.2.2014 bekam ich das antiquarische Buch "Die doppelseitigen Nierenkrankheiten" mit den Untertiteln "Morbus Brightii" und "Eine neuralpathologische
Betrachtung" von Wilhelm Nonnenbruch aus dem Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1949 (XII plus 212 Seiten).
b) Dort finde ich meine obigen Behauptungen bestätigt. Wilhelm Nonnenbruch beschreibt Leberpatienten, die an Nierenversagen ohne Nachweis von Nierenkrankheiten versterben. Er nennt diesen Sachverhalt "das extrarenale Nierensyndrom" (Seiten 170 bis 192).
c) "Das extrarenale Nierensyndrom ist eine ungemein häufige Erscheinung, wenn man einmal gelernt hat, es zu sehen. Es hat eine große praktische Bedeutung, und es
soll ihm deshalb ein eigenes Kapitel gewidmet werden." (Seite 170)
d) Nonnenbruch nennt auf Seite 171 zehn Formen des extrarenalen Nierensyndroms (hepatorenales Syndrom, bei der serösen interstitiellen Nephritis, bei Exsikkose und
Salzmangel, bei der Pneumonie, bei der Sublimatvergiftung, bei der Nebenniereninsuffizienz, beim Diabetes, beim Plasmozytom, bei der akuten schweren Myolyse und Hämolyse, zerebraler
Genese).
e) In dieser Aufzählung erkennt man das Hepatorenalsyndrom und das Pulmorenalsyndrom wieder. Das Kardiorenalsyndrom erwähnt Nonnenbruch nicht. Die übrigen könnte man
teilweise als Zerebrorenalsyndrom und Renorenalsyndrom zusammenfassen. Siehe oben die Absätze 161, 178, 182, 183, 185 und 191. - Anmerkung: Dieses Zerebrorenalsyndrom darf nicht mit dem
Digito-reno-zerebralen Syndrom (Kurzbezeichnung: zerebrorenales Syndrom), einer seltenen Erbkrankheit, verwechselt werden. - Anmerkung: Siehe unten Absatz 400.
f) Eine pathophysiologische Erklärung der extrarenalen Nierensyndrome findet Wilhelm Nonnenbruch nicht. Er erkennt nicht den evidenten Zusammenhang zwischen einer
Reduktion des Herzzeitvolumens und einer identischen Reduktion der Nierenfiltration mit der automatischen Folge eines Konzentrationsanstiegs der harnpflichtigen Substanzen im Blut bis zum
tödlichen Coma uraemicum.
g) Schon im Buchtitel verwechselt Wilhelm Nonnenbruch die Niereninsuffizienz mit den Nierenkrankheiten. Im Vorwort auf Seite VII schreibt er jedoch zutreffend von
"extrarenalen 'Nierensymptomen'". Er schreibt hier: "Was man als extrarenale Symptome von Nierenkrankheiten vergeblich zu verstehen bemüht war, offenbarte sich uns inzwischen als Ausdruck von
Allgemeinkrankheiten, die mit, aber auch ohne Nierensymptome einhergehen können."
h) Wilhelm Nonnenbruch meint damit das Folgende: Allgemeinkrankheiten können das Herzzeitvolumen und damit die Nierendurchblutung vermindern. Bei unveränderter
Produktion der harnpflichtigen Stoffe steigt deren Plasmakonzentration an. So kommt es auch bei völliger Nierengesundheit zu den Symptomen der Niereninsuffizienz bis zum Tod im Coma
uraemicum.
i) Allen Nierenpatienten empfiehlt man den Vergleich der Nieren mit Klärwerken. Dieser Vergleich führt zwingend zur Erklärung der Nonnenbruch-Syndrome. Es
verwundert, warum dieser Zusammenhang seit dem "klassischen Werk von Richard Bright ... im Jahre 1827" (Seite 1) offenbar zuerst von mir erkannt wird.
j) Im Vorwort auf Seite VII empfiehlt Nonnenbruch eine "neuralpathologische Betrachtung" als Erklärungsversuch. Dieser Versuch ist offenbar gescheitert.
k) Offenbar prägte der dänische Physiologe Poul Kristian Brandt Rehberg (20.3.1895 bis 5.4.1989) den Begriff der GFR. Wilhelm Nonnenbruch beschreibt auf Seite 8 die
"Rehberg-Zahl, welche die Glomerulusfiltratmenge pro Minute angibt".
l) Wilhelm Nonnenbruch hatte zahlreiche Leberpatienten, die an Nierenversagen verstarben. Die Pathologen fanden keine Nierenkrankheit (Seite 183: "keine
Veränderungen" der Nieren; Seite 192: die Nieren waren "anatomisch unverändert"). Nonnenbruch konnte dieses Paradoxon nicht erklären. Er prägte für solche Fälle den Begriff des hepatorenalen
Nierensyndroms mit der Verallgemeinerung als extrarenales Nierensyndrom. Er fand keine Erklärung; trotzdem spricht man seither zu Recht von den Nonnenbruch-Syndromen. Siehe oben die Absätze 127,
181 bis 189, 192 bis 198, 203, 204, 219 und 224.
m) Wilhelm Nonnenbruch hatte alle notwendigen Informationen zur Erklärung der Pathogenese. Er erkannte den überaus einfachen Zusammenhang jedoch nicht. Der folgende
Gedankengang blieb ihm fremd: "Alle schweren Krankheiten können das Herzzeitvolumen verkleinern. Jede Reduktion des Herzzeitvolumens führt zu einer proportionalen Reduktion der renalen Perfusion
und damit der glomerulären Filtration. Wenn die körpereigene Produktion der harnpflichtigen Stoffe unverändert anhält, steigt deren Plasmakonzentration bis zum tödlichen Coma uraemicum
("urämischer Tod", Seite 171) an."
n) Nonnenbruch kannte alle zur Erklärung erforderlichen Einzelschritte. Er konnte sie jedoch nicht richtig einordnen. Das wird im folgenden Absatz 226
gezeigt.
226. a) Dass schwere Krankheiten sich ungünstig auf den Blutkreislauf auswirken, ist wohl im wesentlichen unstrittig. Nonnenbruch spricht auf Seite 183 diesbezüglich
von einer "verlangsamten Zirkulation". "Das genügende Angebot an Blut ist nur eine primitive Vorbedingung für die" (Seite 10) renale Perfusion. Der Plasmaspiegel der harnpflichtigen Stoffe steigt
an, "weil diese der Niere gar nicht angeboten werden" (Seite 172).
b) Nonnenbruch kennt auch den Begriff des Herzzeitvolumens (Seite 43: "Blutmenge", Seite 59: "Minutenvolumen", Seite 70: "Herzminutenvolumen", Seite 70:
"zirkulierende Blutmenge", Seite 72: "Schlagminutenvolumen", Seite 84: "Schlag-Minutenvolumen"). Außerdem kennt er sogar die beiden Faktoren für die Berechnung des Herzzeitvolumens als
Produkt aus kardialer "Frequenz" und "Schlagvolumen" (Seite 57). Diese Multiplikation führt er jedoch nicht aus. Er erkennt also auch weder die richtige physikalische Einheit ml/min für das
Herzzeitvolumen noch die Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und der glomerulären Filtrationsrate.
c) Er kennt jedoch den Begriff der renalen "Clearance" (Seite 8) der harnpflichtigen Stoffe. Des weiteren verwendet er sogar schon den Begriff der "Nierenclearance"
von "Kreatinin" (Seite 8). Die Kreatinin-Clearance wurde damals als "Rehberg-Zahl" oder "Filtratmenge" (Seite 8) bezeichnet. Diese Rehberg-Zahl ist mit der Kreatinin-Clearance und damit mit der
GFR identisch. Auf Seite 13 erwähnt Nonnenbruch die "Nierenzirkulationsgröße" ohne weitere Erklärung. Die richtige Nierenfunktionseinheit in der Formel für die Rehberg-Zahl auf Seite 8 wird
jedoch nicht erkannt. Die Konzentrationseinheiten "mg%" in Zähler und Nenner kürzen sich weg. "U" im Zähler ist die "Harnmenge in 90 Minuten" mit der Einheit "ccm" oder ml. Im Nenner der
Clearance-Formel fehlt nach "90" die Zeiteinheit "min". Heute würde man den Urinsammelzeitraum von anderthalb auf 24 Stunden ausdehnen. Im Text auf Seite 8 schreibt Wilhelm Nonnenbruch: "Die
Rehberg-Zahl, welche die Glomerulusfiltratmenge pro Minute angibt, liegt normalerweise zwischen 88 und 165 ccm." Heute würde man eine normale GFR zwischen 88 und 165 ml/min angeben. Auf Seite 23
hält Nonnenbruch fahrlässig eine korrekte "Nierenfunktionsprüfung" (Seiten 15 bis 17) für nicht erforderlich ("Clearancewerte ... geben anscheinend sehr verläßliche Werte der
Glomerulusfiltratmenge in der Zeiteinheit und haben eine große Bedeutung für die Verfolgung spezieller wissenschaftlicher Fragen, sind aber für die klinische Praxis entbehrlich.").
d) Wilhelm Nonnenbruch erkennt den mathematischen Zusammenhang zwischen HZV und GFR nicht, weil er für beide Größen die richtige Einheit ml/min für unwichtig
hält.
e) Deswegen erkennt er auch nicht, dass Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz zwei völlig verschiedene Sachverhalte sind, obwohl er auf Seite 102 die "Nephrose ohne
Nephrose" und auf Seite 117 die "Nephritis ohne Nephritis" beschreibt. Mit diesen Wortspielen meint Nonnenbruch offenbar eine "Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit" und nicht eine
"Nierenkrankheit ohne Niereninsuffizienz". Insofern ist auch schon der Buchtitel "Nierenkrankheiten" falsch gewählt. Beschrieben wird eine Niereninsuffizienz bei den verschiedensten renalen und
extrarenalen Krankheitsbildern.
f) Nonnenbruch erkennt auch nicht die überragende Bedeutung der Herzleistung für die GFR, obwohl er viele Beispiele für eine "Niereninsuffizienz" (Seite 18) bei
einer "Herzinsuffizienz" (Seiten 113 und 129) nennt. Statt von einer Niereninsuffizienz spricht er auch von "Nierensyndrom" (Seite 170), von "Nephrose" (Seite 102), von "Nephritis" (Seite 117),
von einer verminderten "Nierenleistung" (Seite 174) und von einer "Azotämie" (Seite 191). Statt von einer Herzinsuffizienz spricht er auch von einer "Kreislaufinsuffizienz" (Seite 57), von einem
"Asthma cardiale" (Seite 49) und einer "Myodegeneratio cordis" (Seite 113).
g) Nonnenbruch macht sogar richtige Vorschläge zur Behandlung der Niereninsuffizienz bei Nierengesunden: "Nach Wegfall der extrarenalen Schädigung heilt die Niere
meist rasch aus (Seite 180)." Die "ursächlichen Schädigungen" (Seite 191) müssen behandelt werden. Zu Recht hält er auf Seite 137 die "Kreislauftherapie" für "das wirksamste Mittel zur Behebung
einer Niereninsuffizienz".
h) Ein weiterer Grund für Nonnenbruchs fehlende Einsicht in die Pathophysiologie der Extrarenalsyndrome ist seine Ablehnung einer "mechanistischen Kausalität" (Seite
117)". Das Herz (Pumpe), der Blutdruck (Druck) und die Niere (Filter) sind mechanische Sachverhalte. Eine mechanische Sichtweise und auch die korrekte physikalische Einheit ml/min für das HZV und
für die GFR sind zwingend erforderlich. Ebenso sind der "periphere Widerstand" (Seite 59), der "Pulsdruck" (Seite 59), das "Schlagvolumen" (Seite 59), die "Viskosität" (Seite 59), die
"Blutkonzentration" (Seite 10), die "Blutmenge" (Seite 59), die "Durchströmung" (Seite 3), die "Regulation" (Abbildung 4 auf Seite 5), das "spezifische Gewicht" (Seiten 15 und 22) und die
"Dehnung" (Seite 34) Begriffe aus der Mechanik, zumindest aber aus der Physik.
i) Eine kausale Therapie der Niereninsuffizienz muss die mechanischen Sachverhalte des Kreislaufs berücksichtigen. Jede Vergrößerung des Herzzeitvolumens verbessert
die Nierenfunktion. Die "ursächlichen Schädigungen" (Seite 191) müssen behandelt werden. In schweren Fällen hilft nur noch die Dialyse: "Es sind auch Versuche gemacht worden, eine künstliche
Niere in die Blutbahn einzuschalten. ... Sicher könnte das Verfahren in der von Haas angegebenen Weise in manchen Fällen zur Anwendung kommen, wo es sich darum handelt, einen akuten Nierenausfall
zu überwinden" (Seite 7).
j) Nonnenbruch stellt zu Recht die Frage nach der Regulation des Kreislaufs. Er kennt den "neurohormonalen" (Seite 13) oder den "neuroendokrinen" (Seite 149)
Zusammenhang. Im Gegensatz zur heutigen Auffassung, nach welcher Nerven und Hormone gleich wichtig sind, stellt er die Nerven jedoch in den Vordergrund ("Neuropathologie" im Untertitel seines
Buches sowie auf den Seiten 52 und 66).
k) Unerklärlich bleibt, warum Nonnenbruch die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden auf Seite 171 für "unerklärlich" hält. Die filtrative Nierenfunktion ist ein
mechanisches Problem mit nervaler und hormoneller Modulation. Nonnenbruch hatte alle Voraussetzungen für diese Erkenntnis zur Verfügung. Unklar bleibt, warum er diese nicht nutzte. Er stellte als
Leitmotiv die richtigen Fragen: "Die kardinale Erscheinung, warum ein Liter getrunkenen Wassers wieder ausgeschieden wird, bleibt aber noch recht wenig geklärt (Seite 51)." und "Für die einfache
Beobachtung, warum ein getrunkener Liter Wasser wieder ausgeschieden wird, geben weder Veränderungen in der Nierenzirkulationsgröße noch Veränderungen im Blut eine Erklärung ab (Seite 13)".
Dieser Schluss ist falsch. Die Antwort ist ganz einfach. Jeder getrunkene Liter Wasser erhöht vorübergehend das Blutvolumen und damit sowohl das Herzzeitvolumen wie
auch die Glomeruläre Filtrationsrate. Die "Nierenzirkulationsgröße" verbessert sich also.
227. a) Auf der Website www.nierenrechner.de vom Verein "PKD Familiäre Zystennieren e.V." findet sich eine
Verlinkung auf meine Website. Die PKD Foundation wurde 1982 in den USA gegründet. PKD ist vermutlich die Abkürzung der "polycystic kidney disease".
b) Dort wird in den Absätzen "Normierung auf die Körperoberfläche" und "Größenangaben" die Verwendung der falschen Nierenfunktionseinheit erklärt.
c) Der Unterschied zwischen der Einheit ml/min und dem Term GFR(1,73 m²/KOF) wird nicht verstanden.
228.) Nach den Gesetzen der Kombinatorik gibt es die folgenden vier Möglichkeiten.
Gruppe 1: nierengesund und nierensuffizient
Gruppe 2: nierenkrank und nierensuffizient
Gruppe 3: nierengesund und niereninsuffizient
Gruppe 4: nierenkrank und niereninsuffizient
Die Gruppen 2 und 4 kann man weiter unterteilen.
Gruppe 2a: einseitig nierenkrank und nierensuffizient
Gruppe 2b: beidseitig nierenkrank und nierensuffizient
Gruppe 4a: einseitig nierenkrank und niereninsuffizient
Gruppe 4b: beidseitig nierenkrank und niereninsuffizient
229. a) Ich empfehle (am 5.3.2014) das folgende Gedankenexperiment an gesunden Menschen oder Säugetieren mit einer einseitigen GFR von jeweils 50
ml/min.
b) Eine Stenosierung im gesamten Verlauf einer Arteria renalis mit Halbierung der Querschnittsfläche verschlechtert ceteris paribus die GFR von 100 auf 75
ml/min.
c) Eine Dilatation mit Stenting im gesamten Verlauf der anderen Arteria renalis mit einer Verdoppelung der Querschnittsfläche verbessert die GFR von 100 auf 150
ml/min.
d) Beide Maßnahmen verbessern bei gleichzeitiger Durchführung die GFR von 100 auf 125 ml/min.
e) Abweichungen der tatsächlichen GFR von der vorhergesagten GFR sind ein Maß für den Einfluss der neurohumoralen Gegenregulation. Erinnert sei an den
Bayliss-Effekt. Das Zusammenspiel von Nerven und Hormonen beeinflusst auch den Blutdruck und damit die Nierenperfusion.
f) Vermutlich wurden solche einfachen Experimente noch nie durchgeführt. Sie würden das Verständnis der Niereninsuffizienz deutlich vergrößern. Man würde die
Proportionalität jeder GFR zur Querschnittsfäche der ipsilateralen Arteria renalis (beziehungsweise zum Quadrat des Arterienradius) erkennen.
230. a) Auch Franz Volhard (2.5.1872 bis 24.5.1950) unterscheidet in seinem Hauptwerk "Die doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen (Bright'sche Krankheit)"
(Berlin 1918, Verlag von Julius Springer, VIII plus 576 Seiten plus 8 Tafeln; Abdruck aus dem III. Band des "Handbuch der inneren Medizin", herausgegeben von Prof. Dr. L. Mohr, Halle (Saale), und
Prof. Dr. R. Staehelin, Basel) fahrlässig nicht zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz, obwohl ihm alle dazu erforderlichen Kenntnisse zur Verfügung standen. Er zitiert auf Seite 41
Friedrich von Müller (17.9.1858 bis 18.11.1941): "Bei Gesunden ist die Jodausscheidung nach einmaliger Gabe von 0,5 Jodkali in 28 bis 38 Stunden erledigt, bei unkompensierten Herzfehlern dauert
sie etwas länger, bis 60 Stunden. Die Verzögerung der Jodausscheidung scheint bei Nierenkranken fast konstant vorzukommen. Sie dürfte eine der bequemsten Proben auf Niereninsuffizienz sein." Bei
nierengesunden Herzkranken spricht man heute vom Kardiorenalsyndrom.
b) Auch Wilhelm Nonnenbruch zitiert auf Seite 18 seines Hauptwerkes den Nephrologen Friedrich von Müller: "Fr. v. Müller hat in seinem Referat in Meran im Jahre 1905
als Niereninsuffizienz das Unvermögen der Niere bezeichnet, die harnpflichtigen Stoffe ebenso schnell und ebenso vollständig zu eliminieren, als dies bei der gesunden Niere der Fall ist." Also
wurde schon damals zwischen einer einseitigen und einer beidseitigen (damals nannte man das doppelseitig) Niereninsuffizienz unterschieden; sonst hätte man den Plural gewählt.
c) Friedrich von Müller wird von Franz Volhard auf Seite 37 mit einer nur geringfügig veränderten Wortwahl zitiert: "Unter dem Namen Niereninsuffizienz hat man das
Unvermögen der Niere zu verstehen, die harnfähigen Stoffe ebenso schnell und ebenso vollständig zu eliminieren, als dies bei der gesunden Niere der Fall ist." Der Begriff der Harnfähigkeit ist
gewiss besser als der Begriff der Harnpflicht, weil er auch exogene Stoffe beinhaltet. Diese richtige Erkenntnis ging wohl in den dreißig Jahren zwischen den Erscheinungsjahren dieser beiden
Standardwerke verloren.
d) Schon im Vorwort schreibt Volhard auf Seite IV von "den schwierigen und noch immer ungelösten Fragen der Physiologie und Pathologie der Nierenfunktion, der
Niereninsuffizienz, der Wassersucht, der Blutdrucksteigerung und insbesondere der Urämie, als es in den früheren Bearbeitungen der
Nierenkrankheiten üblich war." Franz Volhard unterschied also schon vor fast einhundert Jahren korrekt zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz. Er hätte schon
damals klar erkennen müssen, dass es eine Niereninsuffizienz auch bei Nierengesunden gibt. Die Differenz zwischen Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit hätte schon Franz Volhard als
Extrarenalsyndrom erkennen müssen.
e) Schon Leonhart Fuchs, Josef Hyrtl und die Märchenerzähler Grimm (siehe oben Kapitel 2 Absatz A2 und unten Kapitel 6 Absatz 285) erkannten die Niere als Filter. Dass es sich dabei um sich selbst reinigende Filter handeln muss, liegt auf der Hand.
f) Das hätte auch schon der Nephrologe Richard Bright (28.9.1789 bis 16.12.1858) erkennen können. Nach Wikipedia beschrieb er schon "1827 den Zusammenhang zwischen
linksventrikulärer Hypertrophie ... bei Patienten mit terminalem Nierenversagen." Heute würde man das Nierenversagen bei nierengesunden Herzkranken nach Wilhelm Nonnenbruch als Kardiorenalsyndrom
bezeichnen.
231. a) Als Volkswirt bin ich ein großer Anhänger von Kennzahlen. Deswegen schlage ich jetzt die Kennzahlen EryHZV, HktHZV und HbHZV vor. Ich erinnere an die
Definition der Herzinsuffizienz als Unvermögen des Herzens zur ausreichenden Versorgung des Körpers mit sauerstoffreichem Blut. Abgesehen von der Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz ist das
Herzzeitvolumen ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Das Herzzeitvolumen ist definiert als Produkt von Kammervolumen, Herzfrequenz und Ejektionsfraktion. Die drei von mir vorgeschlagenen
Kennzahlen berücksichtigen zusätzlich den Blutfaktor als Maß für die Schwere der Anämie.
b) Die Kennzahl EryHZV ist das Produkt aus der Erythrozytenkonzentration im Blut und dem Herzzeitvolumen. Die übliche Einheit der Erythrozytenkonzentration ist
Millionen pro Mikroliter. Die Einheit des Herzzeitvolumens ist Liter pro Minute. Das Produkt EryHZV hat also die Einheit Billionen pro Minute. Ein normaler Wert für die Kennzahl EryHZV bei 5
Millionen Erythrozyten pro Mikroliter Blut und bei einem Herzzeitvolumen von 5 Litern pro Minute wären also 25 Billionen Erythrozyten pro Minute.
c) Die Kennzahl HktHZV ist das Produkt aus dem Hämatokrit und dem Herzzeitvolumen. Der Hämatokrit hat entweder keine Einheit oder die Einheit Prozent. Das Produkt
HktHZV hat also die Einheit Liter pro Minute. Ein normaler Wert für die Kennzahl HktHZV bei einem Hämatokrit von 0,5 oder 50 % und bei einem Herzzeitvolumen von 5 Litern pro Minute wären also 2,5
Liter pro Minute.
d) Die Kennzahl HbHZV ist das Produkt aus der Hämoglobinkonzentration im Blut und dem Herzzeitvolumen. Die übliche Einheit für die Hämoglobinkonzentration
ist Gramm pro Deziliter. Das Produkt HbHZV hat also die Einheit Gramm pro Minute. Ein normaler Wert für die Kennzahl HbHZV bei einem Hämoglobinwert von 15 g/dl und bei einem HZV von 5 l/min wären
also 750 Gramm pro Minute.
e) Die Therapie jeder Herzinsuffizienz besteht also ausschließlich in der Vergrößerung der Kennzahl HbHZV. Das Produkt der vier Faktoren Kammervolumen, Herzfrequenz,
Ejektionsfraktion und Hämoglobinwert muss optimiert werden.
f) Sportmediziner maximieren das Kammervolumen und die Herzfrequenz auch unter Inkaufnahme eines Rückganges der Ejektionsfraktion. Beim Blutdoping wird zusätzlich
der Hämoglobinwert maximiert. So wird das Produkt HbHZV = VV x HF x EF x Hb maximiert.
g) Für die Patientin I. P. (siehe oben Absatz 202) errechnen sich diese drei Kennzahlen wie folgt:
EryHZV = 4,51 Mio/µl x 4200 ml/min = 18,9 Bio/min
HktHZV = 0,379 x 4200 ml/min = 1,59 l/min
HbHZV = 11,5 g/dl x 4200 ml/min = 483 g/min
h) Für den Patienten M. J. (siehe oben die Absätze 136 und 221) ergeben sich für 2013:
EryHZV = 3,53 Mio/µl x 3,99 l/min = 14,1 Bio/min
HktHZV = 0,314 x 3,99 l/min = 1,25 l/min
HbHZV = 10,8 g/dl x 3,99 l/min = 431 g/min
und für 2014:
EryHZV = 4,4 Mio/µl x 2,9 l/min = 12,76 Bio/min
HktHZV = 0,383 x 2,9 l/min = 1,11 l/min
HbHZV = 13,4 g/dl x 2,9 l/min = 389 g/min
i) Für den Patienten A. O. (siehe oben Absatz 211) ergeben sich:
EryHZV = 4,4 Mio/µl x 3,36 l/min = 14,8 Bio/min
HktHZV = 0,382 x 3,36 l/min = 1,28 l/min
HbHZV = 13,2 g/dl x 3,36 l/min = 443 g/min
j) Nachtrag vom 26.11.2015: Eine multiplikative Ergänzung der Kennzahl HbHZV um die Sauerstoffsättigung sO2 erscheint sinnvoll. Man erhält so die Kennzahl
HbHZVsO2. Die Sauerstoffsättigung ist ein Maß für die relative Sauerstoffbeladung des Hämoglobins. Im arteriellen Blut liegt die sO2 bei Gesunden zwischen 0,94 und 0,97, oft
sogar auch bei 0,98 oder 0,99. Eine Multiplikation des Herzzeitvolumen mit diesem Faktor ändert am Ergebnis oft also nur wenig. Bei Lungenkranken oder bei einem Sauerstoffmangel kann der Faktor
sO2 jedoch sehr viel kleiner sein. Die Sättigung sO2 ist unbenannt; die Einheit g/min ändert sich für die Kennzahl HbHZVsO2 also nicht.
k) Nachtrag vom 9.5.2022: Noch genauer ist die Formel für das Sauerstoffangebot im Schock mit der Quelle: "Praxis der Schockbehandlung" nach der Arbeitstagung in Nürnberg 1970 von Theodor-Otto Lindenschmidt, Erich Rügheimer und Hans Willenegger, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1971, ISBN 3-13-477601-4, auf Seite 106. Sauerstoffangebot (ml/min) = Herzzeitvolumen (ml/min) x arterielle O2-Sättigung x Hämoglobinkonzentration (g/ml) x 1,34. Die Einheiten in dieser Formel dürfen bei der Berechnung vermutlich nicht verwendet werden.
232.) Zum optimalen Zeitpunkt für einen Dialysebeginn (siehe oben Absatz 71j) empfiehlt die Ärzte-Zeitung in der Ausgabe vom 7. und 8. März 2014 (Jahrgang 33, Heft
Nummer 26) auf Seite 11 unter dem Titel "Spätere (gemeint: späte) Dialyse kann sich lohnen" eine Dialyse immer dann, wenn "die eGFR auf 6 ml/min/1,73 m² oder gar darunter fällt." Referiert wird
die klinische Praxisleitlinie 2014 der kanadischen Gesellschaft für Nephrologie als Ergebnis der Studie IDEAL (Initiating Dialysis Early and Late). Quelle: Canadian Medical Association Journal,
4.2.2014, volume 186, number 2/2014, pages 112-117. - Auf die zwingend erforderliche Normierung weise ich hin. Die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² findet sich in der Originalarbeit
nicht. Dort wird die richtige Einheit ml/min ohne Konzept manchmal ohne und manchmal mit dem falschen Zusatz per 1.73 m² verwendet.
233. a) Auf dieser Website definiere ich das Kardiorenalsyndrom im Sinne einer Niereninsuffizienz bei nierengesunden Herzkranken. Diese Definition ist konform mit den drei Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch.
Das Kardiorenalsyndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei nierengesunden Herzkranken.
Das Pulmorenalsyndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei nierengesunden Lungenkranken.
Das Hepatorenalsyndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei nierengesunden Leberpatienten.
Das Renorenalsyndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei Nierenkranken.
b) Mitunter findet man andere Verwendungen des Begriffs des kardiorenalen Syndroms. Man denke an die fünf Formen nach Claudio Ronco (siehe oben die Absätze 117h,
181s, 185d). Gelegentlich wird die gleichzeitige Schädigung von Herz und Nieren zum Beispiel im Rahmen eines metabolischen Syndroms als kardiorenales Syndrom bezeichnet.
234. a) Seit dem 11.3.2014 findet sich bei Wikipedia meine Website als Link im Literaturverzeichnis als Nummer 17 beim Stichwort Glomeruläre
Filtrationsrate.
b) Offenbar wird seit dem 12.3.2014 bei Wikipedia beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² nicht mehr verwendet.
Die Vernunft hat sich durchgesetzt.
235.) Oben wies ich in den Absätzen 179 und 215 auf die Wichtigkeit der Lungenperfusion hin. Diese Auffassung wird morgen bestätigt werden durch die Übersichtsarbeit
von Mark Oliver Wielpütz, Claus Peter Heußel, Felix J. F. Herth und Hans-Ulrich Kauczor ("Radiologische Diagnostik von Lungenerkrankungen", in: "Deutsches Ärzteblatt", Jahrgang 111, Heft 11,
14.3.2014, Seiten 181 bis 187). Sie weisen auf die "Durchblutung" (Seite 181), auf "die komplementäre funktionelle Untersuchung von Perfusion" (Seite 182), auf die
"Ventilations-Perfusions-Szintigraphie" (Seite 184), auf die "Lungenperfusion mit hoher Reproduzierbarkeit" (Seite 185) sowie auf die "Ausnutzung der hypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion
('Euler-Liljestrand-Reflex') (durch) potenziell reversible Perfusions- und Ventilationsstörungen" (Seite 186) hin. - Es fehlt jedoch der Hinweis, dass die Lungenperfusion mit dem Herzzeitvolumen
identisch ist. Trotzdem wird mit dieser Übersichtsarbeit die Bedeutung des Pulmorenalsyndroms untermauert.
236. a) Jörg Radermacher ("Nierenarterienstenosen", in: "Der Nephrologe", Zeitschrift für Nephrologie und Hypertensiologie, Band 8, Heft 6, November 2013, Seiten 527 bis 537) veranschaulicht auf Seite 530 in Abbildung 1 korrekt den Unterschied zwischen einer Diameterstenose und einer Flächenstenose.
b) "Der Begriff 'ischämische Nephropathie' wird oft synonym zu dem der renovaskulären Azotämie" (Seite 530) und zu dem der renovaskulären Hypertonie verwendet. "Die
ischämische Nephropathie kann aber auch durch eine hochdruckbedingte intrarenale Verlegung kleiner Gefäße bedingt sein, wobei eine Reversibilität in diesem Fall nicht gegeben ist."
c) Der Autor erkennt nicht, dass eine einseitige Angioplastie nur die GFR der betroffenen Niere verbessern kann. Eine beiderseitige Angioplastie kann bei der
"bilateralen Stenose" (Seite 530) ebenfalls nur die GFR des Patienten vergrößern.
d) Der Pathomechanismus einer renovaskulären Hypertonie ist deutlich komplizierter. Es besteht keine monokausale Abhängigkeit zwischen der GFR und dem
Blutdruck.
e) Eine Angioplastie kann die GFR besonders bei Vorliegen der drei extrarenalen Nonnenbruch-Syndrome verbessern. Ein Erfolg beim Renorenalsyndrom ist nicht zu
erwarten.
f) Jörg Radermacher unterscheidet nicht streng zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz.
g) Eine Angioplastie kann bei den Extrarenalsyndromen, aber nur in Ausnahmefällen bei einer Hypertonie indiziert sein. Siehe oben den Absatz 229.
h) Zum "renalen Widerstandsindex (RI)" (Seite 532) siehe auch oben die Absätze 181o und 222.
237. a) Die Firma bsmo GmbH in Berlin ist ein Unternehmen der Springer Science & Business Media. In ihrem Dienst springermedizin.de veröffentlicht sie am
13.3.2014 anlässlich des heutigen Weltnierentages ein "Special" mit sechs Internet-Artikel im "Fachportal für Ärzte".
b) Der Artikel "Hepatorenales Syndrom" enthält mehrere gravierende Fehler. Die Erstbeschreibung des Hepatorenalsyndroms als Nierenversagen bei nierengesunden
Leberpatienten erfolgte nicht 1956, sondern Jahrzehnte früher durch Wilhelm Nonnenbruch. Er prägte den Begriff des hepatorenalen Syndroms. Er beruft sich jedoch auf weitaus ältere
Fallbeschreibungen. Nach ihm spricht man heute von den drei extrarenalen Nonnenbruch-Syndromen. Kennzeichnend ist nicht eine starke renale Vasokonstriktion, sondern ein reduziertes
Herzzeitvolumen. Eine Nierentransplantation ist bei Nierengesunden kontraindiziert.
c) Meine Kritik am Artikel "Nierenarterienstenosen" steht oben im Absatz 236.
d) Meine Kritik am Artikel "Chronische Niereninsuffizienz: Spätere Dialyse kann sich lohnen" steht oben im Absatz 232.
e) Meine Kritik am Artikel "Niereninsuffizienz und Lungenfunktionsstörung im Wechselspiel" vom 4.10.2013 findet sich im Anschluss an den Artikel als bislang einziger
"Leser-Kommentar". Die Bedeutung des Pulmorenalsyndroms wird nicht erkannt.
f) Auch der Artikel "Nierenveränderungen im Alter" unterscheidet nicht zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz. Der Begriff "Nierenveränderungen" im Titel
ist unwissenschaftlich (siehe oben Absatz 166). Meistens wird die falsche, einmal jedoch auch die richtige Nierenfunktionseinheit verwendet. Auf die Notwendigkeit der Normierung der GFR nach
meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) wird nicht hingewiesen. Es gibt keinen vollständigen "altersabhängigen Verlust der Nierenfunktion"; gemeint ist eine Reduktion der GFR. Meine fundamentale Kritik an
der Arbeit von Elke S. Schäffner und ihrer Berliner Initiative Study findet sich oben im Absatz 41. Es wird nicht erkannt, dass sich im Alter als Folge der Multimorbidität das Herzzeitvolumen
reduziert. Diese Reduktion führt zu einem proportionalen Rückgang der glomerulären Filtration.
238. a) Die Biopsie bei einer diabetischen Nephropathie zeigt eine Sklerose der Glomerula, eine Fibrose des Interstitiums und eine Läsion der Tubuli. Ohne eine solche Histologie handelt es sich bei der Diagnose einer diabetischen Nephropathie immer nur um eine Verdachtsdiagnose. Vermutlich ist eine solche Verdachtsdiagnose meistens eine Fehldiagnose. Zumindest erklärt der feingewebliche Befund in den seltensten Fällen das Ausmaß der vorhandenen Niereninsuffizienz. Die bioptisch gesicherte diabetische Nephropathie zähle ich zu den Renorenalsyndromen.
b) Als Renorenalsyndrom oder als Intrarenalsyndrom definiere ich die Niereninsuffizienz bei Nierenkranken. Jede Niereninsuffizienz ist immer das additive
Zusammenwirken von Intrarenalsyndromen und Extrarenalsyndromen. Ausgehend vom wie auch immer definierten Optimalwert verschlechtern jedes Intrarenalsyndrom und jedes Extrarenalsyndrom die GFR im
Sinne einer Subtraktion.
c) Ich behaupte, dass bei der Diagnose einer diabetischen Nephropathie der additive Einfluss der extrarenalen Ursachen der Niereninsuffizienz den Einfluss der
intrarenalen Ursachen regelmäßig weit übersteigt.
239.) Mitunter liest man auch vom Stadium 2c der chronischen Niereninsuffizienz. Die Definition bleibt unklar. Werden die dreißig Milliliter pro Minuten zwischen dem ersten und dem dritten Stadium in drei gleich große Dekaden unterteilt?
Dann hätte man
bei 80 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 90 ml/min das Stadium 2a,
bei 70 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 80 ml/min das Stadium 2b,
bei 60 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 70 ml/min das Stadium 2c
der chronischen Niereninsuffizienz.
240.) René R. Wenzel und M. Q. Wenzel ("Diuretika bei kardiorenalen Syndromen - Update 2013", in: "Der Nephrologe", Band 8, Heft 5, September 2013, Seiten 433 bis
445) haben das Problem der Nonnenbruch-Syndrome nicht verstanden. Beim Kardiorenalsyndrom handelt es sich definitionsgemäß um eine Niereninsuffizienz bei nierengesunden Herzkranken. Bei der
Nierenfunktionseinheit wird wahllos zwischen ml/min, ml/min/1,73 m² und sogar "ml/min hoch minus 1" gewechselt.
241. a) Oben habe ich in den Absätzen 154a, 172, 173, 197 und 237b eine Niereninsuffizienz bei Nierengesunden als Kontraindikation für eine Nierentransplantation
bezeichnet. Streng genommen gilt diese Kontraindikation nur für die orthotope Nierentransplantation nach erfolgter Nephrektomie. Die Nierenfunktion ändert sich nicht, wenn eine gesunde Niere
durch eine andere gesunde Niere ersetzt wird.
b) Das heute übliche Vorgehen ist aber die heterotope Nierentransplantation ohne vorherige Nephrektomie. Der nierengesunde Niereninsuffiziente hat nach der
Transplantation also drei gesunde Nieren. Die residuale GFR wird sich um fünfzig Prozent verbessern. Eine Rest-GFR von 4 ml/min bei zwei Nieren wird sich auf 6 ml/min bei drei Nieren erhöhen.
Vielleicht kann dadurch im Einzelfall die Dialyse beendet werden.
c) Trotzdem sollte bei den Extrarenalsyndromen die extrarenale Grundkrankheit behandelt werden. Eine Nierendialyse kann in schweren Fällen erforderlich werden. Eine
Nierentransplantation ist grundsätzlich keine Option.
d) Bei dem heute üblichen Vorgehen der heterotopen Nierentransplantation handelte es sich im Falle eines Nonnenbruch-Syndroms um eine allovitale Transplantation und
weder um eine auxiliäre noch um eine substitutive Transplantation. Es würde eine voll funktionsfähige dritte Niere zur Unterstützung der beiden eigenen ebenfalls voll funktionsfähigen Nieren
hinzugefügt. Diese volle Funktionsfähigkeit der drei Nieren ist kein Widerspruch zur erheblichen Einschränkung der Nierenfunktion des Patienten bis hin zur Dialysepflicht auch nach erfolgter
Nierentransplantation.
e) Eine volle Funktionsfähigkeit der Nieren auch bei schwerer Einschränkung der Nierenfunktion ist sprachlich identisch mit der Nierengesundheit bei
Niereninsuffizienz. Das ist das Wesen der Nonnenbruch-Syndrome.
f) Wie im täglichen Leben muss man auch bei der Beurteilung der renalen Filterleistung immer streng zwischen der tatsächlichen Funktion und der Funktionsfähigkeit
unterscheiden. Analog spricht man in der Technik von Ist-Leistung und Soll-Leistung. Es handelt sich bei der Fähigkeit zur Funktion und der realisierten Funktion um zwei völlig verschiedene
Sachverhalte. Es ist also gewissermaßen die Dichotomie zwischen Theorie und Praxis. Die Nephrologen müssen also lernen, zwischen Nierengesundheit und Nierenkrankheit zu unterscheiden. Die
realisierte GFR ist kleiner als die potentielle GFR.
g) Die Differenz zwischen realisierter und potentieller GFR ist gleich dem Einfluss der Nonnenbruch-Syndrome. Eine erfolgreiche Therapie der Erkrankungen von Herz,
Leber und Lungen verkleinert diese Differenz. Nur eine zusätzliche Vergrößerung der potentiellen GFR fällt in das Gebiet der Nierenheilkunde.
h) Oft kann man die GFR durch eine Vergrößerung der täglichen Trinkmenge verbessern. Diesbezügliche Empfehlungen sollten die Kardiologen aussprechen, weil es sich um
eine Erhöhung der Kennzahl HbHZV handelt. Wenn jedoch die Leistungsgrenze der Nieren erreicht ist, müssen die Nephrologen vor einer Überwässerung warnen.
242. a) Noch nie war die von mir postulierte Kennzahl HbHZV so wertvoll wie heute. Die Industrie bietet Geräte zur kontinuierlichen Überwachung des Herzzeitvolumens
an. Eine Multiplikation des Hämoglobinspiegels mit dem Herzzeitvolumen führt zum Produkt HbHZV = VV x EF x HF x Hb als Maß für die Schwere jeder Herzinsuffizienz.
b) Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte Projekte zur Entwicklung von intelligenten Implantaten zur Bestimmung des Herzzeitvolumens
("Implantierbarer Sensor zur Bestimmung wichtiger Parameter (Herzzeitvolumen) zur Diagnose und Therapie von Herzinsuffizienz"). Zuständig für das "anwendungsorientierte Verbundprojekt COMPASS"
war die Firma BIOTRONIK GmbH & Co. KG in Berlin. COMPASS ist offenbar ein Akronym für den Cardiac Output Monitor mit pulmonalarteriellen Sensoren.
243.) Bei jeder Herzdilatation von Erwachsenen vergrößert sich der Durchmesser des Anulus fibrosus besonders der Aortenklappe. Die drei Taschenklappen (Valvulae
semilunares, Semilunarklappen) vergrößern sich nicht entsprechend. Deswegen führt jede Herzvergrößerung bei Erwachsenen zu einer Aortenklappeninsuffizienz mit einer Verkleinerung der
Ejektionsfraktion. Trotzdem führt diese Reduktion der Ejektionsfraktion nur dann zu einer Herzinsuffizienz, wenn das ansteigende Produkt aus Ventrikelvolumen und Herzfrequenz die Verkleinerung
der Ejektionsfraktion nicht mehr kompensiert.
244. a) 1918 veröffentlichte Franz Volhard (siehe oben Absatz 230 und unten die Absätze 245, 255 und 460c) im Verlag von Julius Springer in Berlin sein Lehrbuch "Die
doppelseitigen hämatogenen Nierenerkrankungen (Bright'sche Krankheit)". Es galt damals als Standardwerk und gab einen Überblick über den damaligen Forschungsstand.
b) Auf Seite 134 erwähnt er Richard "Bright, dem wir die Entdeckung der Nierenkrankheiten verdanken". Das Buch berücksichtigt also alle damals bekannten
Lehrmeinungen.
c) Auf den Seiten 45 bis 48 versucht er, "den Grad der Niereninsuffizienz" (Seite 45) nach der Methode des französischen Nephrologen Leon Ambard darzustellen.
Volhard erkennt den offensichtlichen mathematischen Unsinn seiner Berechnungen nicht. Die Bedeutung zum Beispiel von Proportionalität und Quadratwurzeln hat er nicht ansatzweise verstanden. So
kommt Franz Volhard auch zu dem falschen Ergebnis, die französische Methode biete "vielleicht die Möglichkeit, für den Begriff der 'Größe des funktionsfähigen Nierenrestes', die uns besonders
interessiert, einen zahlenmäßigen Ausdruck zu finden" (Seite 48). Als Quelle nennt er auf Seite 79 unter anderen: "Ambard, L., Lois numériques de la sécrétion de l'urée. C. R. de la soc. de biol.
1910, Seiten 411 und 506."
d) Im folgenden Absatz 245 werde ich zeigen, dass Franz Volhard alle Informationen für eine richtige Erklärung der Niereninsuffizienz schon damals zur Verfügung
hatte. Er nutzte sie jedoch nicht.
e) Einer der Gründe für seine Fehler liegt in der Tatsache begründet, dass er sich nie um korrekte mathematische Einheiten bemühte. Auf Seite 56 gibt er zum Beispiel
eine Konzentration fälschlich als "200 mg in 100 Blut" statt richtig als "200 mg in 100 ml Blut" an. Auf den Seiten 45 bis 48 will er wiederholt zweimal eine Quadratwurzel aus einer Konzentration
ziehen. Die Verwendung der richtigen physiologischen Einheiten hätte ihn wahrscheinlich vor zahlreichen fundamentalen Fehlern bewahrt. Er hätte sehr leicht zu den heute als richtig
anzusehenden Erkenntnissen kommen können.
245. a) Das Glomerulum ist ein Filter. Franz Volhard schreibt auf Seite 4 von der "Filtration". Auf Seite 2
zitiert er den Physiologen Carl Friedrich Wilhelm Ludwig (siehe oben Kapitel 1 Absatz M) mit seiner "Vorstellung, daß im Glomerulus eine Filtration stattfindet". Den Primärharn bezeichnet er auf
Seite 30 korrekt als "provisorischen Harn aus den Glomerulusschlingen".
b) Im Tubulus findet die Rückresorption statt. Auf Seite 9 schreibt Volhard zweimal von der "Rückresorption in den
Tubulis". Auf Seite 24 beschreibt er die "Kanälcheninsuffizienz". - Heute würde man besser von Reabsorption statt von Rückresorption sprechen. Die Pluralbildung Tubulis
statt Tubuli war schon damals falsch.
c) Das Harnvolumen ist der Saldo aus glomerulärer Filtration und tubulärer Reabsorption. Den Begriff
des Saldos erwähnt Volhard vermutlich wegen seiner mathematischen Inkompetenz nicht. Auf Seite 20 beschreibt er jedoch die "beiden sekretorischen Komponenten, die Glomeruli und die Tubuli". Auf
Seite 29 erwähnt er sogar "das Joch der Filtrationsresorptionstheorie". Auf Seite 22 beschreibt er die "Arbeitsteilung zwischen Glomeruli und Tubuli" und auf Seite 54
die "sekretorischen Doppelelemente".
d) Ein idealer Stoff wird in den Podozyten der Glomeruli immer frei filtriert. Dieses Postulat hätte Volhard leicht aufstellen können. Dass
"Kreatinin" (Seite 82) ein idealer Stoff ist, hätte Volhard zumindest vermuten können.
e) Die identischen Begriffe Kreatinin-Clearance und Glomeruläre Filtrationsrate hätte Franz Volhard leicht beschreiben können, wenn er der "Knäuelinsuffizienz" oder
"der Glomeruliinsuffizienz" auf Seite 36 korrekt die physikalische Dimension Volumen pro Zeit zuerkannt hätte. Ein Maß für die "tatsächliche Leistung" muss also die Einheit ml/min
haben.
f) Die GFR ist proportional zum Herzzeitvolumen und zur "Nierendurchblutung" (Seite 158). "Daher eignet sich auch der Gesichtspunkt der Niereninsuffizienz nicht zur
Einteilung der Nierenkrankheiten, wohl aber zur näheren Bezeichnung der jeweiligen Phase im Ablauf jeder einzelnen Art der Nierenerkrankung (Seite 302)."
g) Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus dem "Schlagvolumen des Herzens" (Seite 120) und der "Schlagfrequenz" (Seite 17). Volhard
beschreibt das Herzzeitvolumen korrekt auf Seite 136 als "Zeitvolumen des Herzens", auf Seite 120 als "Auswurfvolumen des Herzens", auf Seite 13 anteilig als das
"Angebot, das durch den Blutstrom ihr zugeführt wird", auf Seite 7 als "Blutstromgeschwindigkeit", auf Seite 17 als "Blutumtrieb" und als "Zirkulation" sowie auf Seite 157 als
"Durchblutungsverhältnis" und als "Blutdurchströmung". Die richtige Einheit ml/min fehlt.
h) Das Schlagvolumen ist das Produkt aus enddiastolischem Kammervolumen und Ejektionsfraktion. Die Ejektionsfraktion beschreibt er auf Seite 136 ansatzweise als Maß
für die "bessere (vollständigere) Entleerung der Kammern".
i) Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit sind zwei völlig verschiedene Begriffe. Es gibt also Nierengesunde mit erheblicher Niereninsuffizienz. "Das Fehlen einer -
qualitativen 'Erkrankung' schließt eine - quantitative - schlechte Leistung nicht aus" (Seite 35). Auf Seite 145 beschreibt er Symptome "unter dem Bilde der Schrumpfniere", "obgleich sich die
Nieren als gesund erwiesen". "Die Funktionsstörung ist nicht die Krankheit, sondern ein vieldeutiges Symptom (Seite 302)."
j) Umgekehrt gibt es Nierenkranke ohne Niereninsuffizienz. Volhard schreibt auf Seite IV über Nierenkranke "auch ohne Störung der
Nierenfunktion". "Eine histologisch nachweisbare Erkrankung schließt eine gute Funktionsfähigkeit nicht aus" (Seite 35). Das nennt Volhard auf Seite 40 "Suffizienz der Nieren".
k) Die Nonnenbruchschen Extrarenalsyndrome beschreiben die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden. "Man hat die Möglichkeit
extrarenaler Einflüsse auf die Diurese bisher viel zu wenig berücksichtigt (Seite 14)". Die niereninsuffizienten Nierengesunden nennt Volhard auf Seite 40 die
"Nichtnierenkranken". Wilhelm Nonnenbruch wird von Franz Volhard auf Seite 263 sowie im Vorwort auf Seite V erwähnt. Franz Volhard schreibt auf Seite 264, dass die Niereninsuffizienz oft "auf
extrarenalen Ursachen, das heißt auf mangelndem Angebot beruht," und auf Seite 265, "daß die Wasserretention in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle extrarenal bedingt ist, und lange Zeit rein
extrarenal bedingt bleibt".
l) Das kardiorenale Syndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei nierengesunden Herzpatienten. Volhard spricht diesbezüglich auf Seite 14
von den "kardialen Oligurien" und erwähnt auf Seite 138 "die bekannte Kombination der Nieren- und Herzinsuffizienz". "'Niere und Herz scheiden den Harn ab' meint Bier" (Seite 143). Volhard
spricht auf Seite 124 von "der alten Vorstellung, daß Niere und Herz den Harn ausscheiden", und beschreibt "eine Insuffizienz der 'Vorniere'". Auf Seite 134 erwähnt er, "daß Hypertrophie des
Herzens, insbesondere des linken Ventrikels, außerordentlich häufig im Gefolge der Nierenkrankheiten auftritt." Auf Seite 135 erwähnt er die "älteren Vorstellungen, daß das Nierenleiden die Folge
der Herzhypertrophie sei". Auf Seite 215 schreibt Volhard, "daß die pathologische Abweichung der Nierenfunktion die Folge der renalen Zirkulationsstörung ist." Auf den Seiten 165, 166 und 208
weist er auf die Bedeutung der "Herzkraft" hin. Auf Seite 155 beschreibt Volhard die "Ischämie der Niere" oder "Nierenischämie" und spricht von "renaler Ischämie". Auch die "aktive Verkleinerung
der Herzfüllung" (Seite 154) verringert das Herzzeitvolumen. Die Folge ist der "kardiorenale Zusammenbruch" (Seite 560). "Erst dann, wenn der linke Ventrikel gegenüber
den abnormen Widerständen anfängt zu erlahmen, beginnt die Harnmenge zu sinken" (Seite 522). Vorher kommt es "bei dekompensierten Herzkranken" zu einer "Stauungsniere mit Stauungsödem", zur
"Hydrämie", zum "Blutödem", zu einer "Wasseranreicherung des Blutes", zu einer "renal bedingten Wasserretention", zu einer "Verwässerung des Blutes", zu einer "serösen Plethora des Blutes", zu
einer "Blutverwässerung" und zu einer "Hydroplasmie" (Seite 264).
m) Das hepatorenale Syndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei nierengesunden Leberpatienten. Volhard erwähnt auf Seite 83 diesbezüglich
die "Pseudoleberzirrhose Picks" und auf Seite 111 die "Leberzirrhose". Auf Seite 242 beschreibt er die "Uraemia hepatica".
n) Das pulmorenale Syndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei nierengesunden Lungenpatienten. Auf Seite 115 erklärt er extrarenale
Ursachen "irgendwie mittelbar". Auf Seite 186 erwähnt er das "Asthma uraemicum". Man könne "gar das Lungenemphysem für einen wesentlichen und integrierenden Bestandteil
des Krankheitsbildes halten" (Seite 289).
o) Bei den Nonnenbruch-Syndromen kommt es bei unveränderter Produktion der harnpflichtigen Stoffe zur Niereninsuffizienz bis hin zum tödlichen Nierenversagen.
Volhard spricht diesbezüglich auf Seite 52 von "der gleichen Schlackenbereitung" und auf Seite 56 vom Reststickstoff ("Rest-N" und "RN"). Auf Seite 171 beschreibt er die "Retentionstheorie", die
"Schlackenretention" und die "Schlackenstauung als Folge der Niereninsuffizienz". Er erwähnt auf Seite 168 die "Urämie", auf Seite 241 die "Produktionsurämie" und die "Retentionsurämie", auf
Seite 173 die "Harnvergiftung" und auf Seite 174 das "Nierensiechtum". Bei Nierenkranken findet man trotz maximaler Ausscheidung der harnpflichtigen Stoffe hohe Serumspiegel dieser Stoffe. "Dabei
ist die Harnstoffausscheidung absolut und relativ gesteigert, und trotzdem findet in Blut und Geweben eine hochgradige Anreicherung von Harnstoff und N-haltigen Stoffwechselschlacken statt"
(Seite 175). Er kannte die Bedeutung der "Kalisalze" (Seite 233) und der "Kalivergiftung" (Seiten 233 und 235).
p) Die Therapie der Nonnenbruch-Syndrome besteht in der Therapie der Grundkrankheiten. Das bezeichnet Volhard auf Seite 124 als "ätiologische Behandlung" und als
"kausale Behandlung der Wassersucht".
q) Die GFR ist ein Maß für die Niereninsuffizienz. Volhard suchte auf Seite 1 vergeblich nach dem "Maß für den Grad der Niereninsuffizienz". "Man kann diese
Fähigkeit zur Veränderung der Leistung als Maßstab der Funktionstüchtigkeit verwenden" (Seite 1). Er stellt auf Seite 60 "die Ausscheidung dem Ausscheidungsvermögen" gegenüber.
r) Herz und Nieren muss man als Pumpe und Filter und somit als technische Arbeitsmittel betrachten. Dieser "Versuch einer 'physikalischen' Erklärung" (Seite 110)
wäre Volhard gelungen, wenn er die Grundlagen der Mathematik, der Physik und der Technik berücksichtigt hätte. Die physiologischen Grundlagen der Nieren-Funktionseinheit waren ihm bekannt; die
mathematischen Grundlagen der Nierenfunktions-Einheit sind jedem Schüler bekannt.
s) Nerven und Hormone modulieren die Funktion von Herz und Nieren. Auf Seite 144 erwähnt er diesbezüglich "Renin" und "Adrenalin". Er
bevorzugt den Begriff "Adrenin", weil Adrenalin ein Handelsname sei. Auf Seite 154 beschreibt Volhard den "suprarenalen Regulationsmechanismus" und eine "Übersekretion
von Adrenalin". Auf Seite 236 erwähnt er "Hypertensin".
t) Die Nierendialyse kannte man damals noch nicht. Auf Seite 64 spricht Volhard jedoch schon von "einer halbdurchlässigen Membran", von Isotonie und vom
"membranartigen Charakter" der Nierenepithelien. Als Therapie wurde auf Seite 78 "sofort zu einer doppelseitigen Nierenentkapselung" beziehungsweise zu einer "Dekapsulation beider Nieren"
geraten. Auf Seite 252 empfiehlt er, "neue Nieren einzupflanzen". Es "versteht sich von selbst, daß jede Nierenbehandlung zwecklos, ja unsinnig und schädlich ist" (Seite 280).
u) "Auch hier erhebt sich die Frage: was ist das Primäre?" Auf Seite 223 kann Franz Volhard diese Frage nicht beantworten. "Immer und immer
wieder beschäftigt, ja quält uns die Frage: Was ist das Primäre? Was ist die Ursache, was Folge (Seite 303)?" Er erkennt nicht die Verschlechterung der filtrativen Nierenfunktion als notwendige
Folge jeder Reduktion des Herzzeitvolumens. "Die zentrale, kardiale Stauung fängt nicht mit der Niere an, sondern hört bei der Niere auf, und auf das allgemeine Krankheitsbild hat die
Verlangsamung der Zirkulation in der Niere den geringsten, die in der Peripherie den größten Einfluß (Seite 268)". "Noch vor Eintritt der Niereninsuffizienz" könne es sein, dass "die
Herzinsuffizienz im weiteren Verlauf manifest wird" (Seite 547).
v) Trotz der zahlreichen oben angeführten Belege hat Franz Volhard nicht glauben können, "daß demnach Morbus Brighti ohne Nierenerkrankung bestehen könne" (Seite
288). Er bezieht sich dabei auf eine Arbeit von William W. Gull und Henry G. Sutton aus dem Jahre 1872. Siehe unten den Absatz 257.
246.) Auffallend ist, dass auch die Rote Liste 2014 (54. Ausgabe, Frankfurt/Main 2014) weder im Hauptgruppenverzeichnis noch im Stichwortverzeichnis Nephrologika
kennt. - Siehe auch unten Absatz 353.
247. a) Am 24.3.2013 wurde bei Wikipedia unter dem Suchbegriff Chronisches Nierenversagen am Ende des elften Diskussionsbeitrages "Stadieneinteilung nach KDOQI/KDIGO
und Proteinurie" vom Benutzer Hubert Dumann die Lektüre der neuen Leitlinie "Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease" empfohlen. Siehe oben Absatz
119.
b) Am 19.5.2013 beendete ich diese Diskussion mit dem Text "Sehr geehrter Herr Dumann, soeben überflog ich die neue Leitlinie. Meine Kritik findet sich bestätigt.
Die richtige Einheit ml/min (zum Beispiel in Abbildung 20 auf Seite 88) will man nach Rundung und Relativierung der GFR durch die falsche Einheit ml/min/1,73 m² ersetzen (siehe Empfehlungen
1.4.3.4 bis 1.4.3.7). Mit Relativierung oder Normalisation (rechts oben auf Seite 40) meint man offenbar meine Normierungsformel GFR(1.73 m²/BSA), ohne sie auch nur einmal zu erwähnen. Ich kann
den Verantwortlichen nur dringend meine Website www.nierenfunktionseinheit.de zur Lektüre empfehlen. Manchmal muss man antinormieren. Auch dazu fehlt jeder
Hinweis. Zu meinen Vorschlägen gibt es keine Alternative. Nur so kann das herrschende Durcheinander im Interesse unserer Patienten beendet werden. Außerdem ist die GFR bei Nierengesunden ein Maß
für die Herzleistung und nicht für die Nierenfunktion."
c) Diese Empfehlungen von 1.4.3.2 bis 1.4.3.7 aus dem Jahre 2012 finden sich im Original auch oben auf Seite 7 in Abbildung 2 im Artikel "Cystatin C und/oder
Kreatinin: Das Bessere ist der Feind des Guten" in den "Nephro-News - Forum für Nephrologie und Hypertensiologie" (Jahrgang 16, Ausgabe 1/14, Seiten 5 bis 9) von Michael Haase und Anja
Haase-Fielitz. Die Bedeutung dieser internationalen Empfehlungen wurde von den beiden Autoren nicht verstanden. Man muss immer nach meiner Formel normieren. Man muss immer angeben, welche der
etwa zehn GFR-Schätzformeln, die nach Cystatin C fragen, verwendet wird. Die falsche Nierenfunktionseinheit darf (nach dieser falschen Empfehlung) nur nach Anwendung meiner Normierungsformel
verwendet werden. Systemwidrig verwenden die beiden Autoren in ihrem Text ausschließlich die richtige Nierenfunktionseinheit.
d) Wer die Einheit ml/min/1,73 m² verwendet, zeigt mathematische Ignoranz und nephrologische Inkompetenz (siehe oben Kapitel 2 Absatz K), obwohl die Leitlinien diese
falsche Einheit nach Anwendung meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) fordern. Siehe unten Absatz 250.
248. a) Analoges gilt für die falsche Einheit l/min/kg Körpergewicht. Quelle: Jochen Graf, Markus Ferrari und Marcus Hennersdorf: "Akute Herzinsuffizienz - Den Kreislauf zügig stabilisieren", in: "Perspektiven der Kardiologie in Verbindung mit dem Deutschen Ärzteblatt", Supplement im Deutschen Ärzteblatt, 11.4.2014, Seiten 16 bis 19, in: "Deutsches Ärzteblatt", Ausgabe A, Jahrgang 111, Heft 15/2014.
b) Auf Seite 16 findet sich ein "Herzminutenvolumenindex von unter 1,8 l/min/kg". Wenn man ein Herzzeitvolumen von 1,8 l/min durch ein Körpergewicht von 100 kg
dividiert, erhält man als Ergebnis ein normiertes Herzzeitvolumen HZV/KG = 18 ml/kgmin = 18 l/tmin = 0,3 l/st.
Vermutlich haben die drei Autoren die Division vergessen.
c) Unklar bleibt, warum die Autoren nicht den üblichen Herzindex HZV/KOF mit der Einheit mm/min verwenden.
249.) Schon am 8.5.1998 berechnete ein niedergelassener Kardiologe in Bielefeld für meinen Patienten D. B. im Herzkatheterprotokoll das Herzzeitvolumen HZV = 3,88
l/min, das Schlagvolumen SV = 63 ml und den Herzindex HI = CI = HZV/KOF = 1,96 l/min/m² (gemeint: 1,96 mm/min). Die Körperoberfläche betrug KOF = 1,98 m², die Herzfrequenz betrug HF = 62/min.
Siehe auch oben die Absätze 202 und 211.
250. a) Das Verstehen der aktuellen Leitlinie in den Kidney International Supplements (2013) 3, Seiten 5 bis 14, bereitet große Schwierigkeiten. Offenbar haben die
Autoren die Tragweite ihrer Empfehlungen selbst nicht verstanden. Hinzu kommen Übersetzungsprobleme.
b) In der Zusammenfassung ("summary of recommendation statements") auf den Seiten 6 und 7 heißt es unter den Positionen 1.4.3.4 und 1.4.3.7 zusammengefasst: "When
reporting eGFR We recommend that eGFR (should) be reported and rounded to the nearest whole number and relative to a body surface area of 1.73 m² in adults using the units ml/min/1.73
m²."
c) Statt "units" muss es korrekt "unit" heißen.
d) Unklar bleibt, was mit "and relative to a body surface area of 1.73 m² in adults" gemeint sein könnte. Mit "relative" kann nur die Normierung der geschätzten GFR nach meiner Formel GFR(1.73 m²/BSA) gemeint sein.
e) Mit "in adults" kann nur gemeint sein, dass die Standardkörperoberfläche für gesunde Erwachsene gilt. Alles andere ergibt keinen Sinn. Für Vergleichszwecke muss
ja gerade die kleine GFR von Kindern in Relation zur Erwachsenenkörperoberfläche beurteilt werden. Das ist der einzige Sinn der Normierung.
f) Sinnvollerweise wird erst normiert und dann gerundet. Außerdem halte ich die Rundung für überflüssig.
g) Ich schlage also die folgende interpretierende Übersetzung der KDIGO-Empfehlungen 1.4.3.4 und 1.4.3.7 vor: "Beim Kommunizieren der GFR empfiehlt die aktuelle
Leitlinie die Normierung der geschätzten GFR mit der richtigen Nierenfunktionseinheit ml/min auf die alte Standardkörperoberfläche von 1,73 m² nach meiner Formel GFR(1.73 m²/BSA) mit
anschließender Rundung und unter Verwendung der falschen Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² zur Kennzeichnung der erfolgten Normierung."
h) Quelle: www.kdigo.org/clinical _practice_guidelines. Seiten i bis xiii und 1 bis 150. Siehe oben Absatz 247. - "Kidney International Supplements", Official Journal of the
International Society of Nephrology, Volume 3, Issue 1, January 2013. "KDIGO 2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease". KDIGO = kidney disease
improving global outcomes. www.kidney-international.org
251.) Patrick D. Dißmann ("Wenn die Nieren schlappmachen - ABC des akuten Nierenversagens", in: "Der Allgemeinarzt", 36. Jahrgang, Heft 7/2014, Seiten 16 bis 18)
nennt auf Seite 17 in Tabelle 2 korrekt ein "vermindertes Herzminutenvolumen" als eine der prärenalen Ursachen des Nierenversagens. Ein "pulmorenales Syndrom" und ein "hepatorenales Syndrom"
werden in Tabelle 4 als "Häufige Komplikationen des akuten Nierenversagens" bezeichnet. Könnten in Tabelle 4 Ursache und Wirkung verwechselt worden sein? Das kardiorenale Syndrom wird nicht
ausdrücklich erwähnt. Aber: "Prärenale Ursachen (z.B. Exsikkose, Schock oder Herzinsuffizienz) sind mit Abstand am häufigsten verantwortlich für die Entstehung eines akuten Nierenversagens." -
Dißmanns Arbeit stimmt weitgehend mit meiner Erklärung der drei Nonnenbruch-Syndrome überein.
252.) Am 26.4.2014 bestätigte mir ein habilitierter Lungenfacharzt nach einer Bodyplethysmographie eine normale Lungenfunktion. Ich musste ihn korrigieren. Er kann
nur die Luftlungenfunktion, nicht aber die Blutlungenfunktion beurteilen. Ventilation und Perfusion sind für die Lungenfunktion gleich wichtig. Er stimmte meiner Sicht des Pulmorenalsyndroms zu.
Jede Lungenkrankheit reduziert nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus das Herzzeitvolumen und damit die GFR. Auf meine Frage nach einer Ausnahme konnte er mir keine perfusionsverbessernde
Lungenkrankheit nennen. Er verwechselte einmal das Lungenzeitvolumen mit dem Ventilationszeitvolumen, also Perfusion mit Ventilation. Nur bei Löchern in der Herzscheidewand ist das
Herzzeitvolumen nicht gleich dem Lungenzeitvolumen (siehe oben Absatz 179).
253.) Im Zweifel verkleinern alle Krankheiten das Herzzeitvolumen und damit die Glomeruläre Filtrationsrate. Ausnahmen sind zum Beispiel hyperthyreote Strumen oder
tachykarde Arrhythmien.
254.) Die Glomeruläre Filtrationsrate ist proportional zum Herzzeitvolumen. Der modulierende Einfluss von Nerven und Hormonen auf diese Proportionalität ist klein.
Denn neurohumorale Regelkreise beeinflussen hauptsächlich das Herzzeitvolumen und die Tubulusfunktionen. Die Podozytenfunktion wird durch Nerven und Hormone kaum beeinflusst. Also führen alle
Schwankungen des Herzzeitvolumens zu weitgehend identischen Schwankungen der Glomerulären Filtrationsrate. Schwankungen der tubulären Rückresorption (Reabsorption) verändern die Glomeruläre
Filtration nicht.
255. a) Medizinhistorischer Exkurs: Es ist eine Binsenwahrheit, dass jede Filterleistung (besonders bei sich selbst reinigenden Filtern) proportional zum Zufluss
ist. Bei der Niere wird diese Proportionalität durch Nerven und Hormone nur geringfügig moduliert.
b) Franz Volhard ("Die doppelseitigen hämatogenen Nierenkrankheiten", Berlin 1918) wollte irrtümlich die Filterleistung mit der Wirkung der Hormone ("hämatogen") erklären. Das gelang ihm nicht.
c) Wilhelm Nonnenbruch ("Die doppelseitigen Nierenkrankheiten - Morbus Brightii - Eine neuralpathologische Betrachtung", Stuttgart 1949) wollte irrtümlich die
Filterleistung mit der Wirkung der Nerven ("neuralpathologisch") erklären. Das gelang ihm nicht.
d) Jedes Kreatininmolekül, welches den Eingang eines Podozyten findet, erscheint immer im Primärharn und damit im Urin. Diese Filtration erfolgt sogar bei jeder
Nierenkrankheit weitgehend unabhängig von Nerven und Hormonen.
e) Nerven und Hormone können den renalen Plasmazufluss und die tubuläre Reabsorption, nicht aber die podozytäre oder glomeruläre Filtration
beeinflussen.
f) Nerven und Hormone sind wichtig für den Blutkreislauf und damit für das Herzzeitvolumen. Bei gegebenem Herzzeitvolumen erfolgt die renale Ultrafiltration
autonom.
g) Der hundertjährige Streit, ob die Nierenfunktion durch Nerven oder durch Hormone gesteuert wird, ist damit abgeschlossen. Nerven und Hormone spielen für den Kreislauf eine große Rolle. Bei gegebenem Nervensystem kann das Herzzeitvolumen durch Hormone oder Medikamente beeinflusst werden.
h) Bei gegebenem Nervensystem und bei gegebenem Herzzeitvolumen kann die Glomeruläre Filtrationsrate durch Hormone oder Medikamente nicht beeinflusst
werden.
i) Die GFR ist bei Nierengesunden also ein Maß für die Herzleistung und nicht für die Nierenleistung.
j) Modernste Forschungen beschäftigen sich zum Beispiel mit den Oberflächenproteinen der Podozyten. Hier kann es zu reversiblen oder zu irreversiblen Schäden kommen. Das würde aber erst einmal an der von mir behaupteten Proportionalität wenig ändern.
k) Vielleicht findet man Medikamente oder Hormone zur Beeinflussung der Blut-Harn-Schranke oder zur Therapie von erkrankten Podozyten. Aber auch das würde an der von
mir behaupteten Proportionalität von HZV und GFR wenig ändern.
256. a) Bei jedem Herzschlag sind die Schlagvolumina aller vier Herzhöhlen identisch. Unterschiedliche Höhlenvolumina sind also nur bei unterschiedlichen
Ejektionsfraktionen möglich. Das Schlagvolumen ist jeweils das Produkt aus dem enddiastolischen Höhlenvolumen und der dazu gehörenden Ejektionsfraktion. Für jede Herzhöhle besteht eine
Proportionalität zwischen enddiastolischem Volumen und der dazu gehörenden Ejektionsfraktion. Die Ejektionsfraktion hängt hauptsächlich von den Vitien ab. Limitierend für das Herzzeitvolumen ist
also diejenige Herzhöhle mit dem kleinsten maximal möglichen Schlagvolumen. Das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz ist gleich dem Herzzeitvolumen. Die Glomeruläre Filtrationsrate ist
proportional zum Herzzeitvolumen. Wenn fünf verschiedene Krankheiten das Herzzeitvolumen unabhängig von einander jeweils um zehn Prozent reduzieren, dann halbiert sich auch bei Nierengesunden die
Glomeruläre Filtrationsrate. Das sind die Nonnenbruchschen Extrarenalsyndrome.
b) Wenn mehrere Krankheiten das Herzzeitvolumen verkleinern, dann geschieht das meistens nicht unabhängig von einander. Dann ist der Gesamteinfluss nicht gleich der
Summe der Einzeleinflüsse.
257. a) Schon William W. Gull und Henry G. Sutton beschrieben die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, wie Franz Volhard (siehe oben die Absätze 244 und 245) auf
den Seiten 288 und 289 erwähnt. Auf Seite 320 nennt Volhard die Quelle "On the Pathology of the Morbid State commonly called Chronic Bright's Disease with Contracted Kidney ("Arterio-capillary
Fibrosis.")". Gulls Mittelname wird richtig W. und nicht S. abgekürzt. Die Arbeit wurde am 9.4.1872 eingereicht, am 28.5.1872 gelesen und anschließend publiziert in: "Medico-Chirurgical
Transactions", Volume LV, 1872; pages 273 bis 330. (Med. chir. Transact. 1872; 55: 273-330.1.)
b) Die Extrarenalsyndrome werden auf Seite 295 wie folgt beschrieben: "5. The kidneys may be but little if at all affected, whilst the morbid change is far advanced
in other organs." Und auf Seite 277: "there is often no evidence of kidney or bladder disease."
c) Die Kardiorenalsyndrome werden auf Seite 284 wie folgt beschrieben: "and the heart was hypertrophied, whilst the kidneys remained healthy" beziehungsweise "the
left ventricle of the heart slightly dilated, whilst he kidneys were a little contracted in some of the cases, but in others not." Und auf Seite 286: "Kidneys healthy, whilst heart much
hypertrophied".
d) Das Pulmorenalsyndrom wird auf Seite 290 wie folgt beschrieben: "In some of the cases the emphysema was great whilst the kidneys were only slightly
granular".
e) Das Hepatorenalsyndrom wird auf Seite 315 als Fall Nummer 30 beschrieben. Der niereninsuffiziente Patient George G. hatte eine Leberatrophie und weitgehend
unauffällige Nieren. Er starb mit 57 Jahren an einer Peritonitis.
258.) In einem ärztlichen Diskussionsforum im Internet wurde am 19.4.2014 nach den möglichen Ursachen eines akuten Nierenversagens gefragt. Ich erinnerte an die
Extrarenalsyndrome. Man warf mir Verbohrtheit, Unbelehrbarkeit, Kritiklosigkeit, fehlende Fachkenntnis und eine "ungeheure Selbstüberschätzung" vor. Man verglich mich mit einem Mistkäfer und
einem Erbsenzähler. Ich würde auch habilitierte Nephrologen als eine "unterbelichtete Nephrologengilde", "als Volldeppen", als "unterbelichteten Rest der Menschheit" und als "arme Dilettanten"
ansehen. Die Nonnenbruch-Syndrome seien Medizin von "vor 80 Jahren", "dummes Zeug", "Schwachsinn" oder "der Weisheit letzter Schluss".
259.) Christiane Drechsler ("Schlechte Blutzuckereinstellung bei Diabetes mellitus - Das geht an die Nieren!", in: "Münchener Medizinische Wochenschrift - MMW -
Fortschritte der Medizin", Jahrgang 156, Heft 9/2014, Seiten 41 bis 45) vermeidet konsequent den Begriff der diabetischen Nephropathie und bevorzugt statt dessen den Begriff der
"diabetesassoziierten Nephropathie (DNP)". Nicht die Nephropathie ist diabetisch, sondern die Stoffwechsellage des Patienten. Korrekt hätte sie das Wort Nephropathie durch das Wort
Niereninsuffizienz ersetzen müssen. Die Autorin denkt nicht an die Nonnenbruchschen Extrarenalsyndrome, also an die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden. In einem Satz auf Seite 44 unterscheidet
sie bei nierenkranken Diabetikern richtig zwischen eingeschränkter und nicht eingeschränkter Nierenfunktion. Dass es niereninsuffiziente Diabetiker mit und ohne Nephropathie gibt, wird nicht
erkannt (siehe oben Absatz 166a). Ohne Konzept verwenden Christiane Drechsler und ihre Koautoren manchmal die richtige und manchmal die falsche Nierenfunktionseinheit. Das Problem der Normierung
wird nicht thematisiert. Die aktuellen Leitlinien (siehe oben die Absätze 247 und 250) werden nicht beachtet.
260. a) Reinhard G. Bretzel ("DPP-4-Inhibitoren und kardiovaskuläre Erkrankungen", in: "Diabetes Congress Report", Ausgabe 2/2014, 14. Jahrgang, Seiten 12 bis 16)
erkennt nicht, dass sich "eine Zunahme des linksventrikulären enddiastolischen Volumens" (Seite 15) ceteris paribus günstig und nicht ungünstig auf jede Herzinsuffizienz auswirkt. Siehe oben
Absatz 231. In Tabelle 3 auf Seite 15 beschreibt er die Symptome der Herzinsuffizienz richtig. Dagegen wird die Definition der Herzinsuffizienz
ignoriert.
b) Am 3.8.2014 erreicht mich die folgende Gegendarstellung des Autors. Ich zitiere diese. Interpunktions- und Grammatikfehler korrigiere ich.
"Sehr geehrter Herr Dr. Raeder, vielen Dank für Ihre Mail mit den Hinweisen auf meinen Bericht in DCR 2/2014. Aus Termingründen kann ich erst heute darauf antworten.
Vorausschickend darf ich daran erinnern, dass im Diabetes Congress-Report keine Originalarbeiten publiziert werden, vielmehr dem Titel der Zeitschrift entsprechend über Kongressbeiträge berichtet
wird. Im konkreten Fall habe ich über eine wissenschaftliche Sitzung zum Thema "DPP-4-Inhibitoren und kardiovaskuläre Erkrankungen" beim Europäischen Diabeteskongress 2013 berichtet (DCR 2/2014;
Seiten 12 - 16). Insofern zitieren Sie in Ihren Ausführungen leider nicht korrekt.
1) "Reinhard G. Bretzel ... erkennt nicht, dass sich ...". Ich jedoch schrieb: "Dabei wurde eine Zunahme des ... könnte (McMurray, 2013)". Ich habe daher nicht meine
Meinung dazu abgegeben, sondern zitiere eine Aussage von McMurray, 2013!
2) "In Tabelle 3 auf Seite 15 beschreibt er die Symptome der Herzinsuffizinez richtig. Dagegen wird die Definition der Herzinsuffizienz ignoriert." Auch hierbei
zitieren Sie nicht korrekt. Nicht ich beschreibe die Symptome, vielmehr gebe ich dazu eine Tabelle mit eindeutiger Quellenangabe (modifiziert nach Hoppe et al., 2005).
3) Was die Definition der Herzinsuffizienz anbelangt, habe ich diese in meinem Bericht nicht ignoriert. Vielmehr finden Sie eingangs eine der möglichen / gängigen
Definitionen.
4) Ich darf Sie daher bitten, die relevanten Passagen in Ihren Ausführungen entsprechend zu korrigieren!
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Reinhard G. Bretzel
Herausgeber und Chefredakteur
Diabetes Congress-Report
5) PS: Was die Thematik DPP-4-Inhibitoren und Herzinsuffizienz anbelangt, finden Sie übrigens in der DCR-Ausgabe 3/2014 einen weiteren Kongressbericht von meinem
Kollegen Prof. Dr. B. Willms (Seiten 6 - 10)."
c) Ich zitierte nicht, sondern rezensierte. In keiner Weise ist in der rezensierten Arbeit eine Distanzierenung des Autors von seinen Quellen erkennbar. Es wird
weder in wörtlicher Rede zitiert noch wird die indirekte Rede mit dem Konjunktiv verwendet. Indirekt bestätigt Reinhard G. Bretzel also die Richtigkeit meiner Behauptung. - Die Arbeit von Berend
Willms rezensierte ich bereits am 21.7.2014 unten im Absatz 288. - Mit "Hoppe" in Punkt 2 ist Uta C. Hoppe (siehe unten Absatz 303) gemeint.
261. a) Oben habe ich im Absatz 231a die Herzinsuffizienz definiert. Unter der Herzinsuffizienz versteht man das Unvermögen des Herzens zur ausreichenden Versorgung
des Körpers mit sauerstoffreichem Blut. Dabei muss man auch an "nichtkardiale Ursachen" (Zitat: Willibald Pschyrembel: "Klinisches Wörterbuch 2014", 265. Auflage, Berlin Juni 2013, Seite 890.
266. Auflage 2014, ebenfalls Seite 890: Zitat: "nichtkardiale Ursachen (z. B. metabolisch oder endokrinologisch)") denken. Die Herzinsuffizienz ist das "Unvermögen des Herzens, den für den
Stoffwechsel erforderlichen Blutauswurf aufzubringen" (Zitat: "Roche Lexikon Medizin", 3. Auflage, München 1993, Seite 730).
b) Die Herzinsuffizienz bei Herzgesunden zähle ich zu den Extraorgansyndromen sowie speziell zu den Extrakardialsyndromen. Das Hämatokardialsyndrom definiere ich als
Herzinsuffizienz bei anämischen Herzgesunden. Jede Anämie führt automatisch zur Herzinsuffizienz. Je schlimmer die Blutarmut, desto schlimmer die Herzschwäche.
c) Im "Alphabetischen Verzeichnis ICD-10-GM 2013" (Köln 2013) sucht man das Hämatokardialsyndrom vergeblich. Die Experten denken weder an die Anämie mit
Herzinsuffizienz noch an eine Herzinsuffizienz durch Anämie.
d) Bei Wikipedia findet sich beim Stichwort Herzinsuffizienz die Anämie als eine der Ursachen.
e) Eine unbrauchbare Definition der Herzinsuffizienz beschreibt "Das MSD Manual" in der 6. Auflage (München und Jena 2000) auf der Seite 2038 im Kapitel 203: "Keine
Definition der Herzinsuffizienz ist vollständig zufriedenstellend." Es folgen verschiedene kardiologische Krankheitsbilder.
f) Unvollständig ist die Definition der Herzinsuffizienz von Reinhard Griebenow und Walter Kaufmann im Kapitel "Herzinsuffizienz" im "Lehrbuch der inneren Medizin"
(3. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1992, Seiten 2 bis 12), wenn sie auf Seite 2 empfehlen, "von einer Herzinsuffizienz dann zu sprechen, wenn die Anpassung der kardialen
Förderleistung an die Erfordernisse des Organismus nicht ausreichend möglich ist." Auf Seite 3 zählen sie in der Tabelle 1.2 sieben extrakardiale "Ursachen von Herzinsuffizienz" auf. Die "Anämie"
erwähnen sie unverständlicherweise unter Nummer 5 neben den "AV-Fisteln" als Ursache einer "Volumenbelastung". Bei jeder Anämie ist das Ausmaß der "kardialen Förderleistung" von Hämoglobin zu
klein. Dieser Zusammenhang wird von beiden Autoren nicht erkannt.
g) Auch Hanns Gotthard Lasch ("Herzinsuffizienz", in: "Innere Medizin und Chirugie", 2. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1981, Seiten 7 bis 15)
zählt auf Seite 7 die Anämie zu den extrakardialen Herzinsuffizienzursachen. "Zunächst sollte man die Ursachen der Herzinsuffizienz angehen" (Seite 11). Eine Bluttransfusion erwähnt er jedoch
nicht im Absatz über eine "Kausale Therapie" auf den Seiten 11 bis 15.
h) Kaspar Rhyner ("Anämien", in: Walter Siegenthaler: "Differentialdiagnose innerer Krankheiten", 15. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 1984,
Seiten 4.1 bis 4.36) schreibt auf Seite 4.6: "Eine Herzinsuffizienz bedingt durch eine Anämie mit Herzvergrößerung und Ödem ist sehr selten." Dass jede Anämie eine Herzinsuffizienz mit "Dyspnoe
in Ruhe und besonders bei Belastung" verursacht, wird nicht thematisiert.
i) Im von Myron G. Sulyma herausgegebenen "Wörterbuch der Kardiologie" (München 1983) wird in Band II auf Seite 308 die Herzinsuffizienz definiert als "Der Zustand,
in dem die Kammermuskulatur eine angemessene Blutzirkulation in Ruhe oder bei üblicher körperlicher Belastung nicht aufrechterhalten kann." Ob mit angemessener Blutzirkulation nicht nur das
Herzzeitvolumen, sondern auch der Hämoglobingehalt des Blutes gemeint sein soll, muss offen bleiben.
262.) Ich wundere mich über die nephrologische Diagnose einer "dialysepflichtigen Niereninsuffizienz" ohne Angabe einer entsprechenden Krankheit. Nicht viel besser
ist die Diagnose einer "terminalen Niereninsuffizienz bei einer Nephrosklerose". Was ist die Ursache der Nephrosklerose? Wurde sie bioptisch gesichert oder handelt es sich um eine
Verdachtsdiagnose? Ist diese Nephrosklerose so schlimm, dass sie allein die Dialysepflicht begründet? Könnten nicht Erkrankungen der Lungen, der Leber oder des Herzens viel mehr zur
Niereninsuffizienz beitragen als die Sklerose beider Nieren? Könnte nicht vielmehr eine generalisierte Atherosklerose das Herzzeitvolumen und damit die Nierenfunktion verschlechtern? Sind die
Nierenarterien oder das Nierenparenchym verhärtet? Ist der Niereninsuffiziente wirklich nierenkrank? Warum denken die Nephrologen nicht an die Nonnenbruchschen Extrarenalsyndrome? Zu den
Sklerosen zählen auch die Leberzirrhose (Hepatorenalsyndrom), die Lungenfibrose (Pulmorenalsyndrom) und die Arteriosklerose (Kardiorenalsyndrom). Wie kann der Nephrologe seinem Patienten die
Notwendigkeit einer Nierendialyse erklären, wenn der Arzt selbst keinerlei begründete Vorstellungen von einer sehr schweren beiderseitigen Nierenkrankheit seines Patienten hat? Wann muss der
Nephrologe seinen Dialysepatienten von einer Nierentransplantation abraten? Bei zumindest einseitig Nierengesunden ist die Nierentransplantation keine Option. Warum wird die Indikation zur
Nierendialyse nicht auch von den Hepatologen, von den Pulmonologen und von den Kardiologen gestellt?
263. a) Das Krankenhaus der Region Seeland in Köge in Dänemark macht sich Gedanken zum Normieren und zum Antinormieren der GFR. Die Nephrologin Belén Redal-Baigorri
("Identification and treatment of chronic kidney disease", Januar 2012, 46 Seiten) schreibt auf Seite 16: "Absolute GFR = (Indexed GFR x Patients BSA)/ 1.73 m² = ml/min". Im Wort patient's vergaß
sie den Apostroph. Sie meint das Folgende: Wenn man die normierte GFR mit BSA/1.73 m² multipliziert, erhält man die tatsächliche GFR mit der Einheit ml/min. Korrekt lautet der Algorithmus für die
Antinormierung
GFR(1.73 m²/BSA)(BSA/1.73 m²) = GFR.
b) Auf Seite 14 erklärt sie die Umrechnung an zwei Beispielen. Eine tatsächliche GFR von 140 ml/min führe bei einer Körperoberfläche von 2,7 m² zu einer normierten
GFR von 90 ml/min/1.73 m². Umgekehrt führe eine normierte GFR von 90 ml/min/1.73 m² bei einer Körperoberfläche von 2,7 m² zu einer geschätzten GFR von 140 ml/min. Korrekt wäre
Folgendes:
GFR = 140 ml/min
GFR(1.73 m²/BSA) = 140 (1.73 m²/2.7 m²) ml/min = 90 ml/min
Die Spezialistin verwendet also konsequent die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1.73 m² zur Kennzeichnung der normierten GFR(1.73 m²/BSA). Damit folgte sie der
aktuellen Leitlinie (siehe oben die Absätze 247 und 250).
c) Die tatsächliche GFR bezeichnet sie als geschätzt, absolut oder roh. Die normierte GFR bezeichnet sie als indexiert. Das ist sehr verwirrend. Siehe oben die
Einleitung zu Kapitel 3.
264.) Den Patienten wird allgemein der Vergleich ihrer Nieren mit zwei Klärwerken empfohlen. Diesen Vergleich habe ich oben wiederholt dargestellt. Nach vier
Klärwerkbesichtigungen möchte ich einige Punkte richtig stellen. Im Kanalsystem bekommen die Klärwerke eine Mischung aus Regenwasser und Abwässern angeliefert. Diese beiden Zugänge begrenzen die
Größe des Klärgutes nach oben. Äste oder Baumstämme können also im Normalfall nicht zu den zu klärenden Gegenständen zählen. Manchmal werden bei Hochwasser aber Flüsse oder Bäche teilweise in die
Kanalisation umgeleitet. Dann können auch Äste, Bälle oder Flaschen im Abwasser sein. Die durchschnittliche Verweildauer der Abwässer im Kanalsystem beträgt meistens ein bis zwei
Stunden.
265.) "Alterndes Herz mit pflanzlicher Medizin wirksam unterstützen - Weißdornextrakt verbessert die körperliche Belastungsfähigkeit und mindert typische
Herzinsuffizienz-Symptome" (Quelle: "Medical Tribune", 49. Jahrgang, Nummer 23/2014, 6.6.2014, Seite 10). Bei einer Herzinsuffizienz nimmt "das Herzschlagvolumen" ab. Crataegus führe zu einer
"Steigerung des HZV" durch Zunahme "der linksventrikulären Auswurffraktion". - Hierbei handelt es sich um eine der wenigen wissenschaftlichen Arbeiten, die eine Vergrößerung des Produktes
HZV=VVxEFxHF durch eine einseitige Vergrößerung des Faktors EF richtig beschreiben.
266.) Die Nephrologen müssen sich mit den folgenden Vorwürfen auseinander setzen:
a) Die Laboratorien können nur Konzentrationen bestimmen. Dafür werden Konzentrationseinheiten verwendet. Die Nierenfunktion ist die einzige Ausnahme von diesem
Grundsatz. Die GFR hat die Einheit ml/min. Das haben viele Nephrologen nicht verstanden.
b) Die Clearance ist definiert als dasjenige Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit von einem bestimmten Stoff befreit wird. Dieser Zahlenwert ist mathematisch
identisch mit dem x-fachen Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit zu einem x-tel von dieser Substanz befreit wird, oder auch mit dem y-fachen Plasmavolumen, welches in y Zeiteinheiten von dieser
Substanz vollständig befreit wird. Auch das haben viele Nephrologen nicht verstanden.
c) Das Laboratorium kann nicht zwischen kleinen Gesunden und großen Kranken unterscheiden. Zur Unterscheidung muss zwingend die zuerst von mir beschriebene Formel
GFR(1,73 m²/KOF) angewendet werden. Durch Anwendung dieser Formel wird aus der tatsächlichen GFR die normierte GFR. In beiden Fällen muss die Einheit ml/min verwendet werden. Auch das haben viele
Nephrologen nicht verstanden.
d) Die aktuellen Leitlinien wollen die erfolgte Anwendung meiner Formel durch die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² kennzeichnen. Ich empfehle zur
Kennzeichnung der erfolgten Normierung meine Formel GFR(1,73 m²/KOF) mit der richtigen Einheit ml/min. Auch das haben viele Nephrologen nicht verstanden.
e) Eine schlechte normierte GFR beweist eine Niereninsuffizienz, nicht aber eine Nierenkrankheit. Man muss also immer streng zwischen Niereninsuffizienz und
Nierenkrankheit unterscheiden. Auch das haben viele Nephrologen nicht verstanden.
f) Nach Wilhelm Nonnenbruch kann jede Niereninsuffizienz neben den bekannten renalen Ursachen auch extrarenale Ursachen haben. Man muss also immer an das
Hepatorenalsyndrom, an das Pulmorenalsyndrom und an das Kardiorenalsyndrom denken. Auch das haben viele Nephrologen nicht verstanden.
g) Nierengesunde mit einer Niereninsuffizienz haben also immer Leberkrankheiten, Lungenkrankheiten oder Herzkrankheiten. Auch bei Nierenkranken muss man immer an die
mögliche Existenz von zusätzlichen Nonnenbruch-Syndromen denken. Auch das haben viele Nephroliogen nicht verstanden.
h) Bei allen Menschen und Säugetieren ist die filtrative Nierenfunktion proportional zum Herzzeitvolumen. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der
Herzinsuffizienz. Das haben viele Nephrologen und Kardiologen nicht verstanden.
i) Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz. HZV=VVxEFxHF. Das Ziel jeder Herzinsuffizienztherapie muss die
Optimierung des Herzzeitvolumens sein. Das haben viele Kardiologen nicht verstanden.
j) Bei einer Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz muss die Kennzahl HbHZV = HbxVVxEFxHF optimiert werden. Auch das haben viele Kardiologen nicht verstanden.
k) Die Reduktion eines dieser vier Faktoren muss durch einen überproportionalen Anstieg des Produktes der drei übrigen Faktoren überkompensiert werden, um die
Herzinsuffizienz zu verkleinern. Auch das haben viele Kardiologen nicht verstanden.
l) Jede Niereninsuffizienz verbessert sich, wenn es den Nephrologen zusammen mit den Kardiologen gelingt, das Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz zu vergrößern. Hier ist bei Leberkranken die Mitarbeit der Hepatologen, bei Lungenkranken die Mitarbeit der Pulmonologen und bei Herzkranken die Mitarbeit der Kardiologen erforderlich. Das haben viele Kardiologen und Nephrologen nicht verstanden.
m) Eine Niereninsuffizienz als ausschließliche Folge einer beiderseitigen Nierenkrankheit ist relativ selten. Auch bei Nierenkranken wird das Ausmaß einer
Niereninsuffizienz oft durch die Extrarenalsyndrome maßgeblich verschlimmert. Das haben viele Nephrologen nicht verstanden.
n) Die Nephrologen müssen die Behandlung der Extrarenalsyndrome veranlassen. Ansonsten sind ihre aktiven therapeutischen Optionen überschaubar. Nierenschädigungen
sind zu vermeiden. Das haben viele Ärzte nicht verstanden.
o) Bei Nierengesunden ist eine Nierentransplantation auch bei terminaler Niereninsuffizienz immer kontraindiziert. Bei niereninsuffizienten Leberkranken ohne
Nierenkrankheit können dagegen eine Nierendialyse, eine Leberdialyse oder eine Lebertransplantation indiziert sein. Das haben viele Ärzte nicht verstanden.
p) Die GFR eines Menschen ist die Summe der GFR der rechten Niere und der GFR der linken Niere. Gegebenenfalls werden noch die GFR einer dritten Niere, die GFR einer
transplantierten Niere oder die virtuelle GFR einer Dialyse hinzu addiert. Auch das haben nicht alle Nephrologen verstanden.
q) Es gibt mittlerweile deutlich mehr als einhundert verschiedene Schätzformeln für die GFR. Viele dieser Schätzformeln wurden mathematisch fehlerhaft entwickelt.
Das schränkt ihre Brauchbarkeit ein. Das haben viele Ärzte nicht verstanden.
267. a) Wikipedia hat mir am 4.5.2014 für 2013 "The Cure Award" zuerkannt, weil ich weltweit einer der "top 300 medical editors" sei. Man
bedankt sich bei mir, weil ich einer der "top medical contributors" sei. Diese unverdiente Ehrung muss ich wohl zurückweisen.
b) Ich schrieb noch nie einen Wikipedia-Artikel. Als ich einmal zwei biographische Kurzartikel über Cockcroft und Gault, die Namensgeber der Cockcroft-Gault-Formel,
schrieb, wurden diese beiden Artikel sofort wieder gelöscht.
c) Am 9.5.2010, also drei Jahre vor dem Vorjahr, habe ich im Artikel über die Glomeruläre Filtrationsrate einen Absatz über die richtige Einheit eingeschoben. Dieser
Einschub wurde sofort gelöscht und auf die Diskussionsseite verschoben. Dort findet sich dieser Absatz am Anfang der Diskussion Nummer 7 ("Einheit") noch immer. Für den Fall einer Wiederholung
drohte man mir am 9.5.2010 die Sperre wegen Vandalismus an. Der 9.5.2010 ist übrigens mein Anmeldezeitpunkt bei Wikipedia. Mittlerweile habe ich den Status eines Sichters erlangt.
d) Dieser Diskussionsbeitrag Nummer 7 wurde sehr lang. Am Ende konnte ich feststellen, dass die Zuständigen sich meiner Kritik vollinhaltlich angeschlossen haben.
Alle falschen Einheiten wurden am 12.3.2014 durch die richtige Einheit ersetzt.
e) Nach der Wikipedia-Statistik habe ich 2013 insgesamt 288 "edits" erstellt. Damit liege ich unter den deutschsprachigen Medizinern an Position 23 von 27 und weltweit unter den ersten 300.
f) Ich weiß nicht, was ein "edit" sein soll. "to edit" bedeutet unter anderem bearbeiten, edi(tie)ren, herausgeben oder redigieren. Meine Beiträge in medizinischen
und ökonomischen Artikeln waren fast ausschließlich Korrekturen einer falschen Orthographie, einer falschen Grammatik oder einer falschen Interpunktion. Weil ich jeden Fehler beim Lesen einzeln
korrigiere, vergrößert sich die Summe der "edits" sehr schnell.
g) Inhaltliche Fehler korrigiere ich aus Angst vor dem Vandalismusvorwurf nur bei absoluter Offensichtlichkeit und nur mit größter Zurückhaltung.
h) Um nicht als Vandale zu gelten, äußere ich kritische Gedanken ausschließlich im Diskussionsteil. Ich weiß nicht, ob sie als "edit" gezählt werden.
268. a) Ich behaupte eine grundsätzliche Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und der Glomerulären Filtrationsrate. Diese Proportionalität wird durch Nerven
und Hormone moduliert. Eine Proportionalität liegt immer dann vor, wenn der Quotient der beiden Größen eine positive Zahl und der Graph eine ansteigende Gerade durch den Nullpunkt
ist.
b) Zumindest tendenziell bestehen auch Proportionalitäten zwischen dem HZV und der körperlichen und seelischen Belastung, zwischen dem HZV und dem intravasalen
Blutvolumen sowie zwischen dem HZV und der Trinkmenge. Auch diese Proportionalitäten werden neurohumoral reguliert und moduliert.
c) Zumindest tendenziell bestehen auch Proportionalitäten zwischen der GFR und dem Blutdruck sowie zwischen der GFR und den Konzentrationen diverser
Blutbestandteile. Auch diese Proportionalitäten werden neurohumoral reguliert und moduliert.
d) Zahlreiche Regelkreise schwächen die von mir behaupteten Proportionalitäten ab.
e) Einer dieser Regelkreise ist die so genannte myogene Autoregulation. Nach dem Erstbeschreiber William Bayliss spricht man vom Bayliss-Effekt. Autoregulation bedeutet eine von Nerven und Hormonen unabhängige Regulation. Durch eine Zunahme oder eine Abnahme der Muskelkontraktionen können die Adern die Organdurchblutung konstant halten.
f) Diese Konstanz widerspricht der von mir behaupteten Proportionalität zwischen HZV und GFR nur scheinbar.
g) Der Bayliss-Effekt ist streng genommen keine Autoregulation, sondern Teil eines kybernetischen Regelkreises. Blutdruckschwankungen führen zu mehr oder weniger
autonomen Kontraktionsschwankungen. Diese beiden Schwankungen werden durch Nerven und Hormone gesteuert.
h) Die Muskelkontraktionen werden durch Nerven und Hormone gesteuert. Beschrieben wird eine Steuerung mit Hilfe von Calmodulin, Kinasen und Motorproteinen. Diese
Proteine sind Enzyme und damit keine Hormone. Hormone werden durch Enzyme aktiviert. Mit dem Adjektiv humoral wird dieses Zusammenwirken von Enzymen, Hormonen und Botenstoffen beschrieben. Das
Adjektiv endokrin beschreibt dagegen nur die hormonelle Steuerung. Insofern muss man streng zwischen der neurohumoralen und der neuroendokrinen Regulierung unterscheiden.
i) Dass der Bayliss-Effekt auch an denervierten Arterien oder an transplantierten Nieren beobachtet wird, ist kein Gegenargument. Denn Adern und Organe verfügen über
eigene Nervensysteme. Außerdem darf der humorale Faktor nicht vergessen werden.
j) Ebenso ist die Stärke des Bayliss-Effektes kein Gegenargument. Die Proportionalität zwischen HZV und GFR wird durch Nerven und Hormone abgeschwächt, aber nicht
aufgehoben. Mathematiker mögen mir diesen Widerspruch verzeihen; Quasilinearität wäre vielleicht das bessere Wort.
k) Ähnliches gilt für den nach Harry Goldblatt benannten Goldblatt-Effekt. Eine Nierenarterienstenose führt zu einer arteriellen Hypertonie. Hier spielen das Enzym
Renin sowie die Hormone Angiotension, Vasopressin und Aldosteron eine große Rolle. Die Blutdruckerhöhung verbessert die renale Perfusion auf dem Umweg über eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens.
Auch hier unterstelle ich eine Proportionalität zwischen HZV und GFR.
269. a) Am 28.6.2014 fand in Bielefeld eine "Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Hypertonie Akademie 2014" statt. Die Referenten haben das Problem der
Nierenfunktionseinheit nicht verstanden, obwohl ich den "Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL", die "Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention" sowie die "Deutsche Hypertonie Akademie -
Akademie für Fortbildung der Deutschen Hochdruckliga GmbH" wiederholt auf diese Fehler hinwies. Die Referate und die Vorträge geben eben nicht "den gegenwärtigen medizinischen Erkenntnisstand
wieder" (Zitat aus dem "Haftungsausschluss" auf Seite 232 der "Unterlagen"). Siehe oben Kapitel 1 Absatz Q.
b) Markus van der Giet ("Aktuelle Aspekte der Hypertonie") verwendet ohne Konzept die beiden falschen Nierenfunktionseinheiten ml/min per 1.73 m² und ml/min/1.73 m²,
einmal die richtige Einheit ("eGFR<50ml/min") ohne Spatium und sogar einmal mündlich keine Einheit ("GFR unter 30").
c) Christoph Maack ("Hypertonie und Vorhofflimmern") benutzt auf Seite 66 die völlig abwegige Nierenfunktionseinheit mg/ml.
d) Oliver Vonend und Felix Mahfoud ("Invasive Therapieverfahren bei Hypertonie") benutzen auf Seite 102 die richtige Nierenfunktionseinheit und verzichten auf Seite
104 auf diese Einheit ("eGFR<60").
e) Lars Christian Rump ("Conn-Syndrom und Nierenarterienstenose") verwendet auf den Seiten 116 und 137 die falsche Einheit ml/min/1.73 m², ohne auf meine Normierungsformel GFR(1.73 m²/BSA) hinzuweisen. Auf Seite 163 findet sich die richtige Einheit ml/min.
f) Das Problem der Normierung nach der aktuellen Leitlinie wird nicht verstanden. Da hilft auch nicht der Satz im Haftungsausschluss auf Seite 232 ("Diese Schrift
ersetzt nicht die ärztliche Evaluation des individuellen Patienten und die Anpassung der Diagnostik und Therapie an dessen spezifische Situation.").
g) Im Begleitheft der "Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Hypertonie Akademie 2013" benutzt Martin Hausberg ("Hypertonie bei fortgeschrittener
Niereninsuffizienz") umsystematisch und ohne Normierungshinweis neben den falschen Nierenfunktionseinheiten ml/min/1,73 m², ml/min/Jahr und mL/min per 1.73 m²/y manchmal auch die richtige Einheit
ml/min.
270. a) Ich behaupte eine tendenzielle Proportionalität oder eine Quasilinearität zwischen HZV und GFR. In einem Diagramm mit dem Herzzeitvolumen auf der Abszisse
und der Glomerulären Filtrationsrate auf der Ordinate müsste sich als Graph eine ansteigende Gerade zeigen.
b) Für die GFR gibt es einhundert Schätzformeln. Ebenso gibt es zahlreiche Verfahren zur Bestimmung des HZV. Leider wird das HZV jedoch so gut wie nie
bestimmt.
c) Im Internet findet sich eine Kurve zur Autoregulation der Nieren der Firma Springer Healthcare Limited mit der Quelle Lance Dworkin, Douglas Shemin, Christopher
Wilcox und Robert Schrier: "Atlas of Diseases of the Kidney", Volume 3, Chaper 6. Auf der Abszisse findet sich statt des HZV der renale Nierenperfusionsdruck mit der Einheit mmHg. Auf der
Ordinate finden sich die GFR, der renale Plasmafluss RPF sowie der Ausdruck PGC. Unter PGC wird der "glomerular capillary hydraulic pressure" verstanden. Interessant ist die Angabe zur
Druckeinheit von PGC: "with undefined units". Beim chronischen Nierenversagen ist der Graph eine ansteigende Gerade; bei Nierengesunden verläuft die Kurve in der Mitte von 80 bis 140 mmHg fast
horizontal.
d) Ein ähnliches Diagramm ebenfalls von Springer der Autoren Aronson Solomon, Lichtor J. Lance und Ronald Miller ("Atlas of Anesthesia", Volume 3, Chapter 12) zeigt
auf der Abszisse wiederum nicht das HZV, sondern ebenfalls den Blutdruck in den Nierenarterien mit der Einheit mmHg. Die beiden Ordinaten zeigen den renalen Plasmafluss und die GFR an. Die
Einheit der Ordinaten ist nicht ml/min, sondern "mL/g of kidney/min". Damit ist vielleicht ml/min pro Gramm Nierengewebe gemeint. Die GFR steigt von 0,0 auf 0,6 ml/min pro Gramm Nierengewebe an,
wenn der Nierenarteriendruck von etwa 30 auf 280 mmHg ansteigt. Wenn beide Nieren zusammen etwa 300 Gramm wiegen, errechnet sich eine GFR zwischen 0 und 180 ml/min. Bis zu einem
Nierenarteriendruck von 80 mmHg verläuft der Graph gerade ansteigend, danach fast horizontal. Dieser Horizontalverlauf wird als renale Autoregulation bezeichnet. Siehe oben Absatz
268e.
271. a) Ich empfehle die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Es gibt zahlreiche Bestimmungsmethoden für das Herzzeitvolumen. Immer gilt jedoch HZV=VVxEFxHF.
b) Die Ejektionsfraktion EF schwankt üblicherweise zwischen 0 % bei Kammerflimmern und 70 % beim Gesunden. Offenbar gibt es aus physiologischen Gründen keine
besseren Werte als EF = 0,7 für das menschliche Herz.
c) Die Ejektionsfraktion ist eine Funktion des enddiastolischen Füllungsvolumens VV. Je kleiner das enddiastolische Ventrikelvolumen, desto kleiner die
Ejektionsfraktion. Bei kleinsten Füllungsvolumina strebt die EF gegen null. Ebenso nimmt die Ejektionsfraktion bei sehr großen Füllungsvolumina wiederum ab. Die Abnahme der kardialen Compliance
verhindert große Ejektionsfraktionen. Bei schlechtester Compliance strebt die EF gegen null.
d) In einem Diagramm mit dem enddiastolischen Füllungsvolumen auf der Abszisse und der Ejektionsfraktion auf der Ordinate ist der Graph eine nach unten offene
Parabel. Nur das optimale Ventrikelvolumen führt zu einer maximalen Ejektionsfraktion.
272. a) Die Firma "Nierenratgeber Patientenhilfe gGmbH" in Frankfurt am Main veröffentlicht im Internet den "nierenratgeber.de". Die Seite "Bestimmung der Nierenfunktion" im Kapitel "Gesunde Niere" enthält zahlreiche Fehler.
b) Die filtrative Nierenfunktion kann nicht gemessen, wohl aber geschätzt oder berechnet werden.
c) Für die Kreatinin-Clearance ist die Schätzformel nach Cockcroft (nicht: Cockroft) und Gault üblich.
d) Die Definition der Clearance ist falsch: "Gemessen wird, wie schnell die Niere bestimmte harnpflichtige Substanzen aus dem Blut filtern bzw. entfernen kann. Bei
der Kreatinin-Clearance wird bestimmt, wieviel Kreatinin die Niere pro Zeiteinheit vom Blut in den Urin transportieren kann." Richtig ist das Folgende. Die Kreatinin-Clearance ist dasjenige
Plasmavolumen, welches von beiden (oder allen) Nieren in einer Minute vollständig von Kreatinin befreit wird.
e) Die Nierenfunktionseinheit ist ml/min und nicht ml/min/1.73 m².
f) Die falsche Einheit ml/min/1,73 m² soll nach der aktuellen Leitlinie nur nach Anwendung meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) Verwendung finden.
g) Der Kasten "Clearance-Umrechnung" ist völlig unverständlich. Was bedeutet "m²IU"? IU ist die übliche Abkürzung für international units. Diese gibt es aber in der
Nierenheilkunde nicht. Außerdem ist in allen zwölf Feldern der doppelte Bruchstrich ohne Klammern mathematischer Unsinn.
h) Cystatin C ist kein Marker zur Abschätzung der GFR. Vielmehr gibt es zahlreiche GFR-Schätzformeln, welche nach dem Plasmaspiegel von Cystatin C
fragen.
i) Das Problem der Normierung der GFR wäre für alle Patienten sehr wichtig. So führt der Ratgeber mehrfach in die Irre. Siehe auch oben Absatz 75.
273. a) Das HZV und damit die GFR sind belastungsabhängig und zusätzlich trinkmengenabhängig. Bei diesen beiden Abhängigkeiten handelt es sich tendenziell um
Proportionalitäten.
b) Man kann also das HZV in Ruhe und während einer definierten Belastung bestimmen.
c) Ebenso kann man das HZV im Zeitablauf nach definierten Trinkmengen untersuchen. Man wird dabei eine annähernde Proportionalität zwischen der Trinkmenge und dem
intravasalen Blutvolumen finden. Ebenso besteht eine annähernde Proportionalität zwischen dem intravasalen Blutvolumen und dem HZV.
d) Diese beiden Untersuchungen kann man kombinieren. Bei körperlicher oder seelischer Belastung steigen HZV und GFR ohne zeitliche Verzögerung. Bei Trinkversuchen
werden HZV und GFR vermutlich normal verteilt und zeitlich verzögert ansteigen.
e) Das HZV ist tendenziell proportional zur körperlichen Leistung P. Die Kennzahl HZV/P wird also in engen Grenzen schwanken. Die Einheit dieser Kennzahl HZV/P ist
(ml/min):(Nm/sec) = mm²/60N = mlsec³/minkgm² = mm²sec³/minkgm = µmsec³/minkg .
f) Ähnliches gilt auch für die Kennzahl GFR/P ebenfalls mit der Einheit mm²/60N.
g) Bei einer Dauerleistung von P = 50 Watt und bei einer GFR = 60 ml/min berechnet sich die Kennzahl GFR/P = (60 ml/min):(50 W) = 0,02 mm²/N.
274. a) Gert Mayer hat das Buch "Das kardiorenale Syndrom" herausgegeben (UNI-MED Verlag AG, Bremen, London, Boston 2013, 1. Auflage, 128 Seiten). Ich vermisse jede
klinische Relevanz. Ich sehe nicht, dass es "für Kliniker einen Leitfaden bietet" (Zitat Gert Mayer, Seite 4). Die Möglichkeit einer Niereninsuffizienz bei Patienten mit gesunden Herzen und
gesunden Nieren wird nicht einmal ansatzweise in Erwägung gezogen. Das Buch folgt der Einteilung des Kardiorenalsyndroms nach Claudio Ronco (siehe oben Absatz 117h), der ich auch jede Relevanz
abspreche.
b) Michael Rudnicki ("Pathogenese der kardiorenalen Syndrome", Seiten 22 bis 46) schreibt auf Seite 32: "Über lange Zeit galt das Paradigma, dass eine
Verschlechterung der Nierenfunktion hauptsächlich eine Folge des reduzierten kardialen Auswurfs bei Herzinsuffizienz ist." Leider gibt er keine Quelle für diese Behauptung an. Noch nie war der
Zusammenhang zwischen Nierenfunktion und Herzzeitvolumen so wichtig wie heute.
c) Michael Rudnicki schreibt nicht vom Herzzeitvolumen, sondern aus unerfindlichen Gründen auf Seite 31 vom "effektiv zirkulierenden arteriellen Volumen EZAV".
Gewiss ist das venöse Blutvolumen größer als das arterielle.
d) Auf Seite 22 schreibt Michael Rudnicki richtig: "Ungefähr ein Fünftel des Herzminutenvolumens wird für den renalen Blutfluss (RBF) aufgewendet."
e) Ebenfalls auf Seite 22 schreibt er: "Wie auch in anderen Stromgebieten wird die Filtration von Flüssigkeit durch die glomerulären Kapillaren pro Zeiteinheit ( = glomeruläre Filtrationsrate, GFR) durch Starling-Kräfte beeinflusst."
f) Er beschreibt auf Seite 22 außerdem die Gleichung GFR = L x S x P mit dem "Permeabilitätsfaktor" L, mit der "für die Filtration zur Verfügung stehenden
Oberfläche" S und mit der Differenz P "zwischen den hydraulischen und den onkotischen Druckgradienten". Das Produkt der Einheiten von Faktor L, Fläche S und Gradient P muss ml/min ergeben. Der
Autor schreibt nichts über die Einheiten. Der Druckgradient hat vermutlich die Einheit Pa. Die Oberfläche hat vermutlich die Einheit cm². Also muss der Permeabilitätsfaktor L die Einheit cm/Pamin
haben. Das bleibt unverständlich, denn die Permeabilität wird in cm² gemessen (siehe oben Kapitel 2, Absatz Yc; vergleiche auch oben Kapitel 6, Absatz 216).
g) Julia Kerschbaum ("Definition, Epidemiologie und Prognose der kardiorenalen Syndrome", Seiten 9 bis 20) benutzt auf Seite 16 die falsche Nierenfunktionseinheit
ml/min/1,73 m², ohne auf die erforderlich Normierung hinzuweisen. In Tabelle 1.7 ebenfalls auf Seite 16 verzichtet sie auf jede Nierenfunktionseinheit.
275.) Ein unbenutztes oder ein unbrauchbares Sieb siebt nicht.
276.) Ich behaupte eine weitgehende Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen HZV und der Glomerulären Filtrationsrate GFR. Gelegentlich höre ich als
Gegenargument, dass es bei dieser Proportionalität zum Beispiel bei Marathonläufern bei einem sehr großen HZV zu einer Polyurie mit häufiger Miktion kommen müsste. Genau das Gegenteil ist
richtig. Die tubuläre Reabsorption verringert gerade bei körperlicher Belastung die Urinproduktion. Als Beweis findet man bei Marathonläufern vielmehr ein kleines Urinvolumen (Oligurie oder
Anurie) mit hohen Konzentrationen der harnpflichtigen Substanzen (Hypersthenurie, Antidiurese) und mit seltener Miktion.
277.) Wikipedia definiert die Hyosthenurie als verminderte (hypo) Kraft (sthenos) gleichzeitig für beide Tätigkeiten der Nieren, nämlich für Verdünnung und für
Konzentration des Harns (oúra). Insofern sind Hyposthenurie und Isosthenurie Synonyme. Gemeint ist eine zu kleine Differenz zwischen Konzentrationsmaximum und Konzentrationsminimum im Sinne einer
zu kleinen Schwankungsbreite oder Volatilität. In der Humanmedizin wird dagegen zwischen Hyposthenurie (verminderte Harnkonzentration, vermehrte Harnverdünnung) und Hypersthenurie (vermehrte
Harnkonzentration, verminderte Harnverdünnung) unterschieden. Nach dieser ärztlichen Auffassung ist die Isosthenurie also der Oberbegriff von Hypo- und Hypersthenurie. Synonyme sind Konzentration
und Massendichte beziehungsweise Dilution und Verdünnung.
278. a) Ein weiterer Fehler bei Wikipedia (Stichwort Nephrologie): Nicht die "Erkrankungen der Nieren" stehen im Vordergrund. Vielmehr beschäftigen sich die
Nephrologen mit der Niereninsuffizienz. Viele Menschen und Tiere mit einer Niereninsuffizienz haben nicht die kleinste Nierenkrankheit. Wenn sich (aus welchen Gründen auch immer) das
Herzzeitvolumen verkleinert, dann verringert sich auch die Durchblutung der Nieren. Die Filtrationsleistung der Nieren verringert sich. Die Blutkonzentration der harnpflichtigen Stoffe steigt bis
zum tödlichen Nierenversagen oder bis zur Nierendialyse an. Und das alles bei völlig gesunden Nieren. Ist das denn so schwer zu verstehen? Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz sind zwei völlig
verschiedene Dinge. Wirklich schwere Nierenkrankheiten wie Nierenfehlbildungen, Nierenarterienstenosen, Nierensteine, Nierenverletzungen, Nierentuberkulosen, Nierenaspergillome,
Nierenzellkarzinome oder Zystennieren werden nicht vom Nierenfacharzt behandelt.
b) Viele Nierenkrankheiten werden von den Urologen und nicht von den Nephrologen behandelt.
c) Interessant ist auch die völlig unterschiedliche Etymologie von Urin und Urologie. Im Altgriechischen bedeuten oúrá Schwanz und oúra Urin. "oúron" bedeutet
ebenfalls Harn oder Urin. Urologen sind also die "Schwanzforscher", Nephrologen sind die "Harnschauer".
279.) Ähnlich diffus ist der Wortlaut der Musterweiterbildungsordnung 2003 in der Fassung vom 28.6.2013 der Bundesärztekammer in Berlin für die "Facharztbezeichnung
Innere Medizin und Nephrologie". Weiterbildungsinhalt sind "Erkennung und konservative Behandlung" (Zitate Seite 84) der Nierenerkrankungen. Das ist falsch. Es geht nicht um Nierenkrankheiten,
sondern um die Niereninsuffizienz. Die Kammer erwähnt die Niereninsuffizienz nur einmal, und zwar in Zusammenhang mit der Dialyse. Dass ein Nephrologe auch Kenntnisse über die Niereninsuffizienz
bei Nierengesunden haben sollte, wird mit keiner Silbe erwähnt. Jeder Arzt sollte die Nonnenbruch-Syndrome kennen. - Interessanterweise findet sich das Wort "Therapie" nur einmal, um zwar bei
"Kollagenosen und Vaskulitiden mit Nierenbeteiligung in interdisziplinärer Zusammenarbeit".
280. a) Bis heute (11.7.2014) ist der Pathomechanismus nicht bekannt, der bei Zystennieren zur Niereninsuffizienz führt. Vermutlich erschweren die Zysten die renale
Perfusion und reduzieren so die glomeruläre Filtration. Das reicht als Erklärung aus.
b) Die GFR ist nicht nur der Quotient aus Volumen und Zeit, sondern auch der Quotient aus Druck und Widerstand (siehe oben Absatz 216 h). Bei gegebenem Blutdruck führt jede Vergrößerung des Widerstandes in der Niere zu einer proportionalen Verkleinerung der GFR.
281. a) Damit bekommen wir jetzt eine zweite Definition der GFR. Die renale Clearance ist nicht nur der Quotient aus dem kreatininbefreiten Plasmavolumen und der
dafür benötigten Zeit, sondern gleichzeitig auch der Quotient aus arteriellem Mitteldruck und podozytärem Widerstand.
GFR = MAD/R mit dem mittleren Blutdruck MAD und dem podozytären Widerstand R.
b) Man muss unterscheiden zwischen
dem peripheren renalen Widerstand,
dem peripheren nephronischen Widerstand,
dem peripheren glomerulären Widerstand und
dem peripheren podozytären Widerstand.
c) Den mittleren arteriellen Blutdruck MAD kann man mittels Integrals der Blutdruckkurve (Fläche unter der Kurve dividiert durch die Zeit) leicht bestimmen
(zum Beispiel bei der ambulanten Blutdruckmessung ABDM). Die Bestimmung des peripheren Widerstandes in den Podozyten dürfte dagegen ziemlich schwierig sein.
d) Der Blutdruck wird in mmHg oder besser in Pa gemessen.
e) Der periphere Widerstand wird in
Pas/m³ = Ns/m hoch 5 oder in
dyn sec / cm hoch 5 oder in
mmHg min / l gemessen.
f) Wenn man den Blutdruck in mmHg und den Widerstand in mmHg min/l misst, dann erhält man als Nierenfunktionseinheit für die GFR korrekt l/min oder
ml/min.
g) Wenn man den Blutdruck in Pa und den Widerstand in Pas/m³ misst, dann erhält man als Nierenfunktionseinheit für die GFR korrekt m³/s oder ml/min.
h) Wenn man einen arteriellen Mitteldruck MAD = 100 mmHg und einen podozytären Widerstand R = 100.000 dyn sec / cm hoch fünf unterstellt, ergibt sich die folgende
Beispielrechnung für die GFR.
MAD = 100 mmHg = 133,32 kdyn/cm² , denn 1 Torr = 1 mmHg = 1,3332 kdyn/cm².
GFR = MAD/R = (133,32 kdyn/cm²)/(100 kdyn sec/cm hoch fünf) = 80 ml/min.
i) Ich weiß nicht, ob ein peripherer podozytärer Widerstand von 100 kdynsec/cm hoch fünf realistisch ist und wie er gemessen werden kann.
j) Umgekehrt kann man bei einem unterstellten Blutmitteldruck von MAD = 90 mmHg = 12 kPa und einer GFR = 120 ml/min = 2 ml/s den peripheren podozytären Widerstand R
ausgehend von der Formel GFR=MAD/R berechnen.
R = MAD/GFR = 12 kPa / (2 ml/s) = 6 kPas/ml.
k) Bei Wikipedia gibt es ein eigenes Stichwort "Peripherer Widerstand" als "Fachausdruck in der Medizin. Er wird in der Physiologie des Herzkreislaufsystems verwendet." Er wird definiert als die Wandspannung der Adern, welche "dem Blutauswurf des Herzens einen gewissen variablen Widerstand entgegensetzt". Er wird als "ein Summenwert aller Arterien und Venen berechnet". Er hat eine andere physikalische Einheit als der mechanische oder als der elektrische Widerstand. Die Dimension des peripheren Widerstandes "ist ein spezifischer Wert des Drucks je Volumen und Zeit". Das ist falsch. Richtig ist die Dimension Druck pro (Volumen pro Zeit). Also
peripherer Widerstand = Druck mal Zeit pro Volumen.
Ich werde das bei Wikipedia korrigieren.
l) Die renale Clearance ist derjenige Blutdruck, welcher dem peripheren Widerstand in den Podozyten entgegen
steht.
282.) Ich behaupte eine weitgehende Proportionalität zwischen HZV und GFR. Heinrich Holzgreve und Hans Bräuer ("Niere, Hochdruck und Oedeme", Bildatlas, 104 Seiten,
ohne Jahr und Ort, um 1983) schreiben widersprüchlich auf Seite 41 einerseits "Die Größe des Glomerulumfiltrates bleibt unter physiologischen Bedingungen sehr konstant." und andererseits auf
Seite 42 "Bei verminderter Nierendurchblutung und Abnahme des effektiven Filtrationsdruckes ist das Glomerulumfiltrat herabgesetzt." Als Beispiele werden dafür auf Seite 42 Herzinsuffizienz und
dekompensierte Leberzirrhose genannt. Dabei handelt es sich um das Kardiorenalsyndrom und um das Hepatorenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch. - Auch diese beiden Autoren verwenden auf Seite 42
die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min x 1,73 m². Auf Seite 41 schreiben sie richtig: "Die glomeruläre Filtrationsrate wird im allgemeinen auf 1,73 qm Körperoberfläche bezogen", ohne die
richtige Formel GFR(1,73 m²/KOF) zu erwähnen.
283. a) Die Habilitationsschrift vom 8.3.2007 von Elke S. Schäffner (siehe oben die Absätze 41, 97, 188e und 237f) gibt Anlass für eine umfangreiche Kritik. Das
Thema der Arbeit ist die "Identifizierung von Risikofaktoren für die Entstehung einer chronischen Niereninsuffizienz in zwei unterschiedlichen Populationen" (Charité - Universitätsmedizin Berlin,
70 Seiten, März 2008).
b) Abgesehen von zahlreichen Grammatik- und Interpunktionsfehlern fällt eine nur sporadische Paginierung auf.
c) Unsystematisch finden sich neben der richtigen Nierenfunktionseinheit ml/min meistens die falsche Einheit ml/min/1.73m² oder einmal auf Seite 29 ml/min/Jahr. Es
wird nicht zwischen der tatsächlichen GFR und der normierten GFR(1,73 m²/KOF) unterschieden.
d) Risikofaktoren heißen so, weil sie eine bestehende Erkrankungswahrscheinlichkeit multiplikativ verändern.
e) Das terminale Stadium V der chronischen Niereninsuffizienz bedeutet keineswegs eine Dialysepflicht, wie auf den Seiten 6 und 59 irrtümlich behauptet wird. Bei
Dialysepflicht wird aus dem Stadium V das Stadium 5D.
f) Nicht bei allen Dialysepatienten besteht eine "zugrundeliegende Nierenerkrankung" (Seite 32). Eine Nierendialyse ist nicht zwingend nur bei "chronisch
Nierenkranken" (Seite 32) indiziert. Der Tod durch Nierenversagen bei niereninsuffizienten Nierengesunden kann nur durch eine Nierendialyse verhindert werden, wenn die Behandlung der extrarenalen
Grundkrankheit keine Option ist.
g) Die zwingend erforderliche Unterscheidung zwischen Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit wird nicht durchgängig beachtet. Wenn die Autorin auf Seite 41 von
"Nierenpatienten" schreibt, umgeht sie das Problem. Hätte sie streng auf den Unterschied zwischen Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit geachtet, dann hätte sie quasi als Differenz die
Niereninsuffizienz bei Nierengesunden beschreiben müssen.
h) Aus zwei Gründen ist der folgende Satz auf Seite 12 falsch: "Die Nierentransplantation ist von allen Therapieoptionen das präferierte Nierenersatzverfahren für
die meisten Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz." Eine terminale Niereninsuffizienz liegt vor bei GFR(1,73 m²/KOF) < 15 ml/min. Eine Dialyse ist meistens erst bei GFR(1,73 m²/KOF) <
5 ml/min angezeigt. Für den sehr häufigen Bereich zwischen 5 und 15 ml/min ist also gar kein Nierenersatzverfahren erforderlich. Zweitens ist eine Nierentransplantation bei Nierengesunden
kontraindiziert und damit keine Option.
i) Hätte Elke S. Schäffner an die drei Nonnenbruchschen Extrarenalsyndrome gedacht, dann hätte sie vermutlich wesentliche Teile ihrer Arbeit völlig anders
gefasst.
284. a) Medizinstatistiker haben einen quasilinearen Zusammenhang zwischen der Osteoporose und der Herzinsuffizienz gefunden. Je schwerer die Herzinsuffizienz, desto
schwerer die Osteoporose. Die Wissenschaftler suchen nach einer Erklärung für ihre Beobachtung. Ich schlage folgende Erklärung vor. Vermutlich ist der Knochenstoffwechsel proportional zum
Herzzeitvolumen. - Siehe unten Absatz 330.
b) Vermutlich besteht eine solche annähernde Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und sehr vielen anderen Krankheiten. Man muss sogar an einen kausalen
Zusammenhang zwischen Herzzeitvolumen und Krankheitsverlauf denken. Erinnert sei jedoch an die Tatsache, dass die Extrakardialsyndrome die Herzinsuffizienz auch bei Herzgesunden
beschreiben.
c) Es ist Standardwissen, dass der Kreislauf den Stoffwechsel der Körperzellen versorgt. Vermutlich besteht also eine Proportionalität zwischen Kreislauf und
Stoffwechsel.
285. a) Schon im Jahre 1560 erkannte man die Niere als Filter. "urina est sanguinis colatura". "Urin ist ein Filtrat des Blutes." Quelle: Leonartho Fuchsio:
"Institutionum medicinae, sive methodi ad Hippocratis, Galeni aliorumque veterum scripta recte intelligenda mire utilis Libre quinque", Libri IIII Sectio III Cap. I Pagina 483, editio secunda,
Lugduni MDLX. Übersetzung: Leonard Fuchs: "Fünf Lehrbücher der Medizin oder der Forschung für das rechte Verständnis der Schriften des Hippokrates, des Galenus und anderer Vorväter besonders
nützlich", Buch 4, Sektion 3, Kapitel 1, Seite 483, Auflage 2, Lyon 1560. Zitiert nach: "Nieren- und Hochdruckkrankheiten", Organ der Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks, Jahrgang
33, Nummer 9, September 2004, Kongreß für Nephrologie 2004, Seiten 441 bis 448. - Die erste Auflage (47, 554 Seiten) erschien bereits 1555 in Lyon. Sie trug den etwas anderen Titel:
"Institutionum medicinae, ad Hippocratis, Galeni, aliorúmque veterum scripta rectè intelligenda mirè utiles.: Libri quinque. / Nunc primum in lucem editi, cum rerum & locorum insignium
plenissimo indice."
b) Der Vorname des Autors wird auch als Leonhart angegeben. Leonhart Fuchs lebte vom 17.1.1501 bis zum 10.5.1566. Siehe zur Geschichte auch oben Kapitel 2 Absatz A2
und Kapitel 6 Absatz 230e.
c) Das Wort colatura ist nicht klassisches Latein. Das Verb colare heißt durchseihen, durchsieben oder reinigen. Das Substantiv colum bedeutet Sieb oder
Filtriergefäß. Beim Wort decolare (durchsickern) handelt es sich wohl um klassisches Latein. - Siehe auch unten Absatz 402 ("Urina ergo est colamentum sanguinis.")
d) Leonhart Fuchs nennt als Ursprung des Blutes irrtümlich die Hohlvene ("in cava vena contentum") und nicht die Arteria renalis. Das war noch die Auffassung von
Galenos von Pergamon (129 bis 199). Der Blutkreislauf wurde erstmals 1628 von William Harvey (1.4.1578 bis 3.6.1657) korrekt beschrieben.
e) Über die Leistung des Siebes schreibt er nichts. Vermutlich sah er es als selbstverständlich an, dass die Filtrationsrate durch drei Sachverhalte nach oben
begrenzt wird. Erstens hat jedes Sieb eine druckabhängige Kapazitätsobergrenze. Zweitens können die Porengröße und damit der Durchfluss abnehmen. Drittens hängt die Filterleistung vom Zufluss ab.
Ebenso selbstverständlich ist eine Zunahme der Filtrationsrate durch Porenvergrößerungen immer auf Gerätedefekte zurückzuführen.
f) Die Filtrationsleistung der Nieren hängt also entweder von Nierenkrankheiten oder aber von einer Zuflussbegrenzung ab. Diese Zuflussbegrenzung bei Nierengesunden
wird durch die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch beschrieben.
g) Vermutlich hat dieses Grundwissen schon Leonhart Fuchs 1560 in der zweiten Auflage seines Lehrbuches als selbstverständlich vorausgesetzt. - Siehe auch unten
Absatz 402 zu einer Arbeit aus dem elften Jahrhundert.
286. a) Man muss immer streng zwischen den Begriffen Nierenkrankeit und Niereninsuffizienz unterscheiden. Ebenso muss man immer zwischen den Begriffen Herzkrankheit
und Herzinsuffizienz unterscheiden. Allgemein muss man immer zwischen den Begriffen Organkrankheit und Organinsuffizienz unterscheiden. Denn jedes gesunde Organ kann durch äußere Umstände in
seiner Funktion beeinträchtigt werden. Siehe oben die Absaätze 154a und 185g.
b) Eine Herzmuskelschwäche darf nicht mit einer Herzinsuffizienz verwechselt werden. Synonyme sind Herzinsuffizienz und Herzschwäche. Synonyme sind Herzmuskelschwäche und Kardiomyopathie. Man darf die Herzschwäche nicht mit einer Herzmuskelschwäche gleichsetzen. Ein muskelschwaches Herz ist insuffizient, aber nicht jedes insuffiziente Herz ist muskelschwach.
c) Das Extrakardialsyndrom definiere ich als Herzinsuffizienz bei Herzgesunden. Als Kardiokardialsyndrom könnte man Herzkrankheiten mit Herzinsuffizienz bezeichnen.
Eine dieser Herzkrankheiten ist die Kardiomyopathie. Sehr viele andere Herzkrankheiten führen ebenfalls zu einer Herzinsuffizienz.
d) Eine Herzinsuffizienz bei Herzgesunden wird beispielsweise durch die Pulmokardialsyndrome, die Hepatokardialsyndrome und die Renokardialsyndrome beschrieben.
Kranke Lungen, Lebern und Nieren können auch bei Herzgesunden das Herzzeitvolumen reduzieren.
e) Diese fatale Verwechslung findet sich in einer "Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK)". "Die Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz, HI)
hat sich zu einem ernsten Gesundheitsproblem entwickelt." Zitat: "Der Privatarzt", Medizin & Management, Sonderausgabe Nephrologie, Juni 2014, Seite 6.
f) Ich weiß nicht, auf welche Pressemitteilung sich "Der Privatarzt" bezieht. Ramon Tschierschke ("Zwei Jahre Advanced Heart Failure Unit Heidelberg - ein Erfahrungsbericht", Pressemitteilung der "Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V." vom 26.4.2014) könnte die Quelle sein. Ramon Tschierschke setzt mit "einer kardiovaskulären Akuterkrankung" den Anstieg "der chronischen Herzinsuffizienz" und "diese Erkrankung" "mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz" gleich. Das sind zwei fatale Irrtümer. Die Herzinsuffizienz ist keine Krankheit, sondern ein Symptom zahlreicher kardialer und extrakardialer Krankheiten. Auch Herzgesunde können am "advanced heart failure" leiden.
g) Vielleicht sind sie auf der Heidelberger Abteilung nicht immer richtig aufgehoben? Ein Defibrillator, eine Resynchronisation, eine Herzklappenintervention oder
gar eine Herztransplantation als "Goldstandard zur Behandlung der therapierefraktären Herzinsuffizienz" sind bei herzgesunden Herzinsuffizienzpatienten immer kontraindiziert. Beim schweren
Pulmokardialsyndrom könnte eine Lungentransplantation, beim schweren Hepatokardialsyndrom könnte eine Lebertransplantation und beim schweren Renokardialsyndrom könnte eine Nierentransplantation
angezeigt sein. Herztransplantationen wären Kunstfehler. Wilhelm Nonnenbruchs Arbeiten waren noch nie so aktuell wie heute.
h) Jetzt habe ich die Quelle für das obige Zitat in Absatz 286e gefunden: "Herzmuskelschwäche: Mehr Bewusstsein für eine der gefährlichsten Krankheiten" (Pressemitteilung der DGK vom 23.4.2014; Pressetext DGK 04/2014). Der falsche Titel stammt vermutlich vom Pressesprecher Eckart Fleck. Es wird Georg Ertl mit der Falschaussage "Herzinsuffizienz ist eine Erschöpfung des Herzmuskels." zitiert. Das Abstract V842 der DGK (Stefan Störk, M. Christ, H.-J. Heppner, C. Müller, R. Wachter, U. Riemer: "Epidemiologie der Herzinsuffizienz in Deutschland von 2000 bis 2011: Keine Entwarnung in Sicht"; Clin Res Cardiol 103, Suppl 1, April 2014) wird mit der Falschaussage "Die Herzinsuffizienz ist vorwiegend eine Krankheit des Alters." zitiert. Viertens wird ohne Quelle irrtümlich behauptet, "Der letzte Ausweg bei schwerer Herzinsuffizienz ist die Herztransplantation.".
i) Kann sich denn niemand in der Fachgesellschaft eine Gesundung von herzgesunden Herzinsuffizienzpatienten nach Transplantationen von Lungen, Lebern oder Nieren
vorstellen? Ich halte die zitierten Sätze für unverantwortlich.
287. a) Solche Hepatorenalsyndrome werden gelegentlich in der Fachliteratur beschrieben. "Bei Patienten mit akutem Leberversagen kommt es häufig zu einem
begleitenden Nierenversagen, welches sich gelegentlich als echtes hepatorenales Syndrom manifestieren kann." Zitat: T. Rath und F. W. Albert: "Nierenversagen bei Lebererkrankung unter
MARS-Therapie", in: "Nieren- und Hochdruckkrankheiten", Jahrgang 33, Nummer 9, September 2004, Seiten 522 und 523. - Die Autoren bezeichnen das Hepatorenalsyndrom wohl dann als "echt", wenn
keinerlei begleitende Nierenkrankheit vorliegt.
b) Ebenso sind "echte" Kardiorenalsyndrome häufig; sie werden nur nicht als solche erkannt. Beispiel: "Diabetiker mit Niereninsuffizienz haben ein stark erhöhtes
kardiovaskuläres Risiko." Zitat: S. Sanden und Christoph Hasslacher: "Untersuchung des kardiovaskulären Risikos bei Diabetikern mit Niereninsuffizienz unterschiedlicher Genese" (am angegebenen
Ort, Seite 531). - Nierengesunde Diabetiker haben häufig Herzkrankheiten mit Herzinsuffizienz. Diese Herzinsuffizienz führt zur Niereninsuffizienz.
c) Bei Behandlung der Grundkrankheit können diese Extrarenalsyndrome reversibel sein. Sogar Renorenalsyndrome können teilweise reversibel sein. Beispiel: M. Mayr, O.
Giannini, M. Aschwanden, T. Eugster, M. Mihatsch und J. Steiger: "Überraschende Erholung der Eigennierenfunktion diagnostiziert 8 Jahre nach Transplantation". (Quelle: am angegebenen Ort, Seite
485).
288. a) "Bei Diabetikern mit Nephropathie war Herzinsuffizienz das häufigste kardiovaskuläre Outcome". Zitat: Berend Willms: "Diabetes und Herzinsuffizienz, eine
tödliche Kombination", in: "Diabetes Congress-Report", Ausgabe 3/2014, 14. Jahrgang, Seiten 6 bis 10. Ich halte diese unbewiesene Behauptung aus mehreren Gründen für falsch.
b) Ohne Histologie liegt vermutlich eine Niereninsuffizienz und keine Nephropathie vor.
c) Die Herzinsuffizienz ist nicht die Folge, sondern die Ursache der Niereninsuffizienz.
d) Herzinsuffizienz ist keine Krankheit, sondern ein Symptom von vielen kardialen und extrakardialen Krankheiten.
e) Gerade beim metabolischen Syndrom kommt es auch bei Nierengesunden zu zahlreichen kardiovaskulären Krankheiten. Diese Krankheiten verkleinern das Herzzeitvolumen
und damit die renale Perfusion. Als Folge kommt es zu einem Anstieg der harnpflichtigen Substanzen im Plasma. Die GFR verkleinert sich. Es kommt zur Niereninsuffizienz. Das nennt man
Kardiorenalsyndrom. Herzkrankheiten führen auch bei Nierengesunden zur Niereninsuffizienz.
f) Wenn es zusätzlich durch den Diabetes mellitus zu extrarenalen und extrakardialen Organerkrankungen kommt, muss man auch an das Pulmorenalsyndrom und an das
Hepatorenalsyndrom denken. Lungen- und Leberkrankheiten führen auch bei Nierengesunden zur Niereninsuffizienz.
g) Wenn der Diabetes mellitus wirklich eine diabetische Nephropathie hervorruft, spreche ich vom Renorenalsyndrom. Eine Nierenkrankheit führt zur
Niereninsuffizienz.
h) Jede Niereninsuffizienz hat also mehrere Ursachen. Zur weiteren Abklärung ist die Bestimmung des Herzzeitvolumens sinnvoll. Oft sind Nierenpatienten nierengesund.
Wenn die relative Abnahme des Herzzeitvolumens der relativen Abnahme der Glomerulären Filtration entspricht, dann kann keine beiderseitige Nierenkrankheit vorliegen.
289. a) Ich behaupte eine weitgehende Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen HZV und der Glomerulären Filtrationsrate GFR. Das bedeutet, dass der Quotient
eine positive Zahl und dass der Graph eine ansteigende Gerade mit Beginn im Nullpunkt ist.
b) Im Folgenden will ich zeigen, dass der Bayliss-Effekt kein belastbares Gegenargument ist. Der Bayliss-Effekt beschreibt einen vom mittleren Blutdruck MAD
unabhängigen in weiten Bereichen konstanten renalen Plasmafluss RPF. Wenn man auf der Abszisse den MAD und auf der Ordinate den RPF aufträgt, dann beginnt der Graph mit ansteigender Tendenz im
Nullpunkt, verläuft aber im mittleren Bereich weitgehend parallel zur Abszisse, um danach wieder anzusteigen.
c) Erstens kann man den Horizontalverlauf als neurohumorale Abschwächung der von mir behaupteten Proportionalität erklären.
d) Zweitens behaupte ich eine Proportionalität zwischen HZV und GFR, und nicht zwischen MAD und RPF.
e) Wenn man in einer Graphik das HZV auf der Abszisse und die GFR auf der Ordinate und in einer zweiten Graphik den MAD auf der Abszisse und den RPF auf der Ordinate
abträgt, dann kann man beide Abszissen und beide Ordinaten vergleichen.
f) Es besteht unstrittig eine Proportionalität zwischen RPF und GFR. Es besteht jedoch keine Proportionalität zwischen MAD und HZV. Damit ist bewiesen, dass der
Bayliss-Effekt als Gegenargument nicht taugt.
g) Vielleicht ist jedoch meine Behauptung falsch, dass es sich auch bei dem Bayliss-Effekt um einen neurohumoralen Regelkreis handelt. Denn der Bayliss-Effekt
benötige weder Nerven noch Hormone. Auch andere humorale Faktoren wie Transmitter oder Enzyme seien demnach nicht erforderlich. Siehe oben Absatz 268h. - Aber auf jeden Fall handelt es sich beim
Bayliss-Effekt um einen kybernetischen Regelkreis. Denn auch hier wird der Istwert an den Sollwert angeglichen. Weitgehend unabhängig vom Blutdruck wird eine erforderliche konstante renale
Perfusion aufrechterhalten. Das nennt man auch Rückkopplung oder Feedback.
290.) Sogar "Der Spiegel" ("Irreparabler Murks", Seiten 104 bis 106, Heft 29/2014, 14.7.2014, Seite 105) beschreibt ein "Hepatorenales Syndrom". Richtig wird
erwähnt, dass "völlig normale" Leber- und Nierenwerte ein Hepatorenalsyndrom sicher ausschließen.
291. a) Einige gute Ansätze finden sich im Buch "Kardiopulmonale Funktionsdiagnostik" von Herbert Löllgen (4. Auflage, Novartis, Nürnberg 2005).
b) Der Blutdruck ist gleich dem Produkt aus dem Herzzeitvolumen und dem totalen peripheren Widerstand. Seite 38. MAD = HZV x TPR oder HZV = MAD/TPR.
c) Herbert Löllgen erkennt auf Seite 37 richtig, dass es "als Folge des gesteigerten Herzzeitvolumens zu einer besseren Leistungsfähigkeit" kommt.
d) Auf Seite 63 erwähnt er "Schlagvolumina und Herzzeitvolumina", analog auf Seite 98 "Herzminutenvolumen und Schlagvolumen". Die Definition des Herzzeitvolumens als
Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz fehlt jedoch. Dass das Herzzeitvolumen gleich dem Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz ist, wird nicht
dargestellt.
e) "Resistance ist die Druckdifferenz, die an den beiden Enden einer Röhre oder eines Röhrensystems bestehen muss, um eine Strömung von 1 l/s aufrecht zu erhalten"
(Seite 148, Kommata nachgetragen). "Der Atemwegswiderstand ist der Quotient aus Alveolardruck gemessen als Munddruck und zugehöriger Atemstromstärke." Dimension kPa x s/l.
f) "Die Verteilung von Ventilation und Perfusion lässt sich mit nuklearmedizinischen Verfahren gut und zuverlässig bestimmen." Eine Bestimmung der "pulmonalen Perfusion" (Seite 196), also "Die globale Perfusionsbestimmung" (Seite 198), empfiehlt er jedoch nicht ausdrücklich als Routine.
g) Richtig erkennt er auch die Identität von Herzzeitvolumen und Lungenzeitvolumen. "Die globale Lungenperfusion kann mit dem Herzminutenvolumen gleichgesetzt
werden" (Seite 196).
h) Auf Seite 110 gibt er eine Formel zur Berechnung des Schlagvolumens Q an.
Q = K (L²/Z²) (dZ/dt) T mit der richtigen Einheit ml. Das Verfahren heißt Impedanzkardiographie. Dabei bedeuten
Q das kardiale Schlagvolumen mit der Einheil ml,
L den Abstand zwischen zwei Elektroden mit der Einheit cm,
Z den Ruhewiderstand oder die Grundimpedanz mit der Einheit Ohm,
dZ/dt die maximale negative Abweichung von der Nulllinie mit der Einheit Ohm/s,
T die Austreibungszeit mit der Einheit s,
K den spezifischen Widerstand des Blutes bei 100 kHz mit K=135 cmOhm.
i) "Für Herzkatheter- und Herzfunktionslaboratorien ist die direkte Messung mit etablierten Methoden obligat" (Zitat Seiten 115 bis 117). Diese Empfehlung findet
sich auch in den aktuellen Leitlinien. Trotzdem wird das Herzzeitvolumen viel zu selten bestimmt. Bei jeder indizierten Echokardiographie muss das Herzzeitvolumen bestimmt werden. - Siehe oben
Absatz 206 und unten Absatz 324.
j) Herbert Löllgen erkennt jedoch nicht die zentrale Bedeutung des Herzzeitvolumens einerseits als Quotient aus Volumen und Zeit und
andererseits als Quotient aus Druck und Widerstand. "Die Zunahme des Herzminutenvolumens während der Belastung beruht auf einer Abnahme des peripheren Widerstandes" (Seite 107), weil in der
Formel HZV = MAD/TPR der periphere Widerstand TPR im Nenner steht. Ein Bruch wird größer, wenn sich der Nenner verkleinert. Zusätzlich vergrößert sich das Produkt HZV=VVxEFxHF, wenn sich die
Faktoren Ejektionsfraktion EF und "Herzfrequenz" (Seite 107) HF vergrößern. Ein Produkt wird größer, wenn sich ein Faktor vergrößert.
k) Wegen der Proportionalität zwischen HZV und GFR ist analog die renale Clearance einerseits der Quotient aus Volumen und Zeit und
andererseits der Quotient aus Druck und Widerstand.
l) Es fehlt die Definition der Ejektionsfraktion. Es wird nicht beschrieben, dass es zwei verschiedene Ejektionsfraktionen gibt, je nachdem, ob die Regurgitation,
also das Pendelvolumen bei Herzklappeninsuffizienzen und damit der entsprechende Blutrückstrom, berücksichtigt wird oder nicht. Siehe oben die Absätze 211 und 212. Die Ejektionsfraktion ist kein
Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz, wohl aber für die Schwere einer Klappeninsuffizienz.
292. a) Ein Experiment: Man schließe einen elastischen vorn verschlossenen Gummischlauch an eine Kolbenspritze an und fülle Spritze und Schlauch mit Wasser im
Überdruck. Wenn jetzt der Kolben bis zum Anschlag heruntergedrückt wird, entleert sich das Wasser aus der Spritze in den Schlauch. Dieser nimmt das injizierte Volumen auf und dehnt sich weiter
aus. Wenn jetzt der Kolben losgelassen wird, dann fließt das Wasser aus dem Schlauch zurück in die Spritze. Dieses Spiel mag man beliebig oft wiederholen.
b) Die Erklärung: Die Ejektionsfraktion beträgt 100 %. Das Regurgitationsvolumen beträgt ebenfalls 100 %. Das effektive Schlagvolumen beträgt 0 ml, weil der Schlauch
vorn verschlossen ist.
c) Wenn beim Menschen die Ejektionsfraktion 70 % und das Regurgitationsvolumen 50 % betragen, dann beträgt das effektive Schlagvolumen nur 35 % des enddiastolischen
Ventrikelvolumens. Wenn die Ejektionsfraktion nur 30 % und das Regurgitationsvolumen 80 % betragen, dann beträgt das effektive Schlagvolumen nur noch 6 %. Also ein Fünftel der
Ejektionsfraktion.
d) Das Wort Ventrikelvolumen muss an sich durch das Wort Herzhöhlenvolumen ersetzt werden. Denn das Prinzip gilt für alle vier Herzhöhlen. Grundsätzlich müssen bei
jedem Herzschlag alle vier Ejektionsfraktionen nicht identisch sein. Verschiedene Wandspannungen erlauben gleichzeitig vier verschiedene Ejektionsfraktionen. Man denke an die Kontraktilität, an
die Elastizität, an die Muskelspannung, an den Muskelwiderstand und an die Dehnbarkeit des Herzmuskels sowie an das Krankheitsbild der Kardiomyopathien.
e) Ich wende mich analog auch gegen das Wort Vierkammerblick der Kardiologen. Das Herz hat nur zwei Kammern. Ebenso versorgt ein Zweikammerschrittmacher nicht beide
Kammern, sondern ein Atrium und den ipsilateralen Ventrikel.
f) In den Absätze b und c schreibe ich vom "effektiven Schlagvolumen". Üblich ist dafür auch die Bezeichnung "Netto-Schlagvolumen" mit der Quelle Myron G. Sulyma:
"Wörterbuch der Kardiologie" (Band IV, München 1984, Stichwort "regurgitant volume", Seite 624). Dort findet sich auch der Begriff "effektives Schlagvolumen". Das totale Schlagvolumen (total
stroke volume) jeder Herzhöhle ist also das Bruttoschlagvolmen als Summe aus Nettoschlagvolumen und Regurgitationsvolumen. Statt von der Regurgitation sprechen die Kardiologen auch vom Rückfluss
(Reflux), vom Pendelvolumen, vom Blutrückstrom, vom Rückstromvolumen und vom Rückflussvolumen. - Ebenso könnte man das Regurgitationsvolumen als Tara (Taravolumen), als Delta (Deltavolumen) oder
als Differenz (Differenzvolumen zwischen Bruttovolumen und Nettovolumen) bezeichnen.
g) Je nach der Definition des Schlagvolumens als Bruttoschlagvolumen oder als Nettoschlagvolumen muss auch zwischen zwei verschiedenen
Ejektionsfraktionen unterschieden werden. Von der Bruttoejektionsfraktion EF muss man die Regurgitationsfraktion RF subtrahieren, um die effektive Nettoejektionsfraktion zu erhalten. Nur diese
Nettoejektionsfraktion EF-RF darf in die Formel HZV=VVxEFxHF eingesetzt werden. - Offenbar meinen die Kardiologen, wenn sie von der Ejektionsfraktion EF sprechen, dagegen immer die
Bruttoejektionsfraktion EF.
h) Am angegebenen Ort definiert Myron G. Sulyma diese Regurgitationsfraktion ("RF, RGF") auf Seite 624 systemwidrig als "Quotient aus dem
Regurgitationsvolumen (RV) und dem Brutto-Schlagvolumen (total stroke volume) des linken Ventrikels (SVtot). RF=RV/SVtotx100. Englische synonyme Bezeichnung: regurgitation fraction". - Der
angegebene Faktor 100 führt zur meistens nicht erwünschten Prozentzahl; er ist also wegzulassen.
i) Systemkonform ist dagegen meine Definition der Regurgitationsfraktion RF als Quotient aus dem Regurgitationsvolumen RV und dem
enddiastolischen Ventrikelvolumen VV. Jetzt haben die Ejektionsfraktion und die Regurgitationsfraktion denselben Nenner, können also leichter von einander
subtrahiert werden.
j) Dass bei der Bestimmung der Herzfrequenz HF zum Beispiel im Rahmen einer elektromechanischen Dissoziation nur die effektiven Herzschläge gezählt werden dürfen,
versteht sich von selbst.
k) Die Formel HZV=VVxEFxHF für das effektive Herzzeitvolumen HZV muss also immer die Regurgitationsfraktion RF
berücksichtigen.
HZV = VVxEFxHF - VVxRFxHF = VVx(EF-RF)xHF.
293. a) Bei jedem Herzschlag ist die Herzfrequenz HF für alle vier Herzhöhlen identisch.
b) Bei jedem Herzschlag ist das effektive Schagvolumen VV für alle vier Herzhöhlen identisch.
c) Also muss bei jedem Herzschlag die Differenz EF-RF für alle vier Herzhöhlen identisch sein.
d) Die Kontraktilität jeder Herzhöhle ist verschieden. Also müssen immer bei jedem Herzschlag die jeweilige Ejektionsfraktion EF und die dazu gehörige
Regurgitationsfraktion RF bestimmbar sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Regurgitation grundsätzlich immer in beide Richtungen möglich ist.
e) Es folgt ein fiktives Zahlenbeispiel für einen Patienten mit einer leichten Aortenklappeninsuffizienz. Bei einem Herzschlag betragen im linken Ventrikel die EF =
0,65 und die RF = 0,15. Die Differenz EF-RF = 0,65 - 0,15 = 0,5 muss auch für die drei anderen Herzhöhlen gelten. Vielleicht könnten für den rechten Vorhof die EF = 0,7 und die RF = 0,2
betragen.
e) Wenn man für eine der vier Herzhöhlen EF und RF und für die drei anderen Höhlen EF oder RF bestimmt, dann kann man die drei fehlenden Fraktionen
leicht ausrechnen.
f) Insofern müssen in der Formel HZV=VVxEFxHF die vier Größen neu definiert werden.
HZV ist das effektive Herzzeitvolumen.
VV ist das enddiastolische Füllungsvolumen in der untersuchten Herzhöhle.
EF ist die effektive Ejektionsfraktion nach Subtraktion der Regurgitationsfraktion.
HF ist die effektive Herzfrequenz.
g) Die enddiastolischen Füllungsvolumina sind bei jedem Herzschlag in allen vier Herzhöhlen grundsätzlich ebenso verschieden wie die betreffenden Ejektions- und die
Regurgitationsfraktionen.
h) Zur Regurgitation zählt auch das Pendelvolumen bei möglichen Löchern in der Herzscheidewand.
294. a) Bezeichnend für das oft eingeschränkte Verständnis der Kardiologen ist das von Erland Erdmann herausgegebene Buch "Herzinsuffizienz" (4. Auflage, Novartis,
Nürnberg 2005). Im Folgenden zitiere ich Erland Erdmann im Kapitel 1.1 ("Herzinsuffizienz - Ein zunehmendes Problem mit belasteter Prognose") auf den Seiten 3 bis 8. Siehe auch oben die Absätze
175, 176a und 176e sowie unten die Absätze 302 bis 316.
b) Die Herzinsuffizienz wird auf Seite 3 falsch definiert als "Unfähigkeit des Herzenz, trotz ausreichenden venösen Blutangebots die Bedürfnisse des Organismus zu
befriedigen." Die Bedürfnisse des Organismus sind groß. Herzinsuffizienz definiere ich dagegen als zu kleines Herzzeitvolumen oder etwas ausführlicher als unzureichende Sauerstoffversorgung des
Körpers. Im Gegensatz zu Erland Erdmanns Ansicht zählt auch das nicht "ausreichende venöse Blutangebot" zu den Ursachen einer Herzinsuffizienz.
c) Dieses Dilemma erkennt auch der Autor. "Damit erfordert die klinische Diagnosestellung der Herzinsuffizienz den Nachweis einer kardialen Erkrankung" (Seite 3).
Ich halte es für unverantwortlich, die Herzinsuffizienz bei Herzgesunden zu ignorieren.
d) Auch dieser Widerspruch wird von Erland Erdmann erkannt. "Damit kann die Kreislaufinsuffizienz klar von der Herzinsuffizienz abgegrenzt werden" (Seite 3). Also
definiert der Autor völlig unüblich die Kreislaufinsuffizienz implizit als Summe von Herzinsuffizienz und den Extrakardialsyndromen.
e) Indirekt denkt er also sowohl an das Hepatokardialsyndrom als auch an das seltene Renokardialsyndrom, wenn er ebenfalls auf Seite 3 die "Leber- und
Nierenerkrankung" erwähnt. An das wichtige Pulmokardialsyndrom denkt er nicht. Ebenso vergisst er die Anämie als eine der Ursachen der Herzinsuffizienz.
295. a) Beim Multiorganversagen versagen viele Organe gleichzeitig oder nacheinander. Es handelt sich also um eine weitgehend synchrone Insuffizienz mehrerer
Organsysteme. Deswegen spricht man auch vom Syndrom der Multiorgandysfunktion. Es liegen schwere Funktionseinschränkungen verschiedener lebenswichtiger Organe vor. Diese Funktionseinschränkungen
enden im schlimmsten Fall im völligen Organversagen. Ich würde trotzdem besser von einer Multiorganinsuffizienz sprechen wollen. Denn alle betroffenen Organe können grundsätzlich völlig gesund
sein. Auch im Endstadium des Multiorganversagens können Organerkrankungen völlig fehlen. Denn die einzige Ursache des Multiorganversagens ist immer ein Rückgang des Herzzeitvolumens, wenn keine
Anämie vorliegt. Der Kreislauf bricht zusammen; das nennt man Kreislaufschwäche. Und für eine solche Kreislaufschwäche gibt es die verschiedensten Ursachen. Wenn die Ursache in einer schweren
Erkrankung eines Organs liegt, dann sind die anderen Organe erst einmal bis zum Beweis des Gegenteils völlig gesund. Das gilt auch, wenn diese gesunden Organe erhebliche Funktionseinschränkungen
bis hin zum Organversagen zeigen. Das habe ich oben im Absatz 185 als Extraorgansyndrom bezeichnet. Das Multiorganversagen ist also die Summe der Extraorgansyndrome.
b) So wird auch der Schock als Folge "einer Reduktion der effektiven Gewebeperfusion" bezeichnet. Zitat: Hans Peter Wolff und Thomas R. Weihrauch: "Internistische
Therapie 2008-2009", Verlag Urban & Fischer, München und Jena 2008, 17. Auflage, Seite 63. Das Wort "effektiv" soll vermutlich an die Anämie als mögliche Ursache einer Herzinsuffizienz
erinnern. Jede Reduktion des Herzzeitvolumens führt zu einer annähernd proportionalen Reduktion der Organperfusion mit nachfolgender Insuffizienz. Als Maß für die Schwere des Multiorganversagens
schlage ich das Herzzeitvolumen vor.
c) Hans Peter Wolff und Thomas R. Weihrauch geben dagegen auf Seite 64 (mit der Quelle Fincke et alii, J Am Coll Cardiol 2004; 44: 340-348) zwei andere Kennzahlen an. Einmal die
"Cardiac Power (CPO) [in W]" = HZV x MAP x 0,0022
und zweitens den
"Cardiac Power Index (CPi)" = HI x MAP x 0,0022.
Dabei sind HZV das Herzzeitvolumen, MAP der mittlere arterielle Blutdruck MAD und HI vermutlich der Herzindex. Dieser Herzindex ist definiert als Quotient aus dem Herzzeitvolumen HZV und der Körperoberfläche KOF.
d) Das HZV hat die Einheit l/min oder m³/sec, der Blutdruck hat die Einheit Pa = kg/msec² . Die erste Formel ist richtig, denn die Gleichung
m³/sec x Pa = (m³/sec) x (kg/msec²) = kgm²/sec³ = W
ist richtig.
e) Eine weitere Kontrolle ist möglich. Das Herzzeitvolumen ist der Quotient aus Druck und Widerstand. Die Herzleistung ist das Produkt aus Herzzeitvolumen und Blutdruck. Die Herzleistung ist also der Quotient Druck²/Widerstand. Widerstand mal Leistung gleich Druck zum Quadrat. Der mittlere Blutdruck ist die Quadratwurzel aus dem Produkt aus peripherem Widerstand und kardialer Leistung.
f) Die Herkunft des Faktors 0,0022 bleibt offen. In der Originalarbeit findet sich der Faktor 0,0022 nicht, wohl aber ebenfalls ohne Erklärung der identische Bruch
1/451. Watt ist die Einheit für die Leistung. Statt Watt (W) kann man auch Voltampere (VA) sagen. Warum sollte die Herzleistung CPO aussagekräftiger als das Herzzeitvolumen HZV sein?
g) In der zweiten Gleichung wird der Cardiac Power Index CPi errechnet. Man dividiert die Herzleistung CPO durch die Körperoberfläche KOF des Patienten. Aus der
Einheit W wird so die Einheit W/m² = kg/sec³. Diese Berechnung entspricht einer Normierung der Herzleistung auf eine Standardkörperoberfläche von einem Quadratmeter. Auch hier stellt sich die
Frage nach dem Faktor 0,0022.
h) Der Titel der Originalarbeit von Rupert Fincke et alii lautet "Cardiac power is the strongest hemodynamic correlate of mortality in cardiogenic shock: A report
from the SHOCK trial registry" mit der Quelle "Journal of the American College of Cardiology", Volume 44, Issue 2, July 2004, pages 340-348. SHOCK ist das Akronym für die Ausgangsfrage "SHould we
emergently revascularize Occluded Coronaries for cardiogenic shocK"?. Das Fragezeichen fehlt im Original.
i) Diese Arbeit ist eine der wenigen medizinischen Publikationen, in welchen durchgängig auf die richtige physikalische Einheit der verwendeten Formeln geachtet
wird.
j) Die erste oben im Absatz c beschriebene Kennzahl CPO wird im Original anders bezeichnet und anders berechnet. "Cardiac power output (CPO) (W) was calculated as
mean arterial pressure x cardiac output/451." - Den cardiac power output CPO übersetze ich mit Herzleistung. Der mean arterial pressure ist der arterielle Mitteldruck oder mittlere arterielle
Blutdruck MAD. Der cardiac output ist das Herzzeitvolumen HZV. - Siehe aber unten die Absätze 590 bis 592 zu den Begriffen Herzarbeit und Herzleistung.
k) Ich halte das Herzzeitvolumen HZV grundsätzlich für wichtiger als die Herzleistung CPO. Die Herzleistung ist proportional zum Herzzeitvolumen und zum Blutdruck.
Gewiss ist der Blutdruck MAD im kardiogenen Schock sehr wichtig. Das gilt aber nicht notwendig auch für die übrigen Ursachen einer Herzinsuffizienz. - Korrektur vom 28.10.2016: Die
Herzleistung ist nicht proportional zum Herzzeitvolumen und zum Blutdruck. Siehe unten die Absätze 590 bis 592. Die Herzleistung ist proportional zum
Quadrat des Herzzeitvolumens.
296.) Bei Wikipedia findet man unter dem Stichwort Herzminutenvolumen sieben verschiedene und von einander unabhängige Methoden zur Bestimmung des Herzzeitvolumens.
Man möge sich für ein Verfahren entscheiden. Man fühle dem Patienten den Puls. Man dividiere das Herzzeitvolumen durch den Puls und erhält das Schlagvolumen. Dieses Schlagvolumen ist für alle
vier Herzhöhlen identisch. Immer ist es das Produkt aus enddiastolischem Füllungsvolumen und der dazu gehörigen Nettoejektionsfraktion. Die Nettoejektionsfraktion erhält man aus der
Bruttoejektionsfraktion nach Abzug der Regurgitationsfraktion.
297. a) Wenn man von der Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz absieht, dann wird eine Herzinsuffizienz als zu kleines Herzzeitvolumen definiert. Das
Herzzeitvolumen ist also das einzige objektive Maß für die Herzinsuffizienz. Die vier Stufen der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association (NYHA) sind das einzige übliche subjektive
Maß für die Herzinsuffizienz.
b) Alle anderen Parameter sind Surrogatparameter. Zu diesen Surrogatmarkern zählen der Blutdruck, das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit, die Dehnbarkeit
(Compliance), die Wandspannung, die Endothelfunktion, eine Vasodilatation, die Mikrozirkulation, der Leidensdruck, die Muskelmasse, das Herzvolumen, die Belastbarkeit, das Brain Natriuretic
Peptide (BNP), die Kontraktilität und Wassereinlagerungen.
c) Sogar das enddiastolische Höhlenvolumen VV, die Nettoejektionsfraktion EF und die effektive Herzfrequenz HF sind für sich allein genommen nur Surrogatparameter.
Das gilt auch für das Schlagvolumen als Produkt SV=VVxEF.
d) Allein das Produkt dieser drei Faktoren HZV=VVxEFxHF ist das einzige objektive Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Dieses Herzzeitvolumen gilt es zu
optimieren.
e) Jede therapeutische Beeinflussung einer kardial oder extrakardial bedingten Herzinsuffizienz muss also zu einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens
führen.
f) Jede therapeutische Beeinflussung einer Herzinsuffizienz muss pathophysiologisch begründet werden. In dieser Begründung muss die Vergrößerung des Herzzeitvolumens
plausibel erklärt werden. Alles andere ist ein Stochern im Nebel.
g) Von den aktuellen Leitlinien wird die Bestimmung des Herzzeitvolumens verlangt.
298.) Soeben stellte ich folgenden Beitrag beim Stichwort Morbus Whipple bei Wikipedia zur Diskussion. Ich würde bis zum Beweis des Gegenteils die Herzinsuffizienz
beim Morbus Whipple für ein klassisches Beispiel eines Extraorgansyndroms halten. Als Extraorgansyndrom definiere ich die Insuffizienz eines gesunden Organs als Folge einer anderen Krankheit.
Demnach ist beim Morbus Whipple die Insuffizienz des gesunden Herzens die Folge der Darmkrankheit. Die Behandlung der Herzinsuffizienz besteht in der Behandlung der Darmkrankheit. Die Begründung
für meine Behauptung ist ganz einfach. Die vielen krankhaften Veränderungen beim Morbus Whipple schwächen den Blutkreislauf. Das Herzzeitvolumen verkleinert sich. Das nennt man Herzinsuffizienz.
Niemand behauptet eine direkte oder indirekte Schädigung des Myokards durch die Bakterien. Die Herzinsuffizienz beim Morbus Whipple zähle ich also zu den Extrakardialsyndromen.
299. a) "Herzschwäche ist keine eigenständige Krankheit, sondern die Folge anderer Herzerkrankungen." Zitat: Thomas Meinertz, "Herz heute", Heft 4/2013, Seite 1. Richtig muss der Satz lauten: Die Herzinsuffizienz ist keine eigenständige Krankheit, sondern die Folge anderer Krankheiten.
b) "Insgesamt nimmt die Häufigkeit von schlafbezogenen Atmungsstörungen mit fortschreitender Herzschwäche zu." Zitat Seite 11: Helgo Magnussen und Thomas Meinertz: "Herzschwäche: Atmungsstörungen im Schlaf", in: "Herz heute", Heft 4/2013, Seiten 11-15.
c) Hier werden Ursache und Wirkung verwechselt. Die Herzinsuffizienz bei Schlafstörungen zähle ich zu den Extrakardialsyndromen. Hier handelt es sich um ein Pulmokardialsyndrom. In den Lungen führt die Ventilationsstörung nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus zu einer Reduktion der Lungenperfusion. Das Lungenzeitvolumen und damit das identische Herzzeitvolumen reduzieren sich. Das nennt man Herzinsuffizienz. Im Zweifel handelt es sich also bei der Herzinsuffizienz beim Schlafapnoe-Syndrom um eine Herzinsuffizienz bei Herzgesunden.
300.) Nach Bypassoperationen wird gelegentlich eine Niereninsuffizienz beobachtet. Quelle: Amit X. Garg et alii: "Kidney function after off-pump or on-pump coronary artery bypass graft surgery. A randomized clinical trial", in: JAMA 311 (21), 2014, pages 2191 - 2198. Signifikante Unterschiede zwischen der Verwendung und der Nichtverwendung einer extrakorporalen Pumpe fanden sich nicht. - Die Erklärung ist vermutlich ganz einfach. Je schwerer die Herzinsuffizienz, desto schwerer die Niereninsuffizienz. Wahrscheinlich führt eine therapeutische Bypassoperation nach einem Herzinfarkt eher zur Herzinsuffizienz und damit zur Niereninsuffizienz als eine präventive Bypassoperation ohne einen vorausgegangenen Herzinfarkt. Insofern ist die Niereninsuffizienz proportional zum vernarbten Myokardvolumen. Auch hier handelt es sich um ein Kardiorenalsyndrom, also um eine Niereninsuffizienz bei einem nierengesunden Herzkranken. - Offenbar haben die zahlreichen Autoren aus mehreren Ländern an die Extraorgansyndrome nicht gedacht. Gewiss würde eine nachträgliche Auswertung meine Behauptung bestätigen.
301.) Je kleiner das HZV, desto größer der Schock. Je größer der Schock, desto kleiner die GFR.
302.) Kunstherzen oder Kreislaufunterstützungssysteme sorgen für "einen kontinuierlichen Blutfluss von bis zu 4,5 l/min" (Zitat: Frank M. Baer: "Therapeutische
Maßnahmen bei kardiogenem Schock", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 216 bis 243, Seite 240). - Damit verbessern sie in der Regel das Herzzeitvolumen
deutlich.
303.) "Sekundär kommt es zu einem Anstieg des kardialen Schlagvolumens und Herzindexes." Zitat: Uta C. Hoppe: "Nesiritide (B-Typ natriuretisches Peptid) bei akut
dekompensierter Herzinsuffizienz", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 250 bis 253, Seite 250. - BNP verbessert also das Herzzeitvolumen. Denn der Herzindex
ist der Quotient aus dem Herzminutenvolumen HZV und der Körperoberfläche KOF. - "Diese positiven hämodynamischen Effekte werden ohne eine Veränderung der Herzfrequenz erzielt." - Denn das
Schlagvolumen SV ist das Produkt aus Höhlenvolumen VV und Ejektionsfraktion EF.
304.) Christian A. Schneider hat das Problem der Herzinsuffizienz nur teilweise verstanden. Quelle: Christian A. Schneider: "Therapieziele in der Behandlung der
chronischen Herzinsuffizienz", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 257 bis 260. Einerseits verzichtet er auf Seite 258 darauf, den "Anstieg des
Herzminutenvolumens" zu fordern, "da eine Vielzahl von Studien gezeigt hat, dass eine Surrogat-Parameter-orientierte Therapie (z. B. Erhöhung des Cardiac-output durch Phosphodiesterase-Hemmer)
für den Patienten letztlich ungünstig sein kann". - Das Herzzeitvolumen (englisch: cardiac output) ist das einzige objektive Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Es ist eben kein
Surrogatparameter. - Selbstverständlich sind unerwünschte Arnzeimittelnebenwirkungen zu berücksichtigen. Nicht jede Therapie ist erfolgreich.
305.) "Zusätzlich reduzierten sich signifikant die Herzfrequenz ... und das enddiastolische Volumen, während die Ejektionsfraktion von 30 auf 35 % und das
Schlagvolumen um 13 ml zunahm." Zitat: Christian A. Schneider: "Nicht-medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 261
bis 264, Seiten 261 und 262. - Das Herzzeitvolumen HZV ist das Produkt aus Schlagvolumen SV und Herzfrequenz HF. Das Schlagvolumen SV ist das Produkt aus Ventrikelvolumen VV und Ejektionsfraktion
EF. Die Verbesserung des Herzzeitvolumens ist nur möglich, wenn sich das Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz vergrößert. HZV = VVxEFxHF. Bei einer Verkleinerung von
VV und HF muss die Vergrößerung von EF die Verkleinerung von VVxHF überkompensieren. Die Verbesserung der Ejektionsfraktion von 30 % um fünf Prozentpunkte auf 35 % entspricht einer Vergrößerung
um 1/6 oder um 16,67 %; das entspricht einem Faktor 1,1667. Der Faktor der Verkleinerung des Produktes VVxHF darf also nicht kleiner sein als 0,8571. Diese Verwirrung hätte Christian A. Schneider
vermeiden können, wenn er das Herzzeitvolumen vor und nach dem Ausdauertraining angegeben hätte, zumal er auf Seite 261 eine "Verbesserung des Herzminutenvolumens" beschreibt. Ich könnte die
beiden Herzzeitvolumina selbst ausrechnen. Dazu fehlen nur noch die beiden Herzfrequenzen und eines der beiden Ventrikelvolumina oder die beiden Ventrikelvolumina und eine der beiden
Herzfrequenzen. Es bleibt unverständlich, warum der Autor diese Informationen verschweigt.
306.) "Zu Beginn einer Therapie mit Diuretika" fallen "das Herzzeitvolumen und der Blutdruck" ab (Seite 273). "Unter der Langzeitherapie mit Diuretika ... ist das
Herzminutenvolumen bereits normalisiert" (Seite 273). "Langfristig bessert sich das Herzzeitvolumen" (Seite 285). Zitate: Robert H. G. Schwinger: "Therapie der chronischen Herzinsuffizienz mit
Diuretika", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 265 bis 299.
307.) Herzglykoside bewirken "eine Abnahme des Ventrikelvolumens und eine Zunahme der Auswurffraktion" (Seite 301). "Die Zunahme ... des Herzminutenvolumens ...
führt ebenfalls zum Abfall einer vorher erhöhten, regelmäßigen Herzfrequenz beim herzinsuffizienten Patienten" (Seite 301). Zitat: Erland Erdmann: "Digitalis", in: Erland Erdmann:
"Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 300 bis 313. - In der Formel HZV=VVxEFxHF verkleinern sich also das VV und die HF; trotzdem vergrößert sich das HZV, weil die EF
überproportional ansteigt.
308.) Betarezeptorenblocker bewirken "eine Erhöhung der Auswurffraktion ... sowie eine Abnahme der Herzfrequenz ... und der Herzgröße" (Seite 387). Zitat: Erland
Erdmann: "Therapie der chronischen Herzinsuffizienz mit Betarezeptorenblockern", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 386 bis 395. - In der Formel
HZV=VVxEFxHF verkleinern sich also das VV und die HF. Das HZV vergrößert sich nur bei einer überproportionalen Vergrößerung der EF.
309. a) ACE-Hemmer bewirken "eine Reduktion der Herzfrequenz und eine Verminderung der Herzgröße" (Seite 315). Zitat: Erland Erdmann: "ACE-Hemmer", in: Erland
Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 314 bis 328. - In der Formel HZV=VVxEFxHF verkleinern sich also das VV und die HF; zur Vergrößerung des Herzzeitvolumens muss die
EF also überproportional ansteigen. Eine solche überproportionale Vergrößerung der Ejektionsfraktion durch ACE-Hemmer konnte nie überzeugend nachgewiesen werden. - Auch für Betablocker und
Sartane fehlen überzeugende Beweise für eine deutliche überproportionale Verbesserung der Ejektionsfraktion.
b) Die beiden klinischen Endpunkte Mortalitätsreduktion und Herzinsuffizienzverbesserung sind weitgehend unabhängig von einander. Das ist eine gesundheitsökonomische
Binsenweisheit. Eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens kann also zu einer Vergrößerung der Sterblichkeit führen. Eine Verkleinerung des Herzzeitvolumens kann also zu einer Verkleinerung der
Sterblichkeit führen. Eine optimale Therapie der Herzinsuffizienz muss also sowohl das Herzzeitvolumen wie auch die Lebenserwartung vergrößern. Beide Parameter sollten regelmäßig bestimmt werden.
Nur so ist eine sinnvolle Medizin möglich.
c) Diesen Zusammenhang hat Erland Erdmann im Grundsatz erkannt, wenn er auf Seite 329 schreibt: "Ziel einer medikamentösen Therapie der chronischen Herzinsuffizienz
ist primär eine Reduktion der Insuffizienzsymptome. Es hat sich aber gezeigt, dass die Hypothese, eine Abnahme der Herzinsuffizienzsymptome führe auch zur Verbesserung der Prognose, nicht immer
richtig ist." Quelle: Erland Erdmann: "Die Kombinationstherapie", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", am angegebenen Ort, Seiten 329 bis 334.
310.) "Unter Stimulation konnte eine sofortige Zunahme des invasiv gemessenen Schlagvolumens und Herzzeitvolumens ... demonstriert werden" (Seite 441). Zitat: Uta C.
Hoppe: "Biventrikuläre Schrittmacher", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 439 bis 446. - Die Autorin beantwortet nicht die Frage, ob ein Herzschrittmacher
die Ejektionsfraktion und die Herzfrequenz vergrößert oder verkleinert.
311.) "Diese Effekte sind von einer Verbesserung hämodynamischer Parameter wie Schlagvolumen, Ejektionsfraktion und Herzindex begleitet" (Seite 449). Zitat: Markus
Flesch: "Phytopharmakologische Therapieansätze", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 447 bis 450. - Der Autor beantwortet nicht die Frage, ob Coenzym Q10
das enddiastolische Ventrikelvolumen und die Herzfrequenz vergrößert oder verkleinert.
312.) In der Tabelle 5.2-3 auf Seite 467 bezeichnen Robert H. G. Schwinger und Holger Diedrichs ("Herztransplantation", in: Erland Erdmann; "Herzinsuffizienz", 4.
Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 463 bis 491) die Niereninsuffizienz als "Relative Kontraindikation" für eine orthotope Herztransplantation. - Genau das Gegenteil ist richtig. Bei Nierengesunden
mit viertgradiger Herzinsuffizienz und fünftgradiger Niereninsuffizienz auf dem Boden schwerer Herzkrankheiten ist die Herztransplantation die Therapie der Wahl.
313.) "Die Herzinsuffizienz wird als eine chronisch progressive Erkrankung betrachtet, bei der es nach einer initialen Schädigung des Myokards und einem initialen
Kontraktilitätsverlust zur Aktivierung neuroendokriner Mechanismen kommt" (Seite 42). Zitat: Markus Flesch: "Neurohumorale Aktivierung, Zytokine und Wachstumsfaktoren", in: Erland Erdmann:
"Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 42 bis 75. - Wenn man dagegen die Herzinsuffizienz als zu kleines Herzzeitvolumen definiert, erkennt man zahlreiche Zustände, welche der
Autor nicht berücksichtigt.
314.) "Im Rahmen der venösen Druckerhöhung kann es zur Stauungsproteinurie und Erhöhung der Leberenzyme kommen" (Seite 124). Zitat: Uta C. Hoppe:
"Rechtsherzinsuffizienz", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 122 bis 131 mit falschen Seitenüberschriften ("Akute Verschlechterung einer chronischen
Herzinsuffizienz"). - Beim Hepatokardialsyndrom liegt die gegenteilige Kausalität vor. Schwere Leberkrankheiten führen zum Kreislaufversagen und so auch bei Herz- und Nierengesunden zur Herz- und
Niereninsuffizienz.
315.) "Die chronische Herzinsuffizienz ist von einer Abnahme der renalen Perfusion und der glomerulären Filtrationsrate begleitet. Eine Abnahme der Nierenperfusion
und Glomerulusfiltration bei chronischer Herzinsuffizienz ist über eine Reihe parallel ablaufender pathophysiologischer Mechanismen zu erklären. (Seiten 151 und 152). Zitat: Markus Flesch:
"Herzinsuffizienz und Nierenfunktion", in: Erland Erdmann: "Herzinsuffizienz", 4. Auflage, Stuttgart 2005, Seiten 151 bis 157. - Die Erklärung ist viel einfacher. Beim Kardiorenalsyndrom führt
jede Verkleinerung des Herzzeitvolumens zu einer proportionalen Reduktion der renalen Perfusion und der glomerulären Filtration. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der
Herzinsuffizienz. Wenn die relative Reduktion des HZV gleich der relativen Reduktion der GFR ist, dann kann keine filtrative Nierenkrankheit vorliegen.
316.) Am Ende des Buches von Erland Erdmann finden sich auf den Seiten von 495 bis 527 die "Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz" von Uta C.
Hoppe et alii. Ich halte es für unverantwortlich, dass nicht auf die überragende Bedeutung des Herzzeitvolumens hingewiesen wird. Das Herzzeitvolumen ist das einzige objektive Maß für die Schwere
jeder Herzinsuffizienz. Es setzt sich multiplikativ aus den drei Faktoren Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz zusammen. Dieser Grundsatz gilt (mit Ausnahme der Anämie) für alle
kardialen und extrakardialen Ursachen einer jeden Herzinsuffizienz. Es reicht nicht aus, in Tabelle 8 auf Seite 501 zu schreiben, dass ein normaler Belastungstest und ein normaler Cardiac output
der Diagnose einer Herzinsuffizienz widersprechen. Es reicht nicht aus, "echokardiographisch die diastolische Füllung zu beurteilen" (Seiten 502 und 503). Zusätzlich müssen immer auch die
Herzfrequenz und die Ejektionsfraktion bestimmt werden, um das Herzzeitvolumen ausrechnen zu können. - Verantwortlich für diese Leitlinien sind der "Vorstand der Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung" in Düsseldorf sowie die "Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft" als Wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer in Berlin. - Die
hier kritisierte Leitlinie wurde offenbar 2004 veröffentlicht; die aktuelle Leitlinie von 2012 kritisiere ich unten im Absatz 323.
317.) Tillmann Bork und Tobias B. Huber fragen: "Gibt es die gesunde Niere im Alter?" (in: "Nephro-News", Jahrgang 16, Ausgabe 2/2014, Seiten 1 bis 5). "So reduziert
sich die GFR mit jeder Lebensdekade um ca. 7,5 - 10 ml/min" (Seite 3). Begründung: "Altern ist unmittelbar an einen zunehmenden Verlust von funktioneller Nierenmasse gekoppelt" (Seite 1). - Auch
wird die funktionelle Herzmasse im Alter abnehmen. So kommt es zum Kardiorenalsyndrom. Daran denken die beiden Autoren nicht.
318.) "Patienten mit schwergradiger chronischer Herzinsuffizienz leiden oftmals auch an einer begleitenden Niereninsuffizienz." (Seite 7). Zitat: Vedat Schwenger:
"Ultrafiltrationsverfahren bei therapierefraktärer Herzinsuffizienz", in: "Nephro-News", Jahrgang 16, Ausgabe 2/2014, Seiten 7 bis 10. - Jede Verkleinerung des Herzzeitvolumens bedeutet eine
Herzinsuffizienz. Jede Reduktion des Herzzeitvolumens führt zur proportionalen Verkleinerung der renalen Perfusion und der glomerulären Filtration. Also führt jede Herzinsuffizienz automatisch
zur Niereninsuffizienz. Die Niereninsuffizienz ist also keine Begleitung der Herzinsuffizienz, sondern deren notwendige Folge. Als Kardiorenalsyndrom definiere ich die Niereninsuffizienz bei
nierengesunden Patienten mit einer kardialen oder extrakardialen Herzinsuffizienz.
319. a) Peter Overbeck beschreibt "Die große Lücke in der Therapie" (in: Ärztezeitung, Jahrgang 33, Nummer 83/2014, 25./26. Juli 2014, Sommerakademie Herzinsuffizienz, Seite 11). "Die diastolische Herzinsuffizienz - sie wird auch Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion genannt" - "ist die Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion." - "Als weitere diagnostische Kriterien sind Strukturveränderung (sic!) des linken Ventrikels (Hypertrophie) und / oder spezifische Zeichen einer diastolischen Dysfunktion gefordert." - "Im Unterschied zur systolischen Herzinsuffizienz mit erniedrigter Auswurffraktion gibt es bei diastolischer Herzschwäche bislang keine durch wissenschaftliche Evidenz gesicherte (sic!) Therapieoptionen."
b) In der Formel HZV=VVxEFxHF ist bei der diastolischen Herzinsuffizienz das Herzzeitvolumen HZV erniedrigt. Sonst wäre es keine Herzinsuffizienz. Das
Ventrikelvolumen VV ist offenbar ausreichend; es lässt sich therapeutisch kaum vergrößern. Die Ejektionsfraktion EF ist per definitionem gut; auch sie kann nicht mehr verbessert werden. Also
bleibt als einziger noch zu beeinflussender Parameter die Herzfrequenz HF übrig. Die einzige verbleibende Therapieoption für die diastolische Herzinsuffizienz ist also eine Vergrößerung der
Herzfrequenz. Wurde das schon versucht?
c) Oder sind mit der diastolischen Herzinsuffizienz die Extrakardialsyndrome mit zu kleinem linksventrikulärem Füllungsvolumen gemeint?
320. a) "Der Arzneimittelbrief" (Jahrgang 48, Nummer 7/2014, Berlin Juli 2014, Seiten 52 und 53) schreibt auf Seite 52: "Patienten mit klinischen Zeichen der
Herzinsuffizienz trotz relativ gut erhaltener systolischer Pumpfunktion sind eine große therapeutische Herausforderung (Diagnose: Heart Failure with preserved Ejection Fraction = HFpEF; synonym:
diastolische Herzinsuffizienz). Bislang gibt es für sie kaum evidenzbasierte Behandlungen." - Siehe unten Absatz 360.
b) Als Ursache vermute ich das Folgende: Oft führt ein vermindertes Blutvolumen zu einer Herzinsuffizienz. Das führt zu einer Verkleinerung der Füllungsvolumina in
den vier Herzhöhlen. Das gemessene Füllungsvolumen VV ist kleiner als das im Normalzustand mögliche enddiastolische Höhlenvolumen. Das Schlagvolumen SV=VVxEF ist unverändert. Das ist nur bei
einer kompensatorischen Vergrößerung der Ejektionsfraktion EF möglich. Deswegen findet man eine erhaltene oder sogar eine verbesserte systolische Pumpfunktion. Die Herzfrequenz HF verkleinert
sich. Das Produkt HZV=VVxEFxHF verkleinert sich.
c) Zur Therapie der diastolischen Herzinsuffizienz kommen also entweder Vergrößerungen des Blutvolumens und damit des enddiastolischen Füllungsvolumens VV oder aber
eine Anhebung der Herzfrequenz HF in Frage.
d) Diese beiden Vorschläge widersprechen dem allgemein üblichen kardiologischen Vorgehen einer Herzverkleinerung und einer Frequenzsenkung.
e) Bei den Extrakardialsyndromen sollte jedoch die extrakardiale Grundkrankheit behandelt werden. Das wäre dann die kausale Therapie der diastolischen
Herzinsuffizienz.
f) Sollte man nicht vor jeder Therapieänderung das Herzzeitvolumen bestimmen oder sich zumindest Gedanken über die Möglichkeiten einer Vergrößerung des
Herzzeitvolumens machen?
321.) Wie reagiert das Herz auf ein vermindertes Blutangebot zum Beispiel bei einer Hypovolämie? Die Hypovolämie ist definiert als Verkleinerung des zirkulierenden
intravasalen Blutvolumens. Davon ist die Verminderung der Blutumlaufgeschwindigkeit zum Beispiel bei einer Bradykardie abzugrenzen. Das Herzzeitvolumen wird in beiden Fällen sinken. Nach der
Formel HZV=VVxEFxHF sind die drei folgenden Möglichkeiten denkbar.
a) Bei einer Hypovolämie wird der naheliegendste Weg einer Reduktion der Herzfrequenz HF offenbar nicht beschritten. Statt zu einer Bradykardie kommt es zur
kompensatorischen Tachykardie. Eine Verminderung der Blutumlaufgeschwindigkeit beruht dagegen immer auf einer Bradykardie.
b) Die Füllungsvolumina der vier Herzhöhlen werden kleiner. Die Höhlen passen sich dem angebotenen Volumen an. Das enddiastolische Kammervolumen VV
sinkt.
c) Die Ejektionsfraktion EF strebt ebenfalls gegen Null.
322. a) Das Hepatorenalsyndrom definiere ich als Niereninsuffizienz bei nierengesunden Leberkranken. Diese Definition wird nicht berücksichtigt von Alexander L.
Gerbes ("Update zur Behandlung des Aszites und des hepatorenalen Syndroms", in: "Albumin für Patienten mit Zirrhose: wann und wie", uegweek, Oktober 2013, Berlin 2014, Firma CSL Behring, 6 Seiten
ohne Paginierung, Redaktionelle Gestaltung: Carlos Vidal O). - uegweek ist offenbar die Abkürzung für die jährlichen Fortbildungswochen der Vereinigung United European Gastroenterology. - Das
pharmazeutische Unternehmen Commonwealth Serum Laboratories Limited hat seinen Sitz in Melbourne.
b) "Zirrhosepatienten leiden an portaler Hypertension und peripherer Vasodilatation mit Verringerung des effektiven Blutvolumens." - Mit dem effektiven Blutvolumen
ist vermutlich das Herzzeitvolumen gemeint. Siehe oben Absatz 321.
c) "Die Prognose von Zirrhosepatienten wird durch die Ursachen der Niereninsuffizienz bestimmt." - Die Ursache des Hepatorenalsyndroms ist die Leberkrankheit. Also
wird die Prognose von der Leberkrankheit bestimmt. Die Niereninsuffizienz wird mit der Nierendialyse behandelt.
d) "Patienten mit parenchymaler Nephropathie weisen die beste Prognose auf, während die Prognose für Patienten mit Niereninsuffizienz aufgrund Hypovolämie oder
Infektion ungünstiger ist." - Die gute Prognose der "parenchymalen Nephropathie" beruht vielleicht auf dem Fehlen einer Nierenkrankheit. Vielleicht ist die Diagnose eine Verlegenheitsdiagnose
ohne histologische Abklärung. - Die schlechte Prognose bei einer Hypovolämie beruht vermutlich auf den fehlenden Therapiemöglichkeiten. Vermutlich handelt es sich nicht um eine Hypovolämie,
sondern um eine zu kleine Blutumlaufgeschwindigkeit bei Aszites. Infusionen werden diese Umlaufgeschwindigkeit im Zweifel nicht vergrößern.
e) Die Therapie der Wahl beim Hepatorenalsyndrom ist die Nierendialyse. Wenn es für die Leberkrankheit keine kausale Therapie gibt, muss man an eine Leberdialyse
oder an eine Lebertransplantation denken.
f) In derselben Publikation erwähnt Francesco Salerno ("Wann und warum sollten Zirrhosepatienten mit einer Infektion Albumin erhalten") das "zentrale Blutvolumen"
und nicht das "effektive Blutvolumen" wie Alexander L. Gerbes. Auch hier fehlt das Fragezeichen. - Mit beiden Begriffen ist offenbar das Herzzeitvolumen HZV=VVxEFxHF gemeint. Ziel einer jeden
Therapie des Hepatorenalsyndroms ist eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens.
323. a) Oben in Absatz 316 wurden die "Leitlinien zur Therapie der chronischen Herzinsuffizienz" aus dem Jahr 2004 kritisiert. Dieselbe Kritik gilt auch für
das "Update 2012" der "ESC Pocket Guidelines" mit der deutschen Übersetzung "Leitlinien für die Diagnose und Behandlung der akuten und chronischen Herzinsuffizienz" ebenfalls von der
"Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V. German Cardiac Society" in Düsseldorf aus dem Jahr 2013. ESC ist die European Society for Cardiology. Die
Originalversion heißt "ESC Pocket Guidelines for the Diagnosis and Treatment of Acute and Chronic Heart Failure 2012". Die Autoren um die Chairperson John J. V. McMurray haben das Problem der
Herzinsuffizienz nicht ansatzweise verstanden. - Diese Taschenleitlinien wurden von der Börm Bruckmeier Verlag GmbH herausgegeben (zwei und 58 Seiten).
b) Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Das gilt unabhängig von den kardialen oder extrakardialen Ursachen. Das Herzzeitvolumen ist das einzige objektive Maß zur Beurteilung der Schwere einer jeden Herzinsuffizienz mit der Ausnahme der anämiebedingten Herzinsuffizienz. Das Herzzeitvolumen muss regelmäßig gemessen werden. Diese Messungen des Herzzeitvolumens werden von mehreren Leitlinien gefordert (siehe unten Absatz k).
c) Das Update 2012 erwähnt das Herzzeitvolumen auf 60 Seiten insgesamt nur einmal, und zwar auf Seite 48 bei den "Empfehlungen für die Behandlung von Patienten mit
akuter Herzinsuffizienz" und hier insbesondere bei "Patienten mit Hypotension, Hypoperfusion oder Schock". Inotrope Substanzen sollen "in Erwägung gezogen werden, um das Herzzeitvolumen und den
Blutdruck zu steigern und die periphere Perfusion zu verbessern". Diese Empfehlung beruht auf "widersprüchlicher Evidenz oder auf unterschiedlichen Meinungen über den Nutzen" (Zitat Seite 1). -
Wenn man das Herzzeitvolumen schon nicht misst, sollte man es zumindest vor jeder Therapieentscheidung mitdenken. Zumindest halten die Autoren eine Steigerung des Herzzeitvolumens für
erforderlich.
d) "Ganz im Vordergrund steht die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (EF), die bei jedem Patienten mit Herzinsuffizienz bestimmt werden sollte" (Zitat Seite 13). -
Das ist falsch. Ganz im Vordergrund steht das Herzzeitvolumen HZV=VVxEFxHF, das bei jedem Patienten mit Herzinsuffizienz bestimmt werden sollte.
e) "Das Ziel ist, mit der minimal erforderlichen Dosis die Euvolämie ("Trockengewicht" des Patienten) wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten" (Zitat Seite 19). -
Das ist falsch. Ziel einer jeden Therapie der Herzinsuffizienz ist die Maximierung des Herzzeitvolumens. Das Blutvolumen und die Blutumlaufgeschwindigkeit müssen unter der Hauptbedingung der
Maximierung des Herzzeitvolumens optimiert werden. Die Euvolämie ist nur eine Nebenbedingung (eu = gut, vol = Volumen, ämie = Blut).
f) Die "Signifikante Niereninsuffizienz (z. B. Kreatinin-Clearance < 50 ml/min)" zählt zu den "Kontraindikationen" für die "Herztransplantation" (Zitat Seite 22,
Tabelle 5). - Das ist falsch. Bei nierengesunden Patienten mit schweren Herzkrankheiten und mit einer schweren Niereninsuffizienz ist die Herztransplantation die Therapie der Wahl.
g) "Die Nierenfunktion ist ein kritischer unabhängiger Prädiktor der Prognose der Herzinsuffizienz" (Zitat Seite 39). - Das ist falsch. Bei Nierengesunden ist die
GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Die Nierenfunktion ist also ein abhängiger Prädiktor für die Herzinsuffizienz. Es besteht sogar eine weit gehende Proportionalität zwischen dem
Herzzeitvolumen und der glomerulären Filtration.
h) "Weniger bekannt ist, dass Hypervolämie, Rechtsherzinsuffizienz und venöse Nierenstauung ebenfalls Nierendysfunktion verursachen können" (Zitat Seite 39). - In
der Tat sollte man bei jeder Niereninsuffizienz an die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch denken. Jede Herzinsuffizienz führt zum Kardiorenalsyndrom. Schwere Leberkrankheiten führen zum
Hepatorenalsyndrom. Fast jede Lungenkrankheit führt zum Pulmorenalsyndrom.
i) Bei der "Behandlung der akuten Herzinsuffizienz" sind "Vasodilatanzien die Schlüsselmedikamente" (Zitat Seite 41). - Oft ist genau das Gegenteil richtig. Eine
Vasodilatation verkleinert die Blutumlaufgeschwindigkeit und somit auch das Herzzeitvolumen.
j) Insgesamt zeugen diese Leitlinien von einem völligen Unverständnis der physikalischen Grundlagen sowohl der Herzinsuffizienz als auch der Niereninsuffizienz. Das
Herz ist eine Pumpe, die Niere ist ein Filter. Ich halte die Empfehlungen für grob fahrlässig. "Ärzten wird empfohlen, dass sie diese Leitlinien in vollem Maße in ihre klinische Beurteilung mit
einbeziehen" (Zitat Seite 57). Im Einzelfall kann das als Aufruf zur Körperverletzung verstanden werden. "Die persönliche ärztliche Verantwortung und Entscheidung wird (sic!) dadurch jedoch nicht
außer Kraft gesetzt" (Zitat Seite 57). Wie wahr!
k) Die Empfehlung zur Bestimmung des Herzzeitvolumens findet sich auch in den entsprechenden "Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und
Kreislaufforschung e. V.". Dazu mehr oben im Absatz 206 sowie unten im folgenden Absatz 324. Die Fachgesellschaft der Kardiologen ignoriert also ihre eigenen Leitlinien.
324. a) Der "Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e. V." mit Sitz in Düsseldorf veröffentlichte 2008 die aktuelle Leitlinie
"Diagnostische Herzkatheteruntersuchung". Autoren sind Christian W. Hamm, Alexander Albrecht, Tassilo Bonzel, Malte Kelm, Helmut Lange, Volker Schächinger, Wolfram Terres und Wolfram Voelker.
"Literaturhinweis: Clinical Research in Cardiology, Band 97, Nr. 8 - Clin Res Cardiol 97: 475-512 (2008)". - Siehe auch oben Absatz 291i.
b) "Die Indikation zur Bestimmung ... des Herzzeitvolumens ergibt sich bei unklaren Symptomen der Herzinsuffizienz" (Zitat
Seite 488). Welche Symptome könnten unklar sein? Die Frage ist, ob eine Herzinsuffizienz vorliegt oder nicht. Wenn sie vorliegt, dann ist das Herzzeitvolumen ein Maß für ihre Schwere. - Die
einzigen Symptome einer jeden Herzinsuffizienz sind Asthenie, Dyspnöe und Ödeme. Alle anderen Symptome sind Symptome der kardialen oder extrakardialen Grundkrankheit.
c) Vermutlich haben die Autoren die Tragweite ihrer Empfehlung nicht verstanden. Die eminente Bedeutung des Herzzeitvolumens als einziges objektives Maß für die
Schwere einer jeden Herzinsuffizienz haben sie nicht erkannt.
d) Die Autoren haben Klammern vergessen. Auf Seite 497 beschreiben sie Probleme bei "normalem Fluss während der Ejektionszeit (= Herzzeitvolumen / Herzfrequenz *
Ejektionszeit, normal > 200 ml/s)." - Ohne Klammern ist die Formel zweideutig. Die zweite der beiden Möglichkeiten ergibt keinen Sinn (EZ = Ejektionszeit; HZV=VVxEFxHF mit VV =
Ventrikelvolumen, EF = Ejektionsfraktion, HF = Herzfrequenz; HZV = Herzzeitvolumen).
HZV/HF*EZ = HZV/(HFEZ) = VVEF/EZ mit der Einheit des Flusses ml/s,
HZV/HF*EZ = (HZVEZ)/HF = VVEFEZ mit der Einheit des Flusses mls.
325. a) 2011 veröffentlichte der "Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e. V." die "Deutsch-österreichische S3-Leitlinie 'Infarktbedingter kardiogener Schock -
Diagnose, Monitoring und Therapie'". Autoren sind Karl Werdan et alii. Quelle: "Der Kardiologe", Juni 2011, Issue 3, Volume 5, Heft 3/2011, Seiten 166 bis 224.
b) Teilweise richtig ist auf Seite 183 der Hinweis, "Das Herz ist eine muskuläre mechanische Pumpe, die sowohl Fluss (HZV/HI) als auch Druck (MAP) generieren kann."
- Die Pumpe generiert nur das Herzzeitvolumen HZV. Der dazu erforderliche Blutdruck (MAP = mittlerer arterieller Bludruck) ist eine notwendige Voraussetzung für den Blutfluss. Die einzige Aufgabe
der Pumpe ist das Aufrechterhalten eines optimalen Herzzeitvolumens. Die Physiker sprechen von der Förderleistung. Die Blutdruckregulierung ist nur eine Nebenaufgabe. HI bedeutet weder
Herzinsuffizienz noch Herzinfarkt, sondern Herzindex. Der Herzindex HI ist definiert als Quotient aus Herzzeitvolumen HZV und Körperoberfläche KOF. Also muss auch die Körperoberfläche regelmäßig
bestimmt werden. Der angegebene Quotient HZV/HI ist also mit der Körperoberfläche KOF und nicht mit dem Fluss (siehe oben Absatz 324d) identisch. Nichtmathematiker haben vermutlich
Bruchstrich und Beistrich verwechselt.
c) Richtig ist auf Seite 183 die Aussage "Zur Therapiebeurteilung und Verlaufskontrolle des Patienten im kardiogenen Schock ist die Kenntnis des HZV zwingend
erforderlich."
d) Falsch ist dagegen auf Seite 181 die gegenteilige Behauptung "Parameter des erweiterten hämodynamischen Monitoring wie HZV/HI ... sind zur Diagnosestellung des
kardiogenen Schocks nicht zwingend erforderlich". Es gilt HZV/HI=KOF.
e) Richtig ist auf Seite 215 im Anhang 1 die "Leitlinienempfehlung" "Das Herzzeitvolumen soll initial baldmöglichst gemessen werden und im späteren Verlauf zur
Steuerung der hämodynamischen Therapie."
f) Richtig ist auf Seite 180 die Leitlinienempfehlung "E12. Eine Herzzeitvolumen(HZV)-Messung soll bei jedem Patienten baldmöglichst und zur
Therapiesteuerung im weiteren Verlauf durchgeführt werden!"
326. a) Ich definiere ein Extraorgansyndrom als Insuffizienz eines gesunden Organs als Folge einer anderen Organinsuffizienz. Also ist das Hepatopulmonalsyndrom die
Insuffizienz von gesunden Lungen als Folge einer Leberinsuffizienz vermutlich auf dem Boden einer schweren Leberkrankheit. Siehe oben die Absätze 179f und 181k.
b) Die Leitlinie "Diagnostik und Therapie der chronischen pulmonalen Hypertonie" wurde 2007 "Herausgegeben vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie -
Herz- und Kreislaufforschung e. V." und "Erarbeitet von der Arbeitsgemeinschaft pulmonale Hypertonie, federführend Horst Olschewski". Hier wird mehrfach das "hepatopulmonale Syndrom"
erwähnt.
c) "Ein hepatopulmonales Syndrom ist durch ein erhöhtes Herzzeitvolumen, schwere Gasaustauschstörungen ... bei schwerer Leberfunktionsstörung definiert" (Zitat Seite
305). - Die Lungeninsuffizienz ist also die Folge einer Leberinsuffizienz. Insofern deckt sich die Definition der DGK vollständig mit meiner Definition.
d) "Das Herzzeitvolumen ist initial häufig erhöht, in schweren Fällen aber erniedrigt" (Zitat Seite 305). - Ein vermehrtes Durstgefühl zu Beginn einer Hepatopathie
könnte eine Hypervolämie und so eine initiale Vergrößerung des HZV erklären, nicht aber eine Lungeninsuffizienz. Die Reduktion des HZV beim Hepatopulmonalsyndrom erkläre ich als Zusammenbruch des
Kreislaufs bei Aszites mit verkleinertem Herzzeitvolumen. Das Lungenzeitvolumen ist mit dem Herzzeitvolumen identisch. Also reduzieren sich auch die Lungenperfusion und nach dem
Euler-Liljestrand-Effekt die Lungenventilation und somit die globale Lungenfunktion.
e) "Für das hepatopulmonale Syndrom, bei dem eine erhebliche pulmonal arterielle Druckerhöhung vorliegen kann, gibt es keine medikamentösen Therapieempfehlungen"
(Zitat Seite 324). - Diese Ansicht ist falsch. Wenn die Ursache zum Beispiel in einer Hepatitis liegt, kann man diese Grundkrankheit sehr wohl medikamentös behandeln. Außerdem gibt es zahlreiche
Medikamente zur Verbesserung der Lungenfunktion. Wenn sich die Ventilation verbessert, dann verbessert sich nach dem Euler-Liljestrand-Effekt auch die Perfusion.
f) "Das hepatopulmonale Syndrom kann eine eigenständige Indikation zur Lebertransplantation darstellen. Es bildet sich nach der Transplantation vielfach vollständig
zurück" (Zitat Seite 305). - Diese Darstellung stimmt mit meiner pathophysiologischen Erklärung des Hepatopulmonalsyndroms vollständig überein.
g) "Bei allen Patienten mit eingeschränktem Herzzeitvolumen sind Betablocker zu vermeiden" (Zitat Seite 319). - Diese Darstellung stimmt mit meiner
pathophysiologischen Erklärung der Herzinsuffizienz vollständig überein.
h) In dieser Leitlinie der DGK wird das HZV erwähnt. Es fehlt jedoch der Hinweis auf die Notwendigkeit ihrer regelmäßigen Bestimmung.
327.) Auch in der am 25.6.2008 publizierten DGK-Leitlinie "Herzerkrankungen in der Schwangerschaft" von Vera Regitz-Zagrosek et alii (Quelle: "Clinical Research in
Cardiology", September 2008, Volume 97, Issue 9, Seiten 630 bis 665) finden sich rudimentäre Aussagen zum Herzzeitvolumen. "Bereits ab der fünften Schwangerschaftswoche steigt das Blutvolumen ...
an und erreicht ... ein Maximum mit einer Expansion des Blutvolumens um 30 - 50 % bei gleichzeitig erheblicher Vasodilatation. Die Ruheherzfrequenz nimmt um 10 - 30 Schläge/min ... zu, während
das Herzzeitvolumen bis zur 32. Schwangerschaftswoche um 30 - 50 % ansteigt" (Zitat Seite 632).
328.) Die Missachtung des Herzzeitvolumens durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) halte ich für unverantwortlich.
Wer wenn nicht die zuständige Fachgesellschaft kann auf die Bedeutung des HZV hinweisen? Siehe oben die Absätze 206, 286, 316 und 323 bis 327. Dieser Forschungsverein DGK sollte zum Vergleich
Tabellen für das HZV bei den unterschiedlichsten Krankheiten bereitstellen.
329.) Bei meiner Patientin R. B. finde ich auf dem Laborzettel vom 1.9.2014 des Zentrallabors des Sankt Christophorus Krankenhauses GmbH in 59368 Werne eine GFR =
75,2 ml/min mit der "Referenz" GFR > 90 ml/min. Zusätzlich zur richtigen Nierenfunktionseinheit findet sich der "Kommentar": "Die angegebene Einheit bezieht sich auf eine Standardoberfläche
von 1,73 Quadratmeter." - Falsch ist das Wort "Einheit" im "Kommentar". Richtig wäre: Die angegebene GFR bezieht sich auf die Standardkörperoberfläche KOF = 1,73 m²; bei abweichender
Körperoberfläche muss die GFR vom Arzt nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden.
330. a) Oben habe ich in den Absätzen 30 und 190 wiederholt die Laborbefunde aus dem Klinikum Herford kritisiert. Offenbar handelt es sich bei dem "Labor Klinikum
Herford" um eine "Außenstelle des MVZ für Laboratoriumsmedizin, Leverkusen". MVZ ist die Abkürzung für ein Medizinisches Versorgungszentrum. Offenbar gibt es im Klinikum Herford vier verschiedene
Möglichkeiten der Übermittlung der Laborwerte vom Krankenhaus zum Hausarzt.
b) Die Querformate heißen "Laborbericht". Sie betrafen zum Beispiel meine Patienten B. T. und P. G. in der Zeit von April bis Juli 2014. Die Nierenfunktionseinheit
mL/min ist richtig. Der Text "GFR (MDRD-Formel)" ist teilweise falsch. Verwendet wurde nicht die MDRD-Formel, sondern die abgekürzte MDRD-Formel. Der Hinweis zur fehlenden Validierung bei
jüngeren und älteren Patienten ist bis auf den oben beschriebenen Orthographiefehler richtig. Die ebenfalls als Anmerkung hinzugefügte Stadieneinteilung ist mehrfach falsch. Es fehlen die
GFR-Intervalle zwischen 29 und 30 ml/min, zwischen 59 und 60 ml/min sowie zwischen 89 und 90 ml/min. Die Benennung der Intervalle ist unüblich und im Falle von "Stadium 5 GFR < 15 ml/min
Einleitung Nierenersatztherapie" falsch. Meistens ist eine Dialyse erst bei GFR-Werten unterhalb von 5 ml/min erforderlich. Ein "Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko" im Stadium 3 ist ebenfalls
meistens falsch; denn eine Niereninsuffizienz ist oft die Folge der verschiedensten Herzkrankheiten und nie die Ursache einer koronaren Herzkrankheit.
c) Bei der überwiegenden Mehrzahl der Laborbefunde handelt es sich um "Kumulativbefunde" auf separaten Blättern. Hier findet sich die GFR fälschlich in der Rubrik
"Urinanalytik" mit den nicht erklärten Abkürzungen "/.br/St" und "K". Die Zuordnung der bis zu fünf GFR-Werte zu den fünf Datumsspalten gelingt nicht, weil sich die Ergebnisse (wegen der
überflüssigen Abkürzungen) um mehrere Zentimeter nach rechts verschoben haben und deswegen nicht in die Ergebnisspalten fallen und sich teilweise sogar am Anfang der Folgezeile wiederfinden. Auch
handelt es sich nicht um die "(MDRD-Formel)", sondern um die abgekürzte MDRD-Formel. Unten auf den einzelnen Seiten finden sich bis zu vier identische Hinweise zur fehlenden Validierung mit der
falschen Majuskel bei "Validiert". Hinweise zur Stadieneinteilung fehlen. Auch bei wirklich Niereninsuffizienten mit den Stadien 2 bis 5 beziehungsweise im Stadium 5D findet sich die dann immer
falsche Angabe "Stadium 1 GFR > 90" ml/min.
d) Bei der dritten Variante der Übermittlung werden die Laborwerte in den ärztlichen Entlassungsbrief des Krankenhauses mit fortlaufender Paginierung eingearbeitet. Das betraf zum Beispiel meine Patienten A. W. und W. St. im August 2014. Bis zu sechs Spalten enthalten die Ergebnisse jeweils an der richtigen Position ohne Verschiebung in Nachbarspalten. Auch hier finden sich die falsche Rubrik Urinanalytik, die überflüssige Abkürzung "/.br/St" und das falsche Stadium 1.
e) Nur einmal bekomme ich ein mit "Labor Krankenhaus Herford" gekennzeichnetes Ergebnisblatt (Patient P. N. vom 18.12.2013) ohne die drei am Ende von Absatz d
erwähnten Fehler. Am Seitenende finden sich jedoch noch der Validierungshinweis mit dem erwähnten Rechtschreibefehler sowie mit den unüblichen und teilweise falschen Erläuterungen zu den fünf
Stadien der Niereninsuffizienz.
f) In allen Arztbriefen fehlen durchgängig die für die Stadieneinteilung und für die ICD-Klassifizierung zwingend erforderlichen Normierungen der GFR nach meiner
Formel GFR(1,73 m²/KOF). Insofern sind alle Informationen zur filtrativen Nierenfunktion sinnlos. Sie sind unbrauchbar, weil Angaben zur Körperoberfläche KOF immer fehlen. Wenn Größe und Gewicht
angegeben wären, könnte ich die KOF selbst ermitteln und die Normierung nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) selbst durchführen.
g) Meine zahlreichen Interventionen bei der "Anstalt des öffentlichen Rechts" blieben also bislang weitgehend erfolglos. - Ergänzung vom 14.6.2015: Siehe unten
Absatz 447.
331. a) Oben im Absatz 284 erkläre ich die Osteoporose als Folge einer Herzinsuffizienz. Je kleiner das Herzzeitvolumen, desto geringer der Knochenstoffwechsel. Die
Knochendichteabnahme, der Knochenschwund und der Knochensubstanzabbau sind umgekehrt proportional zum Herzzeitvolumen. Kardiale und extrakardiale Krankheiten reduzieren das
Herzzeitvolumen.
b) Am 8.9.2014 zitiert die Ärztezeitung (Jahrgang 33, Heft 93/2014, Seite 15) Roman Pfister mit der Aussage: "Diese Ergebnisse unterstützen die Überlegung, Patienten
mit niedrigen Knochendichte-Werten auch kardiologisch abzuklären. Außerdem sollten die biologischen Mechanismen weiter untersucht werden, die möglicherweise sowohl der Osteoporose als auch der
Herzinsuffizienz zugrunde liegen."
c) Bei einer solchen kardiologischen Untersuchung wird man eine Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und dem Kalksalzgehalt finden.
d) Einen gemeinsamen biologischen Mechanismus zwischen Herzkrankheit und Osteoporose wird man nicht finden.
e) Jede Verkleinerung des Herzzeitvolumens führt zur Zunahme der Knochenentkalkung.
f) Diesen Zusammenhang könnte man fast als Kardioostalsyndrom bezeichnen. Hier führt eine Herzinsuffizienz zur Knocheninsuffizienz. Die Osteoporose (wörtlich:
"poröser Knochen") wäre dann eine grundsätzlich reversible Knocheninsuffizienz. Insofern ist das Kardioostalsyndrom ein Extraorgansyndrom.
g) So im Ergebnis auch Peter Overbeck ("Osteoporose: Risikomarker für Herzinsuffizienz?", in: "Cardio News", Jahrgang 17, Heft 07/08.2014, Seite 5), wenn er
schreibt: "Bekannt ist, dass eine chronische Herzinsuffizienz die Funktion vieler Organe beeinträchtigen und auch den Knochenstoffwechsel in Mitleidenschaft ziehen kann." - Bei Nierengesunden ist
die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Analog ist auch die Knochendichte ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz.
h) Der Pathomechanismus beim Kardioostalsyndrom besteht einfach in einer verminderten Knochendurchblutung bei reduziertem Herzzeitvolumen. So kann man auch die
Osteoporose bei Raumfahrern oder Querschnittsgelähmten erklären.
i) Die Extraorgansyndrome beschreiben die Insuffizienz eines gesunden Organs als Folge der Insuffizienz eines anderen Organs. Dieses andere Organ kann selbst gesund
oder krank sein. So kommt es zum Beispiel beim Kardiorenalsyndrom bei herzinsuffizienten Patienten zur Insuffizienz der gesunden Nieren, egal ob der Patient herzkrank ist oder nicht. Beim
Hepatorenalsyndrom führt die Leberkrankheit auch bei Herz- und Nierengesunden zur Herz- und Niereninsuffizienz. Insofern liegt beim Hepatorenalsyndrom immer gleichzeitig auch ein
Kardiorenalsyndrom vor.
332. a) Mehrfach habe ich oben eine Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und der Nierenfiltration unterstellt; diese Proportionalität wird neurohumoral
moduliert. Siehe oben die Absätze 117h, 156g, 160, 162, 178f, 189, 201b, 207b, 229e, 254, 268 bch, 289cg und 313. Bei dieser neurohumoralen Modulation wirken auch medikamentöse, postoperative,
psychologische oder neuroendokrine Einflüsse auf das Herzzeitvolumen ein. Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Herzzeitvolumen und damit auf die GFR.
b) So auch Michael Steinhausen und Emanuel Lohrmann ("Nierenphysiologie und -anatomie", in: "Manuale nephrologicum", herausgegeben von Horst Brass, Thomas Philipp
und Walter Schulz, Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen 1997, Seiten 1 bis 34), wenn sie auf Seite 18 schreiben: "Ob hierbei nur die intravasalen Druckänderungen das autoregulatorische
Gefäßverhalten bestimmen, oder ob auch Flussänderungen über Endothelfaktoren mit im Spiel sind, ist gegnwärtig ungeklärt. ... In welchem Umfang neben einer autoregulatorischen auch eine
metabolische Kontrolle die Nierendurchblutung physiologisch steuert, ist ebenfalls ungeklärt."
c) "Die Niere gehört wie das Gehirn zu den am besten 'autoregulierten' Organen: In einem arteriellen Druckbereich zwischen 80 und 180 mmHg ändert sich praktisch
weder die renale Gesamtdurchblutung noch die glomeruläre Filtrationsrate" (Zitat Seite 17).
333. a) Ein Medizinstudent kritisiert meine Behauptung einer neurohumoral modulierten Proportionalität zwischen HZV und GFR. Der Bayliss-Effekt wirke wie ein Reflex. Reflexe seien keine Regelkreise. Denn Reflexe verfügen über Fühler und Stellglieder, nicht aber über Regler. Reflexe seien "somit nicht regulierbar oder modulierbar".
b) Er unterscheidet zwischen Regulierbarkeit und Modulierbarkeit. "Regulierbarkeit ist die Beeinflussbarkeit durch bestimmte Faktoren, auf die eine feste Antwort
folgt. Modulierbarkeit [ist] die Anpassung der Regelbreite einer solchen ansonsten festen Antwort."
c) Ich muss mich also korrigieren. Eine strenge Proportionalität zwischen HZV und GFR wird neurohumoral und reflektorisch
abgeschwächt.
334. a) Oben wies ich in den Absätzen 278 und 279 auf den begrenzten Zuständigkeitsbereich der Nephrologen hin.
b) So auch die Zeitschrift "NEFROcme - Fortbildungsperiodikum für Klinik und Praxis" ("Urologie für Nephrologen", "Ein Fortbildungsservice von MEDICE", Nummer
2/2014, Seiten 1 bis 4, ohne Namen). In Tabelle 1 auf Seite 1 ist die "Schrumpfniere" die einzige Nierenkrankheit, für welche die Nephrologen zuständig sind. Sonst werden nur Symptome wie
Proteinurie oder Ödeme erwähnt.
c) Dazu im Widerspruch steht auf Seite 1 die Aussage "Der Nephrologe ist ein Arzt für Innere Medizin, der zusätzlich auf Nierenerkrankungen spezialisiert
ist."
335. a) Ich behaupte eine weitgehende Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen HZV und der Glomerulären Filtrationsrate GFR. Wenn man die orale Flüssigkeitsmenge erhöht, dann erhöhen sich auch HZV und GFR. Die filtrative Nierenfunktion verbessert sich also bei vermehrtem Trinken. Dieser Zusammenhang ist naturgemäß nur kurzfristig. Wenn man dagegen kontinuierlich mehr trinkt, dann ist die GFR ständig besser als ohne dieses Trinkverhalten.
b) Dieser Zusammenhang wird von Thomas Eisenhauer nicht erkannt ("Auswirkung erhöhter Flüssigkeitsaufnahme auf Mortalität und Nierenfunktion", in: "NEFROpraxis",
"Literaturservice für Klinik und Praxis", Nummer 2/2014, zwei Seiten, beide Seiten). "Die tägliche Flüssigkeitszufuhr war weder mit der Gesamt-, (sic!) noch mit der kardiovaskulären Sterblichkeit
assoziiert. Auch die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate war im gesamten Beobachtungszeitraum unbeeinflusst durch die tägliche Flüssigkeitsaufnahme. Die Autoren kommen zu der Schlussfolgerung,
dass eine hohe tägliche Flüssigkeitsaufnahme weder mit einer Verbesserung der Nierenfunktion, (sic!) noch mit einer Senkung der Mortalität assoziiert ist" (Zitat Seite 1). - "Auch die Annahme,
dass eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr vor Niereninsuffizienz schützt, ist bisher durch Studien an größeren Patientenzahlen nicht belegt" (Zitat Seite 2).
c) Vermutlich ist die Erklärung ganz einfach. Niemand behauptet, dass eine hohe GFR die Mortalität senkt. Denn ein großes Herzzeitvolumen führt nicht zwangsläufig zu
einer Lebensverlängerung. Ein großes HZV schützt nur vor einer schweren Herzinsuffizienz. Beide Aussagen sind unabhängig von Herz- und Nierenkrankheiten. Herz- und Nierenkrankheiten werden auch
nicht mit vermehrter Flüssigkeitszufuhr behandelt. Also kann eine gute GFR die Mortalität nicht senken. Eine große renale Perfusion führt nur vorübergehend zu einer verbesserten filtrativen
Nierenfunktion. Die GFR steigt nur vorübergehend an. Ein langfristiger Effekt ist nicht zu erwarten. Oft ist eine Verlangsamung der altersabhängigen Verschlechterung der GFR schon ein guter
Therapieerfolg. Diese Verschlechterungen hängen hauptsächlich von den extrarenalen Grundkrankheiten ab.
d) Gibt es auch Untersuchungen zu einem Rückgang der GFR bei zu geringer Flüssigkeitsaufnahme? Vermutlich führt eine langfristig zu kleine tägliche Trinkmenge zu
einer irreversiblen Nephropathie. So könnten die Mortalität ansteigen und die Nierenfunktion abnehmen.
e) Eine Niereninsuffizienz wird oft durch extrarenale Krankheiten verursacht.
Eine Trinkmengenerhöhung verbessert fast jede Niereninsuffizienz.
Kaum eine extrarenale Krankheit wird durch eine Trinkmengenerhöhung verbessert.
Eine Trinkmengenverringerung verschlechtert fast jede Niereninsuffizienz.
Viele extrarenale Krankheiten werden durch eine Trinkmengenverringerung verschlechtert.
f) Bei einer Patientin verbesserte sich die GFR von 17 ml/min am 12.9.2014 auf 53 ml/min am 22.9.2014 und weiter auf 66 ml/min am 29.9.2014. Ursache dieser
Vervierfachung war ein erhöhtes tägliches Trinkvolumen (von 1 auf 3 l/d); zusätzlich wurden wegen möglicher Nephrotoxizität fast alle Medikamente abgesetzt. Siehe auch oben die Absätze 137, 241,
268 und 273.
336.) Zur Diagnostik einer Lungenembolie wird der Quotient aus der Ventilation V und der Perfusion Q gebildet. Die Perfusion Q ist identisch sowohl mit dem
Lungenzeitvolumen LZV wie auch mit dem Herzzeitvolumen HZV. Das Herzzeitvolumen HZV=VVxEFxHF ist bei Herzgesunden also ein Maß für die Schwere einer Lungenembolie. Es sollte regelmäßig bestimmt
werden. Bei nachgewiesener Lungenembolie (also bei pathologischem Quotient V/Q) ist bei Herz- und Nierengesunden sogar die GFR ein Maß für die Schwere einer Lungenembolie. Je kleiner die GFR,
desto schlimmer die Lungenembolie. - Die Ventilation V ist das Produkt aus Atemzugvolumen und Atemfrequenz oder die Summe aller Atemzugvolumina in einer Minute. Die Ventilation V heißt auch
Atemzeitvolumen oder Atemminutenvolumen; manche nennen sie auch kurz Atemluft oder Tidalvolumen (englisch tidal volume). Siehe oben Absatz 179.
337. a) Verwirrend ist der Artikel von Kristian Rett ("Gesicherte Risikofaktoren der diabetischen Retino- und Nephropathie", in: "Diabetes Congress-Report", Ausgabe 4/2014, 14. Jahrgang, Seiten 16 bis 19). Nicht einmal werden histologische Befunde der diabetischen Nephropathie erwähnt. Vermutlich verwechselt Kristian Rett die diabetische Nephropathie mit der Niereninsuffizienz bei Diabetikern. Die Niereninsuffizienz bei Diabetikern beruht meistens nicht auf Nierenkrankheiten, sondern auf einer Reduktion des Herzzeitvolumens als Folge der diabetischen Folgekrankheiten. Das Nierenversagen bei Diabetikern betrifft meistens Nierengesunde.
b) Unverständlich ist folgende Aussage auf Seite 19: "Ebenso gilt, dass ... [eine] eingeschränkte Nierenfunktion ... als Nephropathierisikofaktor ... zu betrachten"
ist. Eine "eingeschränkte Nierenfunktion" kann "zu Nierenversagen und renalem Tod" (Zitat Seite 18) führen, nicht aber zur Nephropathie. Vielmehr ist die Niereninsuffizienz ein Symptom von
zahlreichen renalen und extrarenalen Krankheiten. Bei den extrarenalen Krankheiten handelt es sich um die drei Extrarenalsyndrome Pulmorenalsyndrom, Kardiorenalsyndrom und Hepatorenalsyndrom nach
Wilhelm Nonnenbruch.
c) Im Absatz b behaupte ich, dass eine Niereninsuffizienz nicht zur Nierenkrankheit führt. Das Gegenteil nenne ich Renorenalsyndrom. Beim Renorenalsyndrom führt eine
Nierenkrankheit zur Niereninsuffizienz. Siehe oben zum Beispiel die Absätze 161f, 178f und 288g.
338. a) Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland" vom 19.9.2014 (Nummer 218/2014) veröffentlicht die Verlagsbeilage "Herzmedizin heute" (Seiten V1 bis
V6). Einer der Auftraggeber dieser Beilage ist die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK); siehe oben Absatz 328. Verantwortlich ist Anna Seidinger.
b) Georg Ertl ("Herzschwäche - Versorgungslücken schließen", Seite V4) schreibt über die Herzinsuffizienz und "verlangt von den behandelnden Ärzten Kenntnisse über
alle betroffenen Organe". Indirekt denkt er dabei richtig auch an die Lungenfachärzte (Pulmokardialsyndrom), an die Blutspezialisten (Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz) und an die
Hepatologen (Hepatokardialsyndrom). "Dafür sollten Herzkrankheiten so behandelt werden, dass eine Herzinsuffizienz möglichst verhindert wird." - Auch Lungenkrankheiten, Blutkrankheiten und
Leberkrankheiten sollten so behandelt werden, dass eine Herzinsuffizienz verhindert wird.
c) Ich erinnere an die Definition der Herzinsuffizienz. Eine Herzinsuffizienz besteht immer dann, wenn das Herz pro Zeiteinheit nicht genug sauerstoffreiches Blut
pumpt. Also können auch eine Blutarmut sowie zahlreiche nichtkardiale Organkrankheiten eine Herzinsuffizienz verursachen. Man muss also immer zwischen Herzschwäche und Herzkrankheit streng
unterscheiden.
d) Diese Verwechslung unterläuft Friedhelm Beyersdorf ("Kunstherz - eine Lösung bei Herzschwäche?", Seite V5), wenn er schreibt: "Die Herztransplantation gilt
weiterhin als Goldstandard in der Therapie der schweren Herzschwäche." - Wenn die Herzinsuffizienz auf einer Anämie beruht, muss an eine Bluttransfusion gedacht werden. Beim Pulmokardialsyndrom
muss an eine Lungentransplantation gedacht werden. Beim Hepatokardialsyndrom muss an eine Lebertransplantation gedacht werden. - Bei den Extrakardialsyndromen würde eine Herztransplantation zum
Ersatz eines gesunden Herzens durch ein anderes gesundes Herz führen.
339. Messergebnisse im Labor sind ungenau. Bei Kreatinin betragen die "Zulässige relative Abweichung des Einzelwertes beziehungsweise des relativen quadratischen
Mittelwertes" 11,5 % und die "Zulässige relative Abweichung beim Ringversuch" sogar 20 %. Quelle: "Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer
Untersuchungen Gemäß dem Beschluss des Vorstands der Bundesärztekammer vom 11.04.2014 und 20.06.2014", in: "Deutsches Ärzteblatt", Jahrgang 111, Heft 38/2014, 19.9.2014, Seiten A 1583 bis A 1618,
"Tabelle B 1a - Analyse in Plasma/Serum/Vollblut", Seiten A 1593 bis A 1595, Seite A 1594. - Wenn also der Exponent von Kreatinin in der Schätzformel für die Glomeruläre Filtrationsrate GFR eins
beträgt, dann kann die tatsächliche GFR im Ringversuch zwischen 0,8 GFR und 1,2 GFR schwanken. Analog kann die normierte GFR zwischen GFR(1,384 m²/KOF) und GFR(2,076 m²/KOF) schwanken. - Für
Harnstoff (Seite A 1594) betragen die beiden Abweichungen 10,5 % beziehungsweise 20,0 % und für Albumin (Seite A 1593) 12,5 % beziehungsweise 20,0 %. Für Kreatinin "im Urin" betragen die beiden
Abweichungen 12 beziehungsweise 21 Prozent (Seite A 1596). - Für Cystatin C fehlen entsprechende Angaben. - Im Extremfall können diese Einzelfehler in einigen GFR-Schätzformeln zu einem
Gesamtfehler von mehr als fünfzig Prozent führen.
340. a) In einem ärztlichen Forum im Internet wird über einen Patienten diskutiert. Er hat mehrere Herzkrankheiten und eine Herzinsuffizienz.
b) Er soll nierengesund sein. Das Labor schreibt, dass seine GFR größer als 60 ml/min sei. Die letzten drei Stadien der chronischen Niereninsuffizienz werden zur
Illustration auf dem Laborbogen mit der vierfach falschen Nierenfunktionseinheit ml/min/1.73 qm erläutert. Eine Normierung der GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) ist aus zwei Gründen nicht
möglich. Erstens fehlt der Zahlenwert der tatsächlichen GFR. Zweitens fehlen Angaben zu Größe und Gewicht; ich kann die Körperoberfläche KOF also nicht bestimmen.
c) Auch kann ich keine Aussage zur Ursache der Herzinsuffizienz machen. Der Hämoglobinwert Hb fehlt auf dem Laborbogen. Eine Anämie als Ursache oder Teilursache der Herzinsuffizienz kann also nicht ausgeschlossen werden.
d) Den Schweregrad der Herzinsuffizienz kann ich nicht bestimmen. Denn das Herzzeitvolumen HZV=VVxEFxHF kann nicht berechnet werden, weil Angaben zum
enddiastolischen Volumen VV des linken Ventrikels fehlen. Die Ejektionsfraktion EF wird mit 0,35 und die Herzfrequenz HF wird mit 76/min angegeben.
e) Der Diskussionsteilnehmer hat also keinerlei Vorstellungen von GFR und HZV. Nur wenn sowohl HZV und GFR um denselben Prozentsatz gegenüber einer gesunden
Vergleichsperson reduziert sind, kann keine beiderseitige Nierenkrankheit vorliegen. Wenn die relative Reduktion der GFR größer als diejenige vom HZV ist, dann muss eine beiderseitige
Nephropathie vorliegen. Wenn die relative Reduktion der GFR kleiner als diejenige vom HZV ist, dann müssen ein Messfehler oder ein Rechenfehler vorliegen. Siehe auch oben Absatz
182hi.
f) Die relative Reduktion des HZV gegenüber einer gesunden Vergleichsperson kann sowohl kardiale wie auch extrakardiale Ursachen (Pulmokardialsyndrom,
Hepatokardialsyndrom) haben.
g) Solange der Referent über GFR, Hb, Größe, Gewicht und Ventrikelvolumen schweigt, bleiben viele Fragen offen. Ebenso fehlen Angaben zu Lungen- und
Leberkrankheiten. Vermutlich ist die angegebene Herzinsuffizienz multikausal. Bei der Therapie der Herzinsuffizienz müssen auch die Extraorgansyndrome berücksichtigt werden.
h) Es gilt also in Analogie zu Absatz 182i
delta HZV = delta KKS + delta PKS + delta HKS + delta RKS.
Dabei stehen
delta HZV für die Abnahme des HZV gegenüber einer gesunden Vergleichsperson,
delta KKS für die Abnahme des HZV durch das Kardiokardialsyndrom,
delta PKS für die Abnahme des HZV durch das Pulmokardialsyndrom,
delta HKS für die Abnahme des HZV durch das Hepatokardialsyndrom,
delta RKS für die Abnahme des HZV durch das Renokardialsyndrom.
341. a) Christoph Hasslacher schreibt über die "Diabetische Nephropathie" (in: "Kompendium Nephrologie", 6. Jahrgang, Heft 1/2014, Seiten 20 bis 25) auf Seite 20:
"Als 'diabetische Nephropathie' wurde das neue Auftreten einer Mikro- oder Makroalbuminurie oder eine Abnahme der eGFR um mehr als 5 % pro Jahr definiert." - "Die Autoren weisen jedoch
ausdrücklich darauf hin, dass in einer solchen Beobachtungsstudie kein kausaler Zusammenhang untersucht werden kann."
b) Die Definition der diabetischen Nephropathie setzt also noch nicht einmal einen manifesten Diabetes mellitus voraus.
c) Selten wurde die diabetische Nephropathie so klar und so falsch definiert.
d) Die Abnahme der GFR ist proportional zur Abnahme des Herzzeitvolumens. Diese Abnahme des Herzzeitvolumens hat kardiale und extrakardiale Ursachen.
e) Zusätzlich kann die Abnahme der GFR auf Nierenkrankheiten beruhen. Diesen Sachverhalt bezeichne ich als Renorenalsyndrom. Die diabetische Nephropathie ist nur
eine von vielen beiderseitgen Nierenkrankheiten. Sie sollte histologisch gesichert sein.
f) Der Schweregrad einer histologisch gesicherten diabetischen Nephropathie wird nur in Ausnahmefällen den Rückgang der GFR erklären können.
g) Im wesentlichen ist der Rückgang der GFR auf extrarenale Ursachen zurückzuführen. Gerade bei Zuckerkranken ist dabei an die Kardiorenalsyndrome zu
denken.
342.) Der Begriff des nephrotischen Syndroms (siehe oben die Absätze 166e, 180, 181m) sollte nicht verwendet werden. Er ist inhaltsleer. Wenn man streng zwischen den
Begriffen Nierenkrankheit (=Nephrose) und Niereninsuffizienz unterscheidet, ist kein Platz für ein nephrotisches Syndrom. Dieser Begriff führt zu Verwechslungen von Nierengesunden mit
Nierenkranken.
343. a) Ich definiere die renale Anämie als Anämie bei Niereninsuffizienz als Folge eines Erythropoetinmangels. Jeder Rückgang des Herzzeitvolumens verkleinert die
renale Perfusion und somit sowohl die Glomeruläre Filtrationsrate als auch die Bildung von Erythropoetin. - Aber auch alle anderen Ursachen einer Anämie können Patienten mit einer
Niereninsuffizienz zusätzlich betreffen.
b) Es besteht also eine Proportionalität zwischen der GFR und dem Erythropoetinspiegel.
c) Betroffen sind "Zellen, welche Erythropoetin bilden - die fibroblastenähnlichen Interstitiumszellen" (Zitat: Mark Dominik Alscher: "Renale Anämie", in "Kompendium
Nephrologie", Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart, 6. Jahrgang, Heft 1/2014, Seiten 34 bis 40, Seite 34.
d) Es komme "zum unphysiologischen Abfall von Erythropoetin, was eine wesentliche Komponente der renalen Anämie darstellt" (Zitat Seite 34). Vermutlich besteht also
eine Proportionalität zwischen dem Erythropoetinspiegel und dem Hämoglobinwert. Also besteht auch eine Proportionalität zwischen GFR und Hb.
e) Das bestätigt auch Mark Dominik Alscher auf Seite 34: "Mit zunehmender, weiterer Einschränkung der Nierenfunktion kommt es dann im Verlauf zu nahezu linearen
Abfällen des Hb mit Abnahme der GFR." - Je kleiner die GFR, desto kleiner das Hb.
f) Der Autor verwechselt jedoch die "chronischen Nierenerkrankungen" (Seite 34) mit der chronischen Niereninsuffizienz. Ursächlich für die renale Anämie ist
vermutlich nicht die "Nierenschädigung" (Seite 34), sondern jede Niereninsuffizienz. Je kleiner die renale Perfusion, desto kleiner die Produktion von Erythropoetin. Auch Nierengesunde können
eine renale Anämie entwickeln.
g) Insofern ist die Anämie bei Niereninsuffizienz vergleichbar mit der Osteoporose bei Niereninsuffizienz. In beiden Fällen führt eine Reduktion des Herzzeitvolumens
zu extrakardialen Folgekrankheiten. Organminderdurchblutungen reduzieren den Stoffwechsel und die Hormonproduktion.
h) "Im Mittel korreliert das Auftreten einer renalen Anämie mit einer funktionellen Nierenschädigung um eine Kreatininclearance von 30 - 45 ml/min/1,73 m²" ( Zitat
Seite 34). Mark Dominik Alscher zitiert als Quelle: Hsu CY, Curr Opin Nephrol Hypertens 2002; 11: 337-341. - Er meint nicht eine funktionelle Nierenschädigung, sondern den Rückgang der
filtrativen Nierenfunktion. Je kleiner die GFR, desto größer die Anämie. Je kleiner die GFR, desto kleiner der Hämoglobinwert. - Nur noch am Rande sei auf die dreifach falsche
Nierenfunktionseinheit hingewiesen.
i) Außer dem Erythropoetinmangel nennt der Autor auf Seite 34 noch zwei weitere Ursachen einer renalen Anämie: "eine vermehrte urämische Blutungsneigung mit
Eisenmangel und andere Faktoren, wie beispielsweise die Induktion von Hepcidin durch die Inflammation".
344. a) Der Lungenbluthochdruck oder Lungenhochdruck heißt auch pulmonale Hypertension oder pulmonalarterielle Hypertonie. Er ist definiert als ein zu großer
Blutdruck in den Lungenarterien als Folge eines zu großen pulmonalvaskulären Widerstandes. - Eine Hypertonie in den Lungenvenen oder in den Lungenkapillaren gilt als seltene Sonderform der
pulmonalen Hypertonie.
b) Betroffen ist also die Durchblutung der Lungen. Diese Durchblutung der Lunge heißt Perfusion mit dem Kurzzeichen Q. Die Belüftung der Lunge heißt Ventilation mit
dem Kurzzeichen V.
c) Beim Lungenhochdruck vergrößert sich also das Verhältnis von Ventilation und Perfusion. Der Quotient V/Q steigt bei der pulmonalen Hypertonie an. Ein Bruch wird
größer, wenn sich der Nenner verkleinert.
d) Die Lungenperfusion Q heißt auch Lungenzeitvolumen LZV; dieses ist mit dem Herzzeitvolumen HZV identisch. Der Lungenhochdruck verkleinert also das
Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen berechnet sich nach der Formel HZV=VVxEFxHF.
e) Nach dem Euler-Liljestrand-Effekt führt eine Reduktion der Lungenperfusion auch zu einer Reduktion der Lungenventilation und umgekehrt.
f) Die Lungenventilation wird bei der Luftlungenfunktionsdiagnostik gemessen. Die Lungenperfusion wird bei der Blutlungenfunktionsdiagnostik gemessen.
g) Gerade bei der pulmonalarteriellen Hypertension darf man also nicht allgemein von der Lungenfunktion sprechen. Man muss immer streng zwischen der
Luftlungenfunktion und der Blutlungenfunktion unterscheiden. Die Lunge ist der Ort des Zusammenkommens von Luft und Blut. Beide sind gleich wichtig.
h) Die Lungenfachärzte vergessen also die Hälfte der Wahrheit, wenn sie die Spirometrie mit der Lungenfunktion gleichsetzen.
i) "2-Jahres-Daten zu Riociguat bei Lungenhochdruck zeigen, dass sich die Lungenfunktion anhaltend bessert." Zitat: "Ärztezeitung", Heft 103/2014, 1.10.2014, Seite
13. - Nach meiner Kritik hat man in der Internetversion dieses Artikels den Begriff "Lungenfunktion" sofort noch am Erscheinungstag durch den Begriff "körperliche Leistungsfähigkeit" ersetzt. -
Riociguat von der Firma Bayer Vital (Bayer Health Care) wurde bei Patienten mit der Krankheit CTEPH eingesetzt. "Die CTEPH ist eine seltene Form des Lungenhochdrucks, die meist durch eine
Lungenembolie bedingt ist" (Zitat Seite 13). CTEPH ist die chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie. Die Transliteration der kyrillischen Buchstaben CTEPH führt übrigens zum STERN. -
Siehe unten Absatz 361.
j) Gerade bei der Diagnostik der Lungenembolie ist die Unterscheidung zwischen der Luftlungenfunktion und der Blutlungenfunktion extrem wichtig. Ebenso wie bei der
pulmonalen Hypertonie vergrößert sich auch bei der Lungenembolie der Quotient V/Q.
k) Aus diesen Gründen kann ich nur dringend von der Verwendung des doppeldeutigen Begriffes der Lungenfunktion abraten. Man sollte sich immer zwischen der
Luftlungenfunktion und der Blutlungenfunktion entscheiden.
l) Die Ordinarien auf dem Gebiet der Pulmonologie dürfen sich zur Luftlungenfunktion äußern. Die Blutlungenfunktion gehört in der Fachgebiet der Kardiologie. Eine
interdisziplinäre Zusammenarbeit ist also erforderlich. Nuklearmediziner dürfen sowohl die Perfusion wie auch die Ventilation messen.
m) Die physikalischen Einheiten sowohl der Luftlungenfunktion wie auch der Blutlungenfunktion sind jeweils l/min. Der Quotient V/Q ist also
dimensionslos.
n) Die Lungenembolie (griechisch em = hinein und ballein = werfen) ist definiert als Verstopfung der Lungenarterien durch Blutgerinnsel (seltener auch durch
Luftblasen, Fruchtwasser, Knochenmark oder Fettkugeln). Die kausale Therapie besteht also im Entfernen der Emboli. Dann vergrößert sich die Perfusion Q, der Quotient V/Q verkleinert sich. Wenn
man therapeutisch jedoch die Ventilation V, also die Luftlungenfunktion, verbessert, dann verschlechtert sich der Quotient V/Q noch mehr, solange sich kompensatorisch die Perfusion Q nach dem
Euler-Liljestrand-Mechanismus nicht überproportional vergrößert. Ebenfalls würde sich der Quotient V/Q verbessern, wenn man die Perfusion Q, also die Blutlungenfunktion, trotz der belassenen
Emboli vergrößern könnte. Eine iatrogene Verkleinerung der Luftlungenfunktion würde zwar den Quotienten V/Q verbessern, die Blutlungenfunktion wegen des Euler-Liljestrand-Effekts aber weiter
verschlechtern.
345.) Bernd Hohenstein schreibt über die "Endotheliale Regeneration der Niere" (Quelle: "Welche Faktoren sind für eine adäquate Heilung wichtig?", in: "Current
congress", 6. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie, 6. bis 9. September 2014, 22 Seiten, Seite 5). Er schreibt über die "Reparatur der Nierenschäden" ... "im Rahmen einer
Glomerulonephritis", wodurch "sich die Nierenfunktion der Patienten massiv verbessern kann", "ohne dass klar ist, ob diese Zellen für pathophysiologische Abläufe bedeutsam sind." - Seine Zweifel
sind berechtigt. Eine Verbesserung der Glomerulären Filtrationsrate ist vermutlich nicht auf die Therapie einer nicht vorhandenen Nierenkrankheit, sondern auf eine erfolgreiche Behandlung der
Extrarenalsyndrome zurückzuführen. Man darf die Niereninsuffizienz nicht mit einer Nierenkrankheit verwechseln oder gleichsetzen.
346.) Ebenfalls im "Current congress" schreibt Wilhelm Kriz über die "Diabetische Nephropathie" (Quelle: "Welche Rolle spielen Podozyten, Kapillaren und Mesangium in
der Pathogenese?", am angegebenen Ort, Seite 6). Er beschreibt "Veränderungen" ... "und eine typische tubulo-interstitielle Pathologie". Er erwähnt die "Sklerose" und "eine proliferative
Angiopathie". - Unklar bleibt, wie eine "Hyperfiltration" und eine "Hypertrophie" zur Hypofiltration bei einer Niereninsuffizienz führen könnten. "Mechanische Faktoren bedingen
den Podozytenverlust". Diesen postulierten Podozytenverlust findet er jedoch nicht unter den pathologisch-anatomischen Manifestationen bei der diabetischen Nephropathie. - Vielleicht handelt es
sich bei fast allen Fällen einer diabetischen Nephropathie nicht um eine Nierenkrankheit, sondern um eine Niereninsuffizienz im Rahmen der Folgekrankheiten beim Diabetes mellitus. Ich vermute,
dass diese Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch "möglicherweise eine dominante Rolle spielen". Dann wären die Betroffenen nierengesund. Krankheitsrelevante pathologische
Nierenveränderungen würde man vergeblich suchen.
347.) Martin Zeier schreibt (ebenfalls im "Current congress", am angegebenen Ort, Seite 9) über die "Transplantatnephrektomie nach Funktionsverlust - Prophylaktische
Entfernung ist nicht gerechtfertigt". "Im ersten Jahr nach Nierentransplantation verlieren 7 - 10 % der Transplantatempfänger wieder ihre Nierenfunktion". - Üblicherweise werden die beiden
Eigennieren bei einer Nierentransplantation nicht entfernt. Eindeutige histologische Befunde liegen also vielleicht nicht immer vor? Ist es denkbar, dass die Nierentransplantation kontraindiziert
war, weil man die bestehende Niereninsuffizienz mit einer beiderseitigen Nierenkrankheit verwechselte? Dann wäre auch eine "Retransplantation" kontraindiziert. In diesen Fällen muss es auch bei
der Spenderniere zwingend zum Funktionsverlust kommen. Es sei denn, die Extrarenalsyndrome bessern sich wieder. Dann verfügt der Empfänger aber über drei funktionierende Nieren. Dann hätte es
sich um ein Extrarenalsyndrom gehandelt.
348.) Marlies Antlanger (siehe oben Absatz 197) schreibt (ebenfalls im "Current congress", am angegebenen Ort, Seite 14) über die "Diastolische Herzinsuffizienz und
CKD - Eine gemeinsame Entität?". Sie denkt dabei richtig an "sogenannte kardiorenale Syndrome". Sie fragt, "ob die diastolische Herzinsuffizienz einen möglichen Brückenschluss zwischen
Niereninsuffizienz und der hohen kardiovaskulären Mortalität bildet". Sie hofft, "entscheidend zum tieferen Verständnis der chronischen Niereninsuffizienz, ihrer erhöhten kardiovaskulären
Mortalität und zu ihrer möglichen Therapie beitragen" zu können. - Das Kardiorenalsyndrom, das Pulmorenalsyndrom und das Hepatorenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch führen auch bei Nierengesunden
zur chronischen Niereninsuffizienz. Herzkrankheiten, Lungenkrankheiten und Leberkrankheiten reduzieren das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion. Die Plasmakonzentrationen der
harnpflichtigen Stoffe steigen an. Die extrarenalen Grundkrankheiten führen also zur chronischen Niereninsuffizienz bis hin zur Dialysepflicht auch bei Nierengesunden. Die Therapie besteht in der
Behandlung der extrarenalen Grundkrankheiten. Insofern ist "letztlich die Aufschlüsselung der pathophysiologischen Mechanismen" auch der chronic kidney disease (CKD) viel einfacher, als die
Autorin sich das vorstellt. Dabei ist das Wort "disease" mit Insuffizienz zu übersetzen. Die "erhöhte kardiovaskuläre Mortalität" beim Kardiorenalsyndrom ist einfach die Mortalität der
Herz-Kreislauf-Krankheiten.
349.) Bart Smeets und Katja Berger schreiben (ebenfalls im "Current congress", am angegebenen Ort, Seite 19) über die "Podozytogenese - Wie tragen parietale
Epithelzellen dazu bei?". Sie erwähnen "Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz" und "Die Pathogenese chronischer Nierenerkrankungen". Offenbar unterscheiden sie also richtig zwischen
Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit. Trotzdem verwechseln sie Ursache und Wirkung. Richtig ist die Aussage: "Häufige Auslöser [der Extrarenalsyndrome] sind Zivilisationskrankheiten wie
Diabetes mellitus, Übergewicht und Bluthochdruck". Falsch ist die Begründung: "Bei den Betroffenen entwickeln sich zudem zahlreiche Folgekrankheiten, insbesondere im kardiovaskulären System".
Richtig ist das Gegenteil: Zahlreiche Herz-Kreislauf-Krankheiten als Folge des metabolischen Syndroms führen auch bei Nierengesunden zur Niereninsuffizienz. Das ist das
Kardiorenalsyndrom.
350. a) Bei den Extrarenalsyndromen wünsche ich mir das folgende Vorgehen. Geschildert wird ein fiktiver Fall. Mein Patient hat ein Herzzeitvolumen von nur 4 l/min.
Eine gesunde Vergleichsperson hat nach einer noch zu erstellenden Tabelle ein Herzzeitvolumen von 6 l/min. Mein Patient hat also ein Defizit im Herzzeitvolumen von 2000 ml/min. Dieses Defizit
könnte sich beispielsweise durch die folgenden Maßnahmen additiv reduzieren:
um 100 ml/min durch eine optimale Blutdrucksenkung,
um 80 ml/min durch eine Gewichtsreduktion,
um 20 ml/min durch eine Nikotinkarenz,
um 200 ml/min durch eine Herzklappenoperation,
um 70 ml/min durch ein neues Asthmaspray,
um 300 ml/min durch eine Revaskularisation,
um 80 ml/min durch eine Medikamentenumstellung,
um 100 ml/min durch einen Herzschrittmacher,
um 400 ml/min durch ein regelmäßiges Ausdauertraining,
um 150 ml/min durch die Verordnung eines neuen Medikamentes,
um 100 ml/min durch eine erfolgreiche Lebertherapie und so weiter.
b) Jetzt kann man mit dem Patienten über die einzelnen Verbesserungsmöglichkeiten sprechen. Er selbst kann praktisch wie auf einer Speisekarte oder wie in einem Werkzeugkasten die einzelnen Therapieoptionen auswählen.
c) Wegen des Euler-Liljestrand-Effektes könnte vielleicht sogar auch bei Lungengesunden ein Asthmamedikament nicht nur die Luftlungenfunktion, sondern auch die Blutlungenfunktion und damit sowohl das Herzzeitvolumen wie auch die Nierenfunktion verbessern.
d) Vielleicht gibt es Lebermedikamente, welche die Leberdurchblutung steigern und so das Herzzeitvolumen und die GFR vergrößern können.
e) Neben dem Kardiorenalsyndrom ist also immer auch an das Pulmorenalsyndrom und an das Hepatorenalsyndrom zu denken.
f) Man muss sogar noch einen Schritt weiter gehen. Bei vielen therapeutischen Bemühungen muss man auch an eine iatrogene Verschlechterung des Herzzeitvolumens
denken. Das Defizit beim Herzzeitvolumen könnte sich auch additiv weiter vergrößern, beispielsweise:
um 200 ml/min durch eine Betarezeptorenblockade,
um 100 ml/min durch eine weitere Gewichtszunahme,
um 100 ml/min durch eine Senkung der Herzfrequenz,
um 100 ml/min durch eine Reduktion der Ejektionsfraktion,
um 100 ml/min durch eine Verkleinerung einer Herzhöhle,
um 200 ml/min durch eine Aggravation der Extrakardialsyndrome und so weiter.
g) Theoretisch gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Das Herzzeitvolumen sinkt und trotzdem verbessert sich das Wohlbefinden. Belastbarkeit und Leidensdruck können
sich gleichsinnig reduzieren. Dem würde auch eine verbesserte Lebenserwartung nicht unbedingt widersprechen.
351.) Es kann also keine Medikamente mit den Indikationen Herzinsuffizienz oder Niereninsuffizienz geben. Begründung: Die einzelnen Ursachen der Herz- und
Niereninsuffizienz sind viel zu unterschiedlich. Ähnliches gilt auch für die Lungen- und für die Leberinsuffizienz. Jede Organinsuffizienz ist das Symptom der verschiedensten Grundkrankheiten.
Ein Medikament zur Behandlung einer Organinsuffizienz käme einer Panazee gleich. Eine weitere Begründung ist die Existenz der Extraorgansyndrome, bei denen die Krankheitsursache außerhalb des
betroffenen Organs liegt. Es müssen in allen Fällen einer Herz-, einer Nieren-, einer Lungen- und einer Leberinsuffizienz immer die jeweiligen Grundkrankheiten behandelt werden. Wer ein
Medikament mit der Indikation Herz- oder Niereninsuffizienz anbietet oder verschreibt, handelt unseriös, um nicht zu sagen grob fahrlässig. Dies gilt um so mehr für die Doppelindikation Herz- und
Niereninsuffizienz. Eventuelle Kontraindikationen Herz-, Nieren-, Lungen- oder Leberinsuffizienz sind jedoch streng zu beachten. Diese Hinweise gelten nicht nur für Medikamente, sondern für alle
therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen. Im Übrigen weise ich auf den grundlegenden Unterschied zwischen Insuffizienz und Krankheit hin. Eine Organschwäche kann auf die unterschiedlichsten
Krankheiten auch der übrigen Organe zurückzuführen sein. - Kein Therapeutikum kann eine generelle Indikation für alle Formen einer bestimmten Organinsuffizienz haben. Die einzige Ausnahme von
diesem Grundsatz ist die Nierendialyse mit der Indikation für alle Formen einer schwersten Niereninsuffizienz. Sogar bei Vorliegen einer Kombination aus Kardiopulmonalsyndrom und
Pulmokardialsyndrom kann eine Herz-Lungen-Transplantation kontraindiziert sein, wenn zusätzlich eine Kombination aus Hepatokardialsyndrom und Hepatopulmonalsyndrom vorliegt; dann wäre
möglicherweise nur die Lebertransplantation indiziert.
352.) So sind beispielsweise ACE-Inhibitoren oder Sartane grundsätzlich für alle Stadien und alle Formen der Herzinsuffizienz zugelassen. Manchmal findet sich eine
Beschränkung auf die symptomatische Herzinsuffizienz. Per definitionem gibt es jedoch keine asymptomatische Herzinsuffizienz; auch der Gesündeste wird bei großen Belastungen eine Dyspnöe
verspüren. Kontraindikationen werden kaum erwähnt. - Oder sind vielleicht die folgenden Zustände doch als Kontraindikationen für eine Therapie mit ACE-Hemmern anzusehen? Blutungsbedingte Anämien,
schwere Herzklappenfehler, progrediente Perikardtamponaden, höhergradige Tachykardien, diverse Endokarditiden, hepatogene Kreislaufschocks, arterielle Hypotonien, Fallotsche Tetralogien,
schwerste Lungenfibrosen, plötzliche Herzinfarkte, arteriovenöse Fisteln, fulminante Verbrauchskoagulopathien, obstruktive Schlafapnöe-Syndrome, angeborene Septumdefekte sowie
vitaminmangelbedingte und eisenmangelbedingte Herzinsuffizienzen. Würde eine ACE-Inhibition in diesen Fällen das Herzzeitvolumen vergrößern? Würde eine ACE-Inhibition bei Gesunden das
Herzzeitzvolumen vergrößern? Wären ACE-Hemmer oder Sartane zum Doping einsetzbar? Vermutlich nicht.
353.) Deswegen kennt die Rote Liste das Stichwort Herzinsuffizienz nicht. Im Kapitel 53 Kardiaka findet man dagegen oft die Indikation Herzinsuffizienz, meistens
ohne grundsätzliche Hinweise auf wichtige Kontraindikationen. - Siehe auch oben Absatz 246.
354.) Astronauten und Kosmonauten klagen nach ihrer Rückkehr von langen Aufenthalten in der Internationalen Raumstation ISS (International Space Station) über
Kreislaufprobleme. Ursache ist eine Herzinsuffizienz bei völliger Herzgesundheit. Vermutlich reduzieren eine allgemeine Muskelinsuffizienz und der Blutverlust im Rahmen der Raumkrankheit das
Herzzeitvolumen. Also ist in der Formel HZV=VVxEFxHF besonders der Faktor VV, also das enddiastolische Ventrikelvolumen, betroffen.
355.) Holger H. Lutz und Jens J. W. Tischendorf ("Fortgeschrittene Leberzirrhose: Betablocker offenbar schädlich", in: "MMW - Fortschritte der Medizin", Münchener Medizinische Wochenschrift, Sonderheft 2/2014 vom 13.11.2014, Seite 35) fragen, wie ein Betarezeptorenblocker bei einer Hepatopathie "sogar das Gesamtüberleben beeinträchtigen kann". "Wie ist dieser Effekt pathophysiologisch zu erklären?" - Ihre Erklärungsversuche können nicht überzeugen. Dabei ist die Physiologie des Hepatorenalsyndroms doch so einfach: Die Leberzirrhose reduziert das Herzzeitvolumen HZV=VVxEFxHF hauptsächlich durch eine Verkleinerung des enddiastolischen Kammervolumens VV. Betablocker reduzieren die Herzfrequenz HF. Das Herzzeitvolumen reduziert sich weiter. Wegen der Proportionalität zwischen HZV und GFR muss sich die Niereninsuffizienz weiter verschlechtern. - Unklar bleibt der Satz "Im Rahmen der fortgeschrittenen Leberzirrhose nimmt jedoch die hyperdynamische Zirkulation zu." Eine Verkleinerung des Herzzeitvolumens würde man als hypodynamische Zirkulation bezeichnen müssen. - Richtig ist jedoch ihre Schlussfolgerung: Ein Betablocker "führt zu einer chronotropen Inkompetenz, reduziert den kardialen Output und den Blutdruck. Über diesen Pathomechanismus lässt (sic; gemeint: lassen) sich die erhöhte Rate an hepatorenalen Syndromen nach spontaner bakterieller Peritonitis sowie das schlechtere Überleben von Patienten mit nicht-selektiver Betablockade erklären."
356.) Vielleicht müssen sich Arzt und Patient bei der Behandlung der Herzinsuffizienz zwischen zwei Zielen entscheiden.
a) Senkung des Herzzeitvolumens mit Leistungsminderung, mit Lebensverlängerung und mit Schmerzrückgang.
b) Erhöhung des Herzzeitvolumens mit Leistungssteigerung, mit Lebensverkürzung und mit Schmerzzunahme.
357.) Vielleicht gibt es in Analogie zum Erfordernishochdruck bei der Herzinsuffizienz auch eine Erfordernistachykardie und eine Erfordernisdilatation. Bei jeder Therapie der Herzinsuffizienz sollte man sich also gemäß der Formel HZV=VVxEFxHF fragen, ob eine Blutdrucksenkung, eine Pulsreduktion oder eine Herzverkleinerung das Produkt der drei Faktoren Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz vergrößern kann.
358.) Bei jedem Menschen und bei allen Säugetieren kann das Herzzeitvolumen mit Hilfe der verschiedenen bekannten Verfahren bestimmt werden. Bei Anwendung der Formel HZV=VVxEFxHF sind eventuell Mittelwerte erforderlich, zum Beispiel bei der absoluten Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern oder beim Vorhofflattern.
359. a) Kunstherzpumpen werden in pulsatile und kontinuierliche eingeteilt. Lediglich bei den Pumpen mit einem kontinuierlichen Blutfluss ist die Formel HZV=VVxEFxHF nicht anwendbar, weil der Patient weder einen Puls noch ein Kammervolumen oder eine Ejektionsfraktion hat. Vermutlich können diese Geräte stufenlos auf verschiedene Herzzeitvolumina eingestellt werden. Zumindest kann die Leistung solcher Unterstützungssysteme mit der Einheit ml/min gemessen werden. Außerdem stehen zahlreiche andere Verfahren für die Bestimmung des Herzzeitvolumens zur Verfügung.
b) Bei der Nierenersatztherapie werden die einzelnen Filtrationsraten des Patienten zu einer Gesamtrate addiert. Bei den Herzunterstützungssystemen findet keine analoge Addition statt, weil der Patient nur einen Kreislauf hat. In beiden Fällen ist die physikalische Maßeinheit ml/min.
360. a) Neuerdings wird die Herzinsuffizienz in zwei Gruppen eingeteilt. Bei der Herzinsuffizienz mit erhaltener (englisch: preserved) Ejektionsfraktion (HFpEF) ist
die Ejektionsfraktion normal oder zumindest nicht deutlich verkleinert, im Gegensatz zur Herzinsuffizienz mit verringerter (englisch: reduced) Ejektionsfraktion (HFrEF). Hier steht HF für heart
failure (also Herzversagen, Herzschwäche, Herzinsuffizienz) und nicht für Herzfrequenz. Diese neue Dichotomie soll mehr oder weniger mit der Einteilung in eine diastolische und eine systolische
Herzinsuffizienz identisch sein. Siehe oben Absatz 320.
b) Auch bei der Therapie der Herzinsuffizienz mit guter Ejektionsfraktion ist die Formel HZV=VVxEFxHF wichtig. Ein zu kleines Herzzeitvolumen kann durch Vergrößerung der Ejektionsfraktion, der Herzfrequenz oder des Ventrikelvolumens verbessert werden. Dabei gibt es hinsichtlich der Vergrößerung von Kammer oder Puls keine starre Obergrenze. Die Ejektionsfraktion kann jedoch nicht beliebig verbessert werden. EF=1 ist die absolute Obergrenze.
c) Wenn hier eine Vergrößerung des Ventrikelvolumens oder der Herzfrequenz gefordert wird, dann steht das im diametralen Widerspruch zur herrschenden Lehre und zur üblichen Praxis. Die Kardiologen wollen ein dilatiertes Herz oder einen tachykarden Puls verkleinern. Dieser eklatante Widerspruch in der Therapie der Herzinsuffizienz muss thematisiert werden.
d) Ich fordere also einen Paradigmenwechsel in der Inneren Medizin. Es müssen das Herz wieder als Pumpe und die Nieren wieder als Filter erkannt werden, mit allen
mathematischen und physikalischen Konsequenzen. - Nachtrag: Einen zweiten Paradigmenwechsel fordere ich heute am 30.3.2015 unten im Absatz 392.
e) Heute am 13.12.2014 sind mehr als drei Jahre seit Beginn dieser Website (8.12.2011) vergangen.
f) Die Lungenfachärzte müssen erkennen, dass die Blutlungenfunktion (Perfusion) genauso wichtig wie die Luftlungenfunktion (Ventilation) ist. Die Hepatologen müssen wissen, dass schwere Leberkrankheiten zum Kreislaufversagen mit einer Lungeninsuffizienz auch bei Lungengesunden, mit einer Herzinsuffizienz auch bei Herzgesunden und mit einer Niereninsuffizienz auch bei Nierengesunden führen können.
361. a) Karen M. Olsson et alii veröffentlichten am 12.12.2014 eine Übersichtsarbeit über die "Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie" (Quelle: "Deutsches Ärzteblatt", Jahrgang 111, Ausgabe A, Heft 50/2014, Seiten 856 bis 862). Die Abkürzung für diese Lungenkrankheit lautet CTEPH. Unklar bleibt, warum das Wort "chronisch" statt "chronische" Verwendung findet. Siehe auch oben Absatz 344i.
b) Die CTEPH ist gekennzeichnet durch eine "Obstruktion der Lungenstrombahn" (Zitat Seite 856), also durch eine Reduktion des Lungenzeitvolumens, welches mit dem
Herzzeitvolumen identisch ist. Die sechs Autoren unternehmen nicht einmal wenigstens den Versuch, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen. Für Herzgesunde gilt der folgende Grundsatz: Je kleiner das
Herzzeitvolumen, desto schlimmer die CTEPH. Um so mehr für Herzkranke.
c) Der Therapieerfolg lässt sich also leicht an einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens ablesen. Diese Kennzahl ist vermutlich aussagekräftiger als die von den Autoren erwähnte "Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke nach 16 Wochen" (Zitat Seite 859).
d) Die auf den Seiten 857 und 858 erwähnte "Rechtsherzdekompensation" ist also keine Herzkrankheit, sondern das Symptom einer Lungenkrankheit. Nach dem
Euler-Liljestrand-Effekt sind also sowohl die Blutlungenfunktion wie auch die Luftlungenfunktion eingeschränkt. Zahlenangaben fehlen also nicht nur für die Perfusion, sondern auch für die
Ventilation.
e) Ich betrachte die chronische (sic!) thromboembolische pulmonale Hypertonie als klassisches Beispiel der Extraorgansyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. Im speziellen handelt es sich bei der CTEPH um ein Extrakardialsyndrom, also um eine Herzinsuffizienz bei Herzgesunden. Ursächlich für die Herzinsuffizienz ist eine chronische Lungenkrankheit.
362.) Bernd Schröppel und Rene van Erp machen sich Gedanken über "Die postoperativ verzögerte Nierentransplantatfunktion" (Quelle: "Nephro-News", Forum für Nephrologie und Hypertensiologie, Jahrgang 16, Ausgabe 6/2014, Seiten 33 bis 38). Es wird über "Die zugrundeliegenden Pathomechanismen" ... "eines akuten Nierenschadens" (Zitate Seite 33) sowie über "Apoptose, Nekroptose und Autophagie" (Zitat Seite 35) spekuliert. - An die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch wird nicht gedacht. Könnte es sein, dass die Nierentransplantation manchmal kontraindiziert war, weil präoperativ eine Niereninsuffizienz ohne beiderseitige Nierenkrankheiten vorlag? Könnte die "Delayed graft function (DGF)" auf einer postoperativen Herzinsuffizienz, also auf einem passageren Kardiorenalsyndrom, basieren? - Diese Fragen werden nicht gestellt. Insofern betrachte ich die vorgelegte Arbeit als weitgehend wertlos.
363. a) Ralf Westenfeld und Malte Kelm beschreiben die "Moderne devicegestützte Therapie bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz" (Quelle: "Cardio News", 17. Jahrgang, Ausgabe 11-12/2014, 5.12.2014, Seiten 13 und 14, Cardio Medizin).
b) Bei der Herzinsuffizienz unterscheiden die Autoren fahrlässig nicht zwischen kardialen und extrakardialen Ursachen. Sie denken also nicht an die
Extraorgansyndrome.
c) "Problematisch bleibt weiterhin die Behandlung der therapierefraktären Rechtsherzinsuffizienz" (Zitat Seite 13). Viele Fällen einer Rechtsherzinsuffizienz beruhen auf einer Lungenkrankheit. Hier liegt also ein Pulmokardialsyndrom vor. Lungenkrankheiten führen auch bei Herzgesunden zu einer Herzinsuffizienz. "Auch im chronischen Setting ist die rechtsventrikuläre Unterstützung, oftmals in Form eines biventrikulären Device, eine Herausforderung" (Zitat Seite 14), vermutlich weil eine Lungenkrankheit kardiologisch behandelt wird.
d) Im folgenden Satz wird offenbar ein Kardiorenalsyndrom beschrieben: "Insbesondere bei älteren Patienten mit rechtsführender chronischer kardialer Dekompensation kann eine chronische Dialysebehandlung (Bauchfelldialyse oder Hämofiltration) die bessere Alternative zur symptomatischen Behandlung der Herzinsuffizienz darstellen" (Zitat Seite 14).
e) Bei der Behandlung der Herzinsuffizienz, der Lungeninsuffizienz und der Niereninsuffizienz muss man also an die Extraorgansyndrome denken.
364.) Wie häufig ist das folgende Szenario? Ein Patient hat eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz. Seine beiden Nieren sind völlig gesund. Ursachen für die
terminale Niereninsuffizienz sind eine mittelschwere Leberkrankheit, mehrere Herz- und Lungenkrankheiten und ein metabolisches Syndrom. Niemand erklärt ihm den Unterschied zwischen
Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz. Er hofft auf eine Nierentransplantation. Seine Ärzte denken nicht an die Extrarenalsyndrome. Nach erfolgreicher Behandlung der Herzinsuffizienz wird nicht
an einen Dialyseauslassversuch gedacht.
365. a) Die Firma Boehringer Ingelheim International GmbH unterscheidet in ihrer Fachinformation für das neue Medikament "Jardiance 10 mg Filmtabletten" konsequent zwischen der Glomerulären Filtrationsfraktion GFR und der Kreatininclearance CrCl. "Bei Patienten mit einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m² oder einer CrCl < 60 ml/min sollte keine Therapie mit Empagliflozin begonnen werden" (Quelle: Fachinformation, Stand Mai 2014, Seiten 1 bis 11, Zitat Seite 1).
b) Die dreifach falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² soll nach den aktuellen Leitlinien (siehe zum Beispiel oben Absatz 247) nur nach erfolgter Normierung der GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) verwendet werden.
c) Der Buchstabe e vor der GFR ist völlig überflüssig. Er soll andeuten, dass die GFR geschätzt (englisch: estimated) oder errechnet wurde. Die GFR kann nie direkt gemessen werden. Jeder der über einhundert verschiedenen Algorithmen verlangt eine Berechnung und keine Schätzung.
d) Zeigt also die richtige Nierenfunktionseinheit der Kreatininclearance eine nicht erfolgte Normierung der per definitionem identischen GFR an? Das Konzept der GFR wurde ja gerade als Alternative zum Urinsammelverfahren entwickelt.
e) Werden also in der Fachinformation unzulässig normierte und nicht normierte Glomeruläre Filtrationsraten gleichgesetzt? Das deuten zumindest die identischen Zahlenwerte 60 an.
f) Es wird nicht erkannt, dass eine GFR = 60 ml/min bei kleinen Erwachsenen völlig normal sein kann. Deswegen wird ja die Normierung nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) auf die Standardkörperoberfläche von 1,73 m² für Vergleichszwecke und Klassifikationen empfohlen.
g) In der Toxikologie und in der Pharmakologie muss man immer streng zwischen der normierten und der antinormierten GFR unterscheiden. Dieser Grundsatz wird bei Jardiance verletzt.
h) Denkbar wäre das Folgende. Bei kleinen Patienten mit normaler Nierenfunktion ist Jardiance kontraindiziert, weil es akkumuliert. Bei großen Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist Jardiance kontraindiziert, weil es nicht wirkt. Ob die Nierenfunktion normal oder eingeschränkt ist, kann nur mit Hilfe meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) beurteilt werden.
i) Es besteht also dringender Handlungsbedarf, nicht nur bei Jardiance, sondern bei allen nierengängigen Stoffen. - Einen ähnlichen Fall (Firma Novartis) beschrieb
ich oben im ersten Kapitel im Absatz Q.
366.) Am 8.12.2014 berichtet "Der Spiegel" ("Eine Couch für alle", Heft 50/2014, Seiten 56 bis 60) auf Seite 60 über "Wettvorschläge, die das ZDF abgelehnt hat".
"Wetten, dass ich es schaffe, vier Maßkrüge Bier zu trinken und anschließend fünf voll zu pinkeln?" (Zweites Komma und Fragezeichen von mir nachgetragen.) - Falls das möglich sein sollte, hätte
ich die folgende Erklärung. Durch die zusätzliche Volumenbelastung erhöhen sich das Herzzeitvolumen und damit die Glomeruläre Filtrationsrate. Anschließend muss die tubuläre Rückresorption
gehemmt werden, vielleicht durch die Wirkung von Bier oder durch Medikamente. Aldosteron erhöht die Wasserrückresorption, Aldosteronantagonisten wie Eplerenon oder Spironolacton vermindern die
Wasserrückresorption.
367.) "Patienten mit chronischer Nierenerkrankung haben häufig erhöhte Troponinspiegel. ... Bei Nierenkranken beruhen erhöhte Troponinspiegel vermutlich auf kardialen Schädigungen" (Zitate: abr [Ulrich Abendroth?]: "Akutes Koronarsyndrom: Troponintest diagnostisch hilfreich bei Nierenkranken?", in: "Medical Tribune", 49. Jahrgang, Nummer 2832, Heft 49/2014, 5.12.2014, Seite 35). - Vermutlich sind nicht Nierenkranke, sondern Nierengesunde mit einer Niereninsuffizienz gemeint. Eine Herzschädigung verringert das Herzzeitvolumen und damit auch die Glomeruläre Filtrationsrate. Die Verringerung des Herzzeitvolumens nennt man Herzinsuffizienz; das Troponin ist beim akuten Koronarsyndrom erhöht. Die Verringerung der Glomerulären Filtrationsrate nennt man Niereninsuffizienz. - Man darf die Niereninsuffizienz nicht mit einer Nierenkrankheit verwechseln oder gar gleichsetzen.
368. a) In einem medizinischen Diskussionsforum im Internet findet man im Rahmen der Diskussion zur Anämietherapie die beiden folgenden Aussagen: "Heute wird die Anämie als eine relevante Komorbidität (oder als Morbiditätskofaktor) bei der Herzinsuffizienz gesehen." und "Eisenmangel ist für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ein eigenständiger Risikofaktor.". Als Quelle werden aktuelle Leitlinien angegeben.
b) Die Begriffe Komorbidität, Kofaktor und Risikofaktor sind verwirrend, weil sie das eigentliche Problem verschleiern.
c) Wenn man die Herzinsuffizienz als unzureichendes Pumpvolumen von sauerstoffreichem Blut definiert, dann ist die Anämie eine ihrer Ursachen. Jede Anämie erzeugt eine Dyspnoe als Leitsymptom der Herzinsuffizienz. Die anderen typischen Symptome der Herzinsuffizienz werden durch zusätzliche Herz-, Lungen-, Leber- oder Nierenkrankheiten hervorgerufen.
d) Eisenmangel ist eine der zahlreichen Ursachen der Anämie.
e) Es handelt sich bei der Anämie als Ursache der Herzinsuffizienz also um ein Extraorgansyndrom, und zwar um eines der zahlreichen
Extrakardialsyndrome.
369. a) Die Glomeruläre Filtrationsrate GFR ist ein bestimmbarer Anteil des Herzzeitvolumens HZV. Beide haben die Dimension Volumen pro Zeit mit der üblichen Einheit Milliliter pro Minute.
b) In der deutschen Sprache fehlt ein entsprechender Begriff für die Dimension Volumen pro Zeit.
c) Arbeit pro Zeit heißt Leistung, Weg pro Zeit heißt Geschwindigkeit, Geschwindigkeit pro Zeit heißt Beschleunigung, eins pro Zeit heißt Häufigkeit oder Frequenz.
d) Einen Begriff für Volumen pro Zeit gibt es nicht. Ähnliche Begriffe sind nicht eindeutig, wie zum Beispiel Arbeitsleistung, Leistungsvermögen, Volumendosis, Volumenstrom, Nutzleistung, Minutenleistung, Leistungsdichte, Istleistung, Eigenleistung, Wirkleistung, Leistungsumfang, Leistungsfähigkeit und so weiter.
e) Am besten ist vielleicht noch der Volumenstrom.
f) Man könnte also sagen, dass die Volumenströme der Nieren eine Teilmenge des Volumenstromes des Herzens sind.
370. Ich stelle zur Diskussion:
a) Die Nephrologen können keine Nierenkrankheit erfolgreich behandeln.
b) Wirksame Nierenmedikamente (Nephrologika) gibt es nicht.
c) Die Nephrologen können die Verschlimmerung von Nierenkrankheiten verlangsamen.
d) Die Nephrologen können die Ursachen einer Niereninsuffizienz nicht behandeln.
e) Die Nierendialyse kann die Symptome einer jeden Niereninsuffizienz lindern.
371. a) Hinweise zur Therapie des Hepatorenalsyndroms. Eine schwere Leberkrankheit verursacht eine Kreislaufschwäche mit zu kleinem Herzzeitvolumen. Das zu kleine Herzzeitvolumen verursacht eine Herzinsuffizienz auch ohne Herzkrankheit, eine Lungeninsuffizienz auch ohne Lungenkrankheit und eine Niereninsuffizienz auch ohne Nierenkrankheit.
b) Das Herzzeitvolumen muss vergrößert werden. Ein zu kleines intravasales Blutvolumen muss gegebenenfalls zum Beispiel mit Infusionen oder mit einer erhöhten Trinkmenge vergrößert werden. Vielleicht kann man das Extravasalvolumen teilweise zum Intravasalvolumen machen.
c) Zuerst muss die Leberkrankheit behandelt werden. Leberschädigende Einflüsse sind zu vermeiden. In schweren Fällen muss an eine Lebertransplantation gedacht werden. Vielleicht können abschwellende Maßnahmen die intrahepatische und die extrahepatische Perfusion verbessern.
d) Die Herzfrequenz muss gemäß der Formel HZV=VVxEFxHF eher erhöht und darf nicht zum Beispiel durch eine Betarezeptorenblockade gesenkt werden. Eine Herztransplantation bei Herzgesunden ist kontraindiziert. Vielleicht können frequenzerhöhende Medikamente helfen.
e) Eine kausale Therapie einer Lungeninsuffizienz ohne Lungenkrankheit existiert nicht. Schädigende Einflüsse sind zu vermeiden. Eine Sauerstoffgabe ist kontraindiziert, weil die Sauerstoffsättigung nicht weiter verbessert werden kann. Eine Lungentransplantation bei Lungengesunden ist kontraindiziert. Eine Verbesserung der Ventilation ist kontraindiziert, solange die Perfusion nicht verbessert werden kann. Aber vielleicht kann die Perfusion nach dem Euler-Liljestrand-Effekt doch noch verbessert werden.
f) Eine kausale Therapie der Niereninsuffizienz existiert nicht. Schädigende Einflüsse sind zu vermeiden. In schweren Fällen muss an eine Nierendialyse gedacht werden. Eine Nierentransplantation bei Nierengesunden ist kontraindiziert. Vielleicht kann die glomeruläre Filtration medikamentös verbessert werden, wenn es geeignete Nephrologika gäbe.
372. a) Die "Chronische Niereninsuffizienz der Katzen" ist eine der häufigsten Todesursachen älterer Hauskatzen. Grundsätzlich unterscheidet sie sich nicht von der Niereninsuffizienz bei Menschen und bei anderen Säugetieren. Es gibt vier wichtige Ursachen:
1. Das Hepatorenalsyndrom: Schwere Leberkrankheiten verursachen ein Kreislaufversagen. Es kommt zum Kardiorenalsyndrom. Das Herzzeitvolumen des gesunden Herzens nimmt ab. Dadurch sinkt die Glomeruläre Filtrationsrate. Die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Blut steigt an. Es kommt auch bei Nierengesunden zum Nierenversagen bis hin zum Tod im Nierenkoma. Die ursächliche Therapie ist eine Behandlung der Leberkrankheiten. Theoretisch könnten in schweren Fällen eine Nierendialyse oder eine Lebertransplantation helfen.
2. Das Kardiorenalsyndrom: Schwere Herzkrankheiten verursachen ein Kreislaufversagen. Es kommt zum Kardiorenalsyndrom. Das Herzzeitvolumen des kranken Herzens nimmt ab. Dadurch sinkt die Glomeruläre Filtrationsrate. Die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Blut steigt an. Es kommt auch bei Nierengesunden zum Nierenversagen bis hin zum Tod im Nierenkoma. Die ursächliche Therapie ist eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Theoretisch könnten in schweren Fällen eine Nierendialyse oder eine Herztransplantation helfen.
3. Das Pulmorenalsyndrom: Schwere Lungenkrankheiten verursachen ein Kreislaufversagen. Es kommt zum Pulmorenalsyndrom. Das Lungenzeitvolumen (=Herzzeitvolumen) nimmt ab. Dadurch sinkt die Glomeruläre Filtrationsrate. Die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Blut steigt an. Es kommt auch bei Nierengesunden zum Nierenversagen bis hin zum Tod im Nierenkoma. Die ursächliche Therapie ist eine Behandlung der Lungenkrankheiten. Theoretisch könnten in schweren Fällen eine Nierendialyse oder eine Lungentransplantation helfen.
4. Das Renorenalsyndrom: Schwere doppelseitige Nierenkrankheiten verkleinern die Glomeruläre Filtrationsrate. Die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Blut steigt an. Es kommt zum Nierenversagen bis hin zum Tod im Nierenkoma. Die ursächliche Therapie ist eine Behandlung der Nierenkrankheiten. Theoretisch könnten in schweren Fällen eine Nierendialyse oder eine Nierentransplantation helfen.
5. Häufig sind vermutlich Mischformen aller vier Extraorgansyndrome. Die Einschränkungen der Glomerulären Filtration addieren sich bis hin zum Tod im Nierenversagen.
b) Auch bei Katzen entsteht die chronische Niereninsuffizienz vermutlich multifaktoriell. Viele Krankheiten führen letztendlich zum Nierenversagen. Ohne
histologische Sicherung darf auch bei Katzen nicht automatisch eine doppelseitige "idiopathische interstitielle Nephritis" unterstellt werden. Analoge Beispiele in der
Humanmedizin sind die Diabetische Nephropathie und die Minimal Change Glomerolonephritis, die in vielen Fällen die Schwere einer Niereninsuffizienz nicht erklären.
c) Den entsprechenden Artikel Chronische Nierenerkrankungen der Katze bei Wikipedia (Stand 28.1.2015) halte ich für eine medizinische Katastrophe. Er wurde von Wikipedia klassifiziert: "Dies ist ein exzellent ausgezeichneter Artikel." Genau das Gegenteil ist richtig. Er muss vollständig überarbeitet werden. Begründungen:
1. Nierenerkrankung und Niereninsuffizienz sind keine Synonyme. Vielmehr gibt es Nierenkrankheiten ohne Niereninsuffizienz und Niereninsuffizienzen ohne
Nierenkrankheit. Die Stichwortwahl und der dazugehörige Text erwecken den Eindruck eines völligen Durcheinanders. Dieses Durcheinander beruht zum einen gewiss auf einer relativen Ignoranz der
betreffenden Forscher, zum anderen vermutlich aber auch auf Übersetzungsproblemen. Das englische Wort disease hat im Deutschen die beiden völlig verschiedenen Bedeutungen
Krankheit und Insuffizienz. Analog hat das deutsche Wort Krankheit diesbezüglich (das heißt bezogen auf ein Organ) ebenfalls die beiden völlig unterschiedlichen
Bedeutungen Organdefekt und Organinsuffizienz.
2. Einseitige chronische Nierenerkrankungen können keine deutliche Niereninsuffizienz verursachen. Trotzdem können sie tödlich verlaufen. Der Tod kann aber
nicht durch ein Nierenversagen im Sinne eines Renorenalsyndroms verursacht werden, welches durch die gesunde Niere immer zuverlässig verhindert wird.
3. Die Wörter doppelseitig oder beiderseitig kommen in dem Artikel nicht einmal vor. In einer Tabelle der möglichen Ursachen finden sich mehrere einseitige Nierenerkrankungen. Nach der Lektüre muss jeder Katzenbesitzer bei einseitigen Nierenkrankheiten fälschlich eine schwere Niereninsuffizienz befürchten.
4. Chronische Nierenerkrankungen der Katze müssen weder unheilbar noch fortschreitend sein. Viele Nierenkrankheiten kann man behandeln. Theoretisch wären auch Nierendialysen oder Nierentransplantationen denkbar.
5. Der Artikel beruht auf fragwürdigen Quellen. Gewiss gibt es keine Statistiken über die Häufigkeit der vier Krankheitsbilder Hepatorenalsyndrom, Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom und Renorenalsyndrom bei alten Hauskatzen. Solche Forschungsarbeiten kann es noch gar nicht geben, weil ich der Erstbeschreiber der Systematik dieser vier Renalsyndrome bin.
6. Insofern unterscheidet sich das Krankheitsbild der Niereninsuffizienz bei Menschen und Katzen nicht.
7. Es mag ja sein, dass das Renorenalsyndrom bei Hauskatzen um Größenordnungen häufiger als bei Menschen ist. Das würde am hier dargestellten Prinzip aber nichts ändern. Außerdem gibt es dazu vermutlich keine verlässlichen Statistiken.
8. Wenn es wider Erwarten solche Statistiken doch gibt, dann bestätigen sie nur meine obigen Gedankengänge. - Fortsetzung siehe unten Absätze 374 und 375.
d) Dieser Katzenartikel wurde von Wikipedia am 12.11.2009 in der damaligen "Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen." Seither wurde er bis zum 18.2.2015 insgesamt 114-mal bearbeitet, ohne dass es zu neuen Erkenntnissen auf dem Gebiet der Katzennephrologie kam. Ich bezweifele nicht nur die Exzellenz, sondern auch die Relevanz.
373. a) Peter Stiefelhagen verwendet ohne Erklärung auf einer Seite drei verschiedene Nierenfunktionseinheiten (ml, ml/min und ml/min/1,73 m²). Quelle: "Therapie der chronischen Niereninsuffizienz, Hausarzt und Nephrologe Hand in Hand", in: Münchener Medizinische Wochenschrift "MMW - Fortschritte der Medizin", Jahrgang 157, Nummer 2, 5.2.2015, Seiten 18 und 19, Seite 19. Siehe auch oben Absatz 97. - Hand in Hand in den mathematischen Abgrund? Wer soll das verstehen? Der Autor ist Schriftleiter und Herausgeber dieses bei Springer Medizin erscheinenden "Fortbildungsorgans".
b) Auf Seite 20 stellt er die Frage "Ist eine Transplantation möglich?" Quelle: Peter Stiefelhagen: "Terminale Insuffizienz - Nierenersatz frühzeitig planen!", am angegebenen Ort. - Bei Nierengesunden mit terminaler Niereninsuffizienz ist eine Nierentransplantation oft möglich, aber immer kontraindiziert. Auch eine dritte gesunde Nieren verbessert die Symptomatik der Extrarenalsyndrome nicht nennenswert. Ohne Dialyse würde sich die Rest-GFR durch eine dritte Niere zum Beispiel von 4 ml/min auf 6 ml/min erhöhen.
374. a) Viele nierengesunde Patienten mit einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz vermuten bei sich irrtümlich das Vorliegen einer beiderseitigen Nierenkrankheit. Ebenso unterscheiden viele Ärzte aus Unkenntnis fahrlässig nicht zwischen den Begriffen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz. In der Tierheilkunde unterstellen einige Lehrbücher sogar eine Synonymität zwischen einer Nephropathie und einer Niereninsuffizienz. Diese Problematik soll im Folgenden an einem Beispiel erklärt werden.
b) Hans Lutz, Barbara Kohn und Franck Forterre haben 2014 die fünfte Auflage des Lehrbuches "Krankheiten der Katze" im Enke Verlag in Stuttgart herausgegeben. Begründet wurde dieses Standard-Lehrbuch von Vera Schmidt und Marian C. Horzinek. Sarah Steinbach, Reto Neiger, Stephanie Florian und Vera Grevel verfassten Kapitel 30 "Krankheiten der Niere und ableitenden Harnwege" auf den Seiten 733 bis 774. Das Unterkapitel 30.4 "Spezifische Erkrankungen" stammt von Sarah Steinbach und Reto Neiger. Auf Seite 751 beginnt das Unterkapitel "Chronische Nierenerkrankung". Auf dieser Seite findet man eine der Ursachen der katastrophalen Verwirrung.
c) "Die chronische Nierenerkrankung (CNE) ist die häufigste Form der Nierenerkrankung der Katze." Erwähnt werden 17 "primäre Ursachen einer chronischen Nierenerkrankung bei Katzen". Dieses Nebeneinander von drei nahezu identischen verschiedenen Begriffen ist zwar sprachlich vielleicht gerade noch konsistent, aber wissenschaftlicher Unsinn.
d) Gemeint ist vermutlich das Folgende: Auch bei Katzen gibt es zahlreiche Nierenkrankheiten. Die meisten, aber nicht alle, der doppelseitigen Nierenkrankheiten können eine chronische Niereninsuffizienz verursachen. Bei Hauskatzen ist die "chronische generalisierte tubulointerstitielle Nephritis" (Zitat Seite 751) vermutlich die häufigste und wichtigste dieser doppelseitigen Nierenkrankheiten. Kritik:
e) Wer den Begriff der Nierenerkrankung mit der Niereninsuffizienz verwechselt, der hat die Nephrologie nicht ansatzweise verstanden. Die englischen Wörter disease und failure haben jeweils die beiden völlig verschiedenen Bedeutungen Krankheit und Insuffizienz. Das darf man beim Übersetzen nicht verwechseln.
f) Einseitige Nierenkrankheiten können keine deutliche filtrative Niereninsuffizienz hervorrufen, weil die gesunde Niere das immer zuverlässig verhindert. Die Wörter bilateral, beidseitig oder doppelseitig sucht man in dem Lehrbuch vergeblich. Auch das zeugt von einem völligen Unverständnis. Nierentumore oder Nierensteine sind bis zum Beweis des Gegenteils einseitig.
g) Eine tubolointerstitielle Erkrankung kann die filtrative Nierenfunktion nicht beeinträchtigen. Jedes Kreatininmolekül wird zuverlässig glomerulär filtriert und tubulär nicht rückresorbiert. Eine Tubulopathie ohne Glomerulopathie kann also weder den Kreatininspiegel erhöhen noch die GFR verkleinern. Kranke Tubuli verkleinern die aktive Rückresorption. Zu den beschriebenen Symptomen kann es nicht kommen. Eine Niereninsuffizienz entsteht nicht. Auch hier zeigt sich die nephrologische Inkompetenz der Autoren.
h) Dass die Begriffe Niere und Nierenerkrankung grundsätzlich im Singular verwendet werden, spricht ebenfalls nicht für das Vorhandensein nephrologischer Grundkenntnisse. Schon die Standardwerke von Franz Volhard und Wilhelm Nonnenbruch haben das Wort doppelseitig im Titel.
i) Auch die Pathophysiologie wird auf Seite 751 falsch erklärt: Es komme zu "Hypertension und Hyperfiltration, welche anfänglich die Nierenfunktion aufrechterhalten, jedoch die Nieren weiter schädigen und die GFR reduzieren". Eine Hyperfiltration ist schon sprachlich das genaue Gegenteil einer GFR-Reduktion. Eine Hyperfiltration spricht eher für eine verbesserte und nicht für eine verschlechterte Nierenfunktion.
j) In der vierten Auflage 2005 schrieb Reto Neiger noch über die "Chronische Niereninsuffizienz". Dieses zentrale Symptom sucht man in der fünften Auflage vergeblich. Hat denn niemand an die Möglichkeiten von Nierenerkrankungen ohne Niereninsuffizienz und von Niereninsuffizienzen ohne Nierenerkrankung gedacht? In der Humanmedizin ist die Niereninsuffizienz weitgehend das einzige Betätigungsfeld der Nephrologen; nach den Weiterbildungsordnungen gehört die Behandlung von Nierenerkrankungen nicht zu ihren Aufgaben. In der Tiermedizin wird es nicht anders sein; im Vordergrund stehen die Symptome der Niereninsuffizienz und nicht die eigentlichen Nierenerkrankungen.
k) Die veterinärnephrologische Hauskatzenforschung ist hinsichtlich Diagnostik, Ätiologie, Pathophysiologie, Histologie, Symptomatik, Systematik, Therapie und Nomenklatur noch ausbaufähig. Siehe auch den folgenden Absatz 375.
l) "Eine Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Nierenerkrankung ist für die Therapie und Prognose äußerst wichtig" (Zitat Seite 746). Für diese Behauptung fehlt jede plausible nephrologische Begründung. Unabhängig von der Akuität ist in beiden Fällen die Grundkrankheit der Niereninsuffizienz zu behandeln. Falls das nicht gelingt, bleibt nur noch die Symptomkontrolle. Die Autoren relativieren selbst, wenn sie schreiben: "Eine Zwischenstellung nimmt die sogenannte 'akut auf chronische Nierenerkrankung' ein. (Zitat Seite 746). Auch in der Humannephrologie ist die übliche Unterscheidung hinsichtlich der Chronizität einer jeden Niereninsuffizienz nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
375. a) Uwe Gille hat am 19.1.2014 (nach meiner Kritik vom 11.6.2013) bei Wikipedia (siehe oben Absatz 372) die richtige Artikelüberschrift Chronische Niereninsuffizienz der Katze durch die Chronische Nierenerkrankung der Katze ersetzt. Am 13.2.2015 ersetzte er (nach meiner Kritik vom 12.2.2015) außerdem den vermutlich ebenfalls richtigen zentralen Begriff der idiopathischen interstitiellen Nephritis durch die idiopathische tubulointerstitielle Nephritis. Bei beiden Veränderungen beruft er sich auf die aktuelle Fachliteratur und gibt als erste Quelle die fünfte Auflage des Lehrbuches "Krankheiten der Katze" (siehe oben Absatz 374; außerdem Absatz 372) an. Wikipedia kann sich nur auf die aktuelle Fachliteratur beziehen. Auch wenn diese herrschende Lehrmeinung als falsch erkannt wird, dann muss Wikipedia sie trotzdem beschreiben. Tierärzte lesen also fehlerhafte Lehrbücher, Tierbesitzer lesen also fehlerhafte Enzyklopädien.
b) Die Quintessenz dieses eigenen Stichwortes bei Wikipedia, dass es zahlreiche Nierenerkrankungen gibt und dass ältere Hauskatzen oft an Nierenversagen sterben,
hätte auch einfacher transportiert werden können. Meine entsprechenden Beschwerden vom 3. und 10. Februar 2015 bei der Redaktion Medizin waren vergeblich und wurden vorschnell (unauffindbar)
archiviert. Die kontroverse Diskussion zum Stichwort Chronische Nierenerkrankung der Katze ist jedoch nachzulesen (Nummern 8 bis 10).
c) Vielleicht ist bei älteren Katzen genauso wie bei älteren Menschen die Hauptursache der Niereninsuffizienz ein zu kleines Trinkvolumen? Dann bestünde die vordringliche Behandlung (Prophylaxe und Therapie) in dessen Vergrößerung.
376.) Die Niereninsuffizienz ist die Summe aus
Kardiorenalsyndrom,
Pulmorenalsyndrom,
Hepatorenalsyndrom und
Renorenalsyndrom.
Die Herzinsuffizienz ist die Summe aus
Kardiokardialsyndrom,
Pulmokardialsyndrom,
Hepatokardialsyndrom und
Renokardialsyndrom.
Diese vier verschiedenen Syndrome bezeichne ich als Renalsyndrome.
377.) Ein erhöhtes Trinkvolumen kann die wenigsten Nierenerkrankungen ausheilen, immer jedoch die Symptome der Niereninsuffizienz verringern. Seltene Ausnahmen von
diesem Grundsatz sind die vier Renalsyndrome, aber auch nur dann, wenn die erkrankten Organe ein vergrößertes Blutvolumen nicht mehr bewältigen können. Nur
hier erscheint eine Trinkmengenrestriktion angezeigt.
378.) Viele Krankheiten besonders von Leber, Lungen, Herz und Nieren verschlechtern die Blutzirkulation, und zwar nicht nur im erkrankten Organ, sondern im gesamten Kreislaufsystem. Das Herzzeitvolumen und damit auch die glomeruläre Filtration sinken. Eine jede Niereninsuffizienz ist also mit dem Hepatopulmokardiorenalsyndrom weitgehend identisch.
379. a) "Schockleber beim kritisch Kranken: Gibt es nur symptomatische Therapieoptionen?" Diese Frage stellen Valentin Fuhrmann, Thomas Horvatits, Kevin Roedl, Karoline Rutter, Stefan Kluge und Andreas Drolz in den "Intensiv-News, Forum für Intensiv- und Notfallmedizin" (Jahrgang 19, Ausgabe 1/2015, Seiten 15 bis 17).
b) Der Pathomechanismus des Hepatorenalsyndroms wird nicht erkannt. Trotzdem wird auf Seite 17 auf die "Nierenersatzverfahren" hingewiesen. Sogar an das Hepatopulmonalsyndrom wird gedacht, wenn "das Neuauftreten des hepatopulmonalen Syndroms" (Zitat Seite 16) beschrieben wird.
c) "Leberfunktionsstörungen" (Zitat Seite 15) sowie das "akute Leberversagen" (Zitat Seite 15) mit "hepatalen Einschränkungen" (Zitat Seite 15) und "mit dem typischen klinischen Bild der Schockleber" (Zitat Seite 15) beruhen auf "primär hepatologischen Lebererkrankungen" (Zitat Seite 15).
d) Auch die Therapie wird richtig beschrieben, wenn gefordert wird, "die zugrunde liegende Ursache effektiv zu behandeln sowie eine hämodynamische ... Stabilisierung zu erreichen" (Zitat Seite 16).
e) Auch wird an die Möglichkeit eines Kardiorenalsyndroms gedacht, wenn ein "kardiogener und septischer Schock" (Zitat Seite 16) beschrieben wird.
f) Nicht erkannt wird von den Autoren die Herzinsuffizienz als Ursache der Niereninsuffizienz auch beim Hepatorenalsyndrom. Der Kreislaufzusammenbruch verkleinert das Herzzeitvolumen und damit auch die renale Perfusion. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz und damit bei Herzgesunden auch für die Schwere des Hepatorenalsyndroms.
g) In der Intensivmedizin müssen also sowohl das Herzzeitvolumen wie auch die Glomeruläre Filtrationsrate regelmäßig bestimmt werden. Dieser Hinweis unterbleibt fahrlässig.
380. a) Am 4.3.2015 habe ich bei Wikipedia den Text beim Stichwort Gauer-Henry-Reflex um den folgenden Absatz ergänzt.
b) "Ein vergrößertes Herzzeitvolumen führt zu einer vergrößerten Glomerulären Filtrationsrate mit vermehrter Bildung von Primärharn. Jetzt wird Wasser durch ADH
vermehrt und durch ANP vermindert tubulär rückresorbiert. Dadurch steigt beziehungsweise sinkt das Blutvolumen mit gegenteiliger Wirkung auf das Urinvolumen. Die Summe aus Blutvolumen und
Urinvolumen bleibt konstant." - Am 13.6.2015 habe ich im vorletzten Satz das Wort Urinvolumen durch "die Urinbildung" ersetzt und den letzten Satz entfernt, weil er falsch ist.
c) Der Gauer-Henry-Reflex wurde benannt nach Otto Gauer aus Heidelberg (2.5.1909 bis 22.1.1979) und nach James Paget Henry aus Leipzig (12.7.1914 bis 20.11.1996).
d) Als Gauer-Henry-Reflex, Gauer-Henry-Mechanismus, Gauer-Henry-Phänomen oder als Diuresereflex wird die Aufrechterhaltung oder Konstanz eines angemessenen intrathorakalen Blutvorrats für das Herz bezeichnet. Das Herzzeitvolumen soll also konstant bleiben. Afferente Dehnungsrezeptoren oder Volumenrezeptoren in den Herzvorhöfen verändern in der Efferenz die renale Wasserausscheidung. Dabei spielen das antidiuretische Hormon ADH und das atriale natriuretische Peptid ANP eine Rolle. Volumenschwankungen verändern den Blutdruck und damit auch die Diurese.
e) Die Stellglieder in diesem Regelkreis sind das HZV und die GFR. Beide sollten also regelmäßig bestimmt werden.
f) Beispiele für den Gauer-Henry-Reflex sind die Polyurien bei den Tachykardien, beim Tauchen oder beim Aufstieg von Astronauten. Auch führen extreme Druckminderungen beim Bergsteigen, in der Luftfahrt oder in der Raumfahrt zur Polyurie.
g) Diesbezüglich sei auch an den Frank-Starling-Mechanismus wie an den Bainbridge-Reflex erinnert.
381. a) Es gibt die seltenen Krankheitsbilder einer Venösen okklusiven Leberkrankheit und einer Venösen okklusiven Lungenkrankheit. Es handelt sich dabei um Unterformen der Venösen okklusiven Krankheit VOD (englisch: veno-occlusive disease). Ursächlich sind komplette oder inkomplette Verschlüsse der kleinen Lebervenen beziehungsweise Lungenvenen. Diese Erkrankungen treten meistens als unerwünschte Nebenwirkung einer hoch dosierten Zytostatikatherapie auf, können aber auch angeboren oder die Folge einer Radiatio sein.
b) Bei Wikipedia finden sich unter dem Stichwort Venöse okklusive Leberkrankheit drei Schweregrade hinsichtlich des Blutflusses in der Vena portae. Der Vorwärtsfluss ist im ersten Stadium reduziert, im zweiten Stadium aufgehoben und im dritten Stadium umgekehrt im Sinne einer Flussumkehr mit einem hepatofugalen Flussmuster.
c) "Mit zunehmender Flussumkehr erhöht sich gleichzeitig der arterielle Einstrom in die Leber" (Zitat Wikipedia) durch die Arteria hepatica propria. Trotzdem verkleinert sich das Herzzeitvolumen. Der Saldo aus arterieller Lebermehrdurchblutung und venöser Leberminderdurchblutung ist also negativ. Die hepatische arterielle Hyperperfusion kann die hepatische venöse Hypoperfusion nicht kompensieren.
d) Am 6.3.2015 schrieb ich dort als Erklärung den folgenden Diskussionsbeitrag: "Zum Nierenversagen kann es nur kommen, wenn vorher eine Herzinsuffizienz besteht. Jeder Kreislaufzusammenbruch verkleinert auch bei Herzgesunden das Herzzeitvolumen und damit auch bei Nierengesunden die renale Perfusion. Die Glomeruläre Filtrationsrate sinkt, der Plasmaspiegel der harnpflichtigen Substanzen steigt an. Dieses Krankheitsbild ist also ein typisches Beispiel eines Hepatorenalsyndroms nach Wilhelm Nonnenbruch. Analog wäre eine VOD der Lungen ein klassisches Beispiel für ein Pulmorenalsyndrom. Das hätte auch Hakim [arabisch: der Arzt] Azfar Ali im Einzelnachweis 4 erkennen müssen."
e) Die zitierte Arbeit von Hakim Azfar Ali und Shoaib Alam heißt "Pulmonary Veno-Occlusive Disease" und wurde am 18.12.2014 im Internet bei Medscape (offenbar
exklusiv) veröffentlicht.
382. a) Am 7.3.2015 stellte ich bei Wikipedia unter dem Stichwort Doppelniere folgende Erklärung zur Diskussion: "Menschen mit drei oder vier gesunden Nieren müssten eine wesentlich bessere (filtrative) Nierenfunktion als Menschen mit nur zwei Nieren haben. Ihre Glomeruläre Filtrationsrate müsste um 50 beziehungsweise um 100 Prozent besser als im Normalfall sein. Denn ihr Kreatinin-Plasmaspiegel wäre entsprechend (subnormal) reduziert. Auch darin würde sich ihre klinische Relevanz zeigen. Ich erwarte eine GFR > 200 ml/min bei Betroffenen mit einer Standardkörperoberfläche von 1,73 m². Trotzdem hätten sie per definitionem das erste Stadium der chronischen Niereninsuffizienz, solange Doppelnieren als Nierenkrankheit ["Entwicklungsstörung"] angesehen werden. Insofern darf man auch nicht von einer Symptomlosigkeit schreiben. Das Symptom bestünde in einer überdurchschnittlich guten renalen Entgiftung. Unterstellt wird bei dieser Argumentation lediglich eine doppelte Anzahl von Nephronen beziehungsweise von Podozyten."
b) Nachtrag vom 10.3.2015: "Ob diese Unterstellung berechtigt ist, wird nicht klar dargestellt. Alternativ könnte auch ohne Verdoppelung der Anzahl der Podozyten bei doppelter Nierengröße eine doppelt so gute Filtrationskapazität denkbar sein."
383.) "Alternde Katzen wiederum leiden oft unter Nierenversagen. Sie rühren ihr Futter nicht mehr an, bis sie an Auszehrung sterben." Zitat: Johann Grolle: "Zerfressene Knochen", in: "Der Spiegel", Heft 6/2015, 31.1.2015, Seite 120. - Im Gegensatz zur veterinärmedizinischen Fachliteratur (siehe oben Absatz 374) wird hier nicht fälschlich von Nierenerkrankungen geschrieben. Die Ursache der Niereninsuffizienz liegt aber in einer zu geringen Flüssigkeitsaufnahme und nicht in der zu geringen Nahrungsaufnahme begründet. Vermutlich werden also weder ein Appetitanreger noch Erythropoetin das Nierenversagen verhindern. Das Mittel der Wahl wäre eine vermehrtes Trinkvolumen.
384. a) Peter Overbeck beschreibt "Ein neues interventionelles Verfahren zur Blutdrucksenkung". Quelle: "'Koppler'-Therapie: Erfolg mit neuem Verfahren zur interventionellen Blutdrucksenkung", in: "Cardio News", 18. Jahrgang, Heft 3/2015, 6.3.2015, Seite 6. Es wird dabei "eine arteriovenöse Anastomose im Bereich der Beckengefäße geschaffen." Es handelt sich also um einen "Shunt zwischen distaler Arteria iliaca und Vena iliaca" vermutlich entweder rechts oder links. Ein Coupler wird implantiert, um den Shunt offen zu halten. Das Verfahren wurde von der Firma ROX Medical in San Clemente in Kalifornien entwickelt.
b) Dass "es meist zu einem sofortigen Blutdruckabfall" komme, sieht der Autor als "einen guten Indikator" an. Zweifellos wären das verbesserte Herzzeitvolumen HZV und die vergrößerte Glomeruläre Filtrationsrate GFR ebenfalls gute Indikatoren für die Wirksamkeit dieser neuen "Koppler"-Therapie.
c) Es stellt sich jetzt also die Frage, auf welchem Wege sich das HZV=VVxEFxHF vergrößert. Vermutlich vergrößern sich alle drei Faktoren, also das Ventrikelvolumen, die Ejektionsfraktion und die Herzfrequenz. Ähnliche Auswirkungen wären auch bei der Amputation von Extremitäten oder bei der angeborenen Phokomelie zu erwarten. Die Blutumlaufgeschwindigkeit nimmt zu.
d) Auf den Zusammenhang von peripherem Widerstand und Blutdruck einerseits sowie HZV und GFR andererseits wurde oben (Absatz 216) schon wiederholt hingewiesen. Wenn
sich der Widerstand reduziert, dann reduziert sich auch der Druck. Bei identischer Herzkraft erhöhen sich das HZV und als Folge die GFR. - Korrigierende Ergänzung von 28.3.2015: GFR = Druck pro
Widerstand. Wenn sich der Widerstand reduziert, dann vergrößert sich die GFR. Wenn sich der Druck erhöht, dann vergrößert sich die GFR. Wenn sich Druck und Widerstand proportional verändern, dann
verändern sich HZV und GFR nicht.
385. a) Ich erkläre das Hepatorenalsyndrom als Folge einer verminderten renalen Perfusion wegen einer hepatogenen Kreislaufschwäche mit reduziertem Herzzeitvolumen. Die Glomeruläre Filtrationsrate sinkt, die Plasmaspiegel der harnpflichtigen Stoffe steigen an.
b) Im "Falk Gastro Review Journal" (Heft 2/2015) beschreibt Beate Fessler dagegen auf Seite 45 eine viel kompliziertere pathophysiologische Erklärung für ein "Hepatorenales Syndrom: wenn auch die Niere in Mitleidenschaft gezogen wird". Quelle: "Komplikationen der Leberzirrhose: wie es dazu kommt und was sich dagegen tun lässt", Seiten 44 bis 47. Es handelt sich um den "Kongressbericht VII. Falk Gastro-Konferenz Freiburg, 8. - 11. Oktober 2014".
c) Beate Fessler zitiert Pere Ginès Gibert von der Hospital Clinic in Barcelona. "Er machte die pathophysiologischen Zusammenhänge deutlich: Als Reaktion auf die arterielle Hypovolämie kommt es zu einer Aktivierung vasokonstriktorischer Systeme, darunter auch des Renin-Angiotensin-Systems, des sympathischen Nervensystems und, in fortgeschrittenen Stadien, zu einer Hypersekretion von Vasopressin. Damit wird der arterielle Druck hoch gehalten, zulasten der Nieren und mit dem Risiko eines hepatorenalen Syndroms."
d) Ich halte diese Erklärung für völlig falsch. Ein hoher Blutdruck würde die renale Perfusion eher fördern statt hemmen. "Bei dekompensierter Leberzirrhose" entsteht "eine arterielle Hypovolämie". So kommt es vielmehr zu einer arteriellen Hypotonie mit Reduktion des Herzzeitvolumens.
e) Das Hepatorenalsyndrom ist eine Niereninsuffizienz allein wegen des Leberversagens auch bei völliger Gesundheit von Herz, Lungen und Nieren.
f) Ein ähnliches Missverständnis findet sich ebenfalls auf Seite 45 im Abschnitt "Portale Hypertonie: Diskussion um Betablocker". Beate Fessler schreibt: "Besonders schwer aber wiegt das mögliche Risiko einer erhöhten Mortalität bei Patienten mit refraktärem Aszites. Die Diskussion um die Betablocker wurde durch eine Studie ausgelöst, die zeigte, dass bei Patienten mit refraktärem Aszites Propranolol mit einer hochsignifikant höheren Inzidenz an Post-Parazentese-Zirkulationsversagen einhergeht." - Jedes "Zirkulationsversagen" ist mit einer Verkleinerung des Herzzeitvolumens HZV=VVxEFxHF identisch. Jede Reduktion der Herzfrequenz HF verschlimmert die Herzinsuffizienz und damit die Niereninsuffizienz. Eine zusätzliche Verschlechterung entsteht durch die Hypovolämie mit Reduktion des Ventrikelvolumens VV. - "Die derzeit eingesetzten Medikamente, Betablocker, Terlipressin und Somatostatin sollen den erhöhten Blutfluss senken." Genau das Gegenteil, nämlich eine Vergrößerung des verminderten Blutflusses, ist anzustreben. - Mit einem "TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) lässt sich der erhöhte Strömungswiderstand senken." Diese Aussage ist richtig; sie stimmt überein mit meinen Ausführungen oben im Absatz 384. Jeder Shunt senkt den Widerstand und erhöht das Herzzeitvolumen. So wird die Glomeruläre Filtrationsrate verbessert.
g) Im Ergebnis richtig kommentiert Thomas Reiberger auf Seite 31: Betablocker "sind kontraindiziert beim Spannungsaszites, bei der portopulmonalen Hypertonie (Kombination aus portaler Hypertonie und pulmonaler Hypertonie) und jetzt auch bei der spontan bakteriellen Peritonitis." - "Sie erhöhen die Zeitdauer einer Hospitalisation sowie das Risiko für ein hepatorenales Syndrom und einen akuten Nierenschaden." - Falsch ist das Wort "Nierenschaden"; richtig wäre das Wort "Niereninsuffizienz". - "Nicht-selektive Betablocker (NSBB) senken bei Patienten mit Leberzirrhose den Pfortaderdruck und das Risiko für eine Varizenblutung." (Zitat Seite 30). Quelle: Thomas Reiberger: "Nicht-selektive Betablocker steigern das Risiko für ein hepatorenales Syndrom und das Todesrisiko bei Patienten mit Zirrhose und spontan bakterieller Peritoniotis", in: "Falk Gastro Review Journal", Heft 2/2015, Seiten 30 und 31. Titel der Originalarbeit: Mattias Mandorfer et alii: "Non-selective ß blockers increase risk for hepatorenal syndrome and death in patients with cirrhosis and spontaneous bacterial peritonitis", in: "Gastroenterology", 2014; 146 (7): 1680 - 90.
386. a) Eine Hypovolämie wird oben beschrieben in den Absätzen 160, 321, 322 und 385.
Eine Hypervolämie wird oben beschrieben in den Absätzen 323h und 326d sowie unten im Absatz 387.
b) Unklar bleibt der Zusammenhang zwischen dem Blutvolumen und der Nierenfunktion. Kann eine Niereninsuffizienz sowohl mit einem vergrößerten wie auch mit einem verkleinerten Blutvolumen zusammenhängen?
c) Wurde jemals das Blutvolumen bei Niereninsuffizienz wissenschaftlich untersucht?
d) Wurde der Zusammenhang zwischen dem Blutvolumen und der Blutumlaufgeschwindigkeit analysiert?
e) Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Herzzeitvolumen und dem Zusammenspiel von Blutvolumen und Blutumlaufgeschwindigkeit?
f) Analog forschen die Volkswirte über das Verhältnis von Geldmenge und Geldumlaufgeschwindigkeit.
387. a) Wilhelm Kroukis beschreibt auf Seite 4 die "Therapie der Hypervolämie", ohne die Problematik des Blutvolumens (siehe oben Absatz 386) zu thematisieren.
Quelle: "Das nephrotische Syndrom", in: "Nefro cme - Fortbildungsperiodikum für Klinik und Praxis", Heft 3/2014, Seiten 1 bis 5.
b) Er beschreibt die Nephrose ("nephrotisches Syndrom") und die Nephritis ("nephritisches Syndrom"). Seine pathophysiologischen Erklärungen sind weit gehend Spekulation. Er muss also zugeben: "Die genaue Pathophysiologie der Entstehung des nephrotischen Syndroms ist noch nicht vollständig aufgeklärt" (Zitat Seite 3). Es ist also diesbezüglich kaum ein Fortschritt in den letzten einhundert Jahren eingetreten. Auch damals spekulierte man über Verschleiß und Entzündung. Dass die filtrative Nierenfunktion hauptsächlich von der Herzleistung abhängt, wurde schon damals nicht erkannt.
c) "Vereinfacht betrachtet kann man sagen, dass Schädigungen an den Podozyten und Schlitzmembranen ein nephrotisches Syndrom verursachen, während Endothelläsionen sowie Defekte der Basalmembran eher mit einem nephritischen Syndrom assoziiert sind" (Zitat Seite 2). - Das halte ich für reine Spekulation, solange die Schwere der Nierenschädigung nicht mit der Schwere der Niereninsuffizienz korreliert wird.
d) "In der umfangreichen Liste der Ursachen möglicher sekundärer glomerulärer Ursachen steht die diabetische Nephropathie (DNP) an erster Stelle. In Biopsiestatistiken spiegelt sich dies aber unzureichend wider, da bei DNP in der Regel auf eine bioptische Klärung bei typischer Klinik verzichtet wird" (Zitat Seite 2). - Ich bezweifele die Relevanz der Biopsieergebnisse für die Niereninsuffizienz bei Diabetikern. Vermutlich kann die Histologie nur in den wenigsten Fällen die Schwere der Niereninsuffizienz bei Diabetikern erklären. Diesbezüglicher Statistiken fehlen. Vermutlich beruht die Niereninsuffizienz bei Diabetikern nicht auf einem Renorenalsyndrom, sondern auf den drei Extrarenalsyndromen bei der Multimorbidität der zuckerkranken Patienten.
e) Dasselbe gilt für "Die Minimal Change Disease (MCD) mit unauffälliger Lichtmikroskopie, aber elektronenmikroskopisch nachweisbarer schwerer Podozytenschädigung" (Zitat Seite 6, Absatz "Beispiele primärer Glomerulopathien - Minimal Change Disease und Fokal-segmentale Glomerulosklerose", Seiten 6 und 7). - Vermutlich kann die "schwere Podozytenschädigung" die Schwere der Niereninsuffizienz oft nicht erklären.
f) "Das Kongenitale Nephrotische Syndrom vom Finnischen Typ (CNF) ist eine genetisch bedingte Erkrankung durch Mutation des Nephrin-Gens ... Wegen des ausgeprägten Eiweißverlustes müssen häufig die Nieren vor Erreichen der terminalen Niereninsuffizienz entfernt werden oder es muss eine pharmakologische Nephrektomie erfolgen. Nach der Nephrektomie beider Nieren ist als einzige wirksame Therapie eine Dialyse erforderlich" (Zitat Seite 1). - Unstrittig scheint es sich hier um eines der seltenen Beispiele eines reinen Renorenalsyndroms zu handeln.
g) Aufgezählt werden auf Seite 3 "Typische Symptome eines nephrotischen Syndroms". Alle diese Symptome sind vermutlich Symptome der extrarenalen Grundkrankheiten.
h) Es muss also immer neben dem Renorenalsyndrom auch an die drei Extrarenalsyndrome Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom und Hepatorenalsyndrom gedacht werden. Eine Niereninsuffizienz beruht selten allein auf Nierenkrankheiten, viel häufiger dagegen auf Herz-, Lungen- und Leberkrankheiten.
388. a) "Die Nierentransplantation gilt als optimales Nierenersatzverfahren für Patienten mit fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz und ist der Dialysebehandlung hinsichtlich des Überlebens überlegen (Wolfe RA; The New England Journal of Medicine 1999; 341:1725)." - Quelle: Christian Morath: "Transplantation des Älteren", in: "Nephro-News - Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", Jahrgang 17, Ausgabe 1/2015, Seiten 18 bis 21, Seite 18.
b) Diese Aussage ist völlig falsch. Statt "Niereninsuffizienz" muss es richtig "beiderseitiger Nierenkrankheit" heißen. Die Ursache dieses Fehlers liegt im mangelnden Verständnis der vier Renalsyndrome.
c) Nur Patienten mit einem Renorenalsyndrom ist mit einer Nierentransplantation geholfen. Patienten mit einem Kardiorenalsyndrom benötigen eine Herztransplantation, Patienten mit einem Pulmorenalsyndrom benötigen eine Lungentransplantation und Patienten mit einem Hepatorenalsyndrom benötigen eine Lebertransplantation, falls die Grundkrankheit konservativ nicht mehr zu behandeln ist.
d) Eine Nierentransplantion beim Extrarenalsyndrom fügt den beiden gesunden Nieren eine dritte gesunde Niere hinzu. Dadurch wird die Dialysepflicht nicht beseitigt.
Die Rest-GFR verbessert sich nur um fünfzig Prozent, also vielleicht von 4 auf 6 ml/min.
e) Eine Nierentransplantation bei nierengesunden Patienten mit einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz ist ein Kunstfehler.
389. a) Siehe oben Absatz 216:
Das Herzzeitvolumen ist gleich dem Quotienten aus Blutdruck und peripherem Widerstand.
Die Glomeruläre Filtrationsrate ist gleich dem Quotienten aus Blutdruck und renaler Resistance.
Die Kammerwasserproduktion ist gleich dem Quotienten aus Augeninnendruck und Kammerwasserabflusswiderstand.
b) Das Herzzeitvolumen ist gleich dem Lungenzeitvolumen. Das Lungenzeitvolumen ist gleich dem Quotienten aus pulmonalem Blutdruck und pulmonalem Widerstand. -
Ergänzung vom 28.3.2015: Die Atemstromstärke ist gleich dem Quotient aus Alveolardruck und Atemwegswiderstand. Siehe oben Absatz 291e. Erinnert sei auch an den
Euler-Liljestrand-Effekt.
c) Nach einer Pulmonektomie verdoppelt (nicht: halbiert) sich der pulmonale Widerstand im kleinen Kreislauf. Als Folge müssen sich der pulmonale Blutdruck oder das Herzzeitvolumen verändern. Es kann zur pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH) kommen.
d) Nach einer Nephrektomie vergrößert (nicht: verkleinert) sich der periphere Widerstand im großen Kreislauf. Nach einer Nierentransplantation verkleinert sich analog der periphere Widerstand. Als Folge müssen sich der mittlere Blutdruck oder das Herzzeitvolumen verändern.
e) Immer gelten die Gleichungen R=U/I oder I=U/R nach Georg Simon Ohm. Zwischen Parallelschaltung und Serienschaltung ist zu unterscheiden.
f) Grundsätzlich sind die menschlichen Organe im Blutkreislauf parallel geschaltet, zumindest im arteriellen Schenkel. Der Wegfall eines Organs vergrößert also den Widerstand, weil eine Abflussmöglichkeit fehlt. Diese Vergrößerung wird oft mit einer Verkleinerung verwechselt.
g) HZV = LZV = VVxEFxHF. Jetzt kann man rechnen. Es gelten die Gesetze der Mathematik und der Physik.
h) Wenn man die Glomeruläre Filtrationsrate aus dem Labor, das enddiastolische Ventrikelvolumen und die effektive Ejektionsfraktion aus der Echokardiographie, die Herzfrequenz aus dem Elektrokardiogramm und den mittleren Blutdruck aus der Langzeitmessung kennt, dann kann man zum Beispiel den renalen Widerstand errechnen. Wenn man jetzt einen dieser fünf Parameter verändern will, dann muss man sich Gedanken machen über die Auswirkung auf die vier übrigen Parameter.
i) Vor allen therapeutischen Entscheidungen in der Kardiologie, in der Pulmonologie, in der Hepatologie und in der Nephrologie, aber auch in der Chirurgie und in fast allen anderen Gebieten, muss man diese mathematischen und physikalischen Gesetze berücksichtigen.
j) Die Tragweite dieser Berechnungen für die gesamte Medizin ist immens.
390. a) Wer also durch eine Blutdrucksenkung die Glomeruläre Filtrationsrate vergrößern will, der muss erklären, wie man einen Bruch durch Verkleinerung des Zählers vergrößert. Das ist (ceteris paribus) mathematisch unmöglich.
b) Diesen absurden Vorschlag macht Michael J. Koziolek ("Blutdrucksenkung, Nieren- und Gefäßschutz durch Barorezeptorenaktivierungstherapie", in: "Diatra Journal - Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation", Heft 1/2015, Seiten 23 bis 25) auf Seite 24, wenn er eine Barorezeptorenaktivierungstherapie "BAT zum Nierenschutz (Nephroprotektion)" propagiert.
c) Eine Bluthochdruckkrankheit oder ein Blutdruckanstieg verbessern erst einmal die GFR. Dass dadurch mittelfristig die Glomeruli oder Podozyten irreversibel geschädigt werden, wird in der Fachliteratur nicht behauptet. Langfristig könnte so jedoch ein Renorenalsyndrom entstehen.
d) Eine Blutdrucksenkung verschlechtert die GFR. Eine Herzkrankheit könnte jedoch positiv beeinflusst werden. Ein vergrößertes Herzzeitvolumen würde die GFR verbessern. Es kommt also auf den Saldo dieser beiden gegenläufigen Effekte an.
e) Michael J. Koziolek entgegnet mir sofort: "Bei genauer Prüfung werden Sie in dem Beitrag einen Abfall der Proteinurie durch die BAT sowie keine Verschlechterung (aber auch keine Verbesserung) der GFR unter BAT in einer Pilotstudie finden. Eine Absenkung der Proteinurie darf man nach nephrologischer Auffassung durchaus als nephroprotektiv bezeichnen." - Diese Kritik ("irrtümlicherweise") betrachte ich im wesentlichen als Zustimmung zu meiner Darstellung.
391. a) "Der Begriff zur Umschreibung eines akuten Nierenfunktionsverlustes und den zugrunde liegenden Ursachen befindet sich seit längerem im Wandel. War bis vor kurzem der Begriff "akutes Nierenversagen" noch fest etabliert, so wird dieser zunehmend vom Term "akute Nierenschädigung" abgelöst. Dies trägt einem geänderten Krankheitsverständnis Rechnung: Weg vom ausschlaggebenden Totalausfall der Organfunktion hin zum Verständnis der akuten Nierenschädigung als Meilenstein innerhalb des Kontinuums vom Risiko bis hin zur chronischen Dialysepflichtigkeit. Zuletzt wurde diskutiert, von einer "akuten Nierenstörung" zu sprechen, um deutlicher zu machen, dass ein glomerulärer Funktionsverlust und/oder ein tubulärer Schaden vorliegen können (KDIGO; Kidney Int Suppl 2012: doi: 10.1038 / kisup 2012; McCullough P; Contrib Nephrol 2013; 182: 5)."
b) Quelle dieses Zitates: Michael Haase und Anja Haase-Fielitz: "Alarmsystem-getriggertes Konsilteam für die akute Nierenschädigung: Ist das die Zukunft?", in: Nephro-News - Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", Jahrgang 17, Ausgebe 1/2015, Seiten 23 bis 26, Seite 23.
c) Ich kann nur dringendst vor diesen verwirrenden und falschen Umbenennungen warnen.
d) Zuerst muss immer geklärt werden, ob tatsächlich eine Nierenkrankheit vorliegt. Nur doppelseitige Nierenkrankheiten können eine deutliche Niereninsuffizienz verursachen. Nur dann liegt ein Renorenalsyndrom vor. Viel häufiger sind die drei Nonnenbruchschen Extrarenalsyndrome Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom und Hepatorenalsyndrom mit Mischformen und immer bei gesunden Nieren.
e) Allein richtig sind die beiden Termini Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz. Man darf sie nie verwechseln. Denn es existieren Nierenkrankheiten ohne Niereninsuffizienz und Niereninsuffizienzen ohne Nierenkrankheit. Diese beiden Wörter sind also keine Synonyme.
f) Wenn eine doppelseitige Nierenkrankheit vorliegt, dann muss man sich fragen, ob die Glomeruli oder die Tubuli geschädigt sind. Eine Tubuluskrankheit beeinträchtigt nicht die Glomeruläre Filtrationsrate. Eine filtrative Niereninsuffizienz im Sinne eines Renorenalsyndroms kann also bei einer isolierten Tubulopathie nicht bestehen. Eine isolierte Tubulopathie mit Niereninsuffizienz ist also der Beweis für das Vorliegen eines Extrarenalsyndroms.
g) Im übrigen verweise ich auf die Übersicht der üblichen Bezeichnungen oben in den Absätzen 154a und 166.
392.) 30. März 2015
a) HZV = VVxEFxHR = MAD/R mit
HZV = Herzzeitvolumen
VV = enddiastolisches Ventrikelvolumen
EF = effektive Ejektionsfraktion
HF = Herzfrequenz
MAD = arterieller Mitteldruck = RR = Blutdruck nach Riva-Rocci
R = peripherer Widerstand = Organresistance
b) Nach den Kirchhoffschen Regeln (siehe oben Absatz 216i) gilt
1/R = Summe 1/Ri = 1/R1 + 1/R2 + 1/R3 + ... + 1/Rn mit
R = peripherer Widerstand
i = Nummerierung der einzelnen parallel geschalteten Organe von i=1 bis i=n
c) HZV = VVxEFxHR = RR x (1/R1 + 1/R2 + 1/R3 + ... + 1/Ri + ... + 1/Rn)
HZV/RR = Summe 1/Ri mit
Summe = Sigma = Summe von i=1 bis i=n
d) HZV = RR x Summe 1/Ri.
Wenn sich der Widerstand verringert, dann vergrößert sich das HZV, weil R im Nenner steht.
Wenn sich der Widerstand vergrößert, dann verkleinert sich das HZV, weil R im Nenner steht.
e) Die Entfernung eines Organes verkleinert die Summe 1/Ri und damit das HZV, weil ein Summand fehlt. Der Widerstand vergrößert sich, weil eine der
Abflussmöglichkeiten des arteriellen Blutes fehlt. Das Herzzeitvolumen verkleinert sich.
Ein zusätzliches Organ zum Beispiel im Rahmen einer Nierentransplantation vergrößert die Summe 1/Ri und damit das HZV, weil es zum zusätzlichen Summand Rn+1 kommt. Der Widerstand verkleinert sich, weil das arterielle Blut eine zusätzliche Abflussmöglichkeit findet. Das Herzzeitvolumen vergrößert sich.
Ähnlich wirken eine Ballondilatation mit Stenting bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beine (perkutane transluminale Angioplastie, PTA) oder bei
der koronaren Herzkrankheit (perkutane transluminale koronare Angioplastie, PTCA).
f) Wenn man alle einzelnen Podozyten von j=1 bis j=m durchnummeriert, dann gilt
GFR = RR/R = RR x Summe 1/Rj mit
R= podozytäre Resistance
Rj = periphere Resistance des einzelnen Podozyten mit der Nummer j
Summe = Sigma = Summe von j=1 bis j=m.
Es gilt 1/R = 1/R1 + 1/R2 + 1/R3 + ... + 1/Rm = Summe 1/Rj
g) Die GFR vergrößert sich mit Verkleinerung der podozytären Resistance.
Die GFR verkleinert sich mit Vergrößerung der podozytären Resistance.
h) Um das HZV und damit die GFR zu vergrößern, muss man das Ventrikelvolumen, die Ejektionsfraktion, die Herzfrequenz und den Blutdruck vergrößern oder aber die einzelnen Organwiderstände verkleinern. Das muss bei jeder Therapie der Herzinsuffizienz und der Niereninsuffizienz berücksichtigt werden.
i) Diese Empfehlung steht im Widerspruch zur üblichen Praxis einer Senkung von Ventrikelvolumen, Herzfrequenz und Blutdruck. Um erfolgreich zu sein, müssen diese widersinnigen Senkungen durch einen Anstieg der Ejektionsfraktion und durch eine Verkleinerung der Resistance überkompensiert werden.
j) Auch diese Forderungen haben die Qualität eines Paradigmenwechsels in der Medizin. Siehe oben Absatz 360.
393. a) In den Wirtschaftswissenschaften bezeichnet man als Trade-off oder Austauschbeziehung eine gegenläufige Abhängigkeit, also die Inkaufnahme einer
Verschlechterung eines Parameters zur Erzielung einer Verbesserung eines anderen Parameters. Als klassisches Beispiel gilt das Magische Viereck mit den Parametern Inflation, Arbeitslosigkeit,
Handelsbilanz und Wirtschaftswachstum. Erinnert sei auch an das Pareto-Optimum, also an die Verbesserung eines Parameters ohne Verschlechterung eines anderen Parameters. Vilfredo Pareto lebte vom
15.7.1849 bis zum 19.8.1923.
b) In der Mathematik entspricht das der umgekehrten (inversen, reziproken, indirekten) Proportionalität oder Antiproportionalität. Das Produkt zweier Parameter ist
konstant und zeigt als Graph eine Hyperbel. Das gilt für die Beziehungen HZV = RR x Summe 1/Ri und GRF = RR x Summe 1/Rj.
c) In der Medizin muss man also die Parameter Blutdruck, Ventrikelvolumen und Herzfrequenz verschlechtern, um eine Verbesserung von Herzinsuffizienz und
Niereninsuffizienz zu erzielen. Als Alternativen bleiben nur eine Vergrößerung der Ejektionsfraktion und eine Verkleinerung der Organwiderstände.
d) In Analogie zum Magischen Viereck könnte man hier vom magischen Fünfeck sprechen. Im Gegensatz zur Ökonomie handelt es sich in der Medizin um reine Mathematik und nicht um Psychologie wie im Wirtschaftsleben.
e) Medizinische Schlussfolgerungen sind also im Gegensatz zu ökonomischen Prognosen immer richtig. Wenn man einen der fünf Parameter vergrößert oder verkleinert, dann muss sich immer mindestens einer der übrigen vier Parameter in die vorhergesagte Richtung bewegen.
394. a) HZV = VV x EF x HF = RR / R = RR x Summe 1/Ri
b) Die Bedeutung dieser Formel für die gesamte Medizin kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.
c) Es ist nicht so, dass sich RR und R immer gleichsinnig zu identischen Prozentsätzen verändern, wie manche glauben könnten. Vielmehr ist das Herzzeitvolumen identisch mit dem "Unterschied" zwischen Blutdruck und Widerstand. Aus der Veränderung des einen Parameters lässt sich die Veränderung des anderen Parameters errechnen.
395. a) Robert H. G. Schwinger (siehe oben die Absätze 306 und 312) schreibt über die "Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz bei eingeschränkter Nierenfunktion: Was ist zu beachten?" (Quelle: "Herzmedizin", Heft 2/2015, 32. Jahrgang, April 2015, Seiten 15 bis 22).
b) Das Problem der vier Renalsyndrome hat er nicht ansatzweise verstanden.
c) Er verwechselt Niereninsuffizienz mit Nierenerkrankung. Zitat: "Die Einschränkung der Nierenfunktion im Sinne einer chronischen Nierenerkrankung" (Seite 15).
d) Er erkennt nicht, dass es zahlreiche Schätzformeln für die GFR gibt, die mit den Parametern Cystatin C und Kreatinin arbeiten (Seiten 15 und 16).
e) Er unterscheidet nicht zwischen der tatsächlichen und der normierten GFR. Wahllos verwendet er die Einheiten ml/min, ml/min/1,73 m² und ml/min/1,73 m2. Den Zwang zur Normierung hat er nicht verstanden.
f) Auf Seite 20 beschreibt er einen GOLD-Standard und verwendet dabei die Abkürzung für die "Global Initiative for Obstructive Lung Disease". Er meint einen Goldstandard.
g) Richtig fordert er auf Seite 20 eine "Verbesserung der Pumpleistung und der Nierenperfusion". Er erkennt nicht die Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und der Glomerulären Filtrationsrate.
h) Richtig fordert er auf Seite 20 "eine weitere invasive Diagnostik mittels Herzkatheteruntersuchung". Er erkennt die Bedeutung der Formel HZV=VVxEFxHF als Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz nicht. Die Leitlinien fordern die Bestimmung des Herzzeitvolumens. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz.
i) "Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ist eine Verschlechterung der Nierenfunktion" (Zitat Seite 15) die notwendige Folge der Reduktion des Herzzeitvolumens. Diesen Zusammenhang erkennt er nicht.
j) "Ebenso gilt, dass Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion zudem häufig eine eingeschränkte Herzfunktion zeigen" (Zitat Seite 15). Er erkennt nicht, dass es sich dabei um die drei Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch handelt.
k) Irrtümlich setzt er ebenfalls auf Seite 15 in Tabelle 1 das fünfte Stadium der chronischen Niereninsuffizienz mit einer "Dialysepflichtigkeit" gleich. Die Dialysepflicht besteht oft erst bei GFR(1,73 m²/KOF) < 5 ml/min.
l) Er muss (auf Seite 16) zugeben: "Die Einleitung, aber insbesondere die Intensivierung der Herzinsuffizienztherapie, kann zu einer weiteren Verschlechterung der Nierenfunktion führen." Das gilt besonders, wenn man die Formel HZV=VVxEFxHF nicht versteht.
m) Richtig fordert er auf Seite 17 "somit eine gemeinsame interdisziplinäre Herangehensweise der Kardiologen, Nephrologen und Intensivmediziner zur Verbesserung und Stabilisierung der Herz- wie auch der Nierenfunktion und somit zur Beeinflussung der weiteren Progression." Dass die Hepatologen für das Hepatorenalsyndrom und die Pulmonologen für das Pulmorenalsyndrom zuständig sind, wird nicht erkannt.
396. a) Offenbar bin ich der Erstbeschreiber der vier Renorenalsyndrome.
b) Am 9.4.2015 findet man bei Google bei der Suche nach dem Renorenalsyndrom als einzigen Treffer nur meine hier vorliegende Website.
c) Sucht man dagegen die Renorenalsyndrome, dann findet man noch zwei weitere Ergebnisse.
d) Einer dieser beiden Treffer ist die Homepage des indischen Nephrologen Ambar Khaira aus New Delhi ohne weitere Hinweise.
e) Die zweite Arbeit heißt "Reno renal syndrome crosstalk between kidneys" und wurde von Ankur Gupta, Om Prakash Rathi, Ambar Khaira und Sanjay Kumar Agarwal im
Oktober 2009 in einer persischen Fachzeitschrift veröffentlicht (Quelle: Iran J Kidney Dis 2009 Oct; 3 (4): 254-5). - Siehe unten Absatz 397. - Om Prakash Rathi heißt auch Omprakash
Rathi.
f) Offenbar beschreibt Ambar Khaira zusammen mit seinen indischen Koautoren nicht die Renorenalsyndrome, sondern eine kompensatorisch verbesserte Funktion der
gesunden Niere bei einseitigen Nierenerkrankungen. - Zur Erklärung siehe unten Absatz 405.
g) Ein renorenaler Reflex ist das reflektorische Mitreagieren einer Niere bei Affektion der anderen, zum Beispiel als überspringende Oligurie oder Polyurie bei Steinleiden, Trauma (reflektorische Anurie). Reflexbogen von Pyelon, Ureter oder Harnblase zum Rückenmark und - mit oder ohne Zwischenhirnvermittlung - über den Splanchnikus zum kontralateralen Nierenstiel. Therapie: Nierenstiel- oder Paravertebralanästhesie. Quelle: Günter Thiele: "Handlexikon der Medizin", vier Bände, Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore; ohne Jahr (Band 1 wurde 1980 veröffentlicht), Band 3, L-R, Seite 2072.
h) Vielleicht gibt es diesen Reflex gar nicht. Die vier Renalsyndrome können die beschriebenen Symptome auch ohne den beschriebenen Pathomechanismus erklären. -
Siehe unten Absatz 405.
i) In allen Sprachen findet man bei Wikipedia den renorenalen Reflex nicht. Bei Google findet man dagegen 53.300 Ergebnisse, wenn man nach dem "reno renal reflex"
sucht. In den modernen medizinischen Nachschlagewerken fehlt der Begriff, vermutlich weil es diesen Reflex nicht gibt.
j) Willibald Pschyrembel ("Klinisches Wörterbuch") schreibt von der Auflage 123-153 aus 1959 auf Seite 747 bis zur Auflage 255 aus 1986 noch: "Renorenaler Reflex:
Reflektorisch ausgelöste Schmerzen und Störung der Funktion in einer Niere bei Erkrankung der anderen oder Verschluß des anderen Ureters (Ureterstein!)." Seit der 256. Auflage 1990 fehlt dieser
Begriff. - Zuerst von der 4. Auflage 1911 bis zur 12. Auflage 1926 definierte Otto Dornblüth ("Klinisches Wörterbuch") dagegen kurz beim Stichwort Renorenaler Reflex: "Schmerzen in einer Niere
bei Erkrankung der anderen." Beginnend in der 13. und 14. Auflage 1927 ergänzte Otto Dornblüth seine Kurzdefinition: "Renorenaler Reflex: Schmerzen in einer Niere bei Erkrankung der anderen. Bei
einer Reihe von Fällen kann es sich aber auch um Überlastung der gesunden bei Insuffizienz der kranken handeln." Ebenso zuletzt in der 117. bis 122. Auflage 1958 auf Seite 746 von Willibald
Pschyrembel.
k) Vermutlich hat man damals den renorenalen Reflex postuliert, weil man den Pathomechanismus der Extrarenalsyndrome nicht verstand. Nur doppelseitige Nierenerkrankungen können ein deutliches Renorenalsyndrom verursachen. Eine Niereninsuffizienz bei einer einseitigen Nierenkrankheit ist der Beweis für die Existenz der Extrarenalsyndrome. Weil man diesen Zusammenhang nicht verstand, musste man auf die spekulative Hilfskonstruktion einer reflektorischen (konsensuellen, virtuellen) Nephropathie zurückgreifen.
397. a) "Various pathophysiological syndromes have thronged nephrology. These include hepato-renal, pulmonary-renal, and cardio-renal syndromes. We herein descibe a new syndrome characterized by injury (partial or total) to one kidney, cumulating in pathophysiological changes in the other, and we shall now call it as reno-renal syndrome."
b) Quelle: Ankur Gupta, Om Prakash Rathi, Ambar Khaira, Sanjay Kumar Agarwal: "Reno-renal Syndrome - Cross-talk Between Kidneys", in: "Iranian Journal of Kidney Diseases", 3:4, 2009 October, pages 254-255.
c) Interessant an diesem Kurzartikel ist die Synopsis der vier Renalsyndrome Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom und Renorenalsyndrom.
d) Die pathophysiologischen Erklärungen erschöpfen sich in einem sinnlosen Sammelsurium aufgezählter Noxen von Hormonen bis zu Verletzungen.
e) Nicht verstanden wurde das Wesentliche. Die drei Extrarenalsyndrome beschreiben die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, das Renorenalsyndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei doppelseitigen Nierenkrankheiten.
f) Ich definiere das Renorenalsyndrom als doppelseitige Nierenkrankheit mit Niereninsuffizienz. Die vier indischen Nephrologen definieren das Renorenalsyndrom als
einseitige Nierenkrankheit ohne Niereninsuffizienz wegen einer kompensatorischen Überfunktion der gesunden Niere. Schon Aristoteles habe vergrößerte Einzelnieren bei lebenden Tieren beschrieben.
- Aristoteles lebte von 384 bis 322 vor Christus (siehe unten Absatz 403). Siehe auch unten Absatz 405.
g) Beide Definitionen stehen im Gegensatz zum renorenalen Reflex, bei dem eine kranke Niere auch die gesunde Niere in ihrer Funktion beeinträchtigen soll. Es handelt
sich also um eine einseitige Nierenkrankheit mit einer deutlichen Niereninsuffizienz. Vermutlich liegt nicht ein reines Renorenalsyndrom, sondern eher ein Extrarenalsyndrom vor. - Siehe oben
Absatz 396e und unten Absatz 398.
398.) Das Recht der Erstbeschreibung der Renalsyndrome können Ankur Gupta, Om Prakash Rathi, Ambar Khaira und Sanjay Kumar Agarwal nicht beanspruchen. Vermutlich ist ihre Arbeit vom Oktober 2009 in einer iranischen Fachzeitschrift zwar die erste und außer meiner Website bislang einzige Zusammenstellung der vier Krankheitsbilder Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom und Renorenalsyndrom. Das Konzept der Renalsyndrome, also die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, wurde jedoch noch nicht einmal ansatzweise thematisiert.
399. a) Die wie auch immer ermittelte GFR ist mit der Primärharnbildung identisch. Bei dieser Primärharnbildung handelt es sich um eine passive Leistung der Podozyten. Sie ist proportional zum Herzzeitvolumen. Verschleiß oder Entzündung, also Nephrose oder Nephritis, beeinträchtigen im Zweifel diese Filterleistung als Folge einer verringerten renalen Perfusion. Die entsprechenden Krankheitsbilder heißen Glomerulosklerose und Glomerulonephritis.
b) Völlig anders verhält es sich mit den Tubuli. Das Krankheitsbild heißt völlig undifferenziert tubuläre Dysfunktion. Bei der tubulären Rückresorption handelt es sich im Gegensatz zur passiven Filtration um eine aktive Leistung der Tubuluszellen. Jede Tubulopathie müsste also die Rückresorption verringern und damit zur Polyurie führen. Das Gegenteil ist der Fall.
c) Es stellt sich also die Frage, ob eine Anurie die Folge einer glomerulären Minderleistung oder aber die Folge einer tubulären Mehrleistung ist.
400.) Interessant ist das Zentrale Salzverlustsyndrom; es heißt auch zerebrales Salzverlustsyndrom. Nach meiner Systematik der Renalsyndrome würde ich es als eines
der Zerebrorenalsyndrome (siehe oben Absatz 225e) zu den Extrarenalsyndromen zählen. Durch hormonelle und neurale Regelkreise reduzieren sich das Herzzeitvolumen und dadurch die Glomeruläre
Filtrationsrate. Durch denselben Pathomechanismus kommt es außerdem zu einer reversiblen oder irreversiblen Tubulusinsuffizienz mit Verringerung der Rückresorption. Es liegt also eine doppelte
Niereninsuffizienz mit Beeinträchtigung sowohl der Glomeruli wie auch der Tubuli vor. - Dieses Zentrale Salzverlustsyndrom wurde zuerst 1950 von John Punnett Peters (4.12.1887 bis 29.12.1955) et
alii als "A salt-wasting syndrome associated with cerebral disease" ("Trans Assoc Am Physicians", 1950; 63: pages 57-64) beschrieben und heißt heute "cerebral salt wasting syndrome".
401. a) "Die Annahme, eine erhöhte orale Flüssigkeitszufuhr habe positive Auswirkungen auf die Gesundheit und schütze vor Nierenerkrankungen, ist weit verbreitet." Zitat: Thomas Eisenhauer: "Auswirkung erhöhter Flüssigkeitsaufnahme auf Mortalität und Nierenfunktion", in: "Nefro praxis aktuell - Literaturservice für Klinik und Praxis", "Ein Fortbildungsservice von Medice", Nummer 2/2014, erste Seite.
b) Zitierte Quelle: Suetonia C. Palmer et alii: "Fluid intake and all-cause mortality, cardiovascular mortality and kidney function: a population-based longitudinal
cohort study", in: "Nephrology Dialysis Transplantation", Volume 29, Issue 7, pages 1377-1384 (2014) vom 6.1.2014.
c) "Auch die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate war im gesamten Beobachtungszeitraum unbeeinflusst durch die tägliche Flüssigkeitsaufnahme" (Zitat erste Seite).
d) "Die tägliche Flüssigkeitszufuhr war weder mit der Gesamt- noch mit der kardiovaskulären Sterblichkeit assoziiert" (Zitat erste Seite).
e) Das war auch nicht anders zu erwarten. Siehe oben die Absätze 241h, 268b, 273a, 335e und 377.
f) Die filtrative Nierenfunktion ist proportional zum Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen ist proportional zum Blutvolumen. Das Blutvolumen ist in gewissen Bereichen proportional zum Trinkvolumen. Also besteht eine gewisse Proportionalität zwischen der GFR und der Trinkmenge.
g) Dieser Effekt ist kurzfristig im Bereich weniger Stunden. Keine Niere wird durch eine Trinkmengenerhöhung gesünder. Keine Nierenkrankheit lässt sich allein durch eine Trinkmengenerhöhung heilen.
h) Trotzdem verbessern sich die GFR und damit die Entgiftungsfunktion der Nieren annähernd proportional zur Trinkmenge.
i) Dadurch werden die Menschen und ihre Nieren nicht gesünder. Das Leben wird nicht verlängert.
j) Beweis meiner Behauptungen: Wenn man am Abend vor der Blutabnahme einen zusätzlichen Liter Wasser konsumiert, dann hat man am nächsten Morgen eine bessere GFR. Das ist meine langjährige praktische Erfahrung und wohl unstrittig.
k) Wenn man dagegen täglich einen zusätzlichen Liter Wasser trinkt, dann stabilisiert sich die GFR auf hohem Niveau ohne weitere Verbesserungen. Das ist wohl die nicht überraschende Aussage der zitierten Forschungsarbeit.
l) Nephrologen empfehlen Gesunden eine solche tägliche Trinkmenge, welche bei Erwachsenen für ein Harnvolumen von 1,5 l/d sorgt.
m) Ich würde die Ergebnisse der Originalarbeit anders interpretieren. Verglichen werden die vier Quartile in Abhängigkeit vom täglichen Trinkvolumen. Das erste Quartil trank täglich weniger als zwei Liter, das vierte Quartil mehr als drei Liter. Folgende Unterschiede sind hoch signifikant: Die GFR stieg von 66,2 ml/min auf 69,7 ml/min an; das ist eine Verbesserung um 5,3 Prozent (Tabelle 1). Die Apoplexierate sank von 4,1 % auf 3,6 %; das ist ein Rückgang um 12,2 Prozent (Tabelle 1). Die Sterblichkeit stieg jeweils um 30 Prozent, wenn sich die GFR um jeweils 10 ml/min reduzierte; sie sank im vierten Quartil um 9 % verglichen mit dem ersten Quartil (Tabelle 2).
n) In der Originalarbeit findet sich durchgängig die falsche Nierenfunktionseinheit mL/min per 1.73 m². Die Körperoberfläche der 3858 Probanden betrug im dritten Quartil 1,7 Quadratmeter, in allen anderen Quartilen dagegen 1,8 Quadratmeter. Allein wegen dieser Ungenauigkeiten ist eine Normierung nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) kaum möglich. Offenbar wurde sie nicht vorgenommen.
402.) Frage: Bei einer schweren einseitigen Nierenkrankheit ist die Möglichkeit zur Filtration der gesunden Niere nicht beeinträchtigt. Kann es trotzdem zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz kommen?
Antwort: Ja, bei den Extrarenalsyndromen (Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom, Zerebrorenalsyndrom). Hier handelt es sich um die Niereninsuffizienz bei (zumindest einseitig) Nierengesunden. Im Gegensatz dazu bezeichne ich die Niereninsuffizienz bei (doppelseitig) Nierenkranken als Renorenalsyndrom. Der Oberbegriff für die Renorenalsyndrome und die Extrarenalsyndrome sind die Renalsyndrome. Die Niereninsuffizienz bei einseitig Nierenkranken und ansonsten gesunden Patienten kann nie schwer sein.
403.) "Urina ergo est colamentum sanguinis" (Urin ist also das Filtrat des Blutes). Diese Erkenntnis findet sich schon in der Isagoge des Iohannitius (Hunayn ibn Ishaq al Ibadi, lebte von 808 bis 873) et alii und zwar auf der Seite Isagoge folia 43a. Anmerkung: Folia ist das Blatt; mit den Buchstaben a und b werden die Vorder- und die Rückseite bezeichnet. Quelle: "The Isagoge and Five Other Texts of the Articella" (1210 bis 1230?) aus dem elften Jahrhundert. Die Isagogen gehen auf Aristoteles (384 bis 322 vor Christus) zurück. Articella heißt wörtlich übersetzt "die kleine Kunst". - Siehe auch oben Absatz 285.
404.) Wenn man den Zahlenwert der GFR um 44 Prozent vergrößert (oder mit 1,44 multipliziert) und die Nierenfunktionseinheit ml/min durch die Einheit l/d ersetzt, dann erhält man die tägliche Primärharnproduktion PHP. Begründung: GFR = 100 ml/min = 144 l/d = PHP. Ein Tag hat 1440 Minuten.
405. a) Unter einer konsensuellen Reaktion versteht man eine zum Beispiel reflektorisch ausgelöste Reaktion auf der Körpergegenseite. Es stellt sich also die Frage,
ob eine einseitige Niereninsuffizienz auch zu einer Veränderung der filtrativen Nierenfunktion der anderen Niere führen kann. Siehe oben die Absätze 396 und 397.
b) Neben der nerval oder neural gesteuerten reflektorischen Reaktion ist auch an eine hormonell gesteuerte Reaktion der Gegenseite zu denken. Es könnte also ein neurohumoral gesteuerter Regelkreis vorliegen.
c) Die Theorie des renorenalen Reflexes postuliert eine Verschlechterung der Nierenfunktion der gesunden Niere bei einer einseitigen Nierenkrankheit.
d) Die Theorie des renorenalen Syndroms postuliert das genaue Gegenteil, also eine Verbesserung der gesunden Niere bei einer einseitigen
Nierenkrankheit.
e) Vermutlich gibt es sowohl einen renorenalen Reflex als auch ein renorenales Syndrom. Der Pathomechanismus ist aber einfacher, als es die Erstbeschreiber vermuteten.
f) Die glomeruläre Filtration einer jeden Niere ist weitgehend proportional zum Herzzeitvolumen. Eine einseitige Nephropathie verändert den Widerstand in dieser Niere. Bei konstantem Blutdruck verändert sich das Herzzeitvolumen gegenläufig. Dadurch verändert sich die renale Perfusion der gesunden Niere. Die Folge ist eine Veränderung der GFR dieser Niere. Wenn sich der Widerstand in der kranken Niere vergrößert, dann verschlechtert sich die Funktion dieser kranken Niere. Wenn sich der Widerstand in der kranken Niere verkleinert, dann verbessert sich die Funktion dieser kranken Niere.
g) Wenn man dagegen eine gesunde und eine kranke Niere betrachtet, dann muss man die Formel
GFR = a x RR x (1/R1 + 1/R2) heranziehen. Dabei bedeuten
GFR die konstante GFR des Patienten,
a eine Konstante zur Berücksichtigung aller übrigen Organe,
RR der (konstante) mittlere arterielle Blutdruck,
R1 der renale Widerstand in der gesunden Niere und
R2 der renale Widerstand in der kranken Niere.
Wenn jetzt GFR, a und RR konstant sind, dann kann man diese Formel vereinfachen zu:
k = 1/R1 + 1/R2
mit k als neuer Konstante. k = GFR/aRR.
Wenn sich jetzt der renale Widerstand in der kranken Niere vergrößert, dann muss sich der Widerstand in der gesunden Niere verkleinern. Dann verbessert sich die
Funktion der gesunden Niere. Wenn sich dagegen der renale Widerstand in der kranken Niere verkleinert, dann muss sich der Widerstand in der gesunden Niere vergrößern.
Dann verschlechtert sich die Funktion der gesunden Niere.
h) In Abhängigkeit vom Stadium wird der renale Widerstand bei den einzelnen Nierenkrankheiten größer oder kleiner als bei Nierengesunden sein. Hier ist noch viel Raum für die nephrologische Forschung.
i) Bei gesunden Nieren beruht eine einseitige Niereninsuffizienz auf der verschiedenen Anzahl der Podozyten in beiden Nieren.
406. a) Weitgehend die einzige Aufgabe der Nephrologen ist die Vergrößerung der glomerulären Filtration, notfalls auch mit Hilfe der Nierendialyse. Abgesehen von der Nierenersatztherapie stehen den Nephrologen drei Möglichkeiten zur Verfügung.
b) Es gilt die Formel GFR = GFR1 + GFR2 = RR/R = RR/R1 + RR/R2 = RR(1/R1 + 1/R2) mit
GFR1 = GFR der ersten Niere
GFR2 = GFR der zweiten Niere
RR = mittlerer arterieller Blutdruck = MAD
R = renaler Widerstand von beiden Nieren zusammen
R1 = renaler Widerstand der ersten Niere
R2 = renaler Widerstand der zweiten Niere
c) Die drei Möglichkeiten der Vergrößerung der GFR sind
die Vergrößerung des Herzzeitvolumens HZV=VVxEFxHF=RR x Summe Ri,
die Vergrößerung des arteriellen Blutdrucks RR = MAD und
die Verkleinerung der renalen Widerstände R1 und R2.
d) Wenn man das Herzzeitvolumen nicht mehr vergrößern kann und wenn man den Blutdruck nicht erhöhen will, dann bleibt als einzige therapeutische Möglichkeit die Verkleinerung der renalen Widerstände R1 und R2. Diese muss man zuerst einmal seitengetrennt bestimmen.
e) Nuklearmedizinisch sind R1 und R2 leicht zu bestimmen. Dabei wird die im Labor bestimmte GFR des Patienten im Verhältnis der radioaktiven Anreicherungen in beiden Nieren additiv aufgeteilt. Als Marker könnte man vielleicht radioaktiv markiertes Kreatinin verwenden. So ließe sich zur Kontrolle sogar die seitengetrennte Kreatinin-Clearance bestimmen. Jetzt gilt
R1 = RR/GFR1 = MAD / GFR1,
R2 = RR/GFR2 = MAD / GFR2.
f) Bei allen denkbaren Medikamenten muss aus nephrologischer Sicht untersucht werden, ob sie das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion vergrößern, ob sie den arteriellen Blutdruck vergrößern oder ob sie die renalen Widerstände verkleinern können.
g) Die Nephrologen müssen also von allen Patienten nicht nur das Herzzeitvolumen und den arteriellen Mitteldruck, sondern auch seitengetrennt die glomerulären Filtrationsraten und die renalen Widerstände beider Nieren kennen. Nur bei Kenntnis dieser sechs Parameter können sinnvolle Therapieentscheidungen getroffen werden. Die ersten vier dieser Parameter müssen vergrößert, die beiden anderen müssen verkleinert werden.
h) Nachtrag vom 23.4.2015:
Ziel muss es sein, von allen Krankheiten und Medikamenten den jeweiligen Einfluss auf das
effektive Herzzeitvolumen und auf die
Glomeruläre Filtrationsrate sowie zusätzlich auf den
mittleren arteriellen Blutdruck und den
renalen Widerstand zu kennen.
407. a) Ich bezweifele die klinische Relevanz der sogenannten diabetischen Nephropathie. Denn die Niereninsuffizienz der Diabetiker beruht nicht in erster Linie auf einer Nierenschädigung (Renorenalsyndrom), sondern auf den Folgekrankheiten des Diabetes mellitus (Extrarenalsyndrome) mit Reduktion des Herzzeitvolumens und der renalen Perfusion.
b) Eine "Nephropathie" findet sich bei chinesischen Diabetikern in 8 % der Fälle und bei deutschen Diabetikern in 84 % der Fälle. Quelle: Reinhard Fünfstück et alii: "Diabetes mellitus Typ 2 in Deutschland und China", in: "Diabetes, Stoffwechsel und Herz", Band 24, April 2015, Seiten 81 bis 87, Tabelle 5 ("Nachweis diabetischer Endorganschäden"), Seite 84.
c) Diesen hochsignifikanten Unterschied führe ich in erster Linie auf die Unterschiede beim Body Mass Index zurück (Deutschland 33,8 kg/m² und China 25,1 kg/m²).
Quelle: Tabelle 3 ("Ergebnisse der anthropomorphometrischen Untersuchungen") auf Seite 83. Die Adipositas begünstigt die Extrarenalsyndrome. Zusätzlich sprechen für die Bedeutung der
Extrarenalsyndrome das höhere Alter der Deutschen (72 versus 63 Jahre) und die längere Diabetesdauer (13,7 versus 7,3 Jahre). Ebenso sind die signifikanten Unterschiede bei den kardialen
Erkrankungen (46 % versus 8 %), bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (34 % versus 3 %) und bei der peripheren Neuropathie (86 % versus 12 %) Indizien für die Dominanz der
Extrarenalsyndrome (Quelle: "Für die Praxis", Seite 86).
d) Die sechs Autoren nennen dagegen als weitere Gründe die unterschiedlichen Schätzformeln für die GFR und die unterschiedlichen Referenzbereiche für die GFR.
e) In Deutschland wurde die GFR nach einem der Rechenmodelle der Mayo-Klinik (siehe oben Absatz 15) berechnet mit einer Nephropathie bei GFR < 85 ml/min. In China wurde die GFR nach einer Analyse von Cystatin C mit einer nicht genannten Schätzformel (siehe oben Absatz 52) berechnet mit einer Nephropathie dagegen erst bei GFR < 80 ml/min. Quelle: Tabelle 2 ("Referenzbereiche der laborchemischen Untersuchungen") auf Seite 82.
f) Zu kritisieren sind die durchgängig falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² und das offenbare Fehlen der Normierung. Die internationalen Leitlinien empfehlen die falsche Nierenfunktionseinheit nur zur Kennzeichnung der erfolgten Normierung der GFR nach der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF).
g) Ohne histologische Abklärung darf nicht von einer doppelseitigen "Nephropathie" (Zitate Seiten 84 und 86) gesprochen werden. Zwischen den Begriffen
Niereninsuffizienz (Zitat Seite 81) und Nephropathie muss streng unterschieden werden.
h) Die Repräsentativität eines Krankenhauses für traditionelle chinesische Medizin (TCM, Zitat Seite 82) für die chinesische Bevölkerung muss bezweifelt werden.
408. a) Insgesamt mit der "Schulnote 6" bewertete ich heute am 27.4.2015 (im entsprechenden Fragebogen im Internet) die Darstellung von Astrid Hummel, Klaus Empen,
Marcus Dörr und Stephan B. Felix in ihrer "zertifizierten Fortbildung" mit dem Titel "Akute und akut dekompensierte chronische Herzinsuffizienz", in: "Deutsches Ärzteblatt", Jahrgang 112, Heft
17/2015, Ausgabe A, 24.4.2015, auf den Seiten 298 bis 310. Es "wurden wichtige Punkte des behandelten Themas nicht erwähnt".
b) Falsch "wird eine Herzinsuffizienz definiert als die Unfähigkeit des Herzens, den Blutbedarf der Gewebe bei normalem kardialem Füllungsdruck zu gewährleisten"
(Zitat Seite 299). - Soll das heißen, dass es bei nicht normalem Füllungsdruck keine Herzinsuffizienz gibt? Außerdem fehlt die Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz. Statt vom Blutbedarf
hätten die vier Autoren also vom Bedarf an sauerstoffreichem Blut schreiben müssen. - Ich definiere die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen von sauerstoffreichem Blut. - Richtig wird auf
Seite 302 die "Hypoxämie" erwähnt, wenn auch ohne weitere Erklärung. - Der zentrale Begriff des Herzzeitvolumens wird in der gesamten Arbeit nicht einmal wenigstens erwähnt, wohl aber (auf Seite
307), wenn auch ohne Erklärung, der daraus abgeleitete Begriff des Herzindex. Statt des Fachbegriffs Herzindex wird jedoch der ungewöhnliche Anglizismus des "kardialen Indexes" (englisch: cardiac
index) gebraucht.
c) Es fehlt der Hinweis auf die kontinuierliche Gewichtszunahme als häufiges Symptom einer Herzinsuffizienz. Deswegen müssen die Ärzte das tägliche Wiegen anordnen.
Jede Gewichtszunahme vergrößert außerdem die Körperoberfläche. Jede Vergrößerung der Körperoberfläche verkleinert den Herzindex.
d) Durchgängig falsch wird der Begriff der Letalität verwendet. Man versteht unter der Letalität die Sterblichkeit an der Herzinsuffizienz und unter der Mortalität die Sterblichkeit bei der Herzinsuffizienz. Wenn im Extremfall eine Therapie bei allen Patienten zu tödlichen Magenblutungen führt, dann wäre die Letalität 0 % und die Mortalität 100 %.
e) "Neue Therapieansätze zur Prognoseverbesserung müssen durch multizentrische Studien evaluiert werden" (Zitat Seite 298). Das gilt für alle Lebensrisiken. Bei der Herzinsuffizienz würde schon ein verstärktes Nachdenken zu richtigen Erkenntnissen führen.
f) Es fehlt der Hinweis, dass jede Herzinsuffizienz durch eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens verbessert wird. Es fehlt der Hinweis, dass die internationalen
Leitlinien die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens verlangen. Sogar die Leitlinien der "Deutschen Gesellschaft für Kardiologie wurden" auf Seite 299 erwähnt, aber nicht befolgt. - Die
"Deutsche Gesellschaft für Kardiologie" habe ich oben in den Absätzen 206, 316, 323 bis 326, 328 und 338 kritisiert.
g) Es fehlt der Hinweis, dass das Herzzeitvolumen gleich dem Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz ist. HZV=VVxEFxHF. Es fehlt der Hinweis, dass das Herzzeitvolumen gleich dem Quotienten aus Blutdruck und peripherem Widerstand ist. HZV=RR/R.
h) Zur Behandlung der Herzinsuffizienz müssen die Herzfrequenz, das Ventrikelvolumen und der Blutdruck also vergrößert werden. Gegenteilige Therapieansätze müssen begründet werden.
i) Die "Therapieansätze in der Behandlung der akuten Herzinsuffizienz" in der Tabelle auf Seite 305 führen zur "Hypotension" und zum Anstieg der Letalität. Vermutlich steigt auch die Mortalität. Das ist der Beweis für die Richtigkeit meiner grundsätzlichen Forderung nach einer Blutdruckerhöhung, einem Pulsanstieg und einer Kammervergrößerung.
j) "Vasodilatanzien reduzieren den systolischen Blutdruck" (Zitat Seite 304). Warum werden sie dann eingesetzt?
k) "Es besteht eine enge Beziehung zwischen Herz- und Nierenfunktion" (Zitat Seite 299). Die GFR ist proportional zum HZV. Dieser Hinweis fehlt.
l) "Anzeichen einer peripheren Hypoperfusion" (Zitat Seite 302) sind identisch mit einem Rückgang des Herzzeitvolumens. Es fehlt der Hinweis auf die Notwendigkeit der regelmäßigen Bestimmung des Herzzeitvolumens.
m) Das "akute kardiorenale Syndrom (Typ 1)" wird zwar auf Seite 304 erwähnt. Die Bedeutung der fünf Renalsyndrome wird jedoch noch nicht einmal ansatzweise erklärt.
n) Ebenso werden zwar die "Volumenüberladung" (Zitat Seite 304) und "das Multiorganversagen" (Zitat Seite 307) erwähnt. Die banalen pathophysiologischen Zusammenhänge werden jedoch nicht verstanden. Das Herz ist eine Pumpe und die Niere ist ein Filter.
o) Es wird zwar "über eine Senkung des pulmonalkapillären und pulmonalarteriellen Drucks, konsekutiv auch des pulmonal- und systemvaskulären Widerstandes, allerdings ohne Erhöhung des kardialen Indexes" (Zitat Seite 307) spekuliert. Die Zusammenhänge HI=HZV/KOF und HZV=RR/R, also HI=RR/(RxKOF), werden nicht verstanden. - Wenn man den Herzindex HI vergrößern will, dann muss man den peripheren Widerstand R und die Körperoberfläche KOF verkleinern und den Blutdruck RR erhöhen, und nicht ebenfalls senken.
p) "Keine Studie konnte bisher eine Prognoseverbesserung nachweisen" (Zitat Seite 307). Ist das bei den vielen Denkfehlern verwunderlich?
q) Dass "eine Kreatininerhöhung allein kein prognostisch ungünstiger Faktor in der Prognose der akut dekompensierten chronischen Herzinsuffizienz ist" (Zitat Seite 304), ist ein Indiz für die Bedeutung der Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. Dass die GFR bei Nierengesunden ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz ist, wird nicht erkannt.
r) Insgesamt verdient diese zur continuing medical education (cme) der deutschen "Ärzteschaft" (Untertitel der Zeitschrift) vorgelegte Arbeit nur das Prädikat "ungenügend". Über die sich daraus ergebenden Kunstfehler kann nur spekuliert werden.
s) Der einzige Lichtblick ist das konsequente Vermeiden des Begriffs der Nierenkrankheit (Nephropathie). Richtig wird immer von der Niereninsuffizienz und dem "Nierenversagen" (Zitat Seite 304) geschrieben.
409.) Oben in Absatz 216 erwähnte ich einige Einheiten für die Dimension Druck/Widerstand. Wenn der Druck in dyn/cm² und der Widerstand in dynxsec/(cm hoch 5) gemessen werden, dann erhält man für das Herzzeitvolumen die Einheit cm³/sec. Wenn der Druck in mmHg und der Widerstand in mmHgxmin/l gemessen werden, dann erhält man für das Herzzeitvolumen die Einheit l/min. Wenn der Druck in N/m² und der Widerstand in Ns/(m hoch 5) gemessen werden, dann erhält man für das Herzzeitvolumen die Einheit m³/sec. - Alle diese drei Einheiten cm³/sec, l/min und m³/sec können in ml/min ungerechnet werden.
410.) Das Hepatokardialsyndrom (siehe oben die Absätze 185b, 286, 294e, 314, 338, 340, 351 und 376) definiere ich wie folgt: Das Hepatokardialsyndrom ist eine Herzinsuffizienz als Folge eines Kreislaufversagens wegen einer schweren Leberkrankheit. Herz, Lungen und Nieren sind gesund. Die Ejektionsfraktion ist im Zweifel unauffällig. In der Folge kommt es auch zum Hepatopulmonalsyndrom und zum Hepatorenalsyndrom beziehungsweise zum indirekten Kardiopulmonalsyndrom und zum indirekten Kardiorenalsyndrom.
411.) Richard Daikeler, Götz Use und Sylke Waibel ("Diabetes", Kitteltaschenbuch Jahrgang 2014/2015, "Evidenzbasierte Diagnostik und Therapie", 9. Auflage, Kapitel "Diabetische Nephropathie", Seiten 128 bis 131) verwenden unsystematisch die drei verschiedenen Nierenfunktionseinheiten ml/min, ml/' und ml/min/1,73 m².
412. a) Der Fluss des Herzzeitvolumens HZV ist einerseits das Produkt aus Ventrikelvolumen VV, Ejektionsfraktion EF und Herzfrequenz HF und andererseits der Quotient aus Blutdruck RR und peripherem Widerstand R. Die Produktbildung ist auch für Laien leicht verständlich; der Quotient ist dagegen etwas schwerer zu verstehen.
b) Das Produkt HZV=VVxEFxHF ist zusammengesetzt aus dem Schlagvolumen SV=VVxEF und dem Puls HF. Wenn man das enddiastolische Füllungsvolumen VV mit dem Anteil
(lateinisch: Fraktion) multipliziert, der ejiziert (lateinisch: herausgeworfen) wird, dann erhält man das Schlagvolumen SV, also das mit einem Herzschlag in den (kleinen oder großen) Kreislauf
beförderte Blutvolumen. Wenn man dieses Schlagvolumen mit der Anzahl der Herzschläge in einer Minute multipliziert, erhält man das Herzzeitvolumen. Wenn man nicht eine Minute lang zählt, dann
erhält man für jede andere Zeitperiode eine andere Anzahl von Herzschlägen. Der Quotient Anzahl/Zeitdauer bleibt jedoch unverändert; dieser Quotient heißt Herzfrequenz oder Puls. Die Herzfrequenz
ist der Quotient aus der Anzahl der (effektiven) Herzschläge und der dafür benötigten Zeitspanne.
c) Das Herzzeitvolumen HZV ist auch der Quotient aus Blutdruck RR und Widerstand R. Der periphere Widerstand eines jeden Körperteils ist mehr oder weniger eine Organkonstante und damit grundsätzlich weitgehend unveränderlich. Bei einer Konstanz des peripheren Widerstandes besteht also eine Proportionalität zwischen dem Blutfluss HZV und dem Blutdruck RR. Je höher der Druck, desto größer der Fluss. Man stelle sich einen Druckregler vor. Jede Veränderung des Manometers führt zeitgleich zu einer analogen Veränderung der Flussanzeige. Diese Flussanzeige mag man sich wie einen Tachometer vorstellen. Der Fluss ist also gewissermaßen der Ausgleich von Druckdifferenzen. Der Nullpunkt für diese Differenzbildung ist der Umgebungsdruck und nicht etwas der absolute Druck von 0 Pascal.
d) Falsch wäre die Vorstellung, dass jede Blutdruckänderung mit einer analogen Veränderung des peripheren Widerstandes beantwortet wird. Dann wären der Quotient RR/R und damit das identische Herzzeitvolumen unveränderlich. Vielmehr führt jede Blutdruckänderung zu einer proportionalen Änderung des Herzzeitvolumens. Wenn man zum Beispiel bei körperlicher Belastung das Herzzeitvolumen vergrößern will, dann muss man den Blutdruck entsprechend erhöhen. Ebenso muss bei jeder Therapie der Herzinsuffizienz der Blutdruck vergrößert und nicht verkleinert werden. Gegenteilige Bestrebungen sind pathophysiologisch zu begründen.
413.) Grundsätzlich verläuft jede Niereninsuffizienz schmerzlos. Denn die häufigsten doppelseitigen Nierenkrankheiten im Sinne einer Nephritis oder Nephrose
verlaufen zumindest schmerzarm. Ebenso sind die meisten ursächlichen Organkrankheiten der Extrarenalsyndrome (also Herz, Lunge, Gehirn und Leber) nicht mit starken Schmerzen verbunden. Zusätzlich
wirken die harnpflichtigen Substanzen bei der Urämie und im Coma uraemicum analgesierend oder anästhesierend, zumindest aber sedierend. - Einseitige Nierenkrankheiten können dagegen sehr
schmerzhaft sein; zusätzlich fehlt hier die schmerzlindernde Niereninsuffizienz.
414.) Das einzige Ziel der Herzinsuffizienztherapie, wenn man von der Anämie als Ursache einer Herzinsuffizienz absieht, ist die Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Oft stimmt dieses Ziel nicht mit den Behandlungszielen bei anderen kardialen und extrakardialen Krankheiten überein. Hier würde man eine Lebensverlängerung anstreben. Eine erfolgreiche Herzinsuffizienztherapie wird also in einigen Fällen zur Lebensverkürzung führen. Eine erfolgreiche Therapie anderer Krankheiten wird also in einigen Fällen zur Verschlechterung der Herzinsuffizienz führen. Als Beispiel nenne ich die iatrogene Senkung von Blutdruck und Puls. Ziel ist dabei die Senkung der Mortalität; die Verschlechterung der Herzinsuffizienz wird in Kauf genommen.
415. a) Fritz Lange veröffentlichte 1953 im Ferdinand Enke Verlag Stuttgart sein "Lehrbuch der Krankheiten des Herzens und der Blutstrombahn". Erschreckend ist das damalige völlige mathematische Unverständnis für die physikalische Binsenweisheit HZV=VVxEFxHF=RR/R. Alle für das Verständnis dieser fundamentalen Doppelformel erforderlichen Voraussetzungen waren ihm bekannt. Er hätte diese Formel erkennen müssen. Vermutlich hat er diese Zusammenhänge nicht erkannt, weil er auf die physikalischen Einheiten keinen Wert legte. So schreibt er zum Beispiel auf Seite 84 "ad 120,0" statt richtig "ad 120 ml".
b) Auf Seite 8 bezeichnet er das Herz richtig als "Herzpumpwerk". Dass die Nieren Klärwerke sind, erkennt er nicht.
c) "Das Herz kann diese Mehrarbeit der Steigerung des Minutenvolumens durch zwei Vorgänge bewirken: 1. durch Erhöhung seiner Auswurfmenge (Schlagvolumen), oder 2. durch Mehrung der Schlagfrequenz" (Zitat Seite 16). - Warum erkennt er nicht die Formel HZV=SVxHF (siehe aber unten unter h)? Warum erkennt er nicht die Formel SV=VVxEF? - Auf Seite 18 findet sich sogar das Wort "Herzminutenvolumen". Warum erkennt er nicht, dass das Wort Herzzeitvolumen aussagekräftiger ist? Denn der Quotient aus dem gepumpten Blutvolumen und der dafür benötigten Zeitspanne ist unabhängig von der Größe dieser Zeitspanne.
d) "Die Zunahme des Herzminutenvolumens wiederum führt bei gleichzeitiger Zunahme des peripheren Strömungswiderstandes zu einem Anstieg des arteriellen Blutdrucks" (Zitat Seite 18). - Warum erkennt er nicht die Formel HZV=RR/R? Dann hätte er erkannt, dass eine Abnahme des peripheren Widerstandes zu einer Zunahme des Herzzeitvolumens führt.
e) Zu Recht erkennt er die Bedeutung des Schlagvolumens SV. "Die Berechnung der Systolendauer, der Diastolendauer und des Produktes beider und der Pulsdauer aus den
synchronen Pulskurven ermöglicht im Verein mit den Größen des Aortenquerschnitts [hier fehlt ein Komma] der Blutdruckamplitude und der Pulswellengeschwindigkeit die Berechnung des Schlagvolumens
in der Gleichung von Brömser [richtig Philipp Broemser] und [Otto Friedrich] Ranke" (Zitat Seite 64). "[Karl] Wezler [27.5.1900 bis 17.7.1987] und [A.] Böger kommen deshalb unter Zugrundelegung
einer von O. Frank [richtig Friedrich Wilhelm Ferdinand Otto Frank, 21.6.1865 bis 12.11.1944] abweichenden Begrenzung der wirksamen Länge des Windkessels, die sich wie bei einer einseitig
gedeckten Pfeife verhält und lambda/4 beträgt, ... zu einer anderen Formel für das Schlagvolumen" (Zitat Seite 64, diese zweite Formel findet sich auf Seite 65). - Diese beiden mathematisch
anspruchsvollen Formeln sind offenbar keine Schätzformeln, sondern physikalisch korrekte Definitionsformeln. Ausgang ist die Definition HZV=RR/R. Also HZV/HF=SV=RR/(RxHF) mit der physikalischen
Einheit ml oder (nach damaliger Schreibung ccm, also cm³). - Unten unter i wird eine dritte Formel erwähnt. Siehe unten auch unter u.
f) Vermutlich sind beide Formeln richtig. Denn die Überprüfung der physikalischen Einheiten führt wirklich zum richtigen Ergebnis Milliliter. Folgende Einheiten habe ich verwendet:
Aortenquerschnitt in cm²
Blutdruck in g/min²cm
Systolendauer in min
Diastolendauer in min
Pulsdauer in min
Dichte des Blutes in g/cm³
Pulswellengeschwindigkeit in cm/min
Windkesselrohrlänge in cm
g) Fritz Lange ist vorzuwerfen, dass er diese Formeln nicht verstanden hat, also nicht nachprüfen konnte. Er hätte sonst viele Widersprüche in seinen Erklärungen gefunden. So ist die Pulswellengeschwindigkeit nicht Weg mal Zeit, sondern Weg pro Zeit. Dieser Fehler kommt sogar zweimal vor (Seiten 64 und 65). Die Zeitdauer T erklärt er als "Grundschwingung der Pulswelle (wird gemessen an der Femoralispulswelle)", ohne diese Größe zu gebrauchen. - Trotzdem ist seine Schlussfolgerung richtig: "Beide Verfahren geben aber brauchbare Vergleichswerte mit den in den gasanalytischen Methoden gewonnenen (Mittel des Schlagvolumens in Abhängigkeit von Körpergröße und Alter 74 ccm und Mittel des Minutenvolumens 4,8 l)" (Zitat Seite 64).
h) "Das Schlagvolumen errechnet sich aus der Division des Minutenvolumens durch die Anzahl der in der Zeiteinheit von einer Minute erfolgten Herzschläge (Systolen). Es beträgt normalerweise etwa 60 bis 70 ccm Blut" (Zitat Seite 80). Siehe aber oben unter c.
i) Auf Seite 82 findet sich eine dritte Formel zur Berechnung des Schlagvolumens. Auch hier ist die Einheitenprüfung positiv; das Schlagvolumen wird richtig im ml
errechnet. Unverständlich sind jedoch zumindest die Zahlenkonstante Z=0,6 und die Formel für den "Wert für den Gesamtwiderstand des Gefäßsystems (W)". Siehe unten unter u.
j) Auf Seite 81 findet sich "die von Fick aufgestellte Formel" für das Herzminutenvolumen als Quotient aus der Sauerstoffaufnahme "durch die Lunge (in ccm/Min.)" und der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz des Blutes. - Ebenso findet sich diese Ficksche Formel auf Seite 377. Der Setzer hat dabei jedoch mehrere Fehler gemacht, welche dem Autor bei der Korrektur (vermutlich wegen mathematischer Inkompetenz) nicht auffielen.
k) Richtig beschreibt Fritz Lange auf Seite 81 das "Amplitudenfrequenzprodukt nach Liljestrand und Zander" als falsches "Maß des Minutenvolumens". Er erkennt jedoch nicht, dass der Quotient aus zwei Drücken nicht die Einheit ml/min haben kann. Er erkennt nicht die Definition des Herzzeitvolumens als Quotient aus Druck und Widerstand.
l) Folglich erkennt er auf Seite 399 nicht, dass "bei einer durch Hitze ausgelösten Hyperämie des Körpers eine bedeutende Strombahneröffnung" den peripheren Widerstand verkleinert und dass deswegen "trotz enormer Erhöhung des Herzschlagvolumens der diastolische Druck immer mehr" abnehmen kann. Nach der Formel HZV=RR/R beziehungsweise RR=HZVxR sinkt der Blutdruck RR, wenn die Reduktion des Widerstandes R durch die Zunahme des Herzzeitvolumens HZV nicht kompensiert werden kann.
m) Ebenso hätte er auf den Seiten 403 bis 406 die arterielle Hypotonie, den verkleinerten Widerstand und die kompensatorische Tachykardie beim Kollaps leicht mit der Doppelformel HZV=SVxHF=RR/R erklären können.
m) Die Begründung für den umstrittenen "Erfordernishochdruck" (Zitat Seite 429) ergibt sich aus der Formel HZV=RR/R.
n) Auf Seite 459 erkennt er nicht die Proportionalität zwischen der filtrativen "Nierenfunktion" und der "Blutdurchströmung".
o) Mehrfach wird Wilhelm Nonnenbruch zitiert (zum Beispiel auf Seite 422). Seine bahnbrechenden Erkenntnisse hinsichtlich der Extrarenalsyndrome werden nicht thematisiert.
p) Dass das "Leerschlagen des Herzens" (Zitat Seite 405) ein Versuch des Körpers zur Gegenregulation nach der Formel HZV=SVxHF ist, wird nicht erkannt.
q) "Die Größe der Blutdruckschwankung ist abhängig vom Schlagvolumen, von der Dauer der Pulsperiode und von anderen Faktoren" (Zitat Seite 421). Diese "anderen Faktoren" hätte er in der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R finden können. Dass für alle diese Faktoren "Die zentrale Koordination" und "Die humorale Übertragung nervaler Reize" in Frage kommen, beschreibt er richtig auf Seite 400.
r) Heute spricht man vom peripheren Widerstand. Fritz Lange erwähnt den "Strömungswiderstand" (Seite 71), die "Widerstandserhöhung in der Strombahn" (Seite 11), den "Widerstand der peripheren Strombahn", den "peripheren Strömungswiderstand (Seite 18) und "daß bei einer Verengerung der peripheren Blutstrombahn das Herz mehr Arbeit gegen einen erhöhten Widerstand leistet" (Zitat Seite 397).
s) Auf Seite 403 unterscheidet er die Herzinsuffizienz von der Kreislaufinsuffizienz. "Seither kennen wir neben der Herzinsuffizienz den Begriff der Kreislaufinsuffizienz." - Ich lehne diese Unterscheidung ab. Kreislaufinsuffizienz und Herzinsuffizienz sind Synonyme, wenn man ihre Definition als zu kleines Pumpvolumen und wenn man ihre vielfältigen Ursachen bedenkt.
t) "Das rote Blutbild zeigt häufig bei einer Belastung des rechten Herzens eine deutliche Vermehrung der roten Blutkörperchen und eine Zunahme an Hämoglobin" (Zitat Seite 98). - Dadurch wird eine relative Anämie als Ursache der Herzinsuffizienz kompensiert. - Ich definiere die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes.
u) Insgesamt erwähnt Fritz Lange drei verschiedene Formeln zur unblutigen Berechnung des Schlagvolumens (siehe oben unter e und i) mit Hilfe der Sphygmographie. Die dritte auf Seite 82 ist vermutlich besser als die beiden anderen auf den Seiten 64 und 65. Diese dritte Formel stammt von Philipp Broemser (20.7.1886 bis 11.11.1940) und Otto Friedrich Ranke (17.8.1899 bis 19.11.1959) mit den Quellen "Über die Messung des Schlagvolumens des Herzens auf unblutigem Weg" (Zeitschrift Biologie, 90, 1930, Seiten 467-507) und "Die physikalische Bestimmung des Schlagvolumens des Herzens" (Zeitschrift für Kreislaufforschung, 25, 11, 1933).
416. a) Die Doppelgleichung HZV=VVxEFxHF=RR/R besteht als sechs Variablen. Jede Veränderung von einer dieser Variablen muss zur Veränderung von mindestens einer anderen Variablen führen.
b) Zum Beispiel könnte eine Vergrößerung von VV zu einer proportionalen Verkleinerung nur von EF ohne sonstige Veränderungen führen. Theoretisch könnte auch eine Veränderung von RR durch eine analoge Veränderung nur von R kompensiert werden. Solche Vorstellungen sind in einem biologischen System jedoch völlig unwahrscheinlich.
c) Vermutlich werden also durch die Veränderung einer Variablen alle anderen mit beeinflusst. Die EF kann also nicht als Maß für das HZV angesehen werden.
d) Im Schock wird eine Verkleinerung von RR mit einer Vergrößerung von HF beantwortet. Das ist mathematisch jedoch nur durch Veränderung von mindestens einer dritten Variablen möglich. Diese dritte Variable muss das HZV sein, wenn VV, EF und R konstant bleiben.
e) Wenn sich das HZV jedoch nicht ändert, dann müssen sich neben RR und HF mindestens zwei weitere Variable verändern, nämlich R und SV=VVxEF.
f) Viele Kardiologen vermuten eine Proportionalität zwischen HZV und der EF. Sie bezeichnen die EF also als Maß für das HZV und somit als Kriterium für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Diese Ansicht ist völlig falsch.
g) Eine Proportionalität zwischen EF und HZV setzt eine Konstanz von VVxHF voraus. Das ist unrealistisch. Vielmehr sind Veränderungen der EF die pathophysiologische Folge von gleichgerichteten Veränderungen des VV und der HF. Vergrößerungen von VV und HF verkleinern die EF und umgekehrt. Das Produkt VVxHF kann also nicht konstant bleiben. Verkleinerungen der EF werden also gewissermaßen durch Vergrößerungen von VVxHF kompensiert.
h) Wer die Ejektionsfraktion EF als Maß für das HZV betrachtet, der unterstellt eine Proportionalität zwischen RR und HZV und damit auch zwischen RR und EF, wenn der
periphere Widerstand R als Organkonstante angesehen wird. Genau das Gegenteil ist der Fall. Je größer der Blutdruck RR, desto kleiner ist die Ejektionsfraktion EF.
i) Die Ejektionsfraktion darf also nicht als Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz betrachtet werden. Vielmehr muss nach der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R bei allen Krankheiten und bei allen Therapienoptionen nach dem Einfluss auf die sechs Parameter HZV, VV, EF, HF, RR und R gefragt werden. Das Herzzeitvolumen ist (abgesehen vom Hämoglobinwert) das einzige objektive Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz.
417.) Karl von Vierordt (1.7.1818 bis zum 22.11.1884) befasste sich schon 1850 mit der Herzkraft. 1854 entwickelte er die Sphygmographie zur Aufzeichnung des arteriellen Pulses. 1858 veröffentlichte er eine Monographie über Versuche zur Messung der Strömungsgeschwindigkeit des Blutes. Er konstruierte ein Gerät zur exakten unblutigen Messung des Blutflusses mit Hilfe eines hydromechanischen Pendels; diese Vorrichtung nannte er einen Hämotachometer.
418.) Das Herzzeitvolumen bezeichnete man früher als Stromstärke oder Stromfluss.
419.) Oben habe ich in den Absätzen 231 und 241 die Kennzahl HbHZV als Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz empfohlen. Diese Kennzahl kann jetzt mit Hilfe der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R erweitert werden:
HbxHZV = VVxEFxHFxHb = HbxRR/R.
Bei jeder Therapie einer jeden Herzinsuffizienz muss man die sechs Parameter
HZV = Herzzeitvolumen oder Herzminutenvolumen
VV = Ventrikelvolumen oder allgemeiner Höhlenvolumen
EF = Nettoejektionsfraktion = Bruttoejektionsfraktion ohne Regurgitation oder Pendelvolumen
HF = Herzfrequenz
RR = Blutdruck
Hb = Hämoglobin-Wert
vergrößern, nur der Parameter
R = peripherer Widerstand
ist zu verkleinern. Wenn man sich nicht an dieses Gebot hält, dann verschlechtert sich die Herzinsuffizienz weiter. Nur die überproportionale Verbesserung von zumindest einem anderen Parameter kann diese Verschlechterung überkompensieren.
420.) Mittlerweile finden sich (heute am 18.5.2015) bei Wikipedia beim Stichwort Herzminutenvolumen neun verschiedene Bestimmungsverfahren für das Herzzeitvolumen. Unabhängig von einander müssen sie alle zum selben Ergebnis führen.
421. a) Jede Therapie einer jeden Herzinsuffizienz besteht in der Maximierung der Kennzahl HbHZV. Dabei müssen die fünf Faktoren VV, EF, HF, Hb und RR maximal vergrößert und der Faktor R maximal verkleinert werden. Diese sechs Maximierungen werden zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Deswegen ist auch bei der Therapie der Herzinsuffizienz statt einer Maximierung eine Optimierung der sechs Einzelparameter anzustreben. Dadurch wird die Kennzahl HbHZV nicht maximiert, sondern ebenfalls optimiert. Nur bei der Ejektionsfraktion EF sind Maximum und Optimum identisch. Trotzdem ist die Ejektionsfraktion kein Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz.
b) Diese Optimierung der sechs Einzelparameter muss alle unerwünschten Nebenwirkungen berücksichtigen.
c) Trotzdem wird in vielen Fällen eine Maximierung der Kennzahl HbHZV auch bei Beachtung der Nebenbedingung einer Optimierung der Einzelfaktoren im Ergebnis zu einer Lebensverkürzung führen. Denn die Kriterien einer Optimierung der Herzinsuffizienz weichen in der Regel von den Kriterien einer Optimierung der Einzelfaktoren ab.
d) Nach dem Patientenrechtegesetz vom 20.2.2013 muss der Patient über Vorteile, Nachteile und Alternativen einer jeden Maßnahme aufgeklärt werden. Im Ergebnis wird er sich also in vielen Fällen für eine Verbesserung der Herzinsuffizienz auf Kosten einer verkürzten Lebenserwartung oder aber für eine Verbesserung der Lebenserwartung auf Kosten einer verschlechterten Herzinsuffizienz entscheiden müssen.
422. a) Es gibt mehr als 100 verschiedene GFR-Schätzformeln. Das Gegenteil einer Schätzformel wäre ein Messinstrument. Es kann kein Messinstrument für die GFR geben.
b) Wenn man ein Messinstrument für die GFR konstruieren wollte, dann müsste man auf die Clearance-Formel für Kreatinin zurückgreifen. In dieser Definitions-Formel wird nach den Kreatininkonzentrationen P und U in Blut und Harn sowie nach dem Harnzeitvolumen V gefragt. Jetzt gilt GFR=UV/P. Theoretisch könnte man einen Menschen mit einem zentralen Venenkatheter und mit einem Blasendauerkatheter an einen Laborautomaten anschließen. So könnte man die GFR messen. Das ist aber nicht praktikabel.
c) Die üblichen GFR-Schätzformeln sind für ein Messinstrument meistens noch weniger geeignet. Zum Beispiel fragen sie auch noch Rasse, Geschlecht und Alter. Diese Analysen können von Maschinen nicht durchgeführt werden.
d) Es gibt auch GFR-Schätzformeln, die ohne biometrische Daten auskommen. Zum Beispiel fragt die Formel GFR=80/Cys nur nach dem Plasmaspiegel von Cystatin C. Hier wäre die Konstruktion einer entsprechenden Maschine denkbar. Trotzdem wird die maschinelle Venenpunktion nicht gelingen.
e) Alle diese GFR-Schätzformeln liefern die GFR mit der richtigen Nierenfunktionseinheit ml/min. Die internationalen Leitlinien verlangen die Normierung der GFR nach der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF). Man muss die geschätzte GFR mit dem Quotienten aus den Körperoberflächen von Standardperson und Patient multiplizieren. Dieses Verfahren heißt Normierung. Es ist ein Bezug auf den Standardmenschen mit einer Körperoberfläche von 1,73 m². Nur zur Kennzeichnung dieser Normierung empfehlen die internationalen Leitlinien die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m².
f) Kein Messinstrument kann die normierte GFR bestimmen. Maschinen könnten zwar Größe und Gewicht messen und nach bestimmten Algorithmen die Körperoberfläche errechnen. Das wäre aber kaum praktikabel.
g) Einige GFR-Schätzformeln fragen auch nach Größe und Gewicht. Manche von diesen Formeln liefern nicht die tatsächliche GFR, sondern schon die normierte GFR(1,73
m²/KOF).
h) Kein Labor kann zwischen kleinen Gesunden und großen Kranken unterscheiden. Denn das Labor kennt weder Größe noch Gewicht des Patienten, kann also die Körperoberfläche nicht abschätzen. Deswegen kann das Labor nur die tatsächliche und nie die normierte GFR liefern. Bei Bedarf muss der Arzt die tatsächliche GFR für Vergleichszwecke nach meiner Formel normieren. Die Normierung ist der Vergleich mit der Standardperson, welche eine Körperoberfläche von 1,73 m² hat.
423.) Wissenschaftler um Thomas Worzfeld von der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. in Bad Nauheim und von "der Philipps-Universität in Marburg haben nun entdeckt, dass Nierenzellen Signale an sich teilende Nachbarzellen aussenden. ... Dieser Mechanismus ist essentiell, um die Reparatur der Niere nach akutem Nierenversagen zu organisieren" (Zitat: "Positionssignal für die Zellteilung - Nierenversagen", in: "Der niedergelassene Arzt", 64. Jahrgang, Heft 5/2015, 20.5.2015, Seite 21). - Bei den Extrarenalsyndromen kommt es bei gesunden Nieren zum Nierenversagen. Wurde daran gedacht? Muss das zitierte Wort "nach" durch "bei" ersetzt werden? Gilt der Mechanismus für alle Renorenalsyndrome, also für alle Nierenkrankheiten?
424. a) Wie würde man einem herzinsuffizienten Patienten die Formel
Hb HZV = VV EF HF Hb = Hb RR / R
erklären können?
b) Hb ist die Abkürzung für den roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Die Erythrozyten werden in der Lunge mit Sauerstoff angereichert. Der Sauerstoff lagert sich an das Hämoglobin an und wird mit dem Blut zum Bestimmungsort gebracht. Je mehr Hämoglobin, desto mehr Leistungsfähigkeit. Jede Herzinsuffizienz kann man durch Erhöhung des Hämoglobinspiegels verbessern. Oberhalb des Normalbereiches kann es jedoch zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Deswegen sind Optimum und Maximum beim Hämoglobinwert verschieden. Maßeinheit g/dl.
b) HZV ist das Herzzeitvolumen oder Herzminutenvolumen. Es errechnet sich als Produkt aus Schlagvolumen SV und Herzfrequenz HF oder als Quotient aus Blutdruck RR und Widerstand R. Das Schlagvolumen SV ist das Produkt aus Ventrikelvolumen VV und Ejektionsfraktion EF. Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist das HZV zu maximieren mit der Gefahr einer Lebensverkürzung. Maßeinheit ml/min.
c) VV ist das Innenvolumen des linken Ventrikels am Ende der Diastole. Alle vier Herzhöhlen haben unterschiedliche Füllungsvolumina mit unterschiedlichen Ejektionsfraktionen. Die Schlagvolumina sind jedoch bei allen vier Herzhöhlen bei jedem Herzschlag identisch. Das Ventrikelvolumen VV entspricht einem Viertel allen Blutes im Herzen am Ende der Diastole. Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist das VV zu maximieren mit der Gefahr einer Kardiomyopathie. Maßeinheit ml.
d) EF ist die Nettoejektionsfraktion einer jeden Herzhöhle. Da die vier Herzklappen nie vollständig dicht sind, fließt ein Teil des herausgeworfenen Blutes in die Höhle zurück. Diese Differenz zwischen Netto- und Bruttoejektionsfraktion bezeichnet man als Pendelvolumen oder Regurgitation. Jeder Herzhöhle entspricht also eine eigene Ejektionsfraktion EF. Üblicherweise wird die Ejektionsfraktion der linken Herzkammer bestimmt. Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist die EF zu maximieren. Keine Maßeinheit.
e) HF ist die Herzfrequenz, also der Quotient aus der Anzahl der Herzschläge und der dafür benötigten Zeit. Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist die HF zu maximieren mit der Gefahr einer Tachykardie. Einheit 1/min.
f) RR ist der Blutdruck nach Scipione Riva-Rocci (7.8.1863 bis 15.3.1937). Es wird unterschieden zwischen dem kleineren diastolischen und dem größeren systolischen Blutdruck. Maßgeblich für die Schwere der Herzinsuffizienz ist der arterielle Mitteldruck, der zum Beispiel bei der ambulanten Blutdruck-Langzeit-Messung ABDM regelmäßig bestimmt wird. Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist der Blutdruck RR zu maximieren mit der Gefahr einer Hypertonie. Maßeinheit mmHg.
g) R ist der periphere Widerstand (englisch resistance). Er behindert gewissermaßen den Blutauswurf des Herzens. Je kleiner der Widerstand, desto größer das Herzzeitvolumen. Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist R zu minimieren mit der Gefahr einer arteriellen Hypotonie. Maßeinheit mmHgmin/ml.
h) Zur Therapie der Herzinsuffizienz ist die Kennzahl HbHZV zu optimieren. Eine Maximierung würde zu einer deutlichen Lebensverkürzung führen. Maßeinheit g/min.
425.) Ich definiere die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes. Damit wird auch die relative Herzinsuffizienz gesunder Sportler erfasst. Durch Blutdoping könnten sie ihre Leistungsfähigkeit vergrößern. Ebenso wird die relative Herzinsuffizienz von Gesunden in großen Höhen mit sauerstoffarmer Luft berücksichtigt. Mit einer Sauerstoffbeatmung könnten sie ihre Leistungsfähigkeit vergrößern. Jede Hypoxie führt zur Herzinsuffizienz. Ebenso wie bei der Niereninsuffizienz gibt es auch bei der Herzinsuffizienz kein Stadium 0. Also hat auch der Gesündeste das erste Stadium der Herzinsuffizienz mit dem Symptom einer Luftnot bei großen Belastungen.
426. a) Die Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R kann man umformen zu RxVVxEFxHF/RR=1. So wird noch deutlicher, dass jede Veränderung von einem der fünf Parameter eine Veränderung von mindestens einem anderen Parameter nach sich ziehen muss.
b) Wenn beispielsweise eine Betarezeptorenblockade Blutdruck und Puls jeweils um einen identischen Prozentsatz reduziert, dann bleibt der Quotient HF/RR konstant. Das hat zur Folge, dass das Produkt RxVVxEF=RR/HF ebenfalls konstant bleiben muss. Also wird auch das HZV um den Prozentsatz der Reduktion von Blutdruck und Puls sinken. Die Herzinsuffizienz wird um diesen Prozentsatz verschlimmert.
c) Ähnlich kann zum Beispiel eine Herzklappenoperation die Ejektionsfraktion EF verdoppeln. Dann verdoppelt sich ceteris paribus auch das Herzzeitvolumen. Wenn in diesem Beispiel das Produkt RxVVxHF=RR/EF konstant bleibt, dann muss auch der Quotient EF/RR konstant bleiben. Das bedeutet eine Verdoppelung des Blutdruckes RR und des Herzzeitvolumens HZV nach einer erfolgreichen Herzklappenoperation.
d) Wenn ein bestimmtes Medikament die Herzfrequenz HF=RR/RVVEF um einen bestimmten Prozentsatz reduziert, dann müssen sich auch das Herzzeitvolumen HZV und der Quotient RR/R um denselben Prozentsatz verkleinern, wenn VV und EF konstant bleiben. Die Herzinsuffizienz verschlimmert sich um diesen Prozentsatz.
e) Ein Therapieansatz bei der arteriellen Hypertonie ist die Senkung des peripheren Widerstandes R. Bei konstantem Herzzeitvolumen HZV=VVxEFxHF sinkt der Blutdruck proportional zur Widerstandssenkung.
427. a) Das Bilginturan-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine extreme arterielle Hypertonie und kurze Finger. Eine Mutation des Proteins PDE3A führt zur Arteriosklerose mit Erhöhung des peripheren Widerstandes. Behandelt wird diese seltene Erbkrankheit (wie die pulmonale Hypertonie) mit Phosphodiesterasehemmern. "Die Nieren aber arbeiteten normal" (Zitat: Bernhard Albrecht: "Der Blutdruck-Code", in: "Stern", Heft 21/2015, 13.5.2015, Seiten 86 bis 98, Seite 94). - Damit ist bewiesen, dass eine Hypertonie nicht zur Nephropathie führt. Eine Niereninsuffizienz bei Hypertonikern hat also (bis zum Beweis des Gegenteils) extrarenale Ursachen. Das sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. - Siehe auch: Sylvia Bähring: "Das Bilginturan-Syndrom (autosomal-dominante Hypertonie mit Brachydaktylie)", Dissertation, Medizinische Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin, 2014, 110 Seiten. - Benannt ist das Syndrom nach dem türkischen Endokrinologen Ahmet Nihat Bilginturan. Erforscht wurde es auch von dem Nephrologen Friedrich C. Luft. - PDE ist die Abkürzung für die Phosphodiesterasen mit elf verschiedenen Isoenzymen; PDE-3 als drittes Isoenzym hat wiederum vier Isoformen. Ist PDE3A davon die erste?
b) Die Pathophysiologie des Bilginturan-Syndroms ist ganz einfach. Es kommt zu einer Atherosklerose. Dadurch vergrößert sich der periphere arterielle Widerstand R. Durch neurohumorale Regelkreise erhöht sich der Blutdruck RR vermutlich proportional zur Widerstandserhöhung. Der Quotient RR/R bleibt also konstant. Nach der Formel HZV=RR/R verändert sich das Herzzeitvolumen nicht. Die renale Perfusion und damit die glomeruläre Filtration bleiben ebenfalls konstant. Es kommt nicht zur Niereninsuffizienz.
428. a) Die Formel HZV=VVxEFxHF=RR/R kann man auch noch anders umformen:
RR = VVxEFxHFxR = SVxHFxR = HZVxR.
Der Blutdruck ist also immer das Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion, Herzfrequenz und Widerstand.
b) Es mag viele Gründe für Blutdrucksenkungen geben. Immer muss jedoch zumindest einer der vier Faktoren VV, EF, HF und R kleiner werden. Man hat also vier verschiedene unabhängige Wege zur iatrogenen Blutdrucksenkung. Nach der Formel RR=HZVxR sinkt auch immer (abgesehen von R) das Herzzeitvolumen; eine Herzinsuffizienz verschlimmert sich. Auch krankheitsbedingte Blutdrucksenkungen lassen sich auf die vier Möglichkeiten zurück führen.
c) Betablocker oder zum Beispiel Ivabradin senken den Puls HF.
d) Vasodilatanzien verringern den peripheren Widerstand R.
e) Zum Beispiel chirurgisch kann man das Ventrikelvolumen VV verkleinern.
f) Diuretika oder Aderlässe können die Ejektionsfraktion EF verkleinern.
429. a) Oben wurde im Absatz 427a gezeigt, dass die Hypertonie nicht zur Nephropathie führt. Die Fachliteratur sieht das anders. "Chronische Nierenerkrankungen ... stellen eine häufige Komplikation im Sinne eines Schadens durch den hohen Blutdruck an den Nieren dar." Quelle: Manuel Wallbach und Michael J. Koziolek: "Nephroprotektion durch Barorezeptorenaktivierungstherapie", in: "Nephro-News", Jahrgang 17, Ausgabe 2/2015, Seiten 1 bis 6, Seite 1. Es wird nicht zwischen den "chronischen Nierenerkrankungen" (Seite 1) und der chronischen "Niereninsuffizienz" (Seite 5) unterschieden. - Siehe auch oben die Absätze 390 b und e.
b) Die gesamte Publikation beruht auf unbewiesenen Hypothesen. "Der pathophysiologische Mechanismus ... ist noch nicht völlig verstanden" (Zitat Seite 3). "Wie das geschieht, ist noch nicht genau verstanden" (Zitat Seite 3). Zahlreiche Möglichkeiten, die "mutmaßlich" (Zitat Seite 3) eine Rolle spielen, "werden diskutiert" (Zitat Seite 5). "Die bisherigen Untersuchungen scheinen jedoch ... möglicherweise einen nephroprotektiven Effekt" (Zitat Seite 6) zu haben. "Endgültige Klarheit können" (Zitat Seite 6) die beiden Autoren noch nicht erkennen.
c) "Eine Nephroprotektion durch eine Sympathikoinhibition lässt sich aus den genannten Gesichtspunkten theoretisch ableiten" (Zitat Seite 3). Diese Theorie wurde jedoch nicht verstanden. Entlarvend ist die Aussage "Der Abfall der eGFR korrelierte mit dem Abfall des Blutdrucks" (Zitat Seite 5). Sinn einer Therapie der Niereninsuffizienz ist ein Anstieg der GFR und nicht eine Reduktion. Eine Nierenprotektion mit Verschlechterung der Nierenfunktion ist widersinnig.
d) Dabei ist die Theorie doch ganz einfach. Ausgehend von der Formel HZV=RR/R muss das Herzzeitvolumen HZV vergrößert werden, um die renale Perfusion und damit die glomeruläre Filtration zu vergrößern. Die beiden Autoren beschreiben richtig eine "Blutdruckerhöhung ... mit Anstieg des peripheren Widerstandes" (Zitat Seite 3). Um das HZV zu vergrößern, muss man den Blutdruck RR vergrößern und den Widerstand R verkleinern. Eine Blutdrucksenkung verschlechtert also die Nierenfunktion. Eine Widerstandssenkung würde dagegen die Nierenfunktion verbessern.
e) "So führt eine Erhöhung des mittleren arteriellen Blutdrucks über den Baroreflex zu einer Vasodilatation mit konsekutiver Normalisierung des Blutdrucks und damit zu einer Deaktivierung der Barorezeptoren" (Zitat Seite 3). Sinnvoll wäre dagegen die folgende Aussage: Bei konstantem Blutdruck reduziert eine Vasodilatation den peripheren Widerstand und vergrößert so HZV und GFR.
f) "Es resultiert eine Absenkung des Blutdrucks und der Herzfrequenz" (Zitat Seite 5). Wenn man in der Formel HZV=VVxEFxHF=RR/R ceteris paribus den Blutdruck RR und die Herzfrequenz HF reduziert, dann verkleinert man das HZV und damit die GFR. Genau das Gegenteil will man erreichen.
g) "Durch die BAT konnte der systolische Blutdruck signifikant ... abgesenkt werden, ... wohingegen die eGFR ... signifikant absank. Der Abfall der eGFR korrelierte mit dem Abfall des Blutdrucks" (Zitat Seite 5). Genau das Gegenteil war beabsichtigt. BAT ist die propagierte Barorezeptoraktivierungstherapie.
h) Das unsystematische Vorgehen der beiden Autoren erinnert mich an ein Stochern im Nebel. An der Proportionalität zwischen GFR und HZV und an der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R führt kein Weg vorbei.
i) Man muss streng zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz, also zwischen den Renorenalsyndromen und den Extrarenalsyndromen, unterscheiden. Eine Blutdrucksenkung wird jedoch in beiden Fällen die Nierenfunktion verschlechtern. Was meinen die Autoren mit dem "reno-renalen Reflex" (Zitat Seite 3)? Über den umstrittenen Renorenalreflex habe ich oben in den Absätzen 396 g bis k sowie 397 und 398 mehr geschrieben. Bei einseitigen Nierenkrankheiten gibt es keine deutliche Niereninsuffizienz. Eine aufwändige Protektion der gesunden Niere erscheint entbehrlich.
430. a) Vermutlich bin ich der Erstbeschreiber der Formel RR=VVxEFxHFxR. Der Blutdruck ist also das Produkt aus dem Ventrikelvolumen, der Ejektionsfraktion, der Herzfrequenz und dem peripheren Widerstand. Als Hypertensiologe vermute ich auch hier einen zukünftigen Paradigmenwechsel in der Inneren Medizin. Vor jeder kardiologischen Therapie sollte man sich diese Formel vor Augen halten.
b) Unter Ceteris-paribus-Bedingungen bestünde eine strenge Proportionalität zwischen jedem der vier Faktoren und dem Blutdruck. In der klinischen Realität sind diese Bedingungen jedoch unrealistisch. Trotzdem muss man das Folgende beachten.
c) Zwischen dem Ventrikelvolumen VV und dem Blutdruck RR besteht eine Quasiproportionalität. Je größer der Ventrikel, desto größer der Blutdruck; je kleiner der Ventrikel, desto kleiner der Blutdruck. Bei jedem Herzschlag passt sich das jeweilige Innenvolumen der vier Herzhöhlen dem jeweiligen Füllungsvolumen an. Kleine Menschen haben kleine Herzhöhlen und niedrige Blutdrücke; große Menschen haben große Herzhöhlen und große Blutdrücke. Bei der hypertensiven Kardiomyopathie ist dieser Zusammenhang evident.
d) Zwischen der Ejektionsfraktion EF und dem Blutdruck RR besteht eine Quasiproportionalität. Je größer die Ejektionsfraktion, desto größer der Blutdruck; je kleiner die Ejektionsfraktion,desto kleiner der Blutdruck. Bei einer kleinen Ejektionsfraktion sind das Pendelvolumen und die Regurgitation groß; der Blutdruck ist klein.
e) Zwischen der Herzfrequenz HF und dem Blutdruck RR besteht eine Quasiproportionalität. Gedankenexperiment: Wenn das Herz eine Minute lang nicht schlägt, dann ist der mittlere arterielle Blutdruck gleich dem diastolischen Blutdruck. Jede Kammerkontraktion, also jede Systole, vergrößert den mittleren arteriellen Blutdruck. Diese Zunahme ist proportional zum Puls. Diesbezüglich besteht also eine Linearität. Also gilt: Je größer der Puls, desto größer der Blutdruck; je kleiner der Puls, desto kleiner der Puls.
f) Zwischen dem peripheren Widerstand R und dem Blutdruck RR besteht eine Quasiproportionalität. Je größer der Widerstand, desto größer der Blutdruck; je kleiner der Widerstand, desto kleiner der Blutdruck. Pathophysiologische Erklärung: Das Herz muss den Widerstand überwinden. Der dafür erforderliche Pressdruck ist proportional zum Widerstand. Deswegen ist der Quotient HZV=RR/R in weiten Bereichen relativ konstant.
g) Unter einer Proportionalität versteht man einen solchen Zusammenhang zwischen zwei Größen, bei dem der Graph eine Gerade ist, die durch den Nullpunkt geht. Unter einer Quasiproportionalität verstehe ich eine Kurve, die einen ähnlichen Verlauf wie eine gerade Linie nimmt.
h) Die vier obigen Quasiproportionalitäten gleichen sich durch gegenseitige Beeinflussungen aus. Im Ergebnis besteht also nicht nur eine exakte Proportionalität, sondern sogar eine Identität zwischen dem Blutdruck und dem Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion, Herzfrequenz und peripherem Widerstand. Der Graph der Funktion zwischen Blutdruck RR und dem Produkt VVxEFxHFxR ist also die Winkelhalbierende des ersten Quadranten mit der Gleichung y=x.
i) Diese Identität RR=VVxEFxHFxR gilt nicht nur für jeden einzelnen Herzschlag, sondern auch für jeden beliebigen Zeitraum. Dann wären RR der mittlere arterielle Blutdruck MAD, VV das mittlere enddiastolische Füllungsvolumen des linken Ventrikels, EF die mittlere Nettoejektionsfraktion, R der mittlere periphere Widerstand und HF der Quotient aus der Anzahl der berücksichtigten Herzschläge und der dafür benötigten Zeitdauer.
431. a) Am 5.6.2015 veröffentlichte ich unter der Überschrift RR=VVxEFxHFxR bei wikipedia.de unter dem Stichwort Blutdruck als Diskussionsbeitrag Nummer 22 den folgenden Text: "Das Herzzeitvolumen HZV ist das Produkt aus dem enddiastolischen Ventrikelvolumen VV, der Ejektionsfraktion EF und der Herzfrequenz HF. Außerdem ist dieses Herzzeitvolumen gleich dem Quotienten aus dem Blutdruck RR und dem peripheren Widerstand R. Durch mathematische Umformung erhält man die obige Formel. Der Blutdruck ist also immer das Produkt aus Kammervolumen, Ejektionsfraktion, Puls und Widerstand. Wahrscheinlich bin ich der Erstbeschreiber dieser banalen, aber doch extrem wichtigen Formel. - Wenn man den Blutdruck senken will, dann muss man einen der vier Faktoren verkleinern. Wenn man jedoch einen der ersten drei Faktoren verkleinert, dann verkleinert man auch das Herzzeitvolumen, verschlechtert also die Herzinsuffizienz. Beispielsweise senken Betablocker den Puls und damit den Blutdruck; es kommt zur Aggravation der Herzinsuffizienz. Eine gleichzeitige Verbesserung der Bluthochdruckkrankheit und der Herzinsuffizienz ist mathematisch kaum möglich. In der Formel RR=HZVxR müsste man das Herzzeitvolumen vergrößern und sowohl RR als auch R verkleinern. Das kann auch durch eine große Widerstandssenkung im Sinne einer Vasodilatation nur dann gelingen, wenn gleichzeitig Puls oder Ejektionsfraktion ansteigen. Wenn jedoch der Puls ansteigt, dann wird die Ejektionsfraktion sinken. - Solche Überlegungen sollte man vor jeder Therapieentscheidung anstellen."
b) Nachtrag vom 6.6.2015: Diese mathematische Schwierigkeit bei der gleichzeitigen Behandlung der Hypertonie und der Herzinsuffizienz wird noch deutlicher am Beispiel der hypertensiven Kardiomyopathie. Zur Behandlung der Hypertonie müsste das Ventrikelvolumen VV verkleinert und zur Behandlung der Herzinsuffizienz müsste es vergrößert werden. Dieses pathophysiologische Dilemma ergibt sich unmittelbar aus der Formel RR=VVxEFxHFxR=HZVxR.
432.) Eine weitere mathematische Umformung der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R liefert die Formel für den peripheren Widerstand. R=RR/HZV oder R=MAD/HZV. Den mittleren arteriellen Blutdruck MAD liefert die ambulante Blutdruck-Langzeitmessung ABDM. Und für das Herzzeitvolumen HZV findet man zum Beispiel bei Wikipedia unter dem Stichwort Herzminutenvolumen mittlerweile mindestens neun verschiedene von einander unabhängige Bestimmungsmethoden. Den peripheren Widerstand R kann man also berechnen, wenn man ihn nicht messen will. Der periphere Widerstand ist der Quotient aus dem arteriellen Mitteldruck und dem Herzzeitvolumen.
433. a) Irrtümlich glauben viele Ärzte an einen Teufelskreis. Danach soll erstens die arterielle Hypertonie Nierenkrankheiten verursachen und zweitens sollen diese Nephropathien die Hypertonie verschlimmern. Beide Vermutungen sind falsch. Das Herz als Pumpe kann einen großen oder kleinen Druck erzeugen, aber keine Nierenkrankheiten hervorrufen. Die Niere als Filter kann ein großes oder kleines Volumen klären, aber keinen Hochdruck verursachen. Neurohumorale Regelkreise können das Pumpen und Filtern beeinflussen, aber nicht die physikalischen Gesetze von Pumpen und Filtern außer Kraft setzen.
b) Ceteris paribus haben Hypertoniker sogar eine gute Glomeruläre Filtrationsrate. Nach der Formel RR=HZVxR führt eine Hypertonie zu einem großen Herzzeitvolumen mit guter renaler Perfusion und guter glomerulärer Filtration. Eine Blutdrucksenkung würde die GFR verkleinern.
c) Umgekehrt ist eine kleine GFR ein deutlicher Hinweis auf das Vorliegen der Extrarenalsyndrome. Beim Kardiorenalsyndrom kann ein krankes Herz kompensatorisch vorübergehend eine Hypertonie verursachen. Eine schlechte GFR kann dadurch aber nur teilweise kompensiert werden.
d) Man darf also Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Eine schlechte filtrative Nierenfunktion ist oft die Folge von extrarenalen Krankheiten und nicht deren Ursache. Eine arterielle Hypertonie ist oft die Folge von extrarenalen Krankheiten und nicht die Ursache von Nierenkrankheiten.
e) Zur Veranschaulichung veröffentlichte ich deswegen am 6.6.2015 bei Wikipedia unter dem Stichwort Friedrich Luft (siehe oben Absatz 427) folgenden Diskussionsbeitrag: "Lufts Leistung besteht diesbezüglich vermutlich darin, erstmals gezeigt zu haben, dass der Bluthochdruck nicht zu Nierenkrankheiten führt. Wenn sich Blutdruck und Widerstand sowie auch Herzzeitvolumen und Glomeruläre Filtrationsrate proportional verhalten, dann ändert sich die GFR bei den anatolischen Patienten nach der Formel HZV=RR/R nicht. Es kommt also nicht nur zu keiner Nierenkrankheit, sondern auch nicht zur Niereninsuffizienz. Die Praxis bestätigt also die Theorie."
f) In Einzelfällen können beispielsweise Systemkrankheiten sowohl Herz und Nieren befallen. Aber trotzdem kann auch eine extreme Hypertonie nicht zu Nierenkrankheiten führen, wie Friedrich C. Luft gezeigt hat.
434. a) Die Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R kann man auch noch anders umformen. VV=RR/(EFxHFxR).
b) Das Ventrikelvolumen erhält man, wenn man den Blutdruck durch das Produkt aus Ejektionsfraktion, Herzfrequenz und Widerstand dividiert. Dieser Satz hat zwei Bedeutungen.
c) Wenn man das Ventrikelvolumen verkleinern will, dann muss man den Blutdruck verkleinern oder die drei Faktoren Ejektionsfraktion, Herzfrequenz und Widerstand vergrößern.
d) Andererseits liefert diese Gleichung Erklärungen für eine pathologische Vergrößerung der Herzhöhlen. Wenn der Blutdruck ansteigt oder wenn die drei Faktoren Ejektionsfraktion, Herzfrequenz und Widerstand sinken, dann vergrößern sich die Herzhöhlen. Wenn sich die Herzhöhlen vergrößern, dann steigt der Blutdruck und die drei Faktoren Ejektionsfraktion, Herzfrequenz und Widerstand sinken.
435.) Mathematische Umformungen der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R liefern also sowohl Erklärungen für physiologische Prozesse wie auch Hinweise für therapeutische Schritte. Die Bedeutung dieser Doppelformel für die gesamte Innere Medizin ist sehr groß.
436. a) Weitere Umformungen liefern die Formeln HF=RR/(VVxEFxR) und EF=RR/(VVxHFxR). Daraus ergeben sich zum Beispiel die folgenden Aussagen.
b) Wenn (zum Beispiel im Schock) die Herzfrequenz steigt und der Blutdruck sinkt, dann ist das nur möglich, wenn der periphere Widerstand (oder das Ventrikelvolumen oder die Ejektionsfraktion) noch stärker absinkt. Im Schock muss der Widerstand therapeutisch vergrößert werden.
c) Bei konstantem Blutdruck kann man (zum Beispiel durch eine Klappenoperation) die Ejektionsfraktion nur dann vergrößern, wenn man gleichzeitig das Ventrikelvolumen, die Herzfrequenz oder den Widerstand verkleinert.
d) Wenn man (zum Beispiel mit einem Betablocker) Blutdruck und Puls verkleinert, dann kann die Ejektionsfraktion nur dann ansteigen, wenn das Produkt aus Ventrikelvolumen und Widerstand noch stärker verkleinert wird.
e) Wenn das Medikament Ivabradin bei konstantem Blutdruck die Herzfrequenz senken soll, dann ist das nur möglich, wenn das Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Widerstand ansteigt. Wenn man das Ventrikelvolumen nicht weiter vergrößern will und wenn man die Ejektionsfraktion nicht weiter vergrößern kann, dann bleibt nur noch die Widerstandsvergrößerung als einziger Ausweg. Das widerspricht aber den bisherigen Kenntnissen über das Wirkprinzip.
437.) Möglichkeiten, kranke Nieren zu behandeln, sind "Nierenregeneration, organischer Nierenersatz: 'Retorten-Niere'" (Christian Hugo, in: "Nephro-News", Jahrgang 17, Ausgabe 2/2015, Seiten 22 bis 25). Sinnvoll erscheint eine "Regeneration von Nierenverletzungen" oder "bei Nierenerkrankungen" (Zitate Seite 25). Falsch wäre jedoch "die Regeneration akut oder chronisch insuffizienter Nieren" (Zitat Seite 22) bei den Extrarenalsyndromen. Das hat der Autor nicht erkannt. Offenbar kann er nicht zwischen Niereninsuffizienz und Nierenerkrankung unterscheiden.
438. a) Ivabradin (siehe oben die Absätze 428b und 436e) gilt als Medikament, das ausschließlich die Herzfrequenz senkt. Nach der Formel HF=RR/(VVxEFxR)=RR/(SVxR) ist eine Veränderung der Herzfrequenz HF ohne gleichzeitige Veränderung des Blutdruckes RR, des Schlagvolumens SV (als Produkt aus Ventrikelvolumen VV und Ejektionsfraktion EF) oder des Widerstandes R mathematisch unmöglich. Das hat Thomas Münzel in seinem Buch "Bedeutung der Herzfrequenz in der Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen" (2. Auflage, UNI-MED Verlag AG, Bremen, London, Boston 2010, 80 Seiten) nicht erkannt.
b) "Unbestritten ist das Prinzip Herzfrequenzreduktion eines der wichtigsten Therapieansätze bei Patienten mit ... chronischer Herzinsuffizienz" (Zitat Seite 4). Nach der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R wird die Herzinsuffizienz durch eine Senkung der Herzfrequenz verschlechtert. Weil "die genauen Mechanismus der günstigen Wirkung noch unklar sind" (Zitat Seite 4), sollte man eine Herzfrequenzreduktion vielleicht unterlassen.
c) "Dementsprechend könnte eine Herzfrequenzsenkung für die Prognose bei kardiovaskulären Erkrankungen in der Bevölkerung sinnvoll sein" (Zitat Seite 11). - Welche Prognose? Im besten Fall wird sich die Lebensdauer vergrößern; dafür fehlen aber Beweise. Die Lebensqualität wird sich verschlechtern, wenn das Herzzeitvolumen sinkt.
d) "Ein enger Zusammenhang zwischen der Entwicklung der arteriellen Hypertonie und einer erhöhten Herzfrequenz konnte erstmals 1945 an Kriegsheimkehrern aus dem ersten [sic!] Weltkrieg objektiviert werden" (Zitat Seite 12). Nach der Formel RR=VVxEFxHFxR war das zu erwarten.
e) Mit einer Tachykardie sei neben "einer chronischen Niereninsuffizienz" (Zitat Seite 12) auch "ein hoher Hämatokritwert" (Zitat Seite 13) assoziiert. Bis zum Beweis des Gegenteils führt eine Tachykardie nach der Formel HZV=SVxHF wegen der Proportionalität zwischen Herzzeitvolumen und renaler Perfusion zu einer Verbesserung und nicht zu einer Verschlechterung der filtrativen Nierenfunktion. Der hohe Hämatokritwert liegt vermutlich an einer zu geringen oralen Flüssigkeitsaufnahme oder an einer kompensatorischen Polyglobulie. Diesbezüglich erinnere ich an meine Kennzahl HbHZV. Siehe oben die Absätze 231, 241, 242, 266j, 419, 421 und 424.
f) Der auf Seite 13 beschriebene Zusammenhang zwischen "Herzfrequenz" HF und "Gefäßsteifigkeit" (Widerstand R) bei "hypertensiven Individuen" (Blutdruck RR) ergibt sich automatisch aus der Formel RR=SVxHFxR. Es bestehen Proportionalitäten zwischen Herzfrequenz, Widerstand und Blutdruck. Diese Proportionalitäten begründen aber nicht notwendig eine Kausalität.
g) Auf Seite 13 wird über einen "hämodynamischen Stressindex" als Produkt aus Herzfrequenz und Blutdruck berichtet. Er soll "zu der Entstehung atherosklerotischer Läsionen in der infrarenalen Aorta und der Iliakalgefäße" (Zitat Seiten 13 und 14) beitragen. Dieser Stressindex SI errechnet sich nach der Formel RR=VVxEFxHFxR als SI=RRxHF=VVxEFxHF²xR=SVxHF²xR mit der Maßeinheit mmHg/min oder Pa/sec. Der Erkenntnisgewinn dieser Kennzahl ist klein. Das Quadrat der Herzfrequenz ist verwirrend. Die pathophysiologischen Zusammenhänge ergeben sich schon aus der Formel RR=VVxEFxHFxR.
h) "Im Vergleich zur Standardtherapie als Kontrolle konnte die zusätzliche Gabe von Ivabradin den primären Endpunkt nicht signifikant senken" (Zitat Seite 15). Eine "Verschlechterung einer Herzinsuffizienz" als Folge einer Herzfrequenzsenkung war zu erwarten. Eine Senkung der Sterblichkeit zählte nicht zum primären Endpunkt, wäre aber zu erwarten gewesen. Nach der Formel HZV=SVxHF verkleinert eine Herzfrequenzsenkung das Herzzeitvolumen. Das verschlechtert die Herzinsuffizienz und verbessert die Sterblichkeit.
i) Eine "Abnahme der Herzauswurfleistung ... durch die frequenzsenkende Therapie mit Betablockern, die die Gesamtsterblichkeit ... signifikant reduzierten" (Zitate Seite 16), ist unstrittig.
j) Eine "Reduktion der Herzfrequenz" mit "Verbesserung der Kardiomyopathie" (Zitate Seite 17), also mit Verkleinerung des Ventrikelvolumens VV, ist nach der Formel RR=VVxEFxHFxR bei konstantem Blutdruck nur dann möglich, wenn das Produkt aus Ejektionsfraktion und Widerstand in dem Maße zunimmt, mit dem das Produkt aus Ventrikelvolumen und Herzfrequenz abnimmt.
k) Bei einer "Frequenzsteigerung ... steigen der mikrozirkulatorische Gefäßwiderstand und auch der Perfusionsdruck" RR (Zitate Seite 33) an. Das ergibt sich aus der Formel RR=VVxEFxHFxR. Eine Kausalität im Sinne einer eindeutigen Beziehung zwischen Ursache und Wirkung lässt sich aus der Formel jedoch nicht ableiten. Eine "Tachymyopathie" (Zitat Seite 60) kann Ursache oder Folge einer Herzinsuffizienz sein.
l) Auf Seite 42 findet sich die falsche Nierenfunktionseinheit ml/h. Auf Seite 72 findet sich die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/kg.
m) Auf Seite 47 wird das "Herzfrequenz/Blutdruck-Produkt" beschrieben. Handelt es sich dabei um den Stressindex RRxHF (siehe oben unter g) oder aber um den Quotienten HF/RR=1/(VVxEFxR)=1/(SVxR) mit der Maßeinheit 1/mmHgmin?
n) "Der an sich sinnvolle Mechanismus der Herzfrequenzsteigerung zur Aufrechterhaltung des Herzzeitvolumens" lässt daran zweifeln, ob "eine Senkung der Herzfrequenz ... eine sinnvolle therapeutische Maßnahme ist" (Zitate Seite 60). Ebenso stellt sich die "Frage, ob bei Patienten mit bereits bestehender linksventrikulärer Dysfunktion eine Herzfrequenzsenkung per se zu einer Verbesserung der Lebenserwartung führt" (Zitat Seite 60).
o) "Zwischen dem Ausmaß der pharmakologischen Herzfrequenzreduktion und der Abnahme der Mortalität findet sich eine direkte Beziehung" (Zitat Seite 61). Die Mortalität verbessert sich, die Herzinsuffizienz verschlechtert sich.
p) Im sechsten Kapitel über drei "Kasuistiken" auf den Seiten 68 bis 73 fehlen bei allen Patienten Angaben zum Ventrikelvolumen, zum Hämoglobinwert und zum peripheren Widerstand und einmal sogar zur Ejektionsfraktion.
q) Eine "isolierte Reduktion der Herzfrequenz" (Zitat Seite 76) HF ohne Veränderungen von Herzzeitvolumen HZV, Blutdruck RR, Ventrikelvolumen VV, Ejektionsfraktion EF und Widerstand R ist nach der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R mathematisch unmöglich.
439. a) Ein ähnliches Durcheinander verursachen Christiane Rüster und Gunter Wolf ("Prävention der diabetischen Nephropathie - Was ist praktisch machbar?", in: "Perspektiven der Diabetologie", Supplement im Deutschen Ärzteblatt, Heft 1/2015, 24.4.2015, Seiten 4 bis 8). - Siehe auch oben Absatz 144f.
b) Zu Recht schreiben die Autoren auf Seite 4, dass "ein bioptisch gesicherter Nachweis nur in den wenigsten Studien" erbracht wurde. - Ich zweifele an der Relevanz einer histologisch nicht gesicherten diabetischen Nephropathie. Eine Niereninsuffizienz bei Diabetikern beruht meistens auf den Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch.
c) Auf Seite 6 fordern sie eine "Reduktion des systolischen Blutdrucks ... zur Reduktion des glomerulären Filtrationsdrucks". Dadurch werde "die Abnahme der GFR ... signifikant reduziert". - Nach der Formel HZV=RR/R und wegen der Proportionalität zwischen HZV und GFR ist genau der gegenteilige Effekt zu erwarten. Je größer der Blutdruck, desto besser die Nierenfunktion.
d) Inwiefern eine Therapie mit Atrasentan zur Blutdrucksenkung "mit einer Reduktion der Endpunkte zur kardiorenalen Morbidität und Mortalität einhergeht, muss abgewartet werden" (Zitat Seite 8). - Eine Blutdrucksenkung verringert ceteris paribus das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration. Die filtrative Nierenfunktion wird sich verschlechtern. Das Kardiorenalsyndrom ist mit einer extrarenalen Morbidität und Mortalität assoziiert.
440. a) "Die idiopathische pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) geht mit einem Anstieg des Gefäßwiderstandes, einem Remodelling der Gefäßwände und einer Erhöhung des mittleren Blutdrucks im Lungenkreislauf einher" (Quelle: Dirk Einecke: "Erst die Nieren, nun die Lungen - Denervierung gegen pulmonale Hypertonie?", in: "Cardiovasc", Jahrgang 15, Nummer 3/2015, Juni 2015, Seite 30).
b) Ursache der pulmonalen Hypertonie ist also ein Anstieg des peripheren Widerstandes R im kleinen Kreislauf als Folge einer anatomischen Veränderung der Adern.
c) Erinnert sei an die Formel HZV=RR/R. Das Herzzeitvolumen HZV im großen Kreislauf ist identisch mit dem Herzzeitvolumen im kleinen Kreislauf. Der "mittlere Pulmonalarteriendruck" (Zitat Seite 30) entspricht also RR in der Formel HZV=RR/R. Das Herzzeitvolumen HZV ist gleich dem Lungenzeitvolumen LZV.
d) Wenn man nun die PAH behandeln will, muss man nach dem Therapieziel fragen. Wenn man den pulmonalen Widerstand R nicht senken kann, dann bleibt als einziges Ziel die Vergrößerung vom HZV übrig. Wenn man bei konstantem R den Wert von HZV vergrößern will, dann muss man den pulmonalen Blutdruck RR weiter vergrößern und darf ihn nicht absichtlich verkleinern.
e) Wenn also die pulmonale Denervierung den Widerstand nicht reduzieren kann, aber den mittleren Pulmonalarteriendruck "von 55 auf 36 mmHg" beziehungsweise "von 47,4 auf 38,1 mmHg" (Zitate Seite 30) verkleinert, dann darf man sich über eine Verschlechterung nicht wundern. "Im halben Jahr nach der interventionellen Therapie verschlechterte sich die PAH bei drei Patienten, vier weitere wurden in der Klinik behandelt. Diese Ergebnisse müssen nun in einer größeren Studie überprüft werden" (Zitat Seite 30).
f) Ob es bei den übrigen 21 Patienten zu einer Verbesserung kam, wird nicht berichtet. Vermutlich ist der Anstieg der "Belastbarkeit im 6-Minuten-Gehtest" nach drei Monaten "von im Schnitt 324 auf 491 Meter" (Zitat Seite 30) nicht beweisend.
g) Vermutlich haben die Forscher die Bedeutung der Formel HZV=RR/R nicht annähernd verstanden. Hätten sie sonst die Interventionen vorgenommen? Grenzen diese Studien nicht an eine vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässige Körperverletzung? Auch das Fragezeichen im Titel macht die Sache nicht besser.
441.) Für eine Kugel mit dem Radius r errechnen sich das Volumen V=4 pi r³/3 und die Oberfläche A=dV/dr=4 pi r². Die Oberfläche A ist also die erste Ableitung des Volumens V nach dem Radius r. Wenn man nun die Herzhöhlen als Kugeln und die Herzklappenöffnungsflächen als proportionalen Anteil an der jeweiligen Kugeloberfläche betrachtet, dann erkennt man die Proportionalitäten des Volumens V mit r³ und der Klappenöffnungsfläche KÖF mit r². Außerdem kann man eine Proportionalität zwischen der Ejektionsfraktion EF und dem Oberflächensektor KÖF unterstellen. In der Formel HZV=VVxEFxHF kann also keine lineare Beziehung zwischen dem Ventrikelvolumen VV und der Ejektionsfraktion EF bestehen. Die Ejektionsfraktion kann also kein Maß für das Herzzeitvolumen und somit für die Schwere der Herzinsuffizienz sein.
442.) Die Dimensionsanalyse auf der Grundlage der Ähnlichkeitstheorie ist ein mathematisches Verfahren zur Erfassung des Zusammenspiels physikalischer Größen bei Naturphänomenen. Wenn man eine exakte Gesetzmäßigkeit nicht kennt, kann man auch die diesem physikalischen Vorgang zugrundeliegende Formel nicht kennen. Unter der Messung einer physikalischen Größe versteht man den Vergleich von Größenarten. Die Dimension muss also zum Maßsystem passen. Die Größenart HZV hat die beiden Dimensionen Volumen/Zeit und Druck/Widerstand jeweils mit der Maßeinheit ml/min. Gibt es noch andere Dimensionen des HZV? Kann man also aus der Doppelformel HZV=SVxHF=RR/R eine Dreifachformel machen? - Siehe aber unten Absatz 449.
443.) Nur selten findet man in der täglichen Praxis in Arztbriefen die Diagnose Hepatorenalsyndrom nach Wilhem Nonnenbruch. Mein Patient W. S. verstarb im Klinikum Lippe an einer terminalen Herzinsuffizienz. Diagnostiziert wurden außerdem "ein akut auf chronisches Nierenversagen im Rahmen eines hepatorenalen Syndroms" und eine "dekompensierte kardiale Leberzirrhose Child-Pugh B". - Starb er an einer terminalen Herzinsuffizienz, an einer dekompensierten Leberzirrhose oder an einer terminalen Niereninsuffizienz? Vermutlich hat die Leberzirrhose zur Verschlimmerung seiner Herzinsuffizienz geführt. Das wäre ein Hepatokardialsyndrom. Die Herzinsuffizienz führte vermutlich zur tödlichen Niereninsuffizienz. Das wäre ein Kardiorenalsyndrom. Zusammen wird aus dem Hepatokardialsyndrom und dem Kardiorenalsyndrom ein Hepatorenalsyndrom. Er hatte also drei potentiell tödliche Diagnosen:
dekompensierte Leberzirrhose nach früherem Alkoholabusus,
terminale Herzinsuffizienz bei koronarer Dreigefäßkrankheit,
terminale Niereninsuffizienz bei einem Hepatorenalsyndrom.
Vermutlich hat die dritte Diagnose letztendlich den Tod verursacht.
444. a) U. G. Preisenberger veröffentlicht unter der Internetadresse www.thecaddy.de einen automatisierten Algorithmus zur Dosierungsempfehlung von Medikamenten bei Nierenersatzverfahren. Die Idee stammt von Otto Frey. Gefragt wird nach der Kreatinin-Clearance in ml/min, nach der Dialysatflussrate in l/h, nach der Blutflussrate in l/h und nach der Dialysedauer in h.- Caddy ist die Abkürzung für einen Calculator to Approximate Drug-Dosing in Dialysis.
b) Die Überschrift über diesen vier Fragen lautet "Nierenersatzverfahren und Restnierenfunktion". Unklar bleibt das Wort "Restnierenfunktion". Wenn das Labor den Kreatininspiegel bestimmt und wenn der Hausarzt die Kreatinin-Clearance errechnet, dann entspricht diese Clearance der Gesamt-GFR als Summe der beiden Restnierenfunktionen und der zusätzlichen maschinellen Filtration. Die Restnierenfunktion bleibt unbekannt, kann also nicht berücksichtigt werden. Warum wird sie dann erwähnt?
c) Richtig wird bei den Dosierungsempfehlungen zum Beispiel für die orale Administration von Cefuroxim 500 mg zwischen der kontinuierlichen und der intermittierenden Dialyse unterschieden. Und bei der intermittierenden Dialyse wird wiederum zwischen den Dialysetagen und den dialysefreien Tagen unterschieden. - Unverständlich bleibt bei der kontinuierlichen Dialyse die Unterscheidung zwischen "Dosis mit Nierenersatzverfahren (cRRT)" und "Dosis ohne Nierenersatzverfahren (cRRT)". Eine kontinuierliche Dialyse ohne Nierenersatzverfahren ist ein Widerspruch in sich. - cRRT ist das Akronym für die continous renal replacement therapy.
d) Täglich sollen (in meinem völlig willkürlichen Beispiel) nur 73 mg Cefuroxim verabreicht werden. Bei einer Wirkstoffmasse von 500 mg in einer Tablette dürfte das nicht ganz leicht sein. An den Dialysetagen soll diese Dosis um 110 mg auf dann 183 mg erhöht werden. Die übliche Tagesdosis bei Erwachsenen ohne Niereninsuffizienz ist 1 g.
e) Offenbar haben die Autoren das Problem der Normierung der Glomerulären Filtrationsrate nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) völlig ignoriert. Man unterscheidet also nicht zwischen großen und kleinen Patienten. Das kann fatale Folgen haben.
445. a) Ich bin vermutlich der Erstbeschreiber der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R. Besonders der erste Teil der Doppelformel, nämlich HZV=VVxEFxHF, ist sicher schon seit weit mehr als 100 Jahren bekannt. Auch der zweite Teil der Doppelformel, nämlich HZV=RR/R, dürfte einigen Kardiologen schon seit langem bekannt sein. Georg Simon Ohm lebte vom 16.3.1789 bis zum 6.7.1854. Eine Quelle in der wissenschaftlichen Literatur habe ich für HZV=RR/R bislang jedoch nicht finden können.
b) Bei Wikipedia schrieb man mir diesbezüglich am 26.3.2015 in der Diskussion zum "Augeninnendruck" sinngemäß: "Das Ganze kannst Du noch etwas allgemeiner sehen. Überall dort, wo Druck, Spannung oder Ähnliches aufgebaut werden und wo etwas fließt, strömt oder ähnliches, dort gilt das von Dir beschriebene Verhältnis. Dass eine Druckdifferenz, ein Potential oder Ähnliches bestehen, liegt immer an einem Widerstand, welcher einen sofortigen Ausgleich verhindert. Bei einem Stausee bilden die Turbinen den Widerstand. Und jeder kennt das berühmte I=U/R. Strom oder Fluss oder Ähnliches gleich Spannung, Druck oder Potential dividiert durch den Widerstand. Das geht auf Georg Simon Ohm zurück. Es ist immer das gleiche Sößchen. Und durch äquivalente Umformung (Wie kann man aus zwei beliebigen Werten den dritten ermitteln?) wird es zum ganz großen Kino. Die Wahrscheinlichkeit, dass die von Dir gemachte Aussage richtig ist, geht gegen 100 % (für ganz große Rechenkünstler: das meint zu 200 % richtig). Ob man Quellen beibringen sollte, bevor man es in die Vorderseite übernimmt, überlasse ich der Medizinredaktion. Ich vermute, man wird schon länger suchen müssen, um das zu bequellen, eben weil es so banal ist. Aber auch hier betone ich noch einmal: Bevor man das Richtige schreibt, sollte man das Falsche (und leider Gottes Bequellte) erst einmal rauswerfen. ... Noch ein Nachtrag zum Herzzeitvolumen: Überrascht war ich einmal, als ich irgendwo gelesen habe, dass sich bei einer Pneumektomie der periphere Widerstand im Lungenkreislauf verdoppelt, weil einer der beiden parallelen Widerstände entfällt. Wenn man nachdenkt, ist das natürlich sonnenklar."
c) Auf meiner Benutzerseite bei Wikipedia schrieb ich zum Sachverhalt HZV=RR/R,
"dass das Herzzeitvolumen gleich dem Quotienten aus mittlerem Blutdruck und peripherem Widerstand,
dass die Glomeruläre Filtrationsrate gleich dem Quotienten aus arteriellem Mitteldruck und renaler Resistance,
dass das Lungenzeitvolumen gleich dem Quotienten aus pulmonalem Blutdruck und pulmonalem Widerstand,
dass die Atemstromstärke gleich dem Quotienten aus Alveolardruck und Atemwegswiderstand,
dass das Atemzugsvolumen gleich dem Quotienten aus Druckdifferenz und Resistance,
dass der transhepatische Blutfluss gleich dem Quotienten aus dem Pfortaderdruck und dem hepatischen Widerstand und
dass die Kammerwasserproduktion gleich dem Quotienten aus Augeninnendruck und Kammerwasserabflusswiderstand
ist. Bei nahezu jeder Therapieentscheidung sind diese Zusammenhänge zu beachten. Die Dimension von [Volumen pro Zeit] ist identisch mit der Dimension von [Druck pro Widerstand], die Maßeinheit ist jeweils ml/min" (Stand 12.6.2015).
d) Jeweils könnte man in Analogie zu meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) normieren. Zum Beispiel auch nach der Formel HZV(1,73 m²/KOF).
446. a) Alle vier Herzhöhlen haben bei jedem Herzschlag unterschiedliche Innenvolumina. Zu jedem Innenvolumen VV gehört eine eigene effektive Ejektionsfraktion EF. Die vier Schlagvolumina SV=VVXEF sind jedoch bei jedem Herzschlag identisch. Unabhängig davon passen sich die Innenvolumina bei jedem Herzschlag dem jeweiligen Füllungsvolumen an. Das ist in vielen anderen Hohlorganen (auch in der Harnblase) ähnlich. Das Innenvolumen ist also immer gleich dem jeweiligen Füllungsvolumen.
b) Zusätzlich gibt es den Gauer-Henry-Reflex, benannt nach Otto Gauer (2.5.1909 bis 22.1.1979) und nach James Paget Henry (12.7.1914 bis 20.11.1996). Dieser Reflex reguliert das Blutvolumen in der Größenordnung von Stunden. Druckrezeptoren besonders im Herzgewebe des rechten Atriums dehnen sich in Abhängigkeit vom Füllungsvolumen. Das sind noch Schwankungen in der Größenordnung von Sekunden. Afferenzen des Nervus vagus regulieren die Ausschüttung des Antidiuretischen Hormons (ADH) aus der Hypophyse in das Blut. Im distalen Tubulus wird die Wasserrückresorption gesteigert oder vermindert. Durch geringe Konzentrationen von ADH wird die Wasserrückresorption vermindert, das Harnvolumen wird vermehrt und das Blutvolumen vermindert. Durch hohe Konzentrationen von ADH wird die Rückresorption gesteigert, das Harnvolumen wird vermindert und das Blutvolumen vermehrt. Eine entgegengesetzte Wirkung hat das Atriale natriuretische Peptid (ANP). Bei großer Dehnung der Herzmuskelzellen wird viel ANP ausgeschüttet. Bei kleiner Dehnung der Herzmuskelzellen wird wenig ANP ausgeschüttet. ANP erhöht die Natriumausscheidung und somit auch die Wasserausscheidung. Viel ANP bei großen Drücken vermindert das Blutvolumen, wenig ANP bei kleinen Blutdrücken vermehrt das Blutvolumen.
c) Sowohl ADH wie auch ANP spielen eine Rolle in den neurohumoralen Regelkreisen des Herzzeitvolumens. In der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R beeinflussen sie hauptsächlich VV und RR. Wegen der Proportionalität zwischen HZV und GFR wird auch die Primärharnbildung beeinflusst. Durch eine gesteigerte (ADH) oder eine verminderte (ANP) tubuläre Rückresorption steigen beziehungsweise sinken das Blutvolumen und damit das enddiastolische Füllungsvolumen VV. Die Urinbildung verhält sich gegenteilig zur Rückresorption.
447.) Oben habe ich in den Absätzen 30, 190 und 330 wiederholt die Laborzettel des Klinikums Herford kritisiert. Offenbar waren meine jahrelangen Bemühungen jetzt weitgehend erfolgreich. Heute am 13.6.2015 liegt mir der Kumulativbefund meines Patienten P. B. vom 13.5.2015 vor. Fast alle meine Kritikpunkte wurden berücksichtigt. Die entsprechende Zeile lautet jetzt kurz und knapp "80-140 ml/min GFR (berechnet) 101 101". Der gewählte Referenzbereich zwischen 80 ml/min und 140 ml/min erscheint zwar willkürlich, ist aber grundsätzlich in Ordnung. Es fehlt jedoch noch der Hinweis auf die notwendige Normierung. Die beiden identischen Ergebnisse von 101 ml/min wurden innerhalb von vier Tagen ermittelt, die Abschlusskontrolle wäre vielleicht entbehrlich gewesen. Alle überflüssigen und falschen Texte und Abkürzungen tauchen jetzt nicht mehr auf. Dass die GFR berechnet wurde, ist zwar eine richtige, aber eine überflüssige Anmerkung. Wichtig wäre dagegen die Bezeichnung der zur Berechnung der GFR herangezogenen Schätzformel, es gibt schließlich mehr als 100 verschiedene.
448.) Mitunter muss man auch Lungenfachärzten erklären, dass das Herzzeitvolumen im großen Kreislauf 1. auch gleich dem Herzzeitvolumen im kleinen Kreislauf ist, dass das Herzzeitvolumen 2. gleich dem Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz ist, dass das Herzzeitvolumen 3. gleich dem Lungenzeitvolumen und damit 4. gleich der pulmonalen Perfusion ist, dass das Herzzeitvolumen 5. gleich dem Quotienten aus arteriellem Mitteldruck und peripherem Widerstand ist und dass das Herzzeitvolumen 6. auch gleich dem Quotienten aus pulmonalarteriellem Mitteldruck und pulmonalvaskulärem Widerstand ist.
449. a) Es gibt drei Definitionsformeln für das Herzzeitvolumen:
HZV=VVxEFxHF für das Herz
HZV=RR/R für den großen Kreislauf
HZV=pRR/pR für den kleinen Kreislauf
Dabei bedeutet p soviel wie pulmonal. pRR ist also der Blutdruck im kleinen Kreislauf beziehungsweise der pulmonalarterielle Mitteldruck. pR ist also der pulmonalvaskuläre Widerstand.
b) Es gilt also HZV=VVxEFxHF=RR/R=pRR/pR und
HbHZV=VVxEFxHFxHb=HbRR/R=pRRxHb/pR für die Kennzahl HbHZV.
c) Das Herz pumpt das Blut in beide Kreisläufe. Beim Pumpen erzeugt es den systolischen Blutdruck. Während der intermittierenden Diastole herrscht der diastolische Blutdruck. Beim Drücken presst [englisch: pressure] das Herz das Blut nicht gegen einen Gegendruck, sondern gegen den pulmonale Widerstand im kleinen Kreislauf beziehungsweise gegen den peripheren Widerstand im großen Kreislauf. Nur durch diese beiden Potentialdifferenzen kommt es zum Fluss, also zum Herzzeitvolumen.
d) Und dieses Herzzeitvolumen errechnet sich einerseits als Quotient aus arteriellem Mitteldruck und peripherem Widerstand und andererseits als Quotient aus pulmonalem Mitteldruck und pulmonaler Resistance.
450. a) Warum kommt es zur Luftnot in Ruhe oder bei Belastung? Was sind die Ursachen zum Beispiel der Belastungsdyspnoe nach einer Pneumektomie? Dabei muss man an die Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz Grad 1 bis Grad 4 in Abhängigkeit von der Dyspnoe nach der New York Heart Association NYHA und auch an meine Definition der Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes denken. Es gibt also die folgenden acht Ursachen von Luftnot.
b) Nach jeder Operation verkleinert sich der Hämoglobinwert. Jede Anämie verschlimmert also die Luftnot.
c) Nach einer einseitigen Lungenresektion verdoppelt sich der pulmonalvaskuläre Widerstand pR. Nach der obigen Formel HZV=pRR/pR halbiert sich ceteris paribus das Herzzeitvolumen. Die Luftnot verdoppelt sich.
d) Vor der Pneumektomie wurde die Herzinsuffizienz nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus durch die Lungenkrankheit verursacht, nach der Pneumektomie wird sie durch die Widerstandsverdoppelung verursacht. Beide Situationen zähle ich zu den Pulmokardialsyndromen. Der Euler-Liljestrand-Mechanismus reduziert als Folge einer verringerten Ventilation auch die Perfusion und umgekehrt. Das Herzzeitvolumen der Restlunge wird (auf beiden Wegen) kleiner, die Luftnot wird zweifach größer.
e) Lungenkrankheiten reduzieren die Perfusion und führen auch bei Herzgesunden zur Herzinsuffizienz. Das verschlimmert die Luftnot.
f) Zusätzlich reduzieren viele Lungenkrankheiten auch noch die Ventilation, erschweren also die Atmung weiter. Aus diesem Grund teile ich die Lungenfunktion in die Blutlungenfunktion und in die Luftlungenfunktion ein. Alle Atemprobleme verursachen eine Luftnot.
g) Zusätzlich wird die Blutlungenfunktion durch alle Herzkrankheiten verschlimmert. Das Herzzeitvolumen verkleinert sich, die Luftnot nimmt zu.
h) Außerdem ist auch noch an die Extrakardialsyndrome, hier also vor allem an das Hepatokardialsyndrom und vielleicht auch noch an das Renokardialsyndrom, zu denken. Auch dadurch reduziert sich das Herzzeitvolumen mit Aggravation der Luftnot.
i) Besonders auch nach Lungenoperationen können psychosomatische Ursachen eine flache Atmung und so eine Zunahme der Luftnot erklären.
451. a) Warum verdoppelt sich nach der Resektion eines Lungenflügels der pulmonalvaskuläre Widerstand? Antwort: Dem Blut steht nur noch die Hälfte der bisherigen Abflusswege zur Verfügung. Das kann man auch mechanisch erklären.
b) Für parallel geschaltete Widerstände gilt nach Gustav Robert Kirchhoff 1/R = 1/R1 + 1/R2 + 1/R3 + 1/R4 + ... Siehe oben Absatz 216i. Jetzt kann man diese Formel für den rechten und den linken Lungenflügel vereinfachen.
1/R = 1/Rr + 1/Rl mit r = rechts und l = links.
c) Wenn beide Lungen als gleichwertig betrachtet werden, gilt
1/R = 1/Rr + 1/Rl = 1/Rr + 1/Rr = 1/Rl + 1/Rl = 2/Rr = 2/Rl.
d) Durch Umformung erhält man R = Rr/2 = Rl/2.
e) Wenn in der Gleichung 1/R = 1/Rr + 1/Rl die rechte oder linke Lunge entfernt wird, dann erhält man 1/R = 1/Rr oder aber 1/R = 1/Rl mit den Umformungen R = Rr oder R = Rl.
f) Man erkennt, dass nach der Pneumektomie Rr doppelt so groß ist wie Rr/2 vor der Operation oder dass analog nach der Pneumektomie Rl doppelt so groß ist wie Rl/2 vor der Operation.
g) Damit ist auch mathematisch oder physikalisch bewiesen, dass eine Lungenresektion den pulmonalen Widerstand verdoppelt.
451. a) Oliver Vonend (siehe oben Absatz 269d) hat die Pathophysiologie der Niereninsuffizienz bei Diabetikern wohl falsch verstanden. Quelle: "Bluthochdruck - wirklich so gefährlich? Ja - Bluthochdruck zusammen mit Diabetes Hauptursache für Dialysepflichtigkeit!", in: "Diatra Journal - Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation", 25. Jahrgang, Heft 2/2015, Seiten 15 bis 17.
b) Das Wort heißt Dialysepflicht und nicht Dialysepflichtigkeit. - Anmerkung: Googlefight findet am 19.6.2015 eine leichte Mehrheit von 2000:1960 für die korrekte Dialysepflicht.
c) Richtig ist seine Aussage auf Seite 15, der "Bluthochdruck ist seit Jahrzehnten der Risikofaktor Nummer eins" auch für die "Nierenschwäche". Mit dem Wort Risikofaktor wird in der Epidemiologie nur eine Koinzidenz, aber nicht notwendig eine Kausalität beschrieben.
d) Falsch ist also im selben Satz seine Aussage, "Bluthochdruck ist ... die Hauptursache für ... Nierenschwäche" (Zitat Seite 15). Richtig ist, dass es beim metabolischen Syndrom zu Herzkrankheiten kommt. Dadurch sinken langfristig das Herzzeitvolumen, die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration. Analog zum Beispiel mit den Störchen und der Geburtenanzahl lassen sich Blutdruck und Niereninsuffizienz oft auf eine kardiale Grundkrankheit zurückführen.
e) Kurzfristig ist sogar das Gegenteil der Fall. Nach der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R erhöht eine arterielle Hypertonie das Herzzeitvolumen und damit die GFR.
f) Die Niereninsuffizienz bei Diabetikern zählt also zu den Kardiorenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch. Fragwürdige Begriffe wie diabetische Nierenerkrankung, "vaskuläre Nephropathie" und "bluthochdruckbedingte Nierenschädigung" (Zitate Seite 15) sind in den seltensten Fällen histologisch abgesichert und zusätzlich ursächlich für eine Niereninsuffizienz.
g) Seltene "Nierenprobleme oder Engstellen an den nierenzuführenden Gefäßen" können in der Tat "eine Ursache für den Bluthochdruck" (Zitate Seite 16) sein. Das geschieht auf neurohumoralem Wege. Eine Nierenkrankheit kann also eine Hypertonie verursachen. Das ist das genaue Gegenteil von Oliver Vonends Behauptung auf Seite 15, eine Hypertonie verursache eine Nierenkrankheit.
h) Richtig ist dagegen seine Behauptung auf Seite 17, dass "der Bluthochdruck eng mit dem Volumenstatus gekoppelt" sei. Nach der Formel RR=VVxEFxHFxR sind das Ventrikelvolumen VV und der Blutdruck RR ceteris paribus proportional. Je höher der Blutdruck, desto größer das Ventrikelvolumen und umgekehrt. Das gilt jedoch für alle Säugetiere und nicht nur bei "niereninsuffizienten Patienten und auch besonders bei Dialysepatienten" (Zitat Seite 17).
i) Der Autor widerspricht sich selbst, wenn er "von einer primären oder auch essenziellen Hypertonie" (Zitat Seite 16) schreibt. Diese Hypertonie lässt sich eben per definitionem nicht auf eine Nierenkrankheit zurückführen.
452. a) Ähnlich schreibt auch Clemens Grupp ("Pulswellenanalyse in der Nephrologie - besondere Bedeutung für den Nierenkranken?", in: Diatra Journal - Fachzeitschrift für Nephrologie und Transplantation", 25. Jahrgang, Heft 2/2015, Seiten 20 bis 22).
b) "Diese sogenannte vaskuläre (=gefäßbedingte) Nephropathie stellt inzwischen die häufigste Einzelursache für ein dialysepflichtiges Nierenversagen dar" (Zitat Seite 20). Das ist falsch. Häufig sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. Renorenalsyndrome sind selten.
c) "Auch die derzeit zweithäufigste Ursache für eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz, ein Diabetes mellitus" ist eine Falschaussage. Das metabolische Syndrom begünstigt die Extrarenalsyndrome.
d) Falsch ist seine Behauptung auf Seite 20: "Einen relativ neuen Ansatz zur Beurteilung des Gefäßstatus stellt die Pulswellenanalyse dar." Siehe dazu oben Absatz 415 e bis g. Seit mehr als einhundert Jahren wird die "Pulswellengeschwindigkeit" (Zitat Seite 20) zur Bestimmung des Herzzeitvolumens verwendet. Das Herzzeitvolumen ist proportional zur GFR. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz.
453. a) Dankenswerterweise erhielt ich am 19.6.2015 vom Georg Thieme Verlag zur Rezension die sechste, vollständig überarbeitete Auflage des Standardwerkes
"Nephrologie" (Stuttgart und New York 2015, 862 Seiten) von den Herausgebern Ulrich Kuhlmann (siehe oben Absatz 181j), Joachim Böhler (siehe unten Absatz 526), Friedrich C. Luft (siehe oben die
Absätze 427 und 432), Mark Dominik Alscher (siehe oben die Absätze 117a und 343) und Ulrich Kunzendorf. Im nächsten Absatz 454 will ich offensichtliche sinnentstellende Fehler auflisten und im
übernächsten Absatz 455 noch fehlende Gedankengänge beschreiben. Ein weiterer Fehler wird unten im Absatz 526 thematisiert.
b) Das Buch erscheint mit einjähriger Verspätung. Unter anderem wurde es für dem 5.11.2014 und dann für den 29.4.2015 angekündigt. Vermutlich ist für diese Verzögerungen die Komplexität des Themas mitverantwortlich gewesen. Ich erinnere an ähnliche Probleme ebenfalls im Stuttgarter Thieme-Verlag bei Frank Henry Netter (siehe oben Kapitel 2 Absatz W).
c) Im Sachverzeichnis sucht man folgende Begriffe vergeblich: Nierenfunktionseinheit, Normierung, Körperoberfläche, Trockengewicht, Zerebrorenalsyndrom.
d) Im Abkürzungsverzeichnis fehlt RPGN.
e) Gut finde ich auf den Seiten 33 und 34 die Erklärungen zum Steady State.
f) Dass seltene Krankheitsbilder gut dargestellt werden, kann nicht über das an vielen Stellen fehlende Basiswissen hinwegtäuschen. Insgesamt beurteile ich das Buch als unvollständig und fehlerhaft. Siehe dazu die beiden folgenden Absätze 454 und 455.
454. Siehe auch unten Absatz 526. - Fortsetzung
a) Zur Normierung der GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) findet man auf den Seiten 37 und 828 nur den fehlerhaften Bruch "1,73²/KO (m²)" statt richtig "1,73 m²/KOF (m²)". Nur wenn die Quadratmeter in Zähler und Nenner stehen, kann man sie kürzen. Die Quadratur von 1,73 ist Unsinn. - Auf Seite 701 wird "die Nierenfunktion als Kreatinin-Clearance in ml/min pro 1,73 m² auf die Körperoberfläche normiert". - Dieser Halbsatz zeugt von völligem Unverständnis. Die GFR des Patienten wird auf die Standardkörperoberfläche von 1,73 m² normiert, wenn die Körperoberfläche des Patienten von 1,73 m² abweicht. - Thomas Mettang schreibt auf Seite 719 schon richtiger, dass "zu Vergleichszwecken die Kreatinin-Clearance auf 1,73 m² Körperoberfläche normalisiert wird". Es heißt jedoch Normieren und nicht Normalisieren. Siehe dazu oben das Kapitel 3.
b) Auf Seite 39 fehlt in der Angabe "GFR>60" die Nierenfunktionseinheit ml/min vollständig.
c) Mehrfach falsch ist auf Seite 34 die Aussage: "Der mittlere Teil der Gleichung korrigiert für das Gewicht als Surrogatparameter für Muskelmasse." Richtig ist dagegen, dass das Körpergewicht als einer von vier Vitalparametern (Alter, Geschlecht, Serumkreatinin, Gewicht) zum Abschätzen der GFR verwendet wird. Eine "Korrektur" (gemeint: Normierung) zum Vergleich bei verschiedenen Körperoberflächen, die von der Standardkörperoberfläche von 1,73 m² abweichen, leistet diese Schätzformel für die GFR von Cockcroft-Gault nicht. Die international übliche Vergleichsperson hat nicht ein Gewicht von "72 kg", sondern eine Körperoberfläche von 1,73 m². - Den "mittleren Teil" der Gleichung nenne ich (oben in Kapitel 3 Absatz 45b) "Nierenfaktor".
d) Falsch ist auch die unmittelbar folgende Erklärung "Für den kachektischen Menschen mit 36 kg (Extremfall) halbiert sich die zuvor berechnete GFR." Richtig ist dagegen, dass nach Cockcroft und Gault ein Mensch mit einem Gewicht von 36 kg ceteris paribus eine halb so große GFR hat wie ein Mensch mit 72 kg. Es kann sich dabei aber auch um ein dickes Kind handeln. Für Vergleiche normiert man nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF).
e) Diese richtige Normierung findet sich auf Seite 37 als Ergänzung in der Clearance-Gleichung. Dass im Zähler der Meter vergessen wurde und dass man die Körperoberfläche mit KOF und nicht mit KO abkürzt, wurde schon oben unter a moniert. Dass bei allen Menschen mit einer von 1,73 m² abweichenden Körperoberfläche zwischen der tatsächlichen GFR und der normierten GFR unterschieden werden muss, erkennen die Autoren nicht.
f) Dass der Orthographiefehler Cockroft auf Seite 699 bei der Korrektur nicht auffiel, fällt auf.
g) "Die GFR ist offensichtlich Null bei Anurie." Auch dieser Satz auf Seite 37 zeugt von nephrologischem Unverständnis. Joachim Böhler vergisst die Tubuli. Wenn die Nierenkanälchen auch bei normaler GFR ihre Leistung von 99 % des Primärharns um einen Prozentpunkt auf 100 % steigern, dann kommt es auch bei Gesunden zur Anurie. Für solche Steigerungen der Rückresorption mag es viele Gründe geben. Eine Anurie mit GFR=0 bei gesunden Nieren gibt es zum Beispiel während des Transportes der Spendernieren.
h) "Die Bedeutung der circadianen Rhythmik der GFR ist unklar." Auch dieser Satz auf Seite 56 lässt Zweifel an der Kompetenz der Autoren aufkommen. Nachts sinken das Herzzeitvolumen und damit die GFR.
i) Die Formel auf Seite 55 für das Einzelnephronfiltrat snGFR hätte ausführlicher dargestellt werden müssen. Zumindest fehlen die Maßeinheiten des Filtrationskoeffizienten, der Permeabilität, der Glomerulsoberfläche und der Druckdifferenzen. Damit könnte man die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min mit ihrer Dimension [Volumen pro Zeit] überprüfen. Falsch ist der Schluss "Viele Nierenerkrankungen verschiedenster Ätiologie führen zunächst zu einer Verminderung der Anzahl funktionsfähiger Glomeruli" (Seite 55). Richtig wäre: Bei jeder Niereninsuffizienz ist der podozytäre Plasmafluss reduziert. - Siehe dazu oben die Absätze 123 bis 127.
j) Falsch ist der Satz auf Seite 225: "Beim chronischen kardiorenalen Syndrom muss eine Nierenersatztherapie meistens dauerhaft eingesetzt werden." Die Herausgeber zählen (auf Seite 758) die Nierentransplantation zu den Nierenersatzverfahren. Beim Kardiorenalsyndrom ist eine Nierentransplantation kontraindiziert. Die operative Ergänzung von zwei gesunden Nieren um eine dritte gesunde Niere würde die Rest-GFR von vielleicht 4 ml/min um 50 % auf dann 6 ml/min vergrößern. Das würde an der Dialysepflicht nur wenig ändern. In schweren Fällen ist eine Herztransplantation indiziert. Eine Nierentransplantation würde unweigerlich zum Transplantatversagen "als eine häufige Ursache für eine [mein Zusatz: erneute] terminale Niereninsuffizienz" (Seite 815) führen.
k) Auf Seite 247 findet sich ein weiterer Denkfehler, wenn Ralph Kettritz und Friedrich C. Luft vermuten, "dass geringe Blutdruckänderungen erhebliche Schwankungen der GFR zur Folge haben" könnten. - Bei einer Proportionalität zwischen Blutdruck und GFR würden geringe Blutdruckänderungen auch geringe und nicht erhebliche Schwankungen der GFR hervorrufen. Diese Proportionalität gibt es aber nicht. Nach der Dreifachformel HZV=VVxEFxHF=RR/R=pRR/pR errechnet sich der arterielle Blutdruck als RR=VVxEFxHFxR=HZVxR. Blutdruckänderungen sind also proportional zu Veränderungen des Produktes HZVxR. Bei konstantem HZV sind Druck RR und Widerstand R proportional. Wenn sich also Druck und Widerstand gleichsinnig verändern, dann bleiben HZV und GFR konstant. Das ist internistisches Basiswissen.
l) Analog erkennen die Autoren Joachim Hoyer und Friedrich C. Luft im Kapitel 13 "Hypertonie" auf den Seiten 612 bis 651 nicht, dass jede iatrogene Senkung des Blutdrucks RR nach der Formel RR=HZVxR bei konstantem peripheren Widerstand R das Herzzeitvolumen HZV verkleinert und damit sowohl die Niereninsuffizienz als auch die Herzinsuffizienz weiter verschlechtert. Entsprechende Medikamente haben die Zulassung nur wegen ihrer Lebensverlängerung erhalten. Ausnahmen sind Vasodilatanzien, die den Widerstand R senken.
m) Die Berliner Arbeitsgruppe um Elke S. Schäffner habe ich (siehe oben Absatz 41) schon zwei Tage vor ihrer Publikation widerlegt. Fundamentale statistische Fehler machen ihre beiden Schätzformeln BIS-1 und BIS-2 wertlos (Seiten 36, 38f und 828). Im Literaturverzeichnis auf Seite 68 werden die beiden Berliner Schätzformeln als "genaueste Berechnung der GFR" gelobt. Das ist unrichtig. - Dass die fünf Herausgeber nicht zwischen Berechnung, Messung und Schätzung unterscheiden, sei nur noch am Rande vermerkt. Siehe dazu auch oben Kapitel 2 Absatz O.
n) Es fehlt der wichtige Hinweis, dass es sich bei der dimensionslosen Maßzahl Kt/V für die Dialysequalität üblicherweise um saldierte Wochenwerte handelt.
455. Fortsetzung
a) Der Zwang zur Normierung der GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) wird von den Leitlinien gefordert, von den fünf Herausgebern aber nicht thematisiert. Wie sonst will man kleine Gesunde von großen Kranken unterscheiden?
b) Die GFR ist gleich der Summe aus der GFR der rechten Nieren und der GFR der linken Niere. Die GFR ist gleich der Summe aller single nephron GFR (snGFR, SNGFR; siehe Seite 55). Bei den Dialyseverfahren ist auch noch die aliquote maschinelle GFR zur Gesamt-GFR des Patienten zu addieren.
c) Die internationalen Leitlinien verlangen die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² (Seite 36, Abbildung 1.4) nur zur Kennzeichnung der nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) erfolgten Normierung der GFR. Die Autoren verwenden dagegen wahllos die richtige (zum Beispiel Seite 34) und die falsche Nierenfunktionseinheit.
d) Es wird nicht erkannt, dass es im internationalen Schrifttum weit mehr als 100 verschiedene Schätzformeln für die GFR gibt.
e) Dass man bei der "Dosisanpassung von Medikamenten" (Seite 35) manchmal die tatsächliche und manchmal die normierte GFR heranziehen muss, erkennen die Autoren nicht. - Siehe dazu oben die Absätze 30, 51, 76, 103 und 121.
f) Dass "für die Eingruppierung in das jeweilige Stadium einer chronischen Niereninsuffizienz" (Seite 35) zwingend meine Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) angewendet werden muss, erkennen die Autoren nicht, obwohl sie "die Normwerte der GFR pro 1,73 m²" (Seite 35) erwähnen.
g) Einseitige Nierenkrankheiten können keine behandlungsbedürftige Niereninsuffizienz verursachen, solange die andere Niere gesund ist. Es ist also streng zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz zu unterscheiden.
h) Ich definiere das Kardiorenalsyndrom als Niereninsuffizienz als Folge eines zu kleinen Herzzeitvolumens oder einfacher als Niereninsuffizienz bei nierengesunden Herzkranken. Die Autoren beschreiben auf den Seiten 223 bis 225 das kardiorenale Syndrom. Sie definieren es als "Nierenfunktionsverschlechterung unter Herzinsuffizienztherapie" (Seite 223). Sie beschreiben umständliche pathophysiologische Wege, ohne zu erkennen, dass die GFR proportional zum HZV ist. Erwähnt wird dagegen auf Seite 223 nach Claudio Ronco (siehe oben Absatz 274a) ohne Erklärung das umstrittene renokardiale Syndrom.
i) Ich definiere das Hepatorenalsyndrom als Niereninsuffizienz bei nierengesunden Leberkranken. Die Autoren beschreiben auf den Seiten 216 bis 223 das hepatorenale Syndrom. Sie definieren es als "das gemeinsame Auftreten einer Leber- und Nierenerkrankung" (Seite 216). Sie beschreiben umständliche pathophysiologische Wege, ohne zu erkennen, dass das HZV und damit die GFR bei schweren Leberkrankheiten reduziert sind.
j) Ich definiere das Pulmorenalsyndrom als Niereninsuffizienz bei nierengesunden Lungenkranken. Die Autoren beschreiben auf den Seiten 97 und 98 das pulmorenale Syndrom. Sie definieren es als "das kombinierte Auftreten von alveolärer Hämorrhagie mit einer rasch progredienten Glomerulonephritis" (Seite 97). Sie beschreiben verschiedene Systemkrankheiten und Lungenkrankheiten mit umständlichen pathophysiologischen Wegen, ohne zu erkennen, dass Lungenkrankheiten das HZV und damit die GFR verkleinern können.
k) Ich definiere das Zerebrorenalsyndrom als Niereninsuffizienz als Folge von Erkrankungen des zentralen Nervensystems bei Nierengesunden. Dieser Gedankengang fehlt im rezensierten Buch.
l) Ich zweifele an der Existenz oder zumindest an der klinischen Relevanz der diabetischen Nephropathie. Die Autoren definieren sie auf Seite 137 als "eine mikrovaskuläre Komplikation des Diabetes mellitus" in den Nieren. Auf den Seiten 190 bis 199 beschreiben sie umständliche pathophysiologische Wege, ohne dabei das Folgende zu erkennen. Beim metabolischen Syndrom kommt es zu ubiquitären Organkrankheiten. Viele dieser Organschäden verkleinern das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration. Das sind die Extrarenalsyndrome
m) Ich teile die Niereninsuffizienz in die Renorenalsyndrome, also die Niereninsuffizienz bei doppelseitigen Nierenkrankheiten, und nach Wilhelm Nonnenbruch in die Extrarenalsyndrome, also die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, ein. Die vier Extrarenalsyndrome habe ich soeben in den Absätzen h bis k beschrieben.
n) Die GFR ist proportional zum Herzzeitvolumen HZV. Dieses sollte also regelmäßig bestimmt werden; das verlangen auch die kardiologischen Leitlinien. Wenn der prozentuale Rückgang der GFR gleich dem prozentualen Rückgang des HZV ist, dann kann keine Nierenkrankheit vorliegen. Dann handelt es sich bei der Niereninsuffizienz um ein Extrarenalsyndrom. Man kann das HZV unabhängig voneinander dreifach am Herzen sowie im großen und im kleinen Kreislauf bestimmen. Das Wort Herzzeitvolumen findet sich im gesamten Buch nur einmal, und zwar auf Seite 476 mit dem Hinweis, dass ein vermindertes Herzzeitvolumen ein akutes prärenales Nierenversagen verursachen kann.
o) Die renale Clearance eines jeden Stoffs ist gleich dem Saldo aus Filtration, Sekretion, Synthese, Reabsorption und Metabolisierung. Clearance und GFR sind nur für solche idealen Stoffe oder bei solchen Krankheiten identisch, bei denen der Saldo aus Sekretion, Reabsorption, Synthese und Metabolisierung Null ist. - Siehe oben Kapitel 2 Absatz Jb und Kapitel 6 Absatz 135. - Die an sich banale Definition der Clearance als das pro Zeiteinheit von einer Substanz befreite Plasmavolumen fehlt. Dass es sich dabei um eine fiktive oder virtuelle Größe handelt, wird nicht thematisiert.
456.) Eine interessante Bemerkung macht Peter Bosiljanoff ("Chronische Herzinsuffizienz erfordert effektive neue Therapien", in: "Ärztliches Journal - Reise und Medizin", 39. Jahrgang, Heft 6/2015, Seite 68), obwohl seine Quelle (H. M. Krumholz et alii, Arch Intern Med 1997; 157: 99-104) schon bald zwanzig Jahre alt ist. "Denn mit jeder Klinikaufnahme aufgrund einer akuten Dekompensation kommt es zwar zunächst zu einer Kurzzeitverbesserung der kardialen Funktion unter der stationären Behandlung. Zum Zeitpunkt der Klinikentlassung hat sich die kardiale Funktion dann auf einem niedrigeren Niveau stabilisiert (siehe Abbildung)." - Vermutlich kennen die Autoren die Gleichung HZV=RR/R nicht. Jede zusätzliche iatrogene Senkung des Blutdrucks RR verkleinert das Herzzeitvolumen HZV und verschlechtert automatisch die Herzinsuffizienz weiter. Vielleicht wurde die Medikation bei jeder Hospitalisation um ein weiteres Antihypertensivum ergänzt? "Jede stationäre Behandlung ist ein Indiz dafür, dass die Erkrankung weiter fortschreitet und sich die Prognose weiter verschlechtert" (Zitat Seite 68; Quelle: M. Gheorghiade et alii: Am J Cardiol 2005; 96, Supplement, 11 G - 17 G). - Eine Ausnahme stellen die Vasodilatanzien dar; sie senken den peripheren Widerstand R. - Das HZV ist das einzige objektive Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Damals kam es auch zu "einer deutlich verkürzten Lebenserwartung" (Zitat Seite 68; Quelle: S. Setoguchi et alii: Am J Cardiol 2007; 154: 260-266). Die heutigen Medikamente sollen wenigstens die Lebensdauer verlängern, wenn sie schon die Lebensqualität verschlechtern.
457) "Hat das hepatorenale Syndrom ausgedient?" fragt Kurt Lenz in den "Intensiv-News" (Jahrgang 19, Ausgabe 3/2015, Seiten 18 bis 20). "Die Nierenschädigung als Folge einer Leberschädigung wurde erstmals 1955 beschrieben" (Seite 18). Das ist falsch. Das Hepatorenalsyndrom geistert seit 300 Jahren durch die Fachliteratur. Kurt Lenz kennt alle Fakten zur Erklärung; trotzdem kann er es nicht erklären. Er schreibt richtig auf Seite 20 über die "hepatale Ursache der Niereninsuffizienz" und über die "Nierenfunktionsstörungen bei Leberinsuffizienz." Auf Seite 18 erkennt er, "dass die Nierendurchblutung druckabhängig wird" und dass bei einem "verminderten systemischen Blutdruck ... auch dadurch die Nierendurchblutung abnimmt". Richtig schreibt er auf Seite 18: "Die Niereninsuffizienz als ausschließliche Folge einer Leberschädigung wurde als hepatorenales Syndrom (HRS) bezeichnet." - Die Erklärung für das Hepatorenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch ist doch ganz einfach. Jede schwere Leberkrankheit verkleinert das Herzzeitvolumen und damit sowohl die renale Perfusion wie auch die glomeruläre Filtration. Das gesunde Herz könnte mehr Blut pumpen, wenn es mehr hätte; die gesunden Nieren könnten mehr Plasma filtern, wenn sie mehr hätten. - Das Hepatorenalsyndrom war noch nie so wichtig wie heute. Ich zähle es zu den Extrarenalsyndromen, also zur Niereninsuffizienz bei Nierengesunden. Nach der Doppelformel HZV=SVxHF=RR/R führt jede Blutdrucksenkung ceteris paribus zur Verschlechterung der Herzinsuffizienz und der Niereninsuffizienz. Die Behandlung der Extrarenalsyndrome besteht in der Behandlung der extrarenalen Grundkrankheit. Beim Hepatorenalsyndrom muss man also an eine Nierendialyse oder an eine Lebertransplantation denken; eine Leberdialyse oder eine Nierentransplantation wären kontraindiziert.
458. a) Es folgt eine fiktive Kasuistik zur Verdeutlichung des Kardiorenalsyndroms. Ein 70-jähriger Patient habe als einzige Krankheit nur ein langsam progredientes schweres kombiniertes Aortenvitium.
b) In den letzten 50 Jahren verschlechterte sich sein HZV langsam von 5 l/min um 80 % auf 1 l/min jetzt mit dem vierten Stadium der Herzinsuffizienz. Parallel und synchron verschlechterte sich auch seine GFR langsam von 100 ml/min um 80 % auf 20 ml/min jetzt ebenfalls mit dem vierten Stadium der Niereninsuffizienz. Es handelt sich also um eine schwere Niereninsuffizienz bei einem nierengesunden Herzpatienten. Das bezeichne ich als ein Kardiorenalsyndrom.
c) Der Patient nimmt keine medizinische Hilfe in Anspruch. Bei den Aktivitäten des täglichen Lebens ist er noch relativ selbständig. Er kennt seine Diagnose und lehnt jede Behandlung ab. Der Leidensdruck ist klein.
d) Wie kann es jetzt zur Dialysepflicht kommen? Wie kann sich die GFR von 20 ml/min um 75 % auf GFR = 5 ml/min reduzieren?
e) Wenn der Patient seine orale Flüssigkeitszufuhr deutlich reduziert, dann sinken synchron das HZV von 1000 ml/min um 75 % auf 250 ml/min und die GFR von 20 ml/min um 75 % auf 5 ml/min. Jetzt liegt das fünfte Stadium der Niereninsuffizienz mit grenzwertiger Dialyseplicht vor. Der Zustand ist sowohl beherrschbar wie auch tendenziell voll reversibel. Eine Nierenkrankheit liegt nicht vor. Es handelt sich um eine Exsikkose, also um eine Form des Kardiorenalsyndroms.
f) Wenn der Patient jedoch statt der Exsikkose einen schweren Herzinfarkt bekäme, dann könnten sich ebenfalls das HZV und die GFR jeweils um vielleicht 75 % reduzieren. Dieser Zustand wäre schwer beherrschbar und irreversibel, weil das Narbengewebe die Pumpfunktion erheblich einschränkt. Der Patient hätte jetzt ebenfalls das vierte Stadium der Herzinsuffizienz und das fünfte Stadium der Niereninsuffizienz mit der Grenze zur Dialysepflicht.
g) In allen drei Situationen könnte eine erfolgreiche Klappenoperation den achtzigprozentigen Rückgang sowohl vom HZV wie auch von der GFR rückgängig machen. Dann wären bei der Exsikkose und beim Infarkt das HZV von 5 l/min nur um 75 % auf 1,25 l/min und die GFR von 100 ml/min nur um 75 % auf 25 ml/min reduziert.
h) Bei diesen drei Beispielen wäre ein zusätzlicher leichter Diabetes mellitus mit einem HbA1c von vielleicht 5,5 % mit ausschließlich diätetischer Behandlung irrelevant. In allen drei Fällen wäre die Verdachtsdiagnose einer diabetischen Nephropathie falsch.
459. a) Man stelle sich den ersten Quadranten eines rechtwinkligen Koordinatensystems vor. Auf der Abszisse trage man das HZV und auf der Ordinate die GFR auf.
b) Für jede Niere und für jeden Menschen und bei allen Tieren mit Nieren ist der Graph eine Gerade durch den Nullpunkt.
c) Der Anstieg der Geraden ist ein Maß für die Qualität der filtrativen Nierenfunktion.
d) Bei mehr als einer Niere addieren sich die Einzelanstiege zur Gesamt-GFR des Patienten.
e) Bei der Funktionslosigkeit einer Niere fällt der Graph mit der Abszisse zusammen.
f) Je kränker eine Niere, desto kleiner der Anstieg der Geraden.
g) Diese beschriebenen Zusammenhänge nennt man Proportionalität zwischen GFR und HZV.
h) Wenn die Herzleistung mit zunehmendem Alter abnimmt, ändert sich der Graph nicht.
i) Wenn die Filterkapazität im Zeitablauf abnimmt, dann reduziert sich der Anstieg der Geraden.
j) Bei Nierenkrankheiten verkleinert sich der Anstieg der Geraden.
k) Jede Gerade ist durch die Definition von zwei Punkten eindeutig bestimmt. Einer der beiden Punkte ist der Nullpunkt. Für den zweiten Punkt ist die einmalige gleichzeitige Berechnung von HZV und GFR erforderlich. Jede andere Kombination von HZV und GFR ergibt sich unmittelbar aus der Geraden.
l) Bei einer Herz-, Lungen- oder Lebertransplantation ändert sich der Graph nicht.
m) Bei einer Nierentransplantation vergrößert sich der Anstieg der Geraden.
n) Der Anstieg der Geraden ist gleich dem Anteil des Primärharns am Herzzeitvolumen.
o) Die mathematische Funktionsgleichung des Graphen lautet y=ax oder GFR=aHZV. a ist der Quotient aus Primärharnbildung und Herzzeitvolumen. a ist der Anstieg der Geraden.
p) Bei allen Dialyseverfahren vergrößert sich der Anstieg der Geraden. Die Größe dieses Anstiegs entspricht der maschinellen oder apparativen Filtrationsrate.
q) Jetzt kann man die Dreifachformel HZV=VVxEFxHF=RR/R=pRR/pR um HZV=GFR/a ergänzen und anschließend nach GFR auflösen.
HZV=VVxEFxHF=RR/R=pRR/pR=GFR/a
GFR=aHZV=axVVxEFxHF=aRR/R=apRR/pR
mit a=a1+a2 bei zwei Nieren beziehungsweise allgemein a = Summe ai über alle i von i=0 bis i=n bei Individuen mit n Nieren. a ist also quasi eine individuelle Naturkonstante. a schwankt im Zeitablauf sehr viel weniger, als viele Ärzte glauben.
r) Der Proportionalitätsfaktor a entspricht also der Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Kreatininmolekül den Eingang eines Podozyten erreicht.
s) Damit gibt es jetzt insgesamt acht Stellschrauben zur Beeinflussung der Glomerulären Filtrationsrate:
a = Filtrationswahrscheinlichkeit für ein Kreatininmolekül
VV = Herzhöhlenvolumen
EF = Ejektionsfraktion
HF = Herzfrequenz
RR = arterieller Blutdruck
R = peripherer Widerstand
pRR = pulmonaler Blutdruck
pR = pulmonaler Widerstand
t) Zusätzlich könnte man auch noch den Quotienten aus renalem Blutdruck rRR und renalem Widerstand rR berücksichtigen. Dann hätte man zehn von einander unabhängige
Möglichkeiten zur Verbesserung der filtrativen Nierenfunktion. - Siehe unten Absatz 261.
u) Der Graph der Kurve GFR=aHZV ändert sich bei den vier Extrarenalsyndromen nicht; bei den Renorenalsyndromen wird die Gerade dagegen flacher.
v) Ob die Steigung der Geraden GFR=aHZV im Säuglings- oder Kindesalter mit derjenigen im Erwachsenenalter identisch ist, müsste untersucht werden.
w) Die Steigung der Geraden GFR=aHZV ist ein Maß für die Schwere von doppelseitigen Nierenkrankheiten. Je flacher die Kurve, desto schwerwiegender sind die
Nierenkrankheiten. Je steiler die Kurve, desto leistungsfähiger sind die Nieren. Wenn der Graph mit der Winkelhalbierenden zusammenfiele, dann wären HZV und GFR identisch. Die Gerade GFR=aHZV
muss also immer unterhalb der Winkelhalbierenden y=x oder GFR=HZV liegen. Die Filtrationswahrscheinlichkeit a muss also immer zwischen 0 und 1 liegen. - Anmerkung: Den Koeffizienten a habe ich
oben in den Absätzen 152, 218 und 223 als Glomeruläre Filtrationswahrscheinlichkeit WG bezeichnet.
x) Bei jeder neu aufgetretenen Niereninsuffizienz muss man a=WG analysieren. Bei einer Konstanz von a=WG liegt keine Nierenkrankheit vor. Bei einer Verkleinerung von a=WG liegt eine Nierenkrankheit vor. Das Ziel aller nephrologischer Bemühungen ist eine Vergrößerung von a=WG bei den Renorenalsyndromen. Bei den Extrarenalsyndromen bleibt a konstant; hier muss das Herzzeitvolumen vergrößert werden.
460. a) Niels Menck ("Dyspnoe und Fingerschädigungen - Digitale Tricolore aus dem Kühlraum", in: MMW Münchener Medizinische Wochenschrift - Fortschritte der Medizin", Jahrgang 157, Heft 12/2015, 25.6.2015, Seiten 5 und 65) hat das Pulmokardialsyndrom nicht verstanden. Unter einem Pulmokardialsyndrom verstehe ich eine Herzinsuffizienz bei herzgesunden Lungenpatienten. - Der beschriebene Casus ist eine "Pulmonale Hypertonie bei Lungenfibrose infolge einer progressiven systemischen Sklerodermie". Hier sind im kleinen Kreislauf sowohl der pulmonalarterielle Blutdruck wie auch der pulmonalarterielle Widerstand (nach der Formel HZV=pRR/pR) erhöht. Im zitierten Beispiel betrugen der mittlere pulmonalarterielle Druck pRR = 41 mmHg (statt normal pRR < 20 mmHg) und der Wedge-Druck 3 mmHg. "Somit bestätigte sich eine präkapillare Widerstandserhöhung der Lungenstrombahn (Nizza-Klasse 1.4.1)" (Zitat Seite 65). Angaben zum pulmonalen Widerstand pR fehlen jedoch. Trotzdem konnte dieser Widerstand pR jedoch mit Iloprost und Macitentan offenbar erfolgreich gesenkt werden. - Die Patientin hatte eine Herzinsuffizienz "der NYHA-Klasse III" (Zitat Seite 5) bei einem Blutdruck von 200/100 mmHg. Richtig wird erkannt, "dass die erhöhten Blutdruckwerte nicht das vorrangige Problem der Patientin darstellten" (Zitat Seite 5). Trotzdem wurde eine antihypertensive Therapie mit Torasemid und einem ACE-Hemmer eingeleitet.
b) Unklar bleibt, was unter dem Wedge-Druck verstanden werden soll. Im kleinen Kreislauf gibt es wie auch im großen Kreislauf drei
Blutdrücke, und zwar zwei arterielle und einen venösen. Vermutlich versteht man unter dem Wedge-Druck den pulmonalarteriellen Mitteldruck. Er wird als Verschlussdruck während eines kurzzeitigen
Verschließens eines kleines Astes der Arteria pulmonalis mittels eines Ballonkatheters distal des Ballons gemessen. Er entspricht also weder dem pulmonalarteriellen Widerstand pR noch dem
pulmonalvenösen Blutdruck. Der Zusammenhang mit den enddiastolischen Blutdrücken im linken Atrium und im linken Ventrikel bleibt unklar. Ich bezweifele also die Relevanz des Wedge-Drucks als Maß
für die sogenannte Vorlast der linken Herzkammer. Der Swan-Ganz-Katheter heißt Pulmonalarterienkatheter und nicht Pulmonalvenenkatheter. Man muss also auch im Lungenkreislauf zwischen Blut- und
Schlagadern unterscheiden. Das ist Physikumswissen. Im Übrigen erinnere ich daran, dass auch im kleinen Kreislauf das Herzzeitvolumen gleich dem Quotienten aus Blutdruck und Widerstand ist. - Zu
den Begriffen Vorlast und Nachlast siehe unten Absatz 472h.
c) Franz Volhard (siehe oben die Absätze 230, 244, 245 und 255) forschte auch über die Venenpulsschreibung. Es gibt auch den Begriff der Jugularvenenpulskurve. Also gibt es auch einen venösen Puls. Also kann man auch beim venösen Blutdruck zwischen Systole und Diastole unterscheiden. Also gibt es in beiden Kreisläufen jeweils vier Blutdrücke, insgesamt also acht.
461.) Sowohl im großen wie auch im kleinen Kreislauf ist das Herzzeitvolumen gleich dem Quotienten aus arteriellem Blutdruck und arteriellem Widerstand. Diesen Grundsatz kann man sogar auch noch auf das venöse Gefäßsystem ausdehnen. Sowohl im großen wie auch im kleinen Kreislauf ist das Herzzeitvolumen gleich dem Quotienten aus venösem Blutdruck und venösem Widerstand. HZV=vRR/vR=vpRR/vpR.
b) In Fortsetzung von Absatz 259 s und t kann man das Herzzeitvolumen und damit die GFR jetzt sogar mit jetzt 16 Stellschrauben beeinflussen.
HZV=VVxEFxHF=RR/R=pRR/pR=rRR/rR=vRR/vR=vpRR/vpR=vrRR/vrR=GFR/a
GFR=aHZV=axVVxEFxHF=aRR/R=apRR/pR=arRR/rR=avRR/vR=avpRR/vpR=avrRR/vrR.
Dabei bedeuten die Kleinbuchstaben p=pulmonal, v=venös, r=renal, a=GFR/HZV und x=Multiplikation.
c) Zur Vergrößerung der GFR müssen die Parameter im Nenner verkleinert und alle anderen vergrößert werden.
d) Prima vista ist die zweite Formel tautologisch nach dem Schema GFR=(GFR/HZV)xHZV. Wenn man jedoch a=GFR/HZV ist intraindividuelle Konstante betrachtet, dann besteht die Gleichung aus dieser Konstanten und 14 Variablen. Wenn man jetzt zum Beispiel ceteris paribus den pulmonalvenösen Widerstand vpR halbieren könnte, dann erzielte man damit eine Verdoppelung von HZV und GFR. Der Quotient a=GFR/HZV würde sich nicht ändern. Denn a=2GFR/2HZV. Der neue Schnittpunkt von 2HZV und 2GFR würde weiter rechts auf der Geraden GFR=aHZV liegen. Der Abstand vom Nullpunkt würde sich verdoppeln.
462.) Ein weiterer Lichtblick: Am 24.6.2015 wurde bei meinem Patienten M. J. (siehe oben die Absätze 136, 221 und 231h) von niedergelassenen Nuklearmedizinern erneut
eine gated SPECT durchgeführt. Das enddiastolische Volumen EDV betrug 97 ml, das endsystolische Volumen ESV betrug 52 ml. Daraus errechneten sich als Differenz ein Schlagvolumen SV=45 ml und als
Quotient eine Nettoejektionsfraktion EF=0,464. Die Ruheherzfrequenz wurde mit HF=61/min angegeben. Nach der Formel HZV=SVxHF kann ich jetzt das Herzzeitvolumen HZV = SVxHF = 45 ml x 61/min = 2745
ml/min errechnen. Aus dem Ruheblutdruck RR=140/90 mmHg kann ich nach der Schätzformel MAD = diastol + (systol - diastol)/3 jetzt den mittleren arteriellen Blutdruck MAD = 90 + 50/3 mmHg = 107
mmHg errechnen. Nach der Formel R=MAD/HZV kann ich den peripheren arteriellen Widerstand R berechnen als R=MAD/HZV=(106,66 mmHg)/(2745 ml/min)=0,0388 mmHgmin/ml=39 mmHgmin/l. Aus der GFR (MDRD) =
73 ml/min vom 13.11.2013 errechnet sich der intraindividuelle Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV=73/2745=0,0266. - Anmerkung: Am 13.11.2014 bestimmte ein niedergelassener Kardiologe
echokardiographisch bei M. J. eine EF=0,74. Wie ist dieser eklatante Unterschied zwischen EF=46 % und EF=74 % zu erklären?
463.) Soeben habe ich (heute am 30.6.2015) bei Wikipedia unter dem Stichwort Peripherer Widerstand den folgenden Beitrag unter der Überschrift "Falsche Definition" zur Diskussion gestellt. "Ich halte das gesamte dargestellte Konzept für fragwürdig. Man muss doch immer streng zwischen den Arterien und den Venen unterscheiden. In einem geschlossenen System ist der Druck überall identisch. Bei den Menschen und den Säugetieren gibt es aber zwei geschlossene Systeme. Also gibt es sowohl im arteriellen wie auch im venösen System jeweils einen mittleren Blutdruck und einen mittleren peripheren Widerstand. Die Formel HZV = RR/R mit HZV = Herzzeitvolumen, RR = Blutdruck und R = peripherer Widerstand gilt doch sowohl für die Blutadern wie auch für die Schlagadern. Dass der arterielle Widerstand zu einem sehr kleinen Teil auch vom venösen Widerstand abhängt, mag ja sein, ändert aber nichts an meiner Darstellung. Das Herzzeitvolumen kann man unabhängig voneinander in den vier Herzhöhlen, im großen und im kleinen Kreislauf sowie außerdem jeweils im arteriellen und im venösen Schenkel beider Kreisläufe bestimmen."
464.a) Vermutlich bleiben der Anstieg der Geraden GFR=aHZV und damit ihr Neigungswinkel bei jedem nierengesunden Individuum im Lebenszyklus vom Embryo bis zum Greis konstant. Eine womöglich asynchrone Größenentwicklung von Herz und Nieren wäre kein gültiges Gegenargument. Ebenso ist die vorgeburtliche Nichtbenutzung des kleines Kreislaufes kein gültiges Gegenargument. Es kommt einzig auf den Anteil der podozytären Perfusion am großen Kreislauf an. Dabei sind die Anzahl der Podozyten und ihr Durchmesser sowie der Anteil der renalen Perfusion am großen Kreislauf maßgeblich. Akute oder chronische Nierenkrankheiten verringern dagegen den Neigungswinkel vorübergehend oder dauerhaft. Neurohumorale Einflüsse können nur kleine Abweichungen von der Geraden verursachen.
b) Eine Ausnahme gibt es nur bei Embryos im Alter zwischen 2 und 18 Wochen. Zwischen dem ersten Herzschlag und dem ersten Verschlucken von Fruchtwasser gibt es ein Herzzeitvolumen, aber vermutlich keine glomeruläre Filtration. Der Graph GFR=aHZV fällt also für diesen Zeitraum mit der Abszisse zusammen.
465. a) Wenn mich meine Patienten fragen, ob sie viel oder wenig trinken sollen, antworte ich wie folgt. Im Zweifel sollen sie aus den unterschiedlichsten Gründen viel trinken. Hinsichtlich der filtrativen Nierenfunktion haben die Gegner und die Befürworter einer großen oralen Flüssigkeitsaufnahme jedoch gleichermaßen recht. Je mehr man trinkt, desto besser können die Nieren ihre Entgiftungsfunktion wahrnehmen. Sie werden dadurch jedoch nicht gesünder oder leistungsfähiger. Je weniger man trinkt, desto größer werden die Plasmaspiegel der harnpflichtigen Stoffe. Offenbar richten sie aber in weiten Bereichen keine dauerhaften Schäden an. Oder doch? Was wären die allerersten Anzeichen eines drohenden Coma uraemicum? Vielleicht Müdigkeit, Schwindel oder Vergesslichkeit?
b) Nachtrag vom 23.2.2016: "So entlarvte ein US-Mediziner als unhaltbaren Irrglauben, dass der Konsum von mehreren Litern Wasser täglich lebensverlängernd wirke." Zitat: "Der Spiegel", Heft 1/2016 vom 2.1.2016, Seite 96.
c) Nachtrag vom 24.2.2016: Dass eine zu geringe orale Flüssigkeitsaufnahme lebensverkürzend wirkt, ist dagegen wohl unstrittig. Eine Exsikkose, eine Urämie und eine Hyperkoagulation erhöhen zweifellos die Mortalität.
466. a) Der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV ist ein Maß für die Schwere der Renorenalsyndrome. a ist der Anstieg der Geraden der Funktion GFR=aHZV und damit der Tangens des Neigungswinkels. Bei a=(100 ml/min)/(5000 ml/min)<0,020 liegt ein Renorenalsyndrom vor. Bei a=(5 ml/min)/(5000 ml/min)<0,001 ist eine Nierentransplantation indiziert. Eine Nierendialyse ist bei GFR(1,73 m²/KOF)<5 ml/min indiziert.
b) Der Proportionalitätsfaktor a kann jetzt zur Stadieneinteilung der Renorenalsyndrome verwendet werden. Diese Stadien sind identisch mit der chronischen Niereninsuffizienz nach ICD-10.
Stadium 1 hat eine GFR > 90 ml/min, also a>90/5000=0,018
Stadium 2 hat eine 60 ml/min < GFR < 90 ml/min, also 0,012 < a < 0,018
Stadium 3 hat eine 30 ml/min < GFR < 60 ml/min, also 0,006 < a < 0,012
Stadium 4 hat eine 15 ml/min < GFR < 30 ml/min, also 0,003 < a < 0,006
Stadium 5 hat eine GFR < 15 ml/min, also a < 0,003
Bezug genommen wird auf einen herzgesunden Erwachsenen mit einem Herzzeitvolumen von 5 l/min. Eine Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von 1,00 m² oder 1,73 m² ist nicht erforderlich, weil sie sich aus Zähler und Nenner herauskürzen würde.
467. a) Welche Qualität muss die Spenderniere haben? Sie muss weder gesund sein noch eine gute GFR haben. Das wird im Folgenden erläutert.
b) Einer meiner Patienten (M. T.) hat eine leicht ausgeprägte angeborene seltene doppelseitige Nierenkrankheit. Seine Ehefrau hat dieselbe Krankheit, allerdings in
starker Ausprägung; deswegen kommt sie als Spenderin nicht in Frage. Die gemeinsame Tochter hat diese Nephropathie geerbt. Bei ihr ist sie so stark ausgeprägt, dass sie dialysepflichtig ist. Ihr
Vater, also mein Patient, will ihr eine seiner beiden Nieren spenden. Alle bisherigen Untersuchungen lassen ihn als Spender geeignet erscheinen. Die Frage, welche seiner beiden Nieren gespendet
werden soll, wurde noch nicht beantwortet. Eine seitengetrennte Nierenfunktionsdiagnostik erfolgte noch nicht. Soll er die bessere oder die schlechtere seiner beiden kranken Nieren spenden? Es
können also auch kranke Nieren gespendet werden. - Mittlerweile weiß er, dass seine rechte Niere 46 % und seine linke Niere 54 % der Nierenfunktion übernehmen. Seine GFR = 77 ml/min teilt
sich also auf in 35,4 ml/min für die rechte und 41,6 ml/min für die linke Niere. Es soll die schlechtere rechte Niere gespendet werden. Die linke Nierenarterie besteht aus zwei Ästen, kommt
deshalb für eine Transplantation nicht in Frage. Postoperativ wird er also eine Niereninsuffizienz im dritten Stadium haben. - Nachtrag vom 16.3.2016: Eine Woche nach der Explantation seiner
rechten Niere, die übrigens ebenfalls zwei Arterienäste hat, hatte der Vater eine GFR = 50 ml/min. Vater und Tochter geht es gut.
c) Ebenso kommen auch Menschen mit einer schlechten GFR oder mit einer schlechten normierten GFR(1,73 m²/KOF) für eine postmortale Nierenspende oder als Lebendspender in Frage. Wichtig ist allein der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV der betreffenden Niere. Eine seitengetrennte Funktionsdiagnostik ist also zwingend erforderlich Dass die GFR des Patienten gleich der Summe der einzelnen GFR ist, muss nicht extra betont werden. Also ist auch der Proportionalitätsfaktor a seitengetrennt zu bestimmen. Altersunabhängig hat eine gute gesunde Spenderniere zum Beispiel (Erwachsene oder Kinder) einen Proportionalitätsfaktor
a=GFR/2HZV=(120 ml/min)/2(6 l/min)=(12 ml/min)/2(600 ml/min)=0,02/2=0,01.
d) Beim Nierentransfer bleibt a konstant. Einzig Transportschäden könnten eine Verkleinerung von a verursachen. Die GFR der verpflanzten Niere beim Empfänger hängt also nur von dessen Herzzeitvolumen ab. Die Gesamt-GFR ist beim Empfänger gleich der Summe der GFR aller seiner Nieren.
e) Die GFR der verpflanzten Niere errechnet sich nach der Formel GFR=aHZV, wobei HZV jetzt das Herzzeitvolumen des Empfängers ist. Wenn der Empfänger wegen eines Extrarenalsyndroms ein HZV=1 l/min hat, dann hat die verpflanzte Niere jetzt eine
GFR = aHZV = 0,01 x 1000 ml/min = 10 ml/min.
f) Wenn die Restfunktion der beiden Eigennieren des Empfängers zum Beispiel GFR=2 ml/min beträgt, dann ist seine Gesamt-GFR nach der Transplantation
GFR = 10 ml/min + 2 ml/min = 12 ml/min.
Fraglich bleibt, ob die Dialyse nach der Transplantation entbehrlich wird.
g) Bei der Beurteilung der Rest-GFR des Empfängers ist die virtuelle maschinelle GFR bei
einer Dialyse von seiner Gesamt-GFR zu subtrahieren.
h) Diese Berechnungen beweisen, dass bei einem Extrarenalsyndrom eine Nierentransplantation meistens kontraindiziert ist.
i) Bei jedem Renalsyndrom ist eine Nierentransplantation also nur dann indiziert, wenn der transplantierte Patient eine normierte GFR(1,73 m²/KOF) >>15 ml/min hat. Er muss also das fünfte Stadium der chronischen Niereninsuffizienz dauerhaft möglichst weit hinter sich lassen.
j) Das Herzzeitvolumen des Empfängers muss also nach der Transplantation die notwendige Bedingung
HZV >> (15 ml/min)/a
erfüllen. Wenn die vorgesehene Spenderniere einen zu kleinen Proportionalitätsfaktor a hat, dann ist diese Niere für den betreffenden Empfänger ungeeignet.
k) Ein Zahlenbeispiel: Wenn die Spenderniere einen Proportionalitätsfaktor a=0,001 hat, dann müsste das Herzzeitvolumen des Empfängers größer sein als (15
ml/min)/0,001 = 15 l/min, um auf eine Dialyse verzichten zu können. Das ist völlig unrealistisch.
468. a) Michael Haase und Anja Haase-Fielitz (siehe oben die Absätze 247c und 391b) haben das Buch "Akute Nierenschädigung" (Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2015, XIV, 152 Seiten) herausgegeben. Schon die erste Seite (Seite 15) des zweiten Kapitels ("Akute Nierenschädigung - Frühwarnsystem und neue Behandlungspfade", Seiten 13 bis 26) ist voller Fehler.
b) Der englische Begriff Acute Kidney Injury wird fälschlich mit "akuter Nierenschädigung" übersetzt. Richtig handelt es sich um eine akute Niereninsuffizienz. Ein histologisch nachweisbarer Schaden liegt bei den Extrarenalsyndromen nicht vor.
c) Bei einer irreparablen Nierenschädigung kann es nicht zu einer "Nierenfunktionserholung" kommen. Diese ist nur bei den Extrarenalsyndromen und bei einigen wenigen Renorenalsyndromen denkbar. Das haben die Autoren nicht verstanden.
d) Ein "Frühwarnsynstem" hinsichtlich "Serumkreatinin" erscheint sinnvoll. Hinsichtlich "Diurese" führt es jedoch in die Irre. Denn bei Tubuluskrankheiten werden die Rückresorption reduziert und die Diurese gesteigert. Die Autoren vermuten das Gegenteil.
e) Also ist die "Verwendung von Markern des akuten Tubulusschadens" zur "Früherkennung eines sich entwickelnden akuten Nierenfunktionsverlustes"
ungeeignet.
f) Das Wort "Nierenfunktionsverlust" bedeutet Niereninsuffizienz und nicht "Nierenschädigung". Im gesamten Kapitel kommt der zentrale Begriff der Niereninsuffizienz nicht einmal vor.
g) Früher habe man statt von "der akuten Nierenschädigung" vom akuten "Nierenversagen" gesprochen. Das wäre auch heute noch sinnvoll. Niereninsuffizienz und Nierenkrankheit sind zwei völlig verschiedene Begriffe. Die Extrarenalsyndome bezeichnen die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, die Renorenalsyndrome bezeichnen die Niereninsuffizienz bei doppelseitigen Nierenkrankheiten. Beide zusammen bezeichne ich als Renalsyndrome.
h) "Die Begriffe 'Kidney Attack' beziehungsweise 'Renal Angina' machen auf die Bedeutsamkeit des Problems aufmerksam" (Zitat Seite 15). Das Problem kann man aber nur verstehen, wenn man streng zwischen Nierenschädigung und Niereninsuffizienz unterscheidet. Das haben die beiden Autoren nicht verstanden.
i) "Weiterhin werden Vorschläge zur optimalen Kodierung der akuten Nierenschädigung unterbreitet, um Mindererlöse zu vermeiden." Wenn man zur pekuniären Umsatzsteigerung Nierengesunde zu Nierenkranken erklärt, könnte man eine Beihilfe zum Abrechnungsbetrug vermuten.
j) Auf der Folgeseite (Seite 16) wird das Problem richtig beschrieben, aber trotzdem nicht verstanden: "Dies ist vor allem Ausdruck der nicht-primär renalen [gemeint offenbar: primär nichtrenalen] akuten oder chronischen Grunderkrankungen der betroffenen Patienten." - Die Niereninsuffizienz beruht bei den Extrarenalsyndromen auf einer Herzinsuffizienz. Die Extrarenalsyndrome teile ich ein in das Kardiorenalsyndrom, das Pulmorenalsyndrom, das Hepatorenalsyndrom und das Zerebrorenalsyndrom. Dass diese Patienten richtig "in nicht-nephrologischen Fachabteilungen behandelt" werden, sollte die beiden Autoren nicht überraschen.
469.) Ich behaupte eine Proportionalität zwischen GFR und HZV. Am 6.7.2015 schreibt mir ein Medizinstudent auf der Diskussionsseite bei Wikipedia beim Stichwort Kardiorenales Syndrom: "Die GFR ist nicht immer proportional zum HZV. Bei körperlicher Arbeit steigt das HZV, aber die Durchblutung der Nieren (wie auch des Splanchnikusgebietes) wird gedrosselt - damit fällt die GFR. Ein Abfall der GFR ist also nicht immer an ein erniedrigtes Herzzeitvolumen gebunden." - Am 7.7.2015 entgegnete ich: "Guter Einwand. Sie beschreiben das Phänomen, welches ich als neurohumorale Regulation bezeichne. Dadurch wird die Proportionalität moduliert, aber nicht beseitigt. Mittelfristig gleichen sich diese Einflüsse aus. Kurzfristig haben Sie recht. Kurzfristig gibt es verschiedene Geraden für GFR/HZV. Das gilt auch für vorübergehende Nephritiden oder andere Ausnahmesituationen. Das ändert aber nichts an der prinzipiellen Proportionalität zwischen GFR und HZV. Außerdem ist die von Ihnen beschriebene Drosselung der Durchblutung bei Belastung vielleicht kleiner, als viele glauben. Gerne wird diesbezüglich die Funktion der Tubuli vergessen. Glauben Sie wirklich, dass es bei einer vorübergehenden Zunahme des HZV um 400 % zu einem deutlichen Rückgang der GFR um vielleicht 50 % kommen kann? Dann müsste bei Belastung die renale Perfusion um 90 % reduziert werden. Kaum vorstellbar. Vorstellbar wäre dagegen bei körperlicher Belastung eine Leistungssteigerung der Nierenkanälchen von 99 % um 0,5 % auf 99,5 % mit demselben Ergebnis einer Halbierung des Harnvolumens."
470. a) Carola Gessner ("Schutzschirm für die geschwächte Niere", in: "Medical Tribune", 50. Jahrgang, Nummer 26/2015, 26.6.2015, Seite 16) beschreibt völlig falsche Vorstellungen über die Niereninsuffizienz. Sie beruft sich bei ihren Darstellungen auf "Dr. Andreas D. Kistler von der Medizinischen Klinik, Nephrologie und Dialyse am Kantonsspital Frauenfeld" in der Schweiz.
b) "Hat die Niere einmal [einen] relevanten Schaden erlitten, so führen maladaptive Mechanismen zum Fortschreiten der Krankheit". - Solche Mechanismen gibt es kaum. Die Niere ist ein sich selbst reinigender Filter. Doppelseitige progrediente Nierenkrankheiten als kausale Ursache einer schweren Niereninsuffizienz sind selten.
c) "Die verbleibenden Nephrone übernehmen die Filter-Arbeit der ausgefallenen" Nephrone. Bei der Niereninsuffizienz handelt es sich meistens um die Extrarenalsyndrome. Hier kommt es nicht zum Verlust von Nephronen. Es handelt sich um die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden.
d) "Die verbleibenden Nephrone ... sind erhöhtem intraglomerulärem [sic!] Druck ausgesetzt". - Je höher der Druck, desto besser die glomeruläre Filtration. Das wurde nicht verstanden.
e) Bei den Extrarenalsyndromen kommt es zum "Fortschreiten der Niereninsuffizienz" nur bei der Progression der extrarenalen Grundkrankheiten. Progrediente Renorenalsyndrome sind selten.
f) "Als Nierenkiller schlechthin lässt sich die arterielle Hypertonie bezeichnen. Sie selbst kann eine Nephropathie verursachen." - Oft ist das Gegenteil der Fall. Je höher der Blutdruck, desto besser die GFR. Erinnert wird an die Dreifachformel GFR=aHZV=axVVxEFxHF=aRR/R.
g) Im gesamten Artikel findet sich die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min nicht einmal. Vielmehr findet man die falschen Einheiten ml und mml/min/1,73 m². Bei der letzten Einheit war wohl ml/min/1,73 m² gemeint; diese falsche Einheit soll nach den Leitlinien nur nach Anwendung meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) verwendet werden.
h) Insgesamt ist "die Datenlage im Hinblick auf positive Effekte" schlecht. "Nicht gesichert ist bislang der Einfluss" der beschriebenen pathophysiologischen Zusammenhänge. Für die tägliche Praxis ist dieser Artikel kontraproduktiv.
471. a) Ich behaupte, dass es eine Diabetische Nephropathie nicht gibt. Zumindest können leichte histologische Veränderungen eine mitunter schwere Niereninsuffizienz bei Diabetikern nicht erklären. Ich führe die Niereninsuffizienz bei Diabetikern auf die Extrarenalsyndrome, also auf die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, zurück.
b) Das bestätigt indirekt auch Peter Nawroth. Es "lassen sich nur 11 % der Spätkomplikationen durch die Dauer des Diabetes und schlechte HbA1c-Werte erklären, sagte Professor Dr. Peter Nawroth von der Inneren Medizin I am Universitätsklinikum Heidelberg." (Quelle: "Erhöhter Zucker allein ist nicht schuld an Diabetesfolgen", in: "Medical Tribune", 50. Jahrgang, Nummer 26/2015, 26.6.2015, Seite 11).
c) "Zudem gibt es immer auch Patienten mit chronisch schlechten HbA1c-Werten, bei denen sich gar keine (oder nur bestimmte) diabetische Spätschäden entwickeln." - Manche Diabetiker können die Folgekrankheiten erfolgreich verhindern.
d) "Man müsse für jede einzelne Spätkomplikation mögliche molekulare Mechanismen und Signalwege aufdecken." - Zumindest bei der angeblichen Diabetischen Nephropathie wird man solche pathophysiologischen Zusammenhänge nicht finden. Oft sind Diabetiker multimorbide. Fast alle diese Folgekrankheiten verkleinern das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration. Wenn im Vergleich mit Gesunden das Ausmaß der Reduktion des HZV mit dem Ausmaß der Reduktion der GFR übereinstimmt, dann kann keine doppelseitige Nephropathie, also kein Renorenalsyndrom, vorliegen. - Wenn der Quotient GFR/HZV bei 0,02 liegt, dann ist der Patient nierengesund.
e) "Die Forschung, die sich organspezifisch mit der Entstehung von diabetischen Spätschäden beschäftigt, hat gerade erst begonnen." - Man könnte es auch anders ausdrücken: Zumindest bei Diabetikern konnte man in einhundertjähriger Forschungsarbeit keine direkten kausalen Zusammenhänge zwischen dem Diabetes mellitus und der Niereninsuffizienz finden. Denn solche Zusammenhänge gibt es nicht.
f) Medical Tribune schreibt richtig: "Blutzucker senken und damit Spätkomplikationen an ... Niere ... verhindern" ist der falsche Ansatz.
g) "Gerade beim Typ-2-Diabetes scheinen die Mechanismen doch etwas komplizierter zu sein." - Sie sind nicht komplizierter, sondern sehr viel einfacher: Die gesunden
Nieren können nur dasjenige Blut filtern, welches vom Herzen herangepumpt wird. Zur Verbesserung der Nierenfunktion muss man das Herzzeitvolumen vergrößern. Die Niereninsuffizienz ist die kausale
Folge der Herzinsuffizienz.
472. a) Die Kardiologen sprechen seit Jahrzehnten gerne von der Vorlast des Herzens und von der Nachlast des Herzens. Es bleibt völlig unklar, was damit gemeint sein könnte.
b) Die Länge wird in m gemessen.
Die Masse wird in kg gemessen.
Die Gewichtskraft wird in N gemessen.
Das Volumen wird in m³ gemessen.
Der Blutdruck wird in Pa gemessen.
Der Widerstand wird in Pas/m³ gemessen.
Die Spannung wird in N/m² gemessen.
Die Dehnung wird in µm/m gemessen.
Die Dehnbarkeit (Compliance) wird in l/kPa gemessen.
Das Elastizitätsmodul wird in Pa gemessen.
Für alle diese zehn physikalischen Größen findet man Beispiele in der kardiologischen Literatur. Die Verwirrung könnte kaum größer sein. Jeder versteht unter Vor- und Nachlast etwas anderes.
c) Das Klinische Wörterbuch von Willibald Pschyrembel hat dieses Stichwort zuerst in der 258. Auflage 1998 aufgenommen. Dort steht auf Seite 1675: "Vorlast: (englisch) preload; mechanische Vorbelastung des Herzens, das heißt Dehnungszustand beziehungsweise Länge der Herzmuskelfasern des linken Ventrikels unmittelbar vor Beginn der Ventrikelkontraktion (Systole); steht in direktem Zusammenhang mit dem enddiastolischen Druck (sogenannter Füllungsdruck), der mittels Herzkatheterisierung bestimmt werden kann. Von der Vorlast abhängig ist das enddiastolische Volumen. Das Ausmaß der Muskelfaserverkürzung in der nachfolgenden Systole wird von Vorlast und Nachlast des Ventrikels bestimmt. Vergleiche Frank-Starling-Gesetz." - Mehr oder weniger verändert sich diese Definition im Laufe der Auflagen. In der 266. Auflage 2014 finden sich auf Seite 2270 zusätzlich noch die Begriffe "enddiastolische Ventrikelspannung", "ventrikuläres enddiastolisches Volumen (Abkürzung EDV)" und "Wedge-Druck".
d) Ähnlich definiert die 266. Auflage 2014 auf Seite 1437 die "Nachlast: (englisch) afterload; endsystolische Ventrikelspannung; Widerstand, den die Herzmuskulatur bei der Entleerung der Kammer überwinden muss (Auswurfwiderstand); direkt von systolischer myokardialer Wandspannung, indirekt von peripherem Widerstand (arterielle Gefäßwandelastizität; siehe Windkesselfunktion) abhängig; entspricht klinisch in vereinfachter Annäherung dem mittleren Aortendruck. Vergleiche Vorlast."
e) Es bleibt also völlig unklar, welche der zehn oben unter b angeführten Begriffe gemeint sein könnten. Außerdem bleibt unklar, ob in einer der vier Herzhöhlen gemessen werden soll oder davor beziehungsweise danach.
f) Alle diese Probleme lassen sich leicht lösen, wenn man sich die Definition HZV=RR/R vor Augen führt. Zu jedem Zeitpunkt kann man unabhängig von einander an jedem Ort in beiden Kreisläufen in den Arterien und in den Venen sowohl den Blutdruck RR wie auch den peripheren Widerstand R bestimmen. Zur Kontrolle kann man den Quotienten RR/R bilden; er muss mit dem Herzzeitvolumen HZV identisch sein. Dabei ist zwischen Systole und Diastole zu unterscheiden. Zeitabhängige Mittelwertbildungen bei den acht Drücken und bei den acht Widerständen sind zulässig.
g) Anmerkung: Wie kommt die Zahl acht zustande? 2³=8. Zwei Kreisläufe (großer und kleiner), zwei Adernsysteme (Arterien und Venen) und zwei Zeitpunkte (Systole und Diastole).
h) Jetzt sind die Vorlast der enddiastolische Widerstand im rechten Atrium und die Nachlast der endsystolische Widerstand
im linken Ventrikel. Die Belastung der Herzhöhlen besteht darin, den jeweiligen Widerstand überwinden zu müssen. Dazu muss die Herzmuskulatur
entsprechende Drücke aufbauen. Die jeweiligen Quotienten aus Druck und Widerstand sind identisch mit den resultierenden Flüssen. Alle diese Flüsse in den Blut- und Schlagadern in beiden
Kreisläufen sind mit dem Herzzeitvolumen identisch. Die Begriffe preload und afterload werden also entbehrlich. - Siehe zum Wedge-Druck oben Absatz 460b.
i) Die beiden Präpositionen vor und nach beziehen sich auf das Herz. Gemeint ist also die Last, die vor beziehungsweise nach dem Herzen liegt. Wenn dieser Widerstand vom Blutdruck überwunden wird, kommt es zum Fluss. Dieser Fluss ist der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand; man nennt ihn Herzzeitvolumen.
j) Ähnlich verwirrend wie Willibald Pschyrembel definieren auch Reinhard Griebenow und Werner Kaufmann (1924 bis 30.1.2013) ("Herzinsuffizienz", in: "Lehrbuch der Inneren Medizin", herausgegeben von Walter Siegenthaler (14.12.1923 bis 24.10.2010) et alii, Georg Thieme Verlag, 3. Auflage, Stuttgart und New York 1992, Seiten 2 bis 129) auf Seite 3: "Als Ausmaß der myokardialen Muskelfaservordehnung ist die Vorlast durch Bestimmung von enddiastolischem Druck und Volumen, Analyse der enddiastolischen Druck-Volumenbeziehung und Messung der diastolischen Wandspannung quantifizierbar. Als Nachlast ist der gesamte Auswurfwiderstand anzusehen, gegen den der linke Ventrikel sein Schlagvolumen zu fördern hat." - Warum definieren sie nicht einfach das Herzzeitvolumen als Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand? Dann sind Vorlast und Nachlast mit den jeweiligen Widerständen identisch. Dann könnte man sich die Begriffe Vor- und Nachlast sparen.
k) Der Einwand, Widerstandsmessungen seien schwierig, ist nicht stichhaltig. Die anderen acht Größen oben in Absatz b sind noch viel schwieriger zu messen. Der Blutdruck (als Ausnahme) darf eben nicht als Surrogat für den Widerstand verwendet werden. Ebenso darf das Füllungsvolumen VV nicht als Surrogat verwendet werden; denn damit verlöre man die Kontrollmöglichkeit nach der Formel HZV=VVxEFxHF.
l) In jeder der vier Herzhöhlen kann man Druck und Widerstand bestimmen und durch Division das Herzzeitvolumen errechnen. Also kann man auch Vor- und Nachlast in jeder Herzhöhle definieren und bestimmen. In der Reihenfolge des Blutflusses ist dann die Nachlast einer Höhle gleich der Vorlast der nachfolgenden Höhle. Ich bezweifele jedoch, dass die Vorlast des linken Vorhofes gleich der Nachlast der rechten Kammer ist. Die Lungenkapillaren werden eine solche Identität verhindern. Insofern zweifele ich an einer Entsprechung von Wedge-Druck und linksventrikulärer Vorlast.
473. a) Die Firma Gilead Sciences GmbH in Martinsried bei München vertreibt das Medikament Harvoni zur Behandlung der chronischen Hepatitis C. Eine Filmtablette enthält 90 mg Ledipasvir und 400 mg Sofosbuvir. Sofosbuvir wird zu "ungefähr 80 % im Urin" ausgeschieden, während bei Ledipasvir "die renale Ausscheidung eine untergeordnete Rolle spielt (ungefähr 1 %)". Offenbar bildet für Sofosbuvir "die renale Clearance den Haupteliminationsweg" (Zitate aus der Fachinformation von November 2014, Seite 18).
b) "Hinsichtlich der Pharmakokinetik von Ledipasvir wurden keine klinisch relevanten Unterschiede zwischen gesunden Probanden und Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung beobachtet." - "Die Pharmakokinetik von Sofosbuvir wurde" ausführlich untersucht. "Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sofosbuvir wurde [gemeint: wurden] bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung oder ESRD [end stage renal disease] nicht untersucht" (Zitate Seite 18).
c) Unklar bleiben die Nierenfunktionseinheiten und die Schätzformeln für die Nierenfunktion. Bei Ledipasvir wurde die Schätzformel für die GFR nach Cockcroft-Gault mit der richtigen Nierenfunktionseinheit ml/min verwendet. Bei Sofosbuvir dagegen wird die benutzte Schätzformel nicht angegeben; verwendet wird die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m². Für eine Kombination mit Ribavirin wurde die GFR mittels der Kreatinin-Clearance berechnet; es wurde die richtige Einheit ml/min verwendet.
d) Es bleibt also völlig unklar, ob zur Beurteilung beider Substanzen die GFR nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden muss oder nicht. "Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung ... wurde die Sicherheit von Ledipasvir/Sofosbuvir nicht untersucht" (Zitat Seite 2). Zur Beurteilung hätte man die renale Clearance der beiden Substanzen angeben können.
e) Die renale Clearance eines Stoffes ist definiert als dasjenige virtuelle Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit vollständig durch die Nieren von diesem Stoff befreit wird. Analoges gilt für die hepatische Clearance.
474.) Am 8.7.2015 stellte ich bei Wikipedia unter dem Stichwort Vorlast das Folgende zur Diskussion. Analoges auch beim Stichwort Nachlast.
"Die Vorlast ist der enddiastolische periphere Widerstand im rechten Atrium.
Die Nachlast ist der endsystolische periphere Widerstand im linken Ventrikel.
Alle anderen Definitionen sind dummes Zeug.
Die Präpositionen vor und nach beziehen sich auf das Herz. Gemeint ist also die Last, die vor beziehungsweise nach dem Herzen liegt. Wenn dieser Widerstand vom Druck überwunden wird, kommt es zum Fluss. Dieser Fluss ist der Quotient aus Druck und Widerstand, man nennt ihn das Herzzeitvolumen.
Ich erinnere an die Definition des Herzzeitvolumens als Quotient aus Blutdruck und Widerstand. Das gilt für alle vier Herzhöhlen, für beide Kreisläufe (groß und klein), für beide Adernarten (Arterien und Venen) und für beide Zeitpunkte (Systole und Diastole)."
475.) Am 10.7.2015 stellte ich bei Wikipedia unter dem Stichwort Widerstand das Folgende zur Diskussion:
"Könnte vielleicht bitte ein Physiker oder ein Rheologe den Ärzten einmal den Begriff des peripherer Widerstandes erklären? Jeder Fluss ist der Quotient aus Druck und Widerstand. Bei einer eingeschlossenen Flüssigkeit funktioniert das aber nur, wenn ein Abfluss möglich ist. Das Herzzeitvolumen ist der Quotient aus dem Blutdruck und aus dem peripheren Widerstand. Das gilt für alle vier Herzhöhlen, für beide Kreisläufe (großer und kleiner), für beide Adernarten (Arterien und Venen) und für alle Zeiträume (Systole und Diastole). Gibt es Sonden zur Messung des peripheren Widerstandes? Kann man also synchron an einem Ort Druck und Widerstand messen und dann beide Messergebnisse zur Flussberechnung durch einander dividieren? Wie könnte eine solche Sonde zwischen eingeschlossenen Flüssigkeiten mit und ohne Abfluss unterscheiden? Sind also synchrone Widerstandsmessungen vor und hinter dem Abfluss erforderlich?"
476.) Dem Herzzeitvolumen entspricht bei Fließgewässern die Wasserführung. Sie wird in m³/sec gemessen. Die Wasserführung ist gleich dem Quotienten aus Druck und Widerstand. Gemessen werden Druck und Widerstand in der Flussmitte an repräsentativen Punkten. Diese Messpunkte liegen bei großen Flüssen viele Meter und bei kleinen Bächen nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche. Bei großen Flüssen sind der Druck groß und der Widerstand klein. Die Wasserführung ist also groß. Bei Bächen ist es umgekehrt. Der Druck ist klein und der Widerstand ist groß. Die Wasserführung ist also klein. - Warum ist der Widerstand bei Bächen größer als bei Flüssen? Die Bäche haben mit Mäandern, Steinen, Fischen, Pflanzen, Sümpfen und Strömungen zu rechnen. Bei großen Flüssen gibt es solche Hindernisse kaum noch. - Warum ist der Druck bei Flüssen größer als bei Bächen? Zum hydrostatischen Druck in großen Tiefen kommt bei Flüssen noch der Strömungsdruck des nachfließenden Wassers hinzu.
477. a) Peter Ahrenholz, Roland E. Winkler und Diego Zendeh-Zartochi schreiben einen Aufsatz "Zur Rolle des Dialysatflusses bei der Hämodialyse" (in: "Nephro-News , Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", Jahrgang 17, Ausgabe 3/2015, Seiten 35 bis 39). Schon am Anfang auf Seite 35 finden sich Verständnisfehler.
b) "Der Clearance-Begriff für Dialysatoren wurde aus der Nierenphysiologie übernommen. Demnach ist die Clearance K [ml/min] die Masse N [mg/min] einer Substanz, die pro Zeiteinheit aus dem Blut eliminiert wird, bezogen auf die Konzentration cBi [mg/ml] dieser Substanz im einlaufenden Blut: K=N/cBi. (1) "
c) Die richtige Definition lautet: Die Clearance K [ml/min] eines Stoffes ist dasjenige Plasmavolumen V [ml], welches in einem bestimmten Zeitintervall T [min] von diesem Stoff befreit wird. Also K=V/T. Die Konzentration c [mg/ml] eines Stoffes in einer Flüssigkeit ist der Quotient aus der Masse N [mg] dieses Stoffes und dem betreffenden Volumen V [ml]. Also c=N/V oder umgeformt V=N/c. Jetzt kann man V in die Gleichung für K einsetzen: K=V/T=N/cT oder unter der Voraussetzung, dass das Zeitintervall T genau eine Minute beträgt, K=N/cT=N/c.
d) "Mit dem Massetransport N=Qc wird aus der Gleichung (1) die bekannte Clearance-Formel
K = QBi (cBi - cBo)/cBi + QF cBo/cBi. " (Zitat Seite 35).
e) Auch das ist falsch. Die angegebene Formel ist nicht die Clearance-Formel K=UV/P mit U = Urinkonzentration, P = Plasmakonzentration und V=Harnzeitvolumen, sondern
vermutlich die Summe aus zwei verschiedenen Clearances. Die maschinelle GFR bezeichnen die drei Autoren in Analogie zur Clearance als "Dialysance D" (Zitat Seite 35). Die übrigen Formeln bleiben
unverständlich. - Zur maschinellen GFR siehe oben im Kapitel 2 die Absätze Gd, Qb und R sowie im Kapitel 6 die Absätze 77, 156, 182, 444, 455, 459p und 467g.
f) Nachtrag vom 19.8.2015: In der vorgelegten Arbeit vermisse ich den folgenden Gedankengang. Bei einem Dialysepatienten ist die GFR gleich der Summe aus Rest-GFR der beiden Eigennieren und maschineller GFR. Jedes Laboratorium bestimmt diese Gesamt-GFR aus den Parametern Kreatinin oder Cystatin C. Die Rest-GFR kann nun nuklearmedizinisch sogar seitengetrennt bestimmt werden. Die maschinelle GFR ist also die Differenz aus Gesamt-GFR und Rest-GFR. Zur Kontrolle kann diese maschinelle GFR auch maschinenseitig bestimmt werden. Die dazu in der Arbeit angegebenen Formeln sind unverständlich. Ich erwarte eine plausible Schätzformel für die maschinelle GFR. Dabei ist zwischen kontinuierlicher und diskontinuierlicher Nierendialyse zu unterscheiden.
478.) Eine Nierentransplantation ist bei Patienten mit einem Extrarenalsyndrom kontraindiziert. Wenn man jedoch vor der Transplantation den Innendurchmesser der
gespendeten Arteria renalis dauerhaft vergrößern könnte, dann ließe sich die GFR der Spenderniere so weit vergrößern, dass eine Nierendialyse nicht mehr erforderlich ist. Erklärung: Auf jede
Niere entfallen etwa 5 % des Herzzeitvolumens. Eine Vergrößerung der Nierenarterie könnte diesen Anteil erheblich steigern. Die renale Perfusion und damit die glomeruläre Filtration würden
proportional zur Querschnittsfläche der Nierenarterie zunehmen. Die GFR wächst mit dem Quadrat des Arterienhalbmessers.
479. a) "Variationen des Schlagvolumens und der Pulsamplitude ... im Kreislaufversagen ... sind besser als der Herzindex" (Zitat: Robert Bublak: "Volumenbedarf
ermitteln, Pulsdruck und Schlagvolumen toppen den Herzindex", Quelle: springermedizin.de, publiziert am 3.8.2015). Rechteinhaber ist die Springer Verlag GmbH 2015. Zitiert wird "eine französische
Gruppe von Intersivmedizinern um Jihad Mallat vom Centre Hospitalier Dr. Schaffner in Lens". Titel der Originalarbeit von Jihad Mallat et alii: "Decrease in pulse pressure and stroke volume
variations after mini-fluid challenge accurately predicts fluid responsiveness", in: "British Journal of Anaesthesia", online 6. Juli 2015.
b) Der Pulsdruck ist definiert als Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck. Deswegen wird er vom Autor auch als Pulsdruckamplitude bezeichnet. Unklar bleibt jedoch, ob dieser Pulsdruck oder ob die "Änderungen der Pulsdruckamplitude (Pulse Pressure Variation, PPV)" untersucht wurden. Ebenso bleibt unklar, ob das Schlagvolumen als Produkt aus enddistolischem Ventrikelvolumen und effektiver Ejektionsfraktion oder aber die "Änderungen ... des Herzschlagvolumens (Stroke Volume Variation, SVV)" untersucht wurden.
c) Die Absolutwerte von Pulsdruck und Schlagvolumen sind von ihren Variationen zu unterscheiden. Diese Schwankungen können in Relation zu den Absolutwerten gesetzt werden.
d) Noch verwirrender beschreibt Robert Bublak die "Differenzen in PPV und SVV".
e) Man kann erstens das Schlagvolumen vor und "nach einer 100-ml-Belastung" bestimmen. Dann kann man zweitens die Vorher-nachher-Differenzen bilden. Diese Differenzen kann man jetzt drittens in Beziehung zum Vorher-Schlagvolumen setzen. Das wären die beschriebenen Variationen. Jetzt könnte man viertens zusätzlich noch Differenzen dieser Variationen bilden.
f) Analog kann man mit dem Pulsdruck verfahren. Auch hier erhält man für jeden der "49 maschinell beatmeten" Patienten wiederum fünf verschiedene Parameter. Und zwar zwei Pulsdrücke, eine Pulsdruckdifferenz, eine Pulsdruckvariation "PPV" und fünftens eine (unklare) Differenz der Pulsdruckvariation.
g) Verwirrender geht es kaum noch. Auch in der britischen Originalarbeit werden die Begriffe nicht streng unterschieden. Auch deswegen habe ich auf der betreffenden Website von SpringerMedizin am 9.8.2015 folgenden Kommentar angefügt: "Trotzdem sind das Herzzeitvolumen oder auch der Herzindex als Quotient von Herzzeitvolumen und variabler Körperoberfläche gerade auch in der Intensivmedizin extrem wichtig. Die Glomeruläre Filtrationsrate ist proportional zum Herzzeitvolumen. Wenn sich HZV und GFR [oder Herzindex HZV/KOF und normierte GFR(1,73 m²/KOF)] gegenüber den Normalwerten um einen identischen Prozentsatz verkleinern, dann liegt keine doppelseitige Nierenkrankheit vor. Die Leitlinien verlangen die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Bei Nierengesunden ist die Niereninsuffizienz ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Die Niereninsuffizienz ist definiert als zu kleine Glomeruläre Filtrationsrate."
480. a) Frieder Keller (siehe Absatz R und Nummer 6 im Literaturverzeichnis von Kapitel 1 sowie im Kapitel 6 Absatz 36a) schreibt über die "Diabetische Nephropathie? Ein vermeidbares Schicksal!" (in: "Nephro-News, Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", Jahrgang 17, Ausgabe 3/2015, Seiten 10 bis 12). Er glaubt, "die Pathologie der diabetischen Nephropathie ist durch eine kausale Kaskade von Ereignissen gekennzeichnet" (Zitat Seite 10). Die dann folgende unsystematische Aufzählung von Veränderungen ist alles andere als eine kausale Ätiologie.
b) Vermutlich gibt es gar keine klinisch relevante diabetische Nephropathie. Die Niereninsuffizienz bei Diabetikern lässt sich auch bei Nierengesunden fast immer allein mit der Herzinsuffizienz durch die diabetischen Folgekrankheiten erklären.
c) "Wider Erwarten hatte die Umstellung von Calcineurininhibitoren auf mTOR-Inhibitoren wie Sirolimus bei Lebertransplantierten mit diabetischer Nephropathie einen antiproteinurischen Effekt" (Zitat Seite 12). - Beim Hepatorenalsyndrom ist die Lebertransplantion die kausale Therapie der Niereninsuffizienz. Man musste also eine Verbesserung erwarten.
d) "Es stellt sich jetzt die Frage, ob man gleich die Dialyse oder möglicherweise noch eine Nierenbiopsie macht" (Zitat Seite 10). - Die Indikation zur Nierendialyse wird in Abhängigkeit von der GFR unabhängig von der Diagnose gestellt. Wenn die relativen Reduktionen von HZV und GFR identisch sind, dann kann keine (klinisch relevante) doppelseitige Nierenkrankheit vorliegen. Eine Biopsie wäre entbehrlich. Es wäre die Diagnose eines Extrarenalsyndroms zu stellen. - Angaben zu GFR und HZV fehlen, obwohl sie zur Basisdiagnostik zählen.
e) "Die Behandlung mit dem Angiotensin-Rezeptor-Blocker Olmesartan führt nachweislich zu einem langfristigen Legacy effect (könnte Epigenetik oder Karma sein)" (Zitat Seite 10). - Legacy heißt Erbschaft. Frieder Keller vermutet also einen quasi geerbten Schutz vor einer Niereninsuffizienz durch Olmesartan. Das hat mit Epigenetik nichts zu tun. Der Autor denkt sogar auch an ein Karma, also an Spiritualität. Wahrscheinlicher ist jedoch eine medikamentös verhinderte Kardiomyopathie. Olmesartan verhindert oder verzögert also ein Kardiorenalsyndrom. Das sollte man generell von jedem Antihypertonikum verwarten.
481. a) Ein kleines mathematisches Problem. Gegeben seien ein Gefäß und drei Pumpen. Für eine Füllung benötigen die erste Pumpe eine Minute, die zweite Pumpe zwei Minuten und die dritte Pumpe drei Minuten. In welcher Zeit wird das Gefäß gefüllt, wenn alle drei Pumpen gleichzeitig pumpen?
Man möge rechnen.
Richtige Antwort: In 6/11 Minuten ist das Gefäß voll. Eine Gefäßfüllung dauert also etwas mehr als eine halbe Minute.
b) Leichte Abänderung dieser Aufgabe: Ein Patient hat zwei Nieren. Die GFR der rechten Niere beträgt 10 ml/min. Die GFR der linken Niere beträgt 5 ml/min. Der Patient hat also eine GFR = 15 ml/min. Eine Spenderniere steht zur Verfügung. Beim Spender hat sie eine GFR von 3 1/3 ml/min. Welche GFR hat der Patient nach erfolgter Nierentransplantation?
Falsche Antwort: GFR = (10 + 5 + 3 1/3) ml/min = 18 1/3 ml/min = 18,333 ml/min.
Richtige Antwort:
Die GFR der Spenderniere beim Empfänger hängt von drei Faktoren ab:
Erstens vom Gesundheitszustand des Transplantats,
zweitens vom Herzzeitvolumens des Empfängers und
drittens vom Durchmesser der Arteria renalis des Spenderorgans.
c) Wie hängen diese beiden Lösungen zusammen? Antwort: Die Füllungszeit von 6/11 Minuten in Antwort a gilt für jedes beliebige Gefäßvolumen. Bei einem Gefäßvolumen von 10 ml beträgt die Clearance (10 ml) : (6/11 min) = 110/6 ml/min = 55/3 ml/min = 18 1/3 ml/min. Das ist die falsche Antwort aus Absatz b.
d) Die richtige Antwort aus Absatz b ist fundamental für jede Nierentransplantation.
482.) Es gibt mehr als einhundert Formeln zur Bestimmung der GFR. Es gibt mehrere Formeln zur Bestimmung der virtuellen GFR während der Dialyse. Die GFR im dialysefreien Intervall setzt sich additiv aus der Rest-GFR des Patienten und der virtuellen Dialyse-GFR zusammen. Im dialysefreien Intervall steigt der Kreatininspiegel langsam an; gegengleich nimmt die GFR ab. Wie lange dauert es, bis die GFR des Patienten nach dem Abschalten der Dialysemaschine gleich der Rest-GFR ist?
483. a) Wie wird aus einem gesunden ein dialysepflichtiger Patient? Dabei muss zwischen der Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit und der Niereninsuffizienz mit Nierenkrankheit unterschieden werden.
b) Wenn ein Gesunder zu wenig trinkt, dann sinken das Herzzeitvolumen und die renale Perfusion. Die GFR kann auf Werte bis vielleicht 21 ml/min absinken. Wenn jetzt das Körpergewicht stark zunimmt, dann kann sich die Körperoberfläche verdreifachen. Die normierte GFR sinkt dadurch auf 7 ml/min ab. Damit ist die Grenze zur Dialysepflicht erreicht. Die Veränderungen der Trinkmenge und der Körperoberfläche sind grundsätzlich voll reversibel.
c) Bei den Nierenkrankheiten ist wiederum zwischen ein- und beidseitigen Nephropathien zu unterscheiden. Und bei den doppelseitigen Nierenkrankheiten ist wiederum zu entscheiden, ob sie einen Einfluss auf die GFR haben. Wie kann es also zu doppelseitigen Nierenkrankheiten mit einer entsprechenden Niereninsuffizienz kommen?
484. a) Im Winterschlaf sind alle Körperfunktionen reduziert. Das Herzzeitvolumen sinkt. Die renale Perfusion und damit auch die
glomeruläre Filtration sinken proportional zum Herzzeitvolumen. Es kommt jedoch nicht zum Kardiorenalsyndrom. Denn die harnpflichtigen Stoffe werden im Winterschlaf ebenfalls reduziert
produziert. Der Kreatininspiegel steigt nicht an. Es kommt nicht zur Niereninsuffizienz. Es ist kein Widerspruch, dass im Winterschlaf die glomeruläre Filtration sinkt und dass dabei formal die
Glomeruläre Filtrationsrate nicht sinkt.
b) Menschen machen keinen Winterschlaf. Bei Menschen im Winterschlaf würden alle Schätzformeln für die GFR normale Werte ergeben. Nur
die Clearance-Formel C=VU/P würde einen Wert ergeben, der dem gesunkenen Herzzeitvolumen entspricht. Denn der Konzentrationsquotient U/P bleibt konstant; das Harnzeitvolumen V sinkt proportional
zum Herzzeitvolumen. Dieses Beispiel ist die einzige Ausnahme vom Grundsatz, dass Kreatinin-Clearance und GFR immer identisch sind. Im Winterschlaf ist die Kreatinin-Clearance deutlich kleiner
als die Glomeruläre Filtrationsrate. - Nachtrag vom 17.7.17: Siehe auch unten Absatz 630.
c) Früher gab es den künstlichen Winterschlaf als Form der Schlaftherapie zur Behandlung von Depressionen, Aggressionen und Abwehrreaktionen. Man sprach auch von der künstlichen Hibernation, von einer Winterschlaftherapie, von einer Winterschlafnarkose und von einer Hibernotherapie. Medikamentös wurde eine Vita minima erzeugt. Es gab sogar elektrisch induzierte Schlafkuren; man sprach vom Elektroschlaf. Die Kreatinin-Clearance ist kleiner als die GFR. Eine normale GFR spricht gegen, eine kleine Kreatinin-Clearance spricht für eine Niereninsuffizienz.
d) Davon sind die iatrogene Kardioplegie und die myokardiale Hibernation abzugrenzen. Hier sinken nur das Herzzeitvolumen und als Folge davon auch die Glomeruläre Filtrationsrate. Die harnpflichtigen Stoffe werden weiter produziert. Die Kreatinin-Clearance und die GFR sind wieder identisch. Eine Niereninsuffizienz verschlechtert sich. Es handelt sich um eine Kardiorenalsyndrom.
485. a) Im Herbst 2015 wurden die Formulare zur Verlaufsdokumentation zum Beispiel beim Diabetes mellitus im Rahmen der Disease Management Programme (DMP) der gesetzlichen Krankenkassen verändert. Jetzt wird nicht mehr nach dem Serum-Kreatinin, sondern nach der eGFR [übrigens mit der falschen Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73m2KOF] gefragt.
b) Der Grund für diese Änderung beruht auf einem falschen Verständnis der Nierenfunktion.Man zweifelte zu Unrecht an der Aussagekraft
des Kreatininspiegels.
c) Grundsätzlich sind alle Blutkonzentrationen unabhängig von der Körperoberfläche. Ein kleiner Hämoglobinwert zeigt immer eine Anämie an, ein großer Kreatininwert zeigt immer eine Niereninsuffizienz an.
d) Die GFR ist der einzige Laborwert, der keine Konzentration, sondern einen Fluss anzeigt. Dieser Fluss heißt Clearance, Filtrationsrate oder Primärharn. Die physikalische Einheit ist ml/min.
e) Kleine Menschen und kranke Patienten haben eine kleine GFR, große Menschen und gesunde Patienten haben eine große GFR. Das Labor kennt weder Größe noch Gewicht der Patienten, kann also die für die Normierung erforderliche Körperoberfläche nicht kennen. Also ist die geschätzte (e = estimated = geschätzt) GFR ohne jede Aussagekraft.
f) Für Vergleichszwecke muss man die vom Labor geschätzte GFR nach der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF) normieren.
g) Insofern ist die Frage nach der eGFR ohne Hinweis auf die erforderliche Normierung der GFR fahrlässig.
h) Nachtrag vom 30.10.2017: Bettlägrige und Gelähmte haben eine reduzierte Muskelaktivität mit der Folge eines kleinen Muskelstoffwechsels. Ihr Kreatininspiegel ist deswegen sehr klein. Die kreatininbasierten Schätzformeln für die GFR berechnen fälschlich eine sehr große GFR. Auch deswegen ist die Frage nach dem Kreatininwert besser als die Frage nach der nicht normierten GFR. Mehr dazu siehe unten im Absatz 634.
486. a) Im Internet wird in einem medizinischen Diskussionsforum über die postmortale Nierenspende debattiert. Bei der Lebendspende
kann die Zeitspanne zwischen Explantation und Implantation sehr kurz sein. Bei der postmortalen Spende ist zu unterscheiden, ob der Spender herztot oder nur hirntot ist. Bei hirntoten Spendern
wird der Kreislauf oft künstlich aufrechterhalten. Man spricht von der kontrollierten Beatmung, von maschinellen Kreislaufunterstützungssystemen und von einer organprotektiven
Intensivtherapie.
b) In beiden Fällen wird das gespendete Organ als Kadaverniere (englisch: cadaveric kidney; französisch: rein de cadavre) bezeichnet. Kadaver sind tote Tiere. Bei den Spendern handelt es sich jedoch um menschliche Leichen. Die Bezeichnung ist also sprachlich irreführend. Es handelt sich um einen Anglizismus. Als Kadaver bezeichnet man im Deutschen tote Tiere und im Englischen tote Menschen.
c) Denkt man bei Kadavernieren auch an die Xenotransplantation?
d) Gibt es Unterschiede im zeitlichen Verlauf des Rückgangs der GFR der Spenderorgane zwischen Herztod und Hirntod?
e) Am 21.10.2015 ergibt der Kampf zwischen Kadaverniere und Leichenniere bei Google fight ein Ergebnis von 22:100 zugunsten der Leichenniere.
487. a) Die pharmazeutische Industrie entwickelt Medikamente zur Behandlung der Herzinsuffizienz. Ich definiere die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes. Das einzige objektive Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz und damit für den Therapieerfolg ist das Herzzeitvolumen HZV. Viele Medikamente sind bei einer Niereninsuffizienz kontraindiziert. Das einzige objektive Maß für die Schwere der Niereninsuffizienz ist die glomeruläre Filtrationsrate GFR. Die GFR ist per definitionem identisch mit der Kreatinin-Clearance und mit der Primärharnbildung. Die GFR ist immer proportional zum HZV. Alle Medikamente zur Behandlung der Herzinsuffizienz sind also immer auch Medikamente zur Behandlung der Niereninsuffizienz. Ein Stadium 0 gibt es weder bei der Herzinsuffizienz noch bei der Niereninsuffizienz. Jeder herzinsuffiziente Patient ist immer auch niereninsuffizient; das sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. Also profitiert jeder niereninsuffiziente Patient von jeder erfolgreichen Therapie seiner gleichzeitigen Herzinsuffizienz doppelt. Durch die wegen einer Niereninsuffizienz kontraindizierte Therapie der Herzinsuffizienz könnte die Kontraindikation also wegfallen.
b) Mit Sicherheit wird es jedoch kein Medikament zur Behandlung aller Ursachen der Herzinsuffizienz geben können. Viele Formen der Herzinsuffizienz lassen sich nur chirurgisch behandeln.
488.) Jeder Mensch, auch der gesündeste, hat zumindest eine erstgradige Herzinsuffizienz und als dessen Folge zumindest eine erstgradige Niereninsuffizienz. Denn es gibt definitionsgemäß weder bei der Herzinsuffizienz noch bei der Niereninsuffizienz ein Stadium null. Jeder Mensch hat bei großen Belastungen eine Luftnot; jeder Mensch hat zumindest eine submaximale filtrative Nierenfunktion.
489.) Helge Möllmann ("Ein Fallschirm gegen die Herzinsuffizienz", in: "Cardio News", 18. Jahrgang, Ausgabe 10/2015, 30.10.2015, Seiten 14 und 15) stellt auf Seite 14 eine Tabelle über die "Metaanalyse der Parachute-Daten" vor. Diese Tabelle ist völlig unbrauchbar. Kontrollen der Einheiten und Kontrollen der Zahlenwerte liefern nur Unsinn. Angegeben werden zum Beispiel die Herzrate mit der Einheit Schläge/min, der enddiastolische Volumenindex EDVi mit der Einheit ml/m², die Ejektionsfraktion mit der Einheit Prozent und der Quotient Schlagvolumen/EDVi mit der Einheit mmHg. Wenn man den Quotienten Schlagvolumen/EDVi mit EDVi multipliziert, erhält man das Schlagvolumen. Wenn man das Schlagvolumen durch die Ejektionsfraktion dividiert, erhält man das enddiastolische Kammervolumen. Wenn man das Schlagvolumen mit der Herzrate multipliziert, erhält man das Herzzeitvolumen. Nicht angegeben ist die Körperoberfläche. Wenn man den enddiastolischen Volumenindex mit der geschätzten Körperoberfläche multipliziert, erhält man das enddiastolische Kammervolumen. Alle diese Rechnungen führen zu keinen plausiblen Ergebnissen. Also sind die angegebenen Zahlen und Einheiten falsch. Die zentrale Bedeutung des Herzzeitvolumens für die Kardiologie wird nicht erkannt.
490. a) Die Einzelniere ist überflüssiger als viele andere paarige Organe. Die Redundanz wird als zusätzliche technische Reserve definiert. Bei der sogenannten heißen Redundanz arbeiten mehrere identische Systeme parallel. Der Grad der Redundanz ist bei der Niere größer als bei vielen anderen paarigen Organen. Das gilt nicht nur für die filtrative, sondern besonders auch für die hormonelle Leistung der Niere. Der Verlust einer Niere wird vom Körper besser kompensiert als bei vielen anderen Organen.
b) Würde man lieber einen Arm als ein Bein verlieren? Der Ausfall einer Herzhälfte oder einer Gehirnhälfte hätte schlimmste Folgen. Der Verlust eines Auges oder eines Ohres hat erhebliche Beeinträchtigungen zur Folge. Nach Entfernung einer Schilddrüsenhälfte muss lebenslang hormonell substituiert werden. Der einseitige Verlust von Testes oder Ovarien wird allgemein als nicht schwerwiegend eingestuft. Ähnlich verhält es sich mit der Niere.
c) Das sieht der Gesetzgeber ähnlich. Ein einseitiger Organverlust wird mit verschiedenen Graden der Behinderung ausgeglichen. Jeder größer der GdB, desto größer die
Behinderung. So beträgt nach dem Bundesversorgungsgesetz der Grad der Behinderung (Grad der Schädigungsfolgen) bei Verlust eines Hodens 0 %, eines Ovars 0 %, eines Ohres 20 %, eines Auges 25 %,
einer Niere 25 %, einer Mamma 30 %, eines Armes 100 % und eines Beines 100 %.
491.) Ich fordere eine strenge Unterscheidung zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz. Das sieht der Gesetzgeber (im Gegensatz zu vielen Lehrbüchern)
genauso. In der Durchführungsverordnung des Bundesversorgungsgesetzes findet sich in der Anlage zu § 2 in den Kapiteln 12.1.1 und 12.1.2. der Begriff der "Nierenschäden ohne Einschränkung der
Nierenfunktion". Nierenschäden sind Nierenkrankheiten, die Einschränkung der Nierenfunktion heißt in der Fachsprache Niereninsuffizienz. Als ein Beispiel für eine Nierenkrankheit ohne
Niereninsuffizienz wird im Gesetz die "tubulointerstitielle Nephropathie" genannt.
492. a) Ich behaupte, es gibt keine Niereninsuffizienz als Folge einer Tubulopathie. Siehe dazu oben die Absätze 181c, 346, 374c, 374g, 375a und 491. In der Fachliteratur findet man die idiopathische oder chronische generalisierte tubulointerstitielle Nephritis. Die tubuläre Dysfunktion soll zur tubuloglomerulären Niereninsuffizienz führen. Das sind alles unbewiesene Spekulationen.
b) Ich behaupte, es gibt keine wissenschaftliche Arbeit, die einen kausalen Zusammenhang zwischen histologischen Tubulusveränderungen und einer Niereninsuffizienz nachweist.
c) Eine statistische Korrelation zwischen dem Ausmaß der Schädigung der Nierenkanälchen und einer Niereninsuffizienz wäre noch lange kein Beweis einer Kausalität. Wenn wirklich eine Korrelation nachgewiesen werden kann, handelt es sich wahrscheinlich um ein Extrarenalsyndrom. Extrarenale Organkrankheiten verringern das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration. Zusätzlich könnten diese Organkrankheiten zu Tubulopathien führen.
d) Tubulopathien beeinflussen jedoch nicht die Glomeruläre Filtrationsrate. Die Aufgabe der Tubuli ist die aktive Rückresorption von etwa 99 Prozent des Primärharns. Definitionsgemäß ist der Primärharnfluss identisch mit der Glomerulären Filtrationsrate und mit der Kreatinin-Clearance. Ein krankheitsbedingter Leistungsabfall der Tubuli würde den Prozentsatz der aktiven Rückresorption verkleinern. Es käme zur Polyurie und nicht zur Anurie. Eine Tubulopathie würde also eine gute Nierenfunktion vortäuschen. Eine scheinbar schlechte Nierenfunktion spricht also für gesunde Nierenkanälchen und nicht für das Gegenteil.
e) Eine solche scheinbare gute oder schlechte Nierenfunktion kann mit den üblichen Schätzformeln für die GFR nicht nachgewiesen werden. Auch die Clearance-Formel C=UV/P würde keine Niereninsuffizienz anzeigen. Denn bei konstantem Kreatinin-Plasmaspiegel P wäre das Produkt aus der verringerten Kreatininkonzentration U im Urin und dem vergrößerten Harnzeitvolumen V konstant. Die ausgeschiedene Kreatininmenge wäre unverändert. Aus Anurie oder Polyurie darf man also nicht auf eine filtrative Niereninsuffizienz schließen. Tubulopathien beeinflussen die GFR nicht. Tubulopathien verursachen keine Niereninsuffizienz.
f) Trotzdem finden sich die tubulointerstitiellen Nephropathien in den Lehrbüchern und Enzyklopädien. Die Nephrologen glauben an ihre Existenz und halten sie irrtümlich für eine Ursache der Niereninsuffizienz. Hier zeigt sich das Dilemma der Enzyklopädien, zu denen sich auch Wikipedia zählt. Als zulässige Quellen werden nur Sekundärquellen akzeptiert. Primärquellen, also wissenschaftliche Arbeiten, werden systembedingt nicht berücksichtigt. Andererseits ist es in den medizinischen Wörterbüchern, in den Fach- und Lehrbüchern und in den Enzyklopädien üblich, aus medizinhistorischer Sicht auf die ersten oder die wichtigsten Primärquellen bei allen Krankheiten hinzuweisen. Es gibt jedoch keine Primärquellen zum kausalen Zusammenhang zwischen Tubulopathie und Niereninsuffizienz.
493.) Volker Burst (Quelle: gvg: "Akutes Nierenversagen", in: "Cadiovasc", Jahrgang 15, Heft 5/2015, Oktober 2015, Seite 25) will mit einer kurzzeitigen präoperativen iatrogenen Ischämie einer Extremität das postoperative Risiko eines akuten Nierenversagens reduzieren. Ich erinnere an die Formel HZV=RR/R. Dass eine Hypotonievermeidung und eine Volumenexpansion erfolgreich sind, ergibt sich aus dieser Formel. Analog zur Extremitätenamputation erhöht eine iatrogene Extremitätenischämie dagegen den peripheren Widerstand und verschlechtert die GFR während der Ischämiezeit. Zu Recht schreibt der Autor gvg von einer "bizarren Präventionsmethode". "Ganz glücklich ist Burst mit dieser Studie allerdings nicht" (Zitat Seite 25).
494.) Die kardiologischen Leitlinien verlangen die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Kaum ein Kardiologe kommt dieser Verpflichtung nach. Es gibt
mindestens (laut Wikipedia) neun verschiedene Bestimmungsmethoden für das HZV. Jetzt beschreibe ich eine weitere Bestimmungsmethode. Bei Nierengesunden ist das HZV etwa vierzigmal so groß wie die
GFR. HZV = 40 GFR. Bei Nierenkranken ist das HZV mindestens vierzigmal so groß wie die GFR. HZV > 40 GFR. Begründung: Bei gesunden
Erwachsenen betragen das HZV etwa 5000 ml/min und die GFR etwa 125 ml/min. (5000 ml/min) : (125 ml/min) = 40. Dabei wird bei Nierengesunden und auch bei Nierenkranken eine Proportionalität
zwischen GFR und HZV unterstellt. Diese Beziehungen gelten auch für Herzkranke mit oder ohne Herzinsuffizienz sowie auch für Nierenkranke mit oder ohne Niereninsuffizienz.
495. a) Es gibt zwei neue "Frühwarner für Nierenerkrankungen". Quelle: "Blutmarker", in: "Der niedergelassene Arzt", 64. Jahrgang, Heft 11/2015, 20.11.2015, Seite
21. Quelle der Quelle: "Universitätsklinikum Freiburg". Zitiert wird eine Studie von Peggy Sekula et alii vom Universitätsklinikum Freiburg im Breisgau. Diese Studie wurde 2015 im "Journal of the
American Society of Nephrology" (JASN) am 8.10.2015 veröffentlicht. Der Titel lautet: "A Metabolome-Wide Association Study of Kidney Function and Disease in the General Population". - Erste
Anmerkung: Die Metabolomik befasst sich mit den Wechselwirkungen der Metabolite. Zweite Anmerkung: Unter den 24 Autoren befindet sich auch Andrew Simon Levey; dessen Arbeit bezeichnete ich oben
im ersten Kapitel (Absatz X) als dilettantisch.
b) "Sechs Metabolite weisen eine besonders starke Korrelation mit der Nierenfunktion auf. Zwei von ihnen - Pseudouridin und C-Mannosyl-Tryptophan - erwiesen sich im Vergleich mit Kreatinin als mindestens ebenso gute Indikatoren für die Nierenfunktion, aber ohne einige der Nachteile von Kreatinin. Sie waren darüber hinaus hochgradig mit der Krankheitsprogression bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung korreliert" (Zitat Seite 21).
c) Die Arbeitsgruppenleiterin Anna Köttgen wird auf Seite 21 zitiert mit der Aussage: "Die Diagnose der chronischen Nierenerkrankung wird verbessert."
d) Solange die Forscher nicht streng sowohl zwischen der tatsächlichen GFR und der normierten GFR als auch zwischen Nierenerkrankung und Niereninsuffizienz
unterscheiden, sind ihre Arbeiten zum Scheitern verurteilt.
e) Unklar bleibt die Übersetzung von "kidney function and disease" im Titel der Originalarbeit. Sollte damit die zwingend erforderliche Unterscheidung zwischen
Niereninsuffizienz und Nierenerkrankung gemeint sein? Wurde bedacht, dass sich die Renalsyndrome überschneidungsfrei in die Renorenalsyndrome und die Extrarenalsyndrome unterteilen lassen? Nach
Lektüre des Abstracts müssen beide Fragen verneint werden. - Anmerkung: Im Beispiel Apfel- und Birnenbäume bezeichnet man den Strich in der deutschen Grammatik als Ergänzungsstrich. Dieser Strich
heißt im Englischen suspended hyphen. Dort gilt er wohl als Germanismus und sollte vermieden werden. Im Englischen sollte man also Zusammenziehungen wie Nierenfunktion und -krankheit
vermeiden. Wenn man sich jedoch für diesen Germanismus entscheidet, dann darf der Ergänzungsstrich im Englischen nicht fehlen. Dass jedoch mit disease allgemein alle Krankheiten gemeint
sein könnten, ist anzuzweifeln.
496. a) Die Niere wird von der Nierenarterie mit Blut versorgt. Das Blut fließt nicht senkrecht durch die Filter, vielmehr strömt es hauptsächlich tangential an den Filtern vorbei. Die Filter heißen Podozyten und befinden sich in den Glomerula. Nur etwa 1/80 des Herzzeitvolumens fließt senkrecht durch die Podozyten einer Niere hindurch. Dabei ändert das Filtrat den Namen. Aus Blut wird Plasma, weil die großen Blutbestandteile zu groß für die Podozytenöffnungen sind. Das filtrierte Plasma ist mit dem Primärharn identisch. Man nennt es auch Ultrafiltrat. Weil die Filtration in den Glomerula stattfindet, nennt man den Primärharn auch glomeruläres Filtrat. Er enthält viele verschiedene Moleküle, darunter zum Beispiel Glukose und Kreatinin.
b) Die Plasmakonzentration von Kreatinin vor dem Podozytendurchgang ist identisch mit der Plasmakonzentration von Kreatinin nach dem Podozytendurchgang, also im Primärharn. Denn kein Kreatininmolekül wird am Eingang der Podozyten am Durchgang gehindert. Glukose und Wasser werden in den Tubuli aktiv rückresorbiert. Kreatinin wird nicht rückresorbiert. Die Konzentration von Kreatinin im Primärharn vergrößert sich also ständig, bis sie mit der Konzentration von Kreatinin im Sekundärharn identisch ist. Das glomeruläre Filtrat ist also mit der Kreatinin-Clearance identisch. Die Konzentration von Kreatinin in der Nierenvene sinkt dagegen proportional zur rückresorbierten Flüssigkeit.
c) Die vier Begriffe Primärharn-Bildung, Ultrafiltrat, Glomerulär-Filtration und Kreatinin-Clearance sind also im Ergebnis miteinander identisch. Wenn man nun die entsprechenden Volumina durch die für ihre Bildung benötigte Zeitspanne dividiert, erhält man sogenannte Raten. Das Wort Rate leitet sich ab vom lateinischen Begriff pro rata temporis mit der Bedeutung zeitanteilig. Aus der glomerulären Filtration wird also die Glomeruläre Filtrationsrate.
d) Die GFR von beiden Nieren zusammen entspricht also ungefähr 1/40 oder 2,5 Prozent des HZV. Neurohumorale Regelkreise ändern an dieser Proportionalität nur wenig. Nur wenige doppelseitige Nierenkrankheiten können diesen Prozentsatz deutlich verkleinern. Ein doppelseitig nierengesundes Lebewesen mit einer GFR = 125 ml/min hat also ungefähr ein HZV = 5000 ml/min. Nicht jede Nierenkrankheit führt zur Niereninsuffizienz. Die Renalsyndrome setzen sich additiv und überschneidungsfrei aus den Renorenalsyndromen und den Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch zusammen.
497. a) Ein seltener Lichtblick. Chinesische Forscher erkennen den Zusammenhang zwischen dem Herzzeitvolumen und der GFR. Quelle: Stefan Perings: "Stickstoffmonoxid als Nierenschutz in der Herzchirurgie", in: "Kardiologie.org", Nachrichten, 16.11.2015. Zitat: "Hierdurch sollte durch Verbesserung der pulmonalen Durchblutung das Herzzeitvolumen verbessert werden und somit auch die Nierenperfusion".
b) Die Sache ist ganz einfach. Bei jedem Menschen (ohne einen Shunt, siehe unten Absatz 498) sind Herzzeitvolumen und Lungenzeitvolumen identisch. HZV=LZV. Jede Verbesserung der Lungenperfusion Q=LZV führt also immer zu einer identischen Verbesserung des HZV. Bei Nierengesunden beträgt die GFR etwa 2,5 % des HZV. Bei doppelseitig Nierenkranken kann dieser Prozentsatz kleiner sein. In jedem Falle führt eine Vergrößerung des Lungenzeitvolumens also immer zu einer proportionalen Vergrößerung der GFR.
c) Das zeigte auch die chinesische Arbeit. Es kam erwartungsgemäß zu einer Verbesserung der Nierenfunktion. "Es konnte eine signifikante Reduktion der Rate an Nierenschädigungen in der NO-Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe" von 63 % (um 13 Prozentpunkte oder um 20,6 %) auf 50 % gezeigt werden.
d) Falsch ist jedoch das Wort "Nierenschädigung". Die Nieren werden meistens nicht geschädigt, wenn die Nierenfunktion abnimmt. Ich erinnere an den Unterschied zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz.
e) Nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus führt sogar eine Verbesserung der pulmonalen Ventilation V zu einer Verbesserung der pulmonalen Perfusion Q und damit zu einer Verbesserung der GFR.
f) Als einzige Referenz "der chinesischen Arbeitsgruppe um Dr. Chong Lei" wird nur eine "Präsentation in der Sitzung "Late-Breaking Clinical Trials: Novel Therapies for Common Problems" beim Kongress der American Heart Association, 7. - 11. November 2015 in Orlando" in Florida angegeben.
498. a) Viele Menschen haben Vorhof- oder Kammerseptumdefekte.
Ohne Septumdefekt ist das Herzzeitvolumen mit dem Lungenzeitvolumen identisch.
Beim Rechts-links-Shunt ist das Herzzeitvolumen größer als das Lungenzeitvolumen.
Beim Links-rechts-Shunt das das Herzzeitvolumen kleiner als das Lungenzeitvolumen.
b) Ohne Septumdefekt ist der Quotient aus HZV und LZV immer gleich 1. Beim Rechts-links-Shunt ist dieser Quotient HZV/LZV>1, beim Links-rechts-Shunt ist HZV/LZV<1.
c) Immer ist die GFR jedoch proportional zum Herzzeitvolumen und auch zum Lungenzeitvolumen.
d) In der Fachliteratur findet man ähnliche Aussagen mit ähnlicher Nomenklatur. Zum Beispiel:
e) Man findet den Quotienten aus Lungenzeitvolumen und Körperzeitvolumen. Nach meiner Nomenklatur ist das Körperzeitvolumen ein Synonym für das Herzzeitvolumen. Also gilt:
1,0 < LZV/HZV < 1,5 bei einem kleinen persistierenden Ductus arteriosus,
1,5 < LZV/HZV < 2,0 bei einem mittelgroßen persistierenden Ductus ateriosus und
LZV/HZV > 2 bei einem großen persistierenden Ductus arteriosus Botalli.
jeweils mit einem Links-rechts-Shunt.
Bei einem Links-rechts-Shunt gilt also LZV/HZV > 1 oder HZV/LZV < 1 wie oben.
Quelle: www.med2click.de/innere-medizin
f) Bei bidirektionalen Shunts ist es etwas komplizierter. Die Volumenflussdifferenz der beiden Kreisläufe ist gleich der Volumenflussdifferenz der beiden Shunts. Die Volumenflussdifferenzen der beiden Kreisläufe und der beiden Shunts sind identisch. Oder anders ausgedrückt: Der Absolutbetrag der Differenz von Herzzeitvolumen und Lungenzeitvolumen ist gleich dem Absolutbetrag der Differenz der Volumenflüsse der beiden Shunts. Der Kreislaufsaldo ist gleich dem Shuntsaldo.
g) Insofern ist die Gleichung HZV + Links-rechts-Shunt = LZV + Rechts-links-Shunt von Wilhelm Jakob
Rutishauser im Buch "Herzkatheter: Einsatz in Diagnostik und Therapie", herausgegeben von Otto Martin Hess und Rüdiger W. R. Simon (Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 2000; Kapitel:
"Herzkathetertechnik und Komplikationen", Seiten 3 bis 33), auf Seite 17 allgemein gültig. - Rutishauser bezeichnet das Herzzeitvolumen als Körperzeitvolumen. - Als Shunt-Volumen bezeichnet man
das pro Zeiteinheit durch den Shunt fließende Blutvolumen. Deswegen lautet diese Gleichung besser:
HZV + Links-rechts-Shuntvolumen = LZV + Rechts-links-Shuntvolumen.
Noch korrekter wäre
HZV + Links-rechts-Shuntzeitvolumen = LZV + Rechts-links-Shuntzeitvolumen. - Siehe unten den Absatz i A bis C.
h) Ein typischer klinischer Befund lautet zum Beispiel, dass ein Rechts-links-Shunt 22 % des Lungenzeitvolumens beträgt. Also lautet die Gleichung:
HZV + 0 = LZV + 0,22 LZV
HZV = 1,22 LZV
LZV = 0,82 HZV
Das Lungenzeitvolumen beträgt also 82 % des Herzzeitvolumens. Das Blut fließt aus der rechten Herzhälfte nur zu 82 % in die Lunge und zu 18 % direkt ohne
Oxygenierung in den Körperkreislauf. 122 % des Lungenzeitvolumens bilden das Herzzeitvolumen. Die klinische Diagnose vom Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen lautete
Platypnoe-Orthodeoxie-Syndrom, also flache Atmung mit Atemnot und mit Reduktion der Sauerstoffsättigung im Sitzen oder Stehen. - Quelle: "8. Symposium Kardiopulmonale Innovationen auf dem
Prüfstand", Bad Oeynhausen am 28.11.2015, Kasuistik von Henrik Fox. - Nachtrag vom 29.9.2016: Dieses Krankheitsbild heißt auch noch Orthodeoxyplatypnoe, wie mir ein Lungenfacharzt erklärte
(y=ie?).
i) Nachtrag vom 20.8.2016: Der folgende korrekte Wortlaut der extrem wichtigen Gleichung
"Herzzeitvolumen plus Links-rechts-Shuntzeitvolumen gleich
Lungenzeitvolumen plus Rechts-links-Shuntzeitvolumen"
oder kurz HZV+LRSV=LZV+RLSV stammt von mir. Siehe oben Absatz g. Den Grundgedanken finde ich nur in der oben zitierten Arbeit von Wilhelm Jakob Rutishauser. Die Google-Suche nach dem Wort Shuntzeitvolumen bringt außer der vorliegenden Arbeit nur noch drei weitere Treffer, aber in drei anderen verschiedenen Zusammenhängen:
A) Wolf Dieter Brittinger und Wolf-Dieter Twittenhoff beschreiben auf Seite 97 den Kurzschluss zwischen Arterien und Venen mit den Wörtern "Shuntzeitvolumen" und
"Shuntminutenvolumen". Quelle: "Anschlussverfahren an die künstliche Niere", Thieme-Verlag 2005, 189 Seiten.
B) Gunther Wolf beschreibt auf Seite 25 das "R-L-Shuntzeitvolumen" beim "intrapulmonalen Rechts-Links-Shunt". Quelle: "Die künstliche Beatmung auf
Intensivstationen", Springer-Verlag 1975, 192 Seiten.
C) Jörg Rüdiger Siewert beschreibt auf Seite 447 das "Shuntzeitvolumen" bei arteriovenösen Fisteln. Quelle: "Chirurgie", 7. Auflage, Springer-Verlag 2000, 1060
Seiten. Es erschien 2012 die neunte Auflage.
j) Diese Formel HZV+LRSV=LZV+RLSV wurde schon von Jens Petersen erahnt, wenn er kryptisch auf Seite 405 schreibt: "Links-rechts- oder
Rechts-links-Shuntminutenvolumen ergeben sich aus der Differenz aus dem Lungendurchfluß in Minutenvolumen und Körperkreislaufminutenvolumen bzw. umgekehrt (Bayer et al. 1967)." - Der
"Lungendurchfluß in Minutenvolumen" heißt einfach Lungenzeitvomen LZV; das "Körperkreislaufminutenvolumen" heißt einfach Herzzeitvolumen HZV. Die Differenz zwischen HZV und LZV ist der Saldo von
RLSV und LRSV. Dieser Zusammenhang wurde erahnt, aber nicht verstanden. HZV-LZV=RLSV-LRSV. Und nicht "umgekehrt" (Zitat Seite 405). - Quelle: Jens Petersen: "Herzkatheterisierung und
Angiokardiographie", in: Helmut Roskamm und Herbert Reindell: "Herzkrankheiten", 4. Auflage, Springer-Verlag 1996, 1752 Seiten. Es erschien 2004 die fünfte Auflage.
k) Die angegebene Quelle "Bayer et al. 1967" kann ich nicht finden. Bayer verwendete bereits 1954 die Seldinger-Technik beim Einschwemmkatheter.
499.) Die Kreatinin-Clearance stimmt in der Realität nicht mit der GFR überein, weil Kreatinin auch noch tubulär sezerniert wird. Siehe oben Absatz 149m. In der Clearance-Formel steht die Kreatinin-Urin-Konzentration im Zähler. Deswegen ist die GFR immer kleiner als die Kreatinin-Clearance, und zwar um etwa 10 %. Wenn man aus der Kreatinin-Clearance die GFR abschätzen will, muss man die Clearance also um etwa 10 % verkleinern. In der Realität spielt diese Korrektur kaum noch eine Rolle, weil das Clearance-Verfahren kaum noch Anwendung findet. Umgekehrt muss man die GFR um etwa 10 % vergrößern, wenn man die Kreatinin-Clearance benötigt. Oft wird diese Kreatinin-Clearance für die Dosierung von Medikamenten oder zur Beurteilung von Kontraindikationen benötigt. - Die üblichen Schätzformeln für die GFR sind von der hier beschriebenen Korrektur jedoch nicht betroffen, denn sie wollen die GFR und nicht die Clearance abschätzen.
500. a) Die wichtigste Kennzahl in der Medizin ist das Herzzeitvolumen. In den internistischen Subspezialitäten Kardiologie, Pneumologie und Nephrologie kann keine Krankheit in ihrer Bedeutung ohne Kenntnis des Herzzeitvolumens richtig eingeschätzt werden. Aber auch außerhalb der Inneren Medizin gibt es keine ähnlich aussagekräftige Kennzahl.
b) Kennzahlen sind das Produkt aus einer Zahl und einer Einheit. Üblicherweise ist eine Kennzahl (fälschlich auch Kennziffer genannt) eine relative Kennzahl, also der Quotient aus einer absoluten Kennzahl und zum Beispiel der Zeit. Kennzahlen dienen der Quantifizierung von Zuständen oder Vorgängen.
c) Das Herzzeitvolumen ist erstens der Quotient aus den absoluten Kennzahlen Pumpvolumen und dafür benötigte Zeitspanne. Das Herzzeitvolumen ist zweitens das Produkt aus der absoluten Kennzahl enddiastolisches Höhlenvolumen, aus der dimensionslosen relativen Kennzahl der dazugehörigen Netto-Ejektionsfraktion und aus der dimensionsbehafteten relativen Kennzahl Herzfrequenz. Das Herzzeitvolumen ist drittens der Quotient aus der absoluten Kennzahl Blutdruck und der relativen Kennzahl peripherer Widerstand.
d) Das Herzzeitvolumen ist die wichtigste Kennzahl in der Medizin. Zu ihrer Berechnung benötigt man andere Kennzahlen, wie zum Beispiel die Vitalzeichen Blutdruck oder Herzfrequenz. Diese beiden Parameter werden routinemäßig bestimmt, sind in ihrer Aussagekraft aber begrenzt. Die Kardiologen bestimmen regelmäßig die Ejektionsfraktion; auch dieser Parameter hat nur eine geringe Aussagekraft. Die beiden übrigen Parameter peripherer Widerstand und enddiastolisches Höhlenvolumen sind schwer zu bestimmen und werden deshalb nur selten ermittelt.
e) Die kardiologischen Leitlinien verlangen die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Gegen diese Vorschrift wird permanent fahrlässig verstoßen. Insgesamt gibt es mindestens zehn von einander unabhängige Bestimmungsmethoden für das Herzzeitvolumen. Bei Wikipedia findet man sie unter dem Stichwort Herzminutenvolumen.
f) Ohne Kenntnis des Herzzeitvolumens muss man auf Surrogatparameter zurückgreifen, wie zum Beispiel die vier Stadien der Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association, die Sechs-Minuten-Gehstrecke [Synonyme: Sechs-Minuten-Wegstrecke, 6-Minuten-Gehtest, 6MWD, six minute walking distance, six minute walk test, 6MWT, six minute walk distance], die Glomeruläre Filtrationsrate, die Ejektionsfraktion oder die Luftlungenfunktion. Diese Surrogatparameter sind in ihrer Aussagekraft sehr limitiert.
g) Wenn man das Herzzeitvolumen durch die Körperoberfläche dividiert, erhält man den Herzindex. Auch diese Kennzahl wird nur selten bestimmt. Zur Ermittlung der Körperoberfläche benötigt man die absoluten Kennzahlen Größe und Gewicht.
501. a) Die primäre Symptomatik der Herzinsuffizienz ist mit der primären Symptomatik der Lungeninsuffizienz identisch. Herzinsuffizienz und Lungeninsuffizienz sind keine Krankheiten, sondern Symptome der verschiedensten Krankheiten. Das primäre Symptom von Herzinsuffizienz und Lungeninsuffizienz ist die Luftnot, zuerst bei Belastung und dann auch in Ruhe.
b) In der Fachliteratur findet man die Wassereinlagerungen als weiteres Symptom der Herzinsuffizienz. Dabei handelt es sich um ein Symptom der verschiedensten Herzkrankheiten und nicht um ein Symptom der Herzinsuffizienz.
c) Die Ursache der Luftnot bei der Herzinsuffizienz und bei der Lungeninsuffizienz ist ein zu geringes Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes.
d) Jede Anämie hat dieselbe Symptomatik. Auch die Anämie ist keine Krankheit, sondern ein Symptom anderer Krankheiten.
502. a) Am 1.12.2015 schrieb ich einem Privatdozenten eine Email als Reaktion auf seinen Artikel in einer Fachzeitschrift. Ich schrieb: "Ein dialysepflichtiges Nierenversagen ist eben gerade keine Kontraindikation für eine hochdringliche Herztransplantation. Im Gegenteil sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch ideale Indikationen für eine Herz-, Lungen- oder Lebertransplantation. Nach der Normalisierung des Herzzeitvolumens wird eine Nierendialyse nicht mehr erforderlich sein. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Je schlechter die GFR, desto dringlicher die Herz- oder Lungentransplantation. Eine Nierentransplantation wäre bei den Extrarenalsyndromen jedoch kontraindiziert. Haben Sie das verwechselt?"
b) Der Privatdozent einer deutschen medizinischen Fakultät antwortete mir sofort: "Inhaltlich und medizinisch gebe ich Ihnen recht. Auch wir beschäftigen uns häufig mit der Frage (und nerven damit unsere Nephrologen), ob die Niereninsuffizienz, präterminal oder terminal, nun kardiozirkulatorisch bedingt ist, oder ob ein primär renales Problem vorliegt. Im ersteren Fall halten wir eine Herztransplantation durchaus für indiziert. Formal gehört ein terminales dialysepflichtiges Nierenversagen aber nach den High-urgency-Kriterien für die Herztransplantation zu den relativen Kontraindikationen, da man davon ausgeht, dass das Endorganversagen schon zu weit fortgeschritten ist und die Patienten zu krank sein könnten, oder weil ein Zweiorganversagen vorliegt. Eine solche relative Kontraindikation kann durch geeignete Argumente im High-urgency-Antrag 'außer Kraft gesetzt' werden. Das ist aber ungleich schwieriger als in einer Situation, in der noch eine kompensierte Retention vorliegt. Ein solches geeignetes Argument könnte zum Beispiel eine sehr kurze Anamnese der Dialysepflichtigkeit mit entsprechender Hoffnung auf Erholungsfähigkeit sein."
c) Ich freue mich sehr über diese zustimmende Reaktion. Ich empfehle den dortigen Nephrologen die Lektüre meiner Website. Im Zweifel ist jede Niereninsuffizienz ein Extrarenalsyndrom und kein Renorenalsyndrom. Echte Renorenalsyndrome sind selten. Bei lebenden Patienten mit einem Extrarenalsyndrom kommt es nie zu einer irreversiblen Nierenschädigung. Beim progredienten Kreislaufversagen haben die Nieren von den lebenswichtigen Organen die längste Funktionsfähigkeit. Sogar außerhalb des Körpers behalten die Nieren ihre Funktion länger als alle anderen lebenswichtigen Organe. Ein Endorganversagen betrifft zuletzt die Nieren. Wenn bei einem Zweiorganversagen das Herz und beide Nieren betroffen sind, dann heilt eine Herztransplantation das Nierenversagen. Die Transplantationskriterien müssen also überarbeitet werden.
d) Als Gesundheitsökonom frage ich mich nach den Gründen für die nephrologische Sichtweise. Nach der erfolgreichen Transplantation entfällt die Dialysepflicht mit entsprechenden Einnahmen.
503. a) Viele Kardiologen unterscheiden die rechtsventrikuläre Pumpfunktion von der linksventrikulären Pumpfunktion. Zumindest bei Patienten ohne Septumdefekt ist diese Unterscheidung falsch. Bei diesen Patienten müssen das rechtsventrikuläre Pumpvolumen und das linksventrikuläre Pumpvolumen identisch sein. Zumindest sind die Unterschiede nicht messbar.
b) Wären beide Volumina verschieden, dann müsste eine Herzhälfte mehr oder weniger Blut pumpen als die andere Herzhälfte. Das ist nahezu unmöglich. Es müsste also Blut in einem der beiden Kreisläufe entstehen oder verlorengehen oder sich stauen.
c) Diese Stauungen werden in der Kardiologie als Rechtsherzversagen und Linksherzversagen bezeichnet. Wenn diese Stauung im großen oder im kleinen Kreislauf nur 100 µl pro Minute beträgt, dann betrüge das Stauungsvolumen 144 ml am Tag oder ein Liter pro Woche. Das ist unrealistisch. Bei einem Herzzeitvolumen von 5 l/min wären das 0,02 Promille oder 20 ppm.
d) Viel wahrscheinlicher sind Verschiebungen zwischen dem Intravasalvolumen und dem Extravasalvolumen in den verschiedenen Geweben. Dabei dürften Verschiebungen von einem Extravasalraum in einen anderen Extravasalraum oder von einem Intrazellularraum in einen anderen Intrazellularraum die Hauptrolle spielen. Dadurch wird die kardiale Pumpfunktion nicht beeinflusst.
e) Nennenswerte Unterschiede zwischen der rechtsventrikulären und der linksventrikulären Pumpfunktion sind also nur bei Septumdefekten möglich. Hier gilt die oben im Absatz 498g erwähnte Gleichung HZV + L-R-Shuntvolumen = LZV + R-L-Shuntvolumen für Patienten mit einem bidirektionalen Shunt. Und hier ist der Shunt-Verschluss die einzige kausale Therapie.
f) Theoretisch könnten medikamentöse Beeinflussungen der Inotropie von nur einer Herzhälfte die Shuntvolumina verkleinern. Vielleicht könnte man sogar eine Eisenmenger-Reaktion verhindern. Das ist aber wohl noch nie versucht worden.
504. a) Peter Overbeck schreibt in der Ärztezeitung vom 4./5. Dezember 2015 (Jahrgang 34, Heft 129-235) auf der Titelseite über "Herzinsuffizienz: Implantierter Drucksensor erspart die Klinik" und dass "Tägliche Messungen des pulmonal-arteriellen Drucks zur Therapiesteuerung genutzt" werden. Die relative Mortalitätsreduktion bei der Herzinsuffizienz beträgt 20 Prozent.
b) Es wird nicht erkannt, dass das Therapieziel der Herzinsuffizienz die Vergrößerung des Herzzeitvolumens ist. Es wird nicht erkannt, dass das Herzzeitvolumen gleich dem Lungenzeitvolumen ist. Es wird nicht erkannt, dass das Lungenzeitvolumen gleich dem Quotienten aus pulmonalem Blutdruck und pulmonalem Widerstand ist. Wenn man den pulmonalarteriellen Druck verkleinert, dann senkt man ceteris paribus das Herzzeitvolumen. Man verschlimmert also die Herzinsuffizienz und verringert die Mortalität. Dieser fundamentale Zusammenhang wird nicht erkannt.
c) Trotzdem ist "Das nur büroklammergroße Cardio-MEMS-Implantat" des "US-Unternehmen Cardio-MEMS, das inzwischen vom Medizingeräte-Hersteller St. Jude Medical übernommen wurde" eine große Bereicherung für die Innere Medizin. Wenn man echokardiographisch das Herzzeitvolumen und damit das identische Lungenzeitvolumen bestimmt, dann kann man jetzt mit dem neuen Sensor den pulmonalen Blutdruck bestimmen. Jetzt kann man den pulmonalen Widerstand durch Division leicht errechnen.
d) Beim Krankheitsbild der pulmonalen Hypertonie muss dieser pulmonale Widerstand gesenkt werden, um ceteris paribus das Herzzeitvolumen zu vergrößern. Nur so können sowohl die Herzinsuffizienz als auch die Lungeninsuffizienz günstig beeinflusst werden.
e) MEMS ist die Abkürzung für microelectromechanical system oder sensor. Peter Overbeck bezieht sich auf die "Champion-Studie" von der CHAMPION Trial Study Group mit der Quelle: William T. Abraham et alii: "Sustained efficacy of pulmonary artery pressure to guide adjustment of chronic heart failure therapy: complete follow-up results from the CHAMPION randomised trial", in: "The Lancet", published online November 8, 2015.
f) Ein ähnlicher Artikel von Peter Overbeck findet sich auch auf der Titelseite der "Cardio News" (Ausgabe 11/12 aus 2015, 18. Jahrgang, 4.12.2015, "Herzschwäche: PA-Drucksensor auch langfristig von Vorteil").
505. a) "Bundespräsident Joachim Gauck hat den Deutschen Zukunftspreis" am 2.12.2015 an Johannes-Peter Stasch und Reiner Frey für die Entwicklung von Riociguat zur Behandlung des Lungenhochdrucks verliehen. Quelle: Peter Overbeck: "Bundespräsident zeichnet Lungenhochdruck-Forscher aus", in: "Kardiologie.org" vom 3.12.2015.
b) Riociguat hat eine vasodilatierende Wirkung. Es verkleinert also den pulmonalen Widerstand und vergrößert so nach der Formel HZV=RR/R das Herzzeitvolumen und
damit das Lungenzeitvolumen. Herzinsuffizienz und Lungeninsuffizienz verbessern sich.
c) Peter Overbeck beschreibt jedoch ein anderes Wirkprinzip. Das neue Medikament sei in der Lage, "den Blutdruck in der Lunge zu senken." Dadurch würden sich jedoch ceteris paribus die Herzinsuffizienz und die Lungeninsuffizienz weiter verschlechtern.
d) Offenbar wurde die Formel HZV = LZV = RR/R nicht beachtet. Zu einem Erfolg des neuen Medikamentes kann es nur kommen, wenn die Blutdrucksenkung durch die Widerstandssenkung überkompensiert wird.
e) Nach Wikipedia wurden durch Riociguat "zum Beispiel Lungengefäßwiderstand, das Herzzeitvolumen und der arterielle Druck in den Lungenarterien ... signifikant verbessert". Dass das Herzzeitvolumen der Quotient aus Lungenarteriendruck und Lungengefäßwiderstand ist, wurde nicht dargestellt.
f) Zur Verdeutlichung ein Rechenbeispiel: Wenn durch die Intervention der pulmonale Widerstand um 20 % auf 0,8 R und der pulmonale Blutdruck um 10 % auf 0,9 RR
gesenkt werden, dann erhöht sich das Lungenzeitvolumen LZV = RR/R auf LZV = 9/8 LZV, also um 1/8 oder um 12,5 Prozent auf 1,125 LZV.
506. a) "Springer Medizin" beschreibt im Internet das neue Medikament Omecamtiv Mecarbil. Quelle: "Herzinsuffizienz: Neuartiger Wirkstoff verbessert linksventrikuläre Funktion".
b) Es komme durch das neue Medikament zu einer "signifikanten Verbesserung des Schlagvolumens", zu einer Abnahme des "enddiastolischen linksventrikulären Durchmessers" und zu einer "signifikanten Reduktion der Herzfrequenz".
c) Das Schlagvolumen SV ist das Produkt aus Ventrikelvolumen VV und Ejektionsfraktion EF. Der linksventrikuläre Durchmesser ist ein Maß für das Ventrikelvolumen VV. Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus Schlagvolumen SV und Herzfrequenz HF. Also HZV=SVxHF=VVxEFxHF.
d) Das Herzzeitvolumen HZV ist das einzige objektive Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Wenn man HZV vergrößern und sowohl VV als auch HF verkleinern will, dann muss die Ejektionsfraktion EF überkompensatorisch ansteigen. Das wurde aber weder behauptet noch nachgewiesen.
e) Allerdings: "Auch beim kardialen Biomarker NT-proBNP als Gradmesser für die Schwere der Herzinsuffizienz waren günstige Veränderungen zu beobachten." Eine Verbesserung der NYHA-Klassifikation wurde dagegen nicht beschrieben.
507. a) "Welches Antihypertensivum schützt die Niere? Hypertoniker mit Nierenschaden" (Quelle: "Praxis-Depesche", 29. Jahrgang, Heft 11/2015, 19.11.2015, Seite 16).
b) Die GFR ist proportional zum HZV. HZV=VVxEFxHF=RR/R. Nach dieser Doppelformel verschlechtert jede Blutdrucksenkung ceteris paribus die filtrative Nierenfunktion.
c) "Keines dieser Therapieregime beeinflusste die Gesamtmortalität besser als Plazebo. Eine Dualtherapie aus ARB [Angiotensinrezeptorblocker] und ACE[Angiotensin Converting Enzyme]-Hemmer senkte das Risiko für terminales Nierenversagen um 38 %."
d) Dieser positive Effekt ist nur denkbar, wenn es zu einer überproportionalen Senkung des peripheren Widerstands R kam, besonders wenn diese Widerstandssenkung auf einer verbesserten renalen Perfusion beruht.
e) Als Quelle wird angegeben: S. C. Palmer et alii: "Comparative efficacy and safety of blood pressure lowering agents", in: "The Lancet", 2015, Heft 385, Seiten 2047 bis 2056.
508.) "Einer jugendlichen Patientin, die nach einem groben Befunderhebungsfehler ihrer Hausärztin beide Nieren verloren hat, dialysepflichtig wurde und 53 Folgeoperationen, darunter zwei erfolglosen [gemeint: erfolglose] Nierentransplantationen [,] ausgesetzt war, steht ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro zu. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm. OLG Hamm, Urteil vom 03.07.2015 - 26 U 104/14." - Quelle: "Diatra - Nephrologie, Transplantation, Diabetologie", Heft 4/2015, 25. Jahrgang, Seite 87.
509. a) "Alarm aus dem Arm: Kann eine ischämische Fern-Präkonditionierung ein akutes Nierenversagen vermeiden helfen?" Diese Frage stellt Stefan John in den "Intensiv-News", Jahrgang 19, Heft 6/2015, Seiten 8 bis 11. Es handelt sich um "ein Phänomen, dass [sic!] als 'remote ischemic preconditioning (RIPC)' bezeichnet wird" (Zitat Seite 8).
b) "Das RIPC-Protokoll nach Narkoseeinleitung bestand aus drei Zyklen einer je fünf Minuten andauernden Ischämie mittels einer Blutdruckmanschette am Oberarm plus einer jeweils fünfminütigen Reperfusion", wobei "postoperativ signifikant seltener eine" akute Niereninsuffizienz auftrat (Zitat Seite 9).
c) Eine kurzzeitige vorübergehende iatrogene präoperative Nierenschädigung oder Kreislaufbelastung soll also nach kardiochirurgischen Eingriffen eine akute Niereninsuffizienz verhindern. Ursache könnte eine "Schockstarre" als "Selbstverteidigungsmechanismus" sein. Das wäre in der Tat eine höchst "spekulative Interpretation" (Zitate Seite 9).
d) Fraglich ist, ob es dieses Phänomen tatsächlich gibt. Zumindest ist für alle diesbezüglichen Betrachtungen die folgende von mir (oben im Absatz 461b) entwickelte Doppelformel zu berücksichtigen: GFR=aHZV=axVVxEFxHF=aRR/R.
e) Das "Auslösen einer Ischämie am Arm" (Zitat Seite 11) vergrößert den peripheren Widerstand R. Erste Begründung: Es fehlt ein Abflussweg für das Blut; der Widerstand vergrößert sich. Zweite Begründung: In der Formel 1/R = Summe (1/Ri) fällt ein Summand weg; die Summe wird kleiner. Der Kehrwert des Widerstandes wird kleiner; der Widerstand wird größer.
f) Wenn R in der Doppelformel größer wird, dann muss sich zumindest einer der übrigen Parameter verändern. Entweder vergrößert sich der Blutdruck RR oder es sinken das Herzzeitvolumen HZV und damit die Glomeruläre Filtrationsrate GFR. Alle diese Kennzahlen sowie außerdem der Proportionalitätsfaktor a, das Höhlenvolumen VV, die Ejektionsfraktion EF und die Herzfrequenz HF können bestimmt werden.
g) Vor jeder weiteren Diskussion müssen alle diese acht Parameter vor, während und nach der iatrogenen Ischämie bestimmt werden. Dann erst kann man über die Ursachen der beobachteten Veränderungen spekulieren.
h) Andere Studien zeigten: "Auch fand sich kein Unterschied in der Häufigkeit eines akuten Nierenversagens nach 90 Tagen" (Zitat Seite 11). Vermutlich gibt es das beschriebene Phänomen also gar nicht. Oder es spielen kurzfristige neurohumorale Regelkreise eine Rolle.
i) Auf jeden Fall muss jedoch nach jedem kardiochirurgischen Eingriff die postoperative GFR größer als die präoperative GFR sein, weil durch den Eingriff das Herzzeitvolumen verbessert werden soll. Dazu schreibt Stefan John nichts.
j) Stefan John mutmaßt, "dass die Tubuluszellen tatsächlich dann weniger stark perioperativ geschädigt werden" (Zitat Seite 9). Je kränker die Tubuli, desto größer das Harnvolumen. Hat er das bedacht? Glaubt er wirklich an eine "Reprogrammierung von Tubuluszellen" (Zitat Seite 8) mit der Folge einer späteren Ischämieprotektion?
510.) Ohne Erklärung unterscheiden Ernst Wolfgang Kühn und Gerd Walz zwischen der glomerulären Filtrationsrate GFR und der geschätzten glomerulären Filtrationsrate eGFR. Sie erkennen nicht den Unterschied zwischen der tatsächlichen GFR und der normierten GFR. Aus der GFR vom Labor wird durch Anwendung der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF) die normierte GFR. Diese Normierung ist zwingend für die Stadieneinteilung und für die ICD-Klassifizierung erforderlich. Die Leitlinien verlangen die Anwendung dieser Formel. - Quelle: "Therapie der autosomal dominanten polyzystischen Nierenerkrankung", in: "Deutsches Ärzteblatt", 112. Jahrgang, Heft 51-52/2015 vom 21.12.2015, Seiten 884 bis 890, Graphik 1 auf Seite 885.
511. a) Ich behaupte, es gibt keine tubulointerstitielle Nephritis. Zumindest gibt es keine Primärquelle, in welcher ein Pathologe und ein Nephrologe einen kausalen Zusammenhang zwischen entsprechenden histologischen Veränderungen und der Schwere der Niereninsuffizienz herstellen können. Siehe oben die Absätze 374d, 375a, 491 und 492.
b) Heute am 21.12.2015 wurde als Folge meiner Kritik bei Wikipedia die Rotverlinkung tubulointerstitielle Nephritis durch eine Blauverlinkung mit Weiterleitung zur interstitiellen Nephritis ersetzt. Dort findet sich die tubulointerstitielle synonym zur interstitiellen Nephritis.
c) Außerdem wurde heute bei Wikipedia beim Stichwort interstitielle Nephritis die 257. Auflage des Klinischen Wörterbuches von Willibald Pschyrembel aus dem Jahre 1994 mit dem Stichwort Nephritis, tubulo-interstitielle als einziger Beleg angeführt. Bei dieser 257. Auflage handelt es sich um die einzige von bislang 49 Auflagen, in der diese nicht existierende Krankheit erwähnt wird.
512. a) Seit 200 Jahren versuchen die Nephrologen einen kausalen Zusammenhang zwischen histologischen Veränderungen und der Niereninsuffizienz herzustellen. Bei den Extrarenalsyndromen kann das nicht gelingen, weil es sich um die Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheiten handelt.
b) Echte Renorenalsyndrome sind selten. Diese definiere ich als doppelseitige Nierenkrankheiten, welche das Ausmaß der Niereninsuffizienz kausal erklären können.
c) Also sind die nephrologischen Erklärungsversuche in fast allen Fällen zwangsläufig zum Scheitern verurteilt.
d) Ein gutes Beispiel für solche vergeblichen Versuche ist die Unterscheidung zwischen Nephrose und Nephritis. Mit der Nephrose ist der
Nierenverschleiß gemeint, also eine Sklerose der beteiligten Strukturen. Mit der Nephritis ist dagegen eine Nierenentzündung gemeint. Dolor, Rubor, Calor, Tumor und Functio laesa
gelten als Konstitutionsmerkmale einer Entzündung. Unstrittig ist mit der Functio laesa die filtrative Niereninsuffizienz gemeint. Die Bedeutung der übrigen vier Entzündungszeichen bei den
einzelnen Nierenkrankheiten bleibt ebenso im Dunklen wie ihre Abgrenzung zu den histologischen Zeichen der Nephrosklerose. Offenbar können die Histologen und Pathologen zwischen den einzelnen
Krankheitsbildern nur in seltenen Fällen eine kausale Korrelation zur GFR herstellen. Deswegen hat sich diese Unterscheidung zwischen Nephrose und Nephritis nicht durchsetzen können.
e) Ähnlich verhält es mit der interstitiellen Nephritis. Das Interstitium ist der Zellzwischenraum. Es handelt sich also um eine Nierenentzündung mit Befall des
Bindegewebes und des Stützgewebes. Die Tubuli und die Glomerula sind primär nicht betroffen. Also sind weder die glomeruläre Filtration noch die tubuläre Rückresorption eingeschränkt. Es kommt
nicht zur Niereninsuffizienz und nicht zur Polyurie.
f) Um so unverständlicher ist der Begriff der tubulointerstitiellen Nephritis, der die glomerulointerstitielle Nephritis zur Seite gestellt werden müsste. Es handelt sich bei der tubulointerstitiellen Nephritis vermutlich um eine Begriffsbildung der Nephrologen ohne Berücksichtigung feingeweblicher Befunde. Den Begriff der glomerulointerstitiellen Nephritis sucht man bei Google vergeblich. Beide Krankheitsbilder gibt es nicht. Zumindest wurde noch nie ein kausaler Zusammenhang zwischen interstitiellen Entzündungszeichen und dem Ausmaß der Niereninsuffizienz hergestellt, geschweige denn bewiesen.
g) Dass man (am 24.12.2015) bei der Google-Suche 209.000 Resultate für die tubular interstitial nephritis und 180.000 Resultate für die glomerular interstitial nephritis findet, widerspricht meinen Behauptungen nicht. Auch entsprechende histologische Darstellungen beweisen keinen kausalen Zusammenhang mit der Schwere der Niereninsuffizienz.
h) Wikipedia teilt die Nephritiden in die Glomerulonephritis, in die interstitielle Nephritis und in die Pyelonephritis ein. Die Glomerulonephritis muss von der Tubulonephritis abgegrenzt werden. Die Glomerulonephritis verringert die GFR, die Tubulonephritis führt zur Polyurie. Die Google-Suche zeigt für die Glomerulonephritis 850.000 und für die Tubulonephritis nur 892 Treffer. Sucht man dort nach den englischen Ausdrücken, erhält man für die glomerular nephritis 474.000 und für die tubular nephritis 423.000 Resultate. Zumindest an der Existenz der Tubulonephritis muss also gezweifelt werden.
i) Ähnlich unspezifisch und ungenau sind auch die Begriffe Nephropathie und Nephrosklerose.
513. a) Warum kommt es bei der Niereninsuffizienz zur Hyperkaliämie? Antwort:
b) Die renale Clearance von Kreatinin ist mit der renalen Clearance von Kalium identisch. Jedes Kreatininmolekül und jedes Kaliumatom, welche den Anfang der Podozyten erreichen, werden automatisch und zwangsläufig glomerulär filtriert.
c) Es besteht also eine Identität von Kreatinin-Clearance, Kalium-Clearance, GFR und Primärharnbildung.
d) Je kleiner die GFR, desto weniger Kalium wird glomerulär filtriert. Der Kaliumspiegel im Blut vergrößert sich. Das nennt man eine Hyperkaliämie.
e) Eine tubuläre Rückresorption von Kalium würde diese Hyperkaliämie verstärken.
514. Kasuistik einer jungen Frau aus Nordrhein-Westfalen. Es bestehen folgende Diagnosen:
a) Erhebliche unklare Lebervergrößerung bislang ohne Diagnose
b) Hepatopulmonalsyndrom mit erheblicher Lungeninsuffizienz ohne Lungenkrankheit
c) Hepatokardialsyndrom mit Herzinsuffizienz im Stadium III nach NYHA ohne Herzkrankheit
d) Hepatorenalsyndrom mit einer Niereninsuffizienz im Stadium III ohne Nierenkrankheit
e) Pathophysiologische Erklärung: Die Frau hat eine Lebervergrößerung mit einer Leberinsuffizienz. Es kommt zu Abflussbehinderungen in der Leber und vor der Leber.
Das Blut staut sich im großen und im kleinen Kreislauf.Die Umlaufgeschwindigkeit des Blutes reduziert sich. Das Herzzeitvolumen und damit die Glomeruläre Filtrationsrate sinken.
Es kommt zur Herzinsuffizienz mit Beinödemen.
Es kommt zur Lungeninsuffizienz mit Lungenödemen.
Es kommt zur Niereninsuffizienz mit einer Urämie.
515. a) Als Kardiokardialsyndrom definiere ich die Herzinsuffizienz als Folge einer Herzkrankheit. Dabei denke ich an folgende Konstellationen:
b) In der Diastole muss sich der Herzmuskel wie bei einer Kolbenpumpe ausdehnen. Wenn diese Ausdehnung mechanisch behindert wird, kommt es zwangsläufig zur Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Herzbeuteltamponade, Pericarditis constrictiva.
b) Wenn die vier Herzklappen nicht richtig arbeiten, kommt es zwangsläufig zur Minderleistung der Pumpe. Als Analogie nenne ich defekte Saug- und Druckventile bei Kolbenpumpen. Diese Minderleistung heißt Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Klappeninsuffizienz, Klappenstenosen.
c) Alle Shunts beeinträchtigen rheologisch die Herzarbeit. Diese Beeinträchtigung heißt Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Vorhofseptumdefekt, Ventrikelseptumdefekt.
d) Jede Bradykardie verringert das Herzzeitvolumen. Das nennt man Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Bradyarrhythmie, Sick-Sinus-Syndrom.
e) Jede Tachykardie verbessert vorerst die Herzleistung. Oberhalb einer bestimmten Herzfrequenz kommt es jedoch immer zur Minderleistung. Das nennt man Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Kammertachykardie, Tachyarrhythmia absoluta, Kammerflimmern.
f) Alle Herzrhythmusstörungen verringern die Pumpleistung des Herzens. Aus rheologischen Gründen kommt es zur Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Vorhofflimmern, Extrasystolie, AV-Böcke.
g) Alle Erkrankungen des Herzmuskels verringern die Herzleistung. Es kommt zur Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Herzinfarkt, Endokarditis, Myokarditis, Kardiomyopathien.
h) Alle angeborene Herzkrankheiten verursachen immer eine Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Transposition der großen Arterien, Fallotsche Tetralogie.
i) Auch alle anderen Herzkrankheiten führen mechanisch oder rheologisch zur Herzinsuffizienz. Krankheitsbeispiele: Herztumore, Herzverletzungen.
516. Im vorigen Absatz 515 sind alle möglichen Ursachen eines Kardiokardialsyndroms erwähnt. Zusätzlich verursachen alle Extrakardialsyndrome auch bei Herzgesunden eine Herzinsuffizienz. Ich bezweifele in vielen Fällen den versprochenen Erfolg einer medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz. Zumindest sollte die Indikation Herzinsuffizienz überdacht werden.
517. a) Wird die Sauerstoffsättigung bei der Pulsoxymetrie auch durch eine Anämie beeinträchtigt? Antwort: Eine Anämie verkleinert die Sauerstoffsättigung nicht. Begründung: Berechnet wird der Anteil des oxygenierten Hämoglobins am Gesamthämoglobin. Dieser Quotient ist mathematisch unabhängig vom Gesamthämoglobinwert. Trotzdem muss an die Möglichkeit einer großen Sauerstoffkonzentration bei Anämie und bei einem gleichzeitigen Sauerstoffmangel in der Atemluft gedacht werden. Wenn der Luftsauerstoff der limitierende Faktor ist, dann steigt die Sauerstoffsättigung proportional zur Schwere der Blutarmut an. - Diesen Hinweis habe ich heute am 7.1.2016 auch bei Wikipedia angefügt.
b) Lungenkrankheiten können bei einer Anämie also einen Anstieg der Sauerstoffkonzentration verursachen.
518. a) Heute am 8.1.2016 habe ich im Internet die neue "Leitlinie Pädiatrische Kardiologie: Chronische Herzinsuffizienz" (Stand vom 28.10.2015) der Deutschen
Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie mit folgendem Kommentar kritisiert: "Ich halte diese Leitlinie für unverantwortlich. Die Herzinsuffizienz ist
definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen ist das einzige objektive Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz, wenn man von der Anämie als Ursache absieht. Zusätzlich
ist bei Nierengesunden die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Die Begriffe des Herzzeitvolumens und der Glomerulären Filtrationsrate kommen in der Leitlinie fahrlässig nicht einmal
vor. Die kardiologischen Leitlinien verlangen zwingend die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Jede Herzkrankheit und zusätzlich viele extrakardiale Krankheiten verursachen eine
Herzinsuffizienz. Daher ist die Aussage falsch, dass nur 23 Promille der herzkranken Kinder eine Herzinsuffizienz haben. Oder gibt es Herzkrankheiten mit dem Symptom einer Leistungsverbesserung?
Die Leitlinie muss sofort korrigiert werden." Außerdem ist auf Seite 2/26 der Leitlinie die Orthographie des Links-rechts-Shunts falsch. Die von mir kritisierte
Leitlinie findet man nicht unter www.kinderkardiologie.org, wohl aber bei
www.coliquio.de mittels einer Verlinkung unter der geänderten Bezeichnung "Chronische Herzinsuffizienz im Kindes- und
Jugendalter" mit Stand vom 31.10.2015. Bei AWMF online hat die Leitlinie die Nummer 023/006 und die Klasse S2k.
b) Bereits am 7.1.2016 kommentierte (Nummer 14) ich bei Wikipedia das Stichwort Herzinsuffizienz wie folgt: "Es fehlen viele Ursachen, zum Beispiel Herzrhythmusstörungen, Pericarditis constrictiva, Herzverletzungen, Herztumore, alle Shunts, angeborene Herzfehler und alle anderen Vitien. Alle Herzkrankheiten und viele extrakardiale Krankheiten können eine Herzinsuffizienz verursachen. Auch führt jede Anämie zwangsläufig immer zur Herzinsuffizienz. Gibt es Herzkrankheiten, die das Herzzeitvolumen vergrößern? Das wichtigste Symptom des Vorhofflimmerns ist die Herzinsuffizienz." --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 09:23, 7. Jan. 2016 (CET)."
519. a) Grundsätzlich werden jedes Lungenödem und alle symmetrischen Beinödeme immer durch eine Herzinsuffizienz verursacht. Die Volumenzunahme der Beine ist also ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Im Zweifel ist jede Gewichtszunahme ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Dabei ist an die Kardiokardialsyndrome und an die Extrakardialsyndrome zu denken. Alle Herzkrankheiten verursachen ein Kardiokardialsyndrom. Zu den Extrakardialsyndromen zähle ich besonders das Pulmokardialsyndrom und das Hepatokardialsyndrom. Die Bedeutung des Renokardialsyndroms wird wohl überschätzt.
b) Unilaterale Beinödeme haben dagegen eine extrakardiale Ursache.
520.) Soeben habe ich bei Wikipedia beim Stichwort Pneumokoniose den folgenden Diskussionsbeitrag veröffentlicht: "Es gibt wohl keine Lungenkrankheit ohne Störung der Lungenfunktion. Dabei denke ich sowohl an die Luftlungenfunktion als auch an die Blutlungenfunktion. Beide sind durch den Euler-Liljestrand-Mechanismus miteinander verbunden. Jede Perfusionsstörung verschlechtert die Ventilation, jede Ventilationsstörung verschlechtert die Perfusion. Der Ventilations-Perfusions-Quotient V/Q kann dabei konstant bleiben oder sich sogar vergrößern." --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 12:03, 10. Jan. 2016 (CET)
520. a) Nach der Zellularpathologie von Rudolf Virchow (13.10.1821 bis 5.9.1902) beruhen Krankheiten auf Störungen der Körperzellen. Vorher glaubte man an die Humoralpathologie von Hippokrates mit der modernen Form der neurohumoralen Regelkreise.
b) Beide Pathologien können die Organinsuffizienz von Herz, Lunge und Niere nicht erklären. Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes; dabei unterscheide ich zwischen den Kardiokardialsyndromen und den Extrakardialsyndromen. Die Lungeninsuffizienz ist definiert als zu geringe Oxygenierung des Blutes; dabei unterscheide ich zwischen den Pulmopulmonalsyndromen und den Extrapulmonalsyndromen. Die Niereninsuffizienz ist definiert als zu kleine Glomeruläre Filtrationsrate; dabei unterscheide ich zwischen den Renorenalsyndromen und den Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch.
c) Abgesehen von humoralen und zellulären Veränderungen ist jedes Organ in seiner Funktion auch dann beeinträchtigt, wenn die erforderlichen Vorprodukte nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
d) Pro Zeiteinheit kann nur das vorhandene Blutvolumen vom Herzen gepumpt, von der Lunge oxygeniert und von den Nieren gefiltert werden.
e) Deswegen haben das Herzzeitvolumen, die Blutlungenfunktion und die Glomeruläre Filtrationsrate die physikalische Dimension Volumen pro Zeit und die Funktionseinheit ml/min.
f) Man muss also streng zwischen Organkrankheit und Organinsuffizienz unterscheiden.
521. a) Am 14.5.2004 schrieb Joachim Schmitt für die Philipps-Universität in Marburg eine Doktorarbeit über die "Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate bei Kindern und Jugendlichen: Alternative Methoden zur Inulin-Clearance und der Einfluss der laborchemischen Untersuchungsmethoden". Aus folgendem Grund ist diese Inaugural-Dissertation wissenschaftlich völlig wertlos.
b) Es werden normierte und tatsächliche GFR-Werte unzulässig mit einander verglichen. Kinder haben kleine Nieren und deswegen eine kleine GFR. Erwachsene haben große Nieren und deswegen eine große GFR.
c) Wenn man die Nierenfunktion von Kindern und Erwachsenen mit einander vergleichen will, dann muss man die pädiatrischen Werte durch mathematische Veränderungen vergleichbar machen. In der Nephrologie hat man sich darauf geeinigt, die unterschiedlichen Körperoberflächen von Patient und Standardperson als Unterscheidungskriterium zu benutzen. Die mathematische Veränderung der GFR des Patienten nennt man Normierung. Diese Normierung der GFR gelingt nur mit Hilfe der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF).
d) Man muss also immer streng zwischen der tatsächlichen und der normierten GFR unterscheiden. Das hat Joachim Schmitt fahrlässig unterlassen. Deswegen hat seine Doktorarbeit auch keine brauchbaren Ergebnisse liefern können.
e) Auf den Seiten 9, 25 und 85 findet sich eine Kombination aus der Clearance-Formel und der Normierungsformel. Diese Kombinationsformel liefert also die normierte GFR. Alle anderen Schätzformeln für die GFR liefern also bestenfalls die tatsächliche GFR. Gerade bei Kleinkindern sind die Unterschiede sehr groß. Für frühgeborene Säuglinge vermute ich Unterschiede in der Größenordnung bis zu einem Faktor von 100. Ein frühgeborenes Kleinkind hat also vielleicht eine GFR = 1,2 ml/min, während die Standardperson eine GFR = 120 ml/min hat.
f) Der Autor hat das Problem erkannt, aber nicht gelöst, wenn er auf Seite 9 schreibt: "Bezogen auf die Norm-Körperoberfläche von 1,73 m² ergibt sich die Formel."
Richtig wäre der terminus technicus der Standardkörperoberfläche von 1,73 Quadratmetern.
g) Ebenfalls auf Seite 9 beschreibt er "die linke Seite der Formel". Er meint damit nicht die linke Seite der Gleichung, sondern die linke Hälfte des Quotienten; die rechte Hälfte des Quotienten ist der Normierungsbruch 1,73 m²/KOF [m²].
h) Auch auf Seite 9 findet sich die ebenfalls falsche Nierenfunktionseinheit ml/min pro 1,73 m².
i) In der gesamten Arbeit findet sich nicht einmal die bei einem niereninsuffizienten Kind ermittelte tatsächliche GFR.
522. a) Der Quickwert und der INR-Wert sind zwei verschiedene physiologische Parameter mit unterschiedlichen physikalischen Einheiten. Trotzdem werden beide mit nur einem einzigen Test ermittelt. Dieser Test heißt Quick-Test; die Methode heißt Koagulometrie. Zwei verschiedene Algorithmen führen zu zwei verschiedenen Ergebnissen.
b) Analog sind der Kreatininspiegel im Plasma und die GFR zwei verschiedene physiologische Parameter mit unterschiedlichen physikalischen Einheiten. Trotzdem werden beide mit nur einem einzigen Test ermittelt. Zwei verschiedene Algorithmen führen zu zwei verschiedenen Ergebnissen. Für die GFR gibt es jedoch sehr viele verschiedene Algorithmen. Entsprechend erhält man mit verschiedenen Schätzformeln verschiedene GFR-Werte auf der Basis von Kreatinin.
c) Analog sind Cystatin C im Serum und die GFR zwei verschiedene physiologische Parameter mit unterschiedlichen physikalischen Einheiten. Trotzdem werden beide mit nur einem einzigen Test ermittelt. Zwei verschiedene Algorithmen führen zu zwei verschiedenen Ergebnissen. Für die GFR gibt es jedoch etwa ein Dutzend verschiedene Algorithmen. Entsprechend erhält man mit verschiedenen Schätzformeln verschiedene GFR-Werte auf der Basis von Cystatin C.
d) In der Nephrologie muss man also streng zwischen der gemessenen Konzentration und dem daraus errechneten Funktionswert unterscheiden.
523. a) Jede Herzkrankheit verursacht eine Herzinsuffizienz. Es gibt keine Herzkrankheit ohne Herzinsuffizienz. Aber nicht jede Herzinsuffizienz beruht auf einer Herzkrankheit. Die Extrakardialsyndrome definiere ich als Herzinsuffizienz ohne Herzkrankheit.
b) Das häufigste Symptom von Vorhofflimmern oder Kammertachykardien ist die Herzinsuffizienz. Regelmäßig kommt es dabei zur Polyurie. Diese Polyurie ist aber ein Symptom einer guten Nierenfunktion, also einer großen GFR. Die Herzinsuffizienz ist aber definiert als zu kleines Herzzeitvolumen mit der Folge einer kleinen GFR. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?
c) In Ruhe verursacht jede Tachykardie nach der Formel HZV=VVxEFxHF eine Zunahme von HZV und GFR mit der Folge einer Polyurie. Bei Belastung kommt es zu einer weiteren Zunahme der Herzfrequenz HF mit Verkleinerung des enddiastolischen Höhlenvolumens VV. Die Vergrößerung der Herzfrequenz kann die Verkleinerung des Ventrikelvolumens nicht mehr kompensieren. Im Gegenteil kommt es bei Tachykardien unter Belastung zu einer Abnahme von HZV und GFR mit der Folge einer Oligurie.
d) Der Grundsatz, dass jede Organkrankheit zu einer entsprechenden Organinsuffizienz führt, gilt nicht uneingeschränkt. So soll die chronische obstruktive Lungenkrankheit COPD mit einer Zunahme der Lungenperfusion, also mit einer Verbesserung der Blutlungenfunktion, verbunden sein. Nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus müsste dagegen die Verschlechterung der Ventilation, also der Luftlungenfunktion, zu einer entsprechenden Verschlechterung der Blutlungenfunktion führen.
524. a) In der Behandlung der Glomerulonephritis sind zwei Therapiewege üblich: Immunsuppression und Supportivtherapie. Quelle: "Nephritis: Wandel der Therapie?", in: "Ärztezeitung", Jahrgang 34, Nummer 131-238D, 9.12.2015, Seite 15.
b) Die Immunsuppression als First-line-Therapie sei obsolet, weil "es keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Erkrankungsprogression (gemessen am Nierenfunktionsverlust) zwischen den Gruppen gab." Als Quelle wird die "STOP-IgAN-Studie" (Beginn 2006) angegeben (Thomas Rauen et alii: "Intensive Supportive Care plus Immunosuppression in IgA Nephropathy", in: "The New England Journal of Medicine", 2015; 373; Seiten 2225 - 2236).
c) Offenbar kann keine Therapie eine weitere Verkleinerung der GFR verhindern. Eine zusätzliche Immunsuppression ist genauso wirksam wie die Supportivtherapie allein.
d) Wenn also die Immunsuppression nicht hilft, aber genauso wirksam wie die Supportivtherapie ist, dann muss man doch den Schluss ziehen, dass beide Therapien nicht helfen.
e) Ein dritter Therapiearm ohne Behandlung (Oudenotherapie) hätte vermutlich diese Unwirksamkeit der beiden üblichen Therapiearme gezeigt.
f) Daraus muss man schließen, dass es die Glomerulonephritis nicht gibt und dass die Verschlechterung der Nierenfunktion keine renale Ursache hat. Zumindest handelt es sich bei der Glomerulonephritis nicht um ein Renorenalsyndrom. Die 379 Patienten hatten vermutlich ein Extrarenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch und kein Renorenalsyndrom.
g) Interessanterweise findet sich in der Originalarbeit eine weitere falsche Nierenfunktionseinheit, nämlich ml per minute per 1.73 m².
525. a) Jede Organkrankheit verursacht eine entsprechende Organinsuffizienz.
Viele Nierenkrankheiten verursachen keine Niereninsuffizienz.
Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?
b) Viele sogenannte Nierenkrankheiten gibt es gar nicht, zumindest wird ihre klinische Bedeutung weit überschätzt. Beispiele:
1. diabetische Nephropathie (Abs. 153d, 185f, 219, 238, 341, 346, 387d, 407, 439, 455l, 471, 480)
2. tubulointerstitielle Nephritis (Absätze 492, 511, 512)
3. Glomerulonephritis (Absätze 372b, 399, 524)
4. hypertensive Nephropathie (Absätze 185f, 451f)
Nicht existierende Organkrankheiten verursachen keine entsprechende Organinsuffizienz. Vielmehr handelt es sich bei einer Organinsuffizienz in vielen Fällen um Extraorgansyndrome.
c) Die Nephrologen postulieren irrtümlich die Existenz dieser Krankheiten, weil sie nicht verstehen, dass auch die gesündesten Nieren nur das vom Herzen zur Verfügung gestellte Blutplasma filtrieren können.
526. a) Was ist der kreatininblinde Bereich? Dieser terminus technicus geistert durch die nephrologische Fachliteratur, ohne dass klar wird, was damit gemeint sein könnte. Vermutlich gibt es ihn nicht.
b) Wikipedia kennt das Stichwort kreatininblinder Bereich nicht. In dieser Enzyklopädie findet sich dieser Begriff nur einmal, um zwar beim Stichwort Inulin-Clearance. Cystatin C erlaube Aussagen zur GFR auch im kreatininblinden Bereich. Dieser Hinweis fehlt jedoch beim Stichwort Cystatin C.
c) Auch im Flexikon bei Doccheck fehlt das Stichwort kreatininblinder Bereich. In dieser Enzyklopädie findet sich dieser Begriff nur zweimal, und zwar beim Stichwort Cystatin C, wo vom kreatininblinden Bereich zwischen 40 und 80 ml/min die Rede ist, und beim Stichwort MDRD-Formel, wo sich folgende Erklärung findet: "Hier besitzt Cystatin C eine größere diagnostische Sensitivität als das Serumkreatinin und kann schon eine moderate Einschränkung der GFR im 'kreatininblinden Bereich' zwischen 40 und 80 ml/min nachweisen."
d) Das "Klinische Wörterbuch" von Willibald Pschyrembel und das Roche Lexikon Medizin kennen den kreatininblinden Bereich nicht.
e) Dagegen schreibt Joachim Böhler im ersten Kapitel der sechsten Auflage des Fachbuches "Nephrologie" (siehe oben die Absätze 453 bis 455) von Ulrich Kuhlmann et
alii (Georg Thieme Verlag, Stuttgart und New York 2015, Seiten 34 und 35) einen Absatz über den Kreatinin-Blindbereich, wie er im Sachverzeichnis genannt wird. "Da das
Serumkreatinin auch bei erheblicher Verminderung der GFR (bis zu 50 %) nur wenig ansteigt, kann es vorkommen, dass sich das Serumkreatinin noch innerhalb des Labornormbereichs befindet." (Zitat
Seite 34).
f) Alle diese Ausführungen können nicht überzeugen. Ein ideales Molekül wird am Eingang der Podozyten immer filtriert. Kreatinin ist diesbezüglich nahezu ideal. Viele GFR-Schätzformeln basieren auf Kreatinin. Diese Formeln sind so angelegt, dass sie die tatsächliche GFR schätzen. Die meisten dieser Schätzformeln berücksichtigen die fehlende Idealität von Kreatinin.
g) In der Tat ist der Zusammenhang zwischen Serum-Kreatinin und der Kreatinin-Clearance nicht linear, sondern hyperbelförmig. Diesbezüglich findet sich bei Joachim
Böhler am angegebenen Ort auf Seite 35 eine Abbildung.
h) Das Problem des Kreatinin-Blindbereiches betrifft nicht nur das Substrat Kreatinin, sondern alle intrinsischen und extrinsischen Substrate oder Substanzen, welche für die Berechnung der GFR verwendet werden.
i) Es ist verboten, einen Blindbereich für die GFR anzugeben. Denn die GFR ist abhängig von der Körperoberfläche. Erlaubt wäre ein Blindbereich nur für die normierte GFR(1,73 m²/KOF). Dieser Blindbereich wäre aber kein Blindbereich.
j) Der Graph der Beziehung zwischen der GFR und dem Urinsubstratspiegel ist eine Gerade, weil die Substratkonzentration im Zähler der Clearance-Formel steht. Der Graph der Beziehung zwischen der GFR und dem Serumsubstratspiegel ist eine Hyperbel, weil die Substratkonzentration in allen Schätzformeln im Nenner steht.
k) Es liegt im Wesen der Hyperbel, dass sie sich den beiden Achsen Abszisse und Ordinate beliebig annähert. Je weiter man sich vom Nullpunkt entfernt, desto mehr laufen die Asymptoten quasi parallel zu den Achsen.
l) Je kleiner der Serumsubstratspiegel, desto größer ist die GFR. Je kleiner der Serumsubstratspiegel, desto größer ist die Unsicherheit bei der Berechnung der GFR. Je größer die GFR, desto unwichtiger ist eine große Genauigkeit bei der Schätzung der GFR. Je größer die behauptete "Blindheit", desto unwichtiger ist sie.
m) Je größer der Serumsubstratspiegel, desto kleiner ist die GFR. Je größer der Serumsubstratspiegel, desto kleiner ist die Unsicherheit bei der Berechnung der GFR. Je kleiner die GFR, desto wichtiger ist eine große Genauigkeit bei der Schätzung der GFR. Je kleiner die behauptete "Blindheit", desto unwichtiger ist sie.
n) Die "Blindheit" ist also sowohl bei einer kleinen als auch bei einer großen GFR unwichtig. Bei einer großen GFR handelt es sich um das erste Stadium der Niereninsuffizienz. Hier wäre es völlig egal, ob ein Gesunder eine GFR(1,73 m²/KOF) = 120 ml/min oder aber andererseits eine GFR(1,73 m²/KOF) = 180 ml/min hat. Bei einer kleinen GFR handelt es sich um das fünfte Stadium der Niereninsuffizienz. Hier wäre es dagegen sehr wichtig, ob der Niereninsuffiziente eine GFR(1,73 m²/KOF) = 2 ml/min oder eine GFR(1,73 m²/KOF) = 11 ml/min hat. Diese erforderliche Genauigkeit ist aber gewährleistet.
o) Voraussetzungen für diese Behauptungen sind zuverlässige Schätzformeln und genaue Laboranalysen. Beide Voraussetzungen haben aber nichts mit einer "Blindheit" zu tun.
p) Es gibt also keinen kreatininblinden Bereich. Wenn man möchte, könnte man folgenden Lehrsatz aufstellen. Je kleiner die Serumkreatininkonzentration, desto größer ist die GFR, desto gesünder ist der Patient und desto ungenauer ist die GFR.
q) Joachim Böhlers Ausführungen über die "Fehlende Linearität des Kreatininanstiegs" (am angegebenen Ort, Seite 35) zeugen also von einem völligen Unverständnis. Er verwechselt Zähler und Nenner, Gerade und Hyperbel sowie Serum und Urin.
527. a) Entgegen der herrschenden Lehre ist Cystatin C nicht geeigneter als Kreatinin, um einen (nicht existierenden) substratblinden Bereich zu vermeiden. Begründung: Die Hyperbeln der Funktionen GFR=80/Cys und GFR nach Cockcroft und Gault sind identisch, wenn man die GFR mit der Cockcroft-Gault-Formel zum Beispiel für Männer im Alter von 68 Jahren mit einem Gewicht von 80 kg oder im Alter von 60 Jahren mit einem Gewicht von 72 kg berechnet. Es sind unendlich viele weitere Fallbeispiele für Männer und Frauen vorstellbar, in denen sich die Kreatinin-Clearance auf die Formel GFR=80/Crea verkürzen lässt. Diese Formel ist identisch mit der einfachsten Cystatin-C-basierten GFR-Schätzformel GFR=80/Cys.
b) Es mag ja sein, dass Kreatinin im Gegensatz zu Cystatin C in gewissen Bereichen tubulär vermehrt sezerniert wird. In guten GFR-Schätzformeln wird dieser Effekt
jedoch berücksichtigt. Vielleicht liegen solche Bereiche wirklich in der Mitte der Bandbreite der tatsächlichen GFR. Diese tatsächlichen Bandbreiten sind aber bei Kindern kleiner als bei
Erwachsenen. Für Vergleichszwecke muss dieser Bereich für die normierte GFR(1,73 m²/KOF) angegeben werden.
c) Eine systematische Suche nach dem kreatininblinden Bereich bei Google ergibt am 26.1.2016 950 Treffer. Man findet in der Fachliteratur folgende Bereiche für die GFR
0 bis 84, 30 bis 90, 37 bis 120, 40 bis 60, 40 bis 70, 40 bis 80, 40 bis 90, 50 bis 90, 50 bis100, 50 bis 125, 60 bis 120, 60 bis 130 und 60 bis 140 ml/min.
d) Wenn man bei Google nach dem englischen Ausdruck creatinine-blind range sucht, erhält man am 29.1.2016 sogar 497.000 Treffer. Statt
range findet man auch die Entsprechungen zone, area oder region.
e) Korrekt wäre die Angabe eines kreatininblinden Bereiches nur für sehr große Werte von GFR(1,73 m²/KOF). Dem entspricht nur die letzte Angabe 60 bis 140 ml/min. Je größer die GFR, desto größer die Unsicherheit. Aber je größer die GFR, desto gesünder ist der Patient und desto unwichtiger wäre die Kreatininblindheit.
f) Barbara Kollerits erhielt in Eisenstadt im Burgenland den Hans-Krister-Stummvoll-Preis für den Nachweis, "dass es den viel zitierten
Kreatinin-blinden Bereich ... so nicht gibt." Barbara Kollerits und Florian Kronenberg konnten zeigen, "dass das Serum-Kreatinin ... wesentlich sensitiver ist als bisher oft
angenommen." - Quelle: Internetveröffentlichung der Medizinischen Universität Innsbruck. https://www.i-med.ac.at/mypoint/archiv/2010122201.xml. Es folgen zwei Originalquellen:
Erste Quelle: Hans-Krister Stummvoll Preis für Prognosemarker-Forschung
Gemeinsam mit Forschern aus der Schweiz und Deutschland konnten Dr.in Barbara Kollerits und Univ.-Prof. Dr. Florian Kronenberg nachweisen, dass das Serum-Kreatinin - Kreatinin ist ein über den Urin ausgeschiedenes Stoffwechselprodukt - wesentlich sensitiver ist als bisher oft angenommen und in seiner diagnostischen Genauigkeit als auch als Prognosemarker für den Verlauf von Nierenerkrankungen anderen Markern wie Cystatin C oder Beta Trace Protein durchaus ebenbürtig ist. Die Ergebnisse zeigen, dass es den viel zitieren [sic!] Kreatinin-blinden Bereich (Serum-Kreatinin steigt erst an, wenn sich die Nierenfunktion um mindestens 50 Prozent verschlechtert) so nicht gibt. Bereits in einem Bereich der glomerulären Filtrationsrate von 60 bis 89 Milliliter pro Minute steigt das Serum-Kreatinin über den kritischen Referenzwert an und weist somit sehr früh auf eine Verschlechterung der Nierenfunktion hin, beschreibt Studienautorin Kollerits den positiven Früherkennungseffekt. Für ihre in "Clinical Chemistry" publizierte Arbeit, zu der auch ein Editorial erschienen ist, erhielt Barbara Kollerits in Eisenstadt den Hans-Krister Stummvoll Preis der Österreichischen Gesellschaft für Nephrologie. Die Untersuchungen wurden in der von Florian Kronenberg Mitte der Neunziger-Jahre initiierten Mild to Moderate Kidney Disease (MMKD) Studie durchgeführt, in der mehr als die Hälfte aller bisher neu entdeckten und im Blut gemessenen Progressionsmarker für ein Voranschreiten der Niereninsuffizienz erstmals beschrieben worden sind.
Zweite Quelle:
Impaired baseline kidney function is a well-defined risk factor for progression of chronic kidney disease (CKD). We evaluated measured glomerular filtration rate (GFR) and the serum markers creatinine, cystatin C, and beta-trace protein (BTP) for diagnostic accuracy in defining the stage of kidney impairment and as risk predictors of CKD progression.
We measured serum marker concentrations in 227 patients with primary nondiabetic CKD and various degrees of renal impairment and followed 177 patients prospectively for up to 7 years to assess progression of CKD.
At baseline, creatinine, cystatin C, and BTP were strongly correlated with GFR as measured by iohexol clearance. Concentrations of all 3 markers increased progressively with decreasing GFR, and their diagnostic performance for the detection of even minor deteriorations of renal function (GFR <90 mL x min(-1) x (1.73 m(2))(-1)) was similar. Sixty-five patients experienced progression of CKD, defined as doubling of baseline creatinine and/or terminal renal failure during prospective follow-up. These patients were older and had a lower GFR and higher serum creatinine, cystatin C, and BTP values at baseline (all P < 0.001) compared with the patients who did not reach a predefined renal endpoint. Cox proportional hazard regression analysis revealed that all 3 clearance markers were equally strong predictors of CKD progression, even after adjustment for age, sex, GFR, and proteinuria.
The diagnostic performance of serum creatinine, cystatin C, or BTP for detecting even minor degrees of deterioration of renal function is good, and these markers provide reliable risk prediction for progression of kidney disease in patients with CKD.
g) Diese österreichische Arbeit bestätigt Zweifel an der größeren Sensitivität und Spezifität von Cystatin C im Vergleich mit Kreatinin.
h) Bei einer Niereninsuffizienz kann die tubuläre Sekretion von Kreatinin nicht zu normalen Serumkreatininspiegeln führen.
i) Am 1.2.2016 ergänzte ich bei Wikipedia das Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate um den folgenden Absatz 3.2.6:
"Kreatininblinder Bereich: Der Graph der Beziehung zwischen dem Serumkreatininspiegel und der filtrativen Nierenfunktion ist eine Hyperbel, weil Kreatinin in allen Schätzformeln für die GFR im Nenner steht. Bei einer großen GFR führen schon kleine Veränderungen des Serum-Kreatinins zu großen Veränderungen der GFR. Bei erheblichen Verkleinerungen der GFR steigt der Kreatininspiegel nur wenig an. Dieser Bereich wird in der Fachliteratur als kreatininblinder Bereich (englisch: creatinine-blind range) bezeichnet.[11] Dieser kreatininblinde Bereich ist jedoch kein spezifischer Unsicherheitsbereich von Kreatinin, wie in einer großen Untersuchung gezeigt wurde. Exakte Messwerte führen bei den üblichen Substraten mit den üblichen Schätzformeln zu exakten Ergebnissen.[12] Die Eigenschaften einer Hyperbel müssen jedoch berücksichtigt werden."
j) "And there is no 'creatinine blind range'." (deutsch: "Es gibt keinen 'kreatininblinden Bereich'."). Zitat: R. Neil Dalton: "Serum Creatinine and Glomerular Filtration Rate: Perception and Reality", Editorial in: "Clinical Chemistry", Mai 2010, 56: 5, Seiten 687 bis 689, Seite 688.
528. a) "Die Eigenschaften der Hyperbel müssen berücksichtigt werden" (siehe Absatz 527i). Hyperbeln haben zwei Extrembereiche. Bei einer großen GFR führen kleine Veränderungen des Substratspiegels zu großen Veränderungen der GFR. Bei einer kleinen GFR führen große Veränderungen des Substratspiegels nur zu kleinen Veränderungen der GFR.
b) Nur bei der relativ unwichtigen großen GFR kommt es auf die Laborgenauigkeit an. Bei Gesunden ist es klinisch meistens bedeutungslos, ob sie eine GFR von 140 ml/min oder aber von 180 ml/min haben. Bei renaler Ausscheidung von Medikamenten kann es jedoch zu Unterdosierungen kommen.
c) Ein Laborfehler von einem Prozent bei der Analyse der Serumkonzentration von Substraten wie Kreatinin oder Cystatin C vergrößert bei den üblichen Schätzformeln für die GFR diese Laborungenauigkeit nicht wesentlich. Aus den Formeln GFR=80/Krea oder GFR=80/Cys werden die Formeln GFR=80/1,01 Krea=79,2/Krea und beziehungsweise GFR=80/1,01 Cys=79,2/Cys. Wenn zum Beispiel die Substratkonzentration 0,4 mg/dl beträgt, dann wird aus der richtigen GFR=80/0,4=200 ml/min die falsche GFR=80/0,404=198,02 ml/min.
529.) In vielen Fällen muss die tatsächliche GFR des Patienten nach der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden. Manchmal ist auch eine
Antinormierung dieser normierten GFR(1,73 m²/KOF) erforderlich. Darauf wird nur selten hingewiesen. Eine dieser seltenen Ausnahmen ist das Labor Schottdorf MVZ GmbH in Augsburg. Dort findet sich
der folgende Hinweis: "Falls Dosisanpassung von Medikamenten auf der Basis von eGFR vorgenommen werden sollen, muss der ermittelte Wert mit der Körperoberfläche des Patienten multipliziert und
durch 1,73 m² (Körperoberfläche des Standardmenschen) geteilt werden." - Dass diese Antinormierung nur nach vorheriger Normierung der GFR erfolgen darf, wird fahrlässig verschwiegen. Das Labor
kann die GFR nicht normieren, da es die Körperoberfläche des Patienten nicht kennt. Also darf man auch nicht antinormieren. Also ist der Hinweis des Labors Schottdorf falsch.
530. a) Heute am 12.2.2016 erscheint das Deutsche Ärzteblatt (Heft 6/2016, Jahrgang 113, Ausgabe A) auf den Seiten 83 bis 98 mit einem "Schwerpunkt Niereninsuffizienz". Diese drei Arbeiten sind wissenschaftlich wertlos und somit weitgehend unbrauchbar. Ein praktischer Nutzen ist nicht erkennbar.
b) Dargestellt wird die "Häufigkeit eingeschränkter Nierenfunktion" (Kai-Uwe Eckardt im Editorial: "Chronische Nierenerkrankung - (nicht) im Fokus", am angegebenen Ort, Seiten 83 und 84). Alle Zahlen sind unbrauchbar, weil die übliche Einteilung der Niereninsuffizienz in fünf Stadien in allen drei Arbeiten nicht wenigstens einmal erwähnt wird; in den beiden Originalarbeiten werden diese Stadien nicht streng voneinander abgegrenzt. Ein Stadium Null gibt es nicht. Also ist grundsätzlich jeder Mensch niereninsuffizient. Die Prävalenz der Niereninsuffizienz beträgt also 100 Prozent. Eine Beschränkung auf die Stadien 3 bis 5 ist unbegründet. - Dass Eckardt den Namen von Donald William Cockcroft orthographisch falsch schreibt, sei nur am Rande vermerkt.
c) Es wird nicht durchgängig zwischen eingeschränkter "Nierenfunktion und Nierenerkrankung" unterschieden (Zitat: Kai-Uwe Eckardt, a.a.O., Seiten 84 und 85). An die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch, also an die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden, wird fahrlässig nicht gedacht.
d) Ob ein Mensch niereninsuffizient ist, kann nach Berechnung der tatsächlichen GFR nur nach Normierung mittels der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) beurteilt werden. Fahrlässig wird auf den Zwang zur Normierung nicht einmal andeutungsweise hingewiesen.
e) Es finden sich völlig unsystematisch die beiden falschen Nierenfunktionseinheiten mL/min x 1,73 m² und mL/min/1,73 m². Im Editorial verzichtet Kai-Uwe Eckardt einmal sogar ganz auf die Nierenfunktionseinheit. Nur in der dritten Arbeit von Falk Hoffmann et alii ("Niereninsuffizienz und Medikation bei Pflegeheimbewohnern", a.a.O., Seiten 92 bis 98) wird durchgängig die korrekte Einheit mL/min verwendet. Die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² soll nach den internationalen Leitlinien nur nach Anwendung meiner Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) verwendet werden. Dass der Liter durchgängig falsch mit L statt richtig mit l abgekürzt wird, sei nur am Rande vermerkt.
f) Die Notwendigkeit einer Dosisanpassung im Stadium I der Niereninsuffizienz wegen einer überdurchschnittlich guten Nierenfunktion wird von Falk Hoffmann et alii fahrlässig nicht erwähnt. Hier kommt es bei renaler Ausscheidung zur Unterdosierung und nicht zur Überdosierung. Dass bei der Medikamentendosierung streng zwischen der tatsächlichen GFR und der normierten GFR unterschieden werden muss, wird fahrlässig nicht erkannt.
g) Matthias Girndt (siehe oben Absatz 36e, nicht jedoch Absatz 94) et alii ("Prävalenz der eingeschränkten Nierenfunktion", am angegebenen Ort, Seiten 85 bis 91) beschreiben die "Prävalenz von nichtdialysepflichtigen Nierenfunktionsstörungen" (Zitat Seite 85). Das Problem der Nierendialyse ohne Dialysepflicht wird nicht thematisiert. Es ist anzuerkennen, dass in dieser Arbeit das Wort Nierenkrankheit nicht vorkommt. Korrekt wird von der "eingeschränkten Nierenfunktion" geschrieben. Trotzdem finden sich auf Seite 89 der Begriff Nierenschädigung und auf Seite 90 der Begriff Nierenschäden. An die häufige Niereninsuffizienz ohne Nierenschädigung wird also fahrlässig nicht gedacht.
h) Der englische Fachbegriff kidney disease darf nicht mit Nierenkrankheit, sondern muss immer mit Niereninsuffizienz übersetzt werden.
i) Korrekt sprechen Matthias Girndt et alii auf Seite 89 "von 'eingeschränkter Nierenfunktion', nicht jedoch von chronischer Nierenkrankheit". Ihre Begründung ist jedoch falsch. Für die Definition der Niereninsuffizienz ist nicht "der Nachweis einer strukturellen oder funktionellen Störung über mindestens drei Monate erforderlich" (Zitat Seite 89). Jede Störung der filtrativen Nierenfunktion ist per definitionem eine Niereninsuffizienz. Diese Störung der Nierenfunktion als Oberbegriff wird eingeteilt in die Niereninsuffizienz mit und ohne Nierenkrankheit. Die Niereninsuffizienz als Folge von doppelseitigen Strukturstörungen bezeichne ich als Renorenalsyndrom. Die Niereninsuffizienz ohne renale Strukturstörung bezeichne ich als Extrarenalsyndrom mit den vier Entitäten Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom und Zerebrorenalsyndrom. Wenn die histologischen Veränderungen den Schweregrad der Niereninsuffizienz nicht erklären können, liegt immer eine Kombination aus Renorenalsyndrom und Extrarenalsyndrom vor. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz.
531. a) Ich fordere einen Paradigmenwechsel in der Inneren Medizin. Die GFR ist proportional zum HZV. Die Renalsyndrome werden in die Renorenalsyndrome und in die Extrarenalsyndrome eingeteilt. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Zweifler sollten das Folgende bedenken: Es gibt eine Niereninsuffizienz ohne Herzinsuffizienz, aber es gibt keine Herzinsuffizienz ohne Niereninsuffizienz. Ich werde meine Thesen revozieren, wenn man mir einen Menschen mit schwerer Herzinsuffizienz ohne eine Niereninsuffizienz benennt. Es ist unmöglich, dass ein Erwachsener zum Beispiel ein HZV=1000 ml/min und eine GFR=125 ml/min hat. Dann wäre der Quotient a=GFR/HZV=0,125. Das halte ich für unmöglich.
b) Gesunde Einzelnieren haben einen Proportionalitätsfaktor von ungefähr a=0,01. Bei Nierenkranken gilt meistens a<0,02. Werte wie a=0,05 oder a=0,06 sind kaum vorstellbar.
a=GFR/HZV>0,1 halte ich beim Menschen für völlig unmöglich.
c) Meine Patientin E. L. hatte als Neunzehnjährige eine GFR = 191 ml/min nach MDRD, welche durch Normierung auf 210,5 ml/min anstieg. Bei einem geschätzten Herzzeitvolumen von 5 l/min würde sich ein Quotient a=0,0382 errechnen.
d) Wo liegt der Rekord für den Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV?
e) Eine absichtliche Vergrößerung der oralen Flüssigkeitsaufnahme würde HZV und GFR gleichsinnig erhöhen und den Faktor a nicht verbessern.
f) Der spanische Radrennfahrer Miguel Indurain soll unter Höchstbelastung nach Wikipedia ein Herzminutenvolumen von HZV = 50 l/min gehabt haben. Bei einem angenommenen Proportionalitätsfaktor a = 0,02 errechnet sich eine GFR = 1000 ml/min unter Belastung. Die Tubuli verhindern eine Polyurie.
532.) Ich wehre mich gegen die Unsitte vieler Kardiologen, von einer Herzinsuffizienz im Stadium II-III nach NYHA zu sprechen. Die Aussagekraft dieser subjektiven Klassifizierung ist gering. Nur wenige Patienten im Stadium I müssen einen Kardiologen konsultieren. Viele Patienten im Stadium IV können den Kardiologen nicht mehr selbständig aufsuchen. Fast alle ambulanten kardiologischen Patienten sind also entweder im zweiten oder im dritten Stadium der akuten oder chronischen Herzinsuffizienz nach der New York Heart Association. Dann sollte man doch wenigstens genau zwischen diesen beiden Stadien unterscheiden. Denn ein Zwischenstadium zwischen dem zweiten und dritten Stadium gibt es nicht. Oder ist die Summe beider Stadien gemeint? Dann ist die Relevanz einer solchen Doppeldiagnose klein. Denn sehr viele Menschen haben Luftnot bei kleinen oder mittleren Belastungen. Ich plädiere also für die Ermittlung des Herzzeitvolumens als ein objektives Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Das BNP ist ein weiteres objektives Maß, wenn auch von begrenzter Aussagekraft.
533.) In der Fachliteratur findet man den Begriff der Einzelfunktion jeder Niere. Darunter werden werden zwei völlig verschiedene Sachverhalte verstanden. Einmal versteht man unter der Einzelfunktion die seitengetrennte Clearance einer Niere. Die GFR des Patienten ist die Summe aus der GFR der rechten Niere und der linken Niere. Eine einseitige Nierenkrankheit verschlechtert die Einzelfunktion der betroffenen Niere bei noch guter filtrativer Gesamtfunktion. - Andererseits versteht man unter den Einzelfunktionen einer Niere ihre einzelnen Funktionen; diese nennt man auch Partialfunktionen.
534. a) Im Internet kommentierte ich am 7.3.2016 einen Artikel wie folgt: Der Artikel ist ein völliges Durcheinander. Jeder Mensch hat eine Herzinsuffizienz, denn ein Stadium Null nach NYHA gibt es nicht. Das Herzzeitvolumen ist das einzige objektive Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz, wenn man von der Anämie als Ursache absieht. Die Leitlinien verlangen zwingend die Bestimmung des Herzzeitvolumens. Jede Reduktion des Herzzeitvolumens kann kardiale oder extrakardiale Ursachen haben. Das beschrieben Tool konzentriert sich zu stark auf die kardialen Ursachen. Wohl fast jede Krankheit verursacht eine Reduktion des Herzzeitvolumens, also eine Herzinsuffizienz. Es gibt wohl kaum eine Krankheit mit dem Symptom einer Leistungssteigerung. Die Herzinsuffizienz ist keine Krankheit, sondern ein Symptom.
b) Ein Arzt antwortete mir ausführlich. Dazu meine folgenden Stellungnahmen:
c) Er schreibt, es gibt Erkrankungen mit einer zum Teil deutlichen Steigerung des Herzzeitvolumens. Als Beispiele nennt er Fieber und Schmerzen. Beides sind keine Krankheiten, sondern Symptome. Außerdem erwähnt er die Hyperthyreose. Sie wäre ein Symptom der Struma; es wäre in der Tat vielleicht eine der wenigen Ausnahmen von meiner Behauptung. Fieber und Schmerzen erhöhen zwar die Herzfrequenz, aber noch lange nicht das Herzzeitvolumen. Gewiss gibt es aber noch weitere Ausnahmen von meiner provokanten Behauptung, dass nahezu jede Krankheit das Herzzeitvolumen im Zweifel reduziert. Zumindest wird man aber vom Fußpilz oder vom Astigmatismus keine Leistungssteigerung erwarten können.
d) Unstrittig ist das Herzzeitvolumen bei körperlicher Anstrengung erhöht. Deswegen muss das Herzzeitvolumen unter standardisierten Bedingungen in Ruhe und bei definierter Belastung bestimmt werden.
e) Er schreibt außerdem, dass im Frühstadium einer arteriellen Hypertonie das Herzzeitvolumen minimal ansteigt. Das mag ja sein.
f) Er schreibt, dass das Herzzeitvolumen bei einer Mitralklappeninsuffizienz und bei einem Septumdefekt ansteigt. Deswegen unterscheide ich ja zwischen der Bruttoejektionsfraktion und der Nettoejektionsfraktion. Außerdem erinnere ich an die Formel Herzzeitvolumen plus Links-rechts-Shuntvolumen gleich Lungenzeitvolumen plus Rechts-links-Shuntvolumen. - Der Arzt schreibt, dass die Differenz zwischen Bruttoherzzeitvolumen und Nettoherzzeitvolumen dem Kreislauf nicht zur Verfügung steht. Deswegen wird das Herzzeitvolumen ja auch als Nettoherzzeitvolumen definiert. - Außerdem gilt dieses Phänomen nicht nur für die Mitralklappeninsuffizienz, sondern für die Insuffizienz von allen vier Herzklappen.
g) Er erinnert mich zu Recht an die Spiroergometrie zur Ermittlung des Herzzeitvolumens unter Belastung. Er verweist hier an die Arbeiten von Bernd Lemke et alii.
h) Er zählt fünf Verfahren zur Bestimmung des Herzzeitvolumens auf. Bei Wikipedia findet man beim Stichwort Herzminutenvolumen sogar zwölf Verfahren.
i) Er schreibt, dass das Herzzeitvolumen als alleiniger Marker für die Herzinsuffizienz vollkommen ungeeignet sei. Das ist wohl falsch. Zwei weitere Marker wären das NYHA-Stadium und das BNP. Deren Relevanz bestreite ich. Gibt es noch weitere Marker? Mit Sicherheit ist die Ejektionsfraktion kein Marker für die Herzinsuffizienz.
j) Richtig schreibt er, dass sich die Bestimmung des Herzzeitvolumens nicht durchgesetzt hat. Die Ursache liegt aber wohl in der fehlenden Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland. Die nationalen und die internationalen Leitlinien verlangen definitiv die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Ein weiterer Grund für das Nichtbeachten der Leitlinien ist wohl die fehlende Genauigkeit aller zwölf Methoden. Trotzdem hat jeder Patient ein Anrecht, sein Herzzeitvolumen zu kennen. Die Genauigkeit muss verbessert werden.
k) Er erinnert an die Fähigkeit des Herzens, den Mehrbedarf an sauerstoffreichem Blut bei körperlicher Belastung zu decken. Nur das Herzzeitvolumen ist ein Maß für diese Fähigkeit. Unstrittig sind die Inotropie und die Herzfrequenz wichtig.
l) Das Herzzeitvolumen in Ruhe muss den Grundbedarf an sauerstoffreichem Blut decken. Das Herzzeitvolumen unter Belastung muss zusätzlich den Mehrbedarf an sauerstoffreichem Blut bei Belastung decken.
m) Insgesamt betrachte ich die Kritik als Zustimmung zu meinen Anmerkungen.
535. a) Im urologischen Befundbericht des Patienten H. M. finde ich alle Laborwerte, die für die Berechnung der Kreatinin-Clearance erforderlich sind: das Harnzeitvolumen V, die Kreatininkonzentration U im Urin und die Kreatininkonzentration P im Plasma.
V = 4500 ml/d = 3,125 ml/min, denn d = dies (lateinisch) = day (englisch) = 24 x 60 min
U = 0,32 g/d = 320 mg/d = 320 mg / 45 dl = 7,111 mg/dl, denn pro Tag wurden 4500 ml = 45 dl Urin produziert. Ich halte diese Zahl jedoch für viel zu hoch, denn Busfahrer trinken eher zu wenig.
P = 1,42 mg/dl
b) Jetzt kann ich die Kreatinin-Clearance nach der Clearance-Formel GFR = C = VU/P berechnen.
GFR = (3,125 ml/min) x (7,111 mg/dl) / (1,42 mg/dl) = 15,6 ml/min.
c) Dieses Ergebnis GFR = 15,6 ml/min muss nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden. Bei einem Gewicht von 81,1 kg und einer Größe von 173 cm findet man im Nomogramm eine Körperoberfläche KOF = 1,93 m². Aus der tatsächlichen GFR errechnet sich also eine normierte GFR(1,73 m²/1,93 m²) = 13,98 ml/min.
d) Danach hat der Patient also das fünfte Stadium der chronischen Niereninsuffizienz. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zur GFR = 53 ml/min im nephrologischen Befundbericht. Hier ergibt die Normierung eine GFR(1,73 m²/1,93 m²) = 47,5 ml/min, also das dritte Stadium.
536. a) Ein Laboratorium in Hannover berechnet die GFR nach der MDRD-Formel. Bei meiner Patientin E. L. findet sich der Kommentar: "Die GFR wurde aus der gemessenen Creatininkonzentration berechnet." - Dieser Kommentar wird ergänzt um den Zusatz: "Mäßig verminderte GFR entsprechend Stadium 3 chronischer Nierenerkrankungen."
b) Dieser Zusatz ist doppelt falsch. Das Stadium der Niereninsuffizienz kann erst nach Normierung der GFR mit Hilfe der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF) bestimmt werden. Außerdem muss das Wort Nierenerkrankungen durch das Wort Niereninsuffizienz ersetzt werden. Denn auch Nierengesunde können eine Niereninsuffizienz haben; das sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch.
c) Bei einem anderen Patienten hat dieses Labor den oben zitierten Zusatz durch einen anderen Zusatz ersetzt: "Oberhalb einer berechneten GFR von 60 ml/min ist eine zuverlässige Differenzierung zwischen Patienten mit normaler und Patienten mit leicht verminderter GFR nicht möglich." - Dieser Zusatz ist dreifach falsch. Erstens fehlt der Hinweis auf die zwingend erforderlich Normierung der berechneten GFR. Zweitens soll wohl auf den sogenannten kreatininblinden Bereich hingewiesen werden. Oben im Absatz 526 wurde gezeigt, dass es einen solchen kreatininblinden Bereich nicht gibt. Es liegt jedoch im Wesen der Hyperbel, dass die Genauigkeit der GFR mit sinkender Kreatininkonzentration abnimmt. Drittens wären auch Patienten im zweiten Stadium der Niereninsuffizienz nicht gesund.
537. a) In der Tierheilkunde wird das symmetrische Dimethylarginin als besserer Marker zur Früherkennung der Niereninsuffizienz bei Hunden und Katzen propagiert. Unter dem entsprechenden Stichwort habe ich soeben folgenden Hinweis zur Diskussion gestellt.
b) "Es ist falsch, zu glauben, dass der Kreatininspiegel bei zunehmender Niereninsuffizienz nicht ansteigt. Es liegt im Wesen einer jeden Hyperbel, dass dieser Anstieg bei guter Nierenfunktion klein ist. Der Anstieg ist umgekehrt proportional zur Glomerulären Filtrationsrate. Je größer die GFR, desto kleiner der Anstieg des Kreatininspiegels bei zunehmender Niereninsuffizienz. Dieser Zusammenhang gilt nicht nur für Kreatinin, sondern für alle harnpflichtigen Stoffe. Denn deren Serumkonzentration steht immer im Nenner der GFR-Schätzformeln. Wie lautet die GFR-Schätzformel, welche nach dem symmetrischen Dimethylarginin fragt?
c) Je kleiner der Krümmungskreisradius ρ im Scheitel der Hyperbel ist, desto stärker wirkt sich der
asymptotische Verlauf des Graphen auf die Genauigkeit der Berechnungen aus. Ist also der Krümmungskreisradius ρ der SDMA-Schätzformel größer als derjenige der MDRD-Schätzformel? d) Diese
Zusammenhänge werden in der Nierenheilkunde
irrtümlich als kreatininblinder Bereich bezeichnet. --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 07:33, 9. Apr. 2016 (CEST)" - Siehe unten Absatz
538.
538. a) Im kartesischen Koordinatensystem werden üblicherweise auf der horizontalen Abszisse die unabhängige Variable x und auf der vertikalen Ordinate die davon abhängige Variable y aufgetragen. In der Nephrologie werden üblicherweise die GFR auf der Abszisse und die Plasmakonzentration auf der Ordinate abgetragen.
b) Ist also die Plasmakonzentration von der GFR abhängig? Oder ist vielmehr die GFR von der Plasmakonzentration abhängig? Antwort: Beide sind vom Herzzeitvolumen
abhängig.
c) Auf jeden Fall ist der Graph der Funktion von GFR und Plasmakonzentration immer eine Hyperbel. Denn die Plasmakonzentration steht immer im Nenner aller Schätzformeln für die GFR. Das gilt auch für die Clearance-Formel und für die Formel nach Cockcroft und Gault. Manchmal hat die Plasmakonzentration einen negativen Exponenten. Die Negativität bedeutet die Division, also die Position der Plasmakonzentration im Nenner der Schätzformel. Der dann positive Exponent ändert an der Hyperbel nichts Grundsätzliches.
d) Die Hyperbel y=f(x) hat im Punkt [x|f(x)] den Krümmungskreisradius ρ = rho = r =
r(x) = ( [ 1 + f ' (x)² ] ³ /² ) / f '' (x).
Dabei sind f ' (x) die erste und f '' (x) die zweite Ableitung der Funktion f von x. 3/2 ist der Exponent. In Worten: Das um 1 vergrößerte Quadrat der ersten
Ableitung wird mit 1,5 potenziert und danach durch die zweite Ableitung dividiert.
e) Je kleiner dieser Krümmungskreisradius im Scheitelpunkt der Kurve, desto größer ist die Ungenauigkeit bei einer sehr guten Nierenfunktion. Je größer dieser Radius, desto größer ist die Genauigkeit bei einer sehr guten Nierenfunktion. Dabei beziehe ich mich auf die Funktionsgleichung GFR = f (k). Die Glomeruläre Filtrationsrate GFR ist eine Funktion der Plasmakonzentration k der gewählten harnpflichtigen Substanz.
f) Oder anders ausgedrückt: Bei einer sehr guten GFR auf der Abszisse ist die Genauigkeit der zugehörigen Plasmakonzentration auf der Ordinate dann am größten, wenn der Krümmungskreisradius an dieser Stelle klein ist. Ist der Krümmungskreisradius an dieser Stelle dagegen sehr groß, führen kleine Veränderungen der Plasmakonzentration zu großen Veränderungen der GFR. Denn dann verläuft der Graph an dieser Stelle asymptotisch, das heißt nahezu parallel zur Abszisse. Das wäre dann der fälschlich so bezeichnete kreatininblinde Bereich bei einer sehr guten Nierenfunktion. Richtig könnte man eine gewisse Unsicherheit bei der Bestimmung der GFR bei Patienten ohne Niereninsuffizienz auf die Eigenschaften der Hyperbel zurückführen.
g) Die Funktion GFR = f (k) ist abhängig von den Eigenschaften der gewählten harnpflichtigen Substanz. Diesbezüglich gilt Kreatinin als ideale Substanz. Cystatin C soll noch besser sein. Vielleicht ist das symmetrische Dimethylarginin auch bei Menschen noch besser? Siehe oben Absatz 537.
539. a) Bei keinem Menschen ist das Niereninsuffizienzstadium kleiner als sein Herzinsuffizienzstadium. Das Niereninsuffizienzstadium ist nie kleiner als
das Herzinsuffizienzstadium. Bei jedem Menschen ist die Niereninsuffizienz mindestens so schwer wie seine Herzinsuffizienz. (Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich unten in Absatz 543.)
Das wird im Folgenden begründet:
b) Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. (Ausnahme: Auch eine Anämie verursacht immer eine Herzinsuffizienz.) Auch Lungen- und Leberkrankheiten können eine Herzinsuffizienz verursachen; hier spreche ich vom Pulmorenalsyndrom und vom Hepatorenalsyndrom. Jede Herzkrankheit verursacht eine Herzinsuffizienz. Denn keine Herzkrankheit hat das Symptom einer Leistungssteigerung. Die GFR ist immer proportional zum HZV, wie oben gezeigt wurde. Also kann das Stadium der Niereninsuffizienz nie kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz sein. Quod erat demonstrandum.
c) Man kann jetzt das folgernde Diagramm aufstellen. Bei den folgenden zweistelligen Zahlen zeigen die erste Ziffer das Stadium der Niereninsuffizienz und die zweite Ziffer das Stadium der Herzinsuffizienz nach NYHA an.
11 12 13 14
21 22 23 24
31 32 33 34
41 42 43 44
51 52 53 54
d) Diese 4x5=20 Zahlen kann man jetzt in drei Gruppen einteilen.
e) Die sechs roten Zahlen 12, 13, 14, 23, 24, 34 rechts oben zeigen unmögliche Kombinationen an. Die sechs blauen Zahlen 31, 41, 42, 51, 52, 53 links unten
symbolisieren die seltenen Renorenalsyndrome, also die Niereninsuffizienz als Folge doppelseitiger Nierenkrankheiten. Die acht schwarzen Zahlen 11, 21, 22, 32, 33, 43, 44, 54 in
der Diagonalen repräsentieren die vier Extrarenalsyndrome, also die Niereninsuffizienz bei Nierengesunden wegen eines zu kleinen Herzzeitvolumens. - Einen Patienten mit einer Kombination aus
Renorenalsyndrom und Extrarenalsyndrom findet man entweder im schwarzen oder im blauen Bereich, nicht jedoch im roten Bereich wieder.
f) Für das Ermitteln der Stadien ist folgende Anmerkung notwendig. Wenn man für das Stadium der Herzinsuffizienz das Herzzeitvolumen in ml/min ermittelt hat, muss man alters- und geschlechtsspezifische Normalwerte kennen. Aus diesen Tabellen könnte man direkt das Stadium ablesen, wenn es denn solche Tabellen gäbe.
g) Weil es solche Tabellen noch nicht gibt, muss man sich anders behelfen. Aus dem HZV kann man nach der Formel HZV/KOF den Herzindex errechnen. Diesen Index muss man jetzt noch mit der nephrologischen Standardkörperoberfläche von 1,73 m² multiplizieren. Man erhält durch diese Normierung jetzt den Ausdruck HZV(1,73 m²/KOF).
h) Dieses normierte Herzzeitvolumen kann man jetzt in Ruhe und bei Belastung in die vier Stadien der Herzinsuffizienz einteilen.
i) Jetzt kann man GFR(1,73 m²/KOF) mit HZV(1,73 m²/KOF) vergleichen beziehungsweise gegenüberstellen. Der Quotient beider Ausdrücke liefert den oben (Absätze 459 q, r) beschriebenen Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV.
j) Das obige 5x4-Feld kann man auch als 4x5-Feld anordnen. Dann bedeuten die erste Ziffer das Stadium der Herzinsuffizienz und die zweite Ziffer das Stadium der Niereninsuffizienz.
11 12 13 14 15
21 22 23 24 25
31 32 33 34 35
41 42 43 44 45
Jetzt sind die roten Kombinationen 21, 31, 32, 41, 42, 43 unmöglich. Die blauen Kombinationen 13, 14, 15, 24, 25 35 zeigen die Renorenalsyndrome an. Die schwarzen diagonalen Kombinationen 11, 12, 22, 23, 33, 34, 44, 45 sind die Extrarenalsyndrome.
k) Jeder Mensch kann gleichzeitig ein Lungenkarzinom im Stadium I und ein Kolonkarzinom im Stadium IV oder umgekehrt ein Lungenkarzinom im Stadium IV und ein Kolonkarzinom im Stadium I haben. Jeder Mensch kann gleichzeitig eine Herzinsuffizienz im Stadium I und eine Niereninsuffizienz im Stadium IV oder V haben. Der umgekehrte Fall einer Herzinsuffizienz im Stadium IV mit einer gleichzeitigen Niereninsuffizienz im Stadium I oder II oder III ist immer unmöglich; zwingend muss der Patient eine Niereninsuffizienz im Stadium IV oder V haben.
l) Unten im Absatz 543 findet sich eine Ausnahme der von mir aufgestellten Behauptung, dass die Niereninsuffizienz nie kleiner als die Herzinsuffizienz sein kann.
540. a) Auch bei der Uroflowmetrie ist auf die richtige physikalische Einheit zu achten. Dieses diagnostische Verfahren bei Harnblasenentleerungsstörungen misst den Harnausfluss während der Blasenentleerung, also das Harnstrahlvolumen pro Zeiteinheit. Der Uroflow (deutsch: Harnfluss) hat also (analog zur GFR) die Dimension Volumen/Zeit und die Einheit ml/min oder besser ml/s.
b) Gesunde Erwachsene haben einen maximalen Harnfluss von mehr als 15 ml/s. Die normale mittlere Harnflussrate liegt bei mindestens 20 ml/s über eine Dauer von vielleicht 15 Sekunden. Daraus errechnet sich multiplikativ ein Miktionsvolumen von 300 ml pro Miktion. Bei einer Obstruktion liegt der maximale Fluss unter 10 ml/s.
c) Die gemessenen Uroflow-Werte werden in ein Diagramm eingezeichnet. So erhält man die Flusskurve. Hier werden die Harnflussrate auf der Ordinate in ml/s und die Zeit auf der Abszisse in s abgetragen. Dieses Diagramm kann man mit einem Fahrtenschreiber vergleichen. Hier werden auf der Ordinate die Geschwindigkeit in km/h und auf der Abszisse die Zeit in Stunden abgetragen.
d) Der zurückgelegte Weg ist das Integral der Geschwindigkeit über die untersuchte Zeitspanne. Analog ist das ausgeschiedene Harnvolumen das Integral der
Harnflussrate über die untersuchte Zeitspanne. Die Fläche unter der Flusskurve ist das ausgeschiedene Urinvolumen.
e) Die erste Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit ist die Beschleunigung. Analog ist die erste Ableitung der Harnflussrate nach der Zeit der Anstieg der Flusskurve. Das Maximum dieses Anstieges am Wendepunkt darf nicht mit der Flussanstiegszeit vom Flussbeginn bis zum Maximum der Flusskurve verwechselt werden.
f) Denkbar, wenn auch unüblich, wäre ein Diagramm mit der Zeit t auf der Abszisse mit der Einheit s und mit dem ausgeschiedenen Harnvolumen auf der Ordinate mit der Einheit ml. Das wäre die graphische Darstellung des Integrals des Uroflows. Zu jedem Zeitpunkt t könnte man das bis dahin ausgeschiedene Volumen ablesen. Der Graph hat nie einen negativen Anstieg.
g) FORTSETZUNG unten Absatz 708.
541. a) Peter Stiefelhagen zitiert Roland E. Schmieder im Mai 2016 in CARDIOVASC (Jahrgang 16, Nummer 2/2016, Seiten 38 und 39, "Kardiorenales Syndrom - ein Übel kommt selten allein"; Bericht vom Cardio Update 2016 in Berlin und Wiesbaden) mit der Vermutung: "Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass die klassischen kardialen Risikofaktoren wie Hypertonie, Hyperlipoproteinämie, Rauchen und Diabetes mellitus auch für die Niere schädlich sind". - Das Kardiorenalsyndrom wurde nicht ansatzweise verstanden. Jede Herzkrankheit führt zur Herzinsuffizienz. Keine Herzkrankheit hat das Symptom einer Leistungssteigerung. Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Auch Leber- und Lungenkrankheiten können eine Herzinsuffizienz verursachen. GFR und HZV sind immer proportional. Nie ist das Niereninsuffizienzstadium kleiner als das Herzinsuffizienzstadium. Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz sind zwei völlig verschiedene Begriffe.
b) "Bei Stabilisierung beziehungsweise Besserung des Zustandes [einer Herzinsuffizienz] könne der Kreatininanstieg als 'Pseudo-Verschlechterung' ohne klinische Bedeutung angesehen werden" (Zitat Seite 39). - Auch das ist falsch. Ein Rückgang einer iatrogenen Mortalität ist noch lange keine Verbesserung der Herzinsuffizienz. Jede Verschlechterung der Nierenfunktion beruht entweder auf einem Renorenalsyndrom oder auf einem Extrarenalsyndrom (Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom, Zerebrorenalsyndrom) nach Wilhelm Nonnenbruch.
542.) Schon 1841 machte man sich Gedanken über eine "bedeutende Beeinträchtigung der Nierenfunktion". Quelle: Dietrich Wilhelm Heinrich Busch et alii: "Encyclopädisches Wörterbuch der medicinischen Wissenschaften", Verlag von Veit et Comp., Band 25, Berlin 1841, Seite 261.
543. a) Eine schwere Herzinsuffizienz kann zur Dekompensation mit Lungen- und Beinödemen führen. Während der medikamentösen Kompensation kommt es zur Polyurie mit Volumina von bis zu zehn Litern pro Tag. Voraussetzung der Polyurie kann entweder eine Abnahme der tubulären Rückresorption bei unveränderter GFR oder aber auch eine Zunahme der GFR bei unveränderter Tubulusfunktion sein. Üblicherweise steigt die GFR während dieser intensivmedizinischen Behandlung deutlich an. Dann kommt es vorübergehend zu einer Niereninsuffizienz im Stadium I. Parallel dazu verbessert sich aber auch kontinuierlich das NYHA-Stadium der Herzinsuffizienz. Trotzdem wird das Niereninsuffizienzstadium vorübergehend kleiner sein als das Herzinsuffizienzstadium.
b) Diuretika sind Mittel der Wahl bei der Therapie der dekompensierten Herzinsuffizienz mit dem Symptom der Niereninsuffizienz. Diuretika müssen also die GFR vergrößern. Denn die Ausscheidung der harnpflichtigen Stoffe ist proportional zur GFR. Die GFR ist immer proportional zum HZV. Es muss also das HZV=VVxEFxHF=RR/R vergrößert werden. Im Vordergrund steht hier die Vergrößerung des enddiastolischen Höhlenvolumens VV. - Die Ursache der kardialen Dekompensation sind Ödeme besonders in der Lunge und in beiden Beinen. Diese Ödeme verkleinern mechanisch den Durchmesser der Adern durch Kompression. Der Blutkreislauf wird behindert. Die entsprechenden Symptome sind Stauungssymptome. Es droht ein Kreislaufzusammenbruch mit einem Multiorganversagen. Jede medikamentös erzielte Diurese verbessert die vaskuläre Zirkulation und vergrößert so das Füllungsvolumen VV der vier Herzhöhlen. Ceteris paribus vergrößern sich jetzt das Herzzeitvolumen HZV und die Glomeruläre Filtrationsrate GFR.
c) Nur während dieser medikamentösen Kompensation ist das Stadium der Niereninsuffizienz vorübergehend meistens kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz. Wenn zusätzlich die kardialen oder extrakardialen Ursachen der Herzinsuffizienz beseitigt werden, gilt wieder die von mir aufgestellte Behauptung, dass das Niereninsuffizienzstadium niemals kleiner als das Herzinsuffizienzstadium sein kann.
d) Jedes Diuretikum bewirkt eine Verschlechterung der Tubulusfunktion bei unveränderter Glomerulusfunktion. Die Ursache einer jeden kardialen Dekompensation ist die mechanische Kompression (oder Stauung, Blutstau, Stauungsödeme) der Adern durch die Ödeme. Die medikamentöse Kompensation der Herzinsuffizienz verkleinert die Ödeme, verbessert so die Zirkulation und vergrößert das Herzzeitvolumen.
e) Wie kann die Wirkung eines Diuretikums, also die Verschlechterung der Tubulusfunktion, gemessen werden? Die Gewichtsabnahme in 24 Stunden ist ceteris
paribus gleich dem zusätzlichen Urinvolumen pro Tag nach Gabe des Diuretikums. Das ist das absolute Maß für die Diuretikawirkung. Ein relatives Maß erhält man
wie folgt: Unterstellt werden eine konstante Flüssigkeitszufuhr und ein konstantes Herzzeitvolumen. Immer ist die GFR gleich dem Primärharnfluss. Der Quotient aus der Differenz von GFR und
Tagesurinvolumen und der GFR ist gleich der relativen Tubulusfunktion. Jetzt kann man im Zeitablauf die täglichen Veränderungen dieses Quotienten Q=(GFR-UV)/GFR vergleichen. Wenn beispielsweise
das Urinvolumen UV von 1,5 l/d auf 7,5 l/d ansteigt, dann verschlechtert sich die Tubulusfunktion bei einer konstanten GFR=150 l/d durch das Diuretikum von 100 % - 1 % = 99 % auf 100 % - 5 % = 95
%. - Jedes Diuretikum bewirkt eine absichtliche Verschlechterung der tubulären Rückresorptionsquote.
544.) Norbert Frey und Derk Frank ("Herzklappenerkrankungen XXS pocket", 1. Auflage, Dezember 2014, Björn Bruckmeier Verlag, Grünwald bei München, Seite 17) zählen die "Niereninsuffizienz und Herzinsuffizienz" zu den "häufigen Komorbiditäten" der Vitien. - Jede Herzkrankheit verursacht eine Herzinsuffizienz. Denn es gibt keine Herzkrankheit mit dem Symptom einer Leistungssteigerung. Jede Herzinsuffizienz verursacht eine Niereninsuffizienz. Denn die Glomeruläre Filtrationsrate ist immer proportional zum Herzzeitvolumen.
545. a) Ich bezweifele die Relevanz von BNP und von NT-proBNP als Maße für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz.
b) Fabian Knebel wird in der morgigen Ausgabe von Medical Tribune (Jahrgang 51, Nummer 23/2016, 10.6.2016, Seite 26, "Herzschwäche im Labor abschätzen") mit seinen Äußerungen auf dem 122. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin zitiert. Referiert wird die Protect-Studie; Protect (englisch: schützen) ist ein verunglücktes Akronym für "ProBNP Outpatient Tailored Chronic Heart Failure Therapy".
c) Die möglichen "Ursachen eines erhöhten NT-proBNP" werden in kardiale und nichtkardiale Ursachen eingeteilt. Zu den kardialen Ursachen werden "Herzinsuffizienz,
diastolische Funktionsstörung, Myokardischämie, arterielle Hypertonie mit Hypertrophie, Herzklappenvitien, Vorhofflimmern, Kardiochirurgie, Perikarditis" gezählt. Zu den nichtkardialen Ursachen
werden die "akute Lungenembolie, pulmonale Hypertonie, Sepsis, Hyperthyreose, Niereninsuffizienz, fortgeschrittene Lebererkrankung, Anämie, Schwangerschaft" gezählt.
d) Diese beiden Aufzählungen sind völlig unübersichtlich. Es wird nicht erkennbar, welche Herzkrankheiten keine NT-proBNP-Erhöhung bewirken. Gibt es überhaupt solche Herzkrankheiten? In der Liste fehlen zum Beispiel Arrhythmien, Shunts, Transpositionen und Herztumore; oder sind sie in der Kardiochirurgie enthalten? Jede Herzkrankheit verursacht eine Herzinsuffizienz. Aber bewirkt jede Herzkrankheit auch eine NT-proBNP-Erhöhung?
e) Auch ist die Liste der extrakardialen Ursachen unsystematisch und unübersichtlich. Gut ist die Erwähnung der Anämie als einzige Ursache einer Herzinsuffizienz ohne Verkleinerung des Herzzeitvolumens. Die Niereninsuffizienz verursacht keine Herzinsuffizienz; vielmehr verursacht jede Verkleinerung des Herzzeitvolumens auch eine Niereninsuffizienz.
f) Systematischer wäre die Einteilung der Kardialsyndrome in die Kardiokardialsyndrome, die Pulmokardialsyndrome, die Hepatokardialsyndrome und die Zerebrokardialsyndrome. Alle diese Kardialsyndrome sind gleichzeitig auch Extrarenalsyndrome, nämlich das Kardiorenalsyndrom, das Pulmorenalsyndrom, das Hepatorenalsyndrom und das Zerebrorenalsyndrom.
g) Schwangerschaft, Sepsis und Hyperthyreose fallen nicht unter die Extrakardialsyndrome. Aber offenbar verursachen sie auch eine NT-proBNP-Erhöhung. Verursachen sie eine Herzinsuffizienz? Gibt es noch andere Ursachen für eine solche Laborwertveränderung?
h) Klarheit würde hier die zwingend vorgeschriebene Bestimmung des Herzzeitvolumens bringen. Die NYHA-Stadien sind ein subjektives Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. NT-proBNP, GFR und HZV sind objektive Maße für die Schwere der Herzinsuffizienz. Korrelieren diese Maßzahlen miteinander? Ich kann nur dringend entsprechende Untersuchungen anregen.
546. a) Das Herzzeitvolumen muss in allen vier Herzhöhlen bei jedem Herzschlag identisch sein. Anderenfalls würde sich sofort ein Stau bilden. Da der Herzschlag alle vier Herzhöhlen synchron betrifft, muss also auch das effektive Schlagvolumen in allen vier Herzhöhlen bei jedem Herzschlag identisch sein. Alle Herzhöhlen haben vermutlich verschiedene enddiastolische Füllungsvolumina. Also müssen alle Herzhöhlen auch verschiedene Ejektionsfraktionen haben. Die Differenz zwischen Bruttoschlagvolumen und Nettoschlagvolumen wird als Regurgitation, Kurzschlussblut oder Pendelvolumen bezeichnet. Bei gegebenem enddiastolischen Höhlenvolumen gehören zu jedem Bruttoschlagvolumen eine Bruttoejektionsfraktion und zu jedem Nettoschlagvolumen eine Nettoejektionsfraktion. Diese Parameter sollten regelmäßig bestimmt werden. Es folgt ein fiktives Zahlenbeispiel zur Verdeutlichung.
b) Das Herzzeitvolumen eines Patienten betrage 2400 ml/min bei einem Puls von 60/min. Das Schlagvolumen errechnet sich als Quotient aus Herzzeitvolumen und Herzfrequenz.
Also SV = HZV/HF = (2400 ml/min) : (60/min) = 40 ml.
c) Ich verwende folgende Abkürzungen:
VV = enddiastolisches Höhlenvolumen
SV = Schlagvolumen = Nettoejektionsvolumen
BEF = Bruttoejektionsfraktion
NEF = Nettoejektionsfraktion
PV = Pendelvolumen
PF = Pendelfraktion = BEF - NEF
Anmerkung: In der Medizin verwenden das Wort Pendelfraktion außer mir wohl nur noch Stefan Silbernagl und Florian Lang ("Taschenatlas Pathophysiologie",
Thieme-Verlag, 4. Auflage, Stuttgart 2013, Seite 210). Die Wörter Bruttoejektionsfraktion und Nettoejektionsfraktion sowie Bruttoejektionsvolumen und Nettoejektionsvolumen wurden dagegen wohl von
mir geprägt.
Für die vier Herzhöhlen wären jetzt zum Beispiel die folgenden Konstellationen denkbar:
1. Höhle: VV = 70 ml, BEF = 70 %, NEF = 57,1 %, SV = 40 ml, PV = 9,0 ml = 70 x 0,129 ml
2. Höhle: VV = 80 ml, BEF = 60 %, NEF = 50,0 %, SV = 40 ml, PV = 8,0 ml = 80 x 0,100 ml
3. Höhle: VV = 90 ml, BEF = 65 %, NEF = 44,4 %, SV = 40 ml, PV = 18,5 ml = 90 x 0,206 ml
4. Höhle: VV = 100 ml, BEF = 50 %, NEF = 40,0 %, SV = 40 ml, PV = 10,0 ml = 100 x 0,1 ml
Dabei wurden VV und BEF willkürlich gewählt. NEF wurde so berechnet, dass man als Ergebnis ein Schlagvolumen von 40 ml erhält. In allen vier Fällen ist das Produkt aus VV und NEF immer genau 40 ml. Also SV = VV x NEF. Die Pendelvolumina erhält man durch Multiplikation von VV mit der Differenz aus BEF und NEF; diese Differenz bezeichne ich als Pendelfraktion PF. Also PV = VV x (BEF - NEF) = VV x PF.
Das Pendelvolumen ist die Differenz aus Bruttoejektionsvolumen und Schlagvolumen.
Die Pendelfraktion ist die Differenz aus Bruttoejektionsfraktion und Nettoejektionsfraktion.
d) Es ist egal, ob das Pendelvolumen durch Shunts oder durch Herzklappenfehler verursacht wird. Der Oberbegriff für Shunts und Klappenfehler heißt Vitium cordis.
Ebenso ist die Flussrichtung der Pendelvolumina egal. Bei beiden Kammern können beide Klappen betroffen sein. 30 % aller Menschen haben postnatal ein Loch in der Herzscheidewand; auch hier
besteht immer ein Shuntvolumen.
e) Das Pendelvolumen ist das Maß für die Schwere der Klappeninsuffizienz; das Herzzeitvolumen ist das Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Es gibt vier verschiedene Herzklappeninsuffizienzen:
Trikuspidalklappeninsuffizienz,
Pulmonalklappeninsuffizienz,
Mitralklappeninsuffizienz und
Aortenklappeninsuffizienz.
Viele Kardiologen lassen in diesen Begriffen das mittlere Wort "klappen" weg. Das ist nicht nur unschön, sondern bei der Pulmonalklappe wegen der Verwechslung der Pulmonalinsuffizienz mit der Lungeninsuffizienz gefährlich. Ähnliches gilt für die Trikuspidalklappenstenose, die Pulmonalklappenstenose, die Mitralklappenstenose und die Aortenklappenstenose. Hier kann es bei der Kurzform Aortenstenose zu Verwechslungen mit einer stenosierten Aorta kommen.
f) Wenn jetzt eine Klappeninsuffizienz offen oder minimalinvasiv chirurgisch saniert wird, dann verkleinert sich der Reflux. Das Pendelvolumen wird kleiner, die Nettoejektionsfraktion und damit das Schlagvolumen werden größer. Das Herzzeitvolumen wird größer, die Herzinsuffizienz wird kleiner.
g) Das Schlagvolumen als Produkt aus enddiastolischem Füllungsvolumen und Nettoejektionsfraktion muss in allen vier Herzhöhlen immer identisch sein. Ansonsten käme es zu sofortigen Staus. Wenn jetzt durch die Sanierung einer Klappeninsuffizienz das Schlagvolumen der betreffenden Herzhöhle vergrößert wird, dann nimmt automatisch das enddiastolische Füllungsvolumen in den drei übrigen Herzhöhlen sofort entsprechend zu. Jetzt ist in allen vier Höhlen das Produkt aus Höhlenvolumen und Ejektionsfraktion wieder konstant. Jede Sanierung einer Klappeninsuffizienz führt also immer zur sofortigen Verbesserung der Herzleistung. Die Symptome der Herzinsuffizienz verbessern sich schlagartig.
h) Das kann man sich leicht wie folgt vorstellen. Wir zeichnen einen Ring als Bild des Kreislaufsystems. In diesen Ring werden vier verschieden große Kreise als Symbole für die vier Herzhöhlen eingeschaltet. Zwischen jeweils zwei Kreise wird eine Klappe eingezeichnet. Ein Pfeil zeigt die Fließrichtung des Blutes an. Jede Klappe hat ihre eigene Nettoejektionsfraktion. Jede Herzhöhle hat ihr eigenes (prävalvuläres) enddiastolisches Füllungsvolumen. Wechselnde Kreisdurchmesser zeigen wechselnde Füllungsvolumina an. Wenn jetzt eine Nettoejektionsfraktion iatrogen vergrößert wird, dann passen sich die übrigen sieben Parameter automatisch an die neue Situation an. Die Schlagvolumina in allen vier Höhlen werden größer.
i) Falsch wäre also die Vermutung, dass zur Therapie der Herzinsuffizienz die Nettoejektionsfraktionen von allen vier Herzhöhlen gleichsinnig verbessert werden müssten. Bei unveränderten Ejektionsfraktionen passen sich vielmehr die vier enddiastolischen Füllungsvolumina an die postoperative Situation nach Sanierung nur einer Klappeninsuffizienz an.
j) Ebenso falsch wäre die Ansicht, beim Vorliegen anderer Herzkrankheiten oder anderer Extrakardialkrankheiten wäre eine Verbesserung der Herzinsuffizienz durch eine einzelne Intervention nicht möglich. Jedes einzelne Vitium limitiert für sich allein die Herzleistung. Jede erfolgreiche Klappenreparatur würde also ceteris paribus immer das Herzzeitvolumen vergrößern.
k) Ein Rechenbeispiel: Wenn oben im Absatz c durch eine chirurgische Intervention an einer Klappe das Pendelvolumen um 4 ml verringert und entsprechend das Schlagvolumen um 4 ml vergrößert wird, dann passen sich in allen vier Höhlen die Werte für VV, BEF und NEF an die neue postoperative Situation an. Für das neue Schlagvolumen als Quotient aus Herzzeitvolumen und Herzfrequenz gilt in allen vier Höhlen SV = 44 ml = VVxNEF.
547. a) Die internationalen kardiologischen Leitlinien verlangen zwingend für alle Patienten die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Bei wikipedia.de findet
man beim Stichwort Herzminutenvolumen mindestens zwölf verschiedene und von einander unabhängige Methoden zur Bestimmung des Herzzeitvolumens. Zwei der modernsten nichtinvasiven Verfahren werden
im Folgenden beschrieben. Es handelt sich um die Ganzkörperbioimpedanztechnologie zum Beispiel von der israelischen Firma NIMedical (ni-medical.com) und um die
Impedanzkardiographie zum Beispiel von der österreichischen Firma cnsystems (cnsystems-med.de). Ähnliche Verfahren sind die Bioreaktanz und die elektrische Kardiometrie. Weitere
entsprechende Firmen findet man im Internet zum Beispiel unter biopac.com, cardiotronic.net oder cheetah-medical.com.
b) Ideal wäre das folgende Procedere: In Echtzeit werden echokardiographisch oder kernspintomographisch für jeden Herzschlag die Füllungsvolumina aller vier Herzhöhlen mit den jeweiligen Regurgitationen gemessen. Als Minimum dieser Funktionen erhält man die endsystolischen Höhlenvolumina, als Maximum dieser Funktionen erhält man die enddiastolischen Höhlenvolumina. Mittels der Pendelvolumina kann man jetzt die vier Bruttoejektionsfraktionen und die vier Nettoejektionsfraktionen errechnen. Die Herzfrequenz kann man als Kehrwert der Aktionsdauer ermitteln. Die Multiplikation der enddiastolischen Höhlenvolumina mit den jeweiligen Nettoejektionsfraktionen ergibt die vier identischen Nettoschlagvolumina. Die Multiplikation mit der Herzfrequenz ergibt das Herzzeitvolumen. Bei bekanntem Blutdruck errechnet sich der periphere Widerstand als Quotient aus Blutdruck und Herzzeitvolumen.
c) Die erwähnten Verfahren Bioimpedanz und Bioreaktanz arbeiten umgekehrt. Sie beruhen auf dem Ohmschen Gesetz R=U/I und bestimmen in Echtzeit im Sinne einer Beat-to-beat-Analyse den peripheren Widerstand R. Bei bekanntem Blutdruck U kann das Herzzeitvolumen I nach der Formel I=U/R errechnet werden. Die Multiplikation des Herzzeitvolumens mit der Herzaktionsdauer ergibt das Schlagvolumen. Bei bekanntem enddiastolischen Ventrikelvolumen kann die Nettoejektionsfraktion als Quotient von Schlagvolumen und Ventrikelvolumen errechnet werden. Bei bekanntem Lungenzeitvolumen kann der Saldo aller Pendelvolumina nach der Gleichung Herzzeitvolumen minus Links-rechts-Shuntvolumen gleich Lungenzeitvolumen minus Rechts-links-Shuntvolumen errechnet werden.
d) Es bleibt unverständlich, warum diese Verfahren kaum verwendet werden. Die Technologie ist seit 50 Jahren verfügbar.
e) Der Markt solcher Geräte ist unübersichtlich. Vergleiche dieser Verfahren mit anderen Verfahren zur Bestimmung des Herzzeitvolumens und des peripheren Widerstands sind unbefriedigend. Vielleicht konnten diese Verfahren deswegen bislang keine breite Anwendung finden. Außerdem bleibt unklar, welche der genannten kardiologischen Parameter gemessen, geschätzt oder berechnet werden und welche Parameter als Voraussetzung zusätzlich synchron mit anderen Verfahren bestimmt werden müssen.
548. a) Die Niereninsuffizienz ist definiert als Minderleistung der Glomerula unabhängig von der Funktion der Tubuli.
b) Die Glomerula sind sich selbst reinigende Filter. Nur selten beruht die Minderleistung der Glomerula auf einer Erkrankung der Glomerula. Glomerulopathien sind selten. Außerdem schränken viele Glomerulopathien die Filterleistung nicht oder nur geringfügig ein. Manche Krankheiten der Glomerula verbessern sogar die Funktion der Glomerula. Die Leistung der Glomerula besteht in der Produktion des Primärharns. Die Bildung des Primärharns ist identisch mit der Glomerulären Filtrationsrate und mit der Kreatininclearance. 150 Liter Primärharn pro Tag sind identisch mit einer GFR = 104,17 ml/min.
c) Die Tubuli arbeiten unabhängig von den Glomerula. Ihre Leistung besteht in der Rückresorption des Primärharns. Üblich ist eine tubuläre Rückresorptionsquote von 99 Prozent. Tubulopathien verändern die Rückresorptionsquote nur selten. Krankheitsbedingte Verschlechterungen der Rückresorptionsquote sind selten. Alle Diuretika verschlechtern die Rückresorptionsquote. Eine Verbesserung der Rückresorptionsquote von 99 auf 100 Prozent führt zur Anurie. Tubulopathien mit einer Verkleinerung der Rückresorptionsquote und mit dem Symptom einer Polyurie sind dauerhaft mit dem Leben nicht vereinbar.
549. a) Die Herzinsuffizienz ist ein Symptom von allen kardialen und von vielen extrakardialen Krankheiten. Ich definiere die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes.
b) Ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz ist das Produkt aus Herzzeitvolumen und Hämoglobinkonzentration. Bei dieser Definition wird die Minderbeladung des Hämoglobins mit Sauerstoff wegen eines Sauerstoffmangels in der Atemluft oder durch andere Ursachen nicht berücksichtigt. Wenn man zusätzlich die Hämoglobinkonzentration des Blutes nicht berücksichtigt, dann vereinfacht sich die Definition der Herzinsuffizienz. Die Herzinsuffizienz ist identisch mit einem zu kleinen Herzzeitvolumen.
c) Ein zu kleines Herzzeitvolumen in Ruhe oder bei Belastung führt zur Leistungsminderung des Betroffenen. Das Hauptsymptom der Herzinsuffizienz ist die Luftnot. Die Luftnot heißt auf Griechisch Dyspnoe. Synonyme sind Atemnot, Ateminsuffizienz, Kurzatmigkeit, erschwertes Atmen. Nebensymptome der Herzinsuffizienz sind Erschöpfung und Schwäche.
d) Alle anderen Symptome der Herzinsuffizienz sind Symptome der Grundkrankheit.
e) Diese Darstellung entspricht der richtigen Definition der Herzinsuffizienz durch die Weltgesundheitsorganisation WHO als "verminderte körperliche Belastbarkeit aufgrund einer ventrikulären Funktionsstörung". Unter der ventrikulären Funktionsstörung ist einfach ein zu kleines Schlagvolumen des linken Ventrikels unabhängig von der Ursache gemeint.
f) Eine zweite richtige Definition der Herzinsuffizienz nennt die "Unfähigkeit des Herzens, das vom Organismus benötigte Herzstromvolumen zu fördern." Quelle: Gerd Harald Herold: "Innere Medizin" (Ausgabe 1981/1982, Seite 96). Später ergänzt Herold diese richtige Definition ohne Grund um den einschränkenden Zusatz "bei normalem enddiastolischen Ventrikeldruck". Außerdem ersetzt er das unübliche Wort Herzstromvolumen durch den üblichen Begriff Herzzeitvolumen. Quellen: Gerd Harald Herold: "Innere Medizin" (Ausgabe 1997, Seite 151; Ausgabe 2012, Seite 201).
550. a) Üblich ist die Einteilung des Schweregrades einer jeden Herzinsuffizienz durch die New York Heart Association NYHA in vier Stadien. Siehe oben die Absätze 261, 294, 297 und 450.
b) Diese komplizierte subjektive Definition kann wie folgt vereinfacht werden:
Stadium I: Luftnot und Leistungsminderung bei großen Belastungen.
Stadium II: Luftnot und Leistungsminderung bei mittleren Belastungen.
Stadium III: Luftnot und Leistungsminderung bei kleinen Belastungen.
Stadium IV: Luftnot und Leistungsminderung schon in Ruhe.
c) Vielleicht könnte man diese subjektive Definition bei Erwachsenen wie folgt objektivieren:
Stadium I: Das Herzzeitvolumen ist größer als 5 l/min.
Stadium II: Das Herzzeitvolumen liegt zwischen 3 und 5 l/min.
Stadium III: Das Herzzeitvolumen liegt zwischen 1 und 3 l/min.
Stadium IV: Das Herzzeitvolumen ist kleiner als 1 l/min.
d) Altersunabhängig wäre die Einteilung der Herzinsuffizienz nach dem Herzindex:
Stadium I mit einem Herzindex über 3 mm/min.
Stadium II mit einem Herzindex zwischen 2 und 3 mm/min.
Stadium III mit einem Herzindex zwischen 1 und 2 mm/min.
Stadium IV mit einem Herzindex unter 1 mm/min.
551. a) Zur Vorbeugung und Therapie von bakteriellen Harnwegsinfektionen wird eine ausreichende Trinkmenge empfohlen, um die Aszension der Bakterien zu verhindern beziehungsweise zu beseitigen. Der Flüssigkeitsstrom in den ableitenden Harnwegen spült die Bakterien aus dem Urogenitalsystem heraus.
b) Patienten mit einer dauerhaften Anurie oder einer Oligurie müssten also ständig Harnwegsinfektionen haben. Warum kommt es bei der Nierendialyse nicht zu permanenten Harnwegsinfektionen? Eine Dauerantibiose wird nicht empfohlen.
552. a) Das Herzzeitvolumen HZV ist ein grundlegender Begriff in der Nephrologie. Das Herzzeitvolumen ist einerseits das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz und andererseits der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand. GFR und HZV sind immer proportional.
b) Bislang fand ich in der wissenschaftlichen Literatur keine Arbeiten, die diese Zusammenhänge herstellen.
c) H. Hampl, H. Päprer, V. Unger, Gerhard Gahl, G. Horn und Michael Kessel kannten schon im Februar 1977 alle diesbezüglich relevanten Parameter. Die Formeln HZV=VVxEFxHF und HZV=RR/R erwähnten sie jedoch nicht, obwohl sie sie kannten. Quelle: "Hämodynamische Untersuchungen bei Ultrafiltration und Dialyse", in:"Aktuelle Probleme der Dialyseverfahren und der Niereninsuffizienz", am angegebenen Ort, siehe oben Absatz 11c. Diese Arbeit fiel mir erst heute am 18.7.2016 in die Hände.
d) Die sechs Autoren aus der Nephrologischen und Kardiologischen Abteilung der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin im Klinikum Charlottenburg verwendeten jedoch schon damals absolut identische Abkürzungen und Begriffe wie ich heute:
"Herzzeitvolumen HZV (Kälteverdünnungsverfahren)" auf Seite 204,
"Blutdruck (RIVA ROCCI) RR" auf Seite 204,
"Schlagvolumen (SV)" auf Seite 205,
"peripherer Widerstand (R)" auf Seite 205,
"Herzfrequenz (Elektrokardiogramm, Pulszählung) HF" auf Seite 205.
e) Dass das Schlagvolumen SV das Produkt aus enddiastolischem Höhlenvolumen VV und zugehöriger Nettoejektionsfraktion EF ist, wurde damals noch nicht thematisiert. SV=VVxEF.
f) Das Herzzeitvolumen HZV und der Blutdruck RR wurden gemessen. Die Messmethoden werden angegeben. "Das Schlagvolumen (SV) und der periphere Widerstand (R) wurden errechnet." (Zitat Seite 205). Die beiden Formeln SV=HZV/HF und R=RR/HZV wurden damals (vor fast 40 Jahren) also als bekannt vorausgesetzt.
g) Es folgt zum Beweis ein weiteres Zitat (Seite 217): Es "stieg der periphere Widerstand an; bei nur leichtem Rückgang des Herzzeitvolumens fanden sich sogar etwas höhere Blutdruckwerte". Diese Aussage widerspricht der Formel HZV=RR/R nicht.
h) Ich behaupte, dass kaum einer der heutigen Kardiologen und Nephrologen diese beiden extrem wichtigen Zusammenhänge noch kennt oder gar berücksichtigt.
i) Die sechs Berliner Forscher haben den (proportionalen) Zusammenhang zwischen HZV und Kreatinin-Clearance (GFR) jedoch nicht thematisiert.
j) Trotzdem war dieser Zusammenhang damals 1977 in Innsbruck zumindest im Grundsatz bekannt: "Vermutlich löst die schwere metabolische Acidose auch beim Menschen über eine Senkung des Herzminutenvolumens eine Reduktion der glomerulären Filtrationsrate aus" (Zitat: W. Faßbinder, P. H. Althoff, M. Neubauer, E. H. Scheuermann und K. M. Koch: "Haemodialysebehandlung der Biguanid-induzierten Lactatacidose", in: "Aktuelle Probleme der Dialyseverfahren und der Niereninsuffizienz", am angegebenen Ort, Seiten 298 bis 304, Seite 300).
553. a) Noch im Februar 1977 wurden die beiden für Kardiologie und Nephrologie grundlegenden Formeln SV=HZV/HF und R=RR/HZV unter Fachärzten als bekannt vorausgesetzt. Siehe oben Absatz 552.
b) Felix Anschütz kannte sieben Jahre später 1984 diese Zusammenhänge nicht. Quelle: "Herzinsuffizienz - Erkennung und Behandlung in der Praxis", Aesopus Verlag, Basel und Wiesbaden 1984, 164 Seiten. Es erfolgt eine Beweisführung.
c) Für das Verständnis der beiden Formeln HZV=VVxEFxHF und HZV=RR/R ist eine einheitliche Nomenklatur der Begriffe erforderlich. Diese Einheitlichkeit misslingt dem Autor. Er verwendet
statt HZV = Herzzeitvolumen als weitere Synonyme die Begriffe Herzauswurfleistung, Kreislaufleistung, Zeitvolumen, Kreislaufbeschleunigung, Pumpleistung,
Pumpfunktion, Minutenvolumen und Herzminutenvolumen,
statt VV = enddiastolisches Ventrikelvolumen oder Höhlenvolumen als weitere Synonyme endiastolisches Volumen, Vorlast, Herzvergrößerung und Herzvolumen,
statt EF = Ejektionsfraktion als weitere Synonym die Auswurffraktion und die prozentuale Auswurffraktion und als "Abgeleitete Meßgröße (Zitat Seite 43) die
Kontraktilität,
statt SV = VVxEF = Schlagvolumen als weitere Synonyme Ejektionsvolumen, Herzschlagvolumen, Kontraktionsgeschwindigkeit und Auswurfgeschwindigkeit,
statt HF = Herzfrequenz als weitere Synonyme Puls, Frequenz und Herzschlagfolge sowie die Kehrwerte Transitzeit, Auswurfzeit und Ejektionszeit,
statt RR = Blutdruck als weitere Synonyme den Druck, den Füllungsdruck und den enddiastolischen linksventrikulären Druck
und statt R = peripherer Widerstand als Synonyme die Begriffe Nachlast, Widerstand beim Auswurf, pulmonaler Widerstand und peripherer Gefäßwiderstand sowie als "Abgeleitete Meßgröße" (Seite 43) die Begriffe pulmonaler Kapillardruck, systolisches Druck-Frequenz-Produkt, systolisches Wandspannungs-Zeit-Integral und maximale systolische Wandspannung. Diese Wandspannung definiert er auf Seite 42 als Produkt aus dem Druck in der Kammer und dem Quotienten aus Innenradius und Wanddicke.
d) Dieses unbegreifliche begriffliche Durcheinander verhindert klare und präzise Aussagen. Zumindest könnte man mit einheitlichen Begriffen und korrekten physikalischen Einheiten anhand der beiden Formeln SV=HZV/HF und R=RR/HZV alle Aussagen des Autors Felix Anschütz überprüfen und besser verstehen. Bei Kenntnis dieser Zusammenhänge hätte er klarer und eindeutiger formulieren können. Dann wäre die Lektüre seines Lehrbuches ein Gewinn.
e) Dann hätte Felix Anschütz auch die pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen Lungenembolie und Herzinsuffizienz (Seiten 65 bis 69) erklären können. Jede Lungenembolie behindert die arterielle Durchblutung der Lunge. Das Lungenzeitvolumen und damit das identische Herzzeitvolumen sinken. Das ist die Definition der Herzinsuffizienz.
f) Bei Kenntnis dieser Zusammenhänge hätte er auch die möglichen Ausnahmen von der Regel verstanden, dass jede Herzkrankheit über eine Abnahme des Herzzeitvolumens immer eine Herzinsuffizienz verursacht.
g) Erstens ist "Die Herzinsuffizienz bei Hyperthyreose" (Seiten 93 und 94) gar keine Herzkrankheit. Seine Behauptung, dass hier eine Erhöhung des Herzminutenvolumens als Folge der Tachykardie eine Herzinsuffizienz verursacht, ist vermutlich falsch.
h) Zweitens verursacht jede Anämie immer eine Herzinsuffizienz, weil das Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes zu klein ist. Auch hier handelt es sich nicht um eine Herzkrankheit. Als Folge der Anämie kann es kompensatorisch sogar zu einem "erhöhten Zeitvolumen" (Zitat Seite 94) kommen. Ein vergrößertes Herzzeitvolumen ist aber genau das Gegenteil einer Herzinsuffizienz.
i) Drittens erwähnt Felix Anschütz zu Recht die mögliche Zunahme des Herzzeitvolumens bei Beri-Beri. Das Beri-Beri-Herz bei einem Thiaminmangel ist vielleicht wirklich eine tatsächliche Ausnahme von meiner Behauptung, dass jede Herzkrankheit zur Herzinsuffizienz führt.
j) Felix Anschütz nennt noch eine vierte Krankheit mit dem Symptom einer Herzinsuffizienz als Folge einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Jedes "arteriovenöse Aneurysma" (gemeint sind Shunts zwischen Blutadern und Schlagadern) vergrößert das Herzzeitvolumen. "Wenn zum Beispiel nach einer Verletzung ein Kurzschluss zwischen einer Femoralvene und einer Femoralarterie besteht" (Zitate Seite 95), kommt es zur Herzinsuffizienz. Aber auch hier handelt es sich nicht um eine Herzkrankheit.
k) Zu Recht erwähnt Felix Anschütz die extrakardialen Ursachen der Herzinsuffizienz. In der Tabelle 7 auf Seite 40 findet sich die "Ätiologie der Herzinsuffizienz" mit dem fünften Punkt "Extrakardiale Frakturen, Anämie, Hyperthyreose, Schock". Dass es sich um Faktoren und nicht um Frakturen handelt, wurde in der offenbar überarbeiteten Ausgabe von 1988 auf Seite 39 korrigiert. Diese Baseler Ausgabe hat 172 Seiten; sie wird nicht als Neuauflage gekennzeichnet. Felix Anschütz hat also offenbar an die von mir als Extrakardialsyndrome bezeichneten Krankheiten gedacht.
l) Zur Therapie der Herzinsuffizienz empfiehlt Felix Anschütz auf Seite 112 eine "Begrenzung der körperlichen Aktivität". Die diesbezügliche auch heute noch überaus aktuelle Problematik dieser vom ihm so genannten "Ruhebehandlung" erkennt der Autor nicht ansatzweise. Die Leistungsminderung und die "Atemnot bei Belastung" (Zitat Seite 110) sind die beiden Hauptmerkmale des Symptoms Herzinsuffizienz. Der Patient will sich ja gerade mehr belasten und leidet unter der Leistungsminderung. Ihm eine Begrenzung seiner körperlichen Aktivitäten zu empfehlen ist völlig überflüssig, weil ihn ja gerade diese Begrenzung zum Arzt führt. Es ist die Aufgabe einer jeden Therapie der Herzinsuffizienz, diese Leistungsbegrenzung zu beseitigen oder zumindest zu verkleinern. Auf die Idee einer weiteren Einschränkung seiner körperlichen Belastungen zur Minimierung seiner Luftnot kommt der Patient vermutlich auch von alleine.
m) Das einzige objektive Maß für diese Leistungsbegrenzung ist das Herzzeitvolumen oder hilfsweise die dazu immer proportionale Glomeruläre Filtrationsrate. Andere Laborwerte sind nicht zuverlässig. Oft führt die Therapie der Herzinsuffizienz zu einer weiteren Verschlechterung der Herzinsuffizienz. Nur wenn diese Leistungsverschlechterung mit einer Lebensverlängerung verbunden ist, liegt die Therapie vielleicht im Interesse des Patienten. Immer müssen die Vorteile und die Nachteile einer jeden Therapie mit dem Patienten besprochen werden. "Maßstab ist die subjektive Beschwerde" (Zitat Seite 111) und nicht eine mögliche Mortalitätsreduktion. Das hat der Autor nicht verstanden. Er widerspricht sich also selbst.
n) Ein weiterer Kritikpunkt sind Felix Anschütz' Ausführungen zur Trinkmenge bei Herzinsuffizienz auf Seite 118. "Die Trinkmenge sollte jedoch 1 1/2 Liter bis 2 Liter nicht überschreiten." Dass es sich bei allen diesbezüglichen Zahlen um Tageswerte für normalgewichtige Erwachsene handelt, schreibt der Autor nicht. Vielleicht könnte man das etwas differenzierter betrachten.
554. a) Ich definiere die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes. Jede Herzkrankheit und viele andere Krankheiten verursachen eine
Herzinsuffizienz. Es gibt also keine Herzkrankheit ohne Herzinsuffizienz. Bei keiner Herzkrankheit ist das Herzzeitvolumen vergrößert. Keine Herzkrankheit hat das Symptom einer
Leistungssteigerung.
b) Die einzige Ausnahme wäre das in Absatz 553i erwähnte Beri-Beri-Herz. Aber Beriberi gilt nicht als Herzkrankheit, obwohl das Herz betroffen sein kann.
c) Gibt es Herzkrankheiten mit einer vorübergehenden Vergrößerung des Herzzeitvolumens? Eine solche Vergrößerung wäre aber regelmäßig nur kurzzeitig und wohl nicht
mit einer Leistungssteigerung verbunden. - Eine dieser Ausnahmen ist die Kammertachykardie. Hier steigt bei der Frequenzzunahme das Herzzeitvolumen zuerst an, um dann nach einem Maximum wieder
abzusinken. Fraglich bleibt, ob die dabei regelmäßig zu beobachtende Polyurie die Folge der Zunahme der GFR oder aber die Folge einer kompensatorischen Abnahme der Tubulusleistung
ist.
d) Es gibt jedoch extrakardiale Krankheiten mit einer Zunahme des Herzzeitvolumens mit oder ohne Veränderung der Leistungsfähigkeit. Im Falle einer Leistungsminderung wären das die Extrakardialsyndrome.
555. a) HZV=RR/R mit der Einheit ml/min; siehe oben die Absätze 216d, 281ehj und 409.
b) Die physikalische Einheit des peripheren Widerstandes R=RR/HZV bereitet den Ärzten größte Probleme. Deswegen wird diese Einheit fast immer weggelassen.
c) Eine lobenswerte, wenn auch falsche Ausnahme findet sich im Lehrbuch "Herz und Kreislauf" (Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1987) von Walter Bleifeld, Christian W. Hamm und Detlev Mathey auf Seite 260: Der periphere pulmonale Gefäßwiderstand "wird analog dem Ohm'schen Gesetz als Verhältnis des Druckgefälles über die Lungenstrombahn ... zur mittleren Lungendurchblutung (l/min) berechnet. Um auf die Einheit dyn x s x cm hoch minus fünf zu kommen, wird der Quotient mit 80 multipliziert. Der Normwert liegt um 100 dyn [hier fehlt die Sekunde] x cm hoch minus fünf".
d) Das Druckgefälle wird in mmHg gemessen, das Lungenzeitvolumen wird in l/min gemessen. Der Quotient aus Druckgefälle und Lungenzeitvolumen hat also die Einheit
mmHg/(l/min) = 80 dyn x sec / cm hoch fünf.
e) Wenn man den peripheren Widerstand R berechnen will, muss man den Zahlenwert des in mmHg gemessenen Blutdrucks durch den Zahlenwert des in ml/min gemessenen Lungenzeitvolumens dividieren. Dieser Quotient muss anschließend mit 80 multipliziert werden und erhält man die alte Einheit dyn x sec / cm hoch fünf für den peripheren Widerstand.
f) Die Zahl 80 erhält man durch Multiplikation von 1,3332 mit 60. Denn eine Minute hat 60 Sekunden und 1 mmHg = 1,3332 kdyn/cm². Ganz korrekt wäre also der Faktor 79,992. Siehe dazu oben die Absätze 281 h und 409.
g) Quecksilber siedet bei 357 °C. Bei dieser Temperatur beträgt der Dampfdruck von Quecksilber 101.325 Pascal oder 760 Torr.
1 Torr = 101.325 N / 760 m² = 101.325 N / 76.000 cm².
Noch korrekter müsste man diesen Umrechnungsfaktor also berechnen als
60 x 101.325 / 76.000 = 60 x 1,3332236 = 79,993421.
h) Die drei Autoren geben auf Seite 106 als normale periphere Widerstände für den
Gesamtkreislauf 1500 dyn s / cm hoch fünf und für den
Lungenkreislauf 120 dyn s / cm hoch fünf an.
Diese Zahlen müssten mit dem renalen Widerstand oben in Absatz 281 verglichen werden.
i) Doppelt falsch ist auch die Aussage der drei Autoren auf Seite 106: "Unter Angabe der Drücke in mmHg und des Herzzeitvolumens in l/min errechnet sich der Widerstand als sogenannte Wood-Einheiten (mmHg/l/min) [gemeint: mmHg/(l/min)=mmHgmin/l] oder entsprechend in SI-Einheiten als Pascal". Der Blutdruck wird in Pascal gemessen; der periphere Widerstand wird nicht in Pascal gemessen. Auch hier offenbart sich das mathematische und physikalische Unvermögen der drei Autoren.
556.) Soeben habe ich bei Wikipedia in der Diskussion:Glomeruläre Filtrationsrate als Nummer 6 folgenden Absatz eingefügt:
Die Clearance von Wasser ist dasjenige Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit von Wasser befreit wird. Eine negative Clearance kann es nicht geben. Denn ist gibt in der Physiologie keine negativen Größen. Addition, Multiplikation und Division von positiven Zahlen führen nie zu negativen Vorzeichen. Die Funktion der Tubuli wird vergessen. Bei Klärwerken ist die Wasserleichen-Clearance oder die Baumstamm-Clearance immer gleich dem Volumenfluss. Bei den Nieren sind Primärharnbildung und GFR immer identisch. Ohne Quellen muss dieser interessante Absatz leider wieder gelöscht werden. Folgende Behauptung ist ohne seriöse Quelle leider eine verbotene private Forschung: Der Sekundärharnfluss ist gleich der Wasserclearance. --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 12:25, 26. Jul. 2016 (CEST)
557. a) "Clearance-Untersuchungen beziehen sich auf eine Norm von 1,73 m². Bei abweichender Körperoberfläche sind die Werte entsprechend zu korrigieren." Zitat:
Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, Körperschaft des öffentlichen Rechts: "Stufendiagnostik", Stand 1. Dezember 1988, 2. überarbeitete Auflage, 4. Ergänzung, 7. Kapitel "Niere", Seite
7.
b) Zwei Wörter sind falsch. Der Vergleichswert von 1,73 m² wurde vor bald 100 Jahren als Standard festgelegt. Wenn es eine Norm wäre, dann müssten sich alle Menschen bemühen, eine Normkörperoberfläche von 1,73 m² anzustreben. Die Laborwerte müssen nicht korrigiert werden. Denn sie wurden schon korrekt ermittelt. Zumindest streben alle der mehr als 100 verschiedenen Schätzformeln die Ermittlung der richtigen GFR an. Für Vergleichszwecke muss die korrekte GFR zwingend nach der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden.
c) Offenbar wurde die Einhaltung dieser Anweisung weder regelmäßig befolgt noch konsequent kontrolliert. Seither geriet sie offenbar in Vergessenheit. Gilt sie heute noch?
558. a) Typisch ist der folgende Denkfehler der Kardiologen bei der Intensivtherapie des Kreislaufversagens. Hier wollen die Intensivmediziner den Blutdruck des Patienten vergrößern. Das ist falsch. Sie müssen den Quotienten aus Blutdruck und Widerstand vergrößern. Dieser Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand ist definiert als Herzzeitvolumen. Es wird also eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens angestrebt. Dazu muss das Herzzeitvolumen im Vorher-nachher-Vergleich bestimmt werden.
b) Moderne Verfahren ermöglichen zur Kontrolle auch Messungen des peripheren Widerstandes. Senkungen des peripheren Widerstandes führen also zum selben Ergebnis wie Blutdruckerhöhungen. Ceteris paribus wird in beiden Fällen das Herzzeitvolumen ansteigen.
c) Der Wert eines Bruches steigt an, wenn man den Zähler vergrößert oder den Nenner verkleinert oder beides gleichzeitig anstrebt. Der Blutdruck steht im Zähler, der
Widerstand steht im Nenner. Der Bruch heißt Herzzeitvolumen.
559. a) Jede Herzkrankheit verursacht immer eine Herzinsuffizienz im Sinne einer Reduktion des Herzzeitvolumens (Ausnahmen: Beriberiherz, Kammertachykardie). Jede Therapie einer Herzkrankheit ist also immer auch eine Therapie der Herzinsuffizienz. Jede Therapie der Herzinsuffizienz muss das Herzzeitvolumen vergrößern.
b) Man muss also sprachlich streng unterscheiden, ob man eine Herzkrankheit mit einer Herzinsuffizienz oder aber eine Herzinsuffizienz bei einer Herzkrankheit behandeln will.
c) Das Therapieziel bei der Herzkrankheit ist die Vergrößerung der Lebenserwartung.
Das Therapieziel bei der Herzinsuffizienz ist die Vergrößerung des Herzzeitvolumens.
Regelmäßig wird es sich hier um eine Zielkonkurrenz mit Zielkonflikten handeln.
d) Also hat nicht nur die konservative medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz, sondern auch die interventionelle chirurgische Therapie der Herzinsuffizienz immer nur das Ziel der Vergrößerung des Herzzeitvolumens.
e) Alle kardiochirurgischen Verfahren müssen immer eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens zum Ziel haben. Das ist bei den Vitien (Klappenfehler und Septumdefekte) und bei den angeborenen Herzfehlern offensichtlich. Auch die Implantation von Kunstherzen oder von Kreislaufunterstützungssystemen sowie die Herztransplantationen müssen das Herzzeitvolumen vergrößern. Die Entfernung von Herztumoren oder die Entlastung von Herzbeuteltamponaden vergrößern das Herzzeitvolumen.
f) Auch sollen alle Interventionen bei der koronaren Herzkrankheit die Inotropie und damit das Schlagvolumen vergrößern. Das Herzzeitvolumen muss vergrößert werden.
g) Ebenso sollen alle Verfahren zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen kurz-, mittel- und langfristig das Herzzeitvolumen vergrößern. Das gilt für Herzschrittmacher, Defibrillationen, Ablationen, Isolierungen und so weiter. Eine erfolgreiche Defibrillation vergrößert das Herzzeitvolumen sofort von 0 l/min auf vielleicht 5 l/min.
560. a) Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Ein normales Herzzeitvolumen spricht nicht gegen das Vorliegen einer Herzinsuffizienz.
b) Beim Körpergewicht unterscheidet man zwischen dem durchschnittlichen Normalgewicht und dem optimalen Idealgewicht. Analog muss man zwischen dem durchschnittlichen normalen Herzzeitvolumen und dem optimalen maximalen Herzzeitvolumen unterscheiden.
c) Ein normal trainierter Gesunder ohne Herz-, Lungen- und Leberkrankheiten hat das optimale Herzzeitvolumen. Er hat keine Herzinsuffizienz. Alle anderen Menschen haben ein suboptimales Herzzeitvolumen. Sie haben also Herz-, Lungen- oder Leberkrankheiten, die zu einer Reduktion des Herzzeitvolumens führen. In leichten Fällen ist dieses Herzzeitvolumen das normale, also das übliche oder durchschnittliche Herzzeitvolumen.
d) Ausnahmen von diesem Grundsatz sind Leistungssportler. Sie haben ein überdurchschnittlich gutes Herzzeitvolumen. Aber auch diese Sportler mit Sportherzen können trotzdem eine Herzinsuffizienz haben. Wenn bei ihnen Herz-, Lungen- oder Leberkrankheiten mit Reduktion des Herzzeitvolumens diagnostiziert werden, dann hätten sie ohne diese Krankheiten ein noch größeres Herzzeitvolumen.
e) Analog hat ein Untrainierter ein unterdurchschnittlich kleines Herzzeitvolumen. Auch ohne Herz-, Lungen- oder Leberkrankheiten hat er also eine Herzinsuffizienz. Trotzdem ist er völlig gesund. Seine Herzinsuffizienz ist das Symptom seines Trainingsmangels. Er hat ein Extrakardialsyndrom. Die Therapie bestünde im Training.
561. a) Ich zweifele an der Existenz der diabetischen Nephropathie. Zumindest können ihre histologischen Veränderungen die Schwere der Niereninsuffizienz nicht erklären.
b) Im Ergebnis stimmt meine Meinung mit der von Hellmut Mehnert überein. Quelle: "Diabetes mellitus - Diagnostik, Therapie, Zweiterkrankungen, Komplikationen", Diabetes Rundtischgespräch am 14.6.1975 in Erlangen. Herausgeber Hoechst Aktiengesellschaft, Frankfurt am Main, Oktober 1976, 64 Seiten.
c) Hellmut Mehnert schreibt auf Seite 49 unter der Überschrift "Renale Komplikationen des Diabetes mellitus": "Also nicht zu schnell mit der Diagnose der sogenannten diabetischen Nephropathie." - Es sei "sehr gefährlich, einen Patienten mit einer Albuminurie und einem Hochdruck als Patienten mit 'diabetischer Nephropathie' zu bezeichnen." - "Man sollte, wenn überhaupt, von einer 'diabetischen Nephropathie' nur dann sprechen, wenn eine Kombination von allen drei Formen vorliegt." - Auf den Seiten 48 und 49 nennt er diese drei Formen: "Drei Krankheiten kennen wir, die in diesem Zusammenhang eine Rolle beim Diabetes spielen: die Pyelonephritis an erster Stelle, die Glomerulosklerose, also die Mikroangiopathie des Langzeitdiabetes, an zweiter Stelle und zuletzt die Arteriosklerose, das ist die Erkrankung der größeren Nierengefäße im Rahmen der Makroangiopathie".
d) Also ist die diabetische Nephropathie nach Hellmut Mehnert die Summe aus bakterieller Nierenbeckenentzündung, mikroangiopathischer Glomerulosklerose und Sklerose der größeren Nierenarterien. Alle drei Krankheiten müssten histologisch nachgewiesen werden. Solange diese Nachweise nicht gelingen, darf man nicht von einer diabetischen Nephropathie sprechen. Im Zweifel werden die histologischen Befunde den Schweregrad der Niereninsuffizienz bei Diabetikern nicht erklären können.
e) Die Niereninsuffizienz bei Diabetikern ist vielmehr die Folge der Folgekrankheiten des Diabetes mellitus. Viele extrarenale Organkrankheiten verringern das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion sowie die glomeruläre Filtration.
562.) Die Ejektionsfraktion ist kein Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Meinen Patienten erkläre ich diese Binsenweisheit mit folgender Anekdote. Nach einem Wohnungseinbruch wird das Opfer von der Polizei nach der Schadenshöhe gefragt. Mit der Antwort: "Vierzig Prozent!" kann die Polizei wenig anfangen. Noch abenteuerlicher wird diese Geschichte, wenn das Opfer seiner Versicherung verschweigt, dass die Täter dem Opfer nach dem Diebstahl zehn Prozent des Gesamtwertes wieder zurückgaben. Das entspräche dann der Regurgitationsfraktion oder dem Pendelvolumen als Differenz zwischen Bruttoschaden und Nettoschaden.
563. a) Fast jeder Mensch hat eine Herzinsuffizienz zumindest im ersten Stadium mit dem Symptom Luftnot bei großen Belastungen. Siehe auch oben Absatz 186. Begründung:
b) Viele Menschen haben eine zumindest grenzwertige Anämie. Viele Menschen haben eine zumindest leichtgradige Lungen- oder Leberkrankheit. Etwa jeder dritte Mensch hat einen Septumdefekt. Eine zumindest minimale Insuffizienz der vier Herzklappen ist häufig. Zum Beispiel hat jede zweite junge Frau eine minimale Mitralklappeninsuffizienz. Wohl jeder Mensch hat Herzrhythmusstörungen.
c) In ihrer Summe schränken alle diese Krankheitsbilder die Leistungsfähigkeit ein. Zumindest bei großen oder sehr großen Belastungen kommt es zur Luftnot. Damit sind die Kriterien für die erste Stufe der Herzinsuffizienz nach NYHA erfüllt.
d) Eine fiktive Diagnose könnte also lauten:
Herzinsuffizienz im Stadium I nach NYHA bei einem leichten Mitralklappenprolaps und bei grenzwertiger Anämie.
e) Das Wort "bei" zeigt eben gerade keine Kausalität an. Trotzdem sind die beiden Krankheitsentitäten kausal und ursächlich für die Herzinsuffizienz. Es stellt sich also die Frage, ob die Summe der Krankheiten die Schwere der Herzinsuffizienz kausal erklärt. Ohne entsprechende Normalwerttabellen für das Herzzeitvolumen wird man diese Frage nicht beantworten können.
564) Ein Bielefelder Kardiologie ergänzte standardmäßig jahrelang in seinen echokardiographischen Befundberichten die linksventrikuläre Ejektionsfraktion "LV-EF" von zum Beispiel "68 %" um den falschen Zusatz "der Norm". Dieser Zusatz zeugt von völligem Unverständnis. 100 Prozent sind das enddiastolische Füllungsvolumen und nicht der Normalwert der Bruttoejektionsfraktion von Gesunden. Dieser Normalwert liegt bei etwa 70 % des enddiastolischen Ventrikelvolumens. Mittlerweile hat dieser Kardiologe sein Fehlverhalten wohl eingesehen und abgestellt.
565. a) Die Einteilung der Herzinsuffizienz in eine Rechtsherzinsuffizienz und in eine Linksherzinsuffizienz ist ein Sowohl-als-Auch und kein Entweder-Oder. Bei Menschen ohne Shunt ist das Rechtsherzzeitvolumen immer gleich dem Linksherzzeitvolumen. Das Rechtsherzzeitvolumen ist das Lungenzeitvolumen; das Linksherzzeitvolumen ist das Herzminutenvolumen.
b) Bei der Rechtsherzinsuffizienz staut sich das Blut vor der rechten Herzhälfte. Betroffen ist der kleine Kreislauf. Das Lungenzeitvolumen ist reduziert. Gleichzeitig mit der Rechtsherzinsuffizienz besteht immer auch eine Linksherzinsuffizienz. Bei der Linksherzinsuffizienz fehlt das gestaute Blut in der linken Herzhälfte. Betroffen ist der große Kreislauf. Das Herzzeitvolumen ist reduziert.
c) Bei Menschen mit einem oder mehreren Shunts gilt nicht mehr die Formel Herzzeitvolumen gleich Lungenzeitvolumen, sondern die Formel Herzzeitvolumen plus Links-rechts-Shuntvolumen gleich Lungenzeitvolumen plus Rechts-links-Shuntvolumen.
d) Nur bei Menschen mit Shunts kann es zu einem Überwiegen von Rechtsherzinsuffizienz oder Linksherzinsuffizienz kommen.
e) Üblich ist dagegen die Definition der Linksherzinsuffizienz als Rückstau des Blutes in der Lunge. Nur bei der globalen Herzinsuffizienz kommt es gleichzeitig zur
Rechtsherzinsuffizienz und zur Linksherzinsuffizienz. Ich halte diese Definitionen für falsch, zumindest aber für systemwidrig. Meine Definition der Linksherzinsuffizienz als zu kleines
Herzzeitvolumen wird üblicherweise als Vorwärtsversagen bezeichnet. Das Rückwärtsversagen ist dagegen mit der Rechtsherzinsuffizienz identisch.
f) Ähnlich verhält es sich mit der üblichen Einteilung der Herzinsuffizienz in die systolische Herzinsuffizienz und in die diastolische Herzinsuffizienz. Die
systolische Herzinsuffizienz ist die verminderte Pumpfunktion. Die diastolische Herzinsuffizienz ist die verminderte Füllung der Herzhöhlen vor der Systole. In beiden Fällen ist das
Herzzeitvolumen vermindert. - Diese Einteilung ist völlig unbrauchbar, weil nicht an Shunts und Klappeninsuffizienzen gedacht wird. Das wird in den folgenden Absätzen gezeigt.
g) Systole und Diastole betreffen nicht nur den linken Ventrikel, sondern gleichzeitig alle vier Herzhöhlen. Jede dieser vier Höhlen trägt additiv zur Herzinsuffizienz bei.
h) Das Ergebnis der systolischen Herzfunktion ist das Bruttoschlagvolumen der Höhle als Produkt von enddiastolischem Höhlenvolumen und zugehöriger Bruttoejektionsfraktion. Bei Shunts und bei Klappeninsuffizienzen kommt es zur maximalen Füllung der Herzhöhle, also zur optimalen diastolischen Herzfunktion, und zusätzlich zur maximalen systolischen Pumpfunktion. Trotzdem ist das Nettoschlagvolumen zu klein.
i) Dieses Nettoschlagvolumen erhält man, wenn man vom Bruttoschlagvolumen das Regurgitationsschlagvolumen subtrahiert. Das Regurgitationsschlagvolumen setzt sich additiv zusammen aus dem Pendelschlagvolumen an der Klappe und dem Shuntschlagvolumen am Septumdefekt. Das Herzzeitvolumen ist jetzt das Produkt aus dem Nettoschlagvolumen und der Herzfrequenz.
j) Das Ergebnis der diastolischen Herzfunktion ist die Füllung der vier Herzhöhlen mit Blut. Man spricht vom enddiastolischen Füllungsvolumen. Bei der diastolischen Herzinsuffizienz sind diese Höhlenvolumina zu klein. Die Füllung ist die Summe aus dem Vorwärtsfluss in die Höhle und der Regurgitation durch den Septumdefekt und durch die insuffiziente Klappe in die betreffende Höhle.
k) Ein Patient mit der besten diastolischen Herzfunktion kann eine sehr schwere Herzinsuffizienz haben, wenn die Höhlenfüllung zum großen Teil aus den Regurgitationen besteht. Ein Patient mit der besten systolischen Herzfunktion kann eine sehr schwere Herzinsuffizienz haben, wenn es zu großen Regurgitationen kommt.
l) Maßgeblich für die Beurteilung der Schwere der Herzinsuffizienz ist allein das Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen ist definiert als Nettoherzzeitvolumen. Dieses Nettoherzzeitvolumen ist bei jedem Herzschlag in allen vier Herzhöhlen immer identisch.
m) Das Nettoherzzeitvolumen erhält man für jede Höhle aus dem Bruttoherzzeitvolumen durch Subtraktion des Regurgitationszeitvolumens. Das Regurgitationszeitvolumen ist der Saldo der Shuntzeitvolumina und der Pendelzeitvolumina.
566. a) "In der Göttinger Universitätsklinik kam im Jahr 2009 ein noch leichteres Baby zur Welt: Es wog 15 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin nur 275 Gramm." Quelle: Deutsche Presseagentur (dpa) vom 19.8.2016. - Welche Körpergröße, welche Körperoberfläche und welche GFR hatte dieses Kind? Welches Stadium der Niereninsuffizienz hatte dieses Kind? Wurde die Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) angewendet?
b) Die einzige Möglichkeit zur Bestimmung der wahren oder tatsächlichen GFR ist die Clearance-Formel. Zusätzlich gibt es mehr als 100 Schätzformeln für die GFR. Je mehr der tatsächliche Patient von den Versuchspersonen der Grundgesamtheit bei der Formelentwicklung abweicht, desto größer ist der Fehler, also die Differenz zwischen geschätzter und tatsächlicher GFR.
c) Von den über 100 GFR-Schätzformelns sind einige speziell für Kinder entwickelt worden. Aber vermutlich gibt es keine GFR-Schätzformeln für Säuglinge oder gar für Frühgeburten.
d) Zusätzlich muss für Vergleichszwecke die wie auch immer ermittelte tatsächliche GFR nach der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden, wenn die Körperoberfläche des Patienten nicht 1,73 m² beträgt.
567. a) Jan Galle hat das Problem der Normierung der Nierenfunktion erkannt, aber nicht verstanden. Quelle: Jan Galle: "Glomeruläre Filtrationsrate: Fallstricke der Berechnung", in: "Perspektiven der Urologie und Nephrologie 2016", Beilage des Deutschen Ärzteblattes, Ausgabe A, Jahrgang 113, Heft 33/34 vom 22.8.2016, Seiten 4 bis 8, Seite 8: "eGFR-Formeln bei übergewichtigen Patienten".
b) Er fragt, ob die "gemessene GFR auf die tatsächliche oder die 'ideale' Körperoberfläche bezogen werden sollte (15)." Die Quelle 15 wird nicht erläutert; ein Literaturverzeichnis fehlt.
c) Jan Galle erkennt nicht, dass die dreifach falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² nach den internationalen Leitlinien nur nach Anwendung der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) Verwendung finden darf.
d) Er erkennt nicht, dass das Problem der Normierung bei allen Menschen auftritt, deren Körperoberfläche nicht 1,73 m² beträgt. Dabei denke ich nicht nur an Übergewichtige, sondern auch an Frühgeburten wie oben im Absatz 566.
e) Es gibt ein ideales Gewicht, aber keine ideale Körperoberfläche. Das Idealgewicht ist definiert als das Gewicht mit der kleinsten Mortalität.
f) Das Labor ermittelt immer die tatsächliche GFR des Patienten. Für die Berechnung der GFR werden Schätzformeln verwendet. Diese Schätzformeln wurden an normalen Menschen entwickelt. Je mehr der Patient von diesen Normalpersonen abweicht, desto falscher ist der Schätzwert. Das Labor kann nicht zwischen kleinen Gesunden und großen Kranken unterscheiden.
g) Für Vergleichszwecke kann die geschätzte GFR fiktiv auf eine Standardperson bezogen werden. Dieser Bezug auf einen Standard heißt Normierung. Vor bald 100 Jahren hat man sich als Standard auf eine Körperoberfläche von 1,73 m² geeinigt.
h) Beim Normieren tut man so, als ob der Patient eine Körperoberfläche von 1,73 m² hätte. Dazu wird seine tatsächliche GFR mit der Einheit ml/min durch seine tatsächliche Körperoberfläche mit der Einheit m² geteilt. So erhält man den Zahlenwert einer Normierung auf eine Standardkörperoberfläche von genau einem Quadratmeter. Die Einheit lautet jetzt (ml/min)/m² oder µm/min. Dieses Zwischenergebnis muss jetzt noch mit der Standardkörperoberfläche von 1,73 m² multipliziert werden. Jetzt kürzt sich die Maßeinheit für die Fläche in Zähler und Nenner. Man erhält also wieder die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min. Das Ergebnis der Normierung ist also eine Fiktion.
i) Diese Normierung mit der Formel GFR(1,73 m²/KOF) ist zwingend erforderlich für die Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz und für die ICD-10-Klassifizierung. Für intraindividuelle Vergleiche ist sie entbehrlich, solange sich die Körperoberfläche nicht ändert.
568. a) HZV=RR/R. Das Herzzeitvolumen ist der Quotient aus Blutdruck und Widerstand. Das haben Kurt Kochsiek, Helmut Gillmann und Alfred Schrey ("Diuretika bei
Hypertonie und Herzinsuffizienz", Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore 1984, 97 Seiten) nicht verstanden, wenn sie schreiben: "Die durchschnittliche Höhe des Blutdrucks hängt vom
Herzzeitvolumen und dem peripheren Widerstand ab" (Zitat Seite 1). "Schlagvolumen und peripherer Widerstand bestimmen den Druck" (Zitat Seite 2). "Zusammengefasst ist bei fast allen chronischen
Hypertonien der periphere Widerstand erhöht; das Herzzeitvolumen kann normal, erhöht oder erniedrigt sein; das Blutvolumen vermehrt, normal oder vermindert" (Zitat Seite 3). - Außerdem erkennen
sie nicht, dass alle Diuretika die Tubulusfunktion verschlechtern. - Der periphere Widerstand wird auf Seite 69 als Auswurfwiderstand und Nachlast bezeichnet. Das erhöht die
Verwirrung.
b) Auf Seite 49 wird das Stadium I der Herzinsuffizienz nach NYHA falsch beschrieben: "in Ruhe und unter Belastung keine Beschwerden". Systemadäquat wäre die Beschreibung "Beschwerden bei großer Belastung". Dass jeder Mensch dieses Symptom hat, wäre nicht systemwidrig.
c) Richtig beantworten die drei Kardiologen ihre auf Seite 51 selbst gestellte Frage: "Wie kann man 'Herzinsuffizienz' definieren? Herzinsuffizienz ist ein Zustand, bei dem ein Mißverhältnis zwischen dem Bedarf der Peripherie an Blutvolumen und der Auswurfleistung des Herzens besteht." - Kürzer wäre meine Definition: Herzinsuffizienz ist ein zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes.
d) Richtig beantwortet wird auf Seite 56 auch die selbst gestellte Frage: "Welche Rolle spielen die Nieren bei der Herzinsuffizienz? Infolge des gesenkten Herzminutenvolumens nimmt die Nierendurchblutung ab. Der juxtaglomeruläre Apparat ist ebenfalls vermindert durchblutet. Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System wird stimuliert." - Die glomeruläre Perfusion und damit die glomeruläre Filtration GFR sind proportional zum Herzzeitvolumen HZV. Dieser Zusammenhang wird nicht erkannt. - Die Niereninsuffizienz wird auf Seite 78 als "eingeschränkte Nierenleistungsfähigkeit" bezeichnet.
569. a) Ebenso wurde 1985 die Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R nicht verstanden. "Bei einem Antihypertonikum mit vasodilatatorischer Komponente, die unmittelbar den peripheren arteriellen Widerstand senkt, interessiert das Verhalten der Herzkreislaufparameter, insbesondere das der Herzfrequenz." Zitat aus: "Aktuelle Kombinationstherapie des hohen Blutdrucks", Melusin Schwarz GmbH, Monheim, Seite 31. - Hätte man die Doppelformel gekannt, hätte man sie nach der Herzfrequenz HF auflösen können:
HF=HZV/SV=RR/(RxSV) mit SV=VVxEF=Schlagvolumen.
b) "Dihydralazin gehört zur Gruppe der Vasodilatantien. Durch direkte Erweiterung der peripheren arteriellen Widerstandsgefäße senkt Dihydralazin den peripheren Gefäßwiderstand und damit auch den Blutdruck. Als Folge der Widerstands- und Druckabnahme werden bei intaktem Kreislauf kompensatorisch über die Barorezeptoren sympatische Gegenregulationen in Gang gesetzt, die zu Tachykardie und gesteigerter kardialer Auswurfleistung führen können" (Zitat Seite 17).
c) Bei konstanten HZV führt jede Senkung des peripheren Widerstands R immer zur Senkung des Blutdrucks RR. Bei konstantem HZV muss eine Vergrößerung des Schlagvolumens SV zu einer Abnahme und nicht zu einer Zunahme der Herzfrequenz HF führen. Eine Zunahme des HZV bei Senkung von RR und R ist nur möglich, wenn die relative Senkung von R größer als die relative Senkung von RR ist.
d) Die Autoren dieser Publikation haben diese einfachen mathematischen Zusammenhänge nicht erkannt.
570. a) Kurt Krüger ("Die muskuläre Herzinsuffizienz", Farbwerke Hoechst, Frankfurt am Main, ohne Jahr, um 1975, Seite 7) hat die Funktion der Nephrone nicht verstanden, wenn er schreibt: "Nimmt die kardiale Auswurfleistung trotzdem weiter ab, greifen die Nieren regulierend ein. Eine renale Minderdurchblutung führt zu einer Einschränkung der glomerulären Filtration bei relativ erhöhter tubulärer Reabsorption ('glomerulotubuläre Disbalance'), ein Vorgang, der die Harnmenge verkleinert und das Plasmavolumen vergrößert."
b) Pathophysiologisch korrekt wäre die folgende Darstellung: Jede Reduktion des Herzzeitvolumens HZV führt immer zu einer proportionalen Reduktion der renalen Perfusion und damit auch der glomerulären Filtration GFR. Kompensatorisch kommt es zu einer Zunahme der tubulären Rückresorption. Der Primärharnfluss und der Sekundärharnfluss werden kleiner. Die weitere Verkleinerung des Blutvolumens und damit des Herzzeitvolumens wird verlangsamt. Dass es kompensatorisch zu einer Vergrößerung des HZV kommt, ist ohne exogene Flüssigkeitszufuhr unwahrscheinlich.
c) Das Herzzeitvolumen wird auf Seite 7 als "kardiale Auswurfleistung", auf Seite 8 als "Kreislaufminutenvolumen", auf Seite 12 als "verstärkte Volumenarbeit" und auf Seite 21 als "Minutenvolumen" bezeichnet.
d) Kurt Krüger erkennt nicht, dass alle Diuretika die Tubulusfunktion absichtlich verschlechtern.
571. a) Auch Friedrich Wilhelm Ahnefeld und H. Gofferje ("Zwei-Phasen-Therapie des Schocks", Perimed Verlag, Erlangen 1974, Seite 17) haben die Funktion der Nephrone nicht richtig verstanden, wenn sie schreiben: "Bei einem Patienten im Schock ist die exakte Bestimmung der stündlichen Urinausscheidung aufschlußreich. Die Harnproduktion läßt Rückschlüsse auf die Perfusion der Niere ... zu." - Im Schock sind HZV und GFR reduziert. Denn die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration sind proportional zum Herzzeitvolumen. Der Primärharnfluss ist mit der GFR identisch. Im Schock erhöhen die Tubuli die Rückresorptionsquote. Der Sekundärharnfluss ist mit der Urinbildung identisch. Die verminderte Harnproduktion im Schock ist also ein Zeichen einer verbesserten Funktion der Tubuli im Schock. - Beim Marathonlauf kommt es sogar zur Anurie. Auch hier ist die Tubulusfunktion verbessert, obwohl auch die Primärharnproduktion proportional zum sehr großen Herzzeitvolumen stark vergrößert ist. Im Schock und beim Marathonlauf will der Organismus Wasser sparen.
b) Ein ähnlicher Gedankengang findet sich auf den Seiten 19 und 20: "Als Ausdruck einer aktiven Leistung der Niere schließt eine hohe Urinosmolalität (600 mosm/kg Wasser) bei Oligo-Anurie ein akutes Nierenversagen aus und deutet auf eine prärenale Genese der Störung bei vermindertem Extrazellulär- bzw. Blutvolumen hin." - Je größer die Urinkonzentration, desto besser die Tubulusfunktion. Das ist die "aktive Leistung der Niere". Diese Tubulusfunktion ist unabhängig von der Glomerulusfunktion. Beide können jedoch neurohumoral beeinflusst werden.
572. a) Nicola von Lutterotti schreibt heute am 25.8.2016 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Deutschland auf Seite N2 über die Eisensubstitution bei Herzinsuffizienz ("Eisenmangel schadet dem Herzen"). Sie vermengt zwei Sachverhalte. Sie berichtet von Forschungsergebnissen aus Hannover, die im European Heart Journal (doi: 10.1093/eurheartj/ehw333) veröffentlicht wurden. In Hannover wurden zwei Eisenregulationsproteine IRP1 und IRP2 untersucht. IRP heißt Iron Regulatory Proteine. An der Medizinischen Hochschule Hannover forschen diesbezüglich Kai Wollert und Tibor Kempf.
b) Jede Eisengabe verbessert den Hämoglobinspiegel. Jede Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes. Eine Eisentherapie verbessert den Hämoglobinspiegel und vergrößert das Produkt aus Hämoglobin und Herzzeitvolumen. Also verbessert jede Eisentherapie die Symptome jeder Herzinsuffizienz.
c) Zweitens verbessert Eisen im Tiermodell offenbar die Energieproduktion und so die Herzleistung. Das Herzzeitvolumen als Produkt aus Ventrikelvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz oder als Quotient aus Blutdruck und Widerstand müsste vergrößert werden. Dabei sollen die beiden Eisenregulationsproteine IRP1 und IRP2 eine Rolle spielen.
573. a) Oben im Absatz 565 f-k wende ich mich gegen die Einteilung der Herzinsuffizienz in eine diastolische und eine systolische Herzinsuffizienz. Ein weiterer Grund für meine Beurteilung ist die heute zunehmend verbreitete Definition der diastolischen Herzinsuffizienz als Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion. Allein die Wortwahl "preserved ejection fraction" ist unbrauchbar. Offenbar wird dabei auf eine frühere Ejektionsfraktion Bezug genommen. War die EF früher gut oder schlecht, groß oder klein? Allein dass keine Änderung des alten Zustandes eingetreten ist, kann doch nicht für die heutige Beurteilung der Herzschwäche maßgeblich sein.
b) Außerdem ist die Ejektionfraktion in erster Linie Ausdruck von Herzklappenfehlern. Außerdem muss man immer zwischen der Brutto-EF und der Netto-EF unterscheiden. Die Differenz ist die Regurgitationsfraktion als Ausdruck des Pendelvolumens bei Septumdefekten und Klappenfehlern.
574. a) Zur Pathophysiologie von Diabetes insipidus und Diabetes renalis: Nie sind ursächlich die Glomerula betroffen. Die GFR ist primär nicht eingeschränkt. Vielmehr ist die Funktion der Tubuli reduziert. Die aktive Rückresorption ist eingeschränkt. Die Folge ist eine Polyurie. Wenn dieser vermehrte Flüssigkeitsverlust nicht durch Trinken oder Infusionen ausgeglichen wird, dann nehmen das Blutvolumen und als Folge das Herzzeitvolumen und damit die GFR ab.
b) Beim Diabetes insipidus centralis sive neurohormonalis wird zu wenig Vasopressin (antidiuretisches Hormon ADH) produziert. Die Tubuli sind gesund. Die Rückresorptionsquote RRQ ist reduziert. Es kommt zur Polyurie. Nur beim seltenen Diabetes insipidus renalis ist eine Tubulopathie ursächlich.
c) Die Ursachen der primären und der sekundären Formen des Diabetes renalis sind seltene Tubulopathien. Die tubuläre Rückresorptionsquote RRQ ist reduziert. Es kommt zur Polyurie.
575. a) Jan Galle (siehe auch oben Absatz 567) und Jürgen Floege veröffentlichten in der gestrigen Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes (Jahrgang 113, Heft 35-36/2016, 5.9.2016, Seiten A 1534 bis A 1537) unter der Rubrik "Klug entscheiden ... in der Nephrologie" die "Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie" im Rahmen der "Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)". Diese Empfehlungen zeugen von völligem Unverständnis und dürfen so nicht angewendet werden.
b) In der Nephrologie werden die vier Begriffe filtrative Nierenfunktion, Kreatinin-Clearance, Primärharnbildung und Glomeruläre Filtrationsrate weit gehend als Synonyme betrachtet. Alle diese vier Entitäten haben die physikalische Nierenfunktionseinheit ml/min. Die Kreatinin-Clearance ist das virtuelle Plasmavolumen, welches in einer Zeiteinheit von Kreatinin befreit wird.
c) Das haben Jan Galle und Jürgen Floege nicht verstanden. Sie haben es fertig gebracht, allein in der linken Spalte auf Seite A 1535 diesen Sachverhalt auf vier verschiedene Arten darzustellen. Die ersten drei Versionen sind falsch. Nur die letzte Version ist richtig.
1. Die Nierenfunktion hat die falsche Einheit ml/min/1,73 m².
2. Die eGFR hat die falsche Einheit ml/min/1,73 m³. Die Buchstabe e für "geschätzt" (englisch: estimated) ist immer überflüssig, da die Nierenfunktion nicht gemessen, sondern immer nur berechnet oder geschätzt wird.
3. Die GFR mit der falschen Einheit ml/min/1,73 m².
4. Die GFR mit der richtigen Nierenfunktionseinheit ml/min.
d) Die internationalen Leitlinien verlangen die dreifach falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² für Vergleichszwecke, für die Stadieneinteilung und für die ICD-Klassifizierung nur nach erfolgter Normierung der GFR nach der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF). Dieser Hinweis fehlt.
e) Jan Galle und Jürgen Floege setzen die Begriffe Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz fahrlässig gleich. Sie erkennen nicht die Bedeutung der Extrarenalsyndrome quasi als Differenz zwischen Niereninsuffizienz und doppelseitigen Nierenkrankheiten.
f) Zitat von Seite A 1537: "Hohe orale Flüssigkeitsmengen sollen nicht eingesetzt werden, um die Nierenfunktion zu bessern oder 'Nieren zu spülen'." Warum denn nicht? Dieser Hinweis ist einerseits richtig, andererseits aber auch falsch. Die Nieren sind Filter. Ihr Gesundheitszustand hängt nicht davon ab, ob sie viel oder wenig Plasma von Kreatinin befreien. Es ist Laborkosmetik, wenn man vor der Bestimmung der GFR viel Wasser trinkt, um die GFR zu verbessern.
g) Das Herzzeitvolumen HZV ist etwa fünfzigmal so groß wie die GFR. Große Trinkmengen vergrößern also auch das HZV. Die Herzinsuffizienz wird jedoch nicht verbessert, weil sich das Produkt aus Hämoglobinspiegel und Herzzeitvolumen als Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz nicht verändert. Die Hämodilution verkleinert den Hämoglobinwert und vergrößert gegengleich das HZV im selben Maße. Das Produkt verändert sich nicht.
h) Trotzdem gibt es Gründe für eine große orale Flüssigkeitsaufnahme. Es muss sichergestellt werden, dass der Bedarf an Wasser immer gedeckt ist. Das kann man nur erreichen, wenn zumindest vorübergehend "eine über den Bedarf hinausgehende Volumenzufuhr" (Zitat Seite A 1534) erfolgt. Dieses Vorgehen ist also nicht nur sinnvoll, sondern zwingend erforderlich. Die Darstellung der beiden Autoren, ein solches Vorgehen sei "nicht sinnvoll", ist fahrlässig. - Gewiss gibt es auch noch andere Gründe für eine Volumenzufuhr, welche größer als der jeweils aktuelle Bedarf ist.
i) Abenteuerlich ist die Forderung der Autoren, eine "Flüssigkeitszufuhr über zwei Liter pro Tag" (Zitat Seite A 1537) zu vermeiden. 2 l/d sind 1,4 ml/min. Bei dieser Flüssigkeitszufuhr werden ein Hochofenarbeiter mit einem Körpergewicht von 125 kg nach wenigen Stunden vertrocknen und eine Frühgeburt mit einem Körpergewicht von 275 g nach wenigen Minuten zerplatzen. So würde "die Mortalität in der Allgemeinbevölkerung" ansteigen.
j) Mit "diesen einfachen Positiv- und Negativ-Empfehlungen möchte die DGfN einen Beitrag zu Prävention und Qualitätsverbesserung in der Inneren Medizin leisten" (Zitat Seite A 1537).
Sie erreicht genau das Gegenteil und vergrößert die Verwirrung und damit das Nichtwissen.
k) Anmerkung vom 1.2.2017: Siehe Fortsetzung unten im Absatz 611.
576. a) Schon im Kindergarten könnte man folgenden Versuch demonstrieren. Zwei identische Kaffeemaschinen werden mit der identischen Kaffeepulvermengen, aber mit verschiedenen Wasservolumina befüllt. Die eine Maschine produziert mehr Filterkaffee als die andere. Wenn man die Kinder fragt, ob die zweite Maschine kaputt ist, weil sie weniger Kaffee zubereitet, wüssten sie gewiss die richtige Antwort.
b) Mit diesen Kindergartenkindern könnte man auch zweimal ein Klärwerk besuchen, einmal bei Sonnenschein und einmal im Regen. Sie würden sofort bemerken, dass ohne Regen weniger Abwasser geklärt wird als bei Regenwetter. Wenn man die Kinder fragen würde, ob das Klärwerk bei Sonnenschein kaputt sei, weil weniger Wasser gefiltert wird, wüssten sie gewiss die richtige Antwort.
c) Wenn man dagegen den Ärzten die Laborwerte von zwei ähnlichen Patienten vorlegt, einmal mit einer kleinen GFR und einmal mit einer großen GFR, und sie fragt, ob der Patient mit der kleinen GFR nierenkrank ist, würde gewiss die weit überwiegende Mehrheit die falsche Antwort ja geben. Richtig wäre dagegen die Antwort, dass der Patient mit der kleinen GFR wahrscheinlich ein Extrarenalsyndrom hat, also eine Niereninsuffizienz bei Herzinsuffizienz ohne Nierenkrankheit.
577. a) Ich behaupte eine Proportionalität zwischen GFR und HZV. Zwei Größen sind dann proportional, wenn ihr Quotient konstant ist. Den Quotienten aus GFR und HZV bezeichne ich als Wahrscheinlichkeit der glomerulären Filtration WG und als Proportionalitätsfaktor a. Siehe oben.
b) "So fällt der renale Plasmafluss um 50 %, wenn der Herzindex um lediglich 15 - 20 % absinkt." Zitat: Christoph Wanner und Stefan Störk: "Niereninsuffizienz bei CHF", in: NEPHRO-News - Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", Jahrgang 18, Ausgabe 4/2016, Seiten 17 bis 21, Seite 19. Dortige Quellenangabe: Susanne Ljungman, John H. Laragh, Robert J. Cody: "Role of the Kidney in Congestive Heart Failure, Relationship of Cardiac Index to Kidney Function", in: "Drugs", June 1990, Volume 39, Supplement 4, pages 10 - 21.
c) In der Originalarbeit wird die Herzinsuffizienz in drei Schweregrade eingeteilt. In Gruppe A ist der Herzindex größer als 2 mm/min, in Gruppe B liegt er zwischen 1,5 und 2,0 mm/min und in Gruppe C ist er kleiner als 1,5 mm/min. Die Einheit mm/min ist die korrekte Einheit; die drei Autoren verwenden statt dessen die falsche Einheit "L/min/m2".
d) Die GFR hat ebenfalls die falsche Einheit. Statt der korrekten Nierenfunktionseinheit ml/min verwenden die drei Autoren die vierfach falsche Einheit "ml/min/1.73 m2". Die dreifach falsche Einheit ml/min/1,73 m² soll nur nach erfolgter Normierung der GFR nach der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) verwendet werden. Vermutlich wurde in der Studie nicht normiert.
e) Es werden also die tatsächliche GFR mit dem Quotienten aus HZV und KOF verglichen. Die GFR wurde also nicht auf die Standardkörperoberfläche von 1,73 m² normiert. Das HZV wurde dagegen auf eine Standardkörperoberfläche von 1,00 m² normiert. Es werden also tatsächliche mit fiktiven Werten verglichen. Das ist unzulässig und muss zu falschen Ergebnissen führen.
f) Es bleibt unverständlich, warum die drei Autoren nicht einfach versuchten, eine Korrelation zwischen der tatsächlichen Glomerulären Filtrationsrate und dem tatsächlichen Herzzeitvolumen bei ihren Patienten herzustellen.
g) Man muss also Christoph Wanner und Stefan Störk (siehe auch oben Absatz 286h) den Vorwurf einer ungeprüften Übernahme von bald 30 Jahren alten Zahlen machen. Insofern sind ihre Aussagen zum "Kardiorenalen Syndrom" kritisch zu bewerten.
h) Beide Autoren schreiben richtig (auf Seite 17), dass "die symptomlindernde Herzinsuffizienztherapie durch eine Verschlechterung der Nierenfunktion (d. h., reduzierte GFR) limitiert wird." - Angesichts der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R und der Proportionalität zwischen HZV und GFR verwundert das nicht wirklich.
i) Richtig schreiben sie auf Seite 17: "Herzinsuffizienz kann über das reduzierte Herzminutenvolumen zur prärenal bedingten Erhöhung von Harnstoff führen." - Dass es sich dabei um die vier Extrarenalsyndrome (Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom und Zerebrorenalsyndrom) nach Wilhelm Nonnenbruch handelt, wird nicht thematisiert.
j) Dass die von mir behauptete Proportionalität durch "weitere Regulationssysteme wie hormonelle, humorale, nervale und externe/toxische Komponenten gleichfalls" (Zitat Seite 17) moduliert wird, ist unstrittig.
k) Dass diese Zusammenhänge von den beiden Autoren nicht verstanden wurden, wird auch an der falschen Einheit für den Herzindex auf Seite 19 deutlich. Statt richtig mm/min schreiben sie fälschlich "L/m²".
l) Deswegen ist auch die Aussage von Seite 20 falsch: "Bis heute gibt es keine gezielten pharmakologischen Möglichkeiten, die GFR bei Herzinsuffizienzpatienten direkt anzuheben." - Nach der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R und wegen der Proportionalität zwischen GFR und HZV gibt es dagegen sehr viele Möglichkeiten, "über eine Verbesserung des Schlagvolumens und damit des renalen Plasmaflusses auch die Nierenfunktion günstig [zu] beeinflussen (Zitat Seite 21)."
m) Insofern ist den beiden Autoren zuzustimmen, wenn sie auf Seite 20 schreiben, "dass manchen Formen des kardiorenalen Syndroms möglicherweise ein erhebliches reversibles Potential innewohnt."
n) Das kommt teilweise auch in der Abbildung auf Seite 20 zum Ausdruck: Eine Reduktion des Schlagvolumens SV=VVxEF und des Herzzeitvolumens HZV (= CO = Cardiac Output = SVxHF = RR/R) führt über eine Reduktion der renalen Perfusion zu einer Senkung der GFR. Es müssten nur die Pfeile in beide Richtungen zeigen.
578. a) Ebenfalls in den NEPHRO-News 4/2016 beantwortet Stefan John (siehe oben Absatz 509) auf den Seiten 1 bis 7 die Fragen "Früher Beginn der Nierenersatztherapie bei AKI: Wem nutzt es? Wem wird geschadet?" - Die Grundlagen für richtige Antworten auf die selbst gestellten Fragen erkennt er nicht.
b) In Abbildung 1 auf Seite 1 ist der "Anteil ohne Nierenersatztherapie" bei der frühen Strategie sehr viel kleiner als bei der Kohorte "Späte Strategie". - Das überrascht nicht. Denn es bleibt bei der späten Strategie entsprechend mehr Zeit zur Behandlung der Extrarenalsyndrome. Bei einer erfolgreichen Therapie der Herzinsuffizienz wird die Nierenersatztherapie überflüssig.
c) Nach Abbildung 2 auf Seite 3 ist die "Überlebenswahrscheinlichkeit" bei später Dialyse größer als bei früher Dialyse. - Auch das überrascht nicht. Eine frühe Dialyse ist dann erforderlich, wenn bei schweren Grundkrankheiten keine Hoffnung auf eine Vergrößerung des Herzzeitvolumens besteht. Schwere Krankheiten haben eine größere Mortalität als leichte Krankheiten.
d) Falsch ist sein Satz auf Seite 7: "Noch immer können wir nicht gut entscheiden, wer vom frühen Beginn einer RRT [renal replacement therapy] profitiert und wem wir damit nur unnötig schaden." - Wenn man die Proportionalität zwischen GFR und HZV berücksichtigt und die Prognosen der extrakardialen Grundkrankheiten kennt, dürfte die Entscheidung leicht fallen.
e) Nachtrag vom 28.9.2016: Einen offenbar identischen Artikel veröffentlicht Stefan John unter dem geänderten Titel "Beginn der Nierenersatztherapie bei AKI: Ist früh wirklich besser?" in den "INTENSIV-News - Forum für Intensiv- und Notfallmedizin" (Jahrgang 20, Ausgabe 4/2016, Seiten 6 bis 9).
579. a) Ebenfalls in den NEPHRO-News 4/2016 stellt Gert Mayer (siehe auch oben Absatz 274) auf den Seiten 23 bis 28 die Frage "'Gute' und 'schlechte' Organangebote zur Nierentransplantation: Gibt es gesicherte Kriterien zur Unterscheidung?".
b) Zitat Seite 28: "Leider stehen derzeit weder organ- noch spenderspezifische Parameter zur Verfügung". - Das ist falsch. Folgende Gedankengänge werden nicht verfolgt:
c) Wenn der mutmaßliche Spender schwere doppelseitige, histologisch nachgewiesene Nierenkrankheiten hat, kommen seine Nieren für eine Transplantation nicht in Frage.
d) In allen anderen Fällen ist die seitengetrennte GFR der beiden Spendernieren maßgeblich für die Beurteilung der Organqualität. Je größer die GFR, desto geeigneter ist die Niere.
e) Strittig sind also nur die Spendernieren mit einer kleinen GFR. In allen diesen Fällen muss der Quotient GFR/HZV=a gebildet werden.
f) Wenn bei einer kleinen nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) normierten GFR der Proportionalitätsfaktor GFR/HZV=a größer als 0,01 ist, dann sind diese Nieren im Zweifel immer geeignet. Denn dann beruht die schlechte GFR auf den Extrarenalsyndromen, also auf einer Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit.
g) Wenn dagegen a deutlich kleiner als 0,01 ist, dann liegt vermutlich zusätzlich auch ein Renorenalsyndrom vor. Nur in diesen Fällen muss im Einzelfall eine Biopsie
veranlasst werden. Nur hier ist die Frage nach "'maginalen' Nierenspendern" (Zitat Seite 28) zulässig. Ob diese Qualitätsgrenze bei a=0,01 oder vielleicht sogar bei a=0,005 oder dazwischen liegt,
müssen Studien zeigen.
h) Aber auch in den Fällen a<0,01 wird in vielen Fällen die GFR beim Empfänger größer als beim Spender sein.
i) Der Proportionalitätsfaktor a ist mit der Glomerulären Filtrationswahrscheinlichkeit WG identisch. Siehe oben, hier besonders Absatz 467. WG=a ist eine Organkonstante. Diese Kennzahl ändert sich durch die Transplantation nicht. Wenn das HZV des Empfängers größer als das HZV des Spenders ist, dann muss sich die GFR der Spenderniere durch die Transplantation verbessern. Der Proportionalitätsfaktor GFR/HZV=a=WG der Einzelniere ist also der gesuchte spenderspezifische Parameter. Nur er entscheidet über die Qualität der Spenderniere.
j) Ebenfalls wird von Gert Mayer nicht thematisiert, dass bei einer Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit die Nierentransplantation keine Option ist. Wer Extrarenalsyndrome ohne Renorenalsyndrome hat, darf keine Spenderniere bekommen. Grundsätzlich stellen die Extrarenalsyndrome eine absolute Kontraindikation für eine Nierentransplantation dar. Auch drei gesunde Nieren können bei einer schweren extrarenal bedingten Niereninsuffizienz die Nierendialyse nicht vermeiden.
k) Die aktuellen KDIGO-Guidelines fordern, "dass bei einer gemessenen GFR < 60 ml/min/1,73 m² keine Entnahme durchgeführt werden sollte (www.kdigo.org)" (Zitat Seite 23). - Diese Empfehlung ist mehrfach falsch. Die dreifach falsche
Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² soll nur nach Normierung der GFR mit der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) verwendet werden. Aber gerade hier darf eben nicht normiert
werden. Denn im Zähler und im Nenner des Proportionalitätsfaktors a stehen die tatsächlichen Werte für GFR und HZV, und eben keine fiktiven Zahlen. Außerdem ist die GFR des Spenders kein
Kriterium zur Unterscheidung. Es kommt immer nur auf die GFR der einzelnen Spenderniere an. Muss ich daran erinnern, dass die GFR eines jeden Menschen immer gleich der Summe der Glomerulären
Filtrationsraten aller seiner Nieren (plus aller Ersatzverfahren) ist? Wenn also der Spender eine GFR=120 ml/min hat, dann wäre es theoretisch möglich, dass seine rechte Niere eine GFR=10 ml/min
und die linke Niere eine GFR=110 ml/min hat. Bei einem HZV=5 l/min wären das rechte a=10/5000=0,002 und das linke a=110/5000=0,022. Hier ist eine Lebendspende kontraindiziert, weil die kranke
rechte Niere für den Empfänger ungeeignet und weil die gesunde linke Niere lebensnotwendig für den Spender ist. Als Kadaverniere wäre die linke Niere dagegen sehr gut geeignet. Deswegen muss vor
jeder Organentnahme zumindest bei Lebendspenden die GFR immer seitengetrennt bestimmt werden. - KDIGO bedeutet "kidney disease improving global outcome"; so wird es nicht zu
Ergebnisverbesserungen kommen. Die Leitlinien müssen dringend geändert werden.
l) Nachtrag vom 5.10.2016: Der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV eines jeden Menschen ist immer gleich der Summe der einzelnen Proportionalitätsfaktoren ai aller einzelnen Nieren i. Also: a = a1 + a2 + a3 +a4 + ... = Summe ai über alle i.
Dabei ist ai der Proportionalitätsfaktor der i-ten Niere. Wenn der Patient nur zwei Nieren hat, kann man auch kürzer a = a1 + a2 = ar + al schreiben. Dabei kennzeichnen die Indizes r die rechte und l die linke Niere. Entsprechend sind GFRr und GFRl die Glomerulären Filtrationsraten der rechten beziehungsweise der linken Niere. - Begründung: Die Summe gleichnamiger Brüche bildet man durch Addition der Zähler bei unverändertem Nenner. Das Herzzeitvolumen HZV im Nenner ist für alle Nieren immer identisch. Die Brüche ai sind also gleichnamig. Der Proportionalitätsfaktor a ist also eine Organkonstante der einzelnen Niere.
580. a) Nieren sind Filter. Es handelt sich jedoch nicht um eine statische Filtrationstechnik, sondern um eine tangentiale Filtrationstechnik.
b) Dieses Prinzip heißt Tangentialflussfiltration oder Querstromfiltration. Nach Wikipedia wird das Filtrat oder Permeat quer zur Fließrichtung abgezogen.
c) Das Plasma fließt parallel oder tangential an den Schlitzmembranen der Podozyten vorbei. Der Podozytenstrom verläuft also rechtwinklig zum Plasmastrom. Es entsteht kein Filterkuchen. Deswegen gelten die Glomerula als sich selbst reinigende Filter.
d) Das Filtrat oder Permeat heißt in der Nephrologie Primärharn. Das Plasma nach Abzug des Primärharns heißt Retentat. Das Retentat ist der die Podozyten nicht passierende Anteil des Flüssigkeitsstromes.
e) Die Primärharnbildung ist mit der Glomerulären Filtrationsrate GFR identisch. Sie ist weit gehend von Homonen und Nerven unabhängig (siehe oben Absatz 254).
f) Die Glomeruläre Filtrationswahrscheinlichkeit WG ist der Anteil des Podozytendurchgangsvolumens am Herzzeitvolumen. Diese Kennzahl ist identisch mit dem Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV. a ist eine Organkonstante.
g) Zu den Schlitzmembranen siehe oben Absatz 387c, zur Tangentialfiltration die Absätze 123 bis 130 sowie 135, 150 und 245, zur Podozytenöffnungsfläche den Absatz 57, zur Podozytensumme den Absatz 392f, zum Podozyteneingang die Absätze 160, 163h, 175, 178, 255d, 459r, 513a und 526f, zur podozytären Perfusion den Absatz 464a, zum Podozytendurchgang die Absätze 158 und 496b, zur podozytären Filtrationswahrscheinlichkeit den Absatz 152c, zu den Oberflächenproteinen der Podozyten den Absatz 255j, zu den Podozytopathien den Absatz 166d, zum podozytären Widerstand den Absatz 281 und zur Podozytogenese den Absatz 349.
581.) Die Ejektionsfraktion heißt auch Auswurffraktion oder Austreibungsfraktion. Immer muss der Name der betreffenden Herzhöhle angegeben werden. Außerdem muss immer zwischen der Bruttoejektionsfraktion und der Nettoejektionsfraktion unterschieden werden. Jeder Mensch hat also bei jedem Herzschlag immer acht verschiedene Ejektionsfraktionen. Der Befund einer "reduzierten Ejektionsfraktion" ist also inhaltsleer. Zumindest ist er kein Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Zusätzlich ist auch an den Blutauswurf durch Septumdefekte und retrograd durch den Herzhöhleneingang Laborwertbestimmung und derzu denken.
582.) Der periphere Widerstand R hat die Einheit Pas/m³ oder mmHgmin/l. Falsch ist die Einheit mmHgkg/min. Quelle: "Das moderne Therapie-Prinzip: Senkung der myokardialen Wandspannung", Frankfurt am Main ohne Jahr, Seite 34
583. a) Wenn man die GFR vergrößern und den Blutdruck RR verkleinern will, dann muss man gemäß der Formel HZV=RR/R ein solches Antihypertonikum wählen, welches
den peripheren Widerstand R stärker als den Blutdruck RR senkt. Ein solches Medikament muss hauptsächlich eine Dilatation der Adern hervorrufen. Dann vergrößern sich das Herzzeitvolumen HZV und
gleichzeitig die dazu proportionale Glomeruläre Filtrationsrate GFR.
b) Nachtrag vom 7.10.2016: Als wohl bislang Einziger erkenne ich die immense Bedeutung der
Dreifach-Formel
GFR ~ HZV = VV · EF · HF = RR : R
mit der Tilde ~ als Symbol für die Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen HZV und der Glomerulären Filtrationsrate GFR. VV ist das enddiastolische
Höhlenvolumen, EF die zu dieser Herzhöhle gehörende Netto-Ejektionsfraktion, HF die Herzfrequenz, RR der Blutdruck und R der periphere Widerstand in demjenigen Gefäßbereich, in welchem der
Blutdruck gemessen wurde.
c) Clonidin ist ein solcher Wirkstoff; im Vordergrund steht hier die Senkung des peripheren Widerstandes im Sinne einer Vasodilatation. Der Blutdruck sinkt. Der Wert
eines Bruches vergrößert sich, wenn der Nenner stärker als der Zähler verkleinert wird. Ob auch andere Vasodilatatoren wie Minoxidil, Prazosin und Dihydralazin ebenfalls das HZV und damit die GFR
vergrößern, weiß ich nicht. - Niemand behauptet eine Proportionalität zwischen RR und R; die medikamentösen Senkungen von Blutdruck und Widerstand sind also regelmäßig verschieden.
d) Dazu die Kasuistik meines Patienten J. F. P.: Ein herzgesunder, arbeitsfähiger Diabetiker mit einer unklaren Niereninsuffizienz im Endstadium konsultierte
telephonisch einen befreundeten indischen Kardiologen (Dr. B. V. R. Kumar aus Trivandrum in Kerala) mit dem Spezialinteresse Nephrologie. Dieser ersetzte Ramipril durch Clonidin. Innerhalb von
drei Monaten verbesserten sich die GFR (MDRD) von 12 ml/min auf 32 ml/min und außerdem die GFR (Cystatin C) von 29 ml/min auf 54 ml/min. Der Kreatininspiegel sank von 5,2 mg/dl auf 2,2 mg/dl,
obwohl die Trinkmenge auf 2 l/d beschränkt wurde. - Die Diagnose einer diabetischen Nephropathie darf nicht gestellt werden. - Pathophysiologische Erklärung: Der Patient J. F. P. hatte ein
iatrogenes Kardiorenalsyndrom, also eine kardial bedingte Niereninsuffizienz bei Nierengesundheit. Die Blutdrucksenkung mit Ramipril hat nach der Formel HZV=RR/R den Blutdruck RR und damit sowohl
das HZV wie auch die GFR reduziert. Es bestand eine vollständige Reversibilität, weil Herz und Nieren nicht erkrankt sind.
e) Der mathematische Hintergrund ist ganz einfach. Werden in der Formel HZV=RR/R zum Beispiel der periphere Widerstand R um 20 % auf 0,8 R und der mittlere arterielle Blutdruck RR um nur 10 % auf 0,9 RR reduziert, dann vergrößern sich das HZV und die dazu proportionale GFR um den Faktor 0,9/0,8=9/8=1 1/8, also um 12,5 Prozent auf 112,5 Prozent der Ausgangswerte.
f) Falsch ist die Restriktion der Trinkmenge auf nur 2 l/d bei Herzgesunden. Je größer die Trinkmenge, desto größer werden HZV und GFR. Nur im Stadium 4 der Herzinsuffizienz nach NYHA sollte eventuell eine Trinkmengenrestriktion empfohlen werden. Eine Erhöhung der Trinkmenge vor jeder Nierenfunktionstestung ist allerdings Laborkosmetik. Die Nieren werden dadurch nicht gesünder. Den Filtern ist es völlig egal, ob viel oder wenig Plasma gefiltert wird.
g) Sylvia Stracke und Thomas Dabers wollen die "Progression der Niereninsuffizienz bremsen!" Quelle: "Medical Tribune", Jahrgang 51, Heft 40/2016, 7.10.2016, Seite
6, Artikel von Andrea Wülker; dort angegebene Quelle: "Betreuung von Patienten mit Nierenerkrankungen", in: "Klinikarzt", Jahrgang 45, Heft Juli und August 2016, Seiten 348 bis 352. Erst an
letzter Stelle für die "Behandlung bei Bluthochdruck" empfehlen die Autoren in einer Tabelle "direkte Vasodilatanzien". Sie erkennen nicht die Möglichkeit, durch eine starke Vasodilatation mit
nur geringer Blutdrucksenkung die Progression der Niereninsuffizienz in eine Regression zu verwandeln. Aus dem Bremsvorgang kann man sofort in den Rückwärtsgang schalten. Eine Blutdrucksenkung
ohne Widerstandssenkung würde dagegen nach der Dreifachformel das HZV und die GFR weiter verschlechtern.
h) Außerdem erkennen die Autoren nicht, dass die doppelseitigen "Nierenerkrankungen" quasi die Differenz zwischen der Niereninsuffizienz und den Extrarenalsyndromen darstellen.
i) Nachtrag vom 21.10.2016: Jede Therapie der Herzinsuffizienz muss die Formel HZV=RR/R berücksichtigen. Ein Bruch wird größer, wenn der Zähler größer und der Nenner
kleiner wird. Vasodilatanzien (Vasodilatatoren) verkleinern den peripheren Widerstand R. Antihypotonika vergrößern den Blutdruck RR. Eine Kombination von Vasodilatanzien und Antihypotonika wird das Herzzeitvolumen und damit die Glomeruläre Filtrationsrate verbessern. - "Die
Kombination von Antihypotonika mit im allgemeinen infundierten, kurzwirksamen Vasodilatantien hat zur Folge, daß durch die Vasodilatation kein Abfall des Perfusionsdruckes zustandekommt" (Zitat:
Hubert Mörl: "Gefäßkrankheiten in der Praxis", Edition Medizin, Weinheim, Deerfield Beach, Basel 1983, Seite 157).
584. a) Bei der Bestimmung der GFR ist Folgendes zu beachten:
b) Alle Schätzformeln für die GFR sind an Durchschnittsmenschen mit einer Körperoberfläche von etwa 1,73 m² entwickelt worden. Je mehr die Körperoberfläche des Patienten von dieser Standardkörperoberfläche abweicht, desto falscher ist das Ergebnis. Hier geht es also um die Frage "richtig oder falsch?". Es wird die tatsächliche GFR des Patienten bestimmt; dabei werden kleine oder große Fehler gemacht.
c) Ganz anders ist dagegen die Frage "gut oder schlecht?" zu beantworten. Hier ist die tatsächliche GFR des Patienten nach meiner Formel GFR(1,73 m²/KOF) zu normieren. Nur diese normierte GFR(1,73 m²/KOF) zeigt den Schweregrad der Niereninsuffizienz an.
d) Es ist also immer zwischen der Güte der Laborwertbestimmung und der Schwere der Niereninsuffizienz zu unterscheiden. Die Qualität des Laboratoriums und die Qualität der Nierenfunktion sind zwei völlig verschiedene Sachverhalte.
585. a) Christiane Erley und Nikolaus Lange-Brock haben das Kardiorenalsyndrom nicht verstanden. Quelle: "Das kardiorenale Syndrom - wenn Herz und Niere versagen", in: "Diatra - Nephrologie, Transplantation, Diabetologie", 26. Jahrgang, Heft 3/2016, Seiten 15 bis 17.
b) Richtig schreiben sie auf Seite 15: "Eine akute Pumpschwäche des linken Herzens, zum Beispiel bei einem großen Herzinfarkt, führt direkt dazu, dass weniger Blut durch die Nieren fließt." - Jede Herzkrankheit verkleinert das Herzzeitvolumen HZV und damit die Glomeruläre Filtrationsrate GFR. Die Proportionalität zwischen HZV und GFR wird nicht erkannt.
c) Nicht nur die linke, sondern auch die rechte Herzhälfte können eine Herzinsuffizienz verursachen, und zwar nicht nur akut, sondern auch chronisch. Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes. Für die renale Perfusion und damit für die glomeruläre Filtration ist der Sauerstoffgehalt des arteriellen Blutes jedoch bedeutungslos.
d) Im Absatz "Wenn Herz und Nieren parallel erkranken" auf den Seiten 15 und 16 werden noch sieben weitere Ursachen für das Kardiorenalsyndrom erwähnt. Sie lassen sich unter der Überschrift neurohumorale Modulation der renalen Perfusion zusammenfassen.
e) Jeder Mensch mit einer Herzinsuffizienz (Ausnahme: Anämie als alleinige Ursache) hat auch eine Niereninsuffizienz. Niemals ist das Stadium der Niereninsuffizienz kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz. Zusätzlich gibt es auch die Extrakardialsyndrome, also die Herz- und Niereninsuffizienz bei Herzgesundheit. Die Extrarenalsyndrome definiere ich als Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit.
586) Ebenfalls in Diatra 3/2016 schreibt Anita Hansen auf den Seiten 24 bis 26 über die "Schädigung der Nieren durch freiverkäufliche Schmerzmittel". Sie erwähnt auf Seite 24 "chronische Nierenerkrankungen (vor allem ab einer glomerulären Filtrationsrate [GFR] < 60 ml/min/m² Körperoberfläche)". - Diese abenteuerliche, vierfach falsche Nierenfunktionseinheit bezöge sich auf eine Standardkörperoberfläche von einem Quadratmeter; Klammern fehlen jedoch.
587. a) Leser dieser Website werfen mir ein mechanistisches Denken vor. Diesen Vorwurf muss ich zurückweisen. Im Vordergrund aller Betrachtungen zu Herz und Niere müssen Physik und Mathematik stehen; erst danach mag man sich Gedanken über Nerven, Hormone und Medikamente machen. - Siehe auch unten Absatz 662.
b) So auch Nanette C. Schloot in ihrem Beitrag zur diabetischen Nephropathie "Empagliflozin und Progression einer Nierenerkrankung bei Typ-2-Diabetes", in: "Diabetes Congress-Report", Ausgabe 4/2016, September 2016, Seiten 41 und 42. Sie schreibt auf Seite 42: "Weitere Hypothesen werden derzeit in der Literatur erörtert, letztlich müssen mechanistischen [gemeint: mechanistische] Studien durchgeführt werden, um den klinisch positiven Effekt erklären zu können."
c) Empagliflozin senkt bei Diabetikern, "die ein hohes Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis aufweisen" (Zitat Seite 41), "das Risiko von großen unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen" (Zitat Seite 41). Außerdem kommt es zu "einer langsameren Progression der Nierenerkrankung" (Zitat Seite 41).
d) Die mechanistische Erklärung ist ganz einfach: Der Diabetes mellitus wird durch das neue Medikament günstig beeinflusst. Dadurch werden Herz und Kreislauf weniger beeinträchtigt. Das Herzzeitvolumen steigt an. Dadurch werden die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration größer.
e) Nanette C. Schloot hat die Nierenfunktionseinheit nicht verstanden, wenn sie auf Seite 41 von "einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate von mindestens 30 ml pro Minute pro 1,73 m² Körperoberfläche" ausgeht. Dass es sich bei den Kardiorenalsyndromen nicht um eine "Nephropathie", nicht um eine "Nierenerkrankung" und nicht um eine "Nierenschädigung" (Zitate Seiten 41 und 42), sondern um eine Niereninsuffizienz handelt, hat sie nicht verstanden.
f) Ihr mechanistisches Denken geht in die falsche Richtung. Sie "spekuliert, dass das glomeruläre Vas afferens durch die Behandlung mit dem SGLT-2-Inhibitor Empagliflozin enger gestellt werden könnte und damit die glomeruläre Hypertonie und Hyperfiltration und damit Nierenschädigung vermindert werden könnte [gemeint: könnten] (Zitat Seiten 41 und 42).
g) Wenn die Durchmesser der Nierenarterien verkleinert werden, dann wird auch die GFR kleiner. Beobachtet wurde aber genau das Gegenteil. Das Problem bei der Niereninsuffizienz ist nicht die glomeruläre Hyperfiltartion, sondern die glomeruläre Hypofiltration. Wenn das Herzzeitvolumen vergrößert oder zumindest nicht weiter verkleinert wird, dann wird auch die GFR vergrößert oder zumindest nicht weiter verkleinert.
h) Es gibt keine diabetische Nephropathie. Vielmehr gibt es die Nierensuffizienz bei Diabetikern. Das ist das Kardiorenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch. Jeder Diabetes mellitus ist ein kardialer Risikofaktor. Wenn dieser Risikofaktor günstig beeinflusst wird, dann steigen das HZV und damit die dazu proportionale GFR an. So einfach ist das. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz.
i) Nanette C. Schloot berichtet über die Arbeit "Empagliflozin and Progression of Kidney Disease in Type 2 Diabetes" von Christoph Wanner [siehe oben Absatz 577] et alii aus Würzburg in The New England Journal of Medicine 2016 (Heft 375, Seiten 323 bis 334). Es handelt sich um die klinische EMPA-REG OUTCOME Studie.
588. a) Oben empfehle ich in den Absätzen 242, 266j, 343de, 419, 421, 424 und 449 die Kennzahl HbHZV als Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz.
b) Franck Zal produziert einen "Blutersatz aus dem Watt" (Quelle: Dörte Nohrden, in: "stern", Heft 41/2016, 6.10.2016, Seiten 120 bis 122). Der Wattwurm Arenicola marina hat Riesenmoleküle Hämoglobin ohne Anlagerung an die Erythrozyten. Ein solches Hb-Molekül ist fünfzigmal so groß wie ein menschliches Hb-Molekül. In der Firma Hemarina in Morlaix in Frankreich wird ein entsprechendes Medikament produziert. Das tierische Hämoglobin wird getrocknet und pulverisiert. Das Medikament heißt Hemo2life und wird seit Anfang 2016 erfolgreich an Menschen getestet. Ein ähnliches Präparat namens Hem-Healing soll chronische offene Wunden abheilen. - Im Internet: www.hemarina.com.
c) Zitat von Seite 122: "'Mit einem universellen Sauerstoffträger kann man bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen helfen', sagt Zal." - Gewiss ist auch die Herzinsuffizienz eine mögliche Indikation.
d) Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Verlängerung der Überlebenszeit von explantierten Spenderorganen (wie Herzen und Nieren) im Rahmen der Organtransplantation durch Zugabe des neuen Medikamentes in die Aufbewahrungslösungen.
589. a) Insgesamt stellt die vorliegende Arbeit einen Paradigmenwechsel in der Inneren Medizin dar. Fast alle Krankheiten reduzieren das Herzzeitvolumen und damit die Glomeruläre Filtrationsrate. Fast alle Therapieverfahren müssen mittelbar oder unmittelbar das Herzzeitvolumen vergrößern. Im Zweifel müssen die Herzfunktion und damit auch die Nierenfunktion verbessert werden. Eine erfolgreiche Therapie der Herzinsuffizienz ist mit einer Verbesserung der Lebensqualität identisch. Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz und damit für die Einschränkung der Lebensqualität.
b) Alle Gedanken in der vorliegenden Arbeit sind nicht neu. Ich habe nur das bestehende Wissen neu zusammengefasst und geordnet. Alte Gedanken habe ich zu Ende gedacht.
c) Dieses vorhandene alte Wissen gerät jedoch immer mehr in Vergessenheit. Neue Erkenntnisse in der Medizin machen die alten Erkenntnisse nicht unbrauchbar. Vielmehr muss jede Neuerung mit den alten Prinzipien verglichen werden. Gegen diesen Grundsatz wird besonders in der Kardiologie permanent verstoßen.
d) Warum ist das so? Die Spezialisten konzentrieren sich auf das Neue und vergessen das Alte. Die alten Experten sterben aus. Patente laufen aus. Die Industrie verdient an neuen Produkten mehr als an alten. Alte Produkte werden nicht mehr beworben. Die pathophysiologischen Zusammenhänge werden vergessen. Der große Überblick geht verloren. Die Bedeutung der Mathematik für die Physiologie wird nicht erkannt.
e) Ein eklatantes Beispiel ist der Blutdruck. Der Blutdruck muss groß sein, um ein ausreichendes Herzzeitvolumen zu gewährleisten. Ein zu kleiner Blutdruck muss vergrößert werden. Dass es dafür die Medikamentengruppe der Antihypotonika gibt, wird kaum noch wahrgenommen. Nur in der Roten Liste gibt es dafür ein eigenes Kapitel mit der Nummer 19; ein Kapitel für Nephrologika gibt es dagegen immer noch nicht. In den zehn Jahren von 2007 bis 2016 halbierte sich die Anzahl der Präparate in dieser Rubrik der Antihypotonika jedoch von 39 auf jetzt nur noch 21. Vor 20 Jahren gab es in der Roten Liste 1995 im Kapitel 18 sogar noch 67 Antihypotonika. Bei Wikipedia und in den medizinischen Wörterbüchern sucht man den Begriff Antihypotonikum jedoch vergeblich.
f) Im Zweifel senken die modernen Kardiaka den Blutdruck. Ceteris paribus werden so die Herzfunktion und die Nierenfunktion weiter verschlechtert. Eine Zulassung bekommen diese Medikamente wegen ihrer Lebensverlängerung und Sterblichkeitsverkleinerung. Eine Verkleinerung von Letalität und Mortalität wird mit einer Verschlechterung der Lebensqualität bezahlt.
g) Ich erinnere an die Kasuistik oben im Absatz 583 und an die Ausführungen zum Paradigmenwechsel in den Absätzen 195d, 274b, 360d, 392j, 430a und 531a.
h) Mindestens etwa 500 Professoren und Privatdozenten habe ich per Email über meine Rezensionen ihrer Arbeiten auf dieser Website informiert. Nicht einer hat mir widersprochen. Nur einmal verlangte ein Ordinarius eine Gegendarstellung, weil er seine Fehler aus einer anderen Arbeit übernommen hat.
590. a) Ich behaupte Proportionalitäten zwischen GFR, renaler Perfusion und HZV. Zwei Größen sind dann proportional, wenn ihr Quotient konstant ist. Der Proportionalitätsfaktor des Quotienten GFR/HZV ist die Filtrationswahrscheinlichkeit W=a. Der Proportionalitätsfaktor des Quotienten HZV/GFR ist der Kehrwert 1/a = 1/W. Also gilt GFR=aHZV und HZV=GFR/a.
b) "Die Niere weist eine stark ausgeprägte Autoregulation auf, so daß bei Blutdruckänderungen zwischen 80 und 200 mmHg Durchblutung und Filtrationsdruck weitgehend konstant gehalten werden." Zitat: Wolfgang Trautwein, Otto H. Gauer und Hans-Peter Koepchen: "Herz und Kreislauf", Band 3 der Reihe "Physiologie des Menschen", Urban & Schwarzenberg, München, Berlin, Wien 1972, Seite 275.
c) Steht diese Lehrmeinung im Widerspruch zu meiner Behauptung? Wenn die Nierendurchblutung, also die renale Perfusion, konstant und damit unabhängig vom Blutdruck wäre, dann bestünde keine Proportionalität zwischen GFR und HZV. Dann wäre meine Behauptung falsch.
d) Nach der Formel HZV=RR/R sind bei konstantem peripheren Widerstand R das Herzzeitvolumen HZV und der Blutdruck RR proportional. R wäre dann der Proportionalitätsfaktor R=RR/HZV. Da jedoch der periphere Widerstand R keine Konstante ist, kann jede Blutdruckänderung sowohl zu Verkleinerungen als auch zu Vergrößerungen des Herzzeitvolumens führen.
e) Die Beziehung HZV=GFR/a=RR/R gilt auch für den Blutdruck RRn und den peripheren Widerstand Rn in den Nierenarterien. Der Index n bedeutet Nierenarterie. Der renale Blutdruck RRn ist identisch mit dem systemischen Blutdruck RR. Also gilt GFR=aHZV=aRR/Rn.
f) Die drei Kardiophysiologen behaupten also für jeden Wert von RR und für jeden Wert vom HZV eine Konstanz von GFR=aHZV=aRR/Rn. Ist das möglich? Dabei ist a die Organkonstante der Nieren; nach der herrschenden Lehrmeinung von 1972 wäre a=GFR/HZV jedoch keine Konstante.
g) Mathematisch ist die Konstanz von GFR=aHZV=aRR/Rn=konstant bei Schwankungen von HZV und RR immer möglich, wenn auch Rn und a schwanken können. Die Behauptung der drei Wissenschaftler ist also mathematisch durchaus möglich. Ist sie aber auch richtig? Sie ist vermutlich falsch. Diesbezügliche Forschungsergebnisse sind mir nicht bekannt. Folgende Argumente sprechen für die Richtigkeit meiner Behauptung, also für eine zumindest tendenzielle Proportionalität von HZV und GFR.
h) Grundsätzlich ist jede Organdurchblutung mehr oder weniger proportional zum Herzzeitvolumen. Warum sollte es bei den Nieren völlig anders sein? Neurohumorale
Modulationen können kleine Schwankungen, aber keine Konstanz einer so wichtigen Organfunktion bewirken. Und welchen Sinn sollte eine solche extreme "Autoregulation" haben? Ich erinnere an die
Bedeutung ausschließlich der Tubuli für die Sekundärharnbildung und somit für den Elektrolyt- und Wasserhaushalt. Gerade der Blutdruckanstieg bei Höchstleistungen muss mit einem Anstieg der GFR
verbunden sein, um das zusätzlich gebildete Kreatinin auszuscheiden.
i) Ich widerspreche hier also der herrschenden Lehrmeinung. Vermutlich wurden die renale Perfusion, der renale Blutdruck, der renale periphere Widerstand, der "Filtrationsdruck", das Herzzeitvolumen und die glomeruläre Filtration noch nie zusammenhängend richtig und systematisch untersucht. Früher waren solche Messungen kaum möglich. Heute sind sie möglich und müssen erfolgen.
j) Auf den Seiten 138 und 139 wird das Ficksche Prinzip gut beschrieben. Das Herzzeitvolumen ist der Quotient aus dem Sauerstoffverbrauch (gemessen in ml/min) und der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz (gemessen in ml/l).
591. a) Die drei Physiologen Wolfgang Trautwein, Otto H. Gauer und Hans-Peter Koepchen wollen (am angegebenen Ort) auf Seite 143 die Herzarbeit "wie bei jeder Pumpe" als "Produkt von ausgeworfenem Volumen und Druck, gegen den es gefördert wird, berechnen (Volumenarbeit)". Mit Volumen meinen sie das Schlagvolumen, mit Druck den Blutdruck. Man berechnet "vereinfacht die Arbeit als Produkt aus Schlagvolumen (Vs) und dem über Systole und Diastole gemittelten arteriellen Blutdruck pm." Nach meiner Nomenklatur gilt also für die Herzarbeit A=SVxRR oder A=SVxMAD mit dem arteriellen Mitteldruck MAD und dem Schlagvolumen SV. "Durch Multiplikation mit der Herzfrequenz ergibt sich eine Leistung" (Zitat Seite 144). Denn Leistung ist definiert als Arbeit pro Zeit. Die Herzleistung berechnet sich also als
L=A/t=SVxRRxHF=VVxEFxHFxRR=HZVxRR=RR²/R.
b) Stimmen aber auch die physikalischen Einheiten? Es werden der Druck in Pa=kg/(sec²m), der periphere Widerstand in Pasec/m³, die Arbeit (und auch die Energie) in
J=Nm=m²kg/sec² und die Leistung in W=J/sec=m²kg/sec³ gemessen. Alle Berechnungen ergeben richtige Einheiten. Also sind die Formeln und damit die Definitionen der drei Wissenschaftler
richtig.
c) Wenn man jetzt die Herzleistung L durch den peripheren Widerstand R dividiert, erhält man die Formel L/R=RR²/R²=HZV²=(VVxEFxHF)²=(RR/R)² mit folgender Umformung: Das Herzzeitvolumen ist die Quadratwurzel aus dem Quotienten von Leistung und Widerstand.
d) Das habe ich auch soeben bei Wikipedia in der Diskussion zum Stichwort Herzminutenvolumen nachgetragen:
Durch einfaches Rechnen erhält man die zusätzliche Definition des Herzzeitvolumens als Quadratwurzel aus dem Quotienten von Herzleistung und peripherem Widerstand. Dabei sind die Herzleistung das Produkt aus Herzarbeit und Herzfrequenz, die Herzarbeit das Produkt aus Schlagvolumen und Blutdruck sowie das Schlagvolumen das Produkt aus enddiastolischem Höhlenvolumen und zugehöriger Ejektionsfraktion. So hängen die wichtigsten Kennzahlen des Blutkreislaufs mit einander zusammen. --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 23:13, 24. Okt. 2016 (CEST)
Diese neun kardiologischen Basiskennzahlen sind das Herzzeitvolumen HZV, die Herzleistung L, der periphere Widerstand R, die Herzarbeit A, die Herzfrequenz HF, das Schlagvolumen SV, der Blutdruck RR, das Höhlenvolumen VV und die zugehörige Nettoejektionsfraktion EF. Alle anderen Kennzahlen in der Kardiologie sind nur Hilfsgrößen oder Surrogate.
e) Bei einem Kraftfahrzeug kann man die Leistung der Benzinpumpe mit der Leistung des des Autos vergleichen. Ebenso kann man jetzt die Herzleistung mit der
Leistungsfähigkeit des Patienten vergleichen. Die physikalische Einheit ist in allen vier Fällen Watt oder PS.
f) Durch Umformung erhält man aus der Gleichung L/R=HZV² die Gleichung L=RxHZV². Wenn man jetzt ausnahmsweise das Herzzeitvolumen HZV nur mit H abkürzt, erhält man die Formel L=RH² mit deutlicher Analogie zu Albert Einsteins Formel E=mc². In beiden Fällen wird eine Geschwindigkeit quadriert, einmal die Lichtgeschwindigkeit c und andererseits das Herzzeitvolumen HZV. Das konstante Quadrat der Lichtgeschwindigkeit c ist der Proportionalitätsfaktor der proportionalen Größen Energie E und Masse m. Die Leistung L hat die Einheit W und die Energie E (sowie auch die Arbeit A) die Einheit J. Der Hauptunterschied zwischen Physik und Physiologie besteht aus kardiologischer Sicht in den verschiedenen Dimensionen der Grundgrößen Widerstand und peripherer Widerstand. Es besteht kein (mir bekannter) Zusammenhang zwischen der Einheit Ohm beim Widerstand und der Einheit des peripheren Widerstandes.
g) Nachtrag vom 25.10.2016: Soeben fand ich nun doch den gesuchten Zusammenhang zwischen den verschiedenen Dimensionen vom Ohmschen und vom peripheren Widerstand. 1 Ohm ist definiert als 1 m²kg/(sec³A²) mit A oder Ampere als Einheit der Stromstärke I. Wenn man jetzt für diese elektrische Stromstärke I mit der Basiseinheit A die kardiologische Entsprechung des Herzzeitvolumens HZV mit der Einheit m³/sec in diese Ohmsche Einheit einsetzt, dann erhält man
die korrekte Einheit des peripheren Widerstandes R, nämlich Pasec/m³ oder kg/(m²m²sec).
Der periphere Widerstand hat also die physikalische Einheit Ohm, wenn man 1 Ampere als Einheit der Stromstärke durch 1 m³/sec als
Einheit des Herzzeitvolumens ersetzt. Dieses Ersetzen ist aus physikalischer Sicht jedoch verboten. Deswegen muss man immer zwischen dem Widerstand in der Physik mit der Einheit Ohm und dem
peripheren Widerstand in der Medizin mit der Einheit Pasec/m³ streng unterscheiden.
h) Die Analogie zur Elektrotechnik ist eindeutig. In der Physik ist die Stromstärke gleich der Quadratwurzel des Quotienten aus Leistung und Widerstand. Ebenso ist ein Ampere gleich der Wurzel des Quotienten aus Watt und Ohm.
i) Beweis mittels der Ohmschen Gleichung R=U/I mit dem Widerstand R, der Spannung U und der Stromstärke I in der Elektrotechnik. In der Physiologie entsprechen der Blutdruck RR der Spannung U und das Herzzeitvolumen HZV der Stromstärke I (Stromfluss). Also gilt in der Kardiologie für den (peripheren) Widerstand R=RR/HZV oder HZV=RR/R. - Die Herzleistung ist Arbeit pro Zeit, also Herzarbeit mal Herzfrequenz HF. Die Herzarbeit ist als Volumenarbeit das Produkt aus Schlagvolumen SV und Blutdruck RR. Denn Druck = Kraft pro Fläche oder Kraft = Druck mal Fläche. Arbeit = Kraft mal Weg oder nach Einsetzen Arbeit = Druck mal Fläche mal Weg. Also ist Arbeit = Druck mal Volumen. Denn Fläche mal Weg = Volumen. - Also gilt für die Herzleistung L=SVxRRxHF=RRxHZV. - In der Physik ist die Stromstärke I gleich der Quadratwurzel aus dem Quotienten von Leistung L und Widerstand R. In diese Formel können jetzt die Leistung L als RRxHZV und der Widerstand R als RR/HZV eingesetzt werden. Durch einen Bruch wird dividiert, indem mit dem Kehrwert multipliziert wird. Unter dem Wurzelzeichen stehen also die beiden Faktoren (HZVxRR) und (HZV/RR). Also Wurzel aus HZVxRRxHZV/RR. Der Blutdruck RR steht in Zähler und Nenner, fällt also durch Kürzen weg. Unter dem Wurzelzeichen bleibt das Quadrat des Herzzeitvolumens übrig. Die Wurzel aus HZV² ist das gesuchte HZV als Analogon der Stromstärke I. Zur Einheit des peripheren Widerstand siehe oben Absatz g.
j) Nachtrag vom 13.11.2016: In einer österreichen Diplomarbeit (von Miller?) über "Physikalische Grundlagen des menschlichen Herz-Kreislaufsystems" für den
österreichischen Mittelschulunterricht finden sich auf Seite 21 folgende Ausführungen über die "Hämodynamischen Gesetzmäßigkeiten": "In grober Annäherung läßt sich das Ohmsche Gesetz der
Hämodynamik analog dem Ohmschen Gesetz für Gleichstromkreise formulieren. Es lautet entsprechend delta P = R x V' [mit delta R als Abkürzung für die] mittlere Druckdifferenz zwischen Rohranfang
und Rohrende, diese entspricht der elektrischen Spannung U = Potentialdifferenz. V' = Volumen pro Zeit ... entspricht der Stromstärke, also Ladung pro Zeit. R = hämodynamischer Widerstand,
entspricht dem elektrischen Widerstand". - Aus R=U/I folgt (nach meiner Nomenklatur) also HZV=RR/R. Dieses gymnasiale Basiswissen fehlt vielen Kardiologen. - Ebenso wird in dieser Diplomarbeit
auf den Seiten 16 und 17 zwischen der Druck-Volumen-Arbeit des Herzens und der Beschleunigungsarbeit des Herzens korrekt unterschieden. Bei einem arteriellen Mitteldruck von 100 mmHg = 100 mal
133 N/m² [=13332 Pa] und einem Schlagvolumen von 70 ml für den linken Ventrikel wird die Herzarbeit PV mit 0,931 Nm = 0,931 J berechnet. Für den rechten Ventrikel mit einem arteriellen
Mitteldruck von 15 mmHg = 15 mal 133 N/m² [=2 kPa] und einem Schlagvolumen von ebenfalls 70 ml errechnet sich eine Druck-Volumen-Arbeit von PV=0,140 J. Die Beschleunigungsarbeit wird nach der
Formel A=mv²/2 für beide Ventrikel mit jeweils A=(0,07 kg)(0,5 m/s)²/2=0,009 J [=0,07/8 J] bestimmt. - Die Herzarbeit errechnet sich also als Summe 0,931 J + 0,14 J + 0,009 J + 0,009 J = 1,089 J
nach meiner Rechnung. Der unbekannte Autor schätzt dagegen korrekt "die Herzleistung = Arbeit pro Zeit in der Größenordnung von" 1 W = 1 Nm/s = 1 J/s für einen Herzschlag. - Auch die
physikalischen Einheiten von Druck, Arbeit und Leistung sind korrekt. - Siehe auch unten Absatz 593 b. Der errechnete Wert der Herzleistung für einen Herzschlag ist mit der Herzleistung in einer
Minute wie für jeden anderen Zeitraum immer identisch. - Die physikalische Einheit des peripheren Widerstandes, den er als hämodynamischen Widerstand bezeichnet, wird dagegen in dieser
Diplomarbeit nicht thematisiert.
k) Nachtrag vom 18.3.2017: Die Herzkraft (siehe oben die Absätze 245l, 384d und 417 sowie unten den Absatz 615) ist das Produkt aus der Blutmasse m und ihrer Beschleunigung a. Es gilt für die Herzkraft die Formel F=ma mit der Einheit N=kgm/sec². Die Herzkraft beschleunigt das Blut in den Schlagadern. Die Herzarbeit ist das Produkt aus Herzkraft und Arterienlänge, denn Arbeit ist Kraft mal Weg. Die Herzkraft wird als Inotropie, Schlagstärke oder Kontraktionskraft bezeichnet. Das altgriechische Wort is (Genitiv inós) bedeutet Faser oder Muskel; das altgriechische Suffix -tropie bezeichnet die Einwirkung (auf das Myokard). Das lateinische Wort contractio ist das Zusammenziehen (der Herzmuskulatur). Das Produkt aus Herzarbeit und Herzfrequenz ist die Herzleistung, denn Leistung ist Arbeit pro Zeit. Das Herzzeitvolumen (Herz-Output, Cardiac Output, abgekürzt CO) ist die Quadratwurzel aus Herzleistung und Widerstand. Der Herzindex HI ist der Quotient aus Herzzeitvolumen HZV und Körperoberfläche KOF. - Siehe unten Absatz 615.
l) Nachtrag vom 22.3.2017: Die Herzleistung ist das Produkt aus Herzzeitvolumen und Blutdruck. In der Fachliteratur wird dagegen oft die Herzarbeit (Pumparbeit, Druck-Volumen-Arbeit) als Produkt aus Herzminutenvolumen und arteriellem Mitteldruck bezeichnet. Das ist falsch, denn hier wird Arbeit mit Leistung verwechselt. So zum Beispiel im "Wörterbuch der Medizin" in der 15. Auflage von Maxim Zetkin und Herbert Schaldach auf Seite 903 beim Stichwort Herzarbeit. Oder im Band II des "Wörterbuch der Kardiologie" von Myron G. Sulyma auf Seite 306 beim Stichwort Herzarbeit. In beiden Nachschlagewerken fehlen die Stichwörter Herzkraft und Herzleistung. Die Herzarbeit wird mit der Herzleistung verwechselt. Bei Wikipedia und auch in allen Auflagen von Willibald Pschyrembels "Klinischem Wörterbuch" fehlen alle drei Stichworte Herzkraft, Herzarbeit und Herzleistung. Ebenso in der dritten Auflage des "Lehrbuch der inneren Medizin" von Walter Siegenthaler et alii. Im "Handlexikon der Medizin" von Günter Thiele werden im zweiten Band die Begriffe Herzarbeit und Herzleistung nicht auf ihre physikalischen Grundlagen zurückgeführt; so kommt es zu Verwechslungen.
592. a) Ziel der Therapie der Herzinsuffizienz ist die Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Das Herzzeitvolumen ist
erstens das Produkt aus Höhlenvolumen, Ejektionsfraktion und Herzfrequenz,
zweitens der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand und
drittens die Wurzel aus dem Quotienten aus Herzleistung und peripherem Widerstand.
b) In der Behandlung der Herzinsuffizienz müssen alle diese Größen mit Ausnahme des peripheren Widerstandes vergrößert werden. Der periphere Widerstand muss
verkleinert werden. Denn ein Bruch wird größer, wenn der Zähler vergrößert und der Nenner verkleinert wird.
c) Abweichungen von diesen Vorschlägen sind nur dann erfolgreich, wenn regelwidrige Maßnahmen von regelkonformen Veränderungen überkompensiert werden. Ohne eine
solche Überkompensation werden die Herzleistung L und damit das Herzzeitvolumen HZV weiter verkleinert und somit die Herzinsuffizienz iatrogen weiter verschlechtert.
593. a) Erwachsene leisten bei Alltagsbelastungen etwa 100 W. Gut trainierte Sportler erreichen im Wettkampf körperliche physikalische Leistungen von 400 W.
b) Die Herzleistung von Erwachsenen kann man abschätzen. Die Formel lautet L=HZVxRR. Wenn beim Erwachsenen bei Alltagsbelastungen das HZV bei 5 l/min und der mittlere arterielle Blutdruck bei 12 kPa liegen, dann errechnet sich eine Herzleistung von 60 lkPa/min oder 1 lkPa/sec oder 1 m³Pa/sec oder 1 m²kg/sec³ oder 1 W. Denn 1 Pa = 1 kg/sec²m.
c) Jetzt kann man eine neue Kennzahl bilden: Herzleistung L pro Körperleistung P in Ruhe oder bei definierter Belastung. Die Körperleistung bei definierter Belastung ist die Physical Working Capacity. Die Kennzahl L/P hat bei Erwachsenen bei Alltagsbelastungen also etwa den Wert von einem Prozent. Also L/P=0,01.
d) Bei körperlicher Belastung besonders im Wettkampf kann man die Herzleistung L nicht beliebig steigern. Die Körperleistung P soll dagegen maximiert werden. Also muss die Kennzahl L/P unter Belastung und auch in Ruhe minimiert werden.
e) Das Trainingsziel kann jetzt definiert werden als Maximierung der Körperleistung P bei gegebener Herzleistung L. Die Kennzahl L/P muss also im Training minimiert werden. Dadurch wird auch die Herzleistung L maximiert.
f) Herzmuskeltraining vergrößert die Kennzahl L/P, Körpermuskeltraining verkleinert sie.
594. a) Unter dem Remodelling (britisches Englisch) und dem Remodeling (amerikanisches Englisch) versteht man in der Pathophysiologie strukturelle Umbauvorgänge. Unter einem kardialen Remodeling versteht Willibald Pschyrembel (auf Seite 890 in der aktuellen 266. Auflage) eine Herzhypertrophie, eine Herzdilatation, eine vermehrte kardiale Apoptose und eine zunehmende Fibrose.
b) Diese Umbauprozesse vergrößern die Herzhöhlen. Nach der Formel HZV=VVxEFxHF vergrößern sowohl die Herzhypertrophie als auch die Herzdilatation das Herzzeitvolumen und damit die Herzleistung. Zumindest führen sie vorübergehend ceteris paribus zur Kompensation der Herzinsuffizienz.
c) Offenbar nur die deutschen Kardiologen verstehen unter dem Remodelling iatrogen beeinflusste positive Umbauvorgänge des Myokards mit dem Ziel einer Verbesserung der Herzfunktion. Damit stellen sie die Wahrheit auf den Kopf.
d) Verkleinerungen des Ventrikelvolumens VV, der Herzfrequenz HF und des Blutdrucks RR verschlechtern nach der Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R die Herzleistung und somit die Herzinsuffizienz. Sie führen zur Dekompensation. Nur Vergrößerungen der Nettoejektionsfraktion EF und Verkleinerungen des peripheren Widerstand R können der kardialen Dekompensation entgegenwirken.
e) Ursprünglich meint das Wort Remodel(l)ing Modernisierungen oder Renovierungen zum Beispiel von Kücheneinrichtungen. Weder das deutsche noch das englische Wikipedia kennen den Begriff als Schlagwort.
595. a) Noch nie war die Bedeutung des Herzzeitvolumens so groß wie heute. Schon vor etwa 100 Jahren wurde die Wichtigkeit des Herzzeitvolumens erkannt. Die Bestimmung war noch nie so einfach wie heute. Die kardiologischen Leitlinien verlangen zwingend die Bestimmung des Herzzeitvolumens. Die Liste der verschiedenen Bestimmungsverfahren für das Herzzeitvolumen bei Wikipedia habe ich auf mittlerweile 15 erweitert.
b) Es gibt sehr viele verschiedene physikalische und physiologische Bestimmungsverfahren für das HZV. Zusätzlich gibt es sehr viele Schätzformeln für das HZV. Sie basieren mehr oder weniger auf diesen verschiedenen Bestimmungsmethoden.
c) Unabhängig davon gibt es mehrere mathematische Definitionsformeln für das HZV. Sie leiten sich direkt aus den Naturgesetzen ab. In der vorliegenden Arbeit werden drei solcher Definitionen des HZV vorgestellt. Vielelicht gibt es noch mehr.
d) Bei diesen drei Definitionen des Herzzeitvolumens handelt es sich erstens um das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz, zweitens um den Quotienten aus Blutdruck und peripherem Widerstand nach dem Ohmschen Gesetz und drittens um die Quadratwurzel des Quotienten aus Herzleistung und peripherem Widerstand.
596. a) Auch schwere einseitige Nierenkrankheiten führen nicht zu einer schweren Niereninsuffizienz. Nur schwere doppelseitige, also beiderseitige, Nierenkrankheiten verursachen eine deutliche Niereninsuffizienz. Eine Niereninsuffizienz ohne Nachweis einer beiderseitigen schweren Nephropathie beruht also auf einem Extrarenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch.
b) Schmerzhafte einseitige Nierenkrankheiten verursachen also keine Niereninsuffizienz. Beiderseitige schmerzhafte Nierenkrankheiten können eine Niereninsuffizienz verursachen. Schwere schmerzlose Nierenkrankheiten gibt es kaum.
c) Unter dem Begriff der "schmerzlosen Nierenkrankheit" ist also die Niereninsuffizienz von Nierengesunden zu verstehen.
d) Diesen Gedankengang verdanke ich dem Buch "Die Geschichte der Nierenkrankheiten" von Johanna Bleker "Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der Universität Münster" in Westfalen von der Firma Boehringer Mannheim, erschienen 1972. Auf Seite 8 wird die "Entwicklungsgeschichte der Vorstellung von den schmerzlosen Nierenkrankheiten" erwähnt. Die Autorin erkennt nicht die Möglichkeit der Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit.
597. a) In diesem Buch beschreibt Johanna Bleker den Gedanken der Niereninsuffizeinz ohne Nierenkrankheit sogar schon bei Galenos, der im zweiten Jahrhundert wirkte. Das Prinzip der Extrarenalsyndrome verstand sie jedoch nicht.
b) Galen beschrieb einen eitrigen Harn, "ohne daß die Nieren dabei in krankhafter Weise beteiligt sind" (Zitat Seite 14). Galen wird sogar zitiert mit dem Ausspruch "...habe ich weder die Nieren, noch die Blase, noch die Ureteren jemals erkrankt gefunden" mit der Quellenangabe Galen: "De locis affectis", Buch 6, Kapitel 3 und 4 der Edition [Charles Victor] Daremberg, Band II auf der Seite 674. - Bei der Niereninsuffizienz zählten die Nieren also nicht zu den beteiligten Stellen (loci affecti).
c) Zu Recht konnten "nach der Krankheitslehre Galens selbst schwere Harnveränderungen nicht mit einer Erkrankung der Nieren in Verbindung gebracht werden, solange charakteristische Schmerzen fehlen" (Zitat Seite 15).
598. a) Sogar die Vorstellung der Niere als Filter war dem Galen schon bekannt. Johanna Bleker beschreibt auf Seite 15 diese "Filtrationstheorie". "Die
Nierenphysiologie Galens wird in der einschlägigen Literatur sehr unterschiedlich interpretiert. Die beispielsweise von [Paul] Klemperer und [Walter] Federn und von [Hans] Schadewaldt vertretene
Auffassung, daß Galens Lehre eine Filtrationstheorie gewesen sei, steht in eindeutigem Widerspruch zu der in 'De usu partium' gegebenen Darstellung" (Zitat Fußnote Seite 15). - Ähnlich auch
Johanna Bleker in ihrem Aufsatz "Zur Pathophysiologie und Pathologie der Nieren bei Galen", in: "Sudhoffs Archiv", Franz Steiner Verlag, Band 59, Heft 3, drittes Quartal 1975, Seiten 321 bis
327). Auf Seite 321 schreibt sie: "Nach Schadewaldt handelt es sich um 'eine in sich geschlossene Filtrationstheorie', wobei der Harn 'durch eine siebförmige Lamelle abgefiltert' wird. Auch
Klemperer und Ferdern meinen, daß Galen die 'Sieb-Analogie' akzeptierte." - Als Quellen nennt sie Hans Schadewaldt: "Geschichtliche Betrachtungen über Modellvorstellungen der Nierenfunktion", in:
"Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Jahrgang 74 (1968), Seiten 16 bis 27; und Paul Klemperer und Walter Federn: "The Dilemma of Johann Jacob Wepfer: The History of the
Contracted Kidney", in: "Bulletin of the History of Medicine", Jahrgang 33 (1959), Seiten 50 bis 66.
b) "In der Literatur des Mittelalters finden wir, abweichend von der Galenschen Nierenphysiologie, Bezeichnungen, die auf eine reine Filtrationstheorie hinweisen.
Der Harn ist 'colamentum sanguinis ceterumque humorum' oder zu deutsch 'wie das mulcken der milch des Blutes abgesündert und ausgeseyget wasser' (Zitat Seite 16)" mit der Quelle Cordus: "De
urinis ..." 'Die ander Verklerung'. - Die 'Seye' (von seihen) ist der Filter, der 'absondert'. Mit 'Verklerung' ist offenbar die Klärung (englisch clearance) des Blutes durch die Nieren gemeint.
Zum Wort 'colamentum' für 'Filter' siehe oben die Absätze 285 und 402.
599. a) Also erkannte man schon seit Galens Zeiten vor 1800 Jahren die Nieren als Filter. Vielleicht war diese Ansicht strittig. Zumindest aber vor 500 Jahren war
die Filtrationstheorie die damals herrschende Lehrmeinung. Dieses Wissen geht heute mehr und mehr verloren. Dass die GFR die Fitrationsleistung der Nieren misst, wird nicht immer richtig erkannt.
- Gemeint ist Euricius Cordus (oder Chordus, 1486 bis zum 24.12.1535, eigentlich Heinrich Ritze) mit seinem Hauptwerk Liber de
urinis (Frankfurt am Main 1543).
b) Unstrittig war mit dem Vergleich von Niere und Filter auch das Wissen um die Selbstreinigung der Nieren verbunden. Denn niemals wurde eine Verstopfung der Nieren durch einen zu langen oder einen zu häufigen Gebrauch beobachtet oder beschrieben.
c) Gewiss waren schwere schmerzhafte doppelseitige Nierenkrankheiten früher häufiger als heute. Trotzdem wurden sie in den letzten Jahrtausenden nur relativ selten bei niereninsuffizienten Patienten gefunden. Also kannte man schon sehr lange die Extrarenalsyndrome, also die Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheiten.
d) Trotzdem fehlte immer das Verständnis für die Pathogenese der Extrarenalsyndrome. Es wurde nicht erkannt, dass bei jedem Filter die Filterleistung proportional zum Durchfluss ist. Dieser Durchfluss (oder Zufluss) ist ein mehr oder weniger konstanter Anteil des Herzzeitvolumens. Also sind GFR und HZV proportional. Also verursacht jede Reduktion des Herzzeitvolumens eine Niereninsuffizienz. Jede Reduktion des Herzzeitvolumens verursacht per definitionem eine Herzinsuffizienz. Also verursacht jede Herzinsuffizienz immer eine mindestens ebenso schwere Niereninsuffizienz. Also verursachen alle Herzkrankheiten und zusätzlich viele andere Krankheiten eine Niereninsuffizienz. Schwere Nierenkrankheiten können diese extrarenal bedingte Niereninsuffizienz verschlimmern. Dass diese Nierenkrankheiten oft schmerzhaft und immer doppelseitig sind, war schon lange bekannt. Das sind die Renorenalsyndrome nach meiner Nomenklatur. Sie sind sehr viel seltener als die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch.
600. a) Selbstverständlich unterliegen auch die Nieren wie alle Organe einem Alterungsprozess (siehe oben Absatz 162a). Im Mittel nimmt die GFR bei Erwachsenen in jedem Jahr vielleicht um etwa 1 ml/min ab.
b) Der Hauptgrund für diese langsame Verschlechterung der GFR ist jedoch die ebenfalls altersbedingte Abnahme des Herzzeitvolumens HZV. Zusätzlich verschlechtern alle Herzkrankheiten und viele Extrakardialkrankheiten das HZV.
c) Denn GFR und HZV sind weitgehend proportional. Zwei Größen sind immer dann proportional, wenn ihr Quotient eine Konstante ist.
d) Ich behaupte, dass der Alterungsprozess der Nieren langsamer als bei den anderen Organen verläuft. Denn sich selbst reinigende Filter sind weitgehend unkaputtbar.
e) Der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV wird also im Zeitablauf größer und nicht kleiner. Mit anderen Worten: Die alterungsbedingte Abnahme der Nierenfunktion ist kleiner als die alterungsbedingte Abnahme des HZV.
f) Zusätzlich ist die krankheitsbedingte Abnahme der Nierenfunktion im Zeitablauf meistens kleiner als die krankheitsbedingte Abnahme des Herzzeitvolumens.
g) Deswegen sind alte Spendernieren durchaus für eine Nierentransplantation geeignet. Wegen der Proportionalität von GFR und HZV können die verpflanzten Nieren beim Empfänger sogar eine größere GFR als beim Spender haben.
h) Ein herzkranker Spender hat eine schlechte GFR. Seine Nieren sind jedoch gesund und können verpflanzt werden. Wenn der Spender ein Kardiorenalsyndrom und der Empfänger ein Renorenalsyndrom hat, dann liegen ideale Voraussetzungen für eine Nierentransplantation vor.
i) Auch dieser Grundsatz könnte die Wartezeit für die Nierentransplantation verkürzen. Die GFR des Spenders ist also kein Maß für die Güte des Spenderorgans.
j) Viel wichtiger als die Maxime old for old ist also der Grundsatz ill for all.
Also Ill-for-All statt nur Old-for-Old.
601. a) Wenn HZV und GFR proportional sind, dann ist die GFR nach dem letzten Herzschlag eines Sterbenden sofort GFR=0 ml/min. Es kommt also zum sofortigen Organversagen. Damit sind die Nieren wohl diejenigen Organe, die nach dem Herzversagen als erste nicht mehr arbeiten.
b) Beim Tod durch ein Multiorganversagen funktionieren zuerst das Herz und dann die Nieren nicht mehr. Siehe auch oben die Absätze 467c und 486.
c) Die Entnahme von Kadavernieren bei einem Organspender ist erst nach dessen Ableben erlaubt. Die Organentnahme bei Lebenden wäre als Tötungsdelikt zu werten, wenn man von der erlaubten renalen Lebendspende absieht.
d) Vor der Entnahme von Kadavernieren müssen also sichere Zeichen des Todes dokumentiert sein. Regelmäßig bezieht man sich hier auf den sogenannten Hirntod mit der Nulllinie im Elektroenzephalogramm.
e) Niemals darf der Entnahmezeitpunkt vor dem Sterbezeitpunkt liegen.
f) Vor der Organentnahme findet regelmäßig eine intersivmedizinische Behandlung statt, um die beiden Kreisläufe aufrechtzuerhalten.
g) Nach der Entnahme werden die Spenderorgane nicht mehr durchblutet. Es wird in den Adern zu Koagulationen kommen.
h) Die Zeitspanne zwischen Explantation und Implantation hängt vom Organ und von der Temperatur ab. Eine isolierte Organperfusion könnte die Überlebensdauer des Organs deutlich vergrößern. Eine solche Perfusion ist jedoch bei Nieren noch nicht üblich.
i) Es stellt sich also die Frage, wie lange eine Spenderniere nach dem Todeseintritt im Körper und außerhalb des Körpers des Spenders überdauern kann. Vermutlich nimmt die Leistungsfähigkeit von Nieren langsamer ab als die Leistungsfähigkeit anderer Organe.
j) Üblich ist die Organentnahme bei verstorbenen Unfallopfern. Warum wird bei den übrigen Todesfällen nicht an die Möglichkeit einer postmortalen Organspende gedacht? Warum werden Patienten im Finalstadium nicht intensivmedizinisch mit dem einzigen Ziel der Organentnahme betreut?
k) Soeben bekomme ich (am 13.12.2016) folgende Teilantwort auf diese Fragen: In einigen Akutkrankenhäusern mit einem angeschlossenen Hospiz oder mit einer Palliativstation wird regelmäßig an die Organspende gedacht. In vielen Fällen werde die Zustimmung verweigert. Kontraindikationen wegen Krebsleiden seien sehr selten. Ein Explantationsteam kommt zu den Sterbenden. Die Organentnahme darf erst nach Eintritt des Todes erfolgen.
602.) Mehrfach wurde oben Richard Bright als Erstbeschreiber des Hepatorenalsyndroms erwähnt. Hier eine weitere Quelle: "Ich habe andererseits gefunden, daß da, wo die Wassersucht auf einer organischen Veränderung der Leber beruhte, selbst im schlimmsten Stadium einer solchen Veränderung gemeinhin keine krankhafte Veränderung in den Nieren entdeckt wurde." Quelle: Johanna Bleker: "Die Geschichte der Nierenkrankheiten", Mannheim 1972, Seite 94. Dort angegebene Quelle: Richard Bright: "Report on Medical Cases", London 1827, Seite 2. - Bright erkannte klar den Zusammenhang zwischen einer Niereninsuffizienz als Folge einer Herzinsuffizienz bei herz- und nierengesunden Leberpatienten.
603. a) Warum kommt es bei der Herzinsuffizienz zu Ödemen? Die Luftnot bei der Herzinsuffizienz ist die direkte Folge des zu geringen Pumpvolumens sauerstoffreichen Blutes. Die Ödeme bei der Herzinsuffizienz wurden bislang pathophysiologisch nur unzureichend erklärt. Druck- und Konzentrationsunterschiede zwischen dem Intra- und dem Extravasalraum reichen als Erklärung nicht aus.
b) Ein reduziertes Herzzeitvolumen verkleinert die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Dadurch vergrößert sich die Kontaktzeit zwischen Blutstrom und Gefäßwand. Die Wahrscheinlichkeit vergrößert sich, dass ein Wassermolekül aus dem Blutplasma rechtwinklig zum Blutstrom vom Intravasalraum in den Extravasalraum übertritt. Es kommt schneller zum Ödem.
c) Das ist die direkte Folge der nunmehr vierten Definitionsformel für das Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen ist nicht nur das Produkt aus Schlagvolumen und
Herzfrequenz, der Quotient aus Blutdruck und Widerstand, die Wurzel des Quotienten aus Herzleistung und Widerstand, sondern viertens auch das Produkt aus Gefäßquerschnitt und
Blutgeschwindigkeit. HZV=Fg.
d) Begründung: Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus dem Schlagvolumen SV und Herzfrequenz HF oder mit anderen Worten der Quotient aus Volumen V und Zeit t. Das Volumen ist wiederum das Produkt aus der Querschnittsfläche F der Adern und der Kreislauflänge S (=Strecke). Also gilt HZV=SVxHF=V/t=FS/t=FSxHF=Fg mit der Blutgeschwindigkeit g=S/t.
e) Ein Zahlenbeispiel veranschaulicht diesen Zusammenhang. Es seien
HZV = 6 l/min = 6000 ml/min = 6000 cm³/min und
g = 1 m/sec = 60 m/min = 6000 cm/min.
Also gilt für den Adernquerschnitt F = HZV/g = (6000 cm³/min)/(6000 cm/min) = 1 cm².
f) Bei gegebenem Gefäßquerschnitt besteht eine Proportionalität zwischen dem Herzzeitvolumen und der Blutflussgeschwindigkeit. Der Gefäßquerschnitt ist der Proportionalitätsfaktor.
g) Zusätzlich bewirkt eine Vasodilatation eine Vergrößerung der Querschnittsfläche und bei konstantem Herzzeitvolumen eine weitere Verkleinerung der Blutflussgeschwindigkeit und damit eine Vergrößerung der Kontaktzeit zwischen Plasma und Intima, also eine Zunahme der Ödembildung.
h) Die Formel HZV=Fg gilt für beide Kreisläufe und für beide Schenkel. Im kleinen Kreislauf ist die Querschnittsfläche der Adern vermutlich größer als im großen; zum Ausgleich ist die Fließgeschwindigkeit kleiner. Ähnlich ist die Querschnittsfläche im venösen Schenkel größer als im arteriellen; zum Ausgleich ist die Fließgeschwindigkeit kleiner. Immer ist das Produkt Fg gleich dem Herzzeitvolumen.
i) Ebenso wird die Fließgeschwindigkeit des Blutes von seiner Rheologie beeinflusst. Tendenziell vergrößert eine Abnahme der Viskosität des Blutes die Fließgeschwindigkeit und damit das Herzzeitvolumen.
j) Heute am 2.1.2017 stellte ich bei wikipedia.de beim Stichwort Pipeline Folgendes zur Diskussion:Durch Nachdenken kam ich auf den folgenden Zusammenhang. Die Transportkapazität (Volumenstrom) wird in Volumen pro Zeit angegeben. Die Transportgeschwindigkeit (Strömungsgeschwindigkeit oder Fließgeschwindigkeit) wird in Weg pro Zeit angegeben. Das Volumen ist das Produkt aus Fläche und Weg. Also ist die Transportkapazität das Produkt aus der Querschnittsfläche und der Transportgeschwindigkeit. Die Fläche berechnet sich nach der Kreisformel A=πr². Also ist in jedem Rohr die Transportkapazität gleich dem Volumenstrom Q=vπr² mit dem Innenradius r und der Fließgeschwindigkeit v. Das entspricht dem Kontinuitätsgesetz. Gibt es dazu Quellen? --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 09:25, 2. Jan. 2017 (CET)
k) Beim Rohr ist die Berechnung einfacher als beim Menschen. Vermutlich ist hier der Innenradius eine Mittelwertbildung. Dabei ist das venöse vom arteriellen System zu unterscheiden. Ebenso ist für die Fließgeschwindigkeit ein Durchschnittswert zu berücksichtigen. Die Länge des Blutkreislaufs wird aber für die Berechnung nicht benötigt.
604.) Die GFR eines Menschen ist nicht der Mittelwert, sondern die Summe der Glomerulären Filtrationsraten der beiden Einzelnieren. Die GFR eines Menschen ist also das Doppelte des Mittelwertes der beiden Einzel-GFR.
605.) Warum kommt es wenige Minuten nach dem Aufwachen oft zu einer Polyurie? Erstens führt wegen der Proportionalität eine Zunahme des HZV immer sofort zu einer Zunahme der GFR. Zweitens wird die Tubulusfunktion vermutlich neurohormonell während des Schlafs gesteigert, um dann im Wachzustand wieder abzusinken. Drittens werden die Rezeptoren für den Füllungszustand der Harnblase aktiviert.
606. a) Die einzige kausale Therapie der Extrarenalsyndrome besteht in der Vergrößerung des
Herzzeitvolumens. Neben einer Vergrößerung der täglichen Trinkmenge steht hier die Behandlung der extrarenalen Grundkrankheiten im Vordergrund. Zu denken ist hier an kardiologische
(Kardiorenalsyndrom), pulmonologische (Pulmorenalsyndrom) und hepatologische (Hepatorenalsyndrom) Interventionen.
b) Ebenso besteht die einzige symptomatische Therapie der Extrarenalsyndrome in der Vergrößerung des Herzzeitvolumens. Im Vordergrund steht auch hier die Vergrößerung der täglichen Trinkmenge. Nur in sehr schweren Fällen ist zusätzlich die Nierendialyse als weitere symptomatische Therapieform indiziert. Eine Nierentransplantation ist bei den Extrarenalsyndromen immer kontraindiziert.
607. a) "Welche Voraussetzungen müssen für eine postmortale Organspende erfüllt sein?" - Diese Frage stellt die "Deutsche Stiftung Organtransplantation" (DSO) auf
ihrer Internetseite. Dort erwähnt sie fahrlässig nur den Todeseintritt und die Einwilligung. Quelle: www.dso.de.
b) Ebenso wird dort der "Ablauf einer postmortalen Organspende" in zehn Schritten erklärt. Diese Erklärung ist völlig falsch. Die Explantation darf nur in einem "Krankenhaus mit Intensivstation" vorgenommen werden. Vor der "Organentnahme" ist die "Fortsetzung der Intensivtherapie" erforderlich.
c) Offen bleibt also die Frage nach dem Beginn der Intensivtherapie. Beispiel: Ein Patient droht im Altenheim oder zu Hause zu versterben. Jetzt muss der Sterbende mit Blaulicht auf die Intensivstation verbracht werden. Welches Zeitfenster muss dafür eingehalten werden? Oder soll der Transport bereits wenige Stunden oder Tage vor dem absehbaren Ableben erfolgen? Ist eine Intensivtherapie nur zur Organentnahme zulässig?
d) Offenbar ist der Beginn der Intensivtherapie nach dem Todeseintritt nicht mehr möglich. Ein Transport der Leiche mit Blaulicht zur Intensivstation ist also nicht möglich.
e) Gibt es Ausnahmen von diesem Vorgehen für die Nieren? Wie lange sind die Nieren nach dem Todeseintritt ohne Intensivtherapie zu verwenden? Gibt es diesbezügliche Tabellen in Abhängigkeit vom Patientenalter und von der Umgebungstemperatur?
f) Axel Rahmel ist Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation. Er sieht den Hauptgrund für den Rückgang der Organspenden richtig "darin, 'dass es für viele Kliniken sehr aufwendig ist, sich um potentielle Organspender zu kümmern'." Zitat: "Focus", Heft 3/2017, 14.1.2017, Seite 19.
g) Ich fordere also eine Überarbeitung der Empfehlungen der DSO. Wie sollen die Krankenhausärzte reagieren, wenn sie telephonisch über das drohende Ableben eines spendewilligen Patienten informiert werden? Sollen Notärzte, Hausärzte, Altenpflegerinnen, Angehörige und Krankenschwestern zu solchen Anrufen ermuntert werden?
h) Siehe auch oben die Absätze 600 und 601 und unten den Absatz 608.
i) Notärzte verlegen Moribunde oft ins Akutkrankenhaus, weil sie die Wünsche des Patienten und seiner Angehörigen nicht kennen. Könnte ein akzeptabler Grund für solche oft kritisierten präfinalen Verlegungen nicht die Prüfung der Organspendefähigkeit sein?
j) Ebenso bleibt das Vorgehen auf der Intensivstation unklar. Wann ist der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine erforderlich? Wie ist zu verfahren, wenn die Zeitpunkte von Hirntod und Herztod von einander abweichen? Kann auf die extrakorporale Zirkulation zugunsten einer isolierten Nierenperfusion verzichtet werden?
608. a) Gestern gegen Mittag veröffentlichte ich den obigen Absatz 607. Am selben Abend des 23.1.2017 sendete die ARD von 22:45 bis 23.30 Uhr mit Unterstützung durch die DSO im ersten Fernsehprogramm die Dokumentationssendung "Organspende - zwischen Tod und Hoffnung".
b) Beim üblichen Vorgehen wird diese Reihenfolge eingehalten: 1. Organspendeausweis, 2. Kopfverletzung, 3. Intensivstation, 4. Kreislaufstabilisierung, 5. Hirntod, 6. Blutersatzperfusion, 7. Explantationen.
c) Andere Reihenfolgen wurden nicht thematisiert. Wegen der intravasalen Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) ist folgende Vorgehensweise wenn überhaupt, dann nur zeitlich eingeschränkt möglich: 1. Organspendeausweis, 2. Herztod, 3. Hirntod, 4. Intensivstation, 5. Reanimationsversuch, 6. Blutersatzperfusion, 7. Explantationen.
d) Besonders muss auch der folgende Weg thematisiert werden: 1. Organspendeausweis, 2. Intensivstation, 3. Herztod, 4. Reanimationsversuch, 5. Hirntod, 6. Blutersatzperfusion, 7. Explantationen.
609. a) Seit 2005 häufen sich Berichte über zunehmende Todesfälle bei chronischer Niereninsuffizienz besonders unter Zuckerrohrarbeitern vor allem in Nicaragua und in El Salvador. Die Todesursachen sind bislang völlig unbekannt. Man vermutet Pestizide, konnte diese aber offenbar in den Nieren der Verstorbenen nicht nachweisen. Die Nephrologen stehen vor einem Rätsel; man spricht von einer "mysteriösen Krankheit". Einen anderen Namen hat diese Krankheit noch nicht.
b) Vermutlich handelt es sich bei diesen Form der chronischen Nierenkrankheit also ebenfalls um ein Extrarenalsyndrom multifaktorieller Genese. Eine zu geringe orale Flüssigkeitsaufnahme, "harte Arbeitsbedingungen", die hohen Temperaturen mit vermehrtem Schwitzen, diverse Chemikalien und Umweltgifte führen zusammen mit anderen Krankheiten zu einem langsamen Multiorganversagen. Das Herzzeitvolumen nimmt ab. Die Blutspiegel der harnpflichtigen Stoffe steigen an und führen letztendlich zum Tod im Coma uraemicum. Schwere doppelseitige schmerzhafte Nierenkrankheiten im Sinne eines Renorenalsyndroms kommen offenbar bei den Betroffenen nicht vor.
c) Ein "Zerfall der Niere" (Zitat von "medico international") konnte offenbar nicht beobachtet werden. Zu Recht erwähnt "medico international" auch "Hitze und Flüssigkeitsmangel" als mögliche Ursachen. Ebenfalls zu Recht kommt das Wort "Nierenkrankheit" in den Medien kaum vor. Richtig wird von Nierenversagen, Nierenunterfunktion und Niereninsuffizienz berichtet.
610. a) Bei Wikipedia habe ich meine Anmerkungen zum Krankheitsbegriffn zur Diskussion gestellt. Siehe dort das Stichwort Krankheit mit dem Diskussionsbeitrag Nummer
21:
Ist "Erkrankung" (englisch vielleicht eher "sickness") synonym mit "Krankheit" (englisch vielleicht eher
"disease")? Im Artikel fehlt zumindest eine Erklärung hierzu bzw. eine Definition von Erkrankung. MfG, 21:30, 27. Jan. 2017 (CET) [ = Frage eines anderen Benutzers]
b) Noch eine Anmerkung zu den histologischen Veränderungen. Gewiss wird man bei den Extrarenalsyndromen und bei den Extrakardialsyndromen ebenso wie bei den postiktal gelähmten Extremitäten im Laufe der Jahre histologische Veränderungen finden. Das wird besonders deutlich beim Vergleich zwischen den gelähmten und den nicht gelähmten Extremitäten zu erkennen sein. Auch die gesündesten Nieren und Herzen werden im Laufe der Zeit als Folge des reduzierten Herzzeitvolumens gewisse histologische Veränderungen aufweisen. Diese Veränderungen können die Schwere der Organinsuffizienz jedoch nicht erklären. Außerdem können Renorenalsyndrome und Kardiokardialsyndrome, also tatsächliche Nieren- und Herzkrankheiten, zu zusätzlichen histologischen Veränderungen führen.
c) Weitere Beispiele für eine Organinsuffizienz ohne entsprechende Organkrankheit sind die Schielamblyopie und vielleicht auch der hormonell bedingte Haarausfall.
611. a) Fortsetzung von Absatz 575: Dem Deutschen Ärzteblatt schickte ich am einen Leserbrief zu dem Artikel "Klug entscheiden in der Nephrologie" mit massiver Kritik auch an der zuständigen Fachgesellschaft. Mit Schreiben vom 21.9.2016 teilte mir die Redaktion Berlin mit, meinen Kommentar "gerne in unserer Leserbriefrubrik veröffentlichen" zu wollen. "Ihr Leserbrief wird ... nach der Veröffentlichung im gedruckten Heft in unser Archiv aufgenommen und ist online abrufbar."
b) Lange passierte nichts. Nach telephonischer Rückfrage erhielt ich mit Datum vom 24.1.2017 vom Chefredakteur folgenden Brief: "Leider ist dieser, trotz der Ihnen bereits zugestellten Zusage, aufgrund interner Abstimmungsprozesse doch nicht in unsere Heftplanung aufgenommen worden. Ein Abdruck zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht mehr möglich, da der Artikel, auf den sich der Brief bezieht, bereits im September 2016 erschienen ist."
c) Und weiter: "Um Ihren Brief dennoch den Lesern des Deutschen Ärzteblattes zugänglich zu machen, würde ich Sie bitten, ihn direkt unter der Originalversion des Artikels zu veröffentlichen. Um Kommentare oder Leserbriefe zu unseren Online-Meldungen zu veröffentlichen, befindet sich unter jedem Artikel das Feld 'Leserkommentare'. Dort können Sie Ihren Beitrag in voller Länge einstellen." Das will ich jetzt am 4.2.2017 versuchen.
d) Der Versuch gelang sofort. Der Leserbrief ist jetzt automatisch sichtbar auf der Website http://www.aerzteblatt.de/archiv/181805/Klug-entscheiden-in-der-Nephrologie.
612. a) Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) gibt die Zeitschrift "Cardio News" heraus. In der Ausgabe 1/2 vom 3.2.2017 findet sich auf Seite 2 von Peter Overbeck der Artikel "Vorhofseptumshunt als innovative Therapie" bei diastolischer Herzinsuffizienz mit der Quelle "The Lancet" [Gerd Hasenfuß et alii, Volume 387, 26.3.2016, No. 10025, pages 1298-1304]. Dort wird über die Phase-1-Studie Reduce-Lap-HF berichtet. Ein "über die Femoralvene eingebrachtes Transkatheter-Device (Inter Atrial Shunt Device, IASD; Hersteller: Corvia Medical) in Form einer Spange" führt zu einem iatrogenen Links-rechts-Shunt. "Es wurde kein Rechts-Links-Shunt nachgewiesen" (Zitate Seite 2).
b) "Auch nach einem Jahr war eine signifikante anhaltende funktionelle Verbesserung anhand der NYHA-Klassifikation feststellbar" (Zitat Seite 2). Dazu folgende Anmerkungen:
c) Ich zweifele an der Existenz einer diastolischen Herzinsuffizienz. Das einzige objektive Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz ist das Herzzeitvolumen (englisch: cardiac output). Für diesen Output ist das Zusammenspiel von Systole und Diastole erforderlich. Eine gedankliche Trennung erscheint sinnlos. Das Herzzeitvolumen muss gemessen werden. Nur so kann ein Therapieerfolg objektiviert werden.
d) Offenbar kennen die Autoren die Formel Herzzeitvolumen plus Links-rechts-Shunt-Volumen gleich Lungenzeitvolumen plus Rechts-links-Shunt-Volumen nicht. Jedes Shuntvolumen verkleinert automatisch das Herzzeitvolumen. Eine Verbesserung allein durch das Device ist also unmöglich.
e) "Besserung könnte eine Druckentlastung des linken Vorhofes bringen" (Zitat Seite 2). Das ist nach der Formel HZV=RR/R unmöglich. Jede Drucksenkung verkleinert ceteris paribus das Herzzeitvolumen und verschlechtert so jede Herzinsuffizienz.
f) Mögliche Verbesserungen der "Lebensqualität" müssen nicht auf einem "Placebo-Effekt" (Zitate Seite 2) beruhen. Gewiss kam es auch zu therapeutischen Verbesserungen durch andere Maßnahmen im Rahmen des umfangreichen Studienprotokolls.
613. a) Christian Bruer schreibt in der "Praxis-Depesche" (31. Jahrgang, Heft 1/2017, 30.1.2017, Seite 8) einen Artikel zur "Überdiagnose der Herzinsuffizienz in der allgemeinärztlichen Praxis" mit der Quellenangabe M. J. Valk: "Overdiagnosis of heart failure in primary care", in: "British Journal of General Practice", 2016, Seite 649. Ebenso äußert er sich "zum Problem der Unterdiagnose der Herzinsuffizienz".
b) Wenn es kein Stadium 0 nach NYHA gibt, dann hat jeder Mensch zumindest das erste Stadium der Herzinsuffizienz mit dem Symptom einer Luftnot bei großen Belastungen.
c) Als Kriterien für das Vorhandensein einer Herzinsuffizienz gelten nach Christian Bruer entweder "echokardiographisch objektivierbare strukturelle oder" aber "funktionelle Veränderungen am Herzen" (Zitate Seite 8). - Also histologische Veränderungen des Herzens oder Einschränkungen der Herzfunktion im Sinne eines reduzierten Herzzeitvolumens. Bei den histologischen Veränderungen werden die Extrakardialsyndrome vergessen. Und das reduzierte Herzzeitvolumen wird nicht explizit erwähnt.
d) Insgesamt ist die referierte niederländische Arbeit also wertlos. Ebenso ist der zitierte Prädikor für Überdiagnosen, nämlich eine "häufigere Niereninsuffizienz" wertlos. Denn niemals ist das Stadium der Niereninsuffizienz kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz.
e) Ein Überdiagnostizieren der Häufigkeit der Herzinsuffizienz kann es also per definitionem gar nicht geben. Ein Unterdiagnostizieren der Häufigkeit der Herzinsuffizienz kann man vermeiden, wenn man jedem Menschen zumindest das erste Stadium nach NYHA zuordnet. Der Erkenntnisgewinn eines solchen Vorgehens ist jedoch gleich null.
f) Man muss also immer die Diagnosen für die Kardiokardialsyndrome und für die Extrakardialsyndrome benennen und in ihrer Schwere gewichten. Die Herzinsuffizienz ist keine Krankheit, sondern das Symptom aller Herzkrankheiten vieler anderer Krankheiten.
614. a) Krankheitsbedingte Einschränkungen der Funktion der Glomeruli sind selten. Denn jedes geeignete Molekül, welche die Schlitzmembranen der Podozyten erreicht, wird immer zuverlässig glomerulär filtriert. Krankheitsbedingte Einschränkungen der Funktion der Tubuli sind noch viel seltener. Denn jede Einschränkung der aktiven Rückresorption in den Tubuli würde das Volumen des Sekundärharns so schnell vergrößern, dass es mit dem Leben nicht mehr vereinbar wäre.
b) Mehr dazu oben in den Absätzen 543e, 548, 571 und 574.
c) Im Normalfall beträgt die tubuläre Rückresorptionsquote etwa 99 Prozent des Primärharns. Pro Zeiteinheit beträgt das Sekundärharnvolumen SHV also etwa ein Prozent des Primärharnvolumens PHV. Das Primärharnvolumen pro Zeiteinheit ist identisch mit der GFR.
d) Der Quotient aus dem Urinfluss UV pro Zeiteinheit und der GFR ist also identisch mit der Differenz (1 minus Rückresorptionsquote). 1 - RRQ = UV/GFR.
e) Ein Zahlenbeispiel: Pro Tag werden 1,5 Liter Urin produziert. Bei einer GFR=150 l/d beträgt der Anteil des Urinvolumens am Primärharnvolumen (1,5 l/d) /
(150 l/d) = 0,01 oder ein Prozent. Die Zahl (1 - Rückresorptionsquote) ist der Anteil des Sekundärharns am Primärharn. Es gilt also 1-RRQ = UV/GFR oder 1 - UV/GFR = RRQ
Ffür die Rückresorptionsquote RRQ = ( 1 - 0,01 ) = 0,99 oder 99 Prozent.
f) Der Wirkmechanismus aller Diuretika ist eine iatrogene Verschlechterung der tubulären Rückresorptionsquote RRQ. Für jedes Diuretikum kann also eine spezielle Rückresorptionsquote pro Milligramm des Wirkstoffs angegeben werden.
g) Ein Milligramm des Diuretikums A reduziert beim durchschnittlichen Erwachsenen die RRQ um y Prozent. Therapeutisch ist jetzt also zwischen der Ist-RRQ und der Soll-RRQ zu unterscheiden.
h) Wenn bei einem Herzinsuffizienten Ödeme ausgeschwemmt werden sollen, dann sind in erster Linie das HZV und damit die GFR zu vergrößern. Bei konstanter RRQ vergrößert sich das Urinvolumen. - Wenn dagegen bei konstantem HZV und konstanter GFR Ödeme ausgeschwemmt werden sollen, dann muss die tubuläre RRQ iatrogen verkleinert werden.
i) Wenn jetzt ein gegebener Urinfluss auf das x-fache gesteigert werden soll, dann muss die Differenz (1-RRQ) auf das x-fache gesteigert werden. Ungefähr muss also die RRQ um x Prozent reduziert werden. Dafür sind x/y Milligramm des Diuretikums erforderlich.
j) Zahlenbeispiel: Ein Milligramm eines bestimmten Diretikums reduziert beim Erwachsenen die Rückresorptionsquote um y = 0,003 oder um 0,3 Prozentpunkte, also zum Beispiel von RRQ = 99 % auf 98,7 %. Die Ist-RRQ=0,99 entspricht einem Urinfluss von 0,5 l/d. Dieser Urinfluss soll jetzt innerhalb von 24 Stunden einmalig auf 5 l/d verzehnfacht werden. Also muss die Soll-RRQ jetzt 5 Prozentpunkte weniger betragen. Die RRQ muss von 99 % um 5 % auf etwa 94 % reduziert werden. Der Steigerungsfaktor x beträgt also 5. Denn die RRQ soll sich von 99 % auf 94 % reduzieren. Der Faktor y soll 0,3 Prozentpunkte pro Milligramm betragen. Dafür sind etwa x/y=5/(0,3/mg)=17 mg des Wirkstoffes erforderlich.
k) Die Kombination verschiedener Diuretika mit verschiedenen Wirkmechanismen führt zur Addition der Effekte.
l) Therapeutisch müssen zur Diurese also zuerst bei konstanter tubulärer Rückresorptionsquote RRQ das Herzzeitvolumen HZV und damit die dazu proportionale Glomeruläre Filtrationsrate GFR vergrößert und anschließend bei konstanter GFR die RRQ mit verschiedenen Diuretika verkleinert werden. Eine Ver-x-fachung der Urinproduktion erfordert bei gegebener GFR eine Ver-x-fachung von (1-RRQ), also eine Reduktion der RRQ um ungefähr x Prozent.
615. a) Die alten Begriffe Herzkraft, Herzarbeit und Herzleistung werden heutzutage von den Kardiologen fahrlässig vermieden. Zur Herzkraft siehe oben die Absätze 245l, 384d und 417. Zu Herzarbeit und Herzleistung siehe oben die Absätze 590 bis 592.
b) Die Kraft F ist das Produkt aus der Masse m und ihrer Beschleunigung a. Es gilt für die Herzkraft also die Formel F=ma mit der Einheit N=kgm/sec². Die Herzkraft beschleunigt das Blut in den Schlagadern. Die Herzarbeit ist jetzt das Produkt aus Herzkraft und Arterienlänge, denn Arbeit ist Kraft mal Weg. Die Kontraktionskraft des Herzens wird als Inotropie bezeichnet. - Siehe auch oben Absatz 592k.
616. a) Im kardiogenen Schock werden Inotropika und Vasopressoren verordnet. Inotropika vergrößern die Herzkraft und damit die Herzarbeit und die Herzleistung. Bei konstantem peripherem Widerstand vergrößert sich das Herzzeitvolumen als Quadratwurzel aus Herzleistung und peripherem Widerstand.
b) Vasopressoren (Vasokonstriktoren, Vasokonstringenzien) verkleinern den Arterienradius und vergrößern so den peripheren Widerstand. Bis zum Beweis des Gegenteils sind sie also im Schock kontraindiziert. Eine beabsichtigte Vergrößerung des Herzzeitvolumens kann durch eine zusätzliche Volumensubstitution erzielt werden, wenn dadurch kompensatorisch der Blutdruck stärker als der periphere Widerstand vergrößert wird. Denn das Herzzeitvolumen ist der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand.
c) Vasodilatatoren dagegen vergrößern den Adernradius und verkleinern so den peripheren Widerstand. Sie vergrößern ceteris paribus das Herzzeitvolumen und damit die Herzinsuffizienz als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes.
617. a) Am 28.4.2017 erschien in Heft 17/2017 des Deutschen Ärzteblattes auf Seite 300 mein Diskussionsbeitrag "Funktionsstörung ist nicht gleich Schädigung" als Antwort zum Beitrag "EDV-gestützte Frühwarnsysteme bei akuter Nierenschädigung" von Michael Haase und Anja Haase-Fielitz (siehe oben die Absätze 247c, 391b und 468a), Jürgen Floege (siehe oben Absatz 575) et alii in Heft 1-2/2017 des Deutschen Ärzteblattes.
b) Die acht Autoren des von mir kritisierten Beitrages begrüßen ausdrücklich meinen Kommentar. Aber offenbar haben sie meine beiden Hauptkritikpunkte nicht verstanden.
c) Die Extrarenalsyndrome sind definiert als Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Eine Nierenschädigung liegt einer Niereninsuffizienz meistens also eben gerade nicht zugrunde. Trotzdem schreiben die von mir kritisierten Autoren auf Seite 300 irrtümlich wieder von einer "Nierenschädigung".
d) Auch der fundamentale Unterschied zwischen Letalität und Mortalität wurde nicht ansatzweise verstanden. Unstrittig kommt es in beiden Fällen zum Tod des Patienten. Bei der Letalität stirbt der Patient an (durch, wegen) Nierenschädigungen. Bei der Mortalität stirbt der Patient bei (mit, während) einer Nierenkrankheit.
e) Aber vermutlich liegt in beiden Fällen gar keine Nierenkrankheit (Nierenschädigung oder Nephropathie) vor. Das Wort Nierenschädigung muss also durch den allgemeineren Begriff der Niereninsuffizienz ersetzt werden. Wenn keine Nierenkrankheit vorliegt, kann man auch nicht an einer Nierenkrankheit sterben. Die Letalität der Niereninsuffizienz ist also in vielen Fällen (auch wegen der Nierendialyse) gleich null. Und die Mortalität der Niereninsuffizienz beruht auf den extrarenalen Ursachen der Niereninsuffizienz, also auf den Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch.
f) Gerade der Begriff der Letalität setzt also immer eine Kausalität zwischen Krankheit und Tod zwingend voraus. Das ist gesundheitsökonomisches und sozialmedizinisches Basiswissen. Wenn diese Kausalität nicht besteht, muss man von der Mortalität sprechen. Niemals ist also die Letalität einer Krankheit größer als die Mortalität dieser Krankheit.
618. a) Georg Ertl (siehe oben die Absätze 286h und 338b), Susanne Brenner und Christiane E. Angermann thematisieren "Kardiales Remodelling nach
Myokardinfarkt" (in: "CME - Premium-Fortbildung für die medizinische Praxis", Jahrgang 14, Heft 5/2017, Seiten 47 bis 58) richtig als eine der Ursachen der Herzinsuffizienz.
b) Ebenfalls richtig fordern sie "zwingend, dass [die] kardiale Pumpfunktion ...sequentiell und quantitativ untersucht und dokumentiert" (Zitat Seite 51) wird. Das Herzzeitvolumen muss also regelmäßig bestimmt werden.
c) Die grundlegenden pathophysiologischen Zusammenhänge werden jedoch nicht erkannt. Jede Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Genauer muss man vom Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes sprechen. Jede Herzkrankheit und viele Extrakardialkrankheiten verursachen eine Herzinsuffizienz. Die Therapie der Herzinsuffizienz besteht also in einer Vergrößerung des HZV. Die einzige Ausnahme von diesem Grundsatz ist die Anämie als Ursache der Herzinsuffizienz; hier hilft eine Vergrößerung des Hämoglobinwertes.
d) Neben den Kardiokardialsyndromen muss man also immer auch an das Pulmokardialsyndrom, an das Hepatokardialsyndrom und auch an das Zerebrokardialsyndrom denken. Das sind die drei Extrakardialsyndrome in Analogie zu den Extrarenalsyndromen. Immer verkleinern sich das HZV und als Folge davon die GFR.
e) Gerade an das Zerebrokardialsyndrom wird kaum gedacht. Das Gehirn kann das Herzzeitvolumen verändern. Richtig weisen die drei Autoren auf diesen Zusammenhang hin, wenn sie auf Seite 51 "spezifische Veränderungen in den Gehirnregionen" und "Rückbildungen dieser Veränderungen im Gehirn" erwähnen.
619. a) Das Chartis-System ist ein Lungenbewertungssystem zur Identifizierung von geeigneten Patienten für eine Behandlung des Lungenemphysems mit dem Zephyr-Ventil zur Lungenvolumenreduktion LVR (lung volume reduction). Es wird dabei die Kollateralventilation gemessen. Außerdem werden der Atemwegswiderstand, der Exspirationsfluss, der Luftdruck und der Luftwiderstand gemessen.
b) Die Kollateralperfusion wird dabei nicht zwingend bestimmt. Oft erfolgt jedoch zusätzlich eine quantitative Perfusionsszintigraphie.
c) Es werden also oft nur Aussagen zur Luftlungenfunktion, nicht aber zur Blutlungenfunktion gemacht. Belüftung (Ventilation) und Durchblutung (Perfusion) sind in den Lungen gleichberechtigt und gleich wichtig.
d) Erinnert wird an den Euler-Liljestrand-Effekt. Zur Ökonomisierung führen Veränderungen der Ventilation zu gleichgerichteten Veränderungen der Perfusion und umgekehrt.
e) Jede Lungenvolumenreduktion verringert also im Zweifel immer auch das Lungenzeitvolumen und damit das Herzzeitvolumen und auch die Glomeruläre Filtrationsrate.
f) Es muss also bei der iatrogenen Lungenvolumenreduktion mit einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz gerechnet werden. Nur in Einzelfällen konnte ein Rückgang der Mortalität beobachtet werden. Eine Verbesserung der Lebensqualität wird also mit einer vermehrten Sterblichkeit bezahlt. Bei der üblichen medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz wird genau das Gegenteil beobachtet. Hier wird eine Verringerung der Mortalität im Zweifel mit einer weiteren Verschlechterung der Herzfunktion bezahlt.
g) Die Therapie von Lungeninsuffizienz und Herzinsuffizienz muss neu überdacht werden. Es ist dabei an die Pulmokardialsyndrome und an die Kardiopulmonalsyndrome zu denken. Es gibt die Lungeninsuffizienz ohne Lungenkrankheit sowie die Herzinsuffizienz ohne Herzkrankheit.
h) Diese gegenläufige Beziehung von Lebenserwartung und Lebensqualität bezeichnet man in Nationalökonomie als Trade-off. Diese Austauschbeziehung entspricht der umgekehrten Proportionalität in der Mathematik.
620. a) Ich behaupte, es gibt keine diabetische Nephropathie. Zumindest können die oft geringen histologischen Veränderungen eine schwere Niereninsuffizienz nicht erklären.
b) Hinweise für die Richtigkeit meiner Behauptung finde ich immer wieder. Zum Beispiel in der Arbeit "Diabetische Nephropathie" von Stephan Christian Werth und Jürgen Steinhoff (in: "CME - Premium-Fortbildung für die medizinische Praxis", Jahrgang 14, Heft 4/2017, Seiten 49 bis 58).
c) Der Diabetes mellitus führt zur "Manifestation mikro- und makroangiopathischer, insbesondere kardiovaskulärer, Endorganschäden" (Zitat Seite 50). - Die Zuckerkrankheit schädigt die Arterien und das Herz, nicht aber die Nieren. Das sind die Kardiorenalsyndrome, also die Niereninsuffizienz bei Nierengesundheit.
d) Es konnte durch "renoprotektive Therapiestandards" das "Progressionstempo zur terminalen Nierenfunktionsstörung ... insgesamt nur unbefriedigend beeinflusst werden" (Zitat Seite 50). - Erklärung: Bei den Extrarenalsyndromen müssen die extrarenalen Krankheiten behandelt werden. Nierentherapeutika gibt es nicht (Ausnahme: Zystennieren). Die Podozyten sind elektromechanische Filter, die sich medikamentös nicht beeinflussen lassen.
e) Die beiden Autoren wundern sich darüber, "dass der Einsatz von Enalapril oder Losartan über fünf Jahre keine renoprotektive Wirkung hatte und erstaunlicherweise auch keine Wirkung auf die renale Histologie zeigte" (Zitat Seite 53).- Das ist nicht verwunderlich. Wenn es keine diabetische Nephropathie gibt, dann gibt es auch keine derartigen histologischen Veränderungen. Wenn man den Blutdruck senkt, dann verschlechtert man iatrogen das HZV und die dazu immer proportionale GFR. Ich erinnere an die Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R.
f) Die Kombinationstherapien "enttäuschten jedoch die Erwartungen und mussten aufgrund relevanter Risikoerhöhung für das Auftreten ... akuter Nierenfunktionsverschlechterungen im Behandlungsarm vorzeitig beendet werden" (Zitat Seite 53). - Jede Blutdrucksenkung verschlechtert ceteris paribus das HZV und damit die GFR. Das hätte man vorher wissen können. Denn der Blutdruck steht im Zähler der Formel HZV=RR/R.
g) Ob eine andere medikamentöse Therapie der Niereninsuffizienz "einen Beitrag zur Progressionshemmung bei diabetischer Nephropathie leisten kann, ist Gegenstand klinischer Forschung" (Zitat Seite 54). - Die Therapie der Extrarenalsyndrome besteht in der Therapie der Kardiorenalsyndrome. Ventrikelvolumen VV, Nettoejektionsfraktion EF, Herzfrequenz HF und Blutdruck RR müssen vergrößert werden, weil sie im Zähler stehen. Nur der periphere Widerstand R steht im Nenner, deswegen muss er verkleinert werden. Alle anderen Optionen sind kontraindiziert.
h) Mit Empagliflozin (Handelsname Jardiance) konnte "nicht nur eine Senkung der kardiovaskulären Mortalität, sondern auch eine Risikoreduktion von 39 % für renale Ereignisse ... erzielt werden" (Zitat Seite 54). - Zu einer verbesserten GFR kam es jedoch nicht. Eine verbesserte Therapie der Zuckerkrankheit kann bereits bestehende Endorganschäden nicht rückgängig machen. Es kann nur eine weitere Verschlechterung verlangsamt werden. Das gilt für HZV und GFR, also für Herz- und Niereninsuffizienz.
i) Nur nebenbei: Die Autoren verwenden oft die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min, manchmal aber auch die abenteuerliche Einheit ml/min/1,73 m 2
KÖF. Üblicherweise werden die Körperoberfläche mit KOF und die Klappenöffnungsfläche mit KÖF abgekürzt.
621. a) Zur Bedeutung der Anurie sind eine wichtige Anmerkungen erforderlich. Die Anurie ist die Folge einer guten Tubulusfunktion und nicht die Folge einer schlechten Glomerulumfunktion.
b) Die Pumpfunktion des Herzens wird durch das Herzzeitvolumen quantifiziert. Die renale Perfusion und damit die glomeruläre Filtration sind immer proportional zum Herzzeitvolumen. Bei Belastung vergrößern sich das HZV und die GFR. In Ruhe verkleinern sich HZV und GFR.
c) Die Funktion der Tubuli ist weit gehend unabhängig von der Funktion der Glomerula. Niemals ist die Reduktion der Primärharnbildung so stark, dass eine Anurie die Folge wäre.
d) Jede Anurie ist vielmehr die Folge einer Funktionsverbesserung der Nierenkanälchen. Diese Verbesserung wird neurohumoral gesteuert. Diese Steuerung ist vielleicht auch von der GFR abhängig. Eine große GFR wird die Tubulusfunktion weiter verbessern. Eine kleine GFR wird die Tubulusfunktion im Zweifel ebenfalls verbessern.
e) Diese beiden Verbesserungen der Tubulusfunktion sollen den Verlust kostbarer und wertvoller Bestandteile des Primärharns verhindern. Wasser und Elektrolyte sollen dem Blutkreislauf wieder zugeführt werden. Das ist sowohl bei der Exsikkose wie auch bei Belastungen lebensnotwendig.
f) Im Extremfall führt diese neurohumoral gesteuerte Verbesserung der Tubulusfunktion zur Anurie. Dafür ist eine Steigerung der tubulären Rückresorptionsquote von 99 % auf 100 % erforderlich.
g) Bei einer Anurie werden also kein Sekundärharn und somit keine harnpflichtigen Stoffe renal ausgeschieden. Es kommt zur Akkumuöation er harnpflichtigen Stoffe im Blut. Zu diesen Stoffen zählen auch Kreatinin und Cystatitin C.
h) Jede Labordiagnostik im Stadium einer Anurie liefert also falsch positive Werte für die glomeruläre Filtration. Denn alle Schätzformeln für die GFR erfordern die Plasmakonzentrationen zum Beispiel von Kreatinin, Cystatin C oder Harnstoff. Diese Schätzformeln dürfen nur unter der Prämisse einer fehlenden tubulären Rückresorption angewendet werden.
i) Bei einer Anurie ergibt die Labordiagnostik also fälschlich Hinweise auf eine Niereninsuffizienz, obwohl oft gerade eine verbesserte glomeruläre Filtration die Ursache der verbesserten Tubulusfunktion und damit der konsekutiven Anurie ist. Auch bei einer verschlechterten GFR ist die Anurie nicht die direkte Folge dieser Verschlechterung, sondern im Gegenteil ein (indirekter) lebensnotwendiger Kompensationsmechanismus zum Ausgleich dieser Verschlechterung.
622.) Fortsetzung meiner Darlegungen zum Thema "Anurie beim Marathonlauf". Siehe oben die Absätze 276 und 571 zum Marathonlauf und die Absätze 399c, 454g, 492, 548 und 621 zur Anurie bei körperlicher Belastung.
b) Kraft = Masse mal Beschleunigung; Beschleunigung gleich Geschwindigkeit pro Zeit.
Arbeit = Energie = Kraft mal Weg
Leistung = Arbeit pro Zeit.
Es gilt also durch Umformung:
Leistung = (Masse mal Geschwindigkeit mal Weg):(Zeit mal Zeit).
c) Ein Leistungssportler kann seine Wettkampfleistung kaum noch steigern. Die Leistung ist also konstant. Die Länge der Marathonstrecke ist definiert und damit auch konstant. In einer gegebenen Zeitspanne ist also beim Wettkampf das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit ebenfalls konstant. Die Dimension der Leistung ist Masse mal Weg²/Zeit³.
d) Bei gegebener Leistung und bei gegebenem Weg ist also der Quotient aus Masse und Zeit³ eine Konstante.
e) Jede Massenreduktion ist also mit einer Zeitreduktion identisch. Je weniger Gewicht, desto eher am Ziel. Deswegen kämpften die antiken Sportler ohne Kleidung und ohne Schuhe. Deswegen ist außerdem eine genaue Trinkmengenplanung Teil der Strategie beim Marathonlauf. Man sollte beim Laufen nur soviel Wasser trinken, wie durch Transpiration verloren geht.
f) Wenn durch beide Maßnahmen der Mittelwert des Körpergewichtes um x Prozent reduziert wird, dann reduziert sich auch die dritte Potenz der benötigten Zeit um x Prozent. Man muss also die dritte Potenz der bisherigen benötigten Zeitdauer um x Prozent reduzieren. Die dritte Wurzel aus dieser Differenz ist die neue gesuchte Laufzeit.
g) Selbstverständlich darf ein Marathonläufer nicht zu wenig trinken. Trinkt er dagegen zu viel, kommt er später ins Ziel. Manche Marathonläufer vermeiden sogar Trinkpausen. Wird auch beim Laufen auf das Trinken verzichtet? Unklar bleibt, ob auch Miktionspausen (Pinkelpausen) vermieden werden oder ob Miktionen beim Laufen ("laufen lassen") vorkommen.
h) Weder in der deutschen noch in der englischen Wikipedia findet man beim Stichwort Marathonlauf brauchbare Hinweise zum Trinken. Anmerkungen zum Ballast und zur Miktion fehlen vollständig. In der englischen Version wird angemerkt, dass es beim Langlauf bislang keine dokumentierten Todesfälle durch Dehydratation, wohl aber viele Todesfälle als Folge einer Hyponatriämie gab. Eine zu große orale Flüssigkeitsaufnahme schadet, während eine zu kleine orale Flüssigkeitsaufnahme nicht schadet. Man findet Angaben zur Sauerstoffaufnahme, nicht aber zum Herzzeitvolumen.
623. a) Wilfred Druml bezweifelt zu Recht mit guten Argumenten die Existenz der kontrastmittelinduzierten Nephropathie. Quelle: "Nephro-News - Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", Jahrgang 19, Ausgabe 2/2017, Seiten 1 bis 7.
b) Dieser Ansicht schließe ich mich an. Zusätzlich bezweifele ich aber auch noch die Existenz zum Beispiel der diabetischen Nephropathie oder der tubulointerstitiellen Nephritis.
c) Falsch ist dagegen Wilfred Drums folgende Behauptung auf Seite 6: "Eine erhöhte Volumenzufuhr führt aber auch nicht - wie häufig fälschlicherweise angenommen wird - zu einer verbesserten 'Entgiftung' (das naive Konzept der 'Nierenspülung')." - Selbstverständlich ist diese Behauptung weder naiv noch falsch, sondern richtig. Jede Vergrößerung der renalen Perfusion vergrößert auch die GFR, und zwar immer proportional zum HZV. Diese Perfusionsvergrößerung darf man als Nierenspülung oder Entgiftung bezeichnen. Die harnpflichtigen Substanzen werden vermehrt ausgeschieden. Ihre Serumkonzentration sinkt. Wenn diese Konzentrationen vor Beginn der "überhöhten Volumenzufuhr" (Zitat Seite 6) nicht zu Beschwerden geführt haben, dann können auch keine Beschwerden verschwinden. Die Niere ist ein Filter: Manchmal wird viel Plasma gefiltert, manchmal wird wenig Plasma gefiltert. Die GFR ist mal groß und mal klein. Urämische Beschwerden sind selten.
d) "Drei neue Studien haben nun negative Effekte einer (überhöhten?) Flüssigkeitszufuhr zur Prävention einer CIN [=kontrastmittelinduzierte Nephropathie] beschrieben. ... Bei über 1000 Patienten mit mäßiggradig eingeschränkter Nierenfunktion (eGFR < 90 ml/min) fanden Liu und Mitarbeiter unter einer Volumenzufuhr eine signifikant höhere Rate an AKI [acute kidney injury; akute Niereninsuffizienz] und auch eine höhere Mortalität (!) (Liu Y; J Am Heart Assoc 2016; 5 : e003171)" (Zitat Seiten 6 und 7). - Jede Flüssigkeitszufuhr vergrößert das HZV und die GFR. Jede Niereninsuffizienz müsste sich durch eine Volumenzufuhr verbessern. Ausnahmen von dieser Grundregel sind Patienten zum Beispiel mit einer sehr schweren Herzinsuffizienz. Dass jedoch eine "überhöhte" Flüssigkeitszufuhr die Mortalität vergrößert, verwundert nicht. Daran hat Wilfred Druml gedacht, als er den Klammerzusatz "(überhöhten?)" auf Seite 6 einfügte. - Siehe auch oben Absatz 622h.
624. a) Denise Härter und Bjoern Andrew Remppis (siehe oben Absatz 36d) schreiben in den "Nephro-News" (Jahrgang 19, Ausgabe 2/2017, Seiten 16 bis 20) über "Angiotensin-Rezeptor und Neprilysin-Inhibition (ARNI)".
b) Zu Recht halten sie die Klassifizierung des Kardiorenalsyndroms nach Claudio Ronco für "für den klinischen Gebrauch nicht wirklich hilfreich" (Zitat Seite 16).
c) Ebenfalls zu Recht beschreiben sie "die enge pathophysiologische Verquickung von Herz und Niere" (Zitat Seite 16). - Die Bedeutung der Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch erkennen sie jedoch nicht.
d) Ebenfalls auf Seite 16 kritisieren sie sogar "die Hypothese des arterial underfilling, das heißt [...] die eingeschränkte ventrikuläre Auswurfleistung mit konsekutiver Minderung der Nierendurchblutung als ursächlichen Zusammenhang für das Auftreten einer akuten Herzinsuffizienz".- Dieser Zusammenhang wird von beiden Autoren nicht verstanden. Die Herzinsuffizienz muss als zu kleines kardiales Pumpvolumen definiert werden. Das einzige objektive Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz ist das Herzzeitvolumen. - Jetzt muss man erkennen, dass bei jeder Herzinsuffizienz nicht nur die ventrikuläre, sondern auch die identische atriale Auswurfleistung im selben Umfang reduziert sein muss. Bei jedem Herzschlag muss das Schlagvolumen aller vier Herzhöhlen immer identisch sein.
e) Obwohl die Bedeutung des Herzzeitvolumens von den beiden Autoren nicht erkannt wird, findet sich auf Seite 17 in der Abbildung 1a der Hinweis einer Vergrößerung des Herzzeitvolumens einer 71-jährigen Beispielpatientin im Therapieverlauf unter Entresto von 3,7 l/min auf 5,4 l/min.
f) In Abbildung 1b wird das Alter der zweiten Beispielpatientin irrtümlich ebenfalls mit 71 statt richtig mit 76 Jahren angegeben. Hier fehlt die Angabe des Herzzeitvolumens. Hier verschlechtert sich die GFR im Verlauf zuerst von 45 auf 35 ml/min, um sich dann auf 56 ml/min zu verbessern. Beide Autoren verwenden jedoch die dreifach falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m². Bei Nierengesunden ist die GFR ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz. Gefordert wird jedoch die Angabe des Herzzeitvolumens.
625. a) Marie-Luise Hanus gibt für den Burda-Verlag in der Rubrik "Gesund & fit" regelmäßige "Tipps aus der Praxis". Quelle: "Freizeit Revue", Nummer 25/2017, 14.6.2017, Seite 74.
b) Unter der Überschrift "Schwache Niere" wurde folgende Frage gestellt: "Ich habe nur eine Niere und mein GFR-Wert liegt bei 51. Mein Hausarzt meint, mit meinen 81 Jahren wäre das okay. Stimmt das?"
c) Marie-Luise Hanus antwortet: "Die Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) gibt an, wie viel Milliliter Blut eine Niere pro Minute von Schadstoffen reinigt und mit dem Urin ausscheidet."
d) Die GFR ist das Plasmavolumen, welches pro Zeiteinheit von Kreatinin befreit wird.
e) Bei einem Hämatokrit von 0,5 ist das von Kreatinin befreite Blutvolumen doppelt so groß wie das von Kreatinin befreite Plasmavolumen.
f) Üblicherweise bezieht sich die GFR auf beide Nieren. Bei Menschen mit zwei gleichen Nieren muss ihre GFR bei einer Bezugnahme auf nur eine Niere halbiert werden.
g) Beide Effekte heben sich bei Menschen mit zwei gleichen Nieren auf. Jetzt wäre folgende Aussage wieder richtig. Die GFR ist das Blutvolumen, welches von einer Niere von Kreatinin befreit wird.
h) Wenn Marie-Luise Hanus von Schadstoffen schreibt, ist das falsch. Die GFR bezieht sich ausdrücklich nur auf Kreatinin. Andere Schadstoffe haben andere Clearances.
i) Die Nieren scheiden kein Blut aus, und schon gar nicht 51 Milliliter Blut pro Minute.
k) Die Eingangsfrage bezog sich ausdrücklich auf einen Patienten mit nur einer Niere. Auch hier gilt die Definition der Kreatinin-Clearance. Hätte der Patient zwei gesunde Nieren, dann hätte er eine GFR = 102 ml/min. Deswegen ist Marie-Luise Hanus' Antwort "Bei einem Wert von 51 müssen Sie sich keine Sorgen machen." im Ergebnis richtig. Sogar bei normalgewichtigen Erwachsenen mit zwei Nieren wäre eine GFR = 51 ml/min das dritte Stadium der Niereninsuffizienz ohne Grund für große Sorgen.
626. a) "Das Leitsymptom" der Niereninsuffizienz "ist die schlagartig einsetzende Verminderung der Harnausscheidung". Quelle: Josef Hammerschmid-Gollwitzer: "Wörterbuch der medizinischen Fachausdrücke", Rheingauer Verlagsgesellschaft, Eltville 1983, Seite 294.
b) Diese Definition zeugt von völligem Unverständnis. Eine Verminderung der Sekundärharnbildung ist niemals die Folge einer verschlechterten Glomerulusfunktion, sondern immer die Folge einer verbesserten Tululusfunktion.
c) Zur Anurie kommt es einerseits bei Rückgang der glomerulären Filtrationsrate von 100 auf 0 Prozent oder aber andererseits bei Zunahme der tubulären Rückresorptionsquote von 99 auf 100 Prozent.
d) Ein Rückgang der GFR auf null Prozent (oder auf 0 ml/min) ist nur beim Herzstillstand oder bei Unterbrechung beider Nierenarterien vorstellbar, wenn man von vollständigen postrenalen Abflussstörungen absieht. Auf der Intensivstation ist das nur bei Sterbenden vorstellbar. Das Herzzeitvolumen muss ebenfalls auf 0 ml/min zurückgehen.
e) Tubulopathien sind selten. Es kann zu Verbesserungen und zu Verschlechterungen der Tubulusfunktion kommen.
f) Tubuluskrankheiten verschlechtern für aktive Rückresorption, verkleinern also die Rückresorptionsquote. Die Folge ist eine Polyurie. Alle Diuretika wirken im Sinne einer solchen Reduktion dieser Rückresorptionsquote.
g) Ein Beispiel für Tubulopathien ist die Tubulusnekrose. Sie verhindert die Rückresorption von Wasser und führt so zur Polyurie.
h) Eine weitere seltene Tubulopathie wird im folgenden Absatz beschrieben. Sie führt nicht zur Funktionsverschlechterung, sondern zur Funktionsverbesserung,
also tendenziell zur Anurie.
627. a) Es gibt sehr seltene Nierenkrankheiten, die zu einer Vergrößerung der tubulären Rückresorptionsquote führen. Die Folge ist eine drohende Anurie.
b) Dieser Vorgang ist physiologisch zum Beispiel bei Langstreckenläufern (Marathonläufer). Er ist energieabhängig und humeroneural gesteuert.
c) Eine dieser sehr seltenen Nierenkrankheiten mit dem Symptom einer drohenden Anurie ist das autosomal-dominant vererbte Liddle-Syndrom. Es ist ein Pseudohyperaldosteronismus. Es führt zu einer Vergrößerung der tubulären Rückresorptionsquote.
d) Fast alle Krankheiten führen zu einer Funktionsverschlechterung der betroffenen Organe. Das Liddle-Syndrom führt dagegen zu einer Funktionsverbesserung der Nierenkanälchen. Diese krankhafte Verbesserung heißt im Englischen gain of function, also Zunahme der Funktion.
e) Natürliches Aldosteron (siehe oben die Absätze 268k, 366 und 568d) und künstliches Fludrocortison wirken hinsichtlich der tubulären Rückresorption von
Wasser ähnlich wie das Liddle-Syndrom im Sinne einer weiteren Vergrößerung der Rückresorptionsquote mit der Tendenz zur Anurie. Entsprechende Antagonisten wirken entgegengesetzt, also
diuretisch.
f) Analoges gilt auch für das natürliche Vasopressin (siehe oben die Absätze 268k, 385c, 574b und 616) und für das künstliche Desmopressin. Auch hier wirken
die Antagonisten oder Inhibitoren als Diuretikum.
g) Zur Behandlung des Liddle-Syndroms wird das Diuretikum Amilorid eingesetzt.
628. Glomerulopathien können zu Funktionsverbesserungen oder zu Funktionsverschlechterungen führen; Tubulopathien können ebenfalls zu Funktionsverbesserungen oder zu Funktionsverschlechterungen führen. Es gibt also vier Konstellationen:
a) Sowohl die Glomerula wie auch die Tubuli arbeiten besser als normal. Das kommt zum Beispiel beim Marathonlauf vor. Als Folge des vergrößerten
Herzzeitvolumens vergrößert sich auch die GFR. Die Tubuli vergrößern die Rückresorptionsquote, um das kostbare Wasser wieder in den Kreislauf zurückzubringen. Es kommt auf neurohumoralem
Weg tendenziell zur Anurie, obwohl die GFR ansteigt. - Wenn beim Liddle-Syndrom als Folge der gesteigerten tubulären Wasserrückresorption das Herzzeitvolumen und damit die glomeruläre
Fitration ansteigen, dann vergrößert sich die GFR bei einer Tendenz zur Anurie.
b) Sowohl die Glomerula wie auch die Tubuli arbeiten schlechter als normal. Das wäre zum Beispiel bei der Tubulusnekrose zu beobachten. Durch das Absterben und Verstopfen der Tubuli kann der Sekundärharn nicht abfließen. Durch den Rückstau stellen auch die Glomerula ihre Filtration ein. Die GFR wird klein; es kommt zur Anurie (siehe auch d).
c) Die Glomerula arbeiten besser als normal, die Tubuli arbeiten schlechter als normal. Zum Beispiel wird bei einer Kammertachykardie die GFR ansteigen. Die
gleichzeitige Gabe von Diuretika verkleinert die tubuläre Rückresorptionsquote mit dem Ergebnis einer Polyurie bei großer GFR. - Die Gabe eines Medikamentes ist jedoch keine
Krankheit.
d) Die Glomerula arbeiten schlechter als normal, die Tubuli arbeiten besser als normal. Beim Zusammentreffen von Herzinsuffizienz und Liddle-Syndrom sinken sowohl die Primärharnproduktion wie auch die Sekundärharnproduktion. Es kommt zur Anurie bei kleiner GFR (siehe auch b).
e) Es fehlt in dieser Aufstellung bislang die Kombination von Polyurie und kleiner GFR. Wenn ein herzinsuffizienter Patient diuretisch behandelt wird, wird
trotz einer kleinen GFR viel Sekundärharn produziert. - Die Gabe eines Medikamentes ist jedoch keine Krankheit.
f) Tatsächliche Glomerulopathien sind selten; tatsächliche Tubulopathien sind noch viel seltener.
g) Es gibt Medikamente sowohl zur Verbesserung wie auch zur Verschlechterung der Tubulusfunktion. Gibt es auch Medikamente zur Vergrößerung oder zur Verkleinerung der Glomerulumfunktion? Man kann das HZV und damit die GFR in jede Richtung medikamentös verändern. Aber kann man auch die Podozytenfunktion medikamentös verändern?
h) Diese Fragen sind unabhängig von der Tatsache, dass wohl alle Organfunktionen chemisch absichtlich oder unabsichtlich verschlechtert (und verbessert?) werden können.
629. a) "Akutes Nierenversagen nach Marathon" ist ein Artikel von TiF in der "Medical Tribune", Jahrgang 52, Nummer 26/2017, 30.6.2017, Seite 7, überschrieben. Dort angegebene Quelle: Sherry George Mansour (von der Yale University School of Medicine): "Kidney Injury and Repair Biomarkers in Marathon Runners", in: "American Journal of Kidney Disease" vom 24. März 2017. - Alle beschriebenen Zusammenhänge wurden nicht verstanden.
b) Marathonläufer orientieren ihre orale Flüssigkeitsaufnahme am Gewichtsverlust durch Schwitzen. Sie trinken tendenziell zu wenig. Erstens um weniger Gewicht bewegen zu müssen und zweitens um Miktionspausen zu vermeiden. Die erzielte Gewichtsabnahme ist also erstens auf eine Exsikkose und zweitens auf die Fettverbrennung zurückzuführen.
c) Jede Exsikkose verkleinert das Blutvolumen und als Folge davon das Herzzeitvolumen und als Folge davon wiederum die Glomeruläre Filtrationsrate. Es kommt automatisch zur Niereninsuffizienz, und zwar zum Kardiorenalsyndrom.
d) Dieser Effekt tritt jedoch erst nach Beendigung des Laufens ein. Während des Laufens sind dagegen das Herzzeitvolumen und somit auch die GFR maximal erhöht. Beim Laufen gibt es keine Niereninsuffizienz.
e) Sofort nach Beendigung des Laufens steigen die Spiegel der harnpflichtigen Stoffe im Blut schnell an. In Ruhe können HZV und GFR nicht so schnell ansteigen, um die Elimination der harnpflichtigen Stoffe zu normalisieren. Es kommt zur Niereninsuffizienz, solange das Blutvolumen noch vermindert ist. Nach zwei Tagen hat sich wieder alles normalisiert, so auch der Autor von Medical Tribune.
f) "Kidney Injury" wird mit Niereninsuffizienz und nicht mit Nierenschädigung übersetzt. Zu einer Nierenverletzung oder zu einer Nierenkrankheit kommt es bei Marathonläufern nicht. Die Niereninsuffizienz beruht auf einem Rückgang des Herzzeitvolumens. Die Glomeruli werden nicht geschädigt.
g) Ebenso werden auch die Tubuli nicht geschädigt. Es kommt nicht zu "Kurzzeitschädigungen durch Extrembelastungen" und auch nicht zu "Schädigungen der Nierentubuli", wie der Autor schreibt. Die vom Autor richtig beschriebene "Dehydrierung" bei "vermindertem Blutfluss" reicht als Erklärung für dieses physiologische Kardiorenalsyndrom aus.
h) Nieren sind Filter. Eine zu kleine Filterleistung beruht nur selten auf Organschäden. Organstörung und Organkrankheit sind zwei völlig verschiedene Sachverhalte.
630. a) Manchmal wachen Patienten nachts ohne Harndrang auf und wundern sich nach wenigen Minuten über einen imperativen nächtlichen Harndrang.
b) Die Produktion des Sekundärharns ist unabhängig von der Produktion des Primärharns. Glomeruli und Tubuli arbeiten weitgehend unabhängig voneinander.
c) Vermutlich steigern die Tubuli beim Schlafen ihre Rückresorptionsquote mit der Tendenz zur Anurie. Im Wachzustand und bei Bewegung wird diese Tubulusleistung auf neurohumoralem Weg reduziert mit dem Ergebnis einer Polyurie.
d) Wenn sich bei einer GFR = 120 ml/min die Differenz (1 - Rückresorptionsquote) von einem Promille vorübergehend auf fünf Prozent vergrößert, dann werden pro Minute nicht mehr nur 120 µl, sondern 6 ml Sekundärharn produziert. In zehn Minuten wären das 60 ml, also vielleicht eine halbe Harnblasenfüllung. Für die andere Hälfte von ebenfalls 60 ml Sekundärharn bräuchte man 500 Minuten, denn 500 x 0,12 ml = 60 ml.
e) Bei solchen Berechnungen muss man die Belastungsabhängigkeit des Herzzeitvolumens und damit auch der GFR berücksichtigen. Außerdem muss man neurohumorale Regelkreise berücksichtigen.
e) Einen Extremfall dieser neurohumoralen Regulation findet man beim Winterschlaf. Siehe dazu auch oben Absatz 484.
631.) Heute am 23.7.2017 veröffentlichte ich beim Wikipedia-Stichwort Bartter-Syndrom folgenden Diskussionsbeitrag zu den Tubulopathien. Ein entsprechendes Stichwort fehlt in der deutschsprachigen Wikipedia.
Grundsätzlich verursachen alle Tubulopathien eine Verkleinerung der tubulären Rückresorptionsquote hauptsächlich von Wasser. Das vorherrschende Symptom aller Tubulopathien ist also eine Polyurie mit einer entsprechenden Exsikkose (oder Dehydratation). Zum Ausgleich muss die Trinkmenge vergrößert werden (Polydipsie). Das Liddle-Syndrom mit einer Tendenz zur Anurie ist eine Ausnahme von diesen Grundsätzen. - Diese Zusammenhänge müssen deutlicher dargestellt und herausgearbeitet werden. Pathophysiologische Begründung: Im Gegensatz zu den mehr oder weniger passiven Podozyten arbeiten die Tubuli aktiv unter Energieverbrauch. Krankheiten der Tubuli verschlechtern diese Aktivitäten. Die tubuläre Rückresorption wird reduziert. Die Rückresorptionsquote verkleinert sich. - Die einzelnen Tubulopathien unterscheiden sich im wesentlichen durch die unterschiedlichen Rückresorptionen der einzelnen Elektrolyte. Allen diesen Elektrolyten ist jedoch gemeinsam, dass für ihre Rückresorption die Begleitung von Wasser zwingend erforderlich ist. - Eine Anurie ist im Zweifel ein Zeichen für eine sehr gute Tubulusfunktion und somit der Beweis für eine Tubulusgesundheit. - Alle diese Zusammenhänge sind unabhängig von der filtrativen Nierenfunktion der Glomeruli. Es kommt nicht zur Niereninsuffizienz; die Glomeruläre Filtrationsrate verschlechtert sich nicht. --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 01:52, 23. Jul. 2017 (CEST).
632. a) Auch im vorgeburtlichen Leben beherbergen die Nephrone die Glomerula zur Filtration und die Tubuli zur Rückresorption. Die Embryos trinken genauso viel Fruchtwasser wie sie als Sekundärharn ins Fruchtwasser abgeben. Auch hier ist die GFR proportional zum HZV.
b) "Als Ergebnis der Embryogenese sind fast alle Organe in Grundzügen angelegt und der uteroplazentare Kreislauf ist ausgebildet. Ab der neunten Entwicklungswoche bis zur Geburt spricht man von einem Fetus statt von einem Embryo." Zitat nach Wikipedia Stichwort Embryologie.
c) Abenteuerlich ist jedoch die diesbezügliche Terminologie. Aus dem Mesoderm entsteht der nephrogene Strang mit den Nephrotomen. Im Zervikalbereich entsteht die Vorniere (Pronephros). Aus jedem Nephrotom der Vorniere entwickelt sich ein Nierenkanälchen. ... Neben jedem Ausscheidungskanälchen entsteht ein äußerer Glomerulus. ... Ein Glomerulus und ein Ausscheidungskanälchen bilden zusammen eine extretorische Einheit oder ein Nephron." Außerdem gibt es noch "Vornierenkanälchen". Zitate nach: Jan Langman: Medizinische Emryologie", 5. Auflage, Thieme-Verlag, Stuttgart 1977, Seite 169.
d) Alle diese embryologischen Begriffe Glomerulus, Nierenkanälchen (Tubulus) und Nephron sind nicht mit den entsprechenden Begriffen beim Fötus zu verwechseln. Ein fünf Wochen alter Embryo hat nur eine Bowmansche Kapsel, während nach nur einem Monat ein neun Wochen alter Fötus bereits zwei bis drei Millionen Bowmansche Kapseln hat. Dieses begriffliche Durcheinander ist sehr verwirrend.
633. a) Wissenschaftlich interessant erscheint der folgende Casus eines weitgehend beschwerdefreien Mannes aus Hessen mit einer
Herzphobie. Seine Sauerstoffsättigung beträgt nur 94 %.
b) 2012 hatte er mit Sport eine GFR = 175,5 ml/min bei einer Körperoberfläche von 2,09 m² und einer GFR(1,73 m²/KOF) = 145,3 ml/min in Stadium 1 der chronischen Niereninsuffizienz.
2017 hatte er ohne Sport eine GFR = 60,87 ml/min bei einer Körperoberfläche von 2,14 m² und einer GFR(1,73 m²/KOF) = 49,2 ml/min in Stadium 3 der chronischen Niereninsuffizienz.
c) Rein spekulativ wäre vielleicht die folgende Konstellation eine mögliche denkbare Erklärung dieser auffälligen Progredienz seiner unklaren Niereninsuffizienz.
* Verdacht auf einen Rechts-links-Shunt und eine
* leichte unklare Kardiomyopathie als Ursachen
* einer Herzinsuffizienz im Stadium I nach NYHA mit
* ventrikulärer Extrasystolie Klasse 3a nach Lown
* mit der Folge eines Kardiorenalsyndroms mit einer
* chronischen Niereninsuffizienz im Stadium 3.
d) Bis auf die Laborwerte und die in der Langzeitelektrokardiographie dokumentierte Extrasystolie fanden sich in der Anamnese sowie während einer mehrtägigen stationären Diagnostik keine sonstigen Auffälligkeiten. Weitere Untersuchungen oder gar eine Behandlung erscheinen mir vorerst weder möglich noch nötig.
e) Über die Gründe für eine Shuntumkehr im Sinne einer Eisenmenger-Reaktion kann nur spekuliert werden. Vor Beginn des
regelmäßigen Sports besteht bei einem Septumdefekt ein Links-rechts-Shunt, weil die linke Herzhälfte muskelkräftiger als die rechte ist. Im Zuge eines regelmäßigen Trainings kommt es zu
einer Hypertrophie des Myokards im Sinne einer Kardiomegalie. Beide Herzhälften sind betroffen; die linke Hälfte wegen des vergrößerten Herzzeitvolumens und die rechte zusätzlich wegen
des Pendelvolumens. Es bleibt beim Links-rechts-Shunt. Nach Beendigung der sportlichen Betätigung bildet sich nur die linksventrikuläre Hypertrophie parallel zum Rückgang des
Herzzeitvolumens zurück. Wegen des unveränderten Pendelvolumens bildet sich die rechtsventrikuläre Hypertrophie nicht zurück. Wenn jetzt die Kontraktionskraft der linken Herzhälfte
kleiner als diejenige der rechten Herzhälfte wird, kommt es automatisch zur Shuntumkehr. So lässt sich die verkleinerte Sauerstoffsättigung erklären. Im Zuge dieser Umbauvorgänge könnte
es zu einer Kardiomyopathie mit Erregungsbildungsstörungen und Erregungsleitungsstörungen als Ursache der beschriebenen Herzrhythmusstörungen kommen.
634. a) Wissenschaftlich interessant erscheint auch der folgende Casus einer 1951 geborenen Frau (B. M:) aus
Nordrhein-Westfalen. Sie ist multimorbide mit Bettlägrigkeit. Bei einer neurologischen Grunderkrankung bekommt sie 32 verschiedene Medikamente. Vor einigen Jahren kam es vorübergehend zu
einer terminalen Niereninsuffizienz im Stadium V mit der Notwendigkeit einer Nierendialyse im septischen Schock. Jetzt ist dagegen am 2.8.2017 eine (formal) extrem gute Nierenfunktion mit
einer GFR=251 ml/min nach der abgekürzten MDRD-Formel auffällig. Welche Ursachen wären denkbar? Angaben zu Größe und Gewicht fehlen; die
Körperoberfläche also nur grob auf etwa 1,8 m² geschätzt werden.
b) Eine Tubulopathie mit einer verbesserten Funktion der Nierenkanälchen, mit einer konsekutiven Zunahme des Blutvolumens, mit einer Zunahme des Herzzeitvolumens und mit der Folge einer gesteigerten Primärharnbildung ist unwahrscheinlich. Denn solche Krankheiten sind sehr selten und meistens angeboren. Eine solche Tubulopathie mit Funktionsverbesserung ("gain of function") hätte damals die Dialysepflicht verhindert.
c) Eine vorübergehende physiologische Zunahme des Herzzeitvolumens bei extremer körperlicher Belastung mit proportionaler Zunahme der GFR scheidet angesichts der neurologischen Grunderkrankung ebenfalls aus.
d) Eine Herzkrankheit mit tachykarden Herzrhythmusstörungen als Gegenteil eines Kardiorenalsyndroms mit Verbesserung von HZV und GFR ist nicht beschrieben worden. Vielmehr beträgt die Ejektionsfraktion EF = 70 Prozent.
e) Die Patientin bekommt 32 verschiedene Medikamente. Keines hat als Nebenwirkung eine Verbesserung der filtrativen Nierenfunktion. Gäbe es solche Medikamente überhaupt?
f) Bereits am 21.12.2012 wurde im Klinikum Essen der Verdacht auf ein Mikroadenom der Hypophyse geäußert. Eine kernspintomographische Diagnostik des Neurokraniums zeigte am 27.3.2017 ein unauffälliges Chiasma opticum. Ein Hypophysentumor als Ursache des Gegenteils einer Niereninsuffizienz scheidet also ebenfalls aus. Außerdem gibt es wohl gar keine Tumoren mit dem Symptom einer verbesserten Nierenfunktion.
g) Labormedizinisch auffällig sind eine Hyponatriämie von 130 mol/m³, eine unklare Hepatopathie mit einer gamma-GT = 352 U/l sowie eine Anämie mit einem Hb = 3,48 T/l. Aus diesen Werten lässt sich ebenfalls keine Ursache für eine vergrößerte GFR erkennen. Das Gegenteil eines Hepatorenalsyndroms wurde nie beschrieben.
h) Sonographisch fand man zwei relativ große Nieren jeweils mit einem breiten Parenchymsaum. Könnte darin eine Verbesserung der filtrativen Nierenfunktion liegen? Warum konnte ein solcher Befund damals die Nierendialyse nicht verhindern?
i) Mögliche Erklärung: Labormedizinisch auffällig ist eine deutliche Reduktion des Kreatinin-Spiegels auf nur 0,27 mg/dl. Das ist der einzige Labor-Parameter, der in die abgekürzte MDRD-Schätzformel für die GFR eingeht. Vielleicht führt die neurologische Grundkrankheit zu einer weitgehenden Immobilität mit deutlich verminderter Bildung von Kreatinin?
j) Eine sehr gute Herzfunktion, vielleicht doch eine vorübergehende Tachykardie, zwei sehr gesunde überdurchschnittlich große Nieren, eine unnötig große parenterale Flüssigkeitssubstitution und eine neurologisch bedingte Immobilität könnten insgesamt vielleicht die GFR = 251 ml/min nach der MDRD-Formel erklären.
k) Eine definitive Lösung der Eingangsfrage würde man mit Bestimmung der Kreatinin-Clearance mit dem Urinsammelverfahren finden. Wahrscheinlich korrespondiert ein kleiner Plasmaspiegel P von Kreatinin mit einem kleinen Urinspiegel U von Kreatinin. Als Folge wäre dann der Quotient U/P in der Clearance-Formel C = VU/P unauffällig. Bei normalem Harnzeitvolumen V wäre dann auch die Kreatinin-Clearance unauffällig. Hier zeigt sich der Vorteil der Clearance-Formel.
l) Noch extremer ist der Fall des 1960 geborenen Patienten H.-J. S. mit einem Kreatininspiegel von nur 0,22 mg/dl. Daraus
errechnete das Labor am 16.8.2017 nach der MDRD-Formel eine GFR = 442 ml/min. Am 11.6.2017 erlitt er ein Schädel-Hirn-Trauma mit einseitiger
Lähmung als Folge eines Subduralhämatoms, mit weit gehender Immobilisierung und mit einer Magensonde. Bei einem fast komatösen Zustand wird er fast intensivmedizinisch behandelt. Außer
einem Asthma bronchiale und einer arteriellen Hypertonie sind keine weiteren Diagnosen bekannt. Wegen der guten Nierenfunktion kam es zur Hyponatriämie. Bei etwa normaler
Körperbeschaffenheit ist eine Normierung seiner GFR nicht erforderlich. Als Ursachen seiner extrem großen GFR sehe ich nur seine Immobilität und die gute
enterale Flüssigkeitssubstitution an. Andere Ursachen scheiden aus.
Nachtrag vom 30.10.2017: Am 25.8.2017 sank der Kreatininspiegel weiter auf nur noch 0,17 mg/dl ab; daraus errechnete das Labor eine GFR = 595 ml/min.
m) Wichtig ist der Hinweis, dass niedrige Kreatininspiegel bei körperlicher Immobilität eine gute Nierenfunktion nur vortäuschen. Alle kreatininbasierten Schätzformeln für die GFR unterstellen eine normale Muskelaktivität mit normaler Kreatininbildung. Es kommt bei Immobilität also zu falsch hohen GFR-Werten. - Eine verbesserte Flüssigkeitssubstitution führt dagegen wirklich zu einer tatsächlichen Verbesserung der filtrativen Nierenfunktion. Im Extremfall könnte man so eine Laborkosmetik betreiben.
n) So lässt sich auch das folgende Phänomen erklären: Bei der Krankenhausaufnahme haben viele Patienten eine kleine GFR, weil sie vorher zu wenig getrunken haben. Ein kleines HZV verursacht eine kleine GFR. Eine dann eintretende Verbesserung der GFR beruht einerseits vorgetäuscht durch die Bettruhe mit reduziertem Muskelstoffwechsel und Rückgang des Kreatininspiegels. Eine zusätzliche tatsächliche Verbesserung der GFR ist andererseits die Folge einer ausreichenden enteralen und parenteralen Flüssigkeitssubstitution.
o) Soeben schrieb ich bei Wikipedia den folgenden Diskussionsbeitrag beim Stichwort "Kreatinin":
Je mehr Aktivität, desto mehr Kreatinin im Blut. Viel Kreatinin im Blut führt bei den kreatininbasierten GFR-Schätzformeln zu einer kleinen GFR. Deswegen gibt es in den USA Korrekturfaktoren für Schwarze, weil sie wegen ihrer Armut körperlich schwerer arbeiten müssen und deswegen mehr Muskelmasse haben. Aber was ist mit dem Gegenteil? Querschnittsgelähmte haben eine reduzierte Muskelaktivität und als Folge niedrige Kreatininspiegel. Irrtümlich liefern die üblichen Schätzformeln sehr große GFR-Werte. Dadurch wird eine überdurchschnittlich gute Nierenfunktion vorgetäuscht. Auf meiner Website beschreibe ich einen komatösen Patienten mit Bettlägrigkeit mit einer GFR = 442 ml/min. - Deswegen ist oben in der Tabelle unter Nummer 3 der Begriff Abnahme der Muskelmasse verwirrend. Während des Abnehmens werden der Kreatininspiegel größer und die geschätzte GFR kleiner. Nach erfolgtem Muskelabbau sind dagegen der Kreatininspiegel klein und die geschätzte GFR groß. --Dr. Hartwig Raeder (Diskussion) 17:13, 28. Aug. 2017 (CEST).
635. a) Im Absatz 634 wurden zwei Patienten mit einer extrem guten GFR beschrieben. In der Fachliteratur werden solche Zustände als Hyperfiltration beschrieben. Siehe oben die Absätze 110, 113, 200b, 201a, 201c, 346, 374i und 587f.
b) Es gibt keine krankhafte Hyperfiltration. Begründung:
c) Die GFR ist immer proportional zum HZV. Die Podozyten sind weit gehend unkaputtbare Filter. Die Glomurula sind sich selbst reinigende Filter. Jedes am Anfang der Podyzyten erscheinende Molekül unterhalb eines bestimmten Durchmessers wird immer zuverlässig glomerulär filtriert und erscheint im Primärharn.
d) Ein großes Herzzeitvolumen führt automatisch immer zu einer großen GFR. Beispiele: Marathonläufer, Polydipsie, Tachykardie, Hypervolämie jedweder Ursache. Hier ist die Hyperfiltration physiologisch und nicht pathologisch.
e) Oft relativiert sich bei großen Menschen eine große GFR, wenn man die GFR nach der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) normiert. Das Labor kann nicht zwischen kleinen Gesunden und großen Kranken unterscheiden. Gesunde Große haben auch eine große GFR.
f) Bei Immobilität jedweder Ursache sinkt die Muskelaktivität und der Muskelstoffwechsel reduziert sich. Es wird weniger Kreatinin in der Muskulatur gebildet. Das führt zu physiologisch kleinen Serumkreatininspiegeln. Alle kreatininbasierten GFR-Schätzformeln (Ausnahme: Kreatinin-Clearance-Formel, weil auch der Urinkreatininspiegel proportional absinkt) errechnen fälschlich eine große GFR. Wenn der Plasmakreatininspiegel zum Beispiel von 1 auf 0,2 mg/dl sinkt, dann verfünffacht sich die ursprüngliche GFR. Die errechnete oder geschätzte GFR steigt bei Immobilität also zum Beispiel von 100 ml/min auf 500 ml/min an. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine tatsächliche, sondern nur um eine fiktive oder virtuelle Verbesserung der filtrativen Nierenfunktion. Man müsste für Bettlägrige oder besonders auch für Querschnittsgelähmte spezielle GFR-Schätzformeln entwickeln. Mit den heute üblichen Formeln wird bei Immobilisierung eine gute oder sogar eine sehr gute Nierenfunktion nur vorgetäuscht. Die Dosierung von Medikamenten mit renaler Eliminierung darf nicht an diese falsche GFR angepasst werden.
g) So ist auch die empirische Beobachtung einer Verbesserung der GFR bei Krankenhauspatienten im Zeitablauf zu erklären. Zuerst wird die prästationäre Exsikkose (Hypovolämie, Dehydrierung) durch Infusionen ausgeglichen. Das verbessert das HZV und so die GFR. Zahlreiche Medikamente vergrößern zusätzlich das HZV und damit auch die GFR. Jede erfolgreiche Therapie aller Extrarenalsyndrome verbessert automatisch die GFR.
h) Andere Pathomechanismen oder Erklärungsversuche einer so genannten Hyperfiltration wird es nicht geben. Insbesondere können hyaline Ablagerungen in den Nierenkörperchen bei der diabetischen Nephropathie (die es wahrscheinlich ebenfalls gar nicht gibt) die glomeruläre Filtration nicht verbessern. Außerdem gibt es grundsätzlich keine Krankheiten mit dem Symptom einer Funktionsverbesserung ("gain of function"); siehe oben (Absätze 627 und 628) das Liddle-Syndrom als eine der seltenen Ausnahmen von diesem Grundsatz.
i) Weitere Indizien für die Nichtexistenz einer glomerulären Hyperfiltration: In den üblichen medizinischen Wörterbüchern und auch bei Wikipedia fehlt das Stichwort Hyperfiltration. Im Standardlehrbuch "Nephrologie" (6. Auflage, Thieme-Verlag, Stuttgart und New York 2015) wird die Hyperfiltration nur dreimal kurz und ohne jede brauchbare Erklärung erwähnt. Auf Seite 56 wird eine "Hyperfiltration der Restnephrone" erwähnt. Es mag ja gleichzeitig Nephrone mit guter und mit schlechter Filtration geben. Das liegt aber nicht an einer Verbesserung einzelner Nephrone, sondern an einer krankhaften Verschlechterung der anderen Nephrone bei Gesundheit der normal filtrierenden Glomeruli. Dort finden sich vier Beispiele für eine "Zunahme der GFR": glomeruläre Hypertonie, Hypalbuminämie, erhöhter Nierenplasmastrom in der Schwangerschaft und ein erhöhter Filtrationskoeffizient "kf (theoretisch)". Alle diese vier Beispiel lassen sich auf eine Vergrößerung des HZV mit der Folge einer vergrößerten GFR reduzieren. Der Rest bleibt Spekulation. Noch abenteuerlicher wird es auf Seite 113: Eine "glomeruläre Hyperfiltration" soll eine "langsam progrediente Abnahme der GFR" verursachen! Ebenso wird auf Seite 111 eine "glomeruläre Hyperfiltration" auf eine "Verminderung des funktionalen Nierengewebes" zum Beispiel bei "Einzelniere, Nierendysplasie, vesikoureteraler Reflux" zurückgeführt. Fehlende oder defekte Podozyten können nicht zu einer Funktionsverbesserung der restlichen Podozyten führen. Diese Spekulation erinnert an die alte falsche Vorstellung, dass eine kranke Niere die Funktion der anderen Niere verändern kann (renorenaler Reflex; siehe oben Absatz 396).- Ebenso wird im "Lehrbuch der inneren Medizin" (3. Auflage, Thieme-Verlag, Stuttgart und New York 1992) umfangreich über die glomeruläre Hyperfiltration als Kompensation einer progredienten Niereninsuffizienz spekuliert (Seiten 430, 431, 438, 441, 446 und 1284). Diese alten Ansichten werden in der heutigen Nephologie wohl nicht mehr aufrecht erhalten.
j) Wenn es eine pathologische oder physiologische glomeruläre Hyperfiltration geben würde, dann müssten die fünf Stadien der Niereninsuffizienz um ein Stadium 0 und zusätzlich um mehrere negative Stadien bei Nierengesundheit (Nierensuffizienz) ergänzt werden. Zum Beispiel
Stadium +1 bei 90 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 120 ml/min,
Stadium 0 bei 120 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 200 ml/min,
Stadium -1 bei 200 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 300 ml/min,
Stadium -2 bei 300 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 400 ml/min,
Stadium -3 bei 400 ml/min < GFR(1,73 m²/KOF) < 500 ml/min und so weiter.
Die Erstbeschreiber dieser alten Stadieneinteilung ließen ihre Skala absichtlich wie bei den Erdbebenskalen ''nach oben offen''. Analog zu den vier NYHA-Stadien der Herzinsuffizienz wollten sie kein Stadium 0 einführen und schon gar keine Stratifikation der Gesunden und der sehr Gesunden vornehmen. Wer waren die Erstbeschreiber?
k) Im "Flexikon" bei "Doccheck" findet sich im Internet das Stichwort "Tubuloglomeruläres Feedback" (TGF, tubuloglomerular feedback) mit einer ausführlichen Erklärung eines Feedbacks von den Tubuli zu den Glomeruli innerhalb eines jeden Nephrons. Die einzelne GFR eines Nephrons soll an die tubuläre Rückresorption angepasst werden, um das betroffene Glomerulum vor einer Hyperfiltration und den beteiligten Tubulus vor einer Überladung zu schützen. Ich halte diesen postulierten "Mechanismus" für eine unbewiesene teleologische Spekulation. Gewiss gibt es neurohumorale Regelkreise. Aber gewiss können die "osmosensorischen Zellen der Macula densa" nicht "die Flussrate des Harns ... messen" und so die Filtration in den Podozyten regulieren. Außerdem ist die postulierte "Überladung" (wovon? womit?) der Tubuli nicht vorstellbar. Wenn eine tubuläre Rückresorptionsquote RRQ von 99 % normal ist, dann werden die Tubuli auch eine Rückresorptionsquote von 100 % problemlos bewältigen können. Neurohumorale Regelkreise regulieren die tubuläre Rückresorption sowie das Herzzeitvolumen und damit die glomeruläre Filtration. "Die Vasokonstriktion der Vasa afferentia" in den Nephronen würde in der Tat die GFR und damit den Primärharnfluss verkleinern. Aber welchen Sinn hätte eine solche Verkleinerung? - "Bei einem akuten Nierenversagen wird das tubuloglomeruläre Feedback 'fälschlicherweise' aktiviert" (alle Zitate aus dem Flexikon). Es gibt nichts Falsches in der Physiologie. Diese spekulative "Pathophysiologie" würde die Niereninsuffizienz auf eine renale Vasokonstriktion zurückführen. Das kann nicht sein. Vielmehr ist die Niereninsuffizienz häufig die Folge der Extrarenalsyndrome und nur selten die Folge von Renorenalsyndromen. Eine Anurie ist dagegen die Folge einer verbesserten Tubulusfunktion.
l) Oben im Absatz 531f habe ich sogar über eine GFR = 1000 ml/min beim Radrennfahrer Indurain während körperlicher Maximalbelastung spekuliert. Auch hier würden die üblichen kreatininbasierten Schätzformeln für die GFR falsche Werte produzieren. Bei körperlicher Anstrengung bildet die Muskulatur überdurchschnittlich viel Kreatinin. Wie schon im letzten Absatz des ersten Kapitels ausführlich dargelegt wurde, findet man also bei körperlicher Aktivität höhere Plasmakreatinispiegel als ohne Belastung, und zwar immer unabhängig von der tatsächlichen Nierenfunktion. Man müsste also spezielle GFR-Schätzformeln nicht nur für extrem kleine, sondern auch für extrem große Muskelaktivitäten entwickeln.
m) Oben habe ich wiederholt dargelegt, dass meine Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF) eine Normierung der tatsächlichen GFR und keine Korrektur der tatsächlichen GFR ist. Aber die hier vorgeschlagenen Spezialformeln für unterschiedliche Muskelaktivitätsniveaus wären dagegen wirkliche Korrekturen der fehlerhaften Schätzformeln. Man könnte also auch bei den geforderten Spezialformeln statt mit diesen Formeln mit Korrekturfaktoren für die bisherigen Formeln arbeiten. Insofern stellen der Faktor 0,85 in der Cockcroft-Gault-Formel und der für Schwarze veränderte Exponent bei den MDRD-Formeln tatsächliche Korrekturen dar. Unabhängig davon muss die so ermittelte tatsächliche GFR bei großen und kleinen Muskelaktivitäten für Vergleichszwecke mit der von mir entwickelten Normierungsformel normiert werden. Also: Zuerst korrigieren und dann normieren.
636. a) Oben habe ich wiederholt Claudio Roncos Einteilung des kardiorenalen Syndroms in fünf Typen kritisiert. Ich halte seine Einteilung für völlig lebensfremd. Begründung.
b) Die ersten vier Typen bilden immer eine Tautologie:
1. A verursacht B und B verursacht nicht A im akuten Stadium
2. A verursacht B und B verursacht nicht A im chronischen Stadium
3. B verursacht A und A verursacht nicht B im akuten Stadium
4. B verursacht A und A verursacht nicht B im chronischen Stadium
c) Damit wäre die Sache erledigt. Für A und B kann man jedes beliebige Wort einsetzen. Niemals wird man einen Fehler finden. Claudio Ronco setzte
A = Herzkrankheit und B = Nierenkrankheit.
d) Er bezeichnet die beiden ersten Typen als kardiorenales und die beiden letzen Typen als renokardiales Syndrom.
e) Vermutlich meinte er dagegen
A = Herzinsuffizienz und B = Niereninsuffizienz.
f) Ihm selbst und seinen Mitarbeitern kamen offenbar Zweifel hinsichtlich der Relevanz dieser simplen und immer richtigen Systematik. Deshalb postulierten sie den Typ 5 und unausgesprochen auch noch einen Typ 6:
5. A und B werden von C verursacht, wobei C eine andere Krankheit ist.
6. Mischformen von A und B (und C) werden für möglich gehalten.
g) Ich dagegen definiere das häufige Kardiorenalsyndrom als Niereninsuffizienz als Folge eines reduzierten Herzzeitvolumens ohne Nierenkrankheit. Ich zweifele an der Existenz oder zumindest an der Relevanz eines Renokardialsyndroms. Ich definiere dagegen zusätzlich das seltene Renorenalsyndrom als Niereninsuffizienz als Folge von schweren doppelseitigen (und meist schmerzhaften) Nierenkrankheiten. Selbstverständlich gibt es Kombinationen (aber keine Mischformen) von Kardiorenalsyndromen und Renorenalsyndromen.
637. a) Oben habe ich wiederholt das tödliche Hepatorenalsyndrom bei völliger Gesundheit von Herz und Nieren beschrieben. Hier findet man eine schwere Niereninsuffizienz ohne jede Nierenkrankheit. Schwere Leberkrankheiten verursachen einen Aszites und damit einen Kreislaufzusammenbruch. Das gesunde Herz kann nicht mehr genug Blut zu den gesunden Nieren pumpen. Die harnpflichtigen Stoffe werden kontinuierlich weiter bis zum Exitus letalis produziert. Die GFR sinkt ab. Eine Nierendialyse, nicht jedoch die Leberdialyse, könnte den Tod hinauszögern.
b) Wäre auch das Gegenteil möglich? Bei Querschnittslähmungen, bei der Muskeldystrophie Duchenne und bei vielen anderen neurologischen Krankheitsbildern gibt es kaum noch Muskelaktivitäten und damit einen reduzierten Muskelstoffwechsel. Kreatinin wird kaum noch gebildet. Der Plasmakreatininspiegel ist klein. Die kreatininbasierten GFR-Schätzformeln liefern bei Nierengesunden weit überdurchschnittlich gute GFR-Schätzwerte. Bei zusätzlichen schweren doppelseitigen schmerzhaften Nierenkrankheiten liefern diese Formeln jetzt jedoch unauffällige GFR-Werte. Man denkt also nicht an eine filtrative Niereninsuffizienz. Man übersieht die Renorenalsyndrome, weil die GFR-Schätzformeln falsch positive Werte liefern. Die übrigen harnpflichtigen Stoffe werden weiter produziert. Es kann zum Tod durch Nierenversagen im Coma uraemicum bei unauffälligen GFR-Werten kommen. Hier würden die Bestimmung der Kreatinin-Clearance mit dem Urinsammelverfahren, exogene Clearance-Methoden oder aber Schätzformeln auf der Basis von Cystatin C Klarheit schaffen. Auch hier wäre eine Nierendialyse indiziert.
638.) Die Nieren wurden früher auch als Emunktorien (Singular Emunktor) bezeichnet. Im Englischen hießen sie emunctory beziehungsweise emunctories mit der
Bedeutung von Ausscheidungsorganen. Etymologie: Lateinisch emungere (= sich die Nase putzen) mit dem Partizip emunctus aus ex mungere. Ein Emunctorium ist eine Lichtschere, eine
Lichtschneuze, ein Löschnapf oder ein Lichtputzer. Aber nicht nur die Nieren, sondern auch die Haut und die Lungen wurden früher als Emunctorien bezeichnet. In der christlichen Liturgie
ist ein Emunctorium ein altes Wort für das Purificatorium genannte Kelchtuch zum Abwischen des Kelchrandes. Manchmal wurde das Wort Emunctorium auch für ein Purgativum (Abführmittel)
verwendet.
639. a) Ich fordere die regelmäßige Bestimmung des Herzzeitvolumens. Die Kenntnis des HZV erlaubt die Verdeutlichung eines weiteren großen Problems in der Kardiologie. Die koronare Herzkrankheit ist definiert als Verengung der Herzkranzarterien. Atherosklerotische Ablagerungen an den Innenseiten der Koronararterien verkleinern den Gefäßquerschnitt bis hin zur vollständigen Verstopfung. Was bedeutet eine RIVA-Stenose von 90 Prozent? Es gibt drei Antwortmöglichkeiten. Offen bleibt, welche zu bevorzugen ist.
b) Erstens: Der arterielle Innendurchmesser entspricht dem Kaliber der Ader. Einengungen sind meistens kurzstreckig und exzentrisch. Wenn an dieser Engstelle der ursprüngliche Innendurchmesser durch Plaques von 1 mm um 90 % auf 0,1 mm verkleinert ist, dann kann man von einer 90-prozentigen RIVA-Stenose sprechen.
c) Zweitens: Durch die Atherosklerose wird auch die Querschnittsfläche an der Engstelle verkleinert. Wenn an dieser Engstelle die ursprüngliche Querschnittsfläche von 1 mm² um 90 % auf nur noch 0,1 mm² verkleinert wird, dann kann man von einer 90-prozentigen RIVA-Stenose sprechen.
d) Drittens: Durch die Verkalkungen verringert sich auch der Volumenfluss in der betroffenen Koronarie. Wenn sich der Volumenfluss von 1 ml/min um 90 % auf nur noch 0,1 ml/min reduziert, dann kann man ebenfalls von einer 90-prozentigen RIVA-Stenose sprechen.
640. a) Wann liegen die Voraussetzungen für die vier einzelnen Stadien der Herzinsuffizienz vor? Auf der Probandenseite muss man die notwendigen von den hinreichenden Bedingungen unterscheiden. Notwendig ist die Fähigkeit zur Leistungserbringung, hinreichend ist die Luftnot bei der Leistungserbringung.
b) Auch der Untersucher muss einige Voraussetzungen erfüllen. Er muss die erbrachte Leistung bewerten und einordnen können. Er muss zwischen Tachypnoe und Dyspnoe unterscheiden können. Hilfreich wäre hier zum Beispiel ein Dyspnoe-Index wie die Borg-Skala.
c) Der Proband muss mit der Leistungserbringung einverstanden sein. Ohne eine entsprechende Bereitschaft zur Mitarbeit ist eine Klassifizierung der Herzinsuffizienz nicht möglich. Außer der Bereitschaft muss auch die Fähigkeit zur Leistungserbringung vorhanden sein. Nicht nur Geist und Seele, sondern auch Knochenbau und Muskulatur sind dabei zu berücksichtigen. Das sind die notwendigen Voraussetzungen für eine Klassifizierung.
d) Die hinreichende Voraussetzung ist die Dyspnoe bei der für die vier Grade jeweils geforderten Leistung. Das Nichterreichen einer geforderten Leistungsstufe ist der Dyspnoe gleichzusetzen. Wer keine große Belastung toleriert, der kann nicht die Klasse NYHA I haben. Wer keine mittlere Belastung toleriert, der kann die Klassen I und II nicht haben. Wer leichte Belastungen nicht toleriert, der kann die drei ersten Klassen nicht haben; er hat also eine Herzinsuffizienz NYHA IV.
e) Für die Untersuchung zur Klassifizierung der Herzinsuffizienz sind Vergleichstabellen für Normalwerte erforderlich. Diese Tabellen müssen eine Einordnung des Patienten nach Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Muskulatur und Trainingsstand erlauben. Bei einem muskelkräftigen Sportler könnten die Grenzen vielleicht
bei 0 Watt für NYHA IV (Luftnot in Ruhe ohne Belastung),
bei 0 bis 100 Watt als kleine Belastung für NYHA III,
bei 100 bis 200 Watt als mittlere Belastung für NYHA II und
bei >200 Watt als große Belastung für NYHA I liegen.
f) Wenn jetzt dieser Sportler bei einer Belastung mit zum Beispiel 250 Watt für einen längeren Zeitraum keine Luftnot verspürt, dann hat er keine Herzinsuffizienz. Das halte ich jedoch für unmöglich, oder zumindest für sehr selten. Dann könnte man ihn mit 300 oder 350 Watt belasten, um die hinreichende Voraussetzung für eine Herzinsuffizienz NYHA I attestieren zu können.
g) Wenn der Untersucher bei diesem Sportler bei der Ergometrie mit 150 Watt jetzt eine Dyspnoe beobachtet, dann hat der Patient eine Herzinsuffizienz im Stadium NYHA II, und zwar unabhängig von seinen Grundkrankheiten.
641. a) Weitere Gedanken zum Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV. Siehe oben die Absätze 152, 162a, 223b, 466a, 469, 580f, 590a, 590f, und 600e.
b) a ist für jede einzelne Niere eine Naturkonstante. Sie beträgt bei Menschen etwa ein Prozent. Also a=0,01 für jede einzelne Niere. HZV=5000 ml/min; GFR=100 ml/min für beide Nieren oder GFR=50 ml/min für eine Niere. a=GFR/HZV=50/5000=0,01. Erklärung:
c) Beginnend schon beim vorgeburtlichen Leben wachsen Herz und Nieren gleichermaßen an. Auch ihre Leistungen verbessern sich kontinuierlich. Dieses Wachstum und diese Verbesserung sind immer proportional. Ihr Quotient bleibt also konstant. In der zweiten Lebenshälfte verschlechtern sich Herz- und Nierenfunktion gleichsinnig. Ihr Quotient bleibt wieder konstant.
d) Beispiel: Eine vorgeburtliche Nierenschrumpfung halbiert vielleicht den Proportionalitätsfaktor der betroffenen Niere auf a=0,005. Das wird sich aber lebenslang nicht mehr ändern.
e) Ein experimenteller Verschluss einer Nierenarterie reduziert den Faktor sofort auf a=0. Nach Beendigung dieser experimentellen Stenosierung normalisiert sich a wieder auf den Ausgangswert. Nur bei einer irreversiblen Nierenschädigung (mit Podozytenzerstörungen) bleibt a auf niedrigem Niveau konstant. Analog verkleinert eine bakterielle Nephritis a vorübergehend; eine erfolgreiche antibiotische Therapie führt regelmäßig wieder zur Normalisierung von a.
f) Eine irreversible progrediente Nephropathie führt zu einer kontinuierlichen Verkleinerung von Faktor a. Beispiel: Zystennieren. Alle Renorenalsyndrome verkleinern a.
g) Alle Extrarenalsyndrome verändern den Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV dagegen nicht. Erklärung: Nahezu jede Krankheit verkleinert das HZV und damit die dazu proportionale GFR. Der Quotient aus GFR und HZV bleibt also konstant.
h) Ein schönes Beispiel ist der Morbus Fabry. Er kann alle Organe betreffen; das ist die Multiorganbeteiligung. Der Morbus Fabry führt immer zur Niereninsuffizienz, aber nicht immer zur Nephropathie. Wenn die Nieren befallen sind, dann verkleinert sich der Faktor a. Wenn die Nieren nicht befallen sind, dann verändert sich der Faktor a nicht. Ein im Verlauf konstanter Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV ist beim Morbus Fabry also der Beweis für eine Verschonung der Nieren von der vererbten Speicherkrankheit.
i) Der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV kann in der internistischen Diagnostik also zur Unterscheidung der Extrarenalsyndrome von den Renorenalsyndromen Verwendung finden. Bei im Krankheitsverlauf konstantem und normalwertigem Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV beruht eine Niereninsuffizienz also nicht auf einer Nierenkrankheit. Es muss sich um ein Extrarenalsyndrom nach Wilhelm Nonnenbruch handeln, also um die Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit.
j) Es gibt also drei Gründe, warum alle extrarenalen Krankheiten den Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV nicht beeinflussen können.
Erstens können Krankheiten, die die Nieren nicht befallen, keine histologischen Nierenveränderungen bewirken. Die Podozyten in den Glomerula filtern das ankommende Plasma ungestört. Eine Podozytopathie liegt nicht vor.
Zweitens vermindern im Zweifel alle Krankheiten das HZV und damit auch die dazu proportionale GFR gleichermaßen. Zwei Größen sind dann proportional, wenn ihr Quotient konstant ist. Einer dieser beiden Quotienten ist der Proportionalitätsfaktor a.
Drittens beeinflussen viele extrarenale Krankheiten weder Herz noch Niere, also weder die Herzleistung noch die Nierenleistung. Also ändert sich auch das Verhältnis beider Parameter nicht.
k) Nachtrag vom 16.11.2017: Ein anderes Beispiel ist der Morbus Behcet. Er befällt alle Organe. Ein Befall der Nieren ist jedoch extrem selten. Hier kann eine Zeitreihenanalyse des Proportionalitätsfaktors a=GFR/HZV Aufschluss geben hinsichtlich der Frage, ob die Niereninsuffizienz auf einer Nierenkrankheit oder auf Manifestationen der extrarenalen Multisystemerkrankungen beruht.
642. a) Eine Querschnittslähmung oder auch nur eine Bettlägrigkeit verringern die Muskelaktivität und verkleinern den Kreatininspiegel. Jeder Muskelabbau vergrößert dagegen den Kreatininspiegel.
b) Diese beiden widerstreitenden gleichzeitig ablaufenden Vorgänge können im Ergebnis zu normalen Kreatininspiegeln und zu einer unauffäligen GFR führen.
c) Es bleibt der weiteren Forschung überlassen, beide Vorgänge bei jeder einzelnen Krankheit im Zeitablauf sauber von einander zu trennen und einzeln zu bewerten.
643. a) "Galen sagt in seinem Kommentar zur Abhandlung Über Diät bei akuten Krankheiten, die Knider hätten sieben Krankheiten der Galle, zwölf der Blase, vier der Nieren ... beschrieben." Zitat: Henry Sigerist: "Über Hippokrates - Der Arzt in der griechischen Kultur", Seite 74.
b) Damals kannte man also nur vier Nierenkrankheiten. Auch ich glaube, es gibt viel weniger Nierenkrankheiten, als die Nephrologen glauben.
c) Tubulopathien gibt es so gut wie gar nicht. Glomerulopathien sind selten. Häufiger sind Nierenkrankheiten außerhalb des Nephrons, verursacht durch Vereiterungen, Tuberkulose, Malignome, Verletzungen, Steine und Zysten. Die übrigen Nierenkrankheiten sind extrem selten.
644. a) Ich bezweifele die Existenz der diabetischen Nephropathie. Zumindest können geringe histologische Nierenveränderungen die oft sehr schwere Niereninsuffizienz mit Dialysepflicht nicht erklären. Weitere Indizien für die Richtigkeit meiner Behauptung:
b) Der Herzchirurg Bernd Niemann vom Universitätsklinikum Gießen findet viele Gründe für die Herzinsuffizienz bei Adipositas. Quelle: "Der Spiegel", Nummer 15/2018 vom 7.4.2018, Seite 97: "Das Herz vernarbt". Das Herz altere schneller, die Herzinsuffizienz werde schlimmer.
c) Übergewicht fördert zusätzlich im Rahmen des Metabolischen Syndroms den Diabetes mellitus. Dieser wiederum schädigt alle Organe, am wenigsten jedoch die Nieren.
d) Alle diese Organinsuffizienzen senken das Herzzeitvolumen, verschlimmern also die Herzinsuffizienz. Das HZV wird kleiner. Immer ist die GFR proportional zum HZV. Also sinkt auch die GFR. Die Niereninsuffizienz wird schlimmer.
645. a) Alle Menschen haben zumindest das erste Stadium der Herzinsuffizienz nach NYHA.
b) Diese Aussage ist aus didaktischen Gründen bewusst verkürzend und provozierend. Sie wird im Folgenden erklärt.
c) Die Herzinsuffizienz definiere ist als zu kleines Pumpvolumen sauerstoffreichen Blutes. Also verursacht auch jede Anämie immer eine Herzinsuffizienz mit belastungsabhängiger Luftnot. Diese Dyspnöe tritt nach NYHA stadienabhängig bei großen, mittleren, kleinen und fehlenden Belastungen auf.
d) Nahezu alle Krankheiten können das Herzzeitvolumen als einziges objektives Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz, wenn man von der Anämie absieht, reduzieren.
e) Völlig gesunde Menschen können also nach dieser Hypothese keine Herzinsuffizienz haben. Trotzdem bleibe ich bei meiner Behauptung mit der folgenden
Begründung. Außerdem sind völlig gesunde Menschen extrem selten.
d) Man kann den Schweregrad der Herzinsuffizienz auf einem Strahl abbilden. Rechts endet dieser Strahl mit dem Tod als schwerster Form der Herzinsuffizienz. Links davon findet man das Stadium IV nach NYHA. Dieses Stadium IV wird links durch die Grenze zum Stadium III abgetrennt. Die Stadien II und III nach NYHA werden jeweils durch ihre beiden Nachbarstadien begrenzt. Das Stadium I nach NYHA wird rechts vom Stadium II begrenzt. Links findet sich keine Grenze.
e) Diese fehlende linksseitige Begrenzung ist der Hauptgrund für meine Behauptung, jeder Mensch habe zumindest das erste Stadium der Herzinsuffizienz. Auch der Gesündeste hat eine Luftnot bei sehr großen Belastungen. Denn die Dyspnöe begrenzt seine Belastbarkeit und bildet damit seine Leistungsgrenze. Quod erat demonstrandum.
f) Das Fehlen dieser linksseitigen Grenze war offenbar von der NYHA beabsichtigt. Die NYHA hat wahrscheinlich absichtlich eine nach oben offene Skala eingeführt. Ebenso gibt es keine Obergrenze für das Herzzeitvolumen, wohl aber eine Untergrenze, nämlich 0 ml/min bei Toten.
g) Ein fiktives Beispiel zur Erläuterung. Beim gesunden Probanden X.Y. liege die Grenze zwischen NYHA 1 und NYHA 2 nach einer empirischen Tabelle bei einer objektiven Belastung mit 200 Watt. Bei einer ansteigenden Belastung klagt er jedoch schon bei 198 Watt subjektiv über eine Dyspnöe. Er hat also eine Herzinsuffizienz im Stadium NYHA 2. Erklärungsmöglichkeiten: unterdurchschnittlicher Trainingszustand, leichtes Übergewicht, moderater Nikotinkonsum, ausgeheilte Vorerkrankungen oder fehlende Motivation.
646. a) Klinisch relevante Glomerulopathien sind selten; klinisch relevante Tubulopathien sind noch viel seltener. Erklärung:
b) Immer ist die GFR proportional zum HZV. Jede Herzinsuffizienz verursacht also immer auch eine Niereninsuffizienz. Einige Nierenkrankheiten verkleinern die GFR, ohne dass eine Glomerulopathie vorliegt, zum Beispiel bei den Zystennieren. Häufig dagegen verursachen die Extrarenalsyndrome eine Niereninsuffizienz.
c) Tubulopathien betreffen die Funktion der Nierenkanälchen und nicht die glomeruläre Filtration. Eine Einschränkung der Tubulusfunktion führt zum Rückgang der tubulären Rückresorption und damit tendenziell zur Polyurie. Das wird kaum beobachtet. Tubulopathien sind also sehr selten.
d) In einem ärztlichen Diskussionsforum wurde Anfang Mai 2018 über die nephrotoxische Wirkung von Kontrastmitteln berichtet. Die Giftwirkung würde zu Tubulusnekrosen und zusätzlich zur Hypoxie in den diastalen Tubuli führen. So komme es zur Leistungsminderung der Tubuli. Außerdem würden sich in den Tubuli Ausgusszylinder bilden mit entsprechender Abflussbehinderung des Sekundärharns. Das würde die GFR verkleinern. Des weiteren käme es zu Lecks in den Nierenkanälchen, durch welche eine vermehrte Rückresorption von harnpflichtigen Stoffen in den Blutkreislauf mit der Gefahr eines Nierenversagens erfolge.
e) Diese pathophysiologische Herleitung halte ich für reine Spekulation. Drei Nephrologen empfahlen mir deswegen im Rahmen der Internet-Diskussion zur
Erklärung dieser paradoxen Reaktionen die Lektüre von Klaus Thurau und John W. Boylan: "Acute Renal Success - The Unexpected Logic of Oliguria in Acute Renal Failure", in: "The American
Journal of Medicine", Volume 61, September 1976, Seiten 308 bis 315. - Diese Arbeit ist eine reine teleologische Spekulation und erklärt folgende Widersprüche (Zitat: "unerwartete Logik"
im Titel der Arbeit) nicht ansatzweise. Trotzdem gilt diese Arbeit unter Nephrologen wohl als Standardwerk, weil es nichts besseres gibt.
f) Richtig beschrieben diese beiden Autoren vor über 40 Jahren einen kybernetischen neurohumeralen Regelkreis zwischen Tubuli und Glomeruli. Dieser Regelkreis wird jedoch völlig überbewertet und kann die vorliegende Problematik nicht einmal ansatzweise erklären.
g) Auf Seite 311 wird über einen Rückgang der Tubulusfunktion auf die Hälfte spekuliert. Die Nieren würden also die Sekundärharnproduktion auf 60 ml/min steigern. Alle 100 Minuten würde der Patient dann sechs Liter Plasma verlieren. Dieser enorme Flüssigkeitsverlust könne nur durch einen Rückgang der GFR verhindert werden. Dafür sorge ein "tubuloglomerular feedback" (Zitat Seite 310), also eine kybernetische Rückkopplung oder eine "tubuloglomerular balance" (Zitat Seite 309) zwischen Tubuli und Glomeruli.
h) Auf Seite 314 wird sogar über einige wenige historische Beispiele in der Fachliteratur aus den Jahren 1964 und 1974 berichtet. Es sei bei diesen Patienten
eine Polyurie von 45 bis 70 Liter pro Tag aufgetreten. Hier sei es jedoch nicht zu einem Rückgang der GFR gekommen. - Wie das mit dem Leben vereinbar sein könnte, wird nicht angedacht.
Und gerade ein solcher GFR-Rückgang wird doch vom Gedankengebäude der beiden Autoren gefordert.
i) Meine anderen Einwände werden nicht thematisiert. Wie können die geschwächten Tubuli die harnpflichtigen Stoffe durch unphysiologische Lecks rückresorbieren? Wie kann der Primärharn zu diesen Leckagen fließen, wenn die Tubuli durch Ausgusszylinder verstopft sind?
j) Der beschriebene Regelkreis zwischen Tubuli und Glomeruli und umgekehrt ist wichtig. Er wirkt aber nur marginal. Er erklärt zum Beispiel die Anurie bei Marathonläufern. Hier führt die vergrößerte GFR zu einer kompensatorischen Vergrößerung der tubulären Rückresorption um nur einen Prozentpunkt von 99 auf 100 Prozent.
k) Die zitierte Arbeit von Klaus Thurau und John W. Boylan ist eine reine unbewiesene Spekulation ohne jede klinische Relevanz. Das bemerken die Autoren selbst, wenn sie ihre Gedanken ("present concept", Zitat Seite 313) auf Seite 314 als "speculative" und auf Seite 308 als "thesis", also als Hypothese, bezeichnen.
l) Auf Seite 311 zitieren sie sogar auf Deutsch Poul Kristian Brandt Rehberg (siehe oben Absatz 225k), "daß jede Schädigung der Tubuli ... auch eine sofortige Herabsetzung der Glomerulifunktion mit sich bringt." Quelle: Poul Kristian Brandt Rehberg: "Über die Bestimmung der Menge des Glomerulumfiltrates mittels Kreatinin als Nierenfunktionsprüfung, nebst einigen Theorien über die Harnbereitung", in: "Zentralblatt für Innere Medizin", Jahrgang 50, 1929, Seite 367. - Die Bedeutung dieses Regelkreises darf nicht überbewertet werden. Es ist das Verdienst von Wilhelm Nonnenbruch, als Erklärung des vorliegenden Paradoxons die Extrarenalsyndrome zuerst beschrieben zu haben. Sie erklären den Rückgang der GFR einfach als Folge des reduzierten Herzzeitvolumens.
647. a) Die Herstellerfirma von Jinarc (Tolvaptan, siehe oben Absatz 58) zur ADPKD-Therapie verbreitete am 18.5.2018 im Internet (Coliquio Infocenter "Zystennieren aktuell" eine Publikation zum Thema "Ein Parameter, viele Formeln - Hilfestellungen zur Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate". Bei der Herstellerfirma handelt es sich um die Otsuka Pharma GmbH in Frankfurt am Main. Deren Arbeit enthält viele fundamentale Fehler. Sie ist genau das Gegenteil einer "Hilfestellung".
b) Allein dass am Anfang die Normwerte auf die "Insulin-Clearance" statt richtig auf die "Inulin-Clearance" bezogen (?) werden, lässt am Sachverstand der Autoren zweifeln.
c) Dass manchmal ohne System die dreifach falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² und manchmal aber auch die richtige Einheit ml/min verwendet wird, überrascht nicht mehr.
d) Völlig neu und völlig falsch sind auf der ersten Seite die angegebenen "Schätzwerte für die untere Altersnorm der glomerulären Filtartionsrate "140 - Alter (Männer) und 120 - Alter (Frauen)". - Es fehlt die Einheit ml/min. Kinder haben nach dieser Formel bessere Werte als Erwachsene. Völliger Unsinn.
e) Es fehlt der zwingend erforderliche Hinweis auf die von mir entwickelte Normierungsformel GFR(1,73 ml/min)/KOF.
f) Gerade bei Patienten mit ADPKD ist die Berücksichtigung der GFR ihrer Kinder extrem wichtig. Also ist der folgende Satz grundfalsch: "Sobald die GFR geringer als 60 ml/min/1,73m² ist, gilt dies jedoch in allen Altersgruppen als Niereninsuffizienz." - Gesunde Frühgeburten haben vielleicht eine normale GFR = 1 ml/min. Sie haben keine Niereninsuffizienz. - Andererseits hat jeder Mensch mindestens das erste Stadium der Niereninsuffizienz, weil es ein Stadium 0 definitionsgemäß nicht gibt.
g) Auf der zweiten Seite fehlt in der angegebenen Clearance-Formel im Nenner die Dauer der Untersuchungsperiode, also üblicherweise die 24 Stunden beim 24-Stunden-Urin-Sammel-Verfahren. Aber auch jede andere Periodendauer (Sammelzeitraum) wäre zulässig. - Wie sollte man sonst bei durchschnittlichen gesunden Erwachsenen auf einen Normalwert des Primärharns (= GFR) von vielleicht 150 l/Tag (= 104 ml/min) kommen?
h) Nicht ansatzweise wird erkennbar, dass es mehr als 100 Schätzformeln für die GFR gibt. Die angebenen Formeln nach MDRD und CKD-EPI haben ausführliche und abgekürzte Varianten.
i) Richtig ist der Hinweis auf die Cystatin-C-basierte Schätzformel auf der vierten Seite. Es gibt jedoch mindestens etwa zehn verschiedene Cystatin-C-basierte GFR-Schätzformeln. Im neuen Pschyrembel finden sich auf Seite 343 zwei andere.
j) Es werden jeweils zwei Schätzformeln für Männer und Frauen und zwei weitere geschlechtsunabhängige Schätzformeln für die GFR angegeben. Je nachdem, ob der Serumkreatininspiegel bei Frauen größer oder kleiner als 0,7 mg/dl (?) beziehungsweise bei Männern größer oder kleiner als 0,9 mg/dl (?) beziehungsweise geschlechtsunabhängig der Plasmaspiegel von Cystatin C größer oder kleiner als 0,8 mg/l (?) ist, finden sich völlig verschiedene negative Exponenten bei den Substratkonzentrationen. Diese unsystematischen Sprünge sind unwissenschaftlich und somit falsch. - Es kann nicht sein, dass meine GFR einen riesigen Sprung macht, wenn mein Kreatininspiegel von 0,91 mg/dl auf 0,90 mg/dl sinkt. Denn nach der angegeben Doppelformel steigt dann der Exponent von minus 1,209 auf minus 0,411 an.
k) Auch die Korrektoren haben geschlafen. Die Abschlussfrage lautet "Welche Formel verwenden Sie üblicherweise zur Bestimmung der GFR an?" - Das "an" muss weg. - Hierzulande verwenden die großen Laboratorien bei Erwachsenen die abgekürzte MDRD-Formel. Das wäre also die richtige Antwort.
648. a) Alle Medikamente zur Behandlung von Lungenkrankheiten verbessern die Luftlungenfunktion und deswegen nach dem Euler-Liljestrand-Effekt auch die Blutlungenfunktion. Diese Blutlungenfunktion ist mit dem Herzzeitvolumen identisch. Die GFR ist immer proportional zum HZV. Also verbessern alle Lungenmedikamente auch die Nierenfunktion.
b) Dazu schreibt mir am 18.4.2018 die Firma Novartis Pharma GmbH, genau diesen von mir behaupteten Zusammenhang in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Fraunhofer Institut klinisch untersuchen zu wollen.
649. a) Gedanken zum einzigen Nierenmedikament Jinarc (Tolvaptan): Schwere schmerzhafte doppelseitige Nierenkrankheiten sind selten. Sie betreffen meistens die Glomeruli und nur sehr selten die Tubuli. Zystennieren beeinträchtigen die Funktion der an sich gesunden Glomeruli auf zweifache Art und Weise. Einerseits werden die Nierenadern mechanisch komprimiert. Dadurch sinken die renale Perfusion und als direkte Folge auch die glomeruläre Filtration. Andererseits werden auch die Nephrone zusätzlich ebenfalls mechanisch komprimiert. Auch dadurch verschlechtert sich die GFR.
b) Es gibt mehr als einhundert verschiedene Schätzformeln zur Bestimmung der GFR. Bei Patienten mit Zystennieren verschlechtert sich die GFR im Zeitablauf. Bei Kindern verbessert sich allerdings die GFR proportional vielleicht zur Zunahme der Körperoberfläche. Im Alter kommt es dann bei jedem Menschen zu einem physiologischen Rückgang der GFR. Dieser altersbedingte Rückgang erfolgt bei Zystennieren schneller und schlimmer als ohne diese Erbkrankheit.
c) Alle bekannten GFR-Schätzformeln sind mehr oder weniger fehlerbehaftet. Immer versuchen sie jedoch die richtige, tatsächliche GFR abzuschätzen. Für Vergleiche müssen diese geschätzten GFR-Werte jedoch immer nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden. Nur so sind interindividuelle, aber auch intraindividuelle Vergleiche möglich. Kinder haben eine kleinere GFR als Erwachsene. Zum Ausgleich dieser Unterschiede ist diese Normierung zwingend erforderlich. Das Labor weiß nicht, ob der Patient ein kleiner Gesunder oder ein großer Kranker ist.
d) Gerade Patienten mit Zystennieren wollen wissen, ob ihre Kinder auch betroffen sind. Bei Kindern und Jugendlichen sind kleine Glomeruläre Filtrationsraten jedoch physiologisch und kein Symptom einer möglicherweise beginnenden Niereninsuffizienz. - Schon am Beginn der Geschichte der Nephrologie stand die richtige Erkenntnis, dass kleine Kaninchen eine kleinere Clearance als große Kaninchen haben.
650. a) Wie ist die zerebrovaskuläre Insuffizienz zu erklären? Allgemein wird von einer Minderversorgung des Gehirns mit arteriellem Blut ausgegangen. Ungenau ist der Fachbegriff der zrebralen Durchblutungsstörungen. Zwei verschiedene pathophysiologische Prozesse überlagern sich additiv:
b) Hirnleistungsstörungen sind proportional zu Herzleistungsstörungen. Das ist analog zur Proportionalität von GFR und HZV. Wichtig ist hier also das Hirnzeitvolumen, also der arterielle zerebrale Blutfluss mit der Dimension Volumen pro Zeit und der Einheit ml/min. Entsprechende Krankheitsbilder bezeichne ich als Kardiozerebralsyndrome. Jede Herzinsuffizienz verursacht immer eine synchrone Minderversorgung des Gehirns mit sauerstoffreichem Blut. Jede Herzleistungsschwäche verursacht eine gleich schwere Hirnleistungsschwäche.
c) Zusätzlich haben Herzleistungsschwäche und Hirnleistungsschwäche oft identische pathogenetische Ursachen. Jede Atherosklerose verkleinert den Arterieninnendurchmesser, erhöht den peripheren Widerstand und verkleinert den Blutfluss.
d) Diesen Prozess bezeichne ich als Zerebrozerebralsyndrom. Gehirnkrankheiten können auch zu Hirnleistungsstörungen führen.
e) Es besteht der folgende mathematische Zusammenhang zwischen Hirnleistungsstörungen und Herzleistungsstörungen. Das Herzzeitvolumen ist die Quadratwurzel aus dem Quotienten aus Herzleistung und peripherem Widerstand. Hirnzeitvolumen und Herzzeitvolumen sind proportional. Also verkleinert jede Verkleinerung der Herzleistung immer das Hirnzeitvolumen und damit die Hirnleistung. Zusätzlich verschlechtert jede Vergrößerung des peripheren zerebralen Widerstand bei einer generalisierten Atherosklerose das Hirnzeitvolumen und damit die Hirnleistung zusätzlich.
651. Ursachen der Niereninsuffizienz:
a) Altersabhängig verkalken im Zuge einer generalisierten Atherosklerose auch die Nierengefäße. Dadurch sinken die renale Perfusion und die glomeruläre Filtration. Die Podozyten sind davon kaum betroffen.
b) Zusätzliche doppelseitige schmerzhafte Nierenkrankheiten verringern die glomeruläre Filtration. Das sind die seltenen Renorenalsyndrome wie zum Beispiel Zystennieren oder Glomerulonephritiden.
c) Altersabhängig nimmt die Herzinsuffizienz auf dem Boden der Atherosklerose und als Folge anderer Herzkrankheiten zu. HZV und GFR sinken proportional. Das sind die Kardiorenalsyndrome.
d) Weitere Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch verkleinern HZV und GFR zusätzlich. Zum Beispiel das Pulmorenalsyndrom, das Hepatorenalsyndrom und das Zerebrorenalsyndrom.
e) Außerdem können verschiedene neurohumorale Regelkreise HZV und GFR unabhängig von einander weiter verkleinern oder vergrößern. Das sind vorübergehende reversible Effekte. Sie können medikamentös beeinflusst werden.
f) Seltene postrenale Abflussstörungen können einseitig oder beidseitig die renale Perfusion und damit die glomeruläre Filtration weiter reduzieren. Im Zweifel ist die Tubulusfunktion davon nicht betroffen.
652. a) Mit einem Senolytikum (lateinisch: senex: Greis) will man das Altern verlangsamen. Quelle: "Der Spiegel", Heft 31/2018, 28.7.2018, Seiten 98 und 99. - Die Seneszenz ist nicht zu verwechseln mit der Senologie.
b) Der Mediziner James L. Kirkland verabreicht Nierenkranken in der Mayo-Klinik in Rochester Senolytika (Zitat Seite 99). "Kirkland jedoch will untersuchen, ob Senolytika die Gesundheit geriatrischer Patienten insgesamt länger aufrechterhalten. Um den formalen Richtlinien zu genügen, messen die Mayo-Forscher vor allem die Nierenwerte ihrer Patienten." (Zitat Seite 99). Gemeint ist hier die Niereninsuffizienz und nicht eine doppelseitige Nierenkrankheit.
c) Richtig ist das Folgende. Die glomeruläre Nierenfunktion, also die GFR, ist der beste Laborparameter zur Therapieüberwachung beim Altersprozess. Erklärung:
d) Die GFR ist immer proportional zum Herzzeitvolumen (cardiac output). Im Zuge der altersbedingten Atherosklerose reduziert sich das HZV als Folge kardialer Strukturveränderungen. Ein jährlicher Rückgang des HZV um x Prozent reduziert also auch die GFR um ebenfalls x Prozent pro Jahr. Diese Aussage gilt aber nur, wenn die Nieren von der Atherosklerose nicht betroffen sind. Eine Atherosklerose auch der Glomeruli würde die GFR zusätzlich um y Prozent pro Jahr verkleinern. Bei einer Verkalkung auch der Glomeruli würde die GFR also um (x+y) Prozent pro Jahr sinken.
e) Die Glomeruli sind jedoch weitgehend unkaputtbar, fast so wie die diesbezüglich noch besser geschützten Tubuli. Die Glomeruli und hier besonders die Podozyten reinigen sich selbst und verkalken kaum. Also gilt y << x. Der Einfluss von y ist also sehr viel kleiner als der Einfluss von x und deshalb oft zu vernachlässigen.
f) Bei Nierengesunden ist die GFR also ein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz und damit auch für den Alterungsprozess. Aber auch bei schweren doppelseitigen, meist schmerzhaften und irreversiblen Nierenkrankheiten sind HZV und GFR immer proportional. Also kann auch bei Nierenkranken die GFR zur Verlaufskontrolle sehr gut verwendet werden.
g) Im Zweifel verkleinern alle altersbedingten Krankheiten (auch in ihrem Zusammenspiel) direkt oder indirekt das Herzzeitvolumen. Deswegen sind in der Geriatrie das HZV und die dazu immer proportionale GFR ideale Parameter zur Therapieplanung, zur Verlaufskontrolle und zur Erfolgsbeurteilung.
h) Nachteilig für diese Zwecke sind beim HZV seine relativ komplizierte Bestimmung und zweitens die direkte Abhängigkeit von körperlichen Aktivitäten. Wegen der direkten Proportionalität von HZV und GFR gelten diese beiden Einschränkungen zwangsläufig auch für die GFR. Allerdings liefern alle Schätzformeln für die GFR nur gleitende Mittelwerte über bestimmte längere Zeiträume. Bei einem gleichbleibenden Tagesablauf liefern die GFR-Schätzformeln also einen steady state der Nierenfunktion und damit der Herzfunktion. Das ist der entscheidende Vorteil des Laborparameters GFR in der Medizin. Die GFR verwandelt kurzfristige Schwankungen des HZV in einen langfristigen Trend. Außerdem ist die GFR im Laboratorium leicht, billig und schnell bestimmbar.
653. a) Es folgt eine weitere Patientenkasuistik mit einer falsch ermittelten guten GFR. Siehe oben die Absätze 634 und 635.
b) Die Patientin P. F. ist 52 Jahre alt. Wegen pulmonaler Kachexie hat sie einen BMI=15,4 kg/m² und eine KOF=1,43 m². Bei einem Kreatininspiegel von 0,69 mg/dl am 10.12.2018 errechnete das Krankenhauslabor am 30.11.2018 eine GFR=110 ml/min.
c) Diese Daten passen nicht zusammen, weil das Laboratorium für den Entlassbefund die Erstwerte, die Minimalwerte, die Maximalwert und die Endwerte getrennt für Kreatinin und in der Folgezeile für die daraus errechnete GFR angibt. Weitere Zwischenwerte fehlen. Dieses unübliche und verwirrende Vorgehen führt zu nicht nachvollziehbaren und zu nicht nachrechenbaren geschätzten Laborergebnissen.
d) Die Normierung ergibt GFR(1,73 m²/KOF) = 110 (1,73 m² / 1,43 m²) ml/min = 133 ml/min.
Damit hat die kachektische Frau das erste Stadium der chronischen Niereninsuffizienz. Das wäre nicht weiter verwunderlich. 1992 erfolgte jedoch eine rechtsseitige Nephrektomie wegen einer Nierenschrumpfung.
e) Diese pro forma sehr gute filtrative Nierenfunktion widerspricht meiner Erfahrung, dass nach einer Nierenentfernung die präoperative GFR sich postoperativ auf maximal 70 Prozent erhöht. Die Restniere steigert ihre Leistung durch Volumenzunahme, Perfusionsverbesserung, Trinkmengenerhöhung und Blutdruckanstieg.
f) Also muss es eine andere Erklärung für die überdurchschnittlich gute Nierenfunktion nach der einseitigen Nephrektomie geben. Wegen ihrer sehr schweren chronischen obstruktiven Lungenkrankheit (COPD) liegt die Patientin fast ständig regungslos im Bett. Die Muskelmasse und die Muskelaktivität sind klein. Deswegen hat sie unterdurchschnittliche Serum-Kreatinin-Spiegel. Alle kreatininbasierten GFR-Schätzformeln liefern also falsch gute Nierenfunktionswerte. Normale Laborwerte gaukeln also eine normale Nierenfunktion vor.
g) Also hätte man ihre GFR zum Beispiel anhand von Cystatin C oder mit exogenen Substanzen errechnen müssen.
654. a) Sechs Wissens-Fragen für Nephrologen:
b) Ist die GFR eines Menschen die Summe oder der Mittelwert der beiden Einzel-GFR? Antwort: Summe. Erklärung: In jeder Stadt ist die Gesamtleistung aller Klärwerke ja auch die Summe und nicht etwa das arithmetische Mittel der Filterleistungen der einzelnen Klärwerke.
c) Kann eine gespendete Niere beim Empfänger besser als beim Spender arbeiten? Antwort: Ja. Begründung: Wenn der Empfänger ein größeres Herzzeitvolumen als der Spender hat, dann wird die gespendete Niere besser durchblutet. Perfusion und Filtration steigen an. Der Empfänger muss nur mehr Wasser trinken als der Spender. Dann ist die Einzel-GFR des Transplantats größer als vorher. GFR und HZV sind immer proportional.
d) Wie kommt es bei Marathonläufern zur Anurie? Antwort: Die Tubuli steigern ihre Leistung von 99 auf 100 Prozent. Diese Vergrößerung der Rückresorptionsquote wird hormonell gesteuert.
e) Ein Patient mit einer sehr schweren Leberkrankheit stirbt an Nierenversagen. Bei der Obduktion findet man keine Nierenkrankheit. Wie ist das möglich? Antwort: Es handelt sich um ein Hepatorenalsyndrom. Durch den Aszites kommt es zum Kreislaufzusammenbruch mit Multiorganversagen. Parallel zum Rückgang des HZV sinkt die GFR.
f) Sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch selten oder häufig? Antwort: Sie sind extrem häufig. Entsprechend sind die Intra- und die Postrenalsyndrome extrem selten. Siehe unten Absatz 659.
g) Wie ist eine GFR = 600 ml/min bei einem erwachsenen Menschen zu erklären? Antwort: Entweder bei sportlicher Extrembelastung oder im Gegenteil bei Bettlägrigkeit. Beim Marathonlauf sind HZV und GFR maximal erhöht. Bei einer zervikalen Querschnittslähmung sind Muskelaktivität und Muskelstoffwechsel extrem reduziert. Der Kreatininspiegel im Blut ist sehr klein. Alle kreatininbasierten GFR-Schätzformeln errechnen daraus eine sehr große GFR. Zusätzlich vergrößert eine übermäßige Infusionstherapie HZV und GFR. Siehe oben die Absätze 485h, 637b und 634.
h) Kaum jemals bekommt man richtige Antworten.
655. a) Nur selten findet man in der Fachliteratur Hinweise auf die Extrarenalsyndrome.
b) Sogar der Erstbeschreiber Wilhelm Nonnenbruch hat seinen eigenen Erkenntnissen wohl nicht so richtig getraut. Sein Hauptwerk "Die doppelseitigen Nierenkrankheiten" (Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1949) beschreibt auf den ersten 170 Seiten die damals herrschende Lehre. Dieser Text endet in der Mitte auf Seite 170 mit der Beschreibung der "Nephritis interstitialis exsudativa in graviditate". Völlig zusammenhanglos beginnt er direkt im Anschluss an diesen Text seine bahnbrechenden Ausführungen über "Das extrarenale Nierensyndrom" über 22 Seiten bis Seite 192. Dann folgen wieder völlig zusammenhanglos (wieder beginnend in der Seitenmitte) zwei letzte Seiten über den "Untersuchungsgang bei Nierenkranken" bis zur Seite 194. Auch im Inhaltsverzeichnis auf Seite XI sind diese Extrarenalsyndrome fälschlich quasi als ein Unterkapitel der Schwangerschaftsnephritis dargestellt. Mehrere Extrarenalsyndrome finden sich im Inhaltsverzeichnis irrtümlich als Unterkapitel des Hepatorenalsyndroms. Auch der kritische Leser konnte das Revolutionäre von Nonnenbruchs Darstellungen nur schwer erkennen.
c) Zusätzlich sind seine Erkenntnisse wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit weit gehend totgeschwiegen worden.
d) Hier ist das "Wörterbuch der Medizin" aus der DDR eine löbliche Ausnahme. Mir liegen die 14. und die 15. Auflage vor. Hier wird die "extrarenale Niereninsuffizienz" richtig als direkte Folge einer Reduktion des Herzzeitvolumens beschrieben. Es werden einige extrarenale Krankheiten aufgezählt (meine Nomenklatur: Kardiorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Zerebrorenalsyndrom). Dass ihnen allen eine Reduktion des Herzzeitvolumens gemeinsam ist, wird auch hier nicht erkannt. Auch Wilhelm Nonnenbruch hat diesen Pathomechanismus zwar indirekt beschrieben, aber nicht ausreichend deutlich gemacht.
e) Im Inhaltsverzeichnis seiner "Doppelseitigen Nierenkrankheiten" finden sich auf Seite 207 zahlreiche Verweise auf ein "Nierensyndrom, extrarenales". Auf Seite 6 erwähnt Wilhelm Nonnenbruch sein "extrarenales Nierensyndrom" (meine Nomenklatur: Extrarenalsyndrom) und stellt eine Verbindung zu H. Havliceks Arbeiten ("Ärztliche Forschung", 1948, Heft 17) her. Auf Seite 16 beschreibt er völlig sinnwidrig eine "Oligurie ohne Niereninsuffizienz" als "extrarenales Nierensyndrom" (richtig wäre: "Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit"). Auch auf Seite 48 diagnostiziert Nonnenbruch zutreffend ein "extrarenales Nierensyndrom" bei "Herzkranken mit Stauungsleber" (meine Nomenklatur: Kardiorenalsyndrom und Hepatorenalsyndrom). Auf Seite 88 stellt er ebenso richtig den Zusammenhang zwischen einer Anurie bei "anatomisch normalen Glomeruli" und dem extrarenalen Nierensyndrom her. Auf Seite 89 beschreibt er dagegen ebenfalls wieder richtig seltene schwere Nierenkrankheiten (Sublimatnieren, Myelomnieren, Nieren bei Ostitis fibrosa generalisata) mit Niereninsuffizienz ohne ein extrarenales Syndrom (meine Nomenklatur: Renorenalsyndrom). Auf Seite 131 beschreibt er sogar die Niereninsuffizienz zerebraler Genese wiederum richtig als ein "extrarenales Nierensyndrom" (meine Nomenklatur: Zerebrorenalsyndrom).
f) Ebenfalls völlig richtig beschreibt Wilhelm Nonnenbruch auf Seite 191 die Therapie der Extrarenalsyndrome: "Die Therapie beim extrarenalen Nierensyndrom muß auf die ursächlichen Schädigungen eingehen. ... Damit kann man verblüffende Erfolge erzielen."
g) Kurz und knapp beschreibt er auf den Seiten 191 und 192 zusammenfassend die Extrarenalsyndrome. Zitat Seite 192: "Die Niere kann anatomisch unverändert sein, auch bei tödlicher Oligurie und Anurie." Trotzdem hat er das Bahnbrechende seiner Arbeiten nicht erkannt.
h) Die Begriffe extrarenales Nierensyndrom, prärenales Nierenversagen, extrarenale Niereninsuffizienz und Nonnenbruch-Syndrom sind Synonyme. Ich bezeichne sie kurz als Extrarenalsyndrome und definiere sie als Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Die pathophysiologische Ursache aller Extrarenalsyndrome ist immer eine Herzinsuffizienz, also eine Abnahme des Herzzeitvolumens. Die GFR ist immer proportional zum Herzzeitvolumen. Der Quotient a=GFR/HZV ist immer konstant.
i) Allein schon das Wort "doppelseitig" im Titel von Nonnenbruchs Hauptwerk ist programmatisch und in ihrer Bedeutung nicht zu überschätzen. Wilhelm Nonnenbruch hat (erstmalig?) richtig erkannt, dass einseitige Nephropathien niemals ein klinisch bedeutsames Nierenversagen bewirken können. Immer verhindert die gesunde Niere jedes Renorenalsyndrom. Ein einseitiges Nierenversagen verursacht keine Niereninsuffizienz. Andererseits hat er nicht ausreichend deutlich gemacht, dass bei der Niereninsuffizienz meistens gar keine Nierenkrankheit vorliegt. Korrekt hätte der Buchtitel also lauten müssen: "Die renalen und die extrarenalen Nierensyndrome" oder einfach "Die Ursachen der Niereninsuffizienz" oder "Das renale und das prärenale Nierenversagen" oder "Die häufigen Extrarenalsyndrome und die seltenen Renorenalsyndrome" oder "Jede Herzinsuffizienz verursacht eine Niereninsuffizienz".
656. a) Es gibt ein tubuloglomeruläres Paradoxon: Sowohl bei großer als auch bei kleiner GFR kommt es zu Anurie.
b) Ein gesunder Marathonläufer hat ein extrem erhöhtes HZV mit ebenfalls extrem erhöhter GFR bei gleichzeitiger Anurie. Ein kranker Herzinsuffizienter hat ein deutlich verkleinertes HZV mit ebenfalls oft stark verkleinerter GFR bei gleichzeitiger Anurie.
c) Nach der noch unbewiesenen Hypothese vom tubuloglomerulären Feedback soll der juxtaglomeruläre Apparat bei einer akuten intrarenalen Niereninsuffizienz den Rückgang der tubulären Rückresorptionsquote mit einem Anstieg der glomerulären Filtrationsrate beantworten.
d) Umgekehrt würde nach dieser noch spekulativen Theorie ein Anstieg der tubulären Resorption eine Abnahme der glomerulären Filtration bewirken.
e) Hierbei ist zwischen den krankmachenden und den gesundmachenden Mechanismen zu unterscheiden. Der Pathomechanismus soll therapeutisch rückgängig gemacht werden.
f) Ich behaupte, es gibt kaum nennenswerte Tubulopathien. Also muss man das vorliegende Probleme vom Kopf auf die Füße stellen. Man muss zuerst auf die Glomeruli und dann auf deren Wirkung bei den Tubuli blicken.
g) Wenn ein Gesunder krank wird, kann sein HZV sinken oder steigen. Die Tubuli müssen das Blutvolumen optimieren. Bei großem HZV und also großer GFR muss die tubuläre Rückresorption ansteigen, um eine Polyurie zu vermeiden. Bei kleinem HZV und also kleiner GFR muss die tubuläre Rückresorption ebenfalls ansteigen, um eine Exsikkose zu vermeiden.
h) Wenn ein Kranker gesund wird, kann sein HZV sinken oder steigen. Die Tubuli müssen das Blutvolumen optimieren. Bei großem HZV und also großer GFR muss die tubuläre Rückresorption absinken, um eine Anurie zu vermeiden. Bei kleinem HZV und also kleiner GFR muss die tubuläre Rückresorption dagegen ansteigen, um eine Exsikkose zu vermeiden.
i) Der Schlüssel der tubuloglomerulären Regulation liegt also in den unkaputtbaren Tubuli. Es handelt sich also um einen glomerulotubulären Regelkreis oder um ein glomerulotubuläres Feedback mit nur wenigen seltenen Ausnahmen.
j) Ob es sich um die reziproke Proportionalität von Primärharnbildung und Sekundärharnbildung oder aber um die direkte Proportionalität von glomerulärer Filtration und tubulärer Resorption handelt, kann jetzt entschieden werden. Beim Krankwerden mit großem HZV oder mit kleinem HZV wirkt die reziproke Proportionalität. Beim Gesundwerden mit kleinem HZV wirkt die direkte Proportionalität; beim Gesundwerden mit großem HZV wirkt die reziproke Proportionalität.
k) Der Schlüssel der neurohumoral gesteuerten glomerulotubulären Regulation liegt also im HZV, also in der Schwere der Herzinsuffizienz. GFR und HZV sind immer proportional; die Tubuli reagieren zuverlässig auf alle Veränderungen von HZV und GFR.
l) Damit lassen sich die je nach Krankheit und Stadium beobachtete Anurie, Oligurie oder Polyurie erklären. Die kausale Therapie besteht in einer Optimierung des Herzzeitvolumens.
m) Das ist ein weiterer Beweis für meine Behauptung der überragenden Bedeutung von HZV und GFR in der gesamten inneren Medizin.
657. a) Die Niereninsuffizienz ist die "Mangelhafte Tätigkeit der Nieren infolge Ausfalls oder Zerstörung der Glomeruli oder Tubuli." Mit dieser kurzen Definition erklären Maxim Zetkin und Herbert Schaldach in den ersten vier Auflagen ihres "Wörterbuch der Medizin" (aus dem VEB Verlag Volk und Gesundheit Berlin in der damaligen DDR) von 1956 bis 1969 die gesamte Nierenheilkunde, ein Fachgebiet, das es damals noch nicht gab.
b) In der folgenden 5. Auflage (Thieme-Verlag Stuttgart 1974 und Deutscher Taschenbuch Verlag München 1974; Berlin 1973) bis zur 8. Auflage (Berlin 1976) wird die Niereninsuffizienz ebenso eindeutig als "akut einsetzender ... oder chronisch sich einschleichender Funktionsausfall der Nieren" definiert. Hier wird zusätzlich der Funktionsausfall der Glomeruli und der Tubuli getrennt erklärt, mit den Symptomen Anurie [falsch!] beziehungsweise Polyurie.
c) Diese kurzen und knappen Definitionen finden sich nicht mehr ab der 15. Auflage (Berlin 1992) bis zur 16. Auflage (Wiesbaden 1999 als "Lexikon der Medizin"). Am Anfang wird die Niereninsuffizienz jetzt sogar nach knapper richtig definiert als "hochgradige Einschränkung der Nierenfunktion."
d) Niemals kommt in diesen Definitionen von Zetkin und Schaldach das Wort Nierenkrankheit vor. Denn es wurde immer richtig erkannt, dass die Ursache der Niereninsuffizienz ("Ausfall der Glomeruli") fast immer vor den Nieren liegt. Das sind die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. Im "Wörterbuch der Medizin" haben sie ab der 4. Auflage (Berlin 1969) bis zur 15. Auflage (Berlin 1992) sogar ein eigenes ausführliches Stichwort ("Nierensyndrom, extrarenales"). Ab der 16. Auflage fehlt dieses Stichwort vollständig.
e) Diese Nonnenbruch-Syndrome werden jedoch niemals eindeutig als Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit als Folge eines reduzierten Herzzeitvolumens erklärt.
f) In der 5. Auflage werden sogar die Jahre 1921 und 1937 in Verbindung mit Wilhelm Nonnenbruch genannt. Entsprechende Literaturstellen sind jedoch nicht zu finden.
658. a) Die Aufgabe der Tubuli (Nierenkanälchen) ist die aktive Rückresorption von wertvollen Bestandteilen aus dem Primärharn in den Körperkreislauf. Wasser ist wertvoll und wird deswegen zu 99 % (=Rückresorptionsquote) resorbiert. Tubuluskrankheiten führen also fast immer zur Polyurie und eben nicht zur Oligurie oder gar Anurie.
b) Das wird oft nicht verstanden. So wird die Polyurie oft mit der gegenteiligen Anurie verwechselt. Beispiele:
c) Siehe oben Absatz 657b.
d) "Häufigste Ursache des akuten Nierenversagens ist die akute Tubulusschädigung, meist in Form einer Nekrose der Nierentubuli, weshalb akutes Nierenversagen und akute tubuläre Nekrose häufig synonym verwandt werden", mit dem Symptom, dass im "Schock die Diurese unter 30 ml pro Stunde" absinkt. Quelle: Linus Geisler: "Kohlhammer Studienbücher: Krankenpflege: Innere Medizin II", 10. Auflage 1970, Seite 65.
659. a) Anmerkungen zur Häufigkeit der Extrarenalsyndrome. Sie sind extrem häufig. Andere Ursachen der Niereninsuffizienz sind fast zu vernachlässigen.
b) Für die akute Niereninsuffizienz findet man in der Fachliteratur Angaben zur Häufigkeit. Intrarenale Ursachen findet man in höchstens drei Prozent der Fälle. Das sind die Renorenalsyndrome oder Intrarenalsyndrome. Postrenale Ursachen betreffen weniger als fünf Prozent der Fälle. Das sind die Postrenalsyndrome. Die akute Niereninsuffizienz beruht also in mehr als 92 % auf den Nonnenbruch-Syndromen.
c) Diese Zahlen gelten offenbar weltweit. Für das heutige Mitteleuropa dürften die Schätzungen für die Intra- und Postrenalsyndrome noch deutlich niedriger liegen.
d) Für die chronische Niereninsuffizienz findet man keine Angaben zu Prävalenz oder Inzidenz. Sie liegen vermutlich für die Renorenalsyndrome zumindest in Deutschland deutlich unter 5 %. Denn die akuten Nephropathien sind meistens gut und schnell zu behandeln. So kommt es nur selten zur Chronifizierung. Und chronische Postrenalsyndrome sind fast denkunmöglich. Schwere doppelseitige schmerzhafte Abflussbehinderungen werden grundsätzlich sofort erfolgreich behandelt und chronifizieren nicht. In seltenen Fällen sind sie dagegen schnell tödlich, besonders bei metastasierenden Malignomen.
660. a) Ich wende mich gegen die Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Niereninsuffizienz. Denn es gibt keinen grundsätzlichen medizinischen Unterschied zwischen beiden Krankheitsbildern. Niemand kann einen genauen Zeitpunkt angeben, zu dem aus der akuten eine chronische Niereninsuffizienz wird. Auch sind beide Entitäten grundsätzlich reversibel. Die in der Literatur angegebene Dreimonatsfrist (nach der KDIGO CKD 2012) ist klinisch ohne Bedeutung. Viele Renorenalsyndrome sind bereits nach wenigen Tagen ausgeheilt. Und die chronische Niereninsuffizienz entsteht meistens schleichend über viele Jahre.
b) Außerdem wende ich mich gegen die Bezeichnung Nierenversagen statt Niereninsuffizienz. Es handelt sich um eine graduelle Verschlechterung der Nierenfunktion. Zum vollständigen Versagen der filtrativen Nierenfunktion kommt es nur selten.
c) Die akute Niereninsuffizienz wird richtig in prärenale, intrarenale und postrenale Ursachen eingeteilt. Analog muss auch die chronische Niereninsuffizienz in prärenale, intrarenale und postrenale Ursachen unterteilt werden.
d) Die Häufigkeit der akuten prärenalen Niereninsuffizienz liegt vielleicht bei mindestens 94 %, die der akuten intrarenalen Niereninsuffizienz bei vielleicht 3 % und die der akuten postrenalen Niereninsuffizienz liegt allenfalls ebenfalls vielleicht bei 3 %.
e) Die Häufigkeitsverteilung der drei Formen der chronischen Niereninsuffizienz ist vielleicht identisch mit der Häufigkeitsverteilung der akuten Niereninsuffizienz. Dazu gibt es in der Fachliteratur keinerlei Zahlenangaben.
f) Gibt es überhaupt eine schwere chronische intrarenale Niereninsuffizienz, also ein chronisches Renorenalsyndrom? Antwort: Ja. Beispiel: Eine lang andauernde unbehandelte beiderseitige Pyelonephritis führt zur Schrumpfnierenbildung. Die Schmerzen werden symptomatisch behandelt. Das Sterben wird durch eine Nierendialyse verhindert.
g) Gibt es überhaupt eine schwere chronische postrenale Niereninsuffizienz, also ein chronisches Postrenalsyndrom? Antwort: Ja. Beispiel: Beiderseitige Harnleitersteine führen zur Anurie und zum Absterben beider Nieren. Die Schmerzen werden symptomatisch behandelt. Der Tod wird mit einer Nierendialyse verhindert.
h) Diese beiden Extrembeispiele sollen die Seltenheit der intrarenalen und der postrenalen Niereninsuffizienz verdeutlichen. Intrarenalsyndrome (=Renorenalsyndrome) und Postrenalsyndrome sind extrem selten.
i) Also ist die Niereninsuffizienz fast immer eine prärenale Niereninsuffizienz, also ein Prärenalsyndrom. Diese prärenale Niereninsuffizienz ist also weit gehend mit den Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch identisch.
j) Fast jede Niereninsuffizienz ist ein Extrarenalsyndrom. Quod erat demonstrandum.
661. a) Wann wird aus dem Postrenalsyndrom ein Intrarenalsyndrom?
b) Beim Postrenalsyndrom kommt es bei gesunden Nieren als Folge einer beiderseitigen Abflussbehinderung zu einer Niereninsuffizienz. Es kommt zur Anurie. Wenn die Abflussstörung nicht beseitigt wird, kommt es zum Tod im urämischen Koma. Nur eine Nierendialyse kann den Tod verhindern.
c) Kommt es dabei aber auch zu einem Intrarenalsyndrom (=Renorenalsyndrom)? Es gibt zwei verschiedene Antwortmöglichkeiten: ja und nein.
d) Der intrarenale Stau könnte eine Nephropathie verursachen. Die Glomeruli und die Tubuli könnten durch den Harnstau (reversibel oder irreversibel) zerstört und somit funktionsunfähig werden. Dann würde aus dem Postrenalsyndrom zusätzlich ein Intrarenalsyndrom werden. Dann bekämen diejenigen Nephrologen teilweise Recht, die die Existenz von dauerhaften Postrenalsyndromen bezweifeln.
e) Vielleicht kommt es beim Postrenalsyndrom aber auch nicht zur Nephropathie. Bei ungestörter Nierenperfusion könnten die Glomeruli ungestört weiterarbeiten. Die Tubuli müssten ihre Rückresorptionsquote von 99 auf 100 Prozent erhöhen. Diese geringfügige Steigerung der Tubulusfunktion könnte neurohumoral gesteuert werden. Die so entstehende Anurie wäre dauerhaft und im Zweifel reversibel.
f) Denkbar ist also ein dauerhaftes anurisches Postrenalsyndrom mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Dieser Pathomechanismus ist
kurzzeitig zum Beispiel bei Marathonläufern physiologisch und bei Intensivpatienten kompensatorisch. Nichts spricht dagegen, auch eine langfristige Stabilität zu unterstellen.
g) Eine diesbezügliche Forschung wäre wünschenswert. Gibt es Kasuistiken oder Einzelfallberichte? Wurden Tierversuche durchgeführt, um die Existenzmöglichkeit von permanenten Postrenalsyndromen ohne Nephropathien zu beweisen?
662. a) Das Herz ist eine Pumpe, die Niere ist ein Filter. Für diese Behauptungen wurde ich oft kritisiert. Man wirft mir mechanistisches Denken vor.
b) Diese beiden medizinischen Sachverhalte sind ja wohl unstrittig. Man denke nur an Begriffe wie Pumpversagen des Herzens und Filtrationsrate der Nieren.
c) Pumpen und Filtern sind ebenfalls unstrittig physikalische Begriffe. Die Grundlage des Funktionierens von Herz und Niere ist also die Physik. Dass Pumpen und Filtern zusätzlich neurohumoral moduliert werden, ist ebenfalls unstrittig.
d) William Harvey (1578-1657) hat das Herz als Pumpe erkannt. Leonhart Fuchs (1501-1566) hat schon vorher die Nieren als Filter beschrieben. Aber vermutlich sind beide Erkenntnisse noch älter.
e) William Harvey hat sogar versucht, das Schlagvolumen und damit das Herzzeitvolumen zu berechnen. Er vermutete ein Schlagvolumen von einer halben Unze, also von etwa 18 ml. Quelle: Peter Wiench (Herausgeber) "Über bedeutende Ärzte der Geschichte", Zürich, München 1982, Band I, Seite 175. In dieser Arbeit von Christian Probst kommt es jedoch zu einem Rechenfehler, obwohl die Multiplikation des geschätzten Schlagvolumens mit der unschwer zu ermittelnden Herzfrequenz nicht so schwer sein dürfte.
f) Aufbauend auf diesen richtigen Erkenntnissen wurden im 17. Jahrhundert die Iatrophysik und ihr Teilgebiet Iatromechanik entwickelt. Zumindest die daraus
entwickelten Gesetzmäßigkeiten der Hydromechanik oder Kreislaufmechanik sind auch heute noch unverändert gültig. Der Begriff Kreislaufforschung ist jedoch aus der Mode gekommen.
g) Sogar die Begriffe Herzkraft, Blutdruck und Widerstand hat Harvey bereits 1649 in seinem zweiten Brief an seinen Kritiker Jean Riolan junior (1580-1657) erwähnt. Unklar ist, ob damals schon das Herzzeitvolumen als Quotient aus Blutdruck und Widerstand erkannt wurde. Zumindest waren diese drei Parameter (nach Christian Probst, Seite 178) aber schon dem Jan de Wale 1641 bekannt. Jan de Wale (1604 bis 1649) war ein Anatom in Leiden und hieß auch Johannes Walaeus, Johan de Wal, Johannes de Wale und Johannes de Waal.
h) Sogar den peripheren Widerstand hätte man damals berechnen können. Denn dass das Herzzeitvolumen auch das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz ist, war bekannt.
i) Damals in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden die alten qualitativ-humoralistischen Krankheitserklärungen um das quantitativ-mechanische Denken ergänzt und nicht durch sie ersetzt, wie Christian Probst auf Seite 180 irrtümlich schreibt. Grundsätzlich sind beide Denkschulen in Teilen heute noch gültig.
j) Das wird aber von meinen Kritikern nicht anerkannt. Die hydromechanischen Parameter werden nerval und hormonell moduliert. Also muss man zuerst die Gesetze der Hydromechanik von Herz und Niere verstehen und akzeptieren. Dann wird man die heutigen Lehrmeinungen in der Kardiologie und Nephrologie grundlegend ändern müssen. Ich fordere diesen Paradigmenwechsel. Das Herzzeitvolumen ist die wichtigste Kennzahl in der Inneren Medizin.
k) Wenn man die Herzleistung und die dazu immer proportionale Nierenleistung medikamentös oder chirurgisch verbessern will, muss man die dazu erforderlichen physikalischen oder physiologischen Grundlagen beherrschen. Die dazu notwendigen Kenntnisse sind seit bald 400 Jahren bekannt. Insofern ist ein Minimum an mechanistischem Denken auch heute noch zwingend erforderlich.
l) Die Wirkung von Nerven, Hormonen, Enzymen, Medikamenten und Infusionen auf den Körper kann man nur verstehen, wenn man die Physik und damit die Physiologie des Körpers versteht.
m) Kennzahlen verdichten Messergebnisse zur Beschreibung von Sachverhalten. Gemessen werden Drücke, Frequenzen, Intervalle, Volumina, Kräfte und Widerstände.
Kennzahlen werden daraus errechnet. Das Herzzeitvolumen und die daraus abgeleitete Glomeruläre Filtrationsrate sind wichtige Kennzahlen.
n) Schon Rudolf Virchow hat gefordert, in der Medizin die Gesetze der Mechanik zu beachten (Quelle: Werner Leibbrand: ''Rudolf Carl Virchow'', in: "Über bedeutende Ärzte der Geschichte", München 1982, Band II, Seite 15). Das kann nicht falsch sein. Es ist ziemlich egal, ob man das nun mechanisches oder mechanistisches Denken nennt. Was wäre denn die Alternative? Mechanistisches Denken zu verbieten oder unmechanisches Denken zu fordern? Die Gesetze der Physik gelten auch in der Medizin.
o) Siehe auch oben Absatz 587.
663. a) Schon die ersten Menschen hatten Gelegenheit, das Herz bei Mensch und Tier als schlagendes oder pulsierendes Organ zu erkennen. Auch die Blutfüllung hätten sie beobachten können. Vielleicht blieb ihnen sogar die Synchronizität von Herzschlag und peripherem Puls nicht verborgen.
b) Das Herz ist eine Blutpumpe. Das konnten die ersten Menschen nicht wissen, weil sie nicht wussten, was eine Pumpe ist. Auch das Wort kannten sie nicht.
c) William Harvey kannte Pumpen aller Art. Er hat sogar das Schlgvolumen einer jeden einzelnen Pumpaktion mit 18 ml (eine halbe Unze) geschätzt.
d) Seine Kritiker warfen ihm vor, dass das ein damals unvorstellbar großess Herzzeitvolumen von 2 m³ am Tag bedeuten würde. Trotzdem hat er das HZV (aus Vorsicht?) deutlich unterschätzt. Korrekt wären etwa sechs oder sieben Kubikmeter Blut am Tag.
e) Sogar William Harvey konnte seinen Kritikern die Herkunft einer so großen Blutmenge nicht anschaulich erklären. Seine Behauptung des Blutkreislaufs konnte er nicht mit der Existenz von Blutkapillaren begründen, weil man diese damals nicht sehen konnte. Wahrscheinlich wusste William Harvey noch nicht, dass das Mikroskop um 1600 in den Niederlanden erfunden und benannt wurde.
f) Es dauerte jedoch nicht lange, bis am Mechanismus des Blutkreislaufes nicht mehr gezweifelt wurde.
g) Genau so verhielt es sich mit der Niere als Blutfilter. Auch die ersten Menschen konnten erkennen, dass jede Niere einen Zufluss und einen Abfluss sowie zusätzlich eine Verbindung zur Harnblase hatte. Der Ort der Urinproduktion dürfte ihnen also nicht unbekannt geblieben sein.
h) Die Niere ist ein Blutfilter. Das konnten die ersten Menschen nicht wissen, weil sie nicht wussten, was ein Filter ist. Auch das Wort kannten sie nicht.
i) Die ersten Siebe oder Filter waren spätestens mit Erfindung von Textilien vor 30.000 Jahren bekannt. Die römischen Soldaten verwendeten ihre Filzhüte als Wasserfilter. Daher kommt das Wort Filter.
j) Also hätte man spätestens um Christi Geburt sogar eine Filtrationsrate abschätzen können. Wenn beispielsweise die tägliche Trinkmenge von 3 l Wasser bei einem Filterdurchgang in einem Filzhut zur Hälfte (oder bei zwei Durchgängen zu 3/4) von Schwebpartikeln befreit wurde, hätte man leicht eine Clearance (also eine vollständige Befreiung des täglichen Trinkwassers von Schwebstoffen) von 1,5 l/d oder 1 ml/min errechnen können.
k) Die Funktion der Niere als Filter hat zumindest schon Leonhart Fuchs (1501 bis 1566) behauptet und vermutlich auch beobachtet. Er kannte diverse Filter aus Papier oder Gewebe sowie Siebe aus Metall oder Keramik.
l) Vermutlich bestand also seit der Beschreibung des Blutkreislaufes kein Zweifel mehr an der Funktion der Nieren als Blutfilter. Die GFR konnte jedoch nicht bestimmt werden, weil weder die Glomeruli noch die Tubuli in ihrer jeweiligen Funktion bekannt waren.
m) Die erste Abschätzung der Glomerulären Filtrationsrate (Primärharnbildung, Kreatinin-Clearance) war also vor 400 Jahren noch unmöglich gewesen. Vermutlich hatten erstmals Carl Friedrich Wilhelm Ludwig (1816 bis 1895) oder Thomas Addis um 1923 eine Vorstellung von der normalen GFR = 120 ml/min bei erwachsenen Menschen.
n) Also hätte man schon 1923 die Proportionalität von HZV und GFR erkennen können.
664. a) In einigen Fällen ist die seitengetrennte Bestimmung der GFR erforderlich. Siehe oben Absatz 467. Mit Hilfe der Nierenfunktionsszintigraphie oder Isotopenephrographie können die GFR der rechten und die GFR der linken Niere jedoch nicht direkt bestimmt werden. Folgendes ist bei diesem nuklearmedizinischen Verfahren zu beachten:
b) Die radioaktiven Isotope werden renal eliminiert. Die Verteilung der Radioaktivität kann über beiden Nieren getrennt von einander im Zeitablauf analysiert werden.
c) Als Ergebnis bekommt man also Hinweise über Lage, Form, Größe und Masse der Einzelnieren.
d) Die meisten der verwendeten Kontrastmittel werden nicht ausschließlich glomerulär filtriert. Aussagen über die GFR der Einzelnieren können nur gemacht werden, wenn 99mTc-DTPA als Radiopharmakon verwendet wird.
e) In allen anderen Fällen muss der folgende Fehler vermieden werden.
f) Es wird die Proportionalität zwischen der Anreicherung des Radionuklids im Nierengewebe und der GFR der betroffenen Niere unterstellt. Die gemessene Gesamt-Radioaktivität wird jetzt im Verhältnis rechts zu links auf beide Nieren verteilt. Bei zusätzlichen Nieren ist entsprechend zu verfahren. Man bekommt also eine Prozentzahl für die rechte und eine Prozentzahl für die linke Niere. Die Summe dieser Zahlen muss immer 100 % betragen.
g) Der Nuklearmediziner teilt dem Nephrologen also mit, dass sich die GFR beider Nieren wie a zu b verhalten, mit a+b=100. Zum Beispiel a = 40 % für die rechte und b = 60 % für die linke Niere.
h) Das heißt aber nicht, dass die rechte Niere nur 40 Prozent vom Normalwert und die linke Niere nur 60 Prozent vom Normalwert glomerulär filtrieren.
i) Es heißt nur, dass die linke Niere 50 % mehr als die rechte oder anders herum die rechte Niere ein Drittel weniger als die linke Niere funktioniert.
j) Der Radiologe kann also nur sagen, dass die rechte Niere kleiner oder kränker als die linke Niere ist. Er gibt nur das Verhältnis der Einzelfunktionen der vorhandenen Nieren an. Der Nephrologe muss die GFR seines Patienten mit den Prozentzahlen multiplizieren, um die seitengetrennten GFR zu erhalten.
k) Ob überhaupt eine Niereninsuffizienz vorliegt, kann nur labormedizinisch anhand der Gesamt-GFR des Patienten nach erfolgter Normierung dieser GFR mittels der Formel GFR(1,73 m²/KOF) bestimmt werden.
l) Und ob eine Nierenkrankheit und kein Extrarenalsyndrom vorliegt, kann meistens nur anhand einer histologischen Analyse nach erfolgter Nierenbiopsie entschieden werden.
m) Man darf also zum Beispiel die Eltern eines intensivmedizinisch versorgten Säuglings nicht verunsichern.
n) Immer wenn sich die angegebenen Restfunktionen beider Nieren zu 100 Prozent ergänzen, ist also äußerste Vorsicht geboten. Vielleicht wurde die Multiplikation dieser Prozentzahlen mit der normierten GFR vergessen.
o) Außerdem sind Angaben in der Form einer prozentualen Reduktion der GFR ausgehend von einem Normalwert sinnlos, weil es keinen definierten Normalwert der GFR gibt. Bei gesunden Erwachsenen soll die GFR (im ersten Stdium der Niereninsuffizienz) größer als 90 ml/min sein. Man darf aber nicht von einem Normalwert von etwa 100 ml/min ausgehen und eine prozentuale Reduktion auf zum Beispiel vielleicht 60 Prozent angeben, wenn die tatsächliche GFR nur noch 60 ml/min beträgt.
665. a) Weitere Gedanken zum Zerebrorenalsyndrom. Siehe auch oben Absatz 455k.
b) Eine gestörte Gehirnfunktion reduziert das Herzzeitvolumen und damit die Glomeruläre Filtration. Aus dem Zerebrokardialsyndrom wird also immer auch ein Zerebrorenalsyndrom.
c) Ursachen können zerebral gesteuerte Blutdrucksenkungen, aber auch ein verminderter Hirndruck sein. Hirndruckschwankungen aller Art führen zu Blutdruckschwankungen.
d) Nach der Formel HZV=RR/R führt jede Blutdrucksenkung bei konstantem peripheren Widerstand R zu einer Reduktion der renalen Perfusion und damit automatisch zu einer proportionalen Reduktion der glomerulären Filtration.
666. a) Mein leicht zuckerkranker (HbA1c am 6.7.2018 6,1 % unter Sitagliptin und Acarbose) Patient F.F. war vom 18.9.2018 bis zum 6.10.2018 wegen einer Pneumonie und eines septischen Schocks nach Reanimation am 23.9.2018 in einem heimatnahen Krankenhaus mit Dialyse (CVVH) seit dem 20.9.2018 wegen akuten Nierenversagens. Er wurde am 6.10.2018 von dort nach Bielefeld verlegt. Die Nierendialyse wurde seither zwei- oder dreimal pro Woche wegen eines "akut auf chronischen Nierenversagens" im Stadium AKIN III bis heute fortgeführt. Ich zweifele jetzt am 2.5.2019 am Fortbestehen einer "dialysepflichtigen Niereninsuffizienz" im Stadium KDIGO G5. Ich empfehle, zumindest über einen Auslassversuch nachzudenken.
b) Als Ursache des akuten Nierenversagens wird richtig ein "pulmorenales Syndrom" (Pulmorenalsyndrom nach meiner Nomenklatur) im Rahmen einer mittlerweile
abgeklungenen Pneumonie mit septischem Schock und kardiopulmonaler Reanimation bei COPD angegeben. Richtig wird nicht von einer diabetischen Nephropathie gesprochen. Mittlerweile ist der Diabetes
wegen Gewichtsabnahme wohl abgeklungen; ohne weitere Therapie ist der HbA1c-Wert auf 5,2 % abgesunken.
c) Am 12.10.2018 erfolgte eine Biopsie in der linken Niere. Histologischer Befund vom 17.10.2018: "reaktive fokal segmentale Glomerulosklerose", "chronifizierender (potenziell reversibler) und chronischer tubulointerstitieller Schaden", "keine floride nekrotisierende Glomerulonephritis". Betroffen seien 90 % der Glomeruli, aber nur 60 % des Nierenkortex und der äußeren Nierenmedulla.
d) Es ist also nur der chronifizierende und nicht der chronische Schaden reversibel.
e) Betroffen sind also nur die Tubuli und das Interstitium und nicht die maßgeblichen Glomeruli.
f) Das Stadium AKIN 3 ist das schwerste der drei Stadien. AKIN = acute kidney injury network.
g) KDIGO = kidney diseases improving global outcomes. Das 5. Stadium liegt vor bei einer GFR < 15 ml/min.
h) Vom gesamten Krankenhausaufenthalt vom 6.10. bis zum 6.12.2018 wird nur einmal über die GFR berichtet; am 9.10.2018 während der invasiven Beatmung im septischen Schock betrug die GFR 44 ml/min. Eine kontinuierliche venovenöse Hämofiltration (CVVH) erfolgte weiterhin jede Woche.
i) Es wurden am 6.11.2018 ein Vorhofkatheter und erst am 13.11.2018 ein Dialyseshunt angelegt. Im Oktober erfolgten sieben Plasmapheresebehandlungen.
j) Anschließend wurde er am 6.10.2018 zur stationären Rehabilitation verlegt (bis zum 24.1.2019). Dort erfolgte zweimal wöchentlich eine Nierendialyse. Über die GFR wird nicht berichtet. Am 15.1.2019 betrug dort der Kreatininspiegel 2,75 mg/dl. Daraus kann man nach Cockcroft-Gault eine GFR = 36,4 ml/min und eine normierte GFR(1,73 m²/2,04 m²) = 30,9 ml/min errechnen. Dabei wurden alllerdings das unbekannte Körpergewicht mit 88 kg und eine Größe von 176 cm mit einer Körperoberfläche von 2,04 m² unterstellt. Das wäre noch das 3. Stadium der chronischen Niereninsuffizienz (unter Dialyse).
k) Im Anschluss an den letzten Krankenhausaufenthalt erfolgte nahtlos eine erfolgreiche Kurzzeitpflege bis zum 3.3.2019. Über die dortige Entwicklung der GFR liegen
mir trotz ununterbrochener Nierendialyse bislang noch keine Informationen vor. Am 12.4.2019 war die GFR = 27 ml/min mit dem 4. Stadium der chronischen Niereninsuffizienz. Eine aktuelle Normierung
der GFR ist wegen fehlender Informationen über die aktuelle Körperoberfläche unmöglich.
l) Insgesamt vermute ich bei F.F. ein Pulmorenalsyndrom wegen der COPD und ein Kardiorenalsyndrom bei hypertensiver Kardiomyopathie. Offenbar haben sich diese beiden Extrarenalsyndrome auch wegen der Gewichtsabnahme im Zuge einer mehrwöchigen Intensivtherapie gut zurückgebildet. Ein Dialyse-Auslassversuch erscheint angesichts normalen Trinkverhaltens und ungestörter Miktion möglich. Über die empfohlene tägliche Trinkmenge sollte informiert werden.
m) Im Übrigen bezweifele ich nicht nur die Existenz einer diabetischen Nephropathie sondern auch die Existenz einer relevanten Nephrosklerose. In den drei bei Wikipedia beim Stichwort Nephrosklerose angeführten Literaturstellen handelt es sich um eine indische Kasuistik von zwei Patienten, um hypothetische Spekulationen und um veterinärmedizinische Untersuchungen. Wenn jeder zehnte Diabetiker betroffen wäre, müssten allein in Deutschland fast eine Million Betroffene leben.
667. a) Schon wiederholt (zum Beispiel oben im Kapitel 3 Absatz 45 und Kapitel 6 Absatz 11a) habe ich fehlende Informationen über die GFR bei Kindern angemahnt. Hier
geht es auch um die Allometrie, also um die Beziehung zwischen Körpergröße und Nierenfunktion.
b) Am 16.5.2019 erhielt ich das kleine Buch von Markus Daschner: "Tabellarum Nephrologicum", 3. Auflage, Shaker-Verlag, Aachen 2009, mit dem Untertitel "Dosierungs und Therapieschemata bei pädiatrischer Niereninsuffizienz inklusive Angaben zur physiologischen Niereninsuffizienz des Neugeborenen". Hier meine Rezension:
c) Es finden sich keine detaillierten Angaben über die GFR bei Kindern aller Altersgruppen bei Gesundheit und Krankheit.
d) Es fehlen klare Angaben zur Normierung der tatsächlichen GFR nach der von mir entwickelten Normierungsformel GFR(1,73 m²/KOF). Die Verwendng dieser Formel wird auf Seite 7 jedoch vorausgesetzt. Die erfolgte Normierung gibt der Autor auf Seite 7 durch die falsche Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² und auf Seite 67 durch die ebenfalls falsche Nierenfunktionseinheit ml/min*1,73 m² an
e) Auf Seite 7 findet sich eine Tabelle über die "Normalwerte für die näherungsweise Schätzung der Kreatininclearance nach Länge und Serumkreatinin". Es bleibt unklar, ob man die tatsächliche oder die normierte GFR ablesen kann. Die Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² ist falsch. Es werden nur drei mögliche GFR-Werte angegeben (10, 20 und 40 ml/min/1,73 m²). Zwischenwerte muss man extrapolieren. Bei einer Körpergröße von 1,80 m und einem Serum-Kreatinin-Wert von 2,2 mg/dl (die Einheit fehlt) kann man eine GFR von 40 ml/min /1,73 m² (die Einheit ist falsch) ablesen. Diesen Wert kann man hinsichtlich einer erfolgten oder nicht erfolgten Normierung nicht überprüfen, weil Angaben zu Gewicht, Alter und Geschlecht fehlen. Ich weiß also nicht, ob diese Tabelle auf der normierten GFR beruht.
f) Hier hilft jedoch die Tabelle "Näherungswerte der GFR in Abhängigkeit von Alter, Gewicht und Körperoberfläche" auf Seite 67 weiter. Denn hier sind die Normalwerte für sieben Altersgruppen für die GFR und für die GFR(1,73 m²/KOF) angegeben.
g) Zusammen mit B. Beedgen spricht Markus Daschner auf Seite 67 (nach Jean-Pierre Guignard und Jean-Bernard Gouyon 1988 als Quelle; im Jahr 1988 haben diese beiden Autoren mindestens drei nephrologische Arbeiten publiziert. Häufig zitiert wird ihre Arbeit "Adverse Effects of Drugs on the Immature Kidney", in: "Perinatal Nephrology Biol Neonate", 1988, 53: Seiten 243-252) wohl korrekt von einer "physiologischen Niereninsuffizienz des Neugeborenen". In den ersten drei Lebensmonaten steigt die normierte GFR von der Frühgeburtlichkeit bis zum Alter von drei Monaten von 3,5 ml/min/1,73 m² (falsche Einheit) auf 54 ml/min/1,73 m² (falsche Einheit) an. Nach dieser Tabelle fallen alle Frühgeburten unabhängig vom Körpergewicht und unabhängig auch vom Gesundheitszustand in das Stadium 5 der chronischen Niereninsuffizienz. Erst nach Vollendung des ersten Monats haben gesunde Säuglinge das Stadium 3 der chronischen Niereninsuffizienz. Und erst nach dem ersten Geburtstag liegt bei gesunden Kindern das Stadium 1 der chronischen Niereninsuffizienz vor.
h) Nach dieser Tabelle hat ein Frühgeborenes mit einem Gewicht von 1000 g und einer Körperoberfläche von 0,1 m² eine tatsächliche GFR = 0,2 ml/min. Erst nach einer Gewichtsverdopplung steigt die GFR von 200 auf 500 µl/min an. Hier wurde die Normierungsformel (GFR(1,73 m²/KOF) korrekt angewendet.
i) Auf Seite 105 liefert die erste Schätzformel für die Kreatininclearance nicht die tatsächliche GFR, sondern die normierte GFR. Die zweite Schätzformel für die Kreatininclearance (nach Schwarz et alii aus 1987) liefert dagegen (vermutlich) die tatsächliche GFR und nicht die normierte GFR. Diese fundamentalen Unterschiede werden von Markus Daschner nicht verdeutlicht.
j) Diese Buch verwirrt Eltern, wenn sie wissen wollen, ob die GFR ihrer Kinder normal oder krankhaft ist. Auch Ärzte finden keine detaillierten Angaben über die GFR bei Gesundheit und Krankheit.
k) Im Übrigen ist in den Dosierungstabellen die Anurie nicht mit einer GFR = 0 ml/min gleichzusetzen. Im Gegenteil kann zum Beispiel im Schock eine Anurie mit einer sogar gesteigerten GFR zusammenfallen. Zur Anurie kommt es unabhängig von der GFR immer dann, wenn die Tubuli die Rückresorptionsquote zum Beispiel bei einen Volumenmangel von 99 auf 100 Prozent steigern. Im Schock sorgt die Tachykardie für ein noch normales HZV mit normaler GFR. Die Hypotonie wird im Schock durch einen reduzierten peripheren Widerstand kompensiert. Ich erinnere an die Doppelformel HZV=VVxEFxHF=RR/R. GFR und HZV sind immer proportional.
668.) Mir liegt außerdem seit dem 17.5.2019 folgendes Buch vor: Andreas Helfen, Harald Becher: "Kursbuch Kontrastechokardiografie", Springer-Verlag, Berlin 2018, 313 Seiten. Rezension: Offenbar kommen die Wörter Herzzeitvolumen, Herzindex, Schlagvolumen, enddiastolisches Höhlenvolumen, Pendelvolumen, Kurzschlussblut, Regurgitation, Bruttoejektionsfraktion und Nettoejektionsfraktion nicht einmal vor. Die Gleichung Herzzeitvolumen plus Links-rechts-Shunt-Volumen gleich Lungenzeitvolumen plus Rechts-links-Shunt-Volumen fehlt.
669. a) Ebenfalls im Mai 2019 erwarb ich das von Jörg Dötsch und Lutz T. Weber herausgegebene Buch "Nierenerkrankungen im Kindes- und Jugendalter" in der ersten Auflage vom Springer-Verlag, Berlin 2017, 326 Seiten. Schon im Vorwort fällt die Verwechslung von wiederspiegeln mit widerspiegeln auf; zusätzlich findet man das falsche Wort am Satzende irrtümlich ein zweites Mal.
b) Auf den Seiten 318 und 319 findet der Leser "Nützliche Formeln und Normwerte". Die Formel für die Kreatininclearance liefert nicht die tatsächliche, sondern die normierte Kreatininclearance. Alle anderen "Formeln zur Schätzung der GFR" liefern dagegen offenbar die tatsächliche GFR. Denn nach Größe und Gewicht oder nach der Körperoberfläche der Patienten wird in diesen fünf Schätzformeln nicht gefragt. Es handelt sich um die "Bedside-Formel nach Schwartz", die "Langformel nach Schwartz", die "Formel nach Filler", die "Formel nach Grubb" und die "CKID-Formel".
c) Ich versuche, das Ergebnis der "Bedside-Formel nach Schwartz" mit den plausiblen Angaben im Buch von Markus Daschner (oben Absatz 667) zu vergleichen. In beiden Büchern finde ich die erforderlichen Angaben nicht. Ich unterstelle also bei einer Frühgeburt
1. ein Gewicht von 300 g,
2. eine Größe von 30 cm und
3. einen Serumkreatininspiegel von 1 mg/dl.
Markus Daschner gibt eine GFR = 0,2 ml/min für ein Gewicht von 1000 g an. Ich schätze also eine GFR = 0,1 ml/min für ein Gewicht von 300 g.
Jörg Dötsch und Lutz T. Weber empfehlen einen Korrekturfaktor von k = 0,33 für Frühgeborene unabhängig von Größe und Gewicht. Die Multiplikation mit 30 cm und die Division durch 1 mg/dl liefert eine GFR = 10 cm (dl/mg). Muss man die falsche Einheit cm(dl/mg) einfach so durch die richtige Nierenfunktionseinheit ml/min ersetzen?
Können mir die Autoren den eklatanten Unterschied von 10.000 Prozent zwischen 0,1 ml/min und 10 ml/min erklären? Was stimmt da nicht?
d) Zweiter Versuch, jetzt für Reifgeborene mit
1. einem Gewicht von 3200 g,
2. einer Größe von 50 cm und
3. einem Serumkreatininspiegel ebenfalls von 1 mg/dl.
Markus Daschner nennt als Normalwert eine GFR = 1,5 ml/min.
Die Schwartz-Formel liefert 0,45 x 50 cm / 1 (mg/dl) = 22,5 ml/min (?).
Ziemlich verwirrend. Unterschied jetzt immerhin noch 1500 Prozent.
e) Die "Stadieneinteilung der chronischen Niereninsuffizienz nach KDIGO 2012" in Tabelle A.2 auf Seite 320 gilt für alle Menschen, aber erst nach erfolgter Normierung nach der von mir entwickelten Formel GFR(1,73 m²/KOF). Es fehlen Hinweise auf die erforderliche Normierung und auf die physiologische Niereninsuffizienz der früh- und neugeborenen Säuglinge.
f) Insgesamt ist auch dieses Buch von Jörg Dötsch und Lutz T. Weber sehr verwirrend, ganz unvollständig und keine Hilfe bei der Suche nach Informationen zur filtrativen Nierenfunktion von Kindern bei Gesundheit und Krankheit.
g) FORTSETZUNG unten im Absatz 684.
670. Bei Wikipedia habe ich beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate am 16.5.2019 folgende Ergänzung geschrieben:
Hier ist zu beachten, dass die Niereninsuffizienz bei Frühgeborenen und Neugeborenen physiologisch ist. Frühgeborene haben eine GFR = 0,2 ml/min bei einem Körpergewicht von 1 kg und eine GFR = 0,5 ml/min bei einem Gewicht von 2 kg. Gesunde Reifgeborene haben eine GFR = 1,5 ml/min bei einem Gewicht von 3,2 kg.[20] Für Vergleichszwecke, für die Stadieneinteilung und für die ICD-10-Klassifizierung ist die tatsächliche GFR auf die standardisierte Körperoberfläche von gesunden Erwachsenen (USA, 1926) von 1,73 m² zu beziehen;[21] das nennt man Normieren. Die normierte GFR beträgt bei einer 1 kg schweren Frühgeburt mit einer Körperoberfläche von 0,1 m² etwa 3,5 ml/min und bei einem gesunden Neugeborenen mit einer Körperoberfläche (KOF) von 0,2 m² etwa 13 ml/min.[22] Berechnung: GFR(1,73 m²/KOF) = 1,5 ml/min · (1,73 m² / 0,2 m²) = 12,975 ml/min. Man muss also streng zwischen der tatsächlichen GFR (hier 1,5 ml/min) und der normierten GFR (hier 13 ml/min) unterscheiden.
671. Bei Wikipedia habe ich am 19.5.2019 beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate folgende Ergänzung geschrieben.
Tubuläre Rückresorption von Kreatinin (erschwert ebenfalls die Gleichsetzung von Kreatininclearance und glomerulärer Filtrationsrate): In Ausnahmesituationen wird nahezu der gesamte Primärharn mit allen seinen Bestandteilen tubulär rückresorbiert. Eine solche kompensatorische Anurie wird zum Beispiel als Folge eines Volumenmangels (Dehydrierung, Exsikkose) bei extremer sportlicher Betätigung (Marathonlauf) oder im Kreislaufschock beobachtet. Hier steigt also der Kreatinin-Plasmaspiegel an, obwohl die GFR beim Extremsport stark erhöht oder dagegen im Schock vielleicht nur geringfügig reduziert ist. Weitere Fehlerquellen bei der Anwendung kreatininbasierter GFR-Schätzformeln sind die vermehrte Kreatininbildung beim Sport beziehungsweise die verminderte Kreatininbildung im Schock jeweils in Abhängigkeit vom Muskelstoffwechsel. Beim Sport oder im Schock lassen also die meisten GFR-Bestimmungsmethoden als Folge einer kompensatorischen Oligurie irrtümlich eine Niereninsuffizienz vermuten. Hier arbeiten die Glomeruli ungestört und die Tubuli sogar gesteigert.
672. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung für Deutschland" wurden am 18.5.2019 auf Seite C3 vier Fragen aus einem privaten Trainingsbuch als Vorbereitung für den amtlichen "Test für medizinische Studiengänge" veröffentlicht. Grundlage der dritten Frage ist die Formel HZV = SVxHF. Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz. Das HZV wird von 300 l/h auf 900 l/h erhöht, auch weil sich die Herzfrequenz HF von 60/min auf 120/min verdoppelt. Der Kandidat muss berechnen, dass sich das Schlagvolumen SV von 1/12 l um 50 % (also auf das Anderthalbfache oder auf 1/8 l) vergrößert. Hätten die Kardiologen das beantworten können?
673. a) Ziel der "mechanischen Herz-Kreislauf-Unterstützung" ist die "Steigerung des Herzzeitvolumens". Im Schock können mechanische Herz-Kreislauf-Unterstützungssysteme das Herzzeitvolumen um 2 bis 5 Liter vergrößern. Man spricht von einer "HZV-Unterstützung bis 4 l/min". Quelle: Uwe Janssens: "Zirkulatorische Unterstützung mit der IMPELLA Pumpe bei infarktbedingtem kardiogenen Schock: In oder out?", in: "Intensiv News" - Forum für Intensiv- und Notfallmedizin, Jahrgang 23, Ausgabe 2/2019, Seiten 16 bis 18.
b) Ähnliche Informationen fand man schon von Holger Thiele in den "Intensiv News" Ausgabe 1/2018 ("Mechanische perkutane Kreislaufunterstützung", Jahrgang 22, Seiten 1-4). Hier soll die Impella CP Pumpe das HZV um 3,7 bis 4,0 l/min vergrößern. Die Mortalität verkleinert sich jedoch nicht.
c) Der Einsatz eines implantierten Kardioverter-Defibrillators (ICD) bei Herz- und Niereninsuffizienz vergrößert die Mortalität und verschlechtert die Niereninsuffizenz. Quelle: Robert Bublak: "Herz- und Niereninsuffiuienz: Vorsicht mit ICD-Einsatz", in: "Medical Tribune", 37. Jahrgang, 14.2.2018, Seite 10.
674. a) Kurt Lenz beschreibt das Hepatorenalsyndrom gut. Quelle: "Haben wir nun die ANSWER?", in: Intensiv-News" - Forum für Intensiv- und Notfallmedizin, Jahrgang 23, Ausgabe 2/2019, Seiten19 bis 21.
b) "Die ersten Fallserien über die Anwendung von Albumin bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose wurden in den 1940er Jahren publiziert, wobei eine Verbesserung der Nierendurchblutung und der glomerulren Filtrationsrate beobachtet werden konnte (A. J. Arthur, Journal of Clinical Investigation, 1948, Heft 27, Seite 135)." Zitat Seite 19. Es geht um die "Therapie des hepatorenalen Syndroms" "bei Patienten mit akut auf chronischem Leberversagen".
c) Es "konnte auch hier eine Hypovolämie nicht ausgeschlossen werden, sodass hier möglicherweise ebenfalls der Volumeneffekt von Albumin im Vordergrund stand." Ein "therapierefraktärer Aszites" und eine "bakterielle Peritonitis" führen zur "Hypovolämie" mit "Effekt auf die Nierenfunktion". Der hepatisch bedingte intravasale Volumenmangel stehe bei schweren Infektionen im Vordergrund beim "Auftreten eines Nierenversagens". Zitate Seite 20.
d) Bei der erfolgreichen Therapie des Hepatorenalsyndroms "können viele der positiven Wirkungen auf Volumeneffekte zurückgeführt werden." Zitat Seite 21.
e) Kurz gesagt: Das Hepatorenalsyndrom beschreibt die Niereninsuffizienz bei Nierengesundheit und Leberkrankheit als Folge eines reduzierten Herzzeitvolumens. Die Therapie besteht in der Vergrößerung des HZV. Denn HZV und GFR sind immer proportional.
675. Die Bedeutung von Herz und Nieren findet sich schon im Alten Testament: "Ich, der Herr, erforsche das Herz und prüfe die Nieren". (Jer. 17, 10) - "Prüfe mich, Herr, und erprobe mich; läutere meine Nieren und mein Herz!" (Psalm 26, 2). "Du, gerechter Gott, prüfst Herzen und Nieren." (Psalm 7, 10).
676. a) Trotz dieser Bibelzitate ist die moderne Nephrologie in der Erforschung nicht weit gekommen. "Zurzeit bleibt noch bei nahezu jedem zweiten Patienten die eigentliche Ursache des Leidens ungeklärt, auch unter Betreuung eines Nephrologen." Zitat: Elke Klug: "In der Summe sind 'die Seltenen' häufig!", in: "DIATRA", 28. Jahrgang, Heft 4/2018, Seiten 39-40.
b) Vielleicht ist das ja das Problem. Die Nephrologen müssen die Extrarenalsyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch verstehen lernen, also die Niereninsuffizienz bei Nierengesundheit. Das Herz pumpt nicht genug Blut zu den gesunden Nieren.
677. Dorothea Springer hat die drei HZV-Formeln HZV=VVxEFxHF, HZV=RR/R und HZV²=L/R nicht verstanden. Quelle: "Weißdorn fördert Herzleistung", in: "Forschung aktuell", Ausgabe 7/2016, Sonderdruck, 4 Seiten.
b) Das Herzzeitvolumen HZV ist das Produkt aus Höhlenvolumen VV, Ejektionsfraktion EF und Herzfrequenz HF sowie der Quotient aus Blutdruck RR und peripherem Widerstand R und drittens die Quadratwurzel des Quotienten aus Herzleistung L und peripherem Widerstand R.
c) Weißdorn soll die Herzleistung L vergrößern, die Herzkraft (Kontraktionskraft, Kontraktilität, Inotropie) vergrößern, die Ejektionsfraktion EF vergrößern und den peripheren Widerstand R (Gefäßwiderstand) verkleinern. "Die Blutmenge, die von der linken Herzkammer in der Systole ausgeworfen wird, erhöht sich deutlich nach Einnahme von Weißdorn." (Zitat Seite 2; das ist das Schlagvolumen SV=VVxEF). Das alles würde in der Tat das HZV ("Blut-Förderleistung des Herzens") vergrößern.
d) Andererseits sollen die Herzfrequenz HF und das Druck-Frequenz-Produkt RRxHF gesenkt werden. Das würde das HZV verkleinern und die Herzschwäche vergrößern. Das "Druckfrequenzprodukt" heißt übrigens "Robinson-Index".
678. Es gibt weit über 100 GFR-Schätzformeln. Tobias Janowitz et alii haben eine neue GFR-Schätzformel für Krebspatienten aufgestellt. Quelle: "New Model for Estimating Glomerular Filtration Rate in Patients With Cancer", in: Journal of Clinical Oncology, Volume 35, Number 24, August 2017, Seiten 2798-2805. - In dieser komplizierten Formel wird gefragt nach dem Alter, dem Geschlecht, der Körperoberfläche und dem Kreatininspiegel. - Es bleibt unklar, ob diese Formel die tatsächliche oder die normierte GFR liefert.
679. a) Gerd Hasenfuß will durch einen iatrogenen Links-rechts-Shunt auf Vorhofebene die Herzinsuffizienz verbessern. Quelle: "Vorhofseptum-Shunt Device bei HFpEF und HFrEF - zielführende Entwicklung?", in: "Herzmedizin", Heft 4/2018, 34. Jahrgang, Juli 2018, Seiten 14-18.
b) Kennt er die Formel HZV+LRSV=LZV+RLSV? Wenn RLSV = 0 ml/min, dann verschlechtert jedes LRSV ceteris paribus das HZV oder verbessert das LZV. Durch dieses "inter atrial shunt device" vergrößerte sich jedoch das HZV in Ruhe von 5,5 auf 6,7 l/min und unter Belastung von 8,7 auf 10,2 l/min.
c) Dieser Widerspruch wird nicht erklärt. Zahlen zu LRSV und RLSV und auch zum Lungenzeitvolumen LZV fehlen.
d) Üblicherweise werden Septumdefekte oder Vorhofseptumaneurysmata chirurgisch verschlossen.
680. a) Das NT-proBNP ist ein Indikator für die Schwere der Herzinsuffizienz. Eine eingeschränkte Nierenfunktion "treibt diesen Parameter in die Höhe". Daher fordert Andreas Luchner eine Adjustierung dieses kardiorenalen Markers an die GFR. Quelle Medical Tribune, 53. Jahrgang, Nummer 21/2018, 25.5.2018, Seite 13.
b) Dadurch wird die Verwendbarkeit von NT-proBNP als kardiorenaler Marker verschlechtert und eben nicht verbessert. Begründung: Die GFR ist genauso ein Marker für die Schwere der Herzinsuffizienz, denn GFR und HZV sind immer proportional. Idealerweise sind NT-proBNP und GFR also ebenfalls proportional. Jede Adjustierung würde diesen Zusammenhang verfälschen.
681. Das Medikament Tolvaptan (Jinarc) zur Therapie der polyzystischen Nierenerkrankung ist umstritten. Siehe oben die Absätze 647 und 649. Die Abnahme der GFR ist unter Jinarc langsamer als unter Placebo. Das verwundert nicht bei einer empfohlenen Trinkmenge von mindestens 6 l/d. Nach Absetzen dieser Innovation ist die GFR-Abnahme größer als unter Placebo (gemeint: "größer als nach Ansetzen des Placebos"?). Quelle: "arznei-telegramm", 49. Jahrgang, Nummer 1/2018, 19.1.2018, Seiten 13 f.
682. a) Medizinhistorischer Exkurs: Jede Niere bei Mensch und Tier hat einen Zufluss für Blut, einen Abfluss für Blut und drittens einen Abfluss für den gelben Urin.
b) Diese Erkenntnis muss schon sehr alt sein. Sie konnte täglich an geschlachteten Tieren überprüft werden. Dieses Wissen muss auch bei den alten Ärzten vorhanden gewesen sein.
c) Vor 2000 Jahren musste diese Erkenntnis mit der damaligen Viersäftelehre in Übereinstimmung gebracht werden. Die gelbe Flüssigkeit wird aus der roten Flüssigkeit abgesondert oder herausgefiltert. Der Urin war also im Blut enthalten. Vielleicht war diese Erkenntnis älter als der Gebrauch von Filtern.
d) Galen und andere Ärzte haben diese Filtrationstheorie in ihre Konzepte eingearbeitet. Das war mit mehr oder weniger großen Schwierigkeiten verbunden. Das Ergebnis waren komplizierte Vorstellungen.
e) Die Kirche hat Abweichungen von den damaligen Vorstellungen verboten. Aber gerade bei den Nieren gab es kaum kritische Abweichungen, weil die alte Filtrationstheorie schon immer richtig war.
f) Galen und zum Beispiel Fuchs haben die filtrative Nierenfunktion immer richtig gedeutet. Und zwar lange vor Harveys Entdeckung des Blutkreislaufes und vor der mikroskopischen Entdeckung der Glomeruli und der Tubuli.
683. a) Auch in der Pathologie der Niere findet man zahlreiche Widersprüche. Quelle: Heinrich Holzner (Herausgeber): "Spezielle Pathologie", 2. Auflage, Urban & Schwarzenberg, München, Wien, Baltimore 1977, 390 Seiten.
b) Seite 4: Die extrarenale Urämie ist definiert als Urämie ohne pathologisch-anatomischen Nierenbefund. Trotzdem liegt in den meisten Fällen "wahrscheinlich" eine hypoxische Nierenschädigung vor.
c) Seite 4: Auch ist diese imaginäre hypoxische Tubulusschädigung die Ursache des hepatorenalen Syndroms.
d) Seite 25: Die Nephrose wird definiert als doppelseitige nicht entzündliche diffuse Nierenerkrankung ohne Gefäßveränderungen. Keine Entzündung und keine Verkalkung - was denn?
e) Seite 26: Bei der akuten Tubulusnekrose findet man keine umfangreichen Nekrosen von Tubulusepithelzellen. Was findet man denn?
f) Seite 27: Trotzdem gilt diese imaginäre akute Tubulusnekrose als eine der Ursachen des renal bedingten akuten Nierenversagens.
g) Seite 27: Bei diesem akuten Nierenversagen kommt es zur Oligurie oder Anurie, obwohl eine Tubulopathie die Rückresorptionsquote verkleinern und damit eine Polyurie verursachen sollte.
684. a) Fortsetzung der Rezension von: Jörg Dötsch und Lutz T. Weber: "Nierenerkrankungen im Kindes- und Jugendalter" (siehe oben Absatz 669):
b) Insgesamt halte ich dieses Buch für weit gehend unbrauchbar. Es gibt nicht einmal einen Hinweis als Antwort auf folgende Frage. Wie ist die GFR bei einem gesunden Kind im Alter x und wie verändert sich diese GFR bei der Krankheit y?
c) Außerdem fehlt jeder Hinweis auf die zwingend erforderliche Normierung der GFR nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF). In der Formelsammlung am Buchende wird nicht deutlich, ob die tatsächliche oder die normierte GFR berechnet werden soll.
d) Eine Katastrophe sind die Ausführungen im Kapitel "Harntransportstörungen" auf den Seiten 4 bis 68 zu den "Partialfunktionen" der beiden Nieren. Siehe oben Absatz 664. Bei der seitengetrennten Bestimmung der GFR beider Nieren addieren sich die Prozentzahlen (auch bei drei Nieren wie auf Seite 47) immer zu 100 Prozent. Man kann also als Ergebnis nur erkennen, dass eine Niere das Plasma besser oder schlechter als die kontralaterale Niere filtriert. Man darf also nicht wie auf Seite 26 von einem "Funktionsverlust" der schlechteren Niere sprechen. Vor jeder Beurteilung des Ergebnisses einer jeden seitengetrennten GFR-Bestimmung sind die relativen Anteile mit der tatsächlichen GFR des Kindes zu multiplizieren. Nur an Hand der tatsächlichen GFR kann überhaupt auf eine filtrative Niereninsuffizienz geschlossen werden. Man muss also immer auch die Möglichkeit einer normalen Filtration der kleineren und einer verbesserten Filtration der größeren Niere in Betracht ziehen. Im Übrigen werden solche Betrachtungen zur partiellen oder anteiligen Nierenfunktion bei Erwachsenen nur in Ausnahmefällen wie zum Beispiel vor einer Lebendspende getroffen. Warum sollte das bei Kindern grundsätzlich anders sein? -
e) Bei dem in der Kindernephrologie üblichen Vorgehen wird es regelmäßig zu folgendem Kunstfehler kommen: Wenn die Prozentzahlen der beiden Nieren jeweils ungefähr bei 50 % liegen (Summe 100 %), dann wird eine Niereninsuffizienz verneint. Diese Diagnose ist entweder richtig oder falsch. Vielleicht ist sie viel öfter falsch als richtig. Denn vermutlich wird eine solche aufwändige Untersuchung nur bei dem hinreichenden Verdacht auf das Vorliegen einer Niereninsuffizienz oder gar einer Nierenkrankheit durchgeführt. Aber fast alle schweren Nierenkrankheiten sind beidseitig; und die Extrarenalsyndrome betreffen sowieso immer beide Nieren gleich. Genauso schlimm ist es, wenn man den Eltern erklärt, beide Nieren arbeiten nur zu 50 Prozent.
f) Die Angaben zur empfohlenen Trinkmenge sind ebenfalls weit gehend unbrauchbar. Auf Seite 135 wird "eine reichliche Flüssigkeitszufuhr von >3 l/1,73 m² KOF/Tag" empfohlen. Mathematisch wären das täglich mehr als 1,734 Liter; gemeint ist aber vermutlich eine tägliche Trinkmenge von (3KOF)/(1,73 m²) Litern. Dann stimmt es auch mit den Einheiten. Auf der Folgeseite werden täglich (?) 1 bis 3 Liter zusätzlich empfohlen; zum Beispiel bei Frühgeborenen käme es sehr schnell zur Hyperhydrierung. Auf Seite 143 ist von "einer ausreichend hohen Flüssigkeitsaufnahme von etwa 3 l/m² Körperoberfläche/Tag" die Rede; gemeint sind vermutlich wieder täglich (3KOF)/(1,73 m²) Liter. Die angegebene Formel lautet aber korrekt 3 (m²/KOF) Liter am Tag. Nach dieser Formel müsste aber ein Einjähriger mit einer KOF=0,5 m² täglich sechs Liter Wasser trinken. Also ist auch diese Formel falsch.
g) Die Schwarz-Formel findet man dreimal in diesem Buch. Als Ergebnis liefert sie 1. auf Seite 170 die "Glomeruläre Filtrationsrate" ohne Nierenfunktionseinheit, 2. auf Seite 180 die "Kreatininclearance" auch ohne Nierenfunktioneinheit und 3. auf Seite 318 "die eGFR" mit der richtigen Nierenfunktionseinheit ml/min. Was denn nun? Tatsächliche GFR oder normierte GFR? Bei Kindern können die Unterschiede hier bis zu 10.000 Prozent betragen.
h) Die Nierentransplantation ist nur bei schweren Renorenalsyndromen indiziert. Bei allen Extrarenalsyndromen ist sie kontraindiziert. Das kommt nicht zum Ausdruck. Auf Seite 218 wird als Indikation für eine Nierentransplantation eine GFR<8 ml/min angegeben. Dann müssten alle Kinder spätestens im Alter von sechs Wochen eine Nierentransplantation erhalten. Sollte jedoch die normierte GFR(1,73 m²/KOF) gemeint sein, dann müssten zumindest alle Frühgeburten mit einem Gewicht von weniger als 2,5 kg eine Nierentransplantation erhalten.
685. a) Im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum in Bad Oeynhausen wurde ein mir bekannter Patient drei Monate von März bis Mai 2019 behandelt. Ich werfe der Klinik hiermit vor, fahrlässig nicht wenigstens einmal das Herzzeitvolumen bestimmt zu haben. Zumindest findet man im Entlassungsbrief keinerlei Informationen dazu. Auch kann man die bekannten Formeln zur Berechnung des HZV nicht anwenden, weil alle dazu erforderlichen Angaben fehlen.
b) Alle einschlägigen kardiologischen Leitlinien verlangen ausdrücklich die HZV-Bestimmung.
c) Eine seiner Diagnosen lautet "low cardiac output syndrome", also "Syndrom des kleinen Herzzeitvolumens": Sollte nicht wenigstens diese Diagnose Anlass zur HZV-Bestimmung sein?
d) Drei seiner vier Herzklappen wurden ersetzt. Sollte das nicht Anlass sein, das HZV vor und nach der Intervention zu bestimmen?
e) Diagnostiziert wurden ein Schock und ein Multiorganversagen. Sollten diese Diagnosen nicht Anlass zur HZV-Bestimmung geben?
f) Es wurde ein mechanisches Kreislaufunterstützungssystem eingesetzt. Hätte man dabei nicht das HZV als Summe der natürlichen und der künstlichen Pumpleistung messen müssen?
g) Hätte man vor dem dreifachen Klappenersatz nicht für jede Herzhöhle getrennt das enddiastolische Höhlenvolumen mit der zugehörigen Nettoejektionsfraktion und mit der Herzfrequenz multiplizieren müssen, um das HZV vierfach unabhängig von einander zu bestimmen?
h) Einmal kam es zur Anurie und zur Nierendialyse. Hätte man im Arztbrief nicht wenigstens einmal die GFR angeben können? HZV und GFR sind immer proportional. Bei gesunden Nieren beträgt die GFR etwa zwei Prozent vom HZV. Niemals ist das Stadium der Niereninsuffizienz kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz. Auch dazu fehlen alle Informationen.
i) Zusätzlich fehlen auch alle Informationen zum Blutdruckverhalten. Der Blutdruck ist das Produkt aus HZV und peripherem Widerstand. Welche Wirkungen sollen die verordneten Antihypertensiva auf HZV und GFR haben?
j) Welchen Anteil haben das Pulmorenalsyndrom, das Kardiorenalsyndrom, das Hepatorenalsyndrom, ein Zerebrorenalsyndrom und ein Renorenalsyndrom an GFR und HZV?
686. a) Am 14.6.2019 berichtet Medical Tribune auf Seite 10 über eine kanadische Studie mit 631 Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz im Stadium 3. Ein Jahr lang vergrößerte sich ihre tägliche Trinkmenge um 600 ml. Danach verminderte sich die GFR um 2,2 ml/min. In der Kontrollgruppe reduzierte sich die GFR nur um 1,9 ml/min. Dieser Unterschied sei statistisch nicht signifikant. Das Ergebnis widerspricht jeder klinischen Erfahrung. Es wird nicht erklärt oder begründet.
b) Eine vergrößerte Wasseraufnahme vergrößert das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion sowie die glomeruläre Filtration. Die stetige Abnahme der GFR im Alter ist auf die stetige Reduktion des Herzzeitvolumens im Alter zurückzuführen.
687. a) Ein Nuklearmediziner einer Universitätsklinik berichtet mir am 12.6.2019: Bei Kindern und Jugendlichen wird die GFR nicht bestimmt, weil es keine Tablellen für alters- und gewichtsbezogene Normalwerte gibt. Dieses Fehlen von Vergleichswerten gilt für gesunde und kranke Kinder. Für Erwachsene gibt es die Möglichkeit der Normierung nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF). Für Kinder gibt es diese Möglichkeit nicht.
b) Ich suche also nach solchen Tabellen oder zumindest nach Hinweisen zur GFR bei Kindern und Jugendlichen bei Gesundheit und Krankheit. Ich kenne bislang nur die wiederholt abgedruckte rudimentäre Tabelle von Guignard und Gouyon aus dem Jahre 1988 (siehe oben Absatz 667g). Sie findet sich auch im Buch von Karl Schärer und Otto Mehls: "Pädiatrische Nephrologie" ohne Kommentar oder Erläuterungen auf Seite 467.
c) Der Nuklearmediziner teilt mir weiter mit, dass bei der seitengetrennten Bestimmung der filtrativen Nierenfunktion zwei verschiedene Verfahren für die Nierenfunktionsszintigraphie existieren: mit und ohne Bestimmung der GFR. Wegen der fehlenden Vergleichsmöglichkeiten wird jedoch ausnahmslos nur die prozentuale Seitenverteilung quantifiziert ohne Angabe der GFR.
d) Rechts-links-Verteilungen zwischen 45:55 und 55:45 würden als normal angesehen. Bei einem Verhältnis von zum Beispiel 67:33 könne man eine Verminderung der gesamten GFR des Kindes um 25 Prozent annehmen.
e) Zumindest diese Aussage des Nuklearmediziners ist falsch. Bei einem Filtrationsverhältnis von 67:33 funktioniert eine Niere doppelt so gut wie die andere. Die schlechtere Niere klärt nur halbsoviel Plasma wie die bessere Niere. Aussagen zur Gesamt-GFR des Kindes sind nicht möglich. Also sind auch alle Aussagen zu Gesundheit oder Krankheit unzulässig.
f) Der Nuklearmediziner macht folgenden Denkfehler: Die schlechte Niere filtert 50 % weniger Plasma als die gute Niere. Also arbeiten in der Summe beide Nieren zusammen um 25 Prozent schlechter als die Nieren eines gesunden Kindes. Das ist dummes Zeug.
g) Diese Aussage der GFR-Reduktion des Kindes um 25 % auf 75 % des Normalwertes von Gesunden beruht auf zwei nicht bewiesenen Prämissen: Erstens muss die bessere Niere normal arbeiten und zweitens dürfen keine Extrarenalsyndrome vorliegen. Die kritisierte Vermutung ist also nur bei einer einseitigen Nephropathie eines ansonsten gesunden Kindes zulässig. Solche einseitigen Renorenalsyndrome sind besonders bei Kindern und Jugendlichen selten.
688. a) Ich behaupte eine Proportionalität zwischen GFR und HZV. Wenn der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV nicht kleiner als etwa 0,02 ist, dann kann keine Nierenkrankheit vorliegen. Wenn a<0,02, dann liegt eine schwere doppelseitige und meistens sehr schmerzhafte Nephropathie vor. Niemals ist das Stadium der Niereninsuffizienz kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz. Diese Behauptungen basieren auf der mechanischen Tatsache, dass das Herz als Pumpe und die Niere als Filter arbeiten. Ich postuliere also im Zweifel (im Einzelfall bis zum Beweis des Gegenteils) eine "prärenale Genese der Niereninsuffizienz". Hormone und Medikamente können an der behaupteten Proportionalität nur wenig ändern.
b) Jetzt lese ich eine gegenteilige Behauptung. Trotz einer Vergrößerung des renalen Blutflusses soll es im akuten septischen Schock "zu einem Abfall der GFR" kommen. Die Autoren sprechen von "einer auch beim septischen Patienten mittels MRI nachgewiesenen Dissoziation von GFR und renalem Blutfluss". Quelle: Sebastian J. Klein, Michael Joannidis: "Stop-AKI: Das Ende der septischen akuten Nierenschädigung?", in: "NEPHRO-News - Forum für Nephrologie und Hypertensiologie", 21. Jahrgang, Heft 3/2019, Seiten 1-6, mit der dort zitierten Originalarbeit von John R. Prowle et alii, in: "Critical Care Medicine", Juni 2012, Volume 40, Issue 6, Seiten 1768-1776. Über den Pathomechanismus gibt es jedoch nur Spekulationen.
c) Diese Dissoziation zwischen GFR und HZV kann es nicht geben. Mehrere Ursachen für diese Falschbehauptung in der Fachzeitschrift sind denkbar. Am wahrscheinlichsten sind jedoch Messfehler von HZV und GFR. Allein die GFR kann im Schock mit Anurie oder Oilgurie nach keinem üblichen Messverfahren korrekt bestimmt werden. Aber auch bei der Messung des HZV im Schock dürften sich größere Ungenauigkeiten einstellen.
d) Die Kernspintomographie (MRT, MRI) kann zu HZV und GFR keine Aussagen machen. Ebenso kann die Nuklearmedizin beide Parameter nicht quantifizieren.
e) In der Originalarbeit von John R. Prowle und anderen wird der renale Blutfluss in ml/min gemessen und dann offenbar durch die Körperoberfläche dividiert. Diese Division wird als Indexierung bezeichnet. Man erhält also einen Nierenblutflussindex ("renal blood flow indexed"). Zusätzlich wird der Herzindex angegeben. Dann wird der Nierenblutflussindex durch den Herzindex dividiert. Als Ergebnis erhalten die Autoren den mittleren Anteil der Nierendurchblutung am Herzzeitvolumen ("cardiac output"), weil sich beide Körperoberflächen wegkürzen lassen. Dieser Prozentanteil beträgt zwischen 4,4 % und 10,8 % mit einem Mittelwert von 7,1 Prozent.
f) Ich behaupte jetzt eine Proportionalität zwischen der renalen Durchblutung und der GFR. Wenn die renale Durchblutung proportional zum HZV ist, dann sind auch GFR und HZV proportional. Das unterstellen auch die Autoren.
g) Wo liegt jetzt das Problem? Die Autoren sehen also einen Rückgang des Anteils der Nierendurchblutung am HZV bei der akuten septischen Nierenschädigung. Mit meinen Worten sinkt die GFR bei einer tatsächlichen Nephropathie absolut und auch in Relation zum HZV. Der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV sinkt bei Nierenkrankheiten auf unter 0,02 ab.
h) Also finden sich meine Behauptungen in der Originalarbeit bestätigt. Die von den österreichen Autoren aufgestellte Behauptung einer Dissoziation zwischen GFR und HZV findet in der australischen Originalarbeit also keine Grundlage.
i) Auch für die Behauptung eines erhöhten Blutflusses in der septischen Niere im Vergleich zur gesunden Niere findet sich in der australischen Arbeit kein Hinweis; das Gegenteil wird dargelegt.
j) Für diese paradoxe Situation einer Vergrößerung der renalen Durchblung der septischen Niere werden drei Quellen angegeben:
Y. R. Lankadeva, in: "Kidney international", 2016; 90:100
C. Langenberg, in: "Intesive Care Medicine", 2007; 33; 1614
Rinaldo Bellomo, in: "Intensive Care Medicine", 2017; 43: 816
689. a) Es folgt eine weitere kritische Kasuistik aus dem Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen. Siehe oben Absatz 685.
b) Ich behandelte eine kleine Patientin im Alter von 30 Jahren wegen Übelkeit. Ich führe diese neu aufgetretene Übelkeit auf eine kürzlich erfolgte Medikamentenumstellung zurück.
c) Diese Frau ist in großer Sorge wegen ihrer Niereninsuffizienz. Das Herzzentrum und zwei behandelnde und beratende Nephrologen führen die unstrittige chronische Niereninsuffizienz im Stadium 3 auf eine doppelseitige Nierenschädigung als Folge ihrer langjährigen immunsuppressiven Medikation zurück. Vermutlich ist das Krankheitsbild ein völlig anderes.
d) Ich vermute ein Kardiorenalsyndrom als Folge einer Herzinsuffizienz und ein Pulmorenalsyndrom als Folge einer Lungeninsuffizienz.
e) Ursache der Herzinsuffizienz ist ein zu kleines Herzzeitvolumen. Im Alter von 16 Monaten erfolgte eine Herztransplantation. Offenbar ist das verpflanzte Kinderherz im Laufe der Jahre nicht proportional mitgewachsen. Außerdem werden als weitere Ursachen eines Kardiorenalsyndroms eine beginnende koronare Herzkrankheit sowie leichte Herzklappenfehler beschrieben.
f) Ursache der Lungeninsuffizienz ist ebenfalls die erfolgte Herztransplantation. Im Laufe der Jahre sind die Anastomosen vielleicht nicht auf eine altersentsprechende Größe mitgewachsen. Lungenperfusion und Lungenventilation sind vermutlich reduziert. Nach dem Euler-Liljestrand-Mechanismus sind deswegen auch das Lungenzeitvolumen und damit das identische Herzzeitvolumen reduziert. Beschrieben wird eine mittelschwere Lungenrestriktion ohne Diagnose.
g) Zum Beweis für die Richtigekit meiner Spekulationen müsste man nur die GFR durch das HZV dividieren. Wenn dieser Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV ungefähr bei 0,02 liegt, ist das der Beweis für das Vorliegen der von mir vermuteten Extrarenalsyndrome. Ich denke, diese junge Frau hat eine Niereninsuffizenz ohne jede Nierenkrankheit. Deswegen war die Umstellung der Medikamente zur Vermeidung der Transplantatabstoßung vielleicht überflüssig. Die Patientin sagte selbst, eine erfolgte Nierenbiopsie erbrachte keinen pathologischen Befund.
h) Fahrlässig wurde das HZV nicht bestimmt. Ich errechne das HZV jetzt nach der Formel a=GFR/HZV. Daraus folgt HZV=GFR/a. Ich unterstelle bei Nierengesundheit einen Proportionalitätsfaktor a=0,02. Also gilt
HZV = (44 ml/min) : 0,02 = 50 x 44 ml/min = 2,2 l/min.
Das HZV muss also bestimmt werden. Alle einschlägigen Leitlinien verlangen das. Nur wenn das HZV wider Erwarten deutlich größer als 2200 ml/min ist, dann liegt zusätzlich auch eine doppelseitige Nierenkrankheit vor.
i) Diesen seltenen Pathomechanismus einer Niereninsuffizienz als Folge einer Herztransplantion beim Kleinkind habe ich am 11. August 2019 auch bei den Wikipedia.de-Stichwörtern chronisches Nierenversagen und kardiorenales Syndrom ergänzt.
690. a) Wie kann man bei einer Anurie die GFR bestimmen? Antwort: Grundsätzlich nicht. Es gibt aber doch noch eine Bestimmungsmöglichkeit. Erklärung:
b) Alle Clearance-Formeln verlangen auch die Urinkonzentration des Tracers. Ohne Urin gibt es keine Urinkonzentration.
b) Alle anderen Schätzformeln scheiden ebenfalls aus, weil es keinen Stoff gibt, welcher ausschließlich und ausnahmslos glomerulär filtriert wird, ohne glomeruläre Sekretion, ohne glomeruläre Resorption, ohne tubuläre Exkretion, ohne tubuläre Rückresorption und auch ohne extrarenale Ausscheidung.
c) Denn bei der vollständigen tubulären Rückresorption des Primärharns werden zusammen mit dem Wasser auch sämtliche darin gelösten Stoffe mitresorbiert. Die Plasmakonzentration aller harnpflichtigen Stoffe steigt an oder bleibt konstant. Ausnahme: extrarenale Ausscheidungen.
d) Trotzdem kann die glomeruläre Filtration vorerst völlig ungestört und vielleicht sogar verstärkt verlaufen. Sie wird beim Lebenden den Wert GFR = 0 ml/min nicht erreichen. Jeder positive Wert kann messtechnisch jedoch nicht bestimmt werden.
e) Es gibt trotzdem noch eine Bestimmungsmöglichkeit für die GFR bei der Anurie: Der Patient hatte vor der Anurie eine GFR und ein dazugehöriges HZV. Der alte Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV kann auch bei der Anurie vorerst als unveränderlich betrachtet werden. Jetzt kann die aktuelle GFR nach der Formel GFR=aHZV errechnet werden. Für das aktuelle HZV gibt es sehr viele Bestmmungsmöglichkeiten.
f) In der Realität ist auch dieses Verfahren jedoch kaum anwendbar. Denn es wird keinen Patienten geben, bei welchem vor Beginn einer Oligurie oder Anurie der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV bestimmt wurde. Wer kennt schon seinen Proportionalitätsfaktor? Dabei ist er nahezu unveränderlich. Nur bei den sehr seltenen schweren doppelseitigen schmerzhaften Nierenkrankheiten sinkt er deutlich ab. Nach der Restitution solcher Renorenalsyndrome normalisiert er sich wieder.
g) Wenn in der Vorgeschichte keine schweren chronischen Nierenkrankheiten bekannt sind, dann kann man einen Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV=0,02 unterstellen. Unterstellt wird also zum Beispiel beim gesunden Erwachsenen eine GFR=100 ml/min bei einem HZV=5 l/min, beim Herzkranken eine GFR=50 ml/min bei einem HZV=2,5 ml/min oder beim Kleinkind eine GFR=10 ml/min bei einem HZV=500 ml/min. Immer wird a bei 1/50 oder bei 1/100 für die einzelne Niere liegen. Jetzt kann auch bei einer Anurie die GFR nach der Formel GFR=aHZV=HZV/50 zumindest grob geschätzt werden. Ohne eine schwere Nierenkrankheit beträgt die GFR jeder menschlichen Niere also etwa ein Prozent des jeweiligen Herzzeitvolumens.
h) In der Tiermedizin wird es andere Proportionalitätsfaktoren geben.
691. Im September 2019 habe ich bei www.wikipedia.de beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate das folgende 6. Kapitel eingefügt:
Bei einer Anurie kann die GFR nicht bestimmt werden; bei einer Oligurie liefern die üblichen GFR-Schätzformeln falsch kleine Werte.
Alle üblichen GFR-Schätzformeln unterstellen, dass Kreatinin (oder das verwendete Substrat) tubulär nicht rückresorbiert wird und dass Cystatin C von den Tubuli nicht mehr ins Plasma abgegeben wird. Bei der Kompensation eines (absoluten oder relativen) Flüssigkeitsmangels werden alle harnpflichtigen Stoffe zusammen mit dem Primärharn jedoch mehr oder weniger vollständig tubulär rückresorbiert, und zwar unabhängig von der tatsächlichen GFR. Weil Kreatinin und Cystatin C in den üblichen GFR-Schätzformeln im Nenner stehen, führen große Serumkonzentrationen bei Oligurie und Anurie fälschlich zu zu kleinen GFR-Werten.
Alle Clearance-Formeln können bei einer Anurie nicht verwendet werden, weil kein Urin für eine Analyse zur Verfügung steht. Bei einer Oligurie sind die Serumkonzentrationen der harnpflichtigen Substanzen kompensatorisch (wie beschrieben) erhöht und führen zu falsch kleinen GFR-Werten.
Alle radiologischen oder nuklearmedizinischen Verfahren zur seitengetrennten Bestimmung der filtrativen Nierenfunktion liefern nur das Filtrationsverhältnis oder sogar nur das Eliminationsverhältnis beider Nieren zueinander mit der Summe 100 % ohne Angabe der GFR.
Bei Kindern ist die GFR-Bestimmung (trotz mehrerer vorhandener Schätzformeln) unüblich oder problematisch, weil es keine GFR-Normalwert-Tabellen für gesunde und kranke Kinder gibt.
Eine nachlassende Urinproduktion ist also kein Grund für eine GFR-Bestimmung. Es stellt sich somit die Frage nach den verbleibenden Indikationen für eine GFR-Bestimmung. Glomerulumkrankheiten mit GFR-Einschränkung sind selten. Tubuluskrankheiten beeinträchtigen die GFR nicht, verfälschen aber ihre Bestimmung. Eine Niereninsuffizienz ohne Glomerulopathie wird bei normaler Urinproduktion durch einen unauffälligen Quotienten aus GFR und HZV (Herzzeitvolumen) angezeigt. Das sind die extrarenalen Nierensyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch. Nur Glomerulumkrankheiten (sowie Verlust oder Zerstörung von Glomerula und Podozyten) können diesen Proportionalitätsfaktor GFR/HZV verkleinern.
Nach beiderseitiger Nephrektomie oder bei totaler Nierenagenesie (Anephrie, Aplasia renalis bilateralis) ist die GFR das Ergebnis der Dialyse. Bei allen anderen Dialyse-Patienten ist die GFR die Summe aus maschineller Filtration und renaler Restfunktion. Aber auch hier ist an die Verfälschung der GFR-Bestimmung durch eine tubuläre Rückresorption der verwendeten Substrate zu denken. Filtration und Resorption werden durch Nerven und Hormone gesteuert und können durch Medikamente, besonders durch Diuretika und andere Blutdruckmittel, beeinflusst werden.
692. a) Dazu ein Gedankenexperiment: Annahme: Ein Erwachsener halbiert seine tägliche Urinproduktion von 1000 ml auf 500 ml.
b) Die einzige denkbare Ursache einer solchen Reduktion ist ein Rückgang des täglichen Trinkvolumens von vielleicht 3 l auf jetzt nur noch 2 l.
c) Erklärung: Durch diese Trinkmengenverkleinerung reduziert sich das HZV vielleicht von 5 l/d auf 4 l/d. Die renale Perfusion und damit die glomeruläre Filtration reduzieren sich dadurch proportional ebenfalls um jeweils 20 % [= 1 - (4 l/min) / (5 l/min)].
d) Die GFR sinkt deswegen ebenfalls um 20 Prozent von vielleicht 100 ml/min = 144 l/d auf jetzt 80 ml/min = 115,2 l/d.
e) Die tubuläre Rückresorptionsquote steigt jetzt von (144-1):144 = 143/144 = 99,3 Prozent auf (115,2-0,5)/115,2 = 114,7/115,2 = 99,6 Prozent an.
f) Diese verbesserte Tubulusfunktion ist die Folge des relativen oder absoluten Flüssigkeitsmangels. Wenn sich das Blutvolumen verkleinert, dann verkleinert sich auch das Herzzeitvolumen. Diese autonome Steuerung erfolgt durch Nerven, Hormone, Botenstoffe und Medikamente.
g) Bei einer Anurie werden alle harnpflichtigen Stoffe zusammen mit dem Primärharn (=GFR) vollständig tubulär rückresorbiert.
h) Bei der jetzt unterstellten Oligurie muss mit einer teilweisen Rückresorption aller harnpflichtigen Stoffe (also auch von Kreatinin und Cystatin C) gerechnet werden.
i) Alle üblichen GFR-Schätzformeln oder Clearance-Verfahren können also nicht zur Anwendung kommen.
j) Die tatsächliche GFR kann also bei Oligurie und Anurie gar nicht bestimmt werden, weil alle GFR-Schätzformeln die tubuläre Rückresorption ausschließen.
k) Die üblichen GFR-Schätzformeln liefern bei Anurie und Oligurie irrtümlich zu kleine GFR-Werte, weil die Konzentrationen der harnpflichtigen Stoffe immer im Nenner der Schätzformeln stehen.
l) Die GFR kann also nur bei einem ausreichenden Blutvolumen bestimmt werden. Bei einer Hypovolämoe (Exsikkose, Dehydrierung) kommt es kompensatorisch zur tubulären Rückresorption.
m) Offenbar gibt es immer einen Hämatokritwert (oder einen anderen Parameter) als Grenze zur beginnenden tubulären Rückresorption. Diesbezüglich kenne ich jedoch keine Forschungsarbeiten.
n) Nur unterhalb dieses Schwellenwertes kann die GFR bestimmt werden.
o) Nur wenn der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV<0,02 ist, liegt eine Fehlfunktion der Glomerula (Krankheit, Verlust oder Zerstörung von Glomerula und Podozyten) vor.
p) Oberhalb der tubulären Rückresorptionsschwelle ist jede Veränderung des Kreatininspiegels der Saldo aus glomerulärer Filtration und tubulärer Resorption.
q) Bei konstanter Kreatininproduktion, konstantem HZV und konstanter GFR ist der Kreatinin-Plasmaspiegel also ein Maß für die Tubulusfunktion und nicht für die Glomerulusfunktion. Je mehr Kreatinin im Plasma. desto besser die Tubulusfunktion.
r) Jetzt filtrieren die Glomeruli mehr Kreatinin als vorher aus dem Plasma, es wird aber pro Zeiteinheit nicht mehr Plasmavolumen von Kreatinin befreit. Die GFR ändert sich also nicht. Der Kreatininspiegel ist oberhalb der Resorptionsschwelle kein Maß für die GFR.
s) Ein hoher Kreatininspiegel ist bei kleinem Blutvolumen ein Hinweis für eine gute Tubulusfunktion und somit kein Zeichen einer schlechten Glomerulusfunktion.
t) Bei einer Hypovolämie kann die GFR nicht bestimmt werden. Bei Nierengesunden beträgt die GFR jedoch immer etwa 2 % des HZV.
693. a) Im klinischen Alltag gibt es keine Indikation für eine Bestimmung der GFR.
b) Glomerulopathien mit deutlicher Einschränkung der GFR sind sehr selten.
c) Bei Gesunden müssten die weit mehr als 100 verschiedenen GFR-Schätzformeln gleichförmige unauffällige GFR-Werte liefern. Das ist jedoch nicht der Fall, weil alle Schätzformeln mehr oder weniger falsch ermittelt wurden oder sich auf Spezialfälle beziehen. Bei Gesunden gibt es jedoch keinen Grund für eine Bestimmung der filtrativen Nierenfunktion.
d) Bei Kindern und Jugendlichen gibt es keinen Grund für eine GFR-Bestimmung, weil es keine GFR-Normalwert-Tabellen für Gesunde und Kranke gibt.
e) Bei Anurie oder Polyurie kann die GFR nicht bestimmt werden, wenn die Schwelle zur tubulären Rückresorption für das verwendete Substrat überschritten wird. Auch hierfür gibt es jedoch keine Normalwerttabellen.
f) Tubuluskrankheiten sind noch seltener als Glomeruluskrankheiten. Tubulopathien beeinträchtigen die GFR nicht, verfälschen aber ihre Bestimmung.
g) Die Indikation zur Nierendialyse und zur Nierentransplantation sollte nicht anhand der GFR, sondern anhand der Symptomatik gestellt werden. Eine Nierendialyse soll Schädigungen durch einen Anstieg der harnpflichtigen Stoffe verhindern. Also müssen entsprechende Plasmakonzentrationen gemessen werden. Anhand entsprechender Grenzwerte muss dann über eine Dialyse oder über eine Transplantation entschieden werden. Die GFR ist hier nicht erforderlich, sie verhindert eine korrekte Beurteilung der exkretorischen Nierenfunktion.
h) Denn für die Indikationsstellung zur Dialyse muss die renale Exkretion und nicht nur die glomeruläre Filtration herangezogen werden. Regelmäßig führt eine gute Glomerulumfunktion zu einer guten Tubulusfunktion mit dem Ergebnis eines Anstiegs der harnpflichtigen Substanzen. Hier ist die Analyse der GFR sogar kontraindiziert.
i) Dieses Dilemma wurde zum Beispiel von den Wissenschaftlern bei der Erstellung der DMP-Fragebogen erkannt. Hier wird ausdrücklich nach dem Kreatininspiegel und nicht nach der GFR gefragt.
j) Bei Menschen ohne Glomerulopathie beträgt die GFR ungefähr 2 % des HZV. So kann man einerseits die GFR abschätzen und andererseits eine Nierenkrankheit ausschließen. a = GFR/HZV = 0,02 oder 50xGFR=HZV oder HZV/GFR=50. Nur wenn dieser Proportionalitätsfaktor a deutlich kleiner als 0,02 ist, liegt eine Glomerulopathie vor.
k) Völlig gesunde Marathonläufer haben während des Laufens eine physiologische Anurie. Analog haben Intensivpatienten ebenfalls häufig eine Oligurie. In beiden Fällen arbeiten die Glomeruli normal und die Tubuli besser als normal. Ursächlich ist eine Kompensation eines absoluten oder relativen Flüssigkeitsmangels. Der Anstieg der Plasmakonzentrationen der harnpflichtigen Stoffe beim Extremsportler und beim Intensivpatienten ist gut und nicht schlecht. Bei Intensivpatienten kann deswegen vorübergehend eine Nierendialyse indiziert sein. Nach Normalisierung des Herzzeitvolumens ist die Dialyse zu beenden.
l) Für die Medikamentendosierung (siehe zum Beispiel www.dosing.de) ist die GFR ebenfalls unbrauchbar. Für den Medikamentenstoffwechsel ist die renale Eliminierung und nicht die glomeruläre Filtration wichtig. Wenn Kreatinin und Cystatin C gut oder schlecht glomerulär filtriert werden, kann man daraus nicht auf die renale Ausscheidung von Medikamenten schließen.
m) Zur Erinnerung: Die GFR oder Clearance misst das pro Zeiteinheit von Kreatinin befreite Plasmavolumen und nicht die pro Zeiteinheit entfernte Kreatininmenge. Die eigentliche Kreatininkonzentration spielt also bei der Berechnung der GFR keine Rolle.
n) In der ärztlichen Praxis gibt es also keinen Grund für eine Bestimmung von GFR oder Clearance. Vielmehr muss man immer an die Möglichkeit einer mehrfach falsch ermittelten GFR denken.
694. a) MASSIVE KRITIK AN DER HEUTIGEN NEPHROLOGIE (3.11.2019). Die Grundlagen der Nephrologie werden von den Nephrologen nicht verstanden.
b) Nur bei gesunden optimal hydrierten Menschen sind der Kreatininspiegel und die daraus abgeleitete GFR-Bestimmung richtig und sinnvoll, aber überflüssig.
c) Bei gesunden optimal Hydrierten beträgt die GFR etwa 2 % vom Herzzeitvolumen. Eine Bestätigung dieses Proportionalitätsfaktors im Labor ist überflüssig.
d) Für diese gesunden normohydrierten Menschen gibt es weit mehr als 100 verschiedene GFR-Schätzformeln. Vermutlich sind alle diese Formeln mehr oder weniger falsch erstellt worden. Ein richtiges Ergebnis ist also auch hier nicht zu erwarten.
e) Alle GFR-Schätzformeln und alle Clearance-Formeln setzen voraus, dass das untersuchte Substrat tubulär nicht rückresorbiert wird.
f) Diese Grundvoraussetzung ist aber im klinischen Alltag nicht erfüllt. Jede Dehydrierung und jede Reduktion des Herzzeitvolumens führen kompensatorisch zur tubulären Rückresorption von Primärharn und allen harnpflichtigen Stoffen.
g) Die Proportionalität von GFR und HZV bleibt bestehen. Die GFR kann bei tubulärer Rückresorption des Substrats mit keinem Verfahren valide bestimmt werden.
h) Bei den seltenen Glomerulopathien ist der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV kleiner als 0,02, aber immer noch konstant.
i) Nur bei Glomerulopathien ohne Tubulopathie ist bei optimaler Hydrierung des Patienten und bei normalem HZV eine GFR-Bestimmung möglich und klinisch relevant. Solche Patienten gibt es aber nicht.
j) Ein hoher Plasmaspiegel von Kreatinin, Cystatin C oder anderen Substraten ist also im Zweifel Ausdruck einer guten Tubulusfunktion und nicht einer schlechten Glomerulusfunktion.
k) Eine Nierendialyse soll Symptome einer Urämie verhindern. Die Urämie ist definiert als vermehrtes Auftreten schädlicher harnpflichtiger Stoffe (Urämietoxine; siehe unten Absatz 699) im Blut. Für die einzelnen Stoffe müssen Schwellenwerte festgelegt werden, bei deren Überschreitung eine Therapie erforderlich ist. Vor Beginn der Dialyse müssen andere Methoden zur Verhinderung der Grenzwertüberschreitung zur Anwendung kommen. Und bei der Dialyse ist ein gezieltes Entfernen der inkriminierten Stoffe anzustreben. Die Indikation zur Nierendialyse ist also regelmäßig zu überprüfen. An die Möglichkeit von Auslassversuchen ist zu denken.
l) Eine Nierentransplantation ist nur bei schweren doppelseitigen schmerzhaften Nierenkrankheiten mit der Gefahr eines Coma uraemicum indiziert. Bei den Extrarenalsyndromen ist eine Nierentransplantation kontraindiziert. Hier muss die Grundkrankheit behandelt werden oder weiterhin eine Nierendialyse durchgeführt werden.
m) Zur Verdeutlichung ein Gedankenexperiment: Bei einem Patienten halbieren sich HZV und GFR. Der Kreatininspiegel vervierfacht sich durch tubuläre Rückresorption als Kompensation des Volumenmangels. Die Glomeruli und Podozyten filtern die vierfache Kreatininmenge, weil jedes an den Podozyten ankommende Kreatininmolekül zuverlässig und unabhängig von der Plasmakonzentration glomerulär filtriert wird. Die halbierte GFR kann mit keinem Verfahren zuverlässig bestimmt werden. Die üblichen kreatininbasierten GFR-Schätzformeln würden als falsches Ergebnis einen Rückgang auf ein Viertel des Ausgangswertes liefern.
n) Außerdem müssen in der Präanalytik Muskelvolumen und Muskelaktivität des Patienten berücksichtigt werden. Beide Parameter beeinflussen den Kreatininspiegel. Die Rasse oder Hautfarbe hat dagegen keinen Einfluss auf den Kreatininspiegel. Ein muskelschwacher zervikal Querschnittsgelähmter hat einen kleinen Kreatininspiegel und ein muskelkräftiger Leistungssportler hat nach körperlicher Aktivität einen großen Kreatininspiegel. Beides erst einmal unabhängig von der Nierenfunktion.
o) Außerdem muss die tatsächliche GFR für interindividuelle Vergleichszwecke, für die Stadieneinteilung und für die ICD-Klassifizierung zwingend nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) normiert werden. Das unterbleibt fahrlässig fast immer.
p) Damit müssen alle nephrologischen Aktivitäten zumindest kritisch beurteilt werden. Diesbezüglich fordere ich einen Paradigmenwechsel in der inneren Medizin.
695. a) Es gibt im November 2019 einen Streit zwischen den Nephrologen und den Intensivmedizinern. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN, siehe oben Absatz 61) plant die Einführung einer "Zertifizierung" für eine "Nephrologische Intensivmedizin". Drei medizinische Fachgesellschaften für Intensivmedizin lehnen das ab.
b) Unklar bleibt, ob es sich dabei um eine Zusatzbezeichnung nach Ablegung einer Prüfung bei der zuständigen Landesärztekammer oder aber nur um ein Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie handeln soll. Soll sich also der einzelne Krankenhausarzt weiterbilden oder soll sich die Intensivstation zertifizieren lassen?
c) Am 13.11.2019 berichtete die Online-Ausgabe der Ärztezeitung und am 14.11.2019 das Online-Expertennetzwerk coliquio über diesen Streit. Meine beiden Diskussionsbeiträge lehnen diese geplante Zertifizierung ab. Nach meinen Beiträgen waren beide Diskussionen beendet. Offenbar gibt es keine Gegenargumente.
d) Der Präsident der DGfN, Jan Galle (siehe oben Absatz 567 und 575), kennt meine Argumentation. Wenn sich das HZV normalisiert, dann normalisiert sich automatisch auch die GFR.
e) Ein Nierenversagen in der Intensivmedizin beruht fast ausnahmslos auf den Extrarenalsyndromen beim Multiorganversagen. Es handelt sich dabei um die (akute oder chronische) Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Ursachen sind ein Rückgang des Herzzeitvolumens und damit der verhältnisgleiche Rückgang auch der Glomerulären Filtrationsrate. GFR und HZV sind immer proportional. Denn jede Verkleinerung des HZV verursacht einen Rückgang der renalen Perfusion und damit der glomerulären Filtration wie auch der podozytären Clearance.
f) Die Nephrologen sind nur für die seltenen Renorenalsyndrome zuständig. Für die häufigen Kardiorenalsyndrome, die Pulmorenalsyndrome, die Hepatorenalsyndrome und die Zerebrorenalsyndrome sind die Nephrologen nur hinsichtlich der Nierendialyse zuständig.
g) Regelmäßig machen die Nephrologen die Indikation zur Dialyse von der GFR abhängig. Regelmäßig kann die GFR aber auf der Intensivstation mit keiner Methode bestimmt werden. Denn alle GFR-Schätzformeln und auch alle Clearance-Verfahren setzen die Kenntnis des Substrat-Plasmaspiegels voraus. Die zweite Voraussetzung ist aber in der Intensivmedizin nicht gewährleistet, nämlich die fehlende tubuläre Rückresorption des Substrates. Zusätzlich fehlt bei der Anurie der Urin; er kann also nicht untersucht werden.
h) Ein hoher Kreatininspiegel oder ein hoher Plasmaspiegel von Cystatin C wird durch eine gesteigerte tubuläre Rückresorption und nicht durch eine reduzierte glomeruläre Filtration verursacht. Damit fehlt den Nephrologen sogar die Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Nierendialyse.
i) Die Nierendialyse soll die Symptome der Urämie vermeiden. Dazu ist die Kenntnis der einzelnen Grenzwerte für die einzelnen schädlichen harnpflichtigen Stoffe (Urämietoxine; siehe unten Absatz 699) erforderlich. Die Kenntnis der GFR hilft hier nicht weiter. Für die filtrative Nierenfunktion ist das Zusammenspiel von Glomeruli und Tubuli erforderlich. Die geschätzte GFR ist nur die Hälfte der Wahrheit.
j) Anurie und Oligurie auf der Intensivstation beweisen also im Zweifel eine verbesserte Tubulusfunktion und eben nicht eine verschlechterte Glomerulusfunktion. Damit fehlt den Nephrologen jede Entscheidungsgrundlage.
k) Ein entsprechendes Zertifikat ist also nicht nur überflüssig, sondern schädlich. Auch eine intensive Zusammenarbeit wie auch Konsiliartätigkeiten zwischen Nephrologen und Intensivmedizinern sind nicht erforderlich. Jeder Arzt muss die elementaren Zusammenhänge zwischen Herz und Niere kennen. Schon in der Bibel wird dieses Thema mehrfach angesprochen. Auch medizinische Laien verstehen das.
l) Nur bei optimal hydrierten Menschen ohne Krankheiten von Herz, Lunge, Leber und Nieren kann man die GFR mit den üblichen Schätzformeln mehr oder weniger valide bestimmen. Hilfsweise kann man bei nierengesunden Patienten die GFR als etwa zwei Prozent vom HZV abschätzen. Nur bei schweren doppelseitigen schmerzhaften Nierenkrankheiten ist der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV kleiner als 0,02.
696. a) Franz Volhard gilt als Nestor der deutschen Nephrologie. 1930 schrieb er in erster Auflage ein Buch über "Die kochsalzfreie Krankenkost" (13. Auflage, München 1952, 144 Seiten). Franz Volhard behandelte damit in seiner Klinik jahrzehntelang erfolgreich Patienten mit Herzinsuffizienz ("Herzmuskelschwäche", "Herzversagen", "Wassersucht", "Herzwassersucht" (Zitat Seite 5), "Kreislaufstörung"), mit Entzündungen (sogar Heuschnupfen), mit arterieller Hypertonie ("Blutdrucksteigerung") sowie mit "akuten und chronischen Nierenkrankheiten" (Zitate Seite 2).
b) Das Wirkprinzip hat er aber wohl nicht verstanden. Dabei ist es ganz einfach. Eine extrem kochsalzarme Ernährung wirkt wie ein Diuretikum. Er selbst schreibt, seine Diät bewirke eine "gute Diurese" (Zitat Seite 7). "Ziel und Sinn der kochsalzfreien Diät ist die möglichst weitgehende Entsalzung des Körpers." (Zitat Seite 2)
c) Jedes Diuretikum verschlechtert absichtlich die Tubulusfunktion. Die normale tubuläre Rückresorptionsquote von etwa 99 % wird durch Diuretika reduziert.
d) Offenbar kannte Franz Volhard die Hauptaufgabe der Nierenkanälchen noch nicht. Bei jeder (absoluten oder relativen) Reduktion des Herzzeitvolumens erhöhen die Tubuli kompensatorisch die Rückresorption des Primärharns. Es kommt zur Oligurie oder sogar zur Anurie. Die Glomerulumfunktion ist ungestört, die Tubulusfunktion ist verbessert. Eine Nierenkrankheit liegt nicht vor.
e) Wenn Natrium und Chlor oder Kochsalz im Blutplasma fehlen, dann fehlen sie auch im Primärharn. Sie können also auch zusammen mit Wasser tubulär nicht rückresorbiert werden. Also wird die tubuläre Rückresorptionsquote durch eine kochsalzfreie Krankenkost reduziert mit dem Ergebnis einer Polyurie. Beinödeme, Lungenödeme ("Bronchialkatarrh", "Bronchialerweiterung", Zitate Seite 2), Aszites ("Ergüsse in den Körperhöhlen") und sogar Hirnödeme (Zitat Seite 11) werden renal ausgeschwemmt.
f) Eine "Neigung zu Wasserzurückhaltung" (Zitat Seite 9) war für Volhard die Hauptindikation für seine Rezepturen.
g) Schon damals gab es wirksame Diuretika ("harntreibende Mittel zur Wasserentfernung", Zitat Seite 4). Volhard setzte diese ("Quecksilberpräparate und Diuretica der Purinreihe", Zitat Seite 5) zu Beginn seiner Therapie nur für wenige Tage ein, um danach lebenslang ("zur Verhütung von Rückfällen", Zitat Seite 9) seine "kochsalzfreie Krankenkost" zu empfehlen oder zu verordnen.
h) Wegen der hygroskopischen Wirkung von Natriumchlorid zählt auch heute noch die Kochsalzrestriktion zu den nichtmedikamentösen Maßnahmen zur Blutdrucksenkung.
i) Heute ist eine solche Extremdiät bei einer Herzinsuffizienz jedoch nicht mehr erforderlich, weil moderne Diuretika auch langfristig dieselbe Wirkung haben.
j) Ebenso gilt die früher übliche eiweißarme Diät bei Niereninsuffizienz heute als obsolet.
697. a) Wie können Diuretika (oder alternativ eine kochsalzfreie Diät nach Franz Volhard) den Blutdruck senken und gleichzeitig die Herzinsuffizienz verbessern?
b) Diuretika verschlechtern absichtlich iatrogen die Tubulusfunktion. Bei konstanter GFR (=Primärharnbildung) wird die Sekundärharnbildung als Folge der verkleinerten Rückresorptionsquote erhöht. Bei verkleinerter GFR wird die Rückresorptionsquote kompensatorisch vergrößert. Die Diuretikawirkung muss größer sein als diese Kompensation. In beiden Fällen kommt es dann zur erwünschten Polyurie.
c) Dem Körper wird also vermehrt Wasser entzogen. Ödeme aller Art bilden sich zurück. Die mechanische Kompression aller Adern durch den extravasalen Gewebedruck verkleinert sich. Der Innendurchmesser aller Adern vergrößert sich. Der periphere Widerstand verkleinert sich.
d) Nach der Formel HZV=RR/R vergrößert sich das Herzzeitvolumen HZV, wenn sich bei konstantem Blutdruck RR der periphere Widerstand R verkleinert. Deswegen verbessert sich die Herzinsuffizienz; denn das HZV ist das einzige objektive Maß für die Schwere einer jeden Herzinsuffizienz.
e) Andererseits verkleinert sich der Blutdruck RR nach derselben Formel, wenn sich bei konstantem HZV der periphere Widerstand R ebenfalls verkleinert. Bei vergrößertem HZV sinkt der Blutdruck nur bei überproportionaler Reduktion des peripheren Widerstandes. Bei verkleinertem HZV sinkt der Blutdruck bei konstantem Widerstand.
f) Zusätzlich zu dieser mechanischen Pathophysiologie kann es zu synergistischen oder aber auch zu kontraproduktiven Effekten durch Nerven, Hormone und Medikamente kommen.
g) Eine medikamentöse Blutdrucksenkung verschlechtert also ceteris paribus nach der Formel HZV=RR/R die Herzinsuffizienz. Analoges gilt nach der Formel HZV=VVxEFxHF für die Senkung der Herzfrequenz HF, wenn das enddiastolische Ventrikelvolumen VV und die Ejektionsfraktion EF sich nicht verändern.
698. a) Wie kommt es zur Harnkonzentration?
b) Ein Gedankenexperiment: Ein Mensch habe ein Blutvolumen von 3 l. Bei einem Hämatokrit von 0,50 hat er ein Plasmavolumen von 1,5 l. Er trinkt jetzt 1,5 l Wasser. Sein Plasmavolumen verdoppelt sich auf 3 l. Die Plasmakonzentration der harnpflichtigen Stoffe halbiert sich.
c) Durch die Wasseraufnahme vergrößere sich sein Herzzeitvolumen von 4 auf 6 l/min. Die GFR steigt dann von zum Beispiel 80 auf 120 ml/min. Die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Primärharn sinkt um ein Drittel.
d) Die Tubuli verdoppeln die Sekundärharnbildungsquote kompensatorisch von 1 auf 2 Prozent. Der Trinkversuch wirkt also wie ein Diuretikum; die tubuäre Rückresorptionsquote sinkt von 99 auf 98 Prozent.
e) Die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Urin halbiert sich also durch den Trinkversuch. Das Ergebnis dieses Gedankenexperimentes ändert sich nicht bei ständiger statt bei nur einmaliger Trinkmengenerhöhung. Es bildet sich immer ein steady state.
f) Alle harnpflichtigen Stoffe werden immer renal eliminiert. Bei der Oligurie steigen die Konzentrationen in Plasma und Urin an. Nur bei der vollständigen Anurie kommt es zur pathologischen Urämie bis hin zum Exitus letalis im Coma uraemicum.
g) Die Glomeruli und die Tubuli können ihr Verhalten nicht selektiv von bestimmten harnpflichtigen Molekülen abhängig machen. Ihr Verhalten hängt vom Wasservolumen und nicht von Plasmakonzentrationen ab. Ein Zuviel oder ein Zuwenig an harnpflichtigen Stoffen ändert an meiner Darstellung nur wenig.
h) Offenbar hängen die Glomerulumfunktion nur vom Herzzeitvolumen und die Tubulusfunktion nur vom Blutvolumen ab. GFR und HZV sind immer proportional. Die Tubuli regeln neurohumoral kompensatorisch das Blutvolumen.
i) Diese Zusammenhänge hatte schon Franz Volhard um 1910 erkannt: "aber die Vorstellung, daß die Glomeruli konzentrieren, (ist) unmöglich. ... die starke Abplattung der Tubuliepithelien und die Erweiterung der Kanälchen (bewirken eine) Isosthenurie" (Zitat: Franz Volhard: "Erinnerungen", Schattauer-Verlag, Stuttgart und New York 1982, Seite 29.) - Trotzdem behaupte ich, dass tatsächliche Tubulopathien extrem selten sind; außerdem würden sie die Rückresorptionsquote verkleinern und nicht vergrößern, also eine Polyurie und nicht eine Oligurie bewirken.
j) Alle Diuretika wie auch Wasser und eine kochsalzfreie Diät verschlechtern die Tubulusfunktion und verursachen eine Polyurie. Durstversuche und Blutverluste wie auch jede Herzinsuffizienz verbessern die Tubulusfunktion und bewirken eine Oligurrie bis hin zur Anurie.
699. a) Eine Urämie wird durch zu große Plasamkonzentrationen der so genannten Urämietoxine hervorgerufen. Siehe oben die Absätze 694k und 695i.
b) Bei Wikipedia findet man eine umfangreiche Liste solcher Urämietoxine. Offenbar ist diese Liste unvollständig. Siehe auch "Nephrotoxin" bei Wikipedia.
c) Eine Nierendialyse ist nur bei Überschreiten gewisser Grenzwerte indiziert. Listen solcher laborchemischer Grenzwerte für die einzelnen Urämietoxine existieren nicht.
700. a) Elke S. Schäffner (siehe oben die Absätze 41, 97, 188e, 237f, 283 und 454m) schreibt über die "Nierenfunktion im Alter: Was ist physiologisch?" Quelle: "Nephro-News", Jahrgang 22, Ausgabe 1/2020, Seiten 17 bis 21. Wichtige Kritikpunkte:
b) Auf Seite 18 handelt es sich um die Inulinclearance und nicht um eine Insulinclearance.
c) Die Nierenfunktionseinheit ml/min/1,73 m² ist immer dreifach falsch. Immer ist die GFR geschätzt. Unklar bleibt, ob die tatsächliche GFR oder die normierte GFR(1,73 m²/KOF) gemeint sein soll.
d) In der referierten Originalarbeit von Pierre Delanaye (siehe oben die Absätze 55, 60 und 109) et alii aus "The Journal of the American Society of Nephrology" (2019, Jahrgang 30, Seiten 1785 bis 1805) ist die Nierenfunktionseinheit richtig. Korrekt übersetzt Elke Schäffner "kidney damage" mit Niereninsuffizienz und nicht mit Nierenschaden oder Nierenkrankheit.
e) Immer ist die GFR proportional zum HZV. Im Alter verkleinern sich das HZV und folglich auch die GFR. Diese Verkleinerungen sind die Folgen der diversen kardialen und extrakardialen Krankheiten. Also ist die Niereninsuffizienz im Alter immer pathologisch und niemals "physiologisch".
f) Niemals ist das Stadium der Niereninsuffizienz kleiner als das Stadium der Herzinsuffizienz. "Personen ohne Niereninsuffizienz" (Zitat Seite 19) gibt es nicht. Ein Stadium 0 ist weder bei der Herzinsuffizienz noch bei der Niereninsuffizienz definiert.
g) Nur wenn der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV < 0,02 ist, liegen auch schwere meistens schmerzhafte und doppelseitige Nierenkrankheiten vor.
h) Richtig ist die Forderung von "weiteren Datenanalysen" (Zitat Seite 21). "Argumente für ein altersadaptiertes Stadiensystem" gibt es jedoch nicht. Wichtig sind einzig das regelmäßige und leitliniengerechte Bestimmen des Herzzeitvolumens und die Kenntnis der Extrarenalsyndrome.
i) Auch Kinder und nicht nur "Erwachsene jeden Alters (18 Jahre bis unendlich)" (Zitat Seite 17) können eine Niereninsuffizienz haben. Für gesunde und kranke Kinder gibt es jedoch keine GFR-Normalwerttabellen.
j) Mit der GFR wird die Glomerulumfunktion gemessen. Bei Kranken werden sowohl die Plasmakonzentrationen wie auch die Urinkonzentrationen der harnpflichtigen Stoffe durch die Tubulusfunktion vergrößert. Also kann die GFR nur bei Gesunden mit optimaler Hydrierung valide bestimmt werden. Also sind alle Spekulationen über die "Nierenfunktion im Alter" müßig. Im klinischen Alltag verfälschen die Tubuli jede Nierenfunktionsprüfung.
701. a) Oben habe ich wiederholt neurohumorale Regelkreise beschrieben. Trotz meiner gegenteiligen Darstellung im Absatz 268ch werden die Adjektive neurohumoral und neuroendokrin mehr oder weniger synonym verwendet: neurohumorale Regelkreise, neurohumorale Modulation, neurohumorale Aktivierung, neurohumorale Einflüsse, neurohumorale Gegenregulation, neurohumoral modulierte Proportionalität.
b) Das Herz ist eine Pumpe, die Niere ist ein Filter. Herz und Niere müssen also nach den Gesetzen der Mechanik oder Hydraulik betrachtet werden. Erst anschließend mag man sich über neuroendokrine Regelkreise Gedanken machen. Hormone, Nerven und Medikamente können die hydraulischen Gegebenheiten nur modulieren.
702.) Medizinhistorischer Exkurs. Folgendes habe ich vom 3. bis 5.5.2020 bei Wikipedia unter dem Stichwort "Nierenversagen" als Kapitel "Geschichte" hinzugefügt:
a) Der Begriff der Niereninsuffizienz wurde 1897 von Sándor von Korányi geprägt und definiert.[1] Damals beinhaltete die Niereninsuffizienz sowohl die Insuffizienz der Glomeruli als auch die Insuffizienz der Tubuli. Die Niereninsuffizienz war "die gesetzmäßige Abweichung der Nierenfunktion, das heißt der Harnabsonderung, wenn das Gesamtorgan 'insuffizient' ist." Betroffen waren also die Funktionen der „Knäuel“ (Glomeruli) und auch der „Kanälchen“ (Tubuli). „Sind beide Teilfunktionen beeinträchtigt, so tritt Niereninsuffizienz ein“. Zu denken ist also an die Möglichkeit, „wenn nur die einen [sic!] der beiden Komponenten, nur die Tubuli oder nur die Glomeruli insuffizient sind, vorausgesetzt, daß der andere Partner voll funktionsfähig ist.“[2]
b) Heute versteht man unter der Niereninsuffizienz dagegen nur den Rückgang der Filterfunktion der Glomeruli oder Podozyten. Der Schweregrad der Niereninsuffizienz wird mittels der glomerulären Filtrationsrate (GFR) oder der Kreatinin-Clearance beurteilt. Hier werden die tubuläre Rückresorption und damit die Sekundärharn-Produktion nicht berücksichtigt. Eine Oligurie oder eine Anurie (als kompensatorische Steigerung der tubulären Rückresorptionsquote) ist nach heutiger Auffassung also kein Hinweis für eine Niereninsuffizienz. Die Polyurie wird schon vor 100 Jahren richtig als Folge einer „Tubulusinsuffizienz“ erkannt.[3]
c) Schon Franz Volhard kannte den Unterschied zwischen der renalen Niereninsuffizienz und der extrarenalen Niereninsuffizienz. Die extrarenale Niereninsuffizienz ("extrarenale Nierensyndrome" nach Wilhelm Nonnenbruch) ist die "extrarenal bedingte Störung der Nierenfunktion". Es ist ein Unterschied, "ob eine Erscheinung als die Folge der Funktionsstörung der Niere oder als die Folge ihrer Erkrankung anzusehen ist und auch ohne Störung der Nierenfunktion auftreten kann."[4] Es gibt also die Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit und die Nierenkrankheit ohne Niereninsuffizienz.[5]
d) Unter der renalen Clearance versteht man dasjenige Plasmavolumen, welches innerhalb eines angegebenen Zeitraums von einer bestimmten Substanz durch die Nieren befreit wird. Nach dieser alten Definition ist die Clearance das Ergebnis des Zusammenspiels von Glomeruli und Tubuli. Nach dem neuen Konzept wird die Kreatinin-Clearance mit der Glomerulären Filtration gleichgesetzt, weil Kreatinin von den Tubuli nicht rückresorbiert wird. Diese Voraussetzung der Nichtresorbierbarkeit von Kreatinin ist jedoch bei jeder Reduktion des Herzzeitvolumens nicht erfüllt, weil es in diesen Fällen zu einer kompensatorischen Zunahme der tubulären Rückresorption des Primärharns (=GFR) (mit allen harnpflichtigen Substanzen) bis hin zur Anurie kommt.
e) Medizinhistorisch interessant ist die Nomenklatur. Einseitige Nierenkrankheiten wurden als chirurgische Nephropathien bezeichnet. Doppelseitige Nierenkrankheiten wurden als hämatogene Nephropathien bezeichnet. Doppelseitige chirurgische Nierenkrankheiten sind selten. Einseitige hämatogene Nierenkrankheiten sind denkunmöglich. Erklärung: Oft können einseitige Nierenkrankheiten chirurgisch behandelt werden. Hämatogene Nierenkrankheiten sind gar keine Nierenkrankheiten; vielmehr handelt es sich dabei um die extrarenalen Nierensyndrome nach Franz Volhard und Wilhelm Nonnenbruch, also um die Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Auf dem Blutwege (=hämatogen) regeln Hormone und Botenstoffe (=neurohumoral) das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion; die glomeruläre Filtration ist proportional zur renalen Perfusion.
703. a) Omecamtiv mecarbil ist ein neues Medikament der Firma Amgen zur Behandlung der Herzinsuffizienz. Quelle: Christoph Maack: "Neues HI-Medikament auf dem Prüfstand", in: Cardio News, Zeitung für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung, 23. Jahrgang, Ausgabe 5/2020, 22. Mai 2020, Seiten 21-22. Dortige Quellenangabe: Christoph Maack: "Treatments targeting inotropy", in: European Heart Journal, 2019, 40. Jahrgang, Seiten 3626 bis 3644.
b) Die Herzinsuffizienz ist definiert als zu kleines Herzzeitvolumen. Ein entsprechendes Medikament muss also das Herzzeitvolumen (HZV, englisch CO) vergrößern.
c) Das HZV ist 1. das Produkt aus enddiastolischem Höhlenvolumen, zugehöriger Netto-Ejektionsfraktion und Herzfrequenz oder 2. auch der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand oder 3. die Quadratwurzel des Quotienten aus Herzleistung und Widerstand.
d) Um das HZV zu vergrößern, müssen alle im Zähler stehenden Parameter vergrößert und nur der periphere Widerstand verkleinert werden, weil er im Nenner steht.
e) Bei Hunden steigert das neue Medikament das Herzzeitvolumen. Ob das auch für Menschen gilt, schreibt Maack nicht.
f) Christoph Maack beschreibt dagegen eine (kontraindizierte) Herzfrequenzsenkung, aber eine (indizierte) Erhöhung des Schlagvolumens und des Blutdrucks.
g) Das endsystolische linksventrikuläre Volumen verkleinert sich. Was ist mit dem enddiastolischen Volumen? Es müsste sich vergrößern, um das Schlagvolumen und damit das HZV zu vergrößern.
h) Die Ejektionszeit vergrößert sich, aber was ist mit der Ejektionsfraktion?
i) In der Tat bleiben Fragen offen, sie müssen aber erst einmal gestellt werden: Was ist mit dem Herzzeitvolumen, der Herzleistung, dem enddiastolischen Volumen, der Ejektionsfraktion und dem peripheren Widerstand?
j) Im dazugehörigen Kommentar ("Schönheit der Herzphysiologie") beschreibt Robert H. G. Schwinger (siehe oben die Absätze 306, 312 und 395) nach Arnold M. Katz "die Schönheit, die sich in der Physiologie des Herzens zeigt." Gewiss sind die drei Formeln für das Herzzeitvolumen sehr schön, sie müssen aber auch verstanden und berücksichtigt werden.
704. a) Ein Düsseldorfer Labor kommentiert alle GFR-Werte wie folgt: "Die MDRD-Formel ist für Werte > 60 ml/min nicht evaluiert; sie darf nicht bei Kindern, bei Krankenhauspatienten mit akuter Nierenfunktionsverschlechterung sowie bei Menschen mit schwerem Übergewicht eingesetzt werden."
b) Das Problem wurde nicht verstanden. Jede GFR- oder Clearance-Bestimmung wird durch die kompensatorische tubuläre Rückresorption verfälscht.
c) Kleine GFR-Werte bei großen Kreatinin-Werten sind ein Hinweis auf eine gute (=große) tubuläre Rückresorption zum Beispiel bei Marathonläufern oder bei Intensivpatienten. Kleine GFR-Werte sind kein Hinweis für eine schlechte Filter-Funktion der Glomerula.
d) Kinder haben ebenfalls kleine GFR-Werte. Entsprechend haben große Menschen große GFR-Werte.
e) Große GFR-Werte als Ergebnis kleiner Kreatinin-Plasma-Spiegel sind normal zum Beispiel bei Querschnittsgelähmten mit geringer Kreatininproduktion und bei Menschen, die viel Flüssigkeit zu sich nehmen.
f) Bei körperlich ansonsten Gesunden mit hoher Querschnittslähmung und großer parenteraler Flüssigkeitsinfusion können die Kreatininspiegel so klein sein, dass die üblichen GFR-Schätzformeln GFR-Werte bis zu 1000 ml/min liefern.
g) Alle kreatininbasierten GFR-Schätzformel-Ergebnisse sind also wie folgt zu kommentieren: "Je größer die tubuläre Rückresorption, desto ungenauer die GFR-Schätzung."
h) Für Vergleichszwecke, für die Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz und für die ICD-10-Kassifizierung sind alle GFR-Werte nach der Formel GFR(1,73 m²/KOF) zu normieren. Das gilt besonders für Kinder und Übergewichtige, aber grundsätzlich für alle Menschen, deren Körperoberfläche KOF von 1,73 Quadratmetern abweicht.
705. a) Das Gegenstück zur Glomerulären Filtrationsrate GFR wäre die tubuläre Resorptionsrate TRR. Die Differenz GFR-TRR ist der Harnfluss.
b) Zahlenbeispiel: Bei einer GFR = 100 ml/min und einer tubulären Rückresorptionsquote von 99 % errechnen sich eine TRR = 99 ml/min und ein Harnfluss von 1 ml/min = 1,44 l/d. Das ist der Sekundärharn von etwa anderthalb Litern am Tag.
c) Ein Diuretikum könnte jetzt die tubuläre Rückresortionsquote um einen Prozentpunkt verkleinern und damit das Urinvolumen verdoppeln.
d) Diese Diuretika-Wirkung ist weit gehend unabhängig von der GFR. Würde sich die GFR auf 50 ml/min halbieren, dann müsste sich die tubuläre Rückresorptionsquote von 98 % kompensatorisch nur um 2 Prozentpunkte auf 96 % verkleinern, um die Uriproduktion von 2,88 l/d konstant zu halten.
e) Andererseits könnte eine Dehydratation oder Exsikkose die Rückresorption kompensatorisch auf 100 % vergrößern und so eine Oligurie oder eine Anurie verursachen. Beide Fälle (Polyurie bei Diurese und Anurie bei Austrocknung) wären unabhängig von der GFR allein auf die Tubulusfunktion zurückzuführen.
706. a) Ich behaupte eine Proportionalität bzwischen GFR und HZV. Das bedeutet, dass der Quotient GFR/HZV bei jedem Individuum immer konstant ist. Das gilt auch für den Quotienten HZV/GFR.
b) Mitunter wird in der Fachliteratur behauptet, dass "Änderungen des arteriellen Blutdrucks zwischen 80 und 180 mmmHg unter physiologischen Bedingungen keine Änderung der Nierendurchblutung und der Nierenfunktion bewirken (Navar 1978)." Quelle: Handbuch der inneren Medizin (5. Auflage, 9. Band, 2. Teil, Seite 264).
Zweite Quelle: "Bestandteil der intrarenalen Autoregulation (Klaus Thurau 1964), die die Niere in die Lage versetzt, mittels Änderung des Widerstands der präglomerulären Gefäße (Thurau und Wober 1962; Briggs und Wright 1979) die renale Durchblutung und die Filtrationsrate unabhängig vom Systemdruck in einem Bereich zwischen 80 und 180 mmHg konstant bzu halten." (Handbuch der inneren Medizin, 5. Auflage, 9. Band, 4. Teil, S. 735)
c) Diese Behauptung bedeutet nach der Formel HZV=RR/R bei steigendem Blutdruck RR und bei konstantem peripherem Widerstand R eine Proportionalität zwischen Blutdruck und HZV.
d) Das bedeutet eine Proportionalität zwischen Blutdruck und GFR, wenn GFR und HZV proportional sind. Das ist meine Behauptung.
e) Wenn dagegen die Fachliteratur Recht hätte, müsste bei steigendem HZV unter Belastung der Blutdruck steigen und die renale Perfusion synchron zum Blutdruckanstieg gedrosselt werden.
f) Nur so könnte bei steigendem HZV die GFR konstant bleiben.
g) Wenn die Prämisse des konstanten peripheren Widerstandes verlassen wird, dann würden sich Blutdruck und Widerstand proportional verhalten. Dann würde das HZV unter Belastung nicht ansteigen. Diese Annahme ist unrealistisch.
h) In der kritisierten Fachliteratur muss also eine Drosselung der renalen Perfusion bei körperlicher Belastung bewiesen werden. Das ist bislang nicht gelungen.
i) Dann müsste sich bei einer Verdreifachung des HZV die renale Perfusion auf ein Drittel reduzieren. Dazu müsste sich der Innendurchmesser der Arteria radialis nach dem Gesetz von Hagen-Poiseuille um etwa 24 % auf 0,7598 verkleinern. Das ist die vierte Wurzel aus 1/3. Kontrolle: 3/4 hoch 4 ist etwa 1/3.
j) Wenn nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz die Druckdifferenz ansteigt, muss die Verkleinerung des Innendurchmessers noch deutlich zunehmen. Das ist nicht vorstellbar.
707. a) Schon immer haben die Menschen das Herz als Blutpumpe und die Nieren als Blutfilter erkennen können. Ihnen fehlten nur die entsprechenden Worte und die Notwendigkeit, weiter darüber nachzudenken.
b) Die Rückverfolgung des Urins durch Harnröhre, Harnblase und Harnleiter bis zum Nierenbecken dürfen so schwer nicht gewesen sein.
c) Ebenso war der Weg des arteriellen Blutes vom Herzen über Aorta und Arteria renalis in die Niere wohl kaum zu übersehen.
d) Auch der Blutrückfluss von der Niere über Vena renalis und Vena cava inferior direkt zum Herzens war bei Mensch und Tier leicht zu erkennen.
e) Ich bin mir sicher, schon die ersten Menschen haben bei verletzten Mitmenschen und bei sterbenden Tieren immer wieder diese Erkenntnisse gewinnen können.
f) Um so verwunderlicher ist es, dass die ersten anatomischen Abbildungen diese doch recht einfachen Sachverhalte nicht deutlich darstellen.
g) In DIATRA, Heft 1/2021, findet sich auf den Seiten 76 bis 79 dazu ein interessanter Aufsatz von Christian Mürner mit dem Titel "Die Nieren zu beiden Seiten". Er zeigt vier anatomische Abbildungen aus den Jahren 1499, 1501, 1518 und 1543. Außerdem wird eine bildliche Nierendarstellung im Bodleian Manuskript Ashmole 399 folia 034r aus dem 13. Jahrhundert beschrieben.
h) Die Abbildung aus 1499 ist von Johann Peylick (1474-1522). Nierenvenen, Nieren, Harnleiter und Harnblase sind deutlich dargestellt. Es fehlen beide Nierenarterien. Die Nieren sind spiegelverkehrt mit den konvexen Seiten nach außen dargestellt.
i) Die Abbildung aus 1501 ist von Magnus Hundt (1449-1519). Aorta, Nierenarterien, Nieren, Harnleiter und Harnblase sind mit etwas Phantasie zu erkennen. Es fehlen beide Nierenvenen.
j) Die Abbildung aus 1518 ist von Lorenz Phryes (1490-1532). Aorta, Nierenarterien, Nierenvenen, Nieren, Harnleiter, Harnblase und Harnröhre sind undeutlich zu erkennen. Die Abbildung ist also vollständig. Auffallend ist nur, dass auch hier die Nieren spiegelverkehrt mit der konvexen Seite nach außen dargestellt sind.
k) Die Abbildung aus 1543 ist von Andreas Vesalius (1514-1564).
Nierenarterie, Nierenvene, Niere und Harnleiter sind groß und deutlich dargestellt. In der Mitte der Niere sieht man eine große horizontale "siebförmige Membran", so breit wie die
Niere. Sie soll vermutlich symbolisch die Niere als Sieb oder Filter erkennbar machen. Dass diese große "siebförmig durchlöcherte Stelle in der Nierensubstanz" nicht originalgetreu
sein kann, dürfte wohl auch Vesal bewusst gewesen sein.
l) Die beiden letzten Abbildungen sind also vollständig und richtig.
m) Die Niere ist ein Filter. Sie filtert das Blut. Die Differenz zwischen Arterienfluss und Venenfluss ist der Harnfluss.
n) Dieser Harnfluss ist außerdem gleich der Differenz zwischen glomerulärer Filtration und tubulärer Rückresorption.
o) William Harvey (1578-1657) gilt als Erstbeschreiber des Blutkreislaufs. Er hatte als Erster das Herzzeitvolumen berechnet. Leonard Fuchs beschrieb erst 1560 die Nieren richtig als Filter.
708. Heute am 7.4.2021 habe ich bei wikipedia.de das Folgende nachgetragen:
Im Rahmen der Uroflowmetrie sind in einem Koordinatensystem drei verschiedene Darstellungen der Miktion möglich. Auf der Abszisse wird jeweils die Zeit in Zeiteinheiten aufgetragen.[3]
709. Folgendes habe ich im März 2021 bei Wikipedia.de beim Stichwort Herzinsuffizienz dort im Kapitel 2.2 nachgetragen:
Verwirrend ist das Nebeneinander der unterschiedlich definierten Begriffspaare Linksherzversagen/Rechtsherzversagen, Linksinsuffizienz/Rechtsinsuffizienz, Vorwärtsversagen/Rückwärtsversagen, Vorlastsenkung/Nachlastsenkung, Preload-Erhöhung/Afterload-Erhöhung, High-output heart failure/Low-output heart failure und systolische Herzinsuffizienz/diastolische Herzinsuffizienz. Gemeinsam ist diesen Begriffen eine Verkleinerung des Herzzeitvolumens mit den Symptomen einer Herzinsuffizienz wegen einer Vergrößerung des peripheren Widerstandes beziehungsweise wegen einer Verkleinerung der Compliance. Die Formeln zur Berechnung des Herzzeitvolumens gelten sowohl für alle vier Herzhöhlen, für den großen und den kleinen Kreislauf als auch für den arteriellen und venösen Schenkel beider Kreisläufe.
710. Man muss zwischen Nierenkrankheit und Niereninsuffizienz unterscheiden. Eine Nierenkrankheit muss mikroskopische, histologische, bioptische oder strukturelle Veränderungen aufweisen. Diese Veränderungen müssen zumindest einen großen Anteil der Niereninsuffizienz erklären können. Gelingt diese Erklärung nicht, dann muss von einer Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit ausgegangen werden. Das sind die Extrarenalsyndrome.
711. a) Die Ejektionsfraktion ist kein Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz. Das einzige objektive Maß für die Schwere einer Herzinsuffizienz ist das Herzzeitvolumen. Das Herzzeitvolumen ist das Produkt aus enddiastlischem Höhlenvolumen, dazugehörigr Netto-Ejektionsfraktion und der Herzfrequenz.
b) Zur erklärenden Verdeutlichung ein Gedankenexperiment. Gegeben sei eine der vier Herzhöhlen am Ende der Diastole. Das enddiastlische Höhlenvolumen betrage 100 %.
c) Am Ende des Pumpvorganges betrage das Höhlenvolumen 30 %. Die Ejektion und damit die Brutto-Ejektionsfraktion betragen also 70 % oder 0,7. Ein prima vista optimaler Wert.
d) Aber wohin wurde das Blut ausgeworfen? 10 % wurden durch ein Loch in der Herzscheidewand gedrückt. Also
1. Vom rechten Atrium durch ein Vorhofseptumdefekt als Rechts-links-Shunt in das linke Atrium.
2. Vom rechten Ventrikel durch einen Ventrikelseptumdefekt ebenfalls als Rechts-links-Shunt in den linken Ventrikel.
3. Vom linken Atrium durch ein Vorhofseptumdefekt als Links-rechts-Shunt in das rechte Atrium.
4. Vom linken Ventrikel durch einen Ventrikelseptumdefekt als Links-rechts-Shunt in den rechten Ventrikel.
Dadurch reduziert sich die effektive Ejektionsfraktion um 10 Prozentpunkte.
e) Weitere 15 % verlassen die Herzhöhle in die falsche Richtung. Also retrograd
1. vom rechten Vorhof in die Venae cavae.
2. vom rechten Ventrikel in den rechten Vorhof.
3. vom linken Atrium in die Lunge.
4. vom linken Ventrikel in den linken Vorhof.
Dadurch rediziert sich die effektive Ejektionsfraktion um weitere 15 Prozentpunkte.
f) Weitere 25 % erreichen die Herzhöhle nach Beendigung des Pumpvorganges wegen einer schweren Klappeninsuffizienz als Regurgitation oder Pendelvolumen oder Blutrückfluss.
1. Trikuspidalklappeninsuffizienz.
2. Pulmonalklappeninsuffizienz.
3. Mitralklappeninsuffizienz.
4. Aortenklappeninsuffizienz.
Dadurch reduziert sich die effektive Ejektionsfraktion um weitere 25 Prozentpunkte.
g) Die Brutto-Ejektionsfraktion von 70 Prozent reduziert sich also durch die drei beschriebenen Vorgänge um 10 + 15 + 25 = 50 Prozentpunkte von 70 % oder 0,7 auf jetzt nur noch 20 % oder 0,2. Und das ist die entscheidende Netto-Ejektionsfraktion.
h) Das habe ich soeben bei Wikipedia zur Diskussion gestellt:
== Erklärung der Ejektionsfraktion ==
Als Ejektion bezeichnet man für jede der vier Herzhöhlen separat die Differenz zwischen enddiastolischem und endsystolischem Füllungsvolumen. Das ist die Bruttoejektion. Um die Netto-Ejektion
zu erhalten, muss man drei Blutflüsse von der Brutto-Ejektion subtrahieren:
* Es gibt in der Systole einen Blutrückfluss aus den Kammern in die Vorhöfe und aus den Vorhöfen in Vena cava beziehungsweise Lunge.
* Bei Septumdefekten gibt es ebenfalls in der Systole Blutrückflüsse von der rechten in die linke Herzhälfte oder umgekehrt.
* In der Diastole gibt es Blutrückflüsse durch alle vier Herzklappen bei einer Klappeninsuffizienz.
So kann aus einer sehr guten Brutto-EF eine sehr schlechte Netto-Ejektionsfraktion werden. Nur diese Netto-EF beeinflusst das Herzzeitvolumen und damit die Schwere der Herzinsuffizienz. Das
muss thematisiert werden. --[[Benutzer:Dr. Hartwig Raeder|Dr. Hartwig Raeder]] ([[Benutzer Diskussion:Dr. Hartwig Raeder|Diskussion]]) 08:41, 29. Apr. 2021 (CEST)
i) Außerdem ist die linksventrikuläre Netto-Ejektionsfraktion nur eine von vier Netto-Ejektionsfraktionen. Das [[Schlagvolumen]] wird limitiert
durch das Produkt aus enddiastolischem Höhlenvolumen und Netto-EF der '''schlechtesten''' Herzhöhle; das muss nicht unbedingt die linke Kammer sein.
712. a) Soeben habe ich bei Wikipedia beim Stichwort Chronische Niereninsuffizienz folgenden Absatz geschrieben:
Das [[British Medical Journal]] berichtet über einen Einzelfall einer hypothetischen Herz- und Niereninsuffizienz nach übermäßigem Genuss von [[Energydrink]]s über zwei Jahre. Eine angedachte Doppeltransplantation von Herz und Niere war nach Umstellung des Trinkverhaltens nicht erforderlich.<ref>Nicola von Lutterotti: ''Die Kehrseite von Energydrinks'', in: [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] für Deutschland, Nummer 103/2021 vom 5. Mai 2021, S. N 2, mit der dortigen Quelle [[British Medical Journal]] ([[doi:10.1136/bcr-2020-239370]]) und mit Zitaten von [[Herbert Löllgen]].</ref>
b) Die Kurzfassung der Originalarbeit lautet: Case report
Energy drink-inducedcardiomyopathy
Gracie Fisk1, Matthew Hammond-Haley1 and
http://orcid.org/0000-0002-8700-1545Andrew D'Silva1,2
Correspondence to Dr Andrew D'Silva; adsilva@nhs.net
Abstract
We report a case of severe biventricular heart failure
potentially related to excessive energy drink consumption
in a 21-year-old man. The patient presented with a 4-month history
of shortness of breath on exertion, orthopnoea and weight loss.
Transthoracic echocardiography demonstrated severely impaired biventricular
systolic function and bilateral
ventricular thrombi, subsequently confirmed on cardiac magnetic resonance
imaging, which found in addition no oedema,inflammation or focal fibrosis.
Blood tests, renal ultrasound and subsequent abdominal MRI
demonstrated severe renal failure caused by a chronic obstructive
uropathy, long-standing and previously undiagnosed.
There was no significant past medical, family or social history
other than excessive intake of an energy drink. This case report
adds to the growing concern in the literature about the potential
cardiotoxic effects of energy drinks, which should be considered
when asses sing young patients presenting with a non-ischaemic dilated
cardiomyopathy. with a 4-month history of shortness of breath on exertion,
orthopnoea and weight loss. Transthoracic echocardiography
demonstrated severely impaired biventricular systolic function
and bilateral ventricular thrombi,subsequently confirmed on cardiac
magnetic resonance imaging, which found in addition no oedema,
inflammation or focal fibrosis. Blood tests, renal ultrasound and
subsequent abdominal MRI demonstrated severe renal failure caused
by a chronic obstructive uropathy,long-standing and previously undiagnosed.
There was no significant past medical, family or social history
other than excessive intake of an energy drink. This case report
adds to the growing concern in the literature about the potential
cardiotoxic effects of energy drinks, which should be considered when
assessing young patients presenting with a non-ischaemic dilated cardiomyopathy.
http://dx.doi.org/10.1136/bcr-2020-239370
c) Meine Erklärung der Kasuistik: Es handelte sich um eine reversible Insuffizienz von Herz und Nieren im Sinne eines Kardiorenalsyndroms. Vermutlich hat einer der Inhaltsstoffe die Inotropie verkleinert. Das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion waren verkleinert. Niemals wäre eine Nierentransplantation der sinnvoll gewesen. Auch eine Herztransplantation hätte das Problem wohl nicht gelöst. War eine Nierendialyse vorübergehend erforderlich?
d) Entgegnung zu Herbert Löllgen: Ursache war nicht eine zu hohe Flüssigkeitszufuhr. Die Urologen empfehlen ein Miktionsvolumen von 1,5 l/d. Das erfordert ein Minimum von 2,5 l Wasser pro Tag. Durch das damit vergrößerte Herzzeitvolumen wird der Kreislauf nicht überfordert. Herz und Nieren des Patienten hatten keine Vorschädigungen.
713. a) Für das Wort Harnpflicht findet sich in keiner Quelle ein Beleg. Auch die harnpflichtigen Stoffe oder Substanzen werden zur selten definiert.
b) Auch nicht im englischen Sprachraum. Dort gibt es die Begriffe urophanic substances und urinary substances.
c) Ich denke immer an die Anurie eines Gesunden beim Marathonlauf. HZV und GFR sind um bis zu 1000 % erhöht. Die tubuläre Rückresorptionsquote erhöht sich kompensatorisch von 99 auf 100 %. Die Harnpflicht der harnpflichtigen Stoffe wird dabei zumindest zeitweise außer Kraft gesetzt.
d) Die Brockhaus-Enzyklopädie nennt in der 19. Auflage die harnpflichtigen Substanzen („Stoffwechselprodukte des Organismus, die mit dem Harn ausgeschieden werden müssen und die zu ihrer Ausscheidung eine bestimmte minimale Wassermenge benötigen“). Pschyrembel (Medizinisches Wörterbuch) kennt in der 268. Auflage das Stichwort Substanzen, harnpflichtige. Das DocCheck-Flexikon zählt viele harnpflichtige Substanzen auf.( https://flexikon.doccheck.com/de/Harnpflichtige_Substanzen).
e) Viele harnpflichtige Substanzen können auch über den Stuhl ausgeschieden werden.
f) Beachte die DocCheck-Definition: Harnpflichtige Substanzen sind kleinmolekulare Endprodukte (Katabolite) des Körperstoffwechsels, die kontinuierlich mit dem Urin über die Nieren ausgeschieden werden müssen. Ionen, die überwiegend bzw. obligat mit dem Urin ausgeschieden werden (z.B. Cl-, NH4+, K+, Na+) gehören per definitionem nicht zu den harnpflichtigen Substanzen.
g) Am 21.5.2021 ergänzte ich bei DocCheck die englischen Ausdrücke nach Punkt b. Sie wurden sofort durch urinary waste product ersetzt.
714. a) Weitere Anmerkungen zum Fickschen Prinzip (Kapitel 1, Absatz G) und zur Inulin-Clearance (Kapitel 1, Absatz W). Es folgt ein Gedankenexperiment:
b) Gegeben sei eine Person mit kontinuioerlicher Flüssigkeitszufuhr über eine Magensonde mit einem Blasenkatheter für eine kontinuierliche Urinabgabe. Die Flüssigkeitszufuhr ist gleich der Summe aus Urinproduktion und Wasserverlust durch Schwitzen und Atmen. Es herrscht also ein steady state.
c) Gegeben sei ferner ein körpereigener Stoff (zum Beispiel Cystatin C) oder ein körperfremder Stoff (zum Beispiel Inulin). Dieser Stoff wird kontinuierlich konstant produziert oder infundiert. Dieser Stoff wird ausschließlich glomerulär filtriert und dann unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Also auch hier ein steady state.
d) Kopie oben aus Absatz 131: Der oben in Kapitel 2 Absatz Ge beschriebene Zusammenhang zwischen dem Fickschen Prinzip und der Clearance besteht nicht. Es ist viel einfacher. Für alle harnpflichtigen Substanzen gilt folgender Grundsatz. Der Massetransport in der Arteria renalis teilt sich in der Niere auf in den Massetransport in der Vena renalis und in den Massetransport im Urin. Und die Masse ist jeweils das Produkt aus Volumen und Konzentration, denn die Konzentration ist als Quotient aus Masse und Volumen definiert.
e) Die Angabe des Volumens in d) bezieht sich immer auf einen bestimmten Zeitraum, also auf einen Volumenfluss. Da es sich aber immer um dieselbe Zeitperiode handeln muss, kürzt sich die Zeit weg.
f) Daraus ergibt sich die Ficksche Fomel. Sie ist mit der Clearance-Formel identisch.
g) Jetzt ist die renale Ausscheidung des untersuchten Stoffes abhängig von der Wahrscheinlichkeit, dass dieser Stoff von den Schlitzmembranen der Podozyten quasi eingefangen wird. Jedes eingefangene Molekül oder Ion wird unverändert mit dem Urin ausgeschieden.
h) Diese Einfang-Wahrscheinlichkeit hängt von der Nierenqualität ab. Deswegen ist sie ein Maß für die filtrative Nierenleistung, also für die Funktion der Glomeruli. Deswegen heißt diese Clearance auch Glomeruläre Filtrationsrate oder Primärharnbildung.
i) Die GFR hängt also proportional ab von der Anzahl der Schlitzmembranen, von der Größe der Schlitzmenbranen, von der Anzahl der Podozyten, von der Anzahl der Glomeruli, von der Anzahl der Nephrons und von Größe und Anzahl der Nieren. Die GFR ist also abhängig von der Nierenqualität.
j) Aber zusätzlich ist die GFR abhängig von extrarenalen Ursachen. Dazu zählen vor allen das Blutvolumen und damit das Herzzeitvolumen und damit die renale Perfusion. Bei gegebener Nierenqualität kann die GFR durch Veränderungen des HZV in weiten Bereichen verändert werden. Das sind die "extrarenalen Nierensyndrome" nach Wilhelm Nonnenbruch.
715. a) Gedanken zur Häufigkeit und Schwere von Nierenkrankheiten. Grundsätzlich behaupte ich, dass schwere doppelseitige schmerzhafte Nierenkrankheiten sehr selten sind.
b) Diese eigentlichen Nierenkrankheiten bezeichne ich als Renorenalsyndrome in Abgrenzung zu den Extrarenalsyndromen nach Wilhelm Nonnenbruch. In beiden Fällen handelt es sich um eine Niereninsuffizienz, einmal mit und einmal ohne Nierenkrankheit.
c) Die Nierenkrankheiten (Nephropathien) werden eingeteilt in leichte und schwere, in einseitige und doppelseitige sowie in erworbene und vererbte.
d) Hinsichtlich der Schwere oder Prognose muss nach der Behandelbarkeit und der Gefährlichkeit unterschieden werden. Unbehandelt führen schwere Nierenkrankheiten in unterschiedlicher Häufigkeit zum Tode. Diese sind aber hierzulande selten.
e) Die Zystennieren sind eine schwere Nierenkrankheit mit Dialysepflicht im Endstadium. Unbehandelt führt sie zum Tode. Damit sind alle Formen der angeborenen Zystennieren zusammen vermutlich die schwerste vererbte Nierenkrankheit. Wenn man die einzelnen genetisch unterschiedlichen Formen betrachtet, ändert sich das Bild.
f) Zusätzlich stellt sich die Frage nach den häufigsten tödlichen Erbkrankheiten. Wenn die polyzystische Nierenkrankheit als Einheit betrachtet wird und wenn man die weltweiten unbehandelten Fälle mitzählt, liegt diese Nierenkrankheit im vorderen Bereich. Trotzdem gibt es zahlreiche schlimmere Erbkrankheiten. Wenn man auch hier die einzelnen genetisch verschiedenen Formen berücksichtigt, ändert sich die Reihenfolge der häufigen tödlichen Erbkrankheiten. Eine Rangliste der häufigsten tödlichen Erbkrankheiten ist nicht verfügbar.
g) Das Bild ändert sich bei Betrachtung der erworbenen Nierenkrankheiten. Unbehandelt führen Hypernephrome, Pyelonephritiden und viele andere erworbene Nephropathien häufig zum Tode. Eine Rangliste der weltweit häufigsten tödlichen Nierenkrankheiten ist nicht verfügbar.
716.) Nach wem ist die GFR-Schätzformel für Kinder benannt worden? Siehe oben die Literaturangabe mit G. J. Schwartz in Kapitel 3, Absatz 43. Das ist nicht der US-Nephrologe William Benjamin Schwartz (16.5.1922-15.3.2009. Er heißt George J. Schwartz (geboren 1.4.1929?).
717. a) Ich behaupte eine Proportionalität oder eine lineare Funktionsbeziehung zwischen GFR und HZV. Das heißt, die Quotienten GFR/HZV beziehungsweise HZV/GFR sind zu jedem Zeitpunkt konstant.
b) Außerdem behaupte ich, dass der Proportionalitätsfaktor a=GFR/HZV für jede gesunde menschliche Niere bei ungefähr einem Prozent liegt. Also a=GFR/HZV=0,01. Für eine kranke Niiere gilt a=GFR/HZV<0,01.
c) In der Fachliteratur wird gelegentlich für alle Blutdruckwerte (zwischen systolisch 75 und 200 mmHg) eine Konstanz der GFR behauptet. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Behauptung steht nicht im Gegensatz zu meinen beiden obigen Behauptungen. Erklärung:
d) Es gilt HZV=MAD/R (oder HZV=RR/R mit dem Blutdruck RR) mit dem arteriellen Mitteldruck MAD und dem peripheren Widerstand R. Das HZV bleibt bei gleichsinnigen oder proportionalen Schwankungen von MAD und R konstant.
e) Die proportionalen Widerstandsschwankungen werden durch gefäßerweiterndes Adenosin und durch die Prostaglandine, die bei einer renalen Minderperfusion synthetisiert werden, erreicht.
f) Für diesen Mechanismus wird bei Wikipedia seit dem 4.7.2021 (Stichwort Nephron) folgende Quelle angegeben: Rüdiger Köhling, Jürgen Hescheler, Erwin-Josef Speckmann (Herausgeber): Physiologie, 6. Auflage, Verlag Urban & Fischer, Kapitel 11.3.
718.) Geschichte der Filtration-Resorptions-Theorie
a) Leonhart Fuchs erkannte die Nieren als Filter.
b) Mit den ersten Mikroskopen konnte man die Glomeruli von den Tubuli unterscheiden.
[[Lorenzo Bellini]] veröffentlichte 1680 eine Theorie der [[Urin|Harnbereitung]], nach der das vom Blut getrennte „[[Blutserum|Serum]]“ in die Nierenkanäle und das vom serösen „Humor“ befreite Blut in die Venen gelangt. Diese Theorie galt bis ins 19. Jahrhundert.<ref>[[Horst Kremling]]: ''Über Schwangerschaft und Niere. Ein Rückblick.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'' 17, 1998, S. 275–282; hier: S. 275.</ref> Nach Bellini wurden die Nierenkanälchen benannt („Tubuli uriniferi sive Bellini“).Jedes [[Glomerulum]] (deutsch: Nierenknäuelchen) bildet zusammen mit seiner [[Bowman-Kapsel|Bowmanschen Kapsel]] ein Nierenkörperchen. Und jedes [[Marcello Malpighi|Malpighische]] Nierenkörperchen bildet zusammen mit dem zugehörigen Tubulus ein Nephron (von {{grcS|νεφρός|nephros|de=Niere}}).
c) William Bowman beschrieb, dass Tubuli und Glomeruli eine funktionelle Einheit bilden. Zitat Johanna Bleker S. 104.
d) François-Olivier Rayer [Pierre François Olive Rayer (1793–1867)] und Richard Bright versuchten eine Einteilung der Nierenkrankheiten. Zitat Bleker S. 102.
e) Nach Carl Ludwig beruht die Harnbildung auf Filtration und Osmose (=Resorption). Zitat Bleker S. 104.
f) Arthur Robertson Cushny bekräftigte Ludwigs Filtrations-Rückresorption-Theorie.
g) Nach François Reubis Arbeiten zweifelt man wohl nicht mehr an der fast totalen Rückresorption des Glomerulumfiltrates in den Tubuli.
h) Trotzdem ist die Filtrations-Rückresortions-Theorie kein Lehrbuchwissen.
719.) Soeben wurde am 9.10.2021 um 9:24 Uhr bei Wikipedia beim Stichwort Glomeruläre Filtrationsrate mein wichtiger Beitrag nur wegen zu alter Quellen gelöscht. Siehe dort den Diskussionsbeitrag Nummer 9. Das wurde gelöscht:
|
Eine weitere alte Quelle wäre der Artikel "Theorien der Harnbereitung" im "Lehrbuch der inneren Medizin" vom Springer-Verlag vom Springer-Verlag, 4. Auflage, 2. Band Berlin 1939, Seiten 8 und 9.
Dr. Hartwig Raeder
720. a) Ein kompliziertes Problem ist die seitengetrennte GFR-Bestimmung. Oder bei Doppelnieren und bei Transplantatnieren sogar die GFR-Bestimmung jeder einzelnen Niere.
b) Nuklearmedizinische Verfahren können nicht zwischen Glomerulumfunktion und Tubulusfunktion unterscheiden.
c) Als Substrat ist nur Cystatin C geeignet.
d) Eine Bestimmung von Cystatin C im Urin ist ungeeignet, weil Cystatin C nicht renal ausgeschieden wird.
e) Eine Bestimmung von Cystatin C in den Nierenvenen ist ungeeignet, weil Cystatin C in den Tubuli zerstört wird.
f) Eine Bestimmung von Cystatin C in den Nierenarterien ist ungeeignet, weil seine Konzentration in allen Arterien identisch ist.
g) Also gibt es keine Lösung für dieses Problem.
h) Denkbar wäre jedoch die Entwicklung von radioaktiv markiertem Cystatin C. Man könnte dann eine Proportionalität zwischen GFR und Radioaktivität in den Einzelnieren postulieren. Dann könnte die Gesamt-GFR des Patienten proportional zur Verteilung des Radionuklids auf die einzelnen Nieren aufgeteilt werden.
i) Aber auch dieser Vorschlag funktioniert nicht. Die Verteilung des [[Tracer (Nuklearmedizin)|Tracers]] ist kein Maß für die glomeruläre Filtration. Denn bei der Zerstörung von Cystatin C im Tubulus verschwindet die Radioaktivität nicht. Die filtrierten Marker erscheinen im Blutkreislauf und können dort nicht von nicht filtrierten Markern unterschieden werden.
j) Es gibt also keine Methode zur seitengetrennten GFR-Bestimmung.
k) Zu Beginn der wissenschaftlichen Nephrologie hat man die Glomeruli und Tubuli mit feinsten Kanülen einzeln untersucht. Das erlaubte vielleicht Hinweise auf die sogenannte ''single nephron GFR'' (snGFR), nicht aber auf die GFR einer ganzen Niere.
721.) In Extremsituationen wie zum Beispiel beim Marathonlauf oder in der Intensivmedizin wird die tubuläre Rückresorption kompensatorisch gesteigert. Das hat zwei unterschiedliche Komponenten: Einmal die Rückresorption von Wasser mit der Folge einer Anurie. Und andererseits die Rückresorption aller harnfähigen Substanzen mit der Folge einer Niereninsuffizienz. Diese beiden Tubulusfunktionen sind untrennbar mit einander verbunden.
722. a) Harnzylinder oder Urinzylinder entstehen in den Tubuli. Unklar bleibt der pathophysiologische Bildungsmechanismus. Dazu meine folgende Theorie.
b) Bei der Anurie versucht der Körper, einen absoluten oder relativen Wassermangel zu kompensieren. HZV und GFR sind vorübergehend vielleicht sogar gesteigert.
c) Die Tubuli erhöhen ihre Rückresorptionsquote für Wasser von 99 Prozent um einen Prozentpunkt auf 100 Prozent.
d) Unklar bleibt, ob sich die Rückresorptionsquote von 100 % auch auf alle im Primärharn gelösten Stoffe bezieht. Wäre es denkbar, dass bei der Rückresorption einige harnpflichtige Stoffe im Tubulus zurückbleiben und dort akkumulieren?
e) Eine solche selektive Rückresorption wäre vorstellbar, besonders wenn die Rückresorptionsquote vielleicht auf nur 99,9 % gesteigert wird.
f) So kann es zur vollständigen Verstopfung der Tubuli durch Ausgusszylinder kommen. Dann müssen die Tubuli ihre resorbierende Funktion einstellen, weil der Primärharn die Passagestörung nicht überwinden kann. Gewebeschwellungen durch Entzündungsreaktionen können das Tubuluslumen verkleinern.
g) Aber die Glomeruli stellen ihre Funktion erst später ein. Anfangs liefern sie noch immer Primärharn mit allen harnfähigen Stoffen nach. So verlängern sich die Urinzylinder.
h) Im Endstadium filtern die Glomeruli nicht mehr und die Tubuli können weder resorbieren noch sezernieren.
i) Aber vielleicht sezernieren die Tubuli bei der Anurie ja doch noch? Vielleicht sogar verstärkt? So könnte eine Urämie abgemildert werden.
j) Dabei ist zu beachten, dass die tubuläre Rückresorptionsquote immer als Saldo aus Sekretion und Resorption zu verstehen ist. Rechnerisch ergäbe sich eine Rückresorptionsquote von 99 % auch dann, wenn zum Beispiel Wasser mit Elektrolyten im Volumen von 5 % der GFR tubulär sezerniert und dann kompensatorisch 106 % der GFR resorbiert werden.
k) Das Wachstum der Zylinder könnte also durch eine kompensatorische tubuläre Sezernierung von harnpflichtigen Stoffen noch weiter verstärkt werden.
l) Dieses Stadium von stummen Glomeruli und sezernierenden Tubuli könnte noch lange aufrechterhalten werden.
m) Kommt es jetzt doch wieder zu einer Vergrößerung des Blutvolumens durch eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme, können die glomeruläre Filtration und die tubuläre Rückresorption wieder beginnen.
n) Die Zylinder werden jetzt ausgeschwemmt. Das gelingt auch, weil sich der Innendurchmesser der ableitenden Harnwege von oben nach unten vergrößert.
o) Wenn man bei der Urinanalyse Urinzylinder findet, ist das der Beweis für eine Wiederaufnahme der tubulären Rückresorption, unabhängig für die zwischenzeitliche Ursache der Tubulusstörung.
p) Vermutlich sind die Nephrone beim Multiorganversagen diejenigen Organe, die am längsten pausieren können.
q) Vermutlich liegt bei der hier beschriebenen Theorie der Bildung von Harnzylindern noch nicht einmal eine Nierenkrankheit vor. Allein der Wassermangel zum Beispiel von gesunden Verdurstenden in der Wüste könnte zur Erklärung von Harnzylindern ausreichen. Harnzylinder sind also (bis zum Beweis des Gegenteils) der Beweis für Nierengesundheit und nicht für eine unbekannte Nierenkrankheit.
r) Vermutlich bleiben die Nieren länger funktionsfähig als alle anderen Organe. Dieser Sachverhalt gibt nicht nur für das Nierenversagen, sondern für alle Krankheiten. Nieren können länger als alle anderen Organe nach der Organentnahme noch funktionsfähig transplantiert werden.
723. a) Im Anschluss an meine Gedanken im Absatz 722 suche ich in der Fachliteratur nach Erklärungsversuchen für die Entstehung von Urinzylindern.
b) Im 2. Teil der 5. Auflage des 8. Bandes des Handbuches der inneren Medizin findet sich auf den Seiten 963 bis 966 das Unterkapitel "1. Theorie der mechanischen Tubulusverstopfung" durch "Cylinder".
c) Im Ergebnis sind alle dort erwähnten Theorien sowie die Befunde von Menschenversuchen und Tierversuchen mit meiner Darstellung vereinbar.
d) Die Autoren Eberhard Buchborn und H. Edel lehnen jedoch alle bisher publizierten wissenschaftlichen Arbeiten ab. Sie können die Zylinderbildung nicht abschließend erklären.
e) Seither wurden wohl keine weiteren Erklärungsversuche unternommen.
724. a) Wenn meine Theorie richtig ist, dürfte man bei der Analyse der Zylinder nur harnfähige Stoffe und vielleicht noch Epithelzellen von der Tubulusinnenwand finden.
b) Beschrieben werden in der Fachliteratur jedoch Zylinder mit folgenden Inhaltsstoffen: Zellen, zelluläre Bruchstücke oder organische Substanzen (Lipide, Proteine, Hämoglobin), Lysosomen, Leukozyten, Erythrozyten, Makrophagen, Wachs, Fette, Cholesterin, Hämoglobin, Myoglobin, Bakterien, Hefen, Harnsäure und Oxalat.
c) Wegen ihrer großen Durchmesser können diese Stoffe jedoch kaum die Schlitzmembranen der Podozyten passieren.
d) Mehrere dieser Inhaltsstoffe sind so groß, dass eine Zylinderbildung im Tubuluslumen unmöglich erscheint.
e) Also werden diese Zylinder vermutlich in den Sammelrohen gebildet. Diese Bildung hat jedoch nicht unmittelbar etwas mit einem akuten Nierenversagen zu tun.
f) Vielleicht handelt es sich bei diesen großen Stoffen um Anhaftungen an ursprünglich tubuläre Urinzylinder.
725.) In fünf Schritten vom Herzen zur Harnblase, vom Blut zum Urin. Folgendes Zahlenbeispiel gilt für gesunde Erwachsene in körperlicher Ruhe. Die folgenden Zahlenwerte gelten für die Flüsse pro Minute und beziehen sich auf beide Nieren zusammen.
a) Das Herz pumpt jede Minute etwa 5 Liter Blut sowohl in den kleinen wie auch gleichzeitig in den großen Kreislauf. Das nennt man Herzzeitvolumen oder auch Lungenzeitvolumen. Im großen Kreislauf wird das Blut in die Körperhauptschlagader (Aorta) gepumpt und versorgt so die einzelnen Organe mit sauerstoffreichem Blut.
b) Etwa 20 bis 25 Prozent des Herzzeitvolumens von 5000 ml/min fließen durch die beiden Nierenarterien in die Nieren. Dieser renale Blutfluss beträgt größenordnungsmäßig also etwa 1000 ml/min.
c) Das Blutplasma, oder auch kurz Plasma genannt, ist der flüssige und zellfreie Anteil des Blutes, den man erhält, wenn man eine ungerinnbar gemachte Blutprobe zentrifugiert. Diese Flüssigkeit enthält durch die Zentrifugation keine Blutzellen (Erythrozyten, Thrombozyten und Leukozyten) mehr. Im Gegensatz zum Blutserum enthält Blutplasma aber noch alle Gerinnungsfaktoren.
Der Hämatokrit bezeichnet den Anteil der zellulären Blutbestandteile am Volumen des Blutes. Die normalen Hämatokritwerte liegen bei Männern zwischen 42 und 50 Prozent und bei Frauen zwischen 37 und 45 Prozent. Das Blutplasma hat also einen Anteil von etwa 50 bis 59 Prozent bei Männern und von etwa 54 bis 73 Prozent bei Frauen am Blutvolumen.
Unter Berücksichtigung eines mittleren Hämatokrits von 40 Prozent beträgt der renale Plasmafluss (RPF) also etwa 600 ml/min. Den renalen Plasmafluss bezeichnet man auch als Nierenplasmastrom oder als renale Plasmadurchströmung.
d) Gesunde menschliche Nieren haben einen Filterwirkungsgrad von etwa zehn Prozent. Hier ist die Filterleistung aller Podozyten in den Glomerula gemeint. Dieser Filterwirkungsgrad heißt auch noch Filtrationsfraktion und berechnet sich als Quotient aus glomerulärer Filtrationsrate und renalem Plasmafluss.
Die Filtrationsfraktion ist also der Plasmaanteil, welcher das podozytäre Filtersystem passiert. Das Plasma fließt senkrecht an den Schlitzmembranen der Podozyten vorbei. Zufällig spaltet sich der Plasmastrom auf. Etwa 10 oder 15 Prozent fließen durch die Podozyten und 85 bis 90 Prozent fließen ungefiltert an den Podozyten vorbei.
Größenordnungsmäßig beträgt die glomeruläre Filtrationsrate also ein Sechstel des renalen Plasmaflusses, also etwa 100 ml/min.
e) Die tubuläre Rückresorptionsrate beträgt etwa 99 Prozent. So wird aus 100 ml/min Primärharn 1 ml/min Sekundärharn. Das entspricht einer täglichen Urinproduktion von etwa anderthalb Litern.
726.) Die Nephrone sind nahezu unkaputtbar. Auch bei Nierenbiopsien werden Querschnittsverkleinerungen von Glomerulum oder Tubulus kaum beschrieben.
a) Bei einer Sklerosierung des Glomerulums verkleinert sich die GFR. Solche Krankheiten sind selten. Man spricht von der Glomerulosklerose. Hier verringert sich der Querschnitt des Plasmazuflusses oder des Primärharnflusses.
b) Bei einer Sklerosierung der Tubuli wird der Abfluss des Sekundärharns behindert. Solche Krankheiten sind sehr selten. Man würde von einer Tubulussklerose oder von einer Tubulusnekrose sprechen. Hier verringert sich der Querschnitt des Urinabflusses. Es kommt zu einem Rückstau im Nephron ebenfalls mit einem Rückgang der GFR.
c) Sehr viel häufiger sind jedoch die extrarenalen Nierensyndrome nach Wilhelm Nonnenbruch, also die Niereninsuffizienz ohne Nierenkrankheit. Hier wird ein kardial bedingter Rückgang von HZV und GFR mit einer Zunahme der tubulären Rückresorption beantwortet. Es kommt zu Oligurie oder Anurie.
d) Eine Sklerosierung der Tubuli mit Lumeneinengung (Stenose) wäre die Grundlage der sogenannten "Tubulusverstopfungstheorie bei Nierenversagen" (5. Auflage, 8. Band, 2. Teil, Seiten 943 und 963 ff). Im Inhaltsverzeichnis von Teil 3 der fünften Auflage des "Handbuches der inneren Medizin" (Nierenbände) finden sich auf den Seiten 880-882 die Fachbegriffe experimentelle Tubulusblockade, Tubulusnekrose, Tubulusveränderungen, Tubulusverlegung, Tubulusverschwellung und Tubulusverstopfung.
e) Auf den Seiten 963-966 im 2. Teil des Handbuches wird die "Theorie der mechanischen Tubulusverstopfung" ausführlich beschrieben und widerlegt. Sie hat nur noch historische Bedeutung.
727. a) Peripherer Widerstand und HZV mit der dazu proportionalen GFR. Erstens ist das HZV der Quotient aus Blutdruck und peripherem Widerstand. Zweitens ist das HZV die Quadratwurzel des Quotienten aus Herzleistung und peripherem Widersand. Der Widerstand steht also jeweils im Nenner. Eine Widerstandsvergrößerung verkleinert HZV und GFR. Eine Widerstandesverkleinerung vergrößert HZV und GFR.
b) Für den menschlichen Körper gelten annähernd die Kirchhoffschen Regeln für die Parallelschaltung der peripheren Widerstände. Die Addition der Widerstände wie bei der Serienschalten (Reihenschaltung) kommt beim Menschen nicht in Betracht.
c) Mehrere Probleme müssen beleuchtet werden. Die Kirchhoffsche Regel besagt, dass der Kehrwert des Gesamtwiderstandes gleich der Summe der Kehrwerte der Einzelwiderstände ist.
d) Wird eine Extremität amputiert, dann wird die Arterie blind verschlossen. Ein Summand fällt weg. Die Summe der Kehrwerte wird kleiner. Der Widerstand wird größer, weil ein Abfluss wegfällt. HZV und GFR werden kleiner.
e) Bei einer Nierentransplantation passiert das Gegenteil. Ein Organ und damit ein Abfluss beziehungsweise ein Summand kommen hinzu. Die Summe der Kehrwerte wird größer. Der Widerstand wird kleiner. HZV und GFR werden größer. Und zwar unabhängig von der zusätzlich geschaffenen glomerulären Filtrationsleistung der Transplantatniere allein durch die verbesserte Abflussmöglichkeit des Blutes.
f) Ein Dialyseshunt entspricht einer arteriovenösen Fistel mit Verkleinerung des peripheren Widerstandes im betroffenen Arm. In der Kirchhoffschen Formel vergrößert sich ein Summand, wenn der Nenner kleiner wird. Die Summe der Kehrwerte wird größer, der periphere Widerstand wird kleiner. HZV und GFR werden größer, und zwar unabhängig von der beabsichtigten Dialyse allein durch die verbesserte Abflussmöglichkeit des Blutes.
g) Diese beiden Nierenersatzverfahren verbessern die GFR also allein nach den Kirchhoffschen Gesetzen. Zusätzlich wird die GFR durch die zusätzlichen Glomeruli der Transplantatniere beziehungsweise durch die maschinelle Blutreinigung verbessert.
728. a) Einer meiner Patienten soll einen Dialyseshunt bekommen, um die GFR auch unabhängig von einer eventuell notwendig werdenden Nierendialyse zu verbessern. Der Laborwert Cystatin C wurde bestimmt.
b) Zahlreiche GFR-Schätzformeln fragen nach Cystatin C. Nach der Formel GFR=80/Cys errechnet sich seine GFR = 22,222 ml/min. Das wäre keine Indikation für eine Dialyse. Mehrere andere cystatinbasierte Schätzformeln liefern kleinere GFR-Werte.
729. a) Was ist von einer Nierenbiopsie zu erwarten? Sie soll Informationen über Nierenkrankheiten liefern. Sie ist also nur dann indiziert, wenn andere diagnostische Verfahren nicht ausreichen. In seltenen Fällen beruht die Niereninsuffizienz auf einer Nierenkrankheit, sie entsteht also intrarenal und nicht praerenal und nicht postrenal.
b) Die glomeruäre Filtartionsrate ist proportional zum Herzzeitvolumen. Nur wenn der Proportionalitätsfaktor GFR/HZV deutlich kleiner als 0,02 ist, muss mit einer Nierenkrankheit gerechnet werden. Das wäre ein Renorenalsyndrom im Gegensatz zu den häufigen Extrarenalsyndromen.
c) Jörg Radermacher verlangt in der "Referenz Nephrologie" auf Seite 67 die histologische Untersuchung von acht Glomeruli.
d) Ich verlange die histologische Untersuchung von acht Nephrons mit acht Glomeruli und mit acht Tubuli.
e) Vor der Biopsie muss man sich überlegen, ob eine kleine GFR oder aber eine Anurie abgeklärt werden soll. Denn das Wort Niereninsuffizienz kann sowohl eine verkleinerte GFR als auch eine reduzierte Harnbildung bedeuten.
f) Eine kleine GFR ist beruht fast immer auf einem Extrarenalsyndrom (Kardiorenalsyndrom, Pulmorenalsyndrom, Hepatorenalsyndrom). Dann ist eine Biopsie kontraindiziert. Eine Anurie beruht fast immer auf einer vergrößerten tubulären Rückresorption. Auch dann ist eine Biopsie meistens kontraindiziert.
g) In seltenen Fällen kann eine kleine GFR auf einer krankhaft eingeschränkten Lumeneinengung des Glomerulums beruhen. Diese Stenose kann durch Entzündungen, Verkalkungen (Atherosklerose) oder durch äußere Behinderungen des Durchflusses verursacht werden. Hier soll der Histologe die prozentualen Verkleinerungen des Durchmessers und der Querschnittsfläche angeben. So kann die Auswirkung der Nierenkrankheit auf die glomeruläre Filtration beurteilt werden.
h) Denkbar wäre außerdem eine Abflussbehinderung des Primärharns im Tubulus. Das wäre die "Theorie der mechanischen Tubulusverstopfung" (siehe oben Absatz 726 e); sie gilt als widerlegt. Trotzdem muss der Pathologe die Durchmesser und die Querschnittsflächen der Tubuli beschreiben. Eine tubuläre Stenose würde durch den Rückstau die glomeruläre Filtration beeinträchtigen. So könnte in sehr seltenen Fällen eine Anurie und eine GFR-Verkleinerung erklärt werden.
i) In sehr seltenen Fällen könnte der Pathologe histologische Veränderungen bei einer verbesserten tubulären Rückresoprtion als Ursache einer Anurie finden. Noch seltener sind histologische Veränderungen bei einer verschlechterten tubulären Rückresorption mit dem Symptom einer Polyurie zum Beispiel beim Liddle-Syndrom (gain of function).
j) Zusätzlich zu den Tubuli soll der Pathologe auch noch das "peritubuläre Kapillarnetz" beschreiben. Nach DocCheck (Flexikon) gilt: "Das peritubuläre Kapillarnetz ist ein Netzwerk aus Kapillaren, das sich in der Niere befindet und entlang der Nephrone verläuft. Es ist entscheidend an den Resorptions- und Sekretionsprozessen der Niere beteiligt." Bei der Google-Suche nach peritubulär findet man mehr als 1000 Treffer. Bei Wikipedia ergibt die Suche nach "peritubulär" nur vier Treffer, darunter neben den peritubulären Kapillaren auch die peritubulären Blutgefäße (zum Beispiel bei der Gömöri-Trichrom-Färbung.) Tubuli sind wichtiger als Globuli.
730.) Neuer Marker für die Niereninsuffizienz: DKK3 = Dickkopf 3. Quelle Coliquio vom 4.10.2024.
Bad Salzuflen, am 8.3.2012
ergänzt am 10.3.2012, am 24.3.2012, am 29.3.2012, am 3.4.2012, am 16.4.2012, am 12.5.2012, am 25.5.2012, am 7.6.2012, am 28.6.2012, am 29.6.2012, am 5.7.2012, am
20.7.2012, am 21.7.2012, am 23.7.2012, am 27.7.2012, am 28.7.2012, am 29.7.2012, am 30.7.2012, am 9.8.2012, am 11.8.2012, am 14.8.2012, am 16.8.2012, am 24.8.2012, am 1.9.2012, am 2.9.2012,
am 6.9.2012, am 7.9.2012, am 8.9.2012, am 11.9.2012, am 12.9.2012, am 14.9.2012, am 16.9.2012, am 19.9.2012, am 20.9.2012, am 21.9.2012, am 22.9.2012, am 30.9.2012, am 3.10.2012, am
4.10.2012, am 13.10.2012, am 20.10.2012, am 21.10.2012, am 27.10.2012, am 28.10.2012, am 29.10.2012, am 30.10.2012, am 1.11.2012, am 5.11.2012, am 6.11.2012, am 8.11.2012, am 9.11.2012, am
12.11.2012, am 13.11.2012, am 23.11.2012, am 30.11.2012, am 6.12.2012, am 8.12.2012, am 11.12.2012, am 12.12.2012, am 13.12.2012, am 15.12.2012, am 19.12.2012, am 21.12.2012, am 25.12.2012,
am 6.1.2013, am 7.1.2013, am 12.1.2013, am 20.1.2013, am 27.1.2013, am 2.2.2013, am 5.2.2013, am 7.2.2013, am 11.2.2013, am 17.2.2013, am 18.2.2013, am 20.2.2013, am 21.2.2013, am 24.2.2013,
am 28.2.2013, am 1.3.2013, am 7.3.2013, am 8.3.2013, am 9.3.2013, am 10.3.2013, am 11.3.2013, am 12.3.2013, am 14.3.2013, am 15.3.2013, am 23.3.2013, am 26.3.2013, am 29.3.2013, am 6.4.2013,
am 22.4.2013, am 30.4.2013, am 11.5.2013, am 18.5.2013, am 20.5.2013, am 21.5.2013, am 26.5.2013, am 27.5.2013, am 3.6.2013, am 7.6.2013, am 21.6.2013, am 24.6.2013, am 27.6.2013, am 29.6.20,
am 30.6.2013, am 2.7.2013, am 3.7.2013, am 6.7.2013, am 7.7.2013, am 8.7.2013, am 9.7.2013, am 10.7.2013, am 16.7.2013, am 17.7.2013, am 24.7.2013, am 25.7.2013, am 26.7.2013, am 29.7.2013,
am 30.7.2013, am 31.7.2013, am 6.8.2013, am 7.8.2013, am 8.8.2013, am 9.8.2013, am 14.8.2013, am 15.8.2013, am 19.8.2013, am 20.8.2013, am 21.8.2013, am 22.8.2013, am 26.8.2013, am 27.8.2013,
am 28.8.2013, am 1.9.2013, am 3.9.2013, am 7.9.2013, am 8.9.2013, am 10.9.2013, am 12.9.2013, am 13.9.2013, am 14.9.2013, am 17.9.2013, am 19.9.2013, am 20.9.2013, am 21.9.2013, am 24.9.2013,
am 29.9.2013, am 1.10.2013, am 4.10.2013, am 6.10.2013, am 7.10.2013, am 8.10.2013, am 10.10.2013, am 11.10.2013, am 13.10.2013, am 14.10.2013, am 15.10.2013, am 16.10.2013, am 20.10.2013, am
22.10.2013, am 26.10.2013, am 29.10.2013, am 30.10.2013, am 31.10.2013, am 5.11.2013, am 6.11.2013, am 7.11.2013, am 9.11.2013, am 10.11.2013, am 11.11.2013, am 20.11.2013, am 22.11.2013, am
26.11.2013, am 30.11.2013, am 3.12.2013, am 7.12.2013, am 8.12.2013, am 9.12.2013, am 13.12.2013, am 15.12.2013, am 16.12.2013, am 17.12.2013, am 18.12.2013, am 19.12.2013, am 20.12.2013, am
27.12.2013, am 28.12.2013, am 29.12.2013, am 30.12.2013, am 10.1.2014, am 14.1.2014, am 19.1.2014, am 30.1.2014, am 2.2.2014, am 3.2.2014, am 7.2.2014, am 17.2.2014, am 21.2.2014, am
26.2.2014, am 27.2.2014, am 1.3.2014, am 4.3.2014, am 5.3.2014, am 9.3.2014, am 11.3.2014, am 12.3.2014, am 13.3.2014, am 15.3.2014, am 26.3.2014, am 1.4.2014, am 2.4.2014, am 6.4.2014, am
7.4.2014, am 9.4.2014, am 10.4.2014, am 17.4.2014, am 25.4.2014, am 26.4.2014, am 28.4.2014, am 29.4.2014, am 3.5.2014, am 6.5.2014, am 8.5.2914, am 12.5.2014, am 15.5.2014, am 16.5.2014, am
20.5.2014, am 21.5.2014, am 22.5.2014, am 31.5.2014, am 2.6.2014, am 3.6.2014, am 6.6.2014, am 13.6.2014, am 21.6.2014, am 28.6.2014, am 29.6.2014, am 30.6.2014, am 1.7.2014, am 4.7.2014, am
9.7.2014, am 10.7.2014, am 11.7.2014, am 12.7.2014, am 14.7.2014, am 15.7.2014, am 16.7.2014, am 17.7.2014, am 19.7.2014, am 20.7.2014, am 21.7.2014, am 23.7.2014, am 24.7.2014, am 29.7.2014,
am 31.7.2014, am 1.8.2014, am 2.8.2014, am 4.8.2014, am 11.8.2014, am 13.8.2014, am 19.8.2014, am 21.8.2014, am 24.8.2014, am 27.8.2014, am 1.9.2014, am 2.9.2014, am 3.9.2014, am 4.9.2014, am
5.9.2014, am 6.9.2014, am 9.9.2014, am 11.9.2014, am 16.9.2014, am 18.9.2014, am 19.9.2014, am 21.9.2014, am 22.9.2014, am 23.9.2014, am 3.10.2014, am 6.10.2014, am 7.10.2014, am 10.10.2014,
am 13.10.2014, am 12.11.2014, am 13.11.2014, am 11.12.2014, am 12.12.2014, am 13.12.2014, am 15.12.2014, am 16.12.2014, am 17.12.2014, am 18.12.2014, am 22.12.2014, am 15.1.2015, am
20.1.2015, am 22.1.2015, am 28.1.2015, am 5.2.2015, am 6.2.2015, am 17.2.2015, am 18.2.2015, am 19.2.2015, am 21.2.2015, am 26.2.2015, am 27.2.2015, am 4.3.2015, am 6.3.2015, am 7.3.2015, am
9.3.2015, am 10.3.2015, am 14.3.2015, am 15.3.2015, am 23.3.2015, am 24.3.2015, am 27.3.2015, am 28.3.2015, am 30.3.2015, am 2.4.2015, am 3.4.2015, am 6.4.2015, am 8.4.2015, am 9.4.2015, am
10.4.2015, am 12.4.2015, am 14.4.2015, am 15.4.2015, am 17.4.2015, am 23.4.2015, am 27.4.2015, am 29.4.2015, am 4.5.2015, am 5.5.2015, am 8.5.2015, am 9.5.2015, am 12.5.2015, am 13.5.2015, am
18.5.2015, am 19.5.2015, am 22.5.2015, am 28.5.2015, am 29.5.2015, am 30.5.2015, am 1.6.2015, am 2.6.2015, am 5.6.2015, am 6.6.2015, am 7.6.2015, am 8.6.2015, am 9.6.2015, am 11.6.2015,
12.6.2015, am 13.6.2015, am 15.6.2015, am 18.6.2015, am 19.6.2015, am 20.6.2015, am 21.6.2015, am 22.6.2015, am 25.6.2015, am 27.6.2015, am 29.6.2015, am 30.6.2015, am 1.7.2015, am 2.7.2015,
am 3.7.2015, am 7.7.2015, am 8.7.2015, am 9.7.2015, am 13.7.2015, am 15.7.2015, am 29.7.2015, am 9.8.2015, am 14.8.2015, am 19.8.2015, am 29.8.2015, am 31.8.2015, am 2.9.2015, am 17.9.2015,
am 16.10.2015, am 17.10.2015, am 19.10.2015, am 21.10.2015, am 22.10.2015, am 31.10.2015, am 3.11.2015, am 4.11.2015, am 8.11.2015, am 13.11.2015, am 21.11.2015, am 23.11.2915, am 24.11.2015,
am 26.11.2015, am 27.11.2015, am 30.11.2015, am 1.12.2015, am 2.12.2015, am 5.12.2015, am 7.12.2015, am 8.12.2015, am 17.12.2015, am 18.12.2015, am 21.12.2015, am 24.12.2015, am 1.1.2016, am
4.1.2016, am 6.1.2016, am 7.1.2016, am 8.1.2016, am 10.1.2016, am 11.1.2016, am 15.1.2016, am 17.1.2016, am 19.1.2016, am 21.1.2016, am 22.1.2016, am 25.1.2016, am 26.1.2016, am 29.1.2016, am
2.2.2016, am 6.2.2016, am 13.2.2016, am 14.2.2016, am 15.2.2016, am 19.2.2016, am 23.2.2016, am 24.2.2016, am 29.2.2016, am 9.3.2016, am 16.3.2016, am 17.3.2016, am 9.4.2016, am 10.4.2016, am
23.4.2016, am 26.4.2016, am 6.5.2016 und am 9.5.2016, am 17.5.2016, am 20.5.2016, am 30.5.2016, am 31.5.2016, am 1.6.2016, am 9.6.2016, am 10.6.2016, am 12.6.2016, am 5.7.2016, am 6.7.2016,
am 14.7.2016, am 15.7.2016, am 18.7.2016, am 21.7.2016, am 22.7.2016, am 25.7.2016, am 26.7.2016, am 9.8.2016, am 10.8.2016, am 11.8.2016, am 12.8.2016, am 15.8.2016, am 16.8.2016, am
17.8.2016, am 18.8.2016, am 20.8.2016, am 21.8.2016, am 22.8.2016, am 24.8.2016, am 25.8.2016, am 31.8.2016, am 6.9.2016, am 7.9.2016, am 16.9.2016, am 17.9.2016, am 19.9.2016, am 20.9.2016,
am 27.9.2016, am 29.9.2016, am 30.9.2016, am 5.10.2016, am 7.10.2016, am 10.10.2016, am 13.10.2016, am 21.10.2016, am 22.10.2016, am 24.10.2016, am 25.10.2016, am 30.10.2016, am 1.11.2016, am
2.11.2016, am 13.11.2016, am 21.11.2016, am 22.11.2016, am 9.12.2016, am 12.12.2016, am 13.12.2016, am 22.12.2016, am 29.12.2016, am 2.1.2017, am 22.1.2017, am 23.1.2017, am 24.1.2017, am
26.1.2017, am 30.1.2017, am 1.2.2017, am 4.2.2017, am 10.2.2017, am 5.3.2017, am 18.3.2017, am 21.3.2017, am 22.3.2017, am 3.5.2017, am 14.5.2017, am 31.5.2017, am 11.6.2017, am 16.6.2017, am
19.6.2017, am 3.7.2017, am 6.7.2017, am 8.7.2017, am 10.7.2017, am 17.7.17, am 20.7.2017, am 23.7.2017, am 24.7.2017, am 30.7.2017, am 2.8.2017, am 3.8.2017, am 9.8.2017, am 27.8.2017, am
28.8.2017, am 2.9.2017, am 3.9.2017, am 6.9.2017, am 7.9.2017, am 10.9.2017 und am 8.10.2017, am 28.10.2017, am 30.10.2017, am 9.11.2017, am 16.11.2017, am 25.12.2017, am 12.1.2018, am
25.4.2018, am 30.4.2018, am 8.5.2018, am 19.5.2018, am 24.5.2018, am 26.7.2018, am 27.7.2018, am 30.7.2018, am 10.8.2018, am 5.9.2018, am 12.10.2018, am 19.12.2018, am 27.12.2018, am
9.1.2019, am 10.1.2019, am 13.1.2019, am 17.1.2019, am 18.1.2019, am 24.1.2019, am 11.2.2019, am 4.3.2019, am 18.3.2019, am 27.3.2019, am 7.4.2019, am 2.5.2019, am 6.5.2019, am 16.5.2019, am
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am 10.10.2019, am 3.11.2019, am 17.11.2019, am 10.12.2019, am 7.2.2020, am 12.2.2020, am 16.3.2020, am 5.5.2020, am 12.5.2020, am 25.5.2020, am 20.7.2020, am 24.10.2020, am 6.12.2020, am
7.4.2021, am 13.4.2021, am 28.4.2021, am 6.5.2021, am 20.5.2021, am 22.5.2021, am 2.6.2021, am 10.6.2021, am 20.6.2021, am 5.7.2021, am 8.8.2021, am 20.8.2021, am 9.10.2021, am 9.5.2022, am
4.8.2022 , am 14.9.2022, am 29.12.2022, am 12.5.2023, am 27.6.2023, am 23.11.2023, am 27.11.2023, am 23.3.2024, am 26.7.2024, am 28.7.2024 und am 11.10.2024.